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 Bohrer

von Oeren, Irmina

von Oeren, Irmina

weiblich - 710

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Generation: 1

  1. 1.  von Oeren, Irminavon Oeren, Irmina gestorben in 704/710.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Trier [54290],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland; Äbtissin von Oeren

    Notizen:

    Allgemeine Deutsche Biographie - Irmina

    Irmina, die heilige, soll nach älteren Annahmen eine Tochter König Dagoberts I. (622—638) und Stifterin des Klosters Oeren (ad horreum, weil hier königliche Scheunen, Vorraths- oder Kornkammern lagen) zu Trier gewesen sein. Man hat sich dafür namentlich auf eine Schenkungsurkunde Dagoberts I. von 633 berufen, welche durch die ihr von Henschen und Papebroch, wie von den Benedictinern gewidmete Paläographische Untersuchung eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, deren Unechtheit aber jetzt längst erwiesen ist (s. Görz, Mittelrhein. Regesten Nr. 73, S. 31). Historisch ist nur festzustellen, daß zu Ende des 7. und zu Anfang des 8. Jahrhunderts eine Aebtissin J. oder Ermina in dem Kloster lebte, von welcher Schenkungsbriefe aus den Jahren 698 (Görz, a. a. O., Nr. 110 u. 111), 699 (ebend. Nr. 113) und 704 (ebend. 114 u. 115) zu Gunsten des von ihr für Bischof Willibrord in Echternach an der Saur (Epternacus) gestifteten Klosters vorliegen. Die im Echternacher goldnen Buch von 1191 (jetzt in Gotha) enthaltene Vita (f. 23) nennt sie gloriosa virgo Irmina primi et inclyti regis Dagoberti fuit de Nanthilde filia, documentirt sich also sofort als ein Elaborat auf Grund der falschen Totationsurkunde von 633. Das von mir herausgegebene Fragment Trierischer Geschichtschreibung aus dem 11. Jahrhundert (Bonn. Jahrb. XLII. 133) läßt sie als Tochter des Königs Dagobert und der Nantild und als Schwester der Regentrudis und Adela, der Aebtissin von Pfalzel, erscheinen. Daß J. das Kloster in Oeren nicht gestiftet, steht urkundlich fest; es bestand schon längere Zeit vor ihr und führte später nur ihren Namen, St. Irmina, weil es ihr ohne Zweifel seinen Hauptbesitz verdankte. Was sonst Trithemius von Irmina's Verlobung, dem Tode ihres Bräutigams u. s. f. zu berichten weiß und ihm Brower (Metropol. eccl. Trev. Irmina 557) nachschreibt, dürfte müßige Erfindung sein. Endlich ist der Nachricht zu gedenken, welche J. in Weissenburg im Unterelsaß sterben läßt und sie als Stifterin auch dieser Abtei bezeichnet. Die Tradd. Wizenburg. ed. Zeuss p. 337 enthalten in dem Reliquienverzeichniß die Angabe: corpus integrum sancte yrmine virgins filie Dagoberti regis, ohne weitere Mittheilungen über das Grab. Solche finden sich dann bei Coccius, Dagobert. c. 18 mit der Grabschrift: Hic reconditum est integrum | corpus b. Irminae virginis filiae | Dagoberti regis Francorum funda | toris huius monasterii. Das Haupt der Heiligen|soll nach Sponheim gekommen sein, was Trithemius Veranlassung gab, von ihr zu sprechen. Die Weissenburger Inschrift, welche auch von Henschen (De Dagoberto libr. II. c. 10—13), Brower (Ann. Trev. Irmina 608) u. s. f. aufgeführt wird, war schon zu Zeiten Laguille's (Hist. d'Alsace Irmina 71) verschwunden. Das Trierische Brevier feiert den Todestag der hl. J. auf den 18. December, doch geben ihn ältere Kalendarien, wie dasjenige des ältesten gedruckten Breviarium Trevirense (Basel 1502) auf den 24. desselben Monats. — Eine handschriftliche Vita s. Irmine auetore Dietr. Hoffmann (17. Jahrh.) bewahrt das Prov. Archiv zu Koblenz.

    Literatur
    Vgl. außer dem oben angeführten Material noch Rettberg, KG. Deutschlands. I. 477. Clouet, Hist. eccl, de la prov. de Trèves, II. 78. 80. Marx, II. 1. S. 461. Liehs, Leb. Trierischer Heiligen, I. 150.



    Jennifer Striewski, Irmina von Trier, im Portal Rheinische Geschichte

    Irmina von Trier (gestorben zwischen 706 und 709), Äbtissin und Heilige

    Irmina von Trier, auch bekannt als Irmina von Oeren, war die zweite Äbtissin des Trierer Klosters Oeren, Stifterin des Klosters Echternach und Gönnerin des Missionars Willibrord (658-739). Ihr Gedenktag ist der 3. Januar (im Bistum Trier und in Luxemburg) beziehungsweise der 24. Dezember.
    Irmina entstammte einem führenden austrasischen Adelsgeschlecht und hatte verwandtschaftliche Beziehungen zu den Arnulfingern und Pippiniden. Ihre Eltern sind nicht bekannt. Vor ihrem Klostereintritt war sie mit dem fränkischen Seneschall und Pfalzgrafen Hugobert (gestorben um 697) verheiratet. Aus der Ehe gingen möglicherweise die Töchter Plektrud, Adela von Pfalzel, Bertrada die Ältere, Regentrud (um 660/665-730/740) und Chrodelinde hervor, jedoch ist diese Familienkonstruktion in der Forschung nicht unwiedersprochen geblieben.
    Seit 697/698 ist Irmina als zweite Äbtissin des um 650 von dem Trierer Bischof Numerian gegründeten Benediktinerinnenklosters Oeren nachgewiesen. Das in unmittelbarer Nachbarschaft großer römischer Getreidespeicher (horrea) im antiken Trierer Hafen erbaute und der Gottesmutter Maria geweihte Frauenkloster war ausschließlich Angehörigen des fränkischen Adels vorbehalten. Unter Irminas Leitung wurde es zu einem kirchlich-kulturellen Zentrum der Stadt; für lange Zeit galt Oeren als das bedeutendste Trierer Nonnenkloster. Irmina war die Nachfolgerin Modestas, der Gründungsäbtissin von Oeren. Sie unterhielt enge Kontakte zu dem angelsächsischen Missionar Willibrord, der zeitweilig den Oerener Nonnen seelsorgerische Betreuung und monastische Unterweisung zukommen ließ. Ihre enge Verbundenheit mit Oeren fand Ausdruck in Irminas reichen Schenkungen an das Kloster.
    Nach dem Tod ihres Mannes stiftete Irmina im Zusammenwirken mit dem Trierer Erzbischof Basin, seinem Neffen Liutwin und mit der Zustimmung ihres Oerener Nonnenkonvents 697/698 ein Benediktinerkloster auf ihrem Eigengut in Echternach, das sie Willibrord, zu dessen wichtigsten Förderern sie zählte, übertrug. Durch Irminas Unterstützung wurde Echternach zu einem festen Standort für die Missionsarbeit und entwickelte sich zu einem seelsorgerischen Zentrum. Außerdem betätigten sich die Mönche in der Armenpflege und Armenfürsorge. 699 schenkte sie dem Kloster Echternach liturgische Gewänder und für den Gottesdienst notwendige Gegenstände, 704 stattete sie es mit weiterem Landbesitz aus. Während Irmina vor allem für die materielle Ausstattung des Klosters sorgte, kam Willibrord wohl die Rolle des geistlichen Gründers zu.nach obenDas genaue Todesdatum Irminas ist ebenso wie ihre letzte Ruhestätte unbekannt, als Todestag gilt der 24. Dezember. Ab 710 erscheint ihre Nachfolgerin Anastasia in den Quellen des Klosters Oeren als Äbtissin, sodass man davon ausgehen muss, dass Irmina vor oder um 710 verstarb. Einer Legende nach wurde sie in der 1284 geweihten Marienkapelle des elsässischen Klosters Weißenburg (Wissembourg) in einem Hochgrab beigesetzt, nachdem ihre Reliquien vorher im Hochaltar der dortigen Kirche aufbewahrt worden waren. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sie in Oeren starb und dort ihre letzte Ruhestätte fand. Die Gesta Treverorum berichten, dass Irmina im 12.Jahrhundert im Kloster Oeren beerdigt war und ihr Grab verehrt wurde. Von hier aus gelangten einige ihrer Reliquien nach Sponheim und Weißenburg, wo noch im 15. Jahrhundert eine Verehrung Irminas nachzuweisen ist.
    Seit dem 11.Jahrhundert wurde Irmina als Tochter Dagoberts I. (Regierungszeit 629–639) sowie Gründerin und Lokalpatronin des Trierer Nonnenklosters Oeren verehrt. Ihr zu Ehren wurde das Kloster in St. Irminen umbenannt. Großen Anteil hieran dürfte die vor 1081 durch den Echternacher Mönch und späteren Abt Thiofrid (Amtszeit 1081/1083-1110) verfasste Vita der heiligen Irmina gehabt haben. Die Vita stellt Irmina als Tochter Dagoberts I. dar, die sich nach dem Tod ihres Verlobten Christus versprochen habe. Unterstützt durch ihren Vater gründete sie der Legende nach das Kloster Oeren und wurde dessen erste Äbtissin. Eine offizielle Kanonisation Irminas ist nicht bezeugt.

    Quellen
    Chronicon Epternacense auctore Theoderico monacho. Vita sanctae Irminae (MGH SS XXIII, S. 48-50), bearb. von Ludwig Weiland, Hannover 1874.
    Gesta Treverorum (MGH SS VIII, S. 111-260), bearb. von Georg Waitz, Hannover 1858.
    Poncelet, Albert (Bearb.), De fontibus Vitae sanctae Irminae, in: Analecta Bollandia 8 (1889), S. 285-286.
    Wampach, Camille (Bearb.), Geschichte der Grundherrschaft Echternach im Frühmittelalter. Untersuchungen über die Person des Gründers, über die Kloster- und Wirtschaftsgeschichte aufgrund des liber aureus epternacensis (698-1222), 2 Bände, Luxemburg 1929-1930.

    Literatur
    Knichel, Martina, Irmina von Oeren. Stationen eines Kultes, in: Crusius, Irene (Hg), Studien zum Kanonissenstift, Göttingen 2001, S. 185-201.
    Schmidt-Sommer, Irmgard Gertrud, Dunkle Zeiten-helle Wege. Frauen des frühen Mittelalters gestalten Kirche und Welt, Trier 1998, S. 113-125.
    Werner, Matthias, Adelsfamilien im Umkreis der Karolinger: die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet, Sigmaringen 1982.
    Werner, Matthias, Zu den Anfängen des Klosters St. Irminen-Oeren in Trier, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 42 (1978), S. 1-51.
    Wesseling, Klaus-Gunther, Artikel „Irmina von Trier", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 2 (1990), Sp. 1336.

    Online
    Die digitalen Monumenta Germaniae Historica (dmgh) [Für eine Recherche innerhalb der dmgh siehe die jeweiligen Angaben unter der Rubrik Quellen].

    Jennifer Striewski (Bonn), 30.09.2010



    Titel/Amt/Status:
    Zweite Äbtissin des Frauenklosters Oeren (ursprünglich St. Marien, später umbenannt in St. Irminen) in Trier.

    Gestorben:
    25.12.

    Familie/Ehepartner: Hugobert. Hugobert (Sohn von N) gestorben in 697. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 2. Crodelind  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 3. Regentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 660/665; gestorben in 730/740.
    3. 4. Plektrudis  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 650; gestorben in 725; wurde beigesetzt in Köln [50667],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland.
    4. 5. von Pfalzel, Adela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 660; gestorben in 735.
    5. 6. Bertrada  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 670; gestorben nach 721.


Generation: 2

  1. 2.  Crodelind Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Irmina1)

  2. 3.  Regentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Irmina1) wurde geboren um 660/665; gestorben in 730/740.

  3. 4.  PlektrudisPlektrudis Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Irmina1) wurde geboren um 650; gestorben in 725; wurde beigesetzt in Köln [50667],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland.

    Notizen:

    Plektrudis
    um 650 - 725 Begraben: St. Maria im Kapitol (Köln)
    Tochter des Grafen Hugobert und der Irmina

    Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 19

    Plektrud, fränkische Adlige
    + p. 717 Begraben: St. Maria im Kapitol
    oo Pippin der Mittlere

    Plektrud stammte aus vornehmster austrasischer Familie, höchstwahrscheinlich Tochter der Äbtissin Irmina von Oeren und des Seneschalls Hugobert und Schwester der Äbtissin Adela von Pfalzel (Hlawitschka gegen Werner). Nach der Heirat (um 670) mit Pippin dem Mittleren begegnet sie als Mitausstellerin aller Urkunden des Hausmeiers. Nach dessen Tod 714 versuchte sie energisch, die Rechte ihrer Enkel gegen ihren Stiefsohn Karl (Martell) zu wahren, den sie in Köln gefangensetzte. 716 von den Neustriern zusammen mit den Friesen bedroht, mußte sie die Schätze aushändigen; der entkommene Karl konnte sie 717 zur förmlichen Anerkennung seiner Rechte zwingen. In dem von ihr gegründeten Stift St. Maria im Kapitol (Köln) fand sie ihr Grab.

    Quellen:
    MGH DD Merov. - Cont. Fredeg. 5-10; Liber hist. Fr. 48-53 (MGH SRM II) - Ann. Mettenses priores (MGH SRG 10) -

    Literatur:
    H. Bonnell, Die Anfänge des karol. Hauses, 1866 - I. Heidirch, Titul. und Urkk. der arnulf. Hausmeier, ADipl 11/12, 1965/66, 71-279 - S. Konecny, Die Frauen des karol. Kg.hauses, 1976 - I. Haselbach, Aufstieg und Herrschaft der Kar. in der Darstellung der sog. Ann. Mett. pr., 1970 - M. Werner, Adelsfamilien im Umkreis der fr. Karolinger, 1983 [dazu E. Hlawitschka, RhVjbll 49, 1985, 1-61] - R. A. Gerberding, The Rise of the Carol. and the Liber hist. Francorum, 1987 - I. Heidrich, Von P. zu Hildegard ... RhVjbll 52, 1988, 1-15. -

    Große Frauen der Weltgeschichte: Seite 376

    Plektrudis
    um 650 - 725
    Im südlichen Seitenschiff der Kirche St. Maria im Capitol zu Köln steht noch heute der merowingische Sandsteinsarkophag, in dem in der 1. Hälfte des 8. Jahrhunderts Plektrudis, die Gattin des Hausmeiers Pippins des Mittleren von Heristal, beigesetzt war. Ein zweiter, späterer Sarkophag im nördlichen Seitenschiff der Kirche bewahrte ebenfalls einige Jahrhunderte lang die Gebeine der Fürstin, seitdem aber sind sie verschollen. Die noch erhaltene Grabplatte mit dem schönen romanischen Bildnis ist erst um 1180 entstanden, also über 450 Jahre nach dem Tode der Plektrudis, über die wir in der um 1217 verfaßten "Königschronik lesen: "Pippin hatte eine hochadelige und überaus kluge Frau mit Namen Plektrudis. Sie baute in Köln auf dem Capitol eine bedeutsame Kirche zu Ehren der Gottesmutter und gründete dort zum Dienste Gottes und der Heiligen Jungfrau ein Damenstift, das sie mit reichen Liegenschaften und Einkünften ausstattete..." Pippin trennte sich von ihr, um mit seiner zweiten. Gemahlin Alpaide zusammenleben zu können, die ihm einen Sohn schenkte. Man berichtete ihm, es sei "ein Karrl", was in der deutschen Sprache einen Knaben mit kräftigen Gliedern bedeutet. So wurde Pippins Sohn einfach "der Karrl" oder "Der Kerl" genannt und damit im Zeichen der "volkstümlichen oder deutschen Sprache die karolingische Dynastie begründet". Dieser "Karrl" erhielt später den Beinamen "Martell" - der Hammer; er vertrug sich schlecht mit seiner Stiefmutter Plektrudis, die ihn eine zeitlang gefangenhalten ließ. Später gelang es ihm, durch seine Siege bei Tours und Poitiers das Abendland vor dem Ansturm des Islam zu retten. Als er im Jahre 717 in Köln eindrang, mußte Plektrudis auf alle Herrschaftsansprüche verzichten. Sie starb in der Stille des von ihr gegründeten Klosters.

    Hlawitschka Eduard: Seite 73, "Die Vorfahren Karls des Großen

    17 Plektrud

    Pippinus, filius Ansigisli quondam, necnon et illustris matrona mea Plectrudis, filia Hugoberti quondam; so öfter in Urkunden Pippins des Mittleren; C. Wampach, Echternach 1,2, Nr. 14, 15,24, Seite 39ff.
    Zu ihrer genealogischen Einordnung Ders., Echternach 1, 1, Seite 130-135, sowie E. Hlawitschka, Zur landschaftlichen Herkunft (wie in Nr. 4), Seite 8-10. - Seit dem 12./13. Jahrhundert kursiert in der Diözese Köln die Nachricht, eine gewisse Notburgis habe im Kölner Kloster St. Maria gelebt und sei Plektruds Nichte gewesen; vgl. Vlies des Saints 10, Paris 1952, Seite 1006. Zumal auch noch die klösterlichen Anfänge von St. Maria im Kapitol umstritten sind (ältester Beleg aus dem 10. Jahrhundert), dürfte hier kaum ein echter Kern zu vermuten sein.

    Schieffer Rudolf: „Die Karolinger“

    Plektrud, Tochter Hugoberts, entstammte einer vornehmen austrischen Familie und heiratete um 670 Pippin den Mittleren.Ihre Mutter wäre Irmina gewesen, die als Witwe Äbtissin des Nonnenklosters Oeren bei Trier und Stifterin des Mönchsklosters Echternach an der Sauer wurde und außer Plektrud eine weitere Tochter namens Adela hatte, die Gründerin und erste Äbtissin des Klosters Pfalzel bei Trier. Zusammen mit einigen weiteren Verwandten, die auf diesem Wege erschlossen werden können, zeichnet sich hier das Bild eines hochbedeutenden Adelsgeschlechts ab, dessen Macht sich von der mittleren Mosel über die Eifel bis an den Niederrhein nördlich von Köln erstreckte und in dieser Weiträumigkeit den ARNULFINGER/ PIPPINIDEN kaum nachstand.

    Werner Matthias: Seite 30,241-243,247-256, "Adelsfamilien"

    Die Familie Plektruds, die "HUGOBERT-IRMINA-Sippe", deren Einflußbereich sich vom Elsaß und Seillegau über das Trierer Gebiet bis in die Gegenden nördlich von Köln erstreckte, hatte ihre führende Stellung bereits vor dem Herrschaftsantritt Pippins II.von 679/80 inne, das heißt zu einer Zeit, als die Position der ARNULFINGER-PIPPINIDEN selbst durch den Sturz des Grimoald von 662 noch stark geschwächt war. Auf diesem Hintergrund dieser Beobachtungen gewinnt die Zuweisung von Pippins II. Gemahlin zur Verwandtschaft der Irmina von Oeren erhöhtes Gewicht. Pippins Heirat mit Plektrudist vor 668/70 anzusetzen .
    Die Angaben über die Erbteilung zwischen Regentrud und Plektrud in Budberg und Beslanc wurden erstmals von Halbedel in der Weise interpretiert, daß Regentrud und Plektrud als die beiden Anteilberechtigten zugleich auch Geschwister gewesen seien. Wie bereits vor ihm Goerz hielt auch Halbedel Plektrud, die er somit als weitere Schwester Adelas ansah, für personengleich mit der Gemahlin Pippins II. Diesen Ergebnissen schloß sich Wampach an, der zuvor schon unter Hinweis auf die Gemengelage von Gütern Pippins II., Irminas und Adelas im Trierer Gebiet eine Verwandtschaft dieser Personen untereinander vermutet hatte. Die erstmals von ihm fundierter vorgetragene These, Adela von Pfalzel und Pippins II. Gemahlin Plektrud seien mit "größter Wahrscheinlichkeit" Töchter Irminas von Oeren und deren Gemahl Hugobert gewesen, wurden von dem Großteil der Forschung übernommen.
    Noch weniger ist den Quellen in der Frage der Besitzungen Plektrudszu entnehmen. Bis auf eine unwesentliche Ausnahme tätigte Plektrud sämtliche ihrer bekannten Besitzgeschäfte gemeinsam mit Pippin II. In den betreffenden Urkunden ist nicht vermerkt, aus wessen Besitzmasse die jeweiligen Güter stammten. Die erzählenden Quellen lassen für Plektrud engere Verbindungen in das Kölner Gebiet erkennen, denen möglicherweise auch weiter zurückreichende Besitzbeziehungen entsprachen. So residierte Plektrud nach dem Tod Pippins II. in Köln und gründete hier nach später, aber glaubwürdiger Überlieferung die Kirche St. Marien im Kapitol.

    Konecny Silvia: Seite 47,51,59, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Der Eheschluß zwischen Pippin II. und Plektrud ist schwer zu datieren, da weder das Geburtsdatum des älteren Sohnes aus dieser Verbindung bekannt ist, noch Plektrud vor 691, als ihre Söhne schon erwachsen waren, in Erscheinung getreten ist. Aus dem Jahre 691 stammt die erste einer Reihe von Schenkungsurkunden, in denen Pippin II. gemeinsam gemeinsam mit Plektrud urkundet. Plektrud wurde seit 706 als die Tochter eines bereits verstorbenen Hugobert bezeichnet, ausdrücklich verwies Pippin einmal darauf, daß es sich bei einer Schenkung um Besitz handelte, der ihm und Plektrud gemeinsam gehörte. Ob die Häufung der Schenkungen aus dem Besitz Plektruds zwischen 691 und 714 ein Zufall in der Überlieferung ist, oder mit dem Eintreten eines Erbfalles zusammenhängt, muß dahingestellt bleiben. Ein unerwarteter Erbfall könnte Plektruds Position als Ehefrau neuerlich gestärkt haben. Ursprünglich scheint die Verbindung Pippins II. mit ihr durchaus keine glänzende Partie gewesen zu sein. Immerhin war Plektrud nach Hlawitschka nur eine von fünf Töchtern Hugoberts und Irminas, unter denen der Besitz wohl geteilt werden sollte. Bedenkt man den Zeitpunkt der Heirat, dann erscheint eine erstrangige Verbindung ja auch geradezu undenkbar. Nach dem mißglückten "Staatsstreich"Grimoalds hatten die KAROLINGER wohl einen Tiefpunkt ihrer Bedeutung erreicht. Die Ehe mit Plektrud könnte einen ersten Impuls zu einem neuerlichen Aufstieg der KAROLINGER gegeben haben. Der Höhepunkt von Pippins II. Machtentfaltung, der mit dem Jahre 687 anzusetzen ist, fällt jedoch mit der Geburt seines Sohnes aus zweiter Ehe, Karl Martell, zusammen. Daraus könnte geschlossen werden, daß Pippins eigentlicher Aufstieg von seiner Ehe mit Alpais begleitet war. Tatsächlich hatte ja Plektrud auch, als sie nach Pippins Tod für ihren Enkel Theudoald Herrschaftsansprüche erhob, keine Hausmacht hinter sich, wie etwa Karl Martell, den anscheinend seine Parteigänger aus dem Gefängnis befreiten. Plektrud dürfte sich nur auf jene Machtmittel gestützt haben, über die sie auf Grund ihrer unmittelbaren Nähe zur Hofhaltung Pippins II. verfügte, vor allem auf den Königsschatz.
    Anders und problematischer verlief hingegen der Versuch Plektruds, stellvertretend für ihren Enkel Theudoald zu regieren. Sie scheint sich nur auf die Machtmittel gestützt zuhaben, zu denen sie als Gattin Pippins II. Zugang hatte, also vor allem auf den Hof und den Schatz Pippins. Damit stand Plektrud im Gefolge der Versuche merowingischer Königswitwen, die vormundschaftlich für ihre Söhne und Enkel regiert hatten. Die Vormundschaft Plektruds über Theudoald muß im Zusammenhang mit dem Einfluß Ansfleds, der Witwe Warattos, über Hugo, den gemeinsamen Enkel beider Frauen, gesehen werden. Gemäß der Vita Bischof Hugos bestimmte Ansfled den Enkel zu der geistlichen Laufbahn. Bei Pippins II. Tod war als Frage der Nachfolge ungeordnet. Die Söhne, die aus seiner Ehe mit Plektrud entstammten, waren vor dem Vater verstorben. Beide hatten Söhne hinterlassen, die - ihr Eintrittsrecht gegenüber Karl Martell vorausgesetzt - in gleicher Weise erbberechtigt gewesen wären. Eine Konzentration der Herrschaftsrechte auf Theudoald war, zumal auch keine Wahl des Adels seinen Anspruch favorisierte, alleinige Entscheidung Plektruds. Sie verteidigte gegenüber Karl Martell weder Theudoalds Eintrittsrecht noch das Recht des "legitimen" Sohnes gegenüber dem "illegitimen", sondern erhob Anspruch auf die ungeteilte Herrschaft. Damit schaltete sie nicht nur Karl Martell, sondern auch die Söhne Drogos aus, die weder vom Standpunkt des Eintrittsrechtes noch mit dem Argument "illegitimer" Geburt übergangen werden konnten.
    Während Plektruds Auseinandersetzung um die Macht mit Karl Martell recht genau überliefert ist, tritt ihre Beziehung zu Ansfled und den Nachkommen Drogos in den Hintergrund. Und doch muß Plektruds Haltung gegenüber Neustrien für ihr Scheitern ausschlaggebend gewesen sein. Gerade weil Plektrud auf eine zumindest zu Beginn seines Aufstieges von Pippin II. recht sorgfältig betriebene Ausgleichspolitik mit Neustrien völlig verzichten zu können glaubte, beraubte sie sich nach allen Seiten hin jedes Rückhalts. Sie glaubte wohl, ohne Bündnispolitik und damit auch ohne die nötigen Zugeständnisse an Verbündete auszukommen und überschätzte so ihre Position. Welche Kompromisse mit Neustrien Plektrud vermeiden wollte, muß offen bleiben. Vielleicht hatten die Nachkommen Drogos zu wenig Bedeutung, um als Partner eines Bündnisses zu interessieren. Allerdings spricht dagegen die Tatsache, daß Karl Martell seine Neffen in Haft nehmen ließ. Ansfled und die Nachkommen Drogos könnten der Gruppe um den neustrischen Hausmeier Raganfred und dem MEROWINGER Chilperich II. nahegestanden sein, die Plektrud stark bedrängte und erst von Karl Martell besiegt wurde. Vielleicht vermied Plektrud die Annäherung an ihre neustrischen Enkel, weil diese keinen Vorwand für eine vormundschaftliche Regierung geboten hätten, ja möglicherweise selbst die Vormundschaft über Theudoald ergreifen wollten. Letzten Endes bleibt auch die Frage offen, ob Plektrud aus Mangel an politischem Einschätzungsvermögen scheiterte, und deshalb zum Herrschen unfähig war, wie die Annales Mettenses urteilen, oder ob sie ihre Entscheidung bewußt traf und damit eine konsequente Politik verfolgte.





    670/75 oo Pippin II. der Mittlere 635 oder 640/50-16.12.714


    Kinder:
    - Grimoald II. - April 714
    - Drogo Herzog der Champagne - 708



    Literatur:
    Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 460,464,465 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 282 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57 - Ewig Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1988, Seite 184,192,201 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 45 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 17 - Hlawitschka, Eduard: Zu den Grundlagen des Aufstiegs der Karolinger. Beschäftigung mit zwei Büchern von Matthias Werner. in: Stirps Regia. Forschungen zum Königtum und Führungsschichten im frühen Mittelalter. Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 43-105 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 100 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 50,59 - Nack Emil: Germanien. Ländern und Völker der Germanen. Gondrom Verlag GmbH & Co. KG, Bindlach 1977, Seite 263,270 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 44 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 23,31-33,35-38,40 - Schneider Reinhard: Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter. Anton Hiersemann Stuttgart 1972, Seite 179 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982 Seite 15,27-31,36,60,62,70,72,74-77,89,99,107,111,119, 121-123,126,128,131,133,137,165,167,169,172-176,186,193,197,213,221,226,229,234,236,239,241-243,247-256,258,261-263, 265-270,274-282,285,289,291-294,322,324,326 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 30 -

    Joachim Oepen, Plektrud, im Portal Rheinische Geschichte

    Plektrud (gestorben nach 717), Kirchengründerin

    Plektrud war die Ehefrau des fränkischen Hausmeiers Pippin des Mittleren (Regierungszeit 679-714) sowie die Gründerin der Kölner Kirche St. Maria im Kapitol.
    Plektrud entstammte einer vornehmen austrasischen Familie des Eifel-Mosel-Raums. Als Eltern werden die heilige Irmina, Äbtissin des Klosters Oeren bei Trier und Stifterin der Abtei Echternach, sowie der Seneschall und Pfalzgraf Hugobert (gestorben um 697) angenommen, als Schwestern unter anderem Bertrada, Gründerin des Klosters Prüm, und Adela, Gründerin und Äbtissin des Klosters Pfalzel bei Trier. Während diese Familienrekonstruktion in der Forschung nicht unwidersprochen blieb, herrscht Einvernehmen, dass Plektrud um 670 den späteren fränkischen Hausmeier Pippin den Mittleren heiratete. Diese Heirat war eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Stellung des Hausmeiers im Merowingerreich und damit auch für den endgültigen Aufstieg der Karolinger. Die Güter Plektruds und ihrer Familie erstreckten sich von der mittleren Mosel über die Eifel bis an den linken Niederrhein und rundeten damit den bisherigen Besitz der Pippiniden an Maas und oberer Mosel ab. Diese Besitztümer „konnten Pippins d. M. politisches Agieren selbstverständlich erleichtern" (Eduard Hlawitschka).
    In allen bekannten Urkunden ihres Ehemanns tritt Plektrud als Mitausstellerin auf. Aus dieser Tatsache ist ihre besitzrechtliche Stellung ablesbar, zugleich auch ihre Bedeutung bereits vor dem Tode Pippins. Zwischen 687 und 714 gründeten und begünstigten die Eheleute gemeinsam eine Reihe von Kirchen und Klöstern vor allem im Gebiet zwischen Rhein, Maas und Mosel, wobei auch Besitz aus dem Vermögen von Plektrud vergeben wurde. Unter anderem ermöglichten Pippin und Plektrud dem heiligen Suitbert die Gründung des Kloster Kaiserswerth (um 695), förderten die Abtei Echternach, an deren Gründung der heilige Willibrord (um 658-739) beteiligt war, und stellten sie unter ihren Schutz (706). Willbrord übertrugen sie auch das von ihnen gegründete Kloster Susteren bei Roermond (714).nach obenDie letzten Lebensjahre Pippins waren überschattet von erfolglosen Versuchen einer Nachfolgeregelung, denn die beiden Söhne Drogo (um 670-708) und Grimoald (um 680-714) waren bereits vor ihm verstorben. Den aus einem Konkubinatsverhältnis stammenden Sohn Karl Martell (688/689-741) versuchte Plektrud von der Nachfolge auszuschließen. Folgerichtig ließ sie nach dem Tode Pippins am 16.12.714 Karl verhaften und half ihre beiden Enkel Arnulf (um 695-723) als „dux" für Austrasien und den noch unmündigen Theudoald (wohl 708-nach 715) als Hausmeier an die Macht zu bringen. Plektrud behielt sich die oberste Autorität vor und richtete ihre Residenz in Köln ein. In Neustrien regte sich Widerstand, so dass es am 26.9.715 im Wald von Compiègne zu einer Schlacht kam, bei der Theudoald nur knapp die Flucht gelang. Zudem gerieten der merowingische König Dagobert III. (Regierungszeit 711-715/716) beziehungsweise Chilperich II. (Regierungszeit 715/716-721) unter den Einfluss der Neustrier. Als dann auch noch Karl Martell aus der Haft entkommen konnte und sowohl gegen die Neustrier als auch gegen Plektrud vorging, entstand im Frankenreich eine äußerst instabile Lage. Zudem befand sich die von Pippin „begründete gesamtfänkische Suprematie der Familie in eine[r] existenzbedrohende[n] Krise" (Rudolf Schieffer).
    716 rückten die Neustrier unter Chilperich und ihrem im Vorjahr gewählten Hausmeier Raganfrid (gestorben 731) nach Köln vor, wo sie Plektrud zur Herausgabe eines beträchtlichen Schatzes, womöglich des merowingischen Staatsschatzes zwangen. Auf dem Rückweg wurden sie von Karl angegriffen und erlitten eine Niederlage; auch die Schlacht bei Vinchy am 21.3.717 konnte Karl für sich entscheiden. Anschließend wandte er sich nach Köln, wo Plektrud ihm die restlichen Schätze Pippins aushändigen und Karls Herrschaftsanspruch anerkennen musste. Während Karl Martell in den folgenden Jahren seine Gegner endgültig niederwerfen konnte, geriet Plektrud vollkommen aus dem Blick der Quellen.
    Es gilt jedoch als sicher, dass Plektrud in Köln die Kirche St. Maria im Kapitol gründete, die sich an genau gleicher Stelle wie der den drei kapitolinischen Gottheiten Jupiter, Juno und Minerva geweihte Tempel aus römischer Zeit erhebt. Möglicherweise handelte es sich hierbei um merowingisches Königsgut, in dessen Besitz die fränkischen Hausmeier gelangt waren. Der Gründungsstatus der Kirche ist völlig unklar. Erst im 10. Jahrhundert bestand an St. Maria im Kapitol ein Benediktinerinnenkloster, welches sich im Verlauf des 12./13. Jahrhunderts zum adeligen Damenstift umwandelte. Bis zur Säkularisation 1802 war St. Maria im Kapitol nach Essen das größte Kanonissenstift im Erzbistum Köln und nach dem Dom und St. Gereon das reichste Stift in der Stadt Köln. Die Gründung der Kirche durch Plektrud wird erst seit Mitte des 12. Jahrhunderts in der örtlichen Tradition fassbar: Zwei um 1150/1160 sowie um 1300 entstandene Reliefplatten sowie urkundliche Zeugnisse belegen ihr Grab innerhalb der Kirche. In einem um 1300 angelegten Memorienbuch sowie in mehreren erzählenden Quellen wird Plektrud als Gründerin von St. Maria im Kapitol erwähnt. Eine Erhebung der Gebeine oder gar eine Kanonisation ist ihr nie zuteil geworden. Das Sterbedatum von Plektrud ist unbekannt; unterschiedliche Überlegungen der Forschung setzen es von bald nach 717 bis 726 an.
    In den zeitgenössischen Quellen wird Plektrud je nach Tendenz einerseits als „grausam", „von weiblicher Verschlagenheit" und für die Regierung des Frankenreiches als ungeeigent geschildert („Annales Mettenses priores"), andererseits aber als „edle und ungemein kluge Ehefrau" Pippins („Fredegarii Continuator") und als „höchst weise" bezeichnet („Liber historiae Francorum").
    Seit 1990 erinnert eine Statue Plektruds (Bildhauer: Thomas Torkler) am Kölner Rathausturm an die Klostergründerin.
    nach obenQuellen
    Annales Mettenses priores (MGH SS rer. Germ. in us. schol. X), bearb, von Bernhard von Simson, Hannover 1905.
    Chronicarum quae dicuntur Fredegarii Scholastici libri IV. cum Continuationibus (MGH SS rer. Merov. II, S.1-194), bearb. von Bruno Krusch, Hannover 1888.
    Liber Historiae Francorum (MGH SS rer. Merov. II, S.215-329), bearb. von Bruno Krusch, Hannover 1888.

    Literatur
    Nonn, Ulrich, Plektrud, in: Lexikon des Mittelalters, Band 7, München/Zürich 1995, Sp. 19.
    Oepen, Joachim, Plektrud in Köln: Die Stadt im Machtkampf der Karolinger, in: Rosen, Wolfgang/Wirtler, Lars (Hg.), Quellen zur Geschichte der Stadt Köln 1. Antike und Mittelalter. Von den Anfängen bis 1396/97, Köln 1999, S. 72–80.
    Sauser, Ekkart, „Plektrudis", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 21 (2003), Sp. 1182-1183.
    Werner, Matthias, Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet, Sigmaringen 1982.

    Online
    Die digitalen Monumenta Germaniae Historica (dmgh) [Für eine Recherche innerhalb der dmgh siehe die jeweiligen Angaben unter der Rubrik Quellen].
    Schieffer, Rudolf, „Plektrud", in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 527-528.
    St. Maria im Kapitol (Informationen über die Baugeschichte von St. Maria im Kapitol auf der Website des Fördervereins Romanische Kirchen Köln e.V.).

    Joachim Oepen (Köln), 13.3.2013



    Romanische Grabplatte der Plektrudis, St. Maria im Kapitol. Köln, 3. Viertel des 12. Jahrhunderts

    Erstes-Relief-der-Plectrudis-1160-Maria-im-Kapitol-Köln


    Begraben:
    St. Maria im Kapitol

    Plektrudis heiratete Pippin II. um 670. Pippin (Sohn von Ansegisel und Begga) wurde geboren in 635/650; gestorben am 16 Dez 714 in Jupille-sur-Meuse [4020],Wallonien,Belgien; wurde beigesetzt in Chèvremont [90340],Territoire de Belfort,Franche-Comté,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 7. Drogo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 670; gestorben in 708; wurde beigesetzt in Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich.
    2. 8. Grimoald II,  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 680; gestorben in Apr 714 in Lüttich [4000],Lüttich,Wallonien,Belgien; wurde beigesetzt in Lüttich [4000],Lüttich,Wallonien,Belgien.

  4. 5.  von Pfalzel, Adela Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Irmina1) wurde geboren um 660; gestorben in 735.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Pfalzel [54293],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland; 1. Äbtissin von Pfalzel

    Notizen:

    Adela 1. Äbtissin von Pfalzel
    ca 660 † nach 732
    Tochter des Seneschalls Hugobert und der Irmina von Oeren

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 143

    Adela von Pfalzel * ca. 660, † ca. 735

    Sie entstammte der im Mosel-Maas-Raum begüterten Famile Irminas. Sie war die Tochter Irminas (Mitbegründerin von Echternach, später Äbtissin von Oeren) und des fränkischen Seneschalls Hugobert, Enkel des dux Theotar (Metz), Schwester der Regentrud, Chrodelind, Plektrud (Gemahlin Pippins des Mittleren) und vermutlich der älteren Bertrada (Gründerin von Prüm), verwandt vielleicht mit mit Bischof Higobert von Maastricht-Lüttich. Adela war verheiratet (mit Odo vir inluster) und hatte Kinder (Alberich, eventuell Haderich, Gerelind; Enkel: Bischof Gregor von Utrecht). Sie gründete wohl bald nach 700 das Frauenkloster Pfalzel in einem von ihrem Schwager Pippin erworbenen spätrömischen Landsitz und richtete dem neuen Konvent, dessen erste Äbtissin sie war, in der villa eine gleicharmige Kreuzkirche ein. Ihre Gründung stattete sie mit Gütern an Maas und Mosel, in Gill- und Bidgau aus (Testament von 732/33). Die ersten Nonnen des Konvents mögen aus Oeren, Nivelles, Andenne gekommen sein, wohin verwandtschaftliche Beziehungen bestanden. Adela wird in die Verbindungen ihrer 704/710 verstorbenen Mutter zu angelsächsischen Pilger- und Missionskreisen hineingewachsen sein: ein vor 713 datierter Brief einer angelsächsischen Äbtissin (Bonifatius ep. 8) empfahl eine nach Rom reisende Äbtissin der Fürsorge der wegen ihrer Frömmigkeit gerühmten Adela. 721 besuchte Bonifatius Pfalzel und gewann Adelas Enkel Gregor für Missionsaufgaben. Vermutlich gehörte der Fuldaer Ragyndrudiscodex, mit dem Bonifatius sein Haupt vor den Mördern geschützt haben soll, der genannten Regentrud und gelangte über Pfalzel in Bonifatius' Besitz. - Ihr Heiligenkult scheint auf Pfalzel beschränkt gewesen zu sein.
    D. v. d. Nahmer

    Hlawitschka Eduard: Seite 76, "Die Vorfahren Karls des Großen."

    23 Adela von Pfalzel
    Vgl. bei Nr. 21

    In ihrer Urkunde vom 1. April 732/33, mit der sie - anläßlich der Unterstellung ihrer Klostergründung samt aller Pertinenzien unter das regnum des jeweiligen Trierer Bischofs beziehungsweise unter defensio et mundiburgium der Trierer Kirche - die schon lange vorher vorgenommene Gründung und Besitzausstattung ihres Klosters Pfalzel nochmals verbriefte, nannte sie nämlich auch die Besitzungen, die sie an ihre Gründung geschenkt hatte.
    Adelas Besitztümer lagen im Trierer Gebiet, im östlich anschließenden Moselland und nach Norden sogar über den Zülpichgau hinaus im Maas- und Niederrheingebiet.






    oo Odo vir inluster + 693


    Kinder:
    - Alberich † nach 714/vor 721
    - Gerelind † nach 699
    - Haderich † nach 699




    Literatur:
    Hlawitschka Eduard: Die Vorfahren Karls des Großen. In: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 76 - Werner, Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982 Seite 15,25-35,65,83,99,121,129,132, 175,176-185,188,191-226,233-238,241-247,250-259,262-270,274,280-283,290-292,294,297-300,304, 310,316-325,326-328 -

    Allgemeine Deutsche Biographie - Adela

    Adela: die heilige Adela Das Damenstift zu Pfalzel (1 Stunde unterhalb Trier) führt seinen Ursprung auf die h. A. zurück, die eine Schwester der h. Irmina, Gründerin des Klosters Horreum zu Trier, und angeblich Tochter Dagoberts II. gewesen sein soll Mit gutem Recht sieht man die h. A. in der Aebtissin Addula, welche der h. Bonifacius 722 auf seiner Reise zu den Hessen "in einem Nonnenkloster an der Mosel bei Trier" besuchte und deren 15jährigen Enkel Albericus er damals mit sich nahm. A. war mit einem fränkischen Großen Namens Alberich vermählt gewesen. Ihre Gebeine wurden laut einer Bleiinschrift 1207 in der alten Stiftskirche zu Pfalzel erhoben und befinden sich jetzt in der dortigen Pfarrkirche. — Zur Geschichte ihrer Klosterstiftung, die später aufgehoben und zu einem Mannsstifte umgewandelt wurde, s. Kraus, Bonn. Jahrb. XLII. 122 ff.; Marx, Erzstift Trier III. 466 ff. — Eckhart und Hontheim halten die Stifterin der Abtei zu Pfalzel für dieselbe|Matrone, welche im Leben der h. Gertrud v. Nivelles erwähnt wird, und Mabillon glaubt, sie sei jene Aebtissin Adolana, an welche in den Briefen des h. Bonifacius Elfled und eine andere englische Aebtissin empfohlen werden.



    Jennifer Striewski, Adela von Pfalzel, im Portal Rheinische Geschichte

    Adela von Pfalzel (um 660/675-735), Äbtissin

    Adela von Pfalzel gründete um 700 das Kloster Pfalzel bei Trier, dem sie als erste Äbtissin vorstand. Ihr Gedenktag ist der 24. Dezember.
    Adela wurde um 660/675 vermutlich als Tochter der Irmina von Trier und des fränkischen Seneschalls und Pfalzgrafen Hugobert (gestorben um 697) geboren. Sie entstammte einem führenden austrasischen Adelsgeschlecht und hatte enge Beziehungen zu den Arnulfingern und Pippiniden. Als ihre Schwestern werden Plektrud, Bertrada die Ältere, Regentrud (um 660/665-730/740) und Chrodelinde vermutet, auch wenn diese Familienkonstruktion in der Forschung nicht unwidersprochen geblieben ist. Über ihre Schwester Plektrud war sie mit dem fränkischen Hausmeier Pippin dem Mittleren (Regierungszeit 679-714) verschwägert.
    Vor ihrem Klostereintritt war Adela verheiratet. Ihr Ehemann lässt sich möglicherweise mit dem vir inluster Odo identifizieren. Aus ihrer Ehe ging ein Sohn, Alberich (gestorben nach 714) hervor. Ihr Enkel war Gregor von Utrecht (707-776).
    Nach dem Tode ihres Mannes erwarb Adela um 700 von ihrem Schwager Pippin dem Mittleren durch Gütertausch die Grundherrschaft in Pfalzel und gründete in dem weitgehend erhaltenen ehemals römischen Gebäudeareal aus dem 4. Jahrhundert ein Frauenkloster als Witwensitz. Sie übernahm die Leitung des Klosters, stattete es mit reichen Schenkungen aus und sorgte als Klostergründerin für die Zusammenführung des Konvents und dessen monastische Prägung. Die ersten Nonnen stammten möglicherweise aus Oeren und Nivelles, wohin Adela Beziehungen pflegte. Wahrscheinlich stand das Kloster Pfalzel über Echternach in Kontakt zur angelsächsischen Mission. Für das Jahr 721 ist ein Besuch des angelsächsischen Missionars Bonifatius (672/675-754/755) bezeugt, dem sich bei dieser Gelegenheit Adelas Enkel Gregor anschloss.nach obenAls Eigenkloster verblieb Pfalzel zunächst in der Hand der Klostergründerin; erst 732/733 übertrug Adela das Kloster in ihrem Testament dem Schutz und der Oberherrschaft der Trierer Kirche. Um das Kloster nach ihrem Tode in seinem weiteren Bestand zu sichern, stattete sie es zudem mit weiterem Landbesitz aus.
    Adela starb um 735 und wurde in Pfalzel in der Klosterkirche beigesetzt. Zwischen 1207 und 1802 befand sich ihr Grab im Chor der Stiftskirche. Am 9.8.1802, nach der Aufhebung des Stiftes während der Säkularisation, wurden ihre Gebeine in die Pfarrkirche St. Martin in Pfalzel, 1962 schließlich in die St. Marien-Kirche übertragen.
    Adela wurde nicht generell als Heilige verehrt, ihr Kult beschränkte sich auf Pfalzel. In der St. Marien- und der St. Martin-Kirche in Pfalzel wird ihrer am 3. Januar gedacht.
    In Trier-Pfalzel ist die Adulastraße nach ihr benannt.
    In der hochmittelalterlichen Trierer Tradition (Libellus de rebus Trevirensibus) wurde Adela unzutreffend zu einer Tochter König Dagoberts I. (Regierungszeit 629-639), um die Gründung des Klosters Pfalzel politisch aufzuwerten.

    Quellen
    Libellus de rebus Trevirensibus (MGH XIV, S. 98-106), bearb. von Georg Waitz, Hannover 1883.
    Vita Gregorii abbatis Traiactensis auctore Liudgero (MGH SS XV, S. 63-79), bearb. von Oswald Holder-Egger, Hannover 1887.
    Wampach, Camille, Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien bis zur burgundischen Zeit, Band 1, Luxemburg 1935.

    Literatur
    Bautz, Friedrich Wilhelm, Artikel „Adela", in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon 1 (1990), Sp. 33-34.
    Heyen, Franz-Josef, Das St. Marien-Stift in (Trier-)Pfalzel, Berlin 2005.
    Heyen, Franz-Josef, Untersuchungen zur Geschichte des Benediktinerinnenklosters Pfalzel bei Trier (700-1016), Göttingen 1966.
    Werner, Matthias, Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel, Sigmaringen 1982.

    Online
    Die digitalen Monumenta Germaniae Historica (dmgh) [Für eine Recherche innerhalb der dmgh siehe die jeweiligen Angaben unter der Rubrik Quellen].

    Jennifer Striewski (Bonn), 30.09.2010



    Familie/Ehepartner: Odo. Odo gestorben in 693. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 9. Gerelind  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 698.
    2. 10. Alberich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 685/690; gestorben in 714/721.
    3. 11. Haderich  Graphische Anzeige der Nachkommen

  5. 6.  Bertrada Graphische Anzeige der Nachkommen (1.Irmina1) wurde geboren um 670; gestorben nach 721.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland; Stifterin von Prüm

    Notizen:

    Bertrada die Ältere Stifterin von Prüm
    um 670 † nach 721
    Tochter des Seneschalls Hugobert und der Irmina von Oeren

    Hlawitschka Eduard: Seite 76, "Die Vorfahren Karls des Großen."

    22 Bertrada die Ältere

    Ihre Abstammung wird ermittelt bei E. Hlawitschka, Zur landschaftlichen Herkunft (wie in Nr. 4), Seite 1-17.

    Bertrada stiftete im Jahre 721 gemeinsam mit ihrem Sohn Heribert in Prüm ein Kloster, das sie mit einer Reihe von Gütern beziehungsweise Güteranteilen an verschiedenen genannten Orten des Mittelmosel-Eifel-Gebietes dotiert haben und dass diese Kloster nach einigen Jahren eingegangen sein muß, da nämlich König Pippin der Jüngere 752 davon sprach, dass er das Kloster Prüm neu errichtet habe. Im Jahre 762 zeigten dann König Pippin und seine Frau Bertrada die Jüngere, Enkelin Bertradas der Älteren, dass sie gemeinsam durch ihre Väter in Rommersheim bei Prüm und in Rheinbach südwestlich von Bonn begütert waren.

    Werner, Matthias: Seite 31,83,236,268-272, "Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet"

    Aber auch für Bertrada die Ältere und Crodelind und ihre Familien wäre jeweils eine führende Stellung vorauszusetzen. Bertradas Sohn Charibert war Graf in Laon; ihre Enkelin Bertrada die Jüngere wurde durch ihre Ehe mit Pippin III. die Gemahlin des ersten im Gesamtreich anerkannten fränkischen Königs aus karolingischem Hause.
    Die Dotierung Echternachs bildete nur einen Teil ihres Gesamtbesitzes [223 Ausgeklammert sei an dieser Stelle noch die Frage nach den Erbgütern der als Töchter Irminas angesehenen Adela von Pfalzel, Chrodelind, Plektrud und Bertrada die Ältere und dem daraus für Irmina zu erschließenden Besitz, da hierzu wie auch für etwaige andere erbberechtigte Nachkommen Irminas keine Zeugnisse vorliegen, die sich unmittelbar auf die Person Irminas bzw. ihrer Verwandtschaft beziehen.].
    Weitere Aufschlüsse zu ihrer Person suchten Halbedel und Wampach dadurch zu gewinnen, daß sie den Vermerk Signum + Chrodelande in der Zeugenliste der Ausstattungsurkunde Bertradas der Älteren und ihres Sohnes Charibert für das Kloster Prüm von 721 auf Crodelinde bezogen und verwandtschaftliche Beziehungen Crodelinds zu Bertrada und den übrigen in der Zeugenliste genannten Personen annahmen [269 Beyer 1 Nr. 8 Seite 11. Halbedel Seite 23 Anm. 20 sah in den beiden anderen noch genannten Zeugen Bernarius und Theodericus weitere Söhne Bertradas der Älteren und in "Chrotlind" die Frau des Bernarius. Theoderich und Bertradas sicher bezeugter Sohn Charibert/Chardrad setzte er gleich mit den beiden Tradenten Theoderich und Haribert, die vor 777 in Blittersdorf, Auersmacher (Kr. Saarbrücken) und Saargemünd Besitz an Fulrad von Saint-Denis übertrugen, vgl. Tangl (wie oben Seite 137 Anm. 460) Seite 208. Zurückhaltender hinsichtlich einer Identität Crodelinds mit dem Zeugenhelfer von 721 und verwandtschaftlicher Beziehungen zu Bertrada der Älteren äußerte sich hingegen Wampach 1, 1 Seite 126 Anm. 2.]. Diese Ergebnisse werden insbesondere von Levillain und Hlawitschka übernommen, die die Zeugenhilfe Crodelinds als Konsens zu der Stiftung der Bertrada deuteten und hierin ein zusätzliches Argument für die Annahme verwandtschaftlicher Verbindungen zu der Gründerin von Prüm sahen.
    Zur Herkunft Bertradas ist bekannt, daß ihr Vater Charibert ein Sohn der ersten Gründerin von Prüm, Bertrada der Älteren, war. Bei Chariberts bzw. Bertradas der Älteren Verbindungen zum karolingischen Haus wurden mehrere Deutungen vorgeschlagen.
    Bei der Suche nach einer Seitenverwandtschaft, die keine Blutsverwandtschaft schuf und dennoch die Möglichkeit gemeinsamer Erbgüter bot, richtete Hlawitschka seinen Blick auf die Familie Plerktruds, die Gemahlin Pippins II., die wie Bertrada die Ältere im Mittelmosel-Eifel-Gebiet begütert gewesen sei. Ausgehend von der Annahme, auch Karl Martell habe als Sohn Pippins II. und dessen Nebenfrau Chalpaida durchaus Besitz Plektruds erlangen können, hielt er Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Plektrud und Bertrada der Älteren für die einfachste Erklärung der gemeinsamen Besitzrechte König Pippins und Bertradas der Jüngeren. Als nächstliegende und wahrscheinlichste Möglichkeit verwandtschaftlicher Verbindungen sah er an, daß Plektrud und Bertrada die Ältere Schwestern gewesen seien [398 Hlawitschka, Herkunft Seite 8ff., Ders., Vorfahren Seite 55f., 72f. (Stemmma), Ders. Merowingerblut Seite 72ff., 77 sowie zuletzt ausführlich Ders., Studien Seite 38ff.]. Dieser, jüngst von Hlawitschka noch einmal eingehend begründeten Deutung ist die seitherige Forschung überwiegend gefolgt [399 Vgl. oben Seite 29 mit Anm. 73 sowie Rotthoff (wie Anm. 202) Seite 218 und Ders. (wie Anm. 200) Seite 5f. Ablehnend äußerte sich hingegen vor allem Eckhardt, Studia Seite 102ff., dessen gegenteilige Auffassung, Bertrada die Ältere sei eine Tochter König Childerichs II. und somit merowingischer Abstammung gewesen, jedoch von Hlawitschka, Studien Seite 31ff. überzeugend als unhaltbar erwiesen werden konnte.].
    Bertrada, die derart als Schwester Plektruds erschlossen wurde, gilt aufgrund dieser genealogischen Einordnung zugleich auch als eine weitere Schwester Adelas von Pfalzel.
    Weitgehend entfallen muß vor allem das zunächst naheliegende Argument, Adela wie Bertrada die Ältere hätten jeweils eine Schwester Crodelind gehabt [400 Zu diesem auf den ersten Blick als besonders tragfähig erscheinenden Argument vgl. etwa Hlawitschka, Merowingerblut Seite 77, der umgekehrt von einer Geschwisterschaft Bertradas und Adelas, in der für Bertrada erschlossenen und der für die Schenkerin Attala von 704 sicher bezeugten Schwester Crodelind eine zusätzliche Bestätigung der Identität Adelas und Attalas sieht; vgl. auch oben Anm. 154.]. Diese Annahme beruht hinsichtlich Adelas auf einer fraglichen Personengleichsetzung und stützt sich, was Bertrada die Ältere annbetrifft, auf eine wohl unzutreffende Deutung der Zeugenreihe in Bertradas Urkunde für Prüm von 721 [401 Vgl. oben Seite 207ff., 238ff.].
    Wenig besagt schließlich auch die Tatsache, daß Bertrada die Ältere und Adela von Pfalzel jeweils an der mittleren Mosel und im Bittgau begütert waren.
    Die Klostergründung Bertradas in Prüm ging offensichtlich bald nach 721 wieder ein. Die Gegenüberstellung der Nachrichten vonn 721 und der Angaben von 762 zeigt, daß die von Bertrada der Älteren einbehaltene Hälfte ihrer Erbportion in Rommersheim nach der Auflösung des Klosters offensichtlich wieder mit der an Prüm geschenkten zweiten Hälfte vereint wurde und daß die gesamte Erbportionn Bertradas der Älteren über Charibert an dessen Tochter Bertrada die Jüngere gelangt war. Die Teilung der villa Rommersheim in zwei Besitzanteile ist somit spätestens in der Generation Bertradas der Älteren anzusetzen [411 Dieser Generation gehörte mit weitgehender Sicherheit auch der unmittelbare Vorbesitzer Karl Martells an, da Karl und Charibert, wie die Anm. 408 zitierten Passagen der Urkunde von 762 zeigen, Angehörige derselben Generation waren. Die theoretisch bestehende Möglichkeit, daß bereits zwischen Karl Martell und Bertrada der Älteren geteilt worden war, dürfte demgegenüber gänzlich unwahrscheinlich sein.]. Die einfachste denkbare Form verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen König Pippin und Bertrada der Jüngeren ist, daß beide einen gemeinsamen Urgroßvater hatten, unter dem der Besitz in Rommersheim noch vereint war [412 Von dieser Annahme gehen auch die meisten der von Hlawitschka, Herkunft Seite 4ff. zitierten Deutungsvorschläge der älteren Forschung aus; vgl. auch Dens., Merowingerblut Seite 73.]. Es fällt auf, daß von den beiden Besitzannteilen der eine ungeteilt über Karl Martell an Pippin vererbt wurde und daß der andere, der bei der Gründung Prüms in zwei Hälften aufgespalten und nach der Aufhebung des Klosters wieder vereint worden war, gleichfalls ungeteilt an Bertrada die Jüngere fiel [413 So hätte etwa Karl Martell seine portio in Rommersheim unter seine aus seiner Ehe mit Chrotrud stammenden Kinder Karlmann, Pippin und Hiltrud aufteilen bzw. auch seine aus anderen Verbindungen stammenden erbberechtigten Nachkommen daran beteiligen können. Ein ähnliches Bild würde sich für Bertrada die Ältere ergeben, sofern man mit Bornheim gen. Schilling Seite 114 aus dem Wortlaut der kopial überlieferten Schenkungsurkunde Bertradas an Echternach von 721: Ego Berta ... et filius meus Chardradus et Harbertus folgert, daß 721, das heißt zur Gründungszeit von Prüm, von den Söhnen Bertradas noch Chardrad und Charibert am Leben waren. Sehr wahrscheinlich aber verdient die von Wampach 1, 2 Nr. 33 Seite 77 vorgeschlagene Konjektur Chardradus (qui) et Harbertus gegenüber dieser Deutung den Vorzug.]. Erkennt man hierin ein gewisses Interesse, die beiden Anteile bei Erbbteilungen ungeteilt zu belassen, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß bereits der Erblasser Bertrada die Ältere nur über den an Bertrada gelangten Anteil im Rommersheim verfügen konnte, die Teilung also schon eine Generation vor Bertrada der Älteren stattgefunden hatte [414 Die Möglichkeit, die insbesondere Eckhardt, Merowingerblut 1 Seite 19ff. und Ders., Studia Seite 104ff. seinen jeweiligen Deutungsversuchen zugrundegelegt hatte, wurde auch von Hlawitschka, Herkunft Seite 13 Anm. 50 und Dems., Studien Seite 40ff., vgl. dazu Anm. 415, erwogen, aber als weniger wahrscheinlich beurteilt. In seiner älteren Studie verwies Hlawitschka hierfür vor allem auf Angaben zu den 721 von Bertrada der Älteren an Prüm vergabten Güter wie quicquid nobis obtingit oder nobis obtingit legitmo, die eher "auf eine jüngere, nicht auf eine schon eine Generation zurückliegende Teilung hindeuten" dürften. Doch sind diese Wendungen im Vergleich zu sonstigen urkundensprachlichen Formulierungen über Erbgüter und Erbteilungen sehr allgemein gehalten, vgl. etwa die Anm. 305,311,313 und oben Seite 127 mit Anm. 414 zitierten Beispiele. Dem entspricht der gleichfalls wenig präzise zusammenfassende Herkunftsvermerk: quicquid in ipsis villis antecessores nostri ibidem tennuerunt. Man wird aus diesem unbestimmten Angaben kaum genauere Schlüsse auf den Zeitpunkt und die Art der Teilung ziehen wollen. Dies gilt insbesondere für die Rommersheimer Güter, zu denen lediglich vermerkt ist: de nostra portionne medietate! Läßt dieser Hinweis den zeitpunkt der Teilung gänzlich offen, so wäre bei strenger wörtlicher Interpretation aus dem Fehlen zusätzlicher Angaben wie nobis obtingit legitimo und ähnlichem vielleicht sogar eher umgekehrt auf eine bereits weiter zurückliegende Teilung zu schließen. Ein weiteres Argument für einen Ansatz der Erbteilung erst in der Generation Bertradas der Älteren sieht Hlawitschka, Studien Seite 43 in der Verwendung des Begriffs portio für die 762 vergabten Güter in Rommersheim und Rheinbach, der darauf verweise, daß diese Besitzanteile König Pippin und Bertrada der Jüngeren als ehemalige Teilstücke bewußt gewesen seien, wobei "ehemalige Besitzzusammengehörigkeiten auch wiederum nicht zu lange bewußt geblieben sein dürften". Da in der Urkunde von 762 das Wort portio ohne jeden Bezug auf eine Erbteilung verwandt ist, fragt sich jedoch, ob an dieser Stelle nicht eher die allgemeinere Bedeutung des Begriffs im Sinn eines Anteils an der Gesamtheit der an einem Ort befindlichen Liegenschaften mit Zubehör zugrundeliegt; vgl. dazu die oben Anm. 124 erwähnten Beispiele.]. In diesem Falle wären - wiederum als einfachste Möglichkeit verwandtschaftlicher Beziehungen - bereits Karl Martell und Charibert von Laon Urenkel des gemeinsmaen Vorbesitzers gewesen [415 Der verfehlte Versuch von Eckhardt, Studia Seite 96ff., 102ff., diese Teilung unter Chlodwigs II. Söhnen Childerich II. (662-675) und Theuderich III. (673-690/91) anzusetzen, wurde von Hlawitschka, Studien Seite 33ff. überzeugend zurückgewiesen. Ebd. Seite 40ff. mit Anm. 161 diskutiert Hlawitschka, von den sicher bezeugten arnulfingisch-pippinidischen Vorfahren Karl Martells ausgehend, verschieden Möglichkeiten von Erbteilungen in der Generation der Eltern Pippins II. und Bertradas der Älteren. Er zeigt dabei auf, daß von den bekannten Nachkommen Arnulfs von Metz und Pippins I. her keine Möglichkeiten bestehen. Bertrada die Ältere in die arnulfingisch-pippinidische Vorfahrenschaft Karl Martells einzugliedern und daß die Annahme unbekannter Familienangehöriger, von denen die Güter Bertradas der Älteren stammen könnten, mit den überlieferten Personenzeugnissen wie auch mit dem fränkischen Erbrecht nur schwer vereinbar sei; vgl. zu den erbrechtlichen Bedenken jedoch oben Seite 131 mit Anm. 430. Daß Karl Martell die Besitzanteile in Rommerheim und Rhgeinbach über Familienangehörige seiner väterlichen Vorfahrenschaft - der dann auch Bertrada die Ältere zuzuweisen wäre - erhalten hatte, ist allerdings nur eine von mehreren Möglichkeiten. Ebenso ist es denkbar, daß die Teilung in der Generation seiner Großeltern mütterlicherseits stattgefunden hatte; vgl. dazu unten Seite 280 mit Anm. 436.].
    Nach den kirchenrechtlichen Bestimmungen waren bis in den Beginn des 8. Jahrhunderts Ehen unter Urenkeln, das heißt Verwandten dritten Grades (kanonischer Zählung) zulässig.





    oo N.N.


    Kinder:

    - Heribert Graf von Laon



    Literatur:
    Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57 - Hlawitschka Eduard: Die Vorfahren Karls des Großen. In: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 76 - Werner, Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982 Seite 28,31,39,83,87,111,120,176,201, 207,210, 221,236-241,244,255,259,264-266,268-272,274,279,293,324,326 -

    Jennifer Striewski, Bertrada die Ältere, im Portal Rheinische Geschichte

    Bertrada die Ältere (gestorben nach 721), Gründerin der Abtei Prüm

    Bertrada die Ältere gründete 721 zusammen mit ihrem Sohn Heribert von Laon (gestorben nach 721) die Abtei Prüm und stattete das Kloster mit reichen Schenkungen aus. Durch ihre Enkelin Bertrada die Jüngere (um 725-783) ist sie die Urgroßmutter Karls des Großen.
    Bertrada entstammte einem reich begüterten austrasischen Adelsgeschlecht. Sie war vermutlich eine Tochter der Irmina von Trier und des fränkisches Seneschalls und Pfalzgrafen Hugobert (gestorben um 697). Bertrada die Ältere hatte möglicherweise vier Schwestern: Plektrud, Adela von Pfalzel, Regentrud (um 660/665-730/740) und Chrodelinde, doch ist diese Familienkostruktion in der Forschung nicht unwidersprochen geblieben. Über Plektrud war sie mit dem fränkischen Hausmeier Pippin dem Mittleren (Regierungszeit 679-714) verschwägert.
    Bertrada die Ältere war verheiratet, ihr Ehemann ist jedoch unbekannt. Aus der Ehe ging mindestens ein Sohn, Heribert von Laon, hervor. Bertradas Enkelin, Bertrada die Jüngere, heiratete 741 den fränkischen König Pippin den Jüngeren (714-768) mit dem sie den gemeinsamen Sohn und späteren König und Kaiser Karl den Großen hatte.
    721 gründete Bertrada die Ältere zusammen mit ihrem Sohn das Kloster Prüm in der Eifel als Eigenkloster. Die Gründungsurkunde vom 23.6.721 schloss den Vorgang der Stiftung ab und stattete das Kloster mit Grundbesitz aus. Aus einer Güterübertragung Bertradas der Älteren von 721 an das Kloster Echternach ist zu folgern, dass die ersten Mönche in Prüm aus Echternach stammten.
    Das Kloster scheint sich nach dem Tode seiner Gründerin nicht lange gehalten zu haben, denn 751/752 wurde es durch Pippin den Jüngeren und Bertrada die Jüngere als Hauskloster der Karolinger neu gegründet und 762 mit Benediktinermönchen aus St. Faron in Meaux besetzt.
    Bertrada die Ältere starb nach 721, das genaue Sterbedatum sowie ihre letzte Ruhestätte sind nicht bekannt.
    nach obenLiteratur
    Ennen, Edith, Frauen im Mittelalter, München 1994, S. 57.
    Hlawitschka, Eduard, Die Vorfahren Karls des Großen, in: Braunfels, Wolfgang/Beumann, Helmut (Hg.), Karl der Große. Lebenswerk und Nachleben, Band 1, Düsseldorf 1965, S. 51-83.
    Isphording, Bernd, Prüm. Studien zur Geschichte der Abtei (721-855), Mainz 2005, S. 29-65.
    Werner, Matthias, Adelsfamilien im Umkreis der Karolinger: die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet, Sigmaringen 1982.

    Online
    Die Geschichte der St. Salvator Basilika. Wieso in Prüm eine päpstliche Basilika steht: Zur Geschichte von Prüm und seiner Kirche (Information auf der Website der katholischen Kirchengemeinde Prüm).


    Jennifer Striewski (Bonn), 30.09.2010

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 12. von Laon, Heribert  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 721.


Generation: 3

  1. 7.  Drogo Graphische Anzeige der Nachkommen (4.Plektrudis2, 1.Irmina1) wurde geboren um 670; gestorben in 708; wurde beigesetzt in Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Champagne,Champagne-Ardenne,Frankreich; Herzog der Champagne

    Notizen:

    Drogo Herzog der Champagne
    um 670 † 708 Begraben: Metz, St. Aposteln (basilica beati Arnulfi conf.)

    Ältester Sohn des Hausmeiers Pippin II. der Mittlere aus dem Hause der ARNULFINGER und der Plektrudis, Tochter von Seneschall Hugobert

    Lexikon des Mittelalters: Band III Spalte 1404

    Drogo, dux der Champagne
    * vor 680, † 708 Begraben: Metz, St. Aposteln (basilica beati Arnulfi conf.)
    Aus der Familie der ARNULFINGER.

    Drogo ist der ältere von zwei Söhnen aus Pippins II. erster Ehe mit Plektrud. Jüngerer Bruder Drogos ist Grimoald II.; Stiefbrüder sind Karl Martell und Childebrand.
    Nach 688 wurde Drogo mit Anstrud, der Witwe des neustroburgundischen maiordomus Berchar, verheiratet. Als Söhne Drogos werden Hugo, der nachmalige Bischof von Rouen († 730), der als dux bezeichnete Arnulf, ferner Pippin und Godefrid überliefert. In der Nachfolge sind sie ohne Bedeutung. Nach den Metzer Annalen war Drogo vermutlich 697 dux der Burg (Metz). Nach 695 erhielt Drogo den Dukat der Champagne (Fred. cont. 6). Solche Ereignisse erhellen vor allem die politischen Überlegungen Pippins II., der eine Verbindung zwischen Austrasien und Neustroburgund herstellte. Der vorzeitige Tod Drogos gefährdete das pippinidische Erbe in Gestalt eines fränkischen Gesamtregnums.

    Literatur:
    E. Hlawitschka, Die Vorfahren Karls d. Gr. (Braunfels, KdG I, 1965), bes. 61-64,80 - E. Ewig, Spätantikes und frk. Gallien, 1976, I (Francia Beih. 3.I), bes. 227-230,295 -

    Schwennicke Detlev: Tafel 3, "Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

    DROGO
    † 708 Begraben: Metz St. Arnulf
    dux der Champagne, dann der Burgunder
    oo nach 688 ANSTRUDIS
    Tochter von Waratto Hausmeier in Neustrien und Ansfled; Witwe von Berchar Hausmeier von Neustrien

    Hlawitschka Eduard: Seite 78, "Die Vorfahren Karls des Großen"

    28 Drogo

    Älteste Belege zur Filiation bei Nr. 16, dazu Urkunde Pippins des Mittleren und Plektruds für Echternach vom 2. März 714; C. Wampach, Echternach 1, 2, Nr. 24, Seite 59: filio nostro Grimoaldo et filiis vel filiis Drogonis, nepotibus nostris. -
    Zu seiner Ehe vgl. Belege bei Nr. 15. Weitere Quellen BM ² 21c-22d.
    Drogo wurde wohl anläßlich seiner Eheschließung zum Herzog der Champagne erhoben. Pippin II. hatte seine Söhne von Plektrudis schon zu Lebzeiten an seiner Herrschaft teilnehmen lassen und Drogo mit dem Dukat in Frankoburgund ausgestattet, während sein Bruder Grimoald in Neustrien folgen sollte. Der bereits 708 gestorbene Drogo wurde in der Apostelbasilika von Metz bei seinem Ahnherrn Arnulf beigesetzt. Sein ältester Sohn Arnulf erscheint nach Pippins Tod mit dem Titel dux. Ob er dem Vater im frankoburgundischen Großdukat folgte, ist ungewiß.

    Dahn Felix: Seite 460,461, "Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas."

    Pippin war vermählt mit Plektrudis, die aus edlem Geschlecht und "sehr klug" war, von ihr hatte er zwei Söhne, Drogo - der die vielbestrittene Champagne als Herzogtum erhielt, offenbar um dieses Gebiet vor neuen Schwankungen der Landschaft zu hüten -, und einen jüngeren, Grimoald.
    So hielt Pippin, selbst wohl meist in Austrasien weilend und dort die Oststämme wieder heranzwingend, durch seine beiden Söhne Neustrien-Burgund und die Champagne in Zucht, bis Drogo (708) starb.

    Ewig Eugen: Seite 186,189,200, "Die Merowinger und das Frankenreich"

    Mit der Familie Warattos verband sich Pippin durch die Heirat seines Sohnes Drogo mit Ansfleds Enkelin Adaltrud, einer Tochter Berchars. Drogo wurde wohl bei dieser Gelegenheit zum Herzog der Champagne erhoben.
    Vor 701, wahrscheinlich 697, nahm Pippin eine Gewaltenteilung vor, die ihn entlastete und zugleich der intensiveren Erfassung des einstigen neustroburgundischen Teilreichs diente. Er legte das Amt des Hausmeiers nieder, behielt aber die Leitung des Gesamtreichs bei. Den ältesten Sohn Drogo erhob er zum dux Burgundiorum. Es handelte sich nicht um einen Landschaftsdukat, sondern um die Statthalterschaft in der frankoburgundischen Königsprovinz. Denn zu Drogos Sprengel gehörten Sens (offenbar mit Auxerre) und Lyon (wohl die gesamte Provinz mit Langres-Dijon, Autun, Chalon und Macon).
    Indessen starb Drogo schon 708. Er wurde in der Apostelbasilika von Metz bei seinem Ahnherrn Arnulf beigesetzt. Drogos ältester Sohn, der den Namen des Metzer Ahnherrn führte, erscheint nach Pippins Tod mit dem Titel dux. Ob er dem Vater im frankoburgundischen Großdukat folgte, ist jedoch ungewiß.

    Dahn Felix: Seite 513, "Die Franken"

    Als im Jahre 714 Pippin in Jobii-villa (Juppile, bei Lüttich), von heftigen Fieber ergriffen, krank lag: - er war etwa 80 Jahre - und sein tüchtiger, allgemein beliebeter Sohn Grimoald zu ihm reiste, wurde dieser in der Basilika des heiligen Märtyrers Landbert (Lambert) zu Lüttich ermordet von einem Heiden Rangar.
    Das war ein harter Schlag: vor sechs Jahren war der andere Sohn, Drogo [2 Wir haben von Drogo nur eine echte Urkunde Pertz Dipl. Karol. Nr. 7; Pardessus II. Nr. 502, falsch ist seine angebliche Schenkung des Gutes Floriacum (Fleury) im Wabergau und dem comitatus Scarponensis, der Charpaigne Diözese Toul, an die Apostelkirche zu Metz als Gegenleistung für eine Begräbnisstätte neben den Älteren und Brüdern, vom 27. Juni 706, da er etwa 12 Jahre alt gewesen wäre! Pertz, Karol spuria Nr. 6; ebenso falsch die seines Bruders Hugo, Nr. 7 ebenda, und der erdichteten Brüder Godfrid (Nr. 8) und Pippin, Pardessus II, 469, 493; in jener schenkt er, sich nur "dux" nennend, ohne Beisatz eines ductatus, zum Heile seiner Seele per cartulam testamenti dem Sankt Peter- und Pauls-Kloster zu Echternach an dem Flusse Surus (der Sauer, das unter Bischof Willebrord steht, seinen ihm mach Gesetzen (das heißt nach Erbrecht) zustehenden Anteil an dem Hofe Bolla; hier findet sich die Androhung (außer dem Unwirksamkeit solcher Klage) der Exkommunikation (von den genannten Aposteln) und einer Wette von zwei Pfund Gold und drei Pfund Silber an den Fiskus für jeden seiner Erben oder sonstigen Gegner, der dies anfechten würde. Öffentlich verhandelt zu Bittburg, castrum Bedense, im ersten Jahr Königs Chilperich, also wohl 716.], gestorben. Drogo hatte mehrere eheliche Söhne von Adaltrud hinterlassen: der älteste, Arnulf, war bei dem Tode Pippins immerhin schon 20 Jahre alt: also waffenreif und nach fränkischem Recht volljährig. Der nächste, Hugo, zählte etwa 18 Jahre: weshalb Pippin, übersprang er doch einmal den nächsten Grad, den Sohn Karl, diese ehelichen und älteren Enkel hinter Theudoald zurückstellte, ist uns unerfindlich. Hugo, der fähigste unter den Enkeln Pippins, war allerdings früh von seiner Großmutter Ansfled für geistliches Leben gewonnen, aber kurz vor Pippins Tod erst Geistlicher geworden.

    Riche Pierre: Seite 43,45, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    So verheiratete Pippin II. seinen Sohn Drogo mit Adeltrud, der Tochter des Hausmeiers Waratto und Witwe Berchars.
    Um 700 ersetzte Pippin den neustrischen Hausmeier Norbert durch seinen eigenen Sohn Grimoald II., so daß Vater und Sohn über beide Hausmeierämter im Reich verfügten. Den nördlichen Teil von Burgund gab Pippin seinen älteren Sohn Drogo, der den Titel eines dux der Champagne erhielt oder, nach anderer Quelle, den eines dux der Burgunder. Als Drogo im Jahr 708 starb, übernahm sein Bruder Grimoald einen Teil dieser Ämter.

    Schieffer Rudolf: Seite 27,32, "Die Karolinger"

    Erst als Berchar Ende 688 einen Anschlag seiner Schwiegermutter Ansfled zum Opfer gefallen war, verschaffte sich Pippin auch förmlich den höchsten Rang nach dem König und verheiratete seinen Sohn Drogo mit Berchars Tochter Adaltrud, der Enkelin Ansfleds.
    708 verlor Pippin seinen ältesten Sohn Drogo, den dux der Burgunder, der sein Grab in Metz - als erster der Familie - beim heiligen "Spitzenahn" Arnulf fand. Er hinterließ vier Söhne, doch galt offenbar kein Erstgeburtsrecht, denn statt der Enkel trat nun um so deutlicher Pippins jüngerer Sohn Grimoald in den Vordergrund, den der Vater ja früher schon durch die Überlassung des Hausmeieramtes bevorzugt hatte.





    689 oo 2. Anstrud, Witwe des Hausmeiers Berchar

    oder

    oo Adaltrud, Tochter Berchars



    Kinder:

    - Arnulf dux um 695 † 723
    - Hugo Bischof von Rouen † 730
    - Pippin 715
    - Gottfried 715



    Literatur:
    Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 Seite 513 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 460, 461,462,464 - Ewig Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1988, Seite 182,186,189,200 - Hartmann Martina: Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger. Primus Verlag 2003 Seite 84 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987 Seite 45 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 50 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 301,302 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 43,45,51 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 27,32,36,38 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 3 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 359,364,385 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 135,246,248,250,263,275-278 -

    Begraben:
    St. Aposteln (basilica beati Arnulfi conf.)

    Drogo heiratete Anstrud in 689. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 13. Pippin  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 715.
    2. 14. Gottfried  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 715.
    3. 15. von Rouen, Hugo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 690/695; gestorben am 8 Apr 730 in Jumieges [76480],Seine-Maritime,Normandie,Frankreich; wurde beigesetzt in Jumieges [76480],Seine-Maritime,Normandie,Frankreich.
    4. 16. Arnulf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 695; gestorben in 723.

  2. 8.  Grimoald II, Graphische Anzeige der Nachkommen (4.Plektrudis2, 1.Irmina1) wurde geboren um 680; gestorben in Apr 714 in Lüttich [4000],Lüttich,Wallonien,Belgien; wurde beigesetzt in Lüttich [4000],Lüttich,Wallonien,Belgien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Neustrien,Frankreich; Hausmeier in Neustrien

    Notizen:

    Grimoald II. Hausmeier in Neustrien
    um 680 † April 714 erschlagen Lüttich Begraben: Lüttich
    Jüngerer Sohn des fränkischen Hausmeiers Pippin der Mittlere aus dem Hause der ARNULFINGER und der Plektrudis, Tochter von Graf Hugobert

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 1717

    Grimoald II., Maiordomus in Neustrien nach 697 und vor 701 bis 714
    * vermutlich nach 680, † April 714 Begraben: Lüttich

    Jüngster Sohn aus Pippins II. Ehe mit Plektrud (älterer Bruder Drogo, Halbgeschwister sind Childebrand und Karl Martell)

    oo um 711/12 Theutsind, Tochter des dux der Friesen, Radbod, der dadurch an das neue pippinidischeHerrschaftszentrum Austrien gebunden werden sollte. Die Ehe blieb kinderlos.

    Der ihm 708 von einer Konkubine geborene Sohn Theudoald († 741) wurde von Pippin II. 714 noch unmündig als maiordomus bestimmt. Über Grimoalds 14-jährige Wirksamkeit in seinem politischen Spitzenamt liegen kaum Quellen vor. Mit der Übernahme des Maiordomats gingen die wichtigsten neustrischen Königspfalzen als Herrschaftssitze an den im Raum Paris residierenden Grimoald. Nach Drogos Tod (708) blieb Grimoald der eigentliche Nachfolger Pippins II. Auf dem Weg zum in der Pfalz Jupille bei Lüttich schwer erkrankten Vater - wohl wegen der Einweisung in die Nachfolge - wurde Grimoald II. in der Lütticher Lambert-Basilika vom Friesen Rantgar erschlagen. Mit Grimoalds unerwartetem Tod war die karolingische Nachfolgeregelung gefährdet und die karolingische Vorherrschaft im Franken-Reich nach dem Tod Pippins II. (16. Dezember 714) in Frage gestellt.

    Literatur:
    E. Hlawitschka, Die Vorfahren Karld d. Gr. (Braunfels, KdG I, 1965), 60-62, 78 - E. Ewig, Spätantikes und frk. Gallien, I, 1976, (Francia Beih. 3.I.), 228-301 - J. Semmler, Zur pippinid.-karol. Sukzessionskrise 714-723, DA 33, 1977, 1-5 - M. Werner, Der Lütticher Raum in frühkarol. Zeit, 1980, 306-308,451-452. -

    Schwennicke Detlev: Tafel 3, "Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

    GRIMOALD
    † erschlagen St. Lambert zu Lüttich IV. 714
    um 700 Hausmeier in Neustrien und Burgund
    oo THEUDESINDA
    Tochter von Radbod Fürst der Friesen

    Hlawitschka Eduard: Seite 78, "Die Vorfahren Karls des Großen"

    29 Grimoald II. - Theutsinda - Theudoald

    Belegstellen zu Filiation bei Nr. 16. und 28. Zu seiner Ehe vgl. Lib. Hist. Franc. c. 50, MG. SS. rer. Merov. 2, Seite 324: Habebat Grimoaldus uxorem in matrimomium nomine Theudesinam, filaim Radbodis ducis gentilis, danach Contin. Fredegarii c. 7, ebd., Seite 172 f.
    Seinen Sohn Theudoald hatte er freilich von einer Konkubine. Lib. Hist. Franc. c. 49, ebd., Seite 324: Grimoaldus quippe genuit filium ex concubina Theudoaldus nomine, danach Contin. Fredegarii c. 6, ebd. Seite 172. - Die Wendung des Lib. Hist. Franc. c. 51, ebd., Seite 325, daß Plektrud nach Pippins des Mittleren Tode cumnepotibus suis vel regecuncta gubernatorat, berechtigt nicht, neben Theudoald noch weitere Grimoald-Söhne zu vermuten, da unter den nepotes auch Drogos Söhne verstanden werden können. Auch die in Nr.28. zitierte Urkunde für Echternach, in der von filiis Grimoalds die Rede ist, kann nicht zwingend sein, da an dieser Stelle eine Bestimmung für die Zukunft getroffen wird und damit auch noch zu erwartende Söhne Grimoalds gemeint sein können; vgl. Th. Breysig, Jahrbücher (wie in Nr. 18), Seite 4.
    Grimoald übernahm um 697 das Hausmeieramt seines Vaters und ging nach Neustrien. Er galt allgemein als dessen Nachfolger und wurde kurz vor dem Tode seines Vaters, als er zu einem Besuch des bereits erkrankten Vaters in die maasländische Heimat gereist war, von einen Heiden, dem Friesen Rantgar, in der Lambertuskirche zu Lüttich erschlagen. Seine Nachfolge sollte unter Umgehung von Drogos Sohn Arnulf sein unehelicher, noch im Knabenalter stehender Sohn Theudoald unter der Regentschaft seiner Großmutter Plektrudis antreten, die jedoch in der Folgezeit scheiterte.

    Dahn Felix: Seite 513, "Die Franken"

    Als im Jahre 714 Pippin in Jobii-villa (Juppile, bei Lüttich), von heftigen Fieber ergriffen, krank lag: - er war etwa 80 Jahre - und sein tüchtiger, allgemein beliebter Sohn Grimoald zu ihm reiste, wurde dieser in der Basilika des heiligen Märtyrers Landbert (Lambert) zu Lüttich ermordet von einem Heiden Rangar.
    Das war ein harter Schlag: vor sechs Jahren war der andere Sohn, Drogo, gestorben.

    Dahn Felix: Seite 461,462, "Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas."

    Als Chlodovech schon nach vier Jahren starb, folgte sein Bruder Childibert III. 695-711, und da bald darauf, 695, Nordbert, der Bewacher Neustriens für Pippin starb, übertrug dieser das wichtige Amt keinem Geringeren als seinem jüngeren Sohn Grimoald, dessen Bescheidenheit, Gerechtigkeit, Milde, Güte, Freundlichkeit, Wortfertigkeit und Almosenspende gerühmt werden. Aber später erst, nicht gleich, wurde Grimoald "Majordomus von Neustrien". Am 14. März 697 ist noch Pippin Majordomus von Neuster, erst am 25. Februar 702 erscheint Grimoald als solcher. So hielt Pippin, selbst wohl meist in Austrasien weilend und dort die Oststämme wieder heranzwingend, durch seine beiden Söhne Neustrien-Burgund und die Champagne in Zucht, bis Drogo (708) starb.
    Als im Jahre 714 Pippin in Jobii-villa (Juppille, bei Lüttich), von heftigem Fieber ergriffen lag - er war etwa 80 Jahre - und sein tüchtiger, allgemein beliebter Sohn Grimoald zu ihm reiste, wurde dieser in der Basilika des heiligen Märtyrers Landbert zu Lüttich von dem Heiden Rangar ermordet.

    Ewig Eugen: Seite 189,200, "Die Merowinger und das Frankenreich"

    Vor 701, wahrscheinlich 697, nahm Pippin eine Gewaltenteilung vor, die ihn entlastete und zugleich der intensiveren Erfassung des einstigen neustroburgundischen Teilreichs diente. Der zweite Sohn Grimoald übernahm das Hausmeieramt mit Kompetenzen, die sich Neustrien beschränkt waren.
    Auflösungserscheinungen mögen sich auch in Frankoburgund schon angekündigt haben. Noch war jedoch die neustrische Francia mit dem König fest in Grimoalds Hand. Der schwerste Schlag traf die arnulfingische Herrschaft, als Grimoald, der zu einem Besuch des bereits erkrankten Vaters in die maasländische Heimat gereist war, im April 714 in der Lambertuskirche zu Lüttich von dem heidnischen Friesen Rantgar ermordet wurde. Der Entschluß Pippins, Drogos Sohn Arnulf zu übergehen und Theudoald, den noch im Knabenalter stehenden Sohn Grimoalds als Nachfolger im Hausmeieramt zu erheben, ist wohl auf den Einfluß der Gattin Plektrud zurückzuführen.

    Riche Pierre: Seite 45,47, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Um 700 ersetzte Pippin den neustrischen Hausmeier Norbert durch seinen eigenen Sohn Grimoald II., so daß Vater und Sohn über die beiden Hausmeierämter im Reich verfügten. Als Drogo im Jahre 708 starb, übernahm sein Bruder Grimoald einen Teil dieser Ämter.
    Immerhin war Radbod damit einverstanden, daß seine Tochter getauft und mit Pippins Sohn Grimoald vermählt wurde.

    Schieffer Rudolf: Seite 28,30,32-34, "Die Karolinger"

    Pippins ältester, nach Neustrien verheirateter Sohn Drogo, der schon um 690 als dux in der Champagne aufgetreten war, wird nach 697 in den Quellen als dux der Burgunder bezeugt, während der jüngere Grimoald um dieselbe Zeit sogar das Hausmeieramt des Vaters übernahm und nach Nestrien ging.
    Hier brachte Pippin in zwei Kriegszügen 690 und 695 seine Übermacht zur Geltung und erreichte nach der Einnahme von Utrecht einen Modus vivendi, der mit der Zeit dazu führte, daß der Hausmeier Grimoald der Jüngere Radbods Tochter Theudesinde heiratete, also die Aufnahme der friesischen Führung in die pippinidische Familie anbahnte.
    Drogo hinterließ vier Söhne, doch galt offenbar kein Erstgeburtsrecht, denn statt der Enkel trat nun um so deutlicher Pippins jüngerer Sohn Grimoald in den Vordergrund, den der Vater ja früher schon durch die Überlassung des Hausmeieramtes bevorzugt hatte.
    Den denkbar schwersten Schlag mußte es daher gerade für Plektrud bedeuten, daß ihr aus Neustrien herbeigerufener Sohn Grimoald, in dem wohl jeder seit langem den Nachfolger Pippins sah, im folgenden Monat in Lüttich von einem Heiden, wohl einem Friesen, erschlagen wurde.






    oo Theutsind, Tochter des Friesen-Königs Radbod


    Kinder:

    Illegitim
    - Theodebald (Theudoald) Hausmeier † 715 oder 741


    Literatur:
    Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 Seite 513 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 461,462, 464 - Ewig Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1988, Seite 189,200 - Hartmann Martina: Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger. Primus Verlag 2003 Seite 94 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 17 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 301,302,307 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 45,47,51,93 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 28,30,32-34,37 - Schneider Reinhard: Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter. Anton Hiersemann Stuttgart 1972, Seite 215 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 3 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 4 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 364 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 190,193,225,234,250, 265,276-278 -

    Gestorben:
    erschlagen

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 17. Theudoald  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 708; gestorben nach 715/741.

    Grimoald heiratete Theutsind um 711/712. [Familienblatt] [Familientafel]


  3. 9.  Gerelind Graphische Anzeige der Nachkommen (5.Adela2, 1.Irmina1) gestorben nach 698.

    Notizen:

    Gerelind
    † nach 698
    Tochter des Odo und der Adela von Pfalzel

    Hlawitschka Eduard: Seite 80, "Die Vorfahren Karls des Großen."

    35 Gerelindis - Haderich

    Vgl. bei Nr. 24.

    Im Jahre der Gründung der Abtei Echternach (697/98) und der Übergabe dieser Abtei an Willibrord schenkte eine Gerelindis, filia Odonis, dem heiligen Willibrord einen Weinberg nebst Winzer und dessen gesamte Habe in Klotten (aus dem mütterlichen Erbe).

    Werner, Matthias: Seite 227,251-253,295-297, "Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet"

    Die hoch- und spätmittelalterlichen Nachrichten über die regina Regentrud beziehen sich, wie zuletzt Klein hervorhob, zweifellos auf jene Regindrud abbatissa, die in dem unter Bischof Virgil im Jahre 784 angelegten Verbrüderungsbuch von St. Peter in Salzburg unter dem Ordo sanctimonialium defunctarum an vierter Stelle nach den Äbtissinnen Erentrud, Gerlind und Waltrat aufgeführt wird.
    Ausgangspunkt sind die beiden folgenden, den Ort Klotten an der Mosel betreffenden Nachrichten: 697/98 schenkte hier eine Gerelind eine vineam cum vinitore et omni peculio in monte Clotariense an Willibrord.
    Hlawitschka, der sich dieser verwandtschaftlichen Zuweisung anschließt, hebt hervor, daß "gleicher Besitzanteil im selben Ort in den Händen eines Plektrud-Enkels und einer Adela-Tochter ... wieder auf eine zwischen den Irmina-Töchtern Plektrud und Adela vorgenommene Erbteilung" verweisen. Die Erbgüter Adelas in Klostten seien an ihre Tochter Gerelind, diejenigen Plektruds an ihren Enkel Arnulf gefallen [338 Hlawitschka, Studien Seite 45f.].
    Die zitierten Nachrichten besagen zunächst nicht mehr, als daß eine Gerelind an einem Orte begütert war, an dem gut 20 Jahre später mit Arnulf auch ein Angehöriger des karolingischen Hauses über Besitz verfügte. Beide schenkten Weinbergsbesitz von vergleichsweise geringem Umfang, wobei die Schenkung Gerelinds an Willibrord persönlich gerichtet war.
    Will man bei der Besitzbeziehungen zu dem Ort Klotten mit einer Erbteilung zwischen der als Mutter Gerelinds angesehenen Adela von Pfalzel und der Großmutter Arnulfs, Pippins II. Gemahlin Plektrud, erklären, so bedarf es hierfür sicherer zusätzlicher Argumente.
    Auch unabhängig von der Frage, inwieweit Gerelind als Tochter Adelas erwiesen werden kann - die Verwandtschaft wird über mehrere, im wesentlichen aufgrund von Gleichnamigkeit vorgenommener Personengleichsetzungen erschlossen -, wird man die Besitzverhältnisse in Klotten kaum als Argument dafür werten können, daß Pippins II. Gemahlin mit der in der Adela-Urkunde genannten Plektrud identisch war und Adela von Pfalzel zur Schwester hatte.
    Noch problematischer erscheint die Annahme, der toxandrische Schenker Haderich sei der Bruder jener Gerelind gewesen, die im Jahr 697/98 einen Weinberg in dem Moselort Klotten an Willibrord schenkte. Diese genealogische Zuweisung wird im wesentlichen damit begründet, daß Gerelind als filia Odonis wie Haderich einen Vater namens Odo hatte und daß beide zu den Förderern Willibrords zählten [527 Wie Anm. 502. Fraglich ist der Schluß von Hlawitschka, Studien Seite 45 Anm. 186: "Jene beiden (sc. Haderich und Gerelind) beschenkten Irminas Stiftung Echternach noch im Gründungsjahr 698, was schon auf enge Beziehungen zu Irmina hinweist." Die Schenkung Haderichs in Toxandrien war, wie die übrigen Schenkungen, die Willibrord in diesem Gebiet erhielt, mit Sicherheit an Willibrord und nicht an Echternach zum Emppfännger gehabt haben, vgl. oben Seite 81 mit Anm. 222.].
    Selbst unter der Voraussetzung, daß die beiden Grundbesitzer in Susteren, Alberich und Haderich, Söhne Adelas von Pfalzel gewesen seien, kommt somit der Zuweisung des in Toxandrien genannten Haderich und der in Klotten schenkenden Gerelind zur Familie der Adela nur eine geringe Wahrscheinlichkeit zu [530 Damit ist zugleich auch der noch weitergehenden Hypothese von Eckhardt, Merowingerblut 2 Seite 158ff., der sich unter anderem bereits Schnyder Seite 306 Anm. 14, Friese Seite 27 mit Anm. 81 und Seitze 44 sowie mit Vorbehalten auch Hlawitschka, Merowingerblut Seite 81, 85 Anm. 70 angeschlossen haben, daß nämlich Adelas Tochter Gerelind die Gemahlin des elsässischen Herzogs Adalbert (gest. 722) gewesen sei und daß die Verwendung der Leitnamen Adela und Hugo bei den ETICHONEN mit dem Namengut der aus der Familie Adelas von Pfalzel stammenden Gemahlin Adalberts zu erklären sei, bereits von ihrem wesentlichen Ausgangspunkt her die Grundlage entzogen.].




    Literatur:
    Hlawitschka Eduard: Die Vorfahren Karls des Großen. In: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 80 - Werner, Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982 Seite 47,81,132,227,231,251-253, 295-297,325 -


  4. 10.  Alberich Graphische Anzeige der Nachkommen (5.Adela2, 1.Irmina1) wurde geboren in 685/690; gestorben in 714/721.

    Notizen:

    Alberich
    um 685/90 † nach 714/vor 721
    Sohn des Adligen Odo und der Adela von Pfalzel

    Hlawitschka Eduard: Seite 80, "Die Vorfahren Karls des Großen."

    36 Alberich

    Testament Adelas von Pfalzel: exceptis terris illis ..., que ego iam antea dulcissimo filio Alberico condonari; C. Wampach, Urkunden- und Quellenbuch zur Geschichte der altluxemburgischen Territorien 1, Luxemburg 1935, Nr. 19, Seite 25. Sonstiges bei C. Wampach, Echternach 1, 1, Seite 127-133.

    Werner, Matthias: Seite 27,176,191,194,197-199,281-283, Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet"

    Diese nennen als Familienangehörige Irminas lediglich eine Irmintrud und deren Vater Pantin sowie für Adela allein ihre Schwester Regentrud und ihren Sohn Alberich -, sondern nahmen eine Reihe von weiteren genealogischen Verknüpfungen an. So sahen sie in einen in Echternach begüterten dux Theotar als Vater bzw. Bruder Irminas an und setzten ihn mit einem gleichnamigen, für das elsässische Kloster Weißenburg Urkunden dux gleich. Unter Hinweis auf spätere Nachrichten über eine Bestattung Irminas in Weißenburg wiesen sie Irmina und Theotar den Stifterkreisen dieses kurz vor 661 gegründeten Klosters zu.
    In der zeitgenösssichen Überlieferung werden an Familienangehörigen Adelas allein ihre Schwester Regentrud, ihr Sohn Alberich, dessen Sohn Gregor und Gregors Neffe, der 784 gestorbene Utrechter Bischof Alberich, namentlich genannt.
    Der Spätdatierung der Adela-Urkunde steht vor allem entgegen, daß Pippin II., der 732/33 bereits längere Zeit tot war, in der Urkunde nicht als verstorben bezeichnet wird [77 Ähnlich argumentiert Eckhardt Seite 135 auch im Hinblick auf Adelas Sohn Alberich, für dessen Tod vor 732/33 einige Indizien zu sprechen scheinen, vgl. dazu unten Seite 281 mit Anm. 444, und der in der Adela-Urkunde gleichfalls nicht als verstorben bezeichnet wird.].
    Der Vita Gregorii ist zu entnehmen, daß Adela einen Sohn Alberich hatte, dessen ältester Sohn Gregor im Jahr 706/07 geboren wurde. Alberich selbst dürfte somit spätestens zu Beginn des letzten Jahrzehnts geboren sein.
    Verhältnismäßig ungünstig ist die Überlieferung allerdings noch für Adelas Sohn Alberich. Er wird jeweils nur kurz in der Adela-Urkunde und in der Vita Gregorii erwähnt, ohne daß die betreffende Nachricht weiterführende Aussagen zuließen. Ihren Angaben zufolge sollen Alberichs Gemahlin Fastrada, sein Sohn Gregor und sein Enkel Alberich in Susteren bestattet wordens ein, das 714 von Pippin II. und Plektrud für Willibrord begründet worden war.
    Gregor wurde als ältester Sohn Alberichs im Jahr 706/07 geboren. Alberichs Geburt ist somit spätestens zu Beginn des letzten Jahrzehnts des 7. Jahrhunderts anzusetzen. Die Vita berichtet von weiteren Söhnen Alberichs wie auch von Halbbrüdern Gregors, die einer Eheverbindung seiner Mutter entstammten, jünger waren als die Söhne Alberichs und die 730/40 noch in jugendlichem Alter standen. Die Nachrichten über Gregors Halbbrüder und seinen Aufenthalt bei Adela scheinen zusammengenommen dafür zu sprechen, daß Alberich in noch jungen Jahren, wohl zwischen 715 und 721, gestorbben war [444 Ähnlich auch Wampach 1, 1 Seite 127 Anm. 1, Eckhardt, Merowingerblut 2 Seite 135 und Heyen Seite 11. Wampach stützt sich insbesondere auf den Bericht über Gregors Besuch in Pfalzel. Daß Alberich bei seiner Erwähnung in der Adela-Urkunde nicht als quondam bezeichnet wird - Eckhardt Seite 135 sieht hierin ein wichtiges Argument für seine Frühdatierung der Urkunde - steht dieser Deutung nicht entegegn. Ähnlich wie bei der Erwähnung Pippins II. wäre das Fehlen eines quondam bei Alberich unschwer damit zu erklären, daß der betreffende Passus einer älteren Urkunde entstammte, die noch zu Lebzeiten Alberichs ausgestellt worden war und der Adela-Urkunde von 723/33 als Vorlage diente, vgl. dazu oben Seite 191f. mit Anm. 78, 80. Ein sicherer zeitlicher Anhaltspunkt für Alberich würde sich ergeben, wenn man ihn mit dem in der Urkunde Pippins II. und Plektruds von 714 genannten, gleichnamigen Vorbesitzer in Susteren identifiziert, vgl. dazu unten Seite 291ff.].
    Von den Gütern Alberichs sind allein die 40 Joch in Scriptinas bekannt, die ihm seine Mutter Adela aus ihrem Besitz geschenkt hatte. Doch darf als sicher gelten, daß darüber hinaus ein nicht geringer Teil der Besitzungen ihres früh verstorbenen Vaters im Erbgang an ihn übergegangen war und er bereits zu Lebzeiten seiner Mutter naben Scriptinas noch über eine Reihe von weiteren Gütern aus ihrer Vermögensmasse verfügen konnte. Seine Besitzungen lagen insgesamt wohl ähnlich weit gestreut wie die 732/33 genannten Schenkgüter Adelas an das Kloster Pfalzel, dürften diese an Umfang aber gewiß noch übertroffen haben. Neben den sicher bezeugten Ländereien nördlich von Maastricht verfügte Alberich somit wahrscheinlich auch im Trierer Gebiet und am Niederrhein über beträchtlichen Besitz.
    Weitere Aussagen über Alberich scheinen möglich, wenn man sich die Nachrichten der Vita Gregorii zur politischen Stellung seiner Söhne vor Augen hält. Liudger teilt mit, daß Gregor 721 a scola et palatio reversus nach Pfalzel gekommen war und daß einige seiner jüngeren Brüder von Karl Martell mit hohen Amtsaufträgen in die entfernten südwestlichen Reichsteile entsandt wurden. Die Nachrichten über Gregors Aufenthalt am Hofe, bereits von ihrem Kontext her keinesfalls als reiner Topos aufzufassen, wird in gewisser Weise durch die Angaben über die politische Tätigkeit der Brüder Gregors unter Karl Martell bestätigt. Offensichtlich hatte sich in Gregors Utrechter Schülerkreis die Erinnerung daran lebendig erhalten, daß Gregor einer Familie entstammte, die unter Karl Martell führende Amtsträger stellte, und daß Gregor selbst schon in jungen Jahren für eine hohe politische Laufbahn vorgesehen war. Geht man davon aus, daß Gregor noch vor 721, das heißt schon sehr bald nach der Konsolidierung der Herrschaft Karls an den Hof geschickt wurde, so würde dies auf eine besondere Vertrauensstellung seiner Familie zu Karl Martell in den ersten Regierungsjahren hindeuten. Sie wäre unschwer zu erklären, wenn man Gregors Vater Albereich jenen viris strenuis atque nobilibus [448 Cont. Fred. cap. 9 SS rer. Merov. 2 Seite 173 Zeile 24; der Liber Hist. Franc. cap. 52 ebd. Seite 326 Zeile 12 berichtet an der betreffenden Stelle von den sodalibus suis, von denen bei Karls Niederlage gegen Raganfrid zahlreich gefallen seien.] zuweist, auf die sich Karl in seinen Auseinandersetzungen mit Plektrud und dem neustrischen Hausmeier Raganfrid in den Jahren 715 bis 718 stützen konnte. Möglicherweise war Alberich, für dessen frühen Tod in der Zeit um 715/21 einige Anhaltspunkte sprechen, im Verlauf dieser Kämpfe gefallen.
    Als Sohn Adelas von Pfalzel, in weiten Teilen des östlichen Austrasien reich begütert, gehörte Alberich jenen führenden austrasischen Kreisen an, auf deren Unterstützung Karl Martell angeweisen war. Liudger spricht von der Familie Alberichs als von einer nobili stirpe Francorum.




    oo 1. Fastrada



    Kinder:

    - Gregor Bischof von Utrecht 706/07 † 774
    Er war Abt des Utrechter St. Martins Kloster.



    Literatur:
    Hlawitschka Eduard: Die Vorfahren Karls des Großen. In: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 80 - Werner, Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982 Seite 27,176,191,194,197-199,201,207, 215,243,253,265,281-283,289,291-295,298,302-304,313,318,320,324 -

    Familie/Ehepartner: Fastrada. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 18. Gregor  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 706/707; gestorben am 25 Aug 775.

  5. 11.  Haderich Graphische Anzeige der Nachkommen (5.Adela2, 1.Irmina1)

  6. 12.  von Laon, Heribert Graphische Anzeige der Nachkommen (6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben nach 721.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; Graf von Laon

    Notizen:

    Heribert Graf von Laon
    † nach 721
    Sohn eines namentlich unbekannten Vaters und der Bertrada der Älteren, Tochter von Seneschall Hugobert

    Hlawitschka Eduard: Seite 79, "Die Vorfahren Karls des Großen."

    34 Heribert

    Dieser war Graf von Laon (vgl. bei Nr. 49) und wird als Sohn Bertradas der Älteren in der Prümer Stiftungsurkunde vom Jahr 721 und in einer Echternacher Urkunde vom gleichen Jahr bezeugt; H. Beyer, Mittelrheinisches Urkundenbuch 1 (wie in Nr. 26), Nr. 8, Seite 10ff., und C. Wampach, Echternach 1, 2 (wie in Nr. 4), Nr. 33, Seite 77. - Über den Vater Heriberts wie auch über Heriberts Gemahlin und eventuelle Geschwister ist nichts bekannt. Ob jene Weta, Gemahlin eines Autcar, die (in unbestimmter Zeit zwischen 762 und 804) in Diedendorf/Eifel eine ihr de parte genetricis ... Bertradane überkommen Hofstätte innehatte und an Prüm überließ (H. Beyer, Nr. 14, Seite 17f.), eine Tochter Bertradas der Älteren und somit Schwester Graf Heriberts von Laon war, und ob jener Autcar wiederum der Graf bzw. dux Autcar gewesen ist, der - durch seine italienischen Legationen für König Pippin bekannt - 771 mit König Karlmanns Witwe zu König Desiderius nach Italien floh und dort 774 in Verona in KARLS DES GROSSEN Gefangenschaft geriet (so meinen A. Halbedel, Fränkische Studien, Seite 54, E. Ewig, Trier im Merowingerreich, Trier 1954, Seite 138 Anm. 156, und andere) muß offenbleiben. Der Prümer Stiftungsurkunde von 721 fehlt jeder Hinweis auf eine Tochter Bertradas der Älteren, und die angeführte Weta-Urkunde entbehrt dazu jeden Anzeichens von Nobilität Autcars und Wetas, was man sich bei Königsverwandten, die sie damals sonach schon gewesen sein müßten, nur schwer vorstellen kann. - A. Halbedels Versuch, eine Oda/Uta als Gemahlin Heriberts und beide auch noch als Eltern eines Rotgar, eines Rothard und eines Hagen zu erweisen, die in der deutschen Sagenwelt markante Stellungen einnehmen (Fränkische Studien, Seite 20 Anm. 17, Seite 24, 54ff., 108ff.), sowie einen Theudegar als Vater jener Oda zu bestimmen (Seite 74ff.) und anderes mehr, verdient kaum weitere Beachtung.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 105, "Bedeutende Adelsfamilien im Reich Karls des Großen."

    Ein ganz unzweifelhafter und zugleich bedeutsamer Fall merowingischer Abkunft ist mit dem Haus des Grafen Charibert von Laon gegeben, dessen Tochter Bertha Pippin III. zur Frau nahm. Bertha/Bertrada ist ein Name, den schon merowingische Prinzessinnen trugen, und ebenso merowingisch wie Charibert ist der Königsname Theuderich, Leitname eines weitverzweigten Geschlechts der Charibert/Theuderich. Besitz dieses Hauses in Prüm und im Mosel-Saar-Raum, bildet gewiß keinen Anlaß, an ursprüngliche Zugehörigkeit zum Adel des Maas-Mosel-Raumes, überhaupt zur austrasischen Aristokratie denken. Vielmehr wird man das Motiv des karolingischen Ehebündnisses, das Interesse anzunehmen haben, den Anhang in Neustrien zu verstärken. Eben dort ist aber auch die Nachkommenschaft, die unabhängig von der karolingischen Verbindung die Namen Heribert, Theuderich und die dazu gegebene Variationen trägt, vor allem nachzuweisen. Es handelt sich hier also um neustrischen Adel merowingischer Abkunft, der durch das politische Bündnis mit den KAROLINGERN nicht nur seine eigenen Besitzungen behielt, sondern wichtige honores und Domänen in anderen Reichsteilen dazugewann.

    Fleckenstein Josef: Seite 24, "Fulrad von Saint-Denis und der fränkische Ausgriff in den süddeutschen Raum."

    Charibert - Haribert dürfte der Bruder des Ripuarier-Grafen Theoderich gewesen sein. Es ist bekannt, dass seine Verwandtschaft mit den KAROLINGERN auf die Ehe des "Stammvaters" mit Alda, einer Tochter Karl Martells, zurückgeht.





    oo N.N.

    Kinder:

    - Bertrada die Jüngere um 725 † 4.7.783
    744 oo Pippin III. der Kleine 714 † 24.9.768



    Literatur:
    Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57 - Fleckenstein Josef: Fulrad von Saint-Denis und der fränkische Ausgriff in den süddeutschen Raum. In: Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des Großfränkischen und frühdeutschen Adels Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1957, Seite 24 - Hlawitschka Eduard: Die Vorfahren Karls des Großen. In: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 79 - Werner Karl Ferdinand: Bedeutende Adelsfamilien im Reich Karls des Großen. in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 105 - Werner, Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Die Verwandtschaft Irminas von Oeren und Adelas von Pfalzel. Personengeschichtliche Untersuchungen zur frühmittelalterlichen Führungsschicht im Maas-Mosel-Gebiet, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982 Seite 31,39,87,111,201,210,236-238-240-268-270-272-274 -

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 19. von Laon, Bertrada  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 725; gestorben am 4 Jul 783 in Choisy-au-Bac [60750],Oise,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.


Generation: 4

  1. 13.  Pippin Graphische Anzeige der Nachkommen (7.Drogo3, 4.Plektrudis2, 1.Irmina1) gestorben nach 715.

    Notizen:

    Pippin
    † nach 715?
    Jüngerer Sohn des Herzogs Drogo von der Champagne aus dem Hause der ARNULFINGER und der Anstrud, Tochter von Hausmeier Berchar

    Hlawitschka Eduard: Seite 80, "Die Vorfahren Karls des Großen"

    39 Gottfried - Pippin

    Durch das in Nr. 37 wiedergegebene Zitat aus den älteren karolingischen Annalen zum Jahre 723 und durch die Tatsache, da Erzbischof Hugo von Rouen erst 730 verstarb (BM² 29a), steht fest, daß Herzog Arnulf neben Hugo mindestens noch einen Bruder hatte. Da es nun in einer Urkunde Hugos und Arnulfs vom Jahre 715, die lange Zeit als Fälschung angesehen wurde, von E. Mühlbacher aber für "formell und inhaltlich echt" (BM² 27) bestimmt worden ist, heißt: nos in Dei nomine Hugo sacerdos et germanus meus, illuster vir Arnulfus dux, nec non Pippinus et Godefridus, dum contigit ut genitor noster, illuster vir Drogo quondam, de hac luce migraret, nostra fuit petitio ... (MG. DD. Merow., Nr. 7, Seite 214; auch in Jahrbuch für lothringische Geschichte 1, 1888/89, Seite 43, Nr. 6), wird man - da außerdem Gottfried noch in zwei mittelalterlichen Metzer Fälschungen als Sohn Drogos erscheint (BM² 30 und 30a) - Pippin und Gottfried, die neben den in erster Linie handelnden Brüdern Hugo und Arnulf stehen, da zwei weitere Söhne Drogos betrachten dürfen.
    Vgl. zu diesem Problem auch E. Mühlbacher, Zur Genealogie der älteren Karolinger (Forschungen zur Deutschen Geschichte 19, 1879), Seite 455ff.

    Werner Matthias: Seite 265, "Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger"

    Zu den Söhnen seines Halbbruders Drogo, den Enkeln Pippins II. und Plektruds, hatte Karl ein zwiespältiges Verhältnis: Während er den 713/15 zum Kleriker geweihten Hugo durch Übertragung einer Reihe von Bistümern und wichtiger Abteien in den nordwestlichen Reichsteilen nach 718 zum Garanten seiner Herrschaft in Neustrien machte, ließ er den dux Arnulf und einen weiteren, namentlich nicht bekannten Sohn Drogos 723 in Haft nehmen und wohl auch beseitigen [Vgl. ebd. Seite 34 und Hlawitschka; Studien Seite 51f. Über die Ereignisse berichten in knappen Worten die sog. kleinen frühkarolingischen Annalen, vgl. etwa Annales Nazariani a. 723 SS 1 Seite 25. Neuausgabe bei W. Lendi, Untersuchungen zur frühalemannischen Annalistik. Die Murbacher Ananlen (= Scrinium Friburgense 1, 1971) Seite 149: duo filio Drogonis ligati. Arnoldus et unus mortuus; ähnlich die Annales Alamannici a. 723, ebd. Seite 148, und die Annales Mosellani a. 723 SS 16 Seite 494.
    Neben Hugo und Arnulf sind mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ein Gottfried und ein Pippin als Söhne Drogos zu erschließen, von denen wohl einer der 723 erwähnte war, die aber beide gleichfalls nicht mehr in der Überlieferung auftauchen, vgl. Hlawitschka, Vorfahren Seite 80 Anm. 29 und Dens., Studien Seite 52.
    Auch das weitere Schicksal Arnulfs ist nicht bekannt. Es ist zu vermuten, daß er, wenn er nicht ebenfalls in der Haft verstarb, so zuletzt Hlawitschka Seite 51, sein Leben hinter Klostermauern verbrachte, zumindest aber keinen politischen Einfluß mehr erlangte. Arnulf ist 716/17 als dux und als Schenker an Echternach bezeugt, Wampach 1,2 Nr. 25 und 29 Seite 62,70.
    Karl Martell beließ ihn also nach seinem Herrschaftsantritt 717/18 zunächst in seiner Stellung als dux - wobei es möglicherweise zu einer zeitweiligen Annäherung kam, vgl. Semmler Seite 20, der hierfür allerdings von einer unzutreffenden Datierung der Urkunden Wampach 1,2 Nr. 27 und 29 ausgeht -, entmachtet ihn aber zu einem Zeitpunkt, als seine eigenen Söhne offensichtlich das Mündigkeitsalter erlangt hatten, vgl. Semmler Seite 331 mit Anm. 243.
    Nicht aufrechtzuerhalten ist die von Breysig (wie Anm. 322) Seite 45f und neuerdings wieder von Eckhardt, Studia Seite 128ff vertretene Annhame, daß der von Pippin II. 714 zum Hausmeier bestellte Sohn seines jüngeren Sohnes Grimoald, Theudoald, nach 717/18 in nähere Verbindung zu Karl Martell getreten sei. Sie beruht auf einer verfehlten Deutung der Zeugnisliste von D Arnulf 11 Seite 99 = Gysseling/Koch Nr. 173 Seite 305f. Theudoald starb offensichtlich bald nach seiner am 26.9.715 bei Compiegne erlittenen Niederlage gegen die Neustrier vgl. Semmler Seite 6 mit Anm. 40 und Hlawitschka Seite 54f. Schließt man aus dem unten unter Anm. zitierten Passus der Urkunde Pippins II. und Plektruds von 714 auf noch weitere Söhne Grimoalds, sind deren Namen und Schicksal unbekannt; vgl. dazu Hlawitschka, Vorfahren Seite 78 Anm. 394. Eine andere Deutung schlägt Jarnut Seite 350f. vor. Ausgehend von der Annahme, Adelas Schwester Regentrud habe aus erster Ehe Pilitrud, die Tante von Karl Martells Gemahlin Swanahild, zur Tochter gehabt und sei in zweiter Ehe mit dem Bayern-Herzog Theodebert verheiratet gewesen, nimmt er an, daß auch "Swanahild zur Sippe Irminas von Oeren gehörte". Da Karl Martell Swanahild nach seinem Sieg über Plektrud und ihre Enkel heiratet, hält es Jarnut, gestützt darauf, "daß sowohl Karl Martell als auch sein Sohn, König Pippin, Nachkommen Hugberts und Irminas heirateten" (Seite 351), für durchaus wahrscheinlich, daß Karl durch seine Heirat mit Swanhild "die Unterstützung jener Familie erreichen wollte, deren überragende Bedeutung für die fränkische Geschichte eben diese Heiraten unterstützten. Erscheint es an sich bereits als historisch wenig wahrscheinlich, daß Karl, nachdem er die nicht in den geistlichen Stand eingetretenen Enkel Plektruds beseitigt bzw. entmachtet hatte, diesen Schritt mit der Heirat einer Enkelin von Plektruds nach Bayern verheirateter Schwester Regentrud gleichsam wieder wettmachen wollen, so beruht die von Jarnut vorgeschlagene Deutung, wie der Gang der vorherigen Untersuchung zeigt, vor allem auf zahlreichen nicht näher begründeten, sich gegenseitig wiederum bedingenden Hypothesen. Daß Swanhild eine Verwandte Karl Martells über Plektrud war, läßt sich, geht man von den sicheren personengeschichtlichen Zeugnissen zu Plektrud und Swanhild aus, weder im einzelnen absichern noch auch nur annähernd wahrscheinlich machen, siehe oben Seite 226ff mit Anm. 230 und 234.].



    Literatur:
    Hlawitschka Eduard: Die Vorfahren Karls des Großen. in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 80 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 265 -

    Gestorben:
    ?


  2. 14.  Gottfried Graphische Anzeige der Nachkommen (7.Drogo3, 4.Plektrudis2, 1.Irmina1) gestorben nach 715.

    Notizen:

    Gottfried
    † nach 715?
    Jüngerer Sohn des Herzogs Drogo von der Champagne aus dem Hause der ARNULFINGER und der Anstrud, Tochter oder Witwe des Hausmeiers Berchar

    Schwennicke Detlev: Tafel 3, "Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

    GOTTFRIED
    715

    Hlawitschka Eduard: Seite 80, "Die Vorfahren Karls des Großen"

    39 Gottfried - Pippin

    Durch das in Nr. 37 wiedergegebene Zitat aus den älteren karolingischen Annalen zum Jahre 723 und durch die Tatsache, daß Erzbischof Hugo von Rouen erst 730 verstarb (BM² 29a), steht fest, daß Herzog Arnulf neben Hugo mindestens noch einen Bruder hatte. Da es nun in einer Urkunde Hugos und Arnulfs vom Jahre 715, die lange Zeit als Fälschung angesehen wurde, von E. Mühlbacher aber für "formell und inhaltlich echt" (BM² 27) bestimmt worden ist, heißt: nos in Dei nomine Hugo sacerdos et germanus meus, illuster vir Arnulfus dux, nec non Pippinus et Godefridus, dum contigit ut genitor noster, illuster vir Drogo quondam, de hac luce migraret, nostra fuit petitio ... (MG. DD. Merow., Nr. 7, Seite 214; auch in Jahrbuch für lothringische Geschichte 1, 1888/89, Seite 43, Nr. 6), wird man - da außerdem Gottfried noch in zwei mittelalterlichen Metzer Fälschungen als Sohn Drogos erscheint (BM² 30 und 30a) - Pippin und Gottfried, die neben den in erster Linie handelnden Brüdern Hugo und Arnulf stehen, da zwei weitere Söhne Drogos betrachten dürfen.
    Vgl. zu diesem Problem auch E. Mühlbacher, Zur Genealogie der älteren Karolinger (Forschungen zur Deutschen Geschichte 19, 1879), Seite 455ff.

    Werner Matthias: Seite 250-253,263-265, "Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger"

    Bei der Frage nach der Identität von Adelas Verwandter Plektrud mit der Gattin Pippins II. galt als ein derartiges Argument von erheblicher Beweiskraft lange Zeit die Beobachtung, daß Pippins II. Enkel Arnulf und Pippin der Jüngere in Bitburg bzw. in Besslingen begütert gewesen seien.
    Zu den Söhnen seines Halbbruders Drogo, den Enkeln Pippins II. und Plektruds, hatte Karl ein zwiespältiges Verhältnis: Während er den 713/15 zum Kleriker geweihten Hugo durch Übertragung einer Reihe von Bistümern und wichtiger Abteien in den nordwestlichen Reichsteilen nach 718 zum Garanten seiner Herrschaft in Neustrien machte, ließ er den dux Arnulf und einen weiteren, namentlich nicht bekannten Sohn Drogos 723 in Haft nehmen und wohl auch beseitigen [Vgl. ebd. Seite 34 und Hlawitschka; Studien Seite 51f. Über die Ereignisse berichten in knappen Worten die sog. kleinen früh-karolingischen Annalen, vgl. etwa Annales Nazariani a. 723 SS 1 Seite 25. Neuausgabe bei W. Lendi, Untersuchungen zur frühalemannischen Annalistik. Die Murbacher Ananlen (= Scrinium Friburgense 1, 1971) Seite 149: duo filio drogonis ligati. arnoldus et unus mortuus; ähnlich die Annales Alamannici a. 723, ebd. Seite 148, und die Annales Mosellani a. 723 SS 16 Seite 494.
    Neben Hugo und Arnulf sind mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ein Gottfried und ein Pippin als Söhne Drogos zu erschließen, von denen wohl einer der 723 erwähnte war, die aber beide gleichfalls nicht mehr in der Überleiferung auftauchen, vgl. Hlawitschka, Vorfahren Seite 80 Anm. 29 und Dens., Studien Seite 52.
    Auch das weitere Schicksal Arnulfs ist nicht bekannt. Es ist zu vermuten, daß er, wenn er nicht ebenfalls in der Haft verstarb, so zuletzt Hlawitschka Seite 51, sein Leben hinter Klostermauern verbrachte, zumindest aber keinen politischen Einfluß mehr erlangte. Arnulf ist 716/17 als dux und als Schenker an Echternach bezeugt, Wampach 1,2 Nr. 25 und 29 Seite 62,70. Karl Martell beließ ihn also nach seinem Herrschaftsantritt 717/18 zunächst in seiner Stellung als dux - wobei es möglicherweise zu einer zeitweiligen Annäherung kam, vgl. Semmler Seite 20, der hierfür allerdings von einer unzutreffenden Datierung der Urkunden Wampach 1,2 Nr. 27 und 29 ausgeht -, entmachtet ihn aber zu einem Zeitpunkt, als seine eigenen Söhne offensichtlich das Mündigkeitsalter erlangt hatten, vgl. Semmler Seite 331 mit Anm. 243. Nicht aufrechtzuerhalten ist die von Breysig (wie Anm. 322) Seite 45f und neuerdings wieder von Eckhardt, Studia Seite 128ff vertretene Annhame, daß der von Pippin II. 714 zum Hausmeier bestellte Sohn seines jüngeren Sohnes Grimoald, Theudoald, nach 717/18 in nähere Verbindung zu Karl Martell getreten sei. Sie beruht auf einer verfehlten Deutung der Zeugnisliste von D Arnulf 11 Seite 99 = Gysseling/Koch Nr. 173 Seite 305f. Theudoald starb offensichtlich bald nach seiner am 26.9.715 bei Compiegne erlittenen Niederlage gegen die Neustrier vgl. Semmler Seite 6 mit Anm. 40 und Hlawitschka Seite 54f.
    Schließt man aus dem unten unter Anm. zitierten Passus der Urkunde Pippins II. und Plektruds von 714 auf noch weitere Söhne Grimoalds, sind deren Namen und Schicksal unbekannnt; vgl. dazu Hlawitschka, Vorfahren Seite 78 Anm. 394. Eine andere Deutung schlägt Jarnut Seite 350f. vor. Ausgehend von der Annahme, Adelas Schwester Regentrud habe aus erster Ehe Pilitrud, die Tante von Karl Martells Gemahlin Swanahild, zur Tochter gehabt und sei in zweiter Ehe mit dem Bayern-Herzog Theodebert verheiratet gewesen, nimmt er an, daß auch "Swanahild zur Sippe Irminas von Oeren gehörte". Da Karl Martell Swanahild nach seinem Sieg über Plektrud und ihre Enkel heiratet, hält es Jarnut, gestützt darauf, "daß sowohl Karl Martell als auch sein Sohn, König Pippin, Nachkommen Hugberts und Irminas heirateten" (Seite 351), für durchaus wahrscheinlich, daß Karl durch seine Heirat mit Swanhild "die Unterstützung jener Familie erreichen wollte, deren überragende Bedeutung für die fränkische Geschichte eben diese Heiraten unterstützten. Erscheint es an sich bereits als historisch wenig wahrscheinlich, daß Karl, nachdem er die nicht in den geistlichen Stand eingetretenen Enkel Plektruds beseitigt bzw. entmachtet hatte, diesen Schritt mit der Heirat einer Enkelin von Plektruds nach Bayern verheirateter Schwester Regentrud gleichsam wieder wettmachen wollen, so beruht die von Jarnut vorgeschlagene Deutung, wie der Gang der vorherigen Untersuchung zeigt, vor allem auf zahlreichen nicht näher begründeten, sich gegenseitig wiederum bedingenden Hypothesen. Daß Swanhild eine Verwandte Karl Martells über Plektrud war, läßt sich, geht man von den sicheren personengeschichtlichen Zeugnissen zu Plektrud und Swanhild aus, weder im einzelnen absichern noch auch nur annähernd wahrscheinlich machen, siehe oben Seite 226ff mit Anm. 230 und 234.].


    Literatur:
    Hlawitschka Eduard: Die Vorfahren Karls des Großen. in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 80 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 3 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 250-253,263-265 -

    Gestorben:
    ?


  3. 15.  von Rouen, Hugo Graphische Anzeige der Nachkommen (7.Drogo3, 4.Plektrudis2, 1.Irmina1) wurde geboren um 690/695; gestorben am 8 Apr 730 in Jumieges [76480],Seine-Maritime,Normandie,Frankreich; wurde beigesetzt in Jumieges [76480],Seine-Maritime,Normandie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Bayeux [14400],Calvados,Normandie,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Rouen [76000],Seine-Maritime,Haute-Normandie,Frankreich; Bischof von Rouen, Bayeux, Paris

    Notizen:

    Hugo Bischof von Rouen, Bayeux, Paris
    um 690/95 † 8.4.730 Jumieges Begraben: Jumieges
    Sohn des Herzogs Drogo der Champagne aus dem Hause der ARNULFINGER und der Anstrud, Tochter vom Hausmeier Berchar

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 168

    Hugo, Bischof von Rouen, Bayeux, Paris
    † 8. April 730 Jumieges Begraben: Jumieges
    Sohn Drogos

    713/15 zum Priester geweiht, von seinem Onkel Karl Martell nach seinem Sieg über Raganfrid (719) als Bischof in Rouen sowie Bayeux und Paris eingesetzt. Ferner erscheint sein Name in den Bischofslisten von Lisieux und Avranches. Er leitete das Kloster Jumieges und Fontenelle. Vielleicht stand er auch den Abteien St-Denis und La Croix-St-Leufroy (dep. Eure) vor; eine Identifizierung mit dem Abt Hugobert von St-Medard (Soissons) ist hingegen unwahrscheinlich. Während der Normannenstürme brachte man Hugos Leichnam nach Haspres (dep. Nord). Seit dem 9. Jh. wird Bischof Hugo als Heiliger verehrt (Fest: 9. April).

    Quellen:
    Vita s. H.nis, MPL 166, 1163-1172 - Gesta s. patrum Fontanellensis coenobii, ed. F. Lohier - J. Laporte, 1936, 37-43 - Vie inedite de S. Hugues, ed. J. van der Straaten, AnalBoll 87, 1969, 215-260 -

    Literatur:
    Catholicisme V, 1023 - J. Semmler, Zur pippinid.-karol. Sukzessioinskrise 714-723, DA 33, 1977, 2,19f.,29-31,33 - F. J. Felten, Äbte und Laienäbte im Frankenreich, 1980, 120f. -

    Hlawitschka Eduard: Seite 80, "Die Vorfahren Karls des Großen"

    Hugo

    Hugo, filius Drogonis, vir venerabilis, a matre nomine Adeltrude (= Anstrude, Nr. 15) progenitus, nepos Karoli sagacissimi principis, archiepiscopus Rotomagnensis ecclesiae, wird dieser Mann in den Gesta abb. Fontanell. c. 8, MG. SS. 2, Seite 280, genannt. Huius pater Drogo, filius praedicti Pipini ducis Francorum, frater Grimaldi et Karoli nobilissimorum principum, defunctus est ...; ebd., Seite 280. Vgl. auch Ann. Mett. prior., hrsg. von B. v. Simon, Seite 16. BM² 25b-29a.
    Erwachsen war auch schon Hugo, der 713 bereits selbständig urkundete, aber etwa 714 in den Klerikerstand eingetreten ist. In der Urkunde Hugos für St. Arnulf in Metz vom Juni 715 sind auch - außer Arnulf - Hugos Brüder Pippin und Gottfried als Mitschenker genannt. Er wurde zwischen 713 und 715 zum Priester geweiht, wechselte rechtzeitig die Fronten, wurde nach 719 als Verwalter der Bistümer Paris, Rouen, Bayeux, Lisieux und Avranches sowie der Abteien Saint-Denis, Saint-Wandrille und Jumieges und wurde zu einer Hauptstütze der karolingischen Dominanz in Neustrien.

    Werner Matthias: Seite 250-253,263-265, "Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger"

    Bei der Frage nach der Identität von Adelas Verwandter Plektrud mit der Gattin Pippins II. galt als ein derartiges Argument von erheblicher Beweiskraft lange Zeit die Beobachtung, daß Pippins II. Enkel Arnulf und Pippin der Jüngere in Bitburg bzw. in Besslingen begütert gewesen seien.
    Zu den Söhnen seines Halbbruders Drogo, den Enkeln Pippins II. und Plektruds, hatte Karl ein zwiespältiges Verhältnis: Während er den 713/15 zum Kleriker geweihten Hugo durch Übertragung einer Reihe von Bistümern und wichtiger Abteien in den nordwestlichen Reichsteilen nach 718 zum Garanten seiner Herrschaft in Neustrien machte, ließ er den dux Arnulf und einen weiteren, namentlich nicht bekannten Sohn Drogos 723 in Haft nehmen und wohl auch beseitigen [Vgl. ebd. Seite 34 und Hlawitschka; Studien Seite 51f. Über die Ereignisse berichten in knappen Worten die sog. kleinen frühkarolingischen Annalen, vgl. etwa Annales Nazariani a. 723 SS 1 Seite 25. Neuausgabe bei W. Lendi, Untersuchungen zur frühalemannischen Annalistik. Die Murbacher Ananlen (= Scrinium Friburgense 1, 1971) Seite 149: duo filio drogonis ligati. arnoldus et unus mortuus; ähnlich die Annales Alamannici a. 723, ebd. Seite 148, und die Annales Mosellani a. 723 SS 16 Seite 494. Neben Hugo und Arnulf sind mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ein Gottfried und ein Pippin als Söhne Drogos zu erschließen, von denen wohl einer der 723 erwähnte war, die aber beide gleichfalls nicht mehr in der Überlieferung auftauchen, vgl. Hlawitschka, Vorfahren Seite 80 Anm. 29 und Dens., Studien Seite 52. Auch das weitere Schicksal Arnulfs ist nicht bekannt. Es ist zu vermuten, daß er, wenn er nicht ebenfalls in der Haft verstarb, so zuletzt Hlawitschka Seite 51, sein Leben hinter Klostermauern verbrachte, zumindest aber keinen politischen Einfluß mehr erlangte. Arnulf ist 716/17 als dux und als Schenker an Echternach bezeugt, Wampach 1,2 Nr. 25 und 29 Seite 62,70. Karl Martell beließ ihn also nach seinem Herrschaftsantritt 717/18 zunächst in seiner Stellung als dux - wobei es möglicherweise zu einer zeitweiligen Annäherung kam, vgl. Semmler Seite 20, der hierfür allerdings von einer unzutreffenden Datierung der Urkunden Wampach 1,2 Nr. 27 und 29 ausgeht -, entmachtet ihn aber zu einem Zeitpunkt, als seine eigenen Söhne offensichtlich das Mündigkeitsalter erlangt hatten, vgl. Semmler Seite 331 mit Anm. 243. Nicht aufrechtzuerhalten ist die von Breysig (wie Anm. 322) Seite 45f und neuerdings wieder von Eckhardt, Studia Seite 128ff vertretene Annahme, daß der von Pippin II. 714 zum Hausmeier bestellte Sohn seines jüngeren Sohnes Grimoald, Theudoald, nach 717/18 in nähere Verbindung zu Karl Martell getreten sei. Sie beruht auf einer verfehlten Deutung der Zeugnisliste von D Arnulf 11 Seite 99 = Gysseling/Koch Nr. 173 Seite 305f. Theudoald starb offensichtlich bald nach seiner am 26.9.715 bei Compiegne erlittenen Niederlage gegen die Neustrier vgl. Semmler Seite 6 mit Anm. 40 und Hlawitschka Seite 54f. Schließt man aus dem unten unter Anm. zitierten Passus der Urkunde Pippins II. und Plektruds von 714 auf noch weitere Söhne Grimoalds, sind deren Namen und Schicksal unbekannnt; vgl. dazu Hlawitschka, Vorfahren Seite 78 Anm. 394. Eine andere Deutung schlägt Jarnut Seite 350f. vor. Ausgehend von der Annahme, Adelas Schwester Regentrud habe aus erster Ehe Pilitrud, die Tante von Karl Martells Gemahlin Swanahild, zur Tochter gehabt und sei in zweiter Ehe mit dem Bayern-Herzog Theodebert verheiratet gewesen, nimmt er an, daß auch "Swanahild zur Sippe Irminas von Oeren gehörte". Da Karl Martell Swanahild nach seinem Sieg über Plektrud und ihre Enkel heiratet, hält es Jarnut, gestützt darauf, "daß sowohl Karl Martell als auch sein Sohn, König Pippin, Nachkommen Hugberts und Irminas heirateten" (Seite 351), für durchaus wahrscheinlich, daß Karl durch seine Heirat mit Swanhild "die Unterstützung jener Familie erreichen wollte, deren überragende Bedeutung für die fränkische Geschichte eben diese Heiraten unterstützten. Erscheint es an sich bereits als historisch wenig wahrscheinlich, daß Karl, nachdem er die nicht in den geistlichen Stand eingetretenen Enkel Plektruds beseitigt bzw. entmachtet hatte, diesen Schritt mit der Heirat einer Enkelin von Plektruds nach Bayern verheirateter Schwester Regentrud gleichsam wieder wettmachen wollen, so beruht die von Jarnut vorgeschlagene Deutung, wie der Gang der vorherigen Untersuchung zeigt, vor allem auf zahlreichen nicht näher begründeten, sich gegenseitig wiederum bedingenden Hypothesen. Daß Swanhild eine Verwandte Karl Martells über Plektrud war, läßt sich, geht man von den sicheren personengeschichtlichen Zeugnissen zu Plektrud und Swanhild aus, weder im einzelnen absichern noch auch nur annähernd wahrscheinlich machen, siehe oben Seite 226ff mit Anm. 230 und 254.].

    Dahn Felix: Seite 512, "Die Franken"

    Diesem Theudoald hätten aber, von Karl abgesehen, rechtlich und tatsächlich auch die Söhne Drogos vorgehen müssen. Drogo hatte mehrere eheliche Söhne von Adaltrud hinterlassen: der älteste, Arnulf, war beim Tode Pippins immerhin schon 20 Jahre alt: also waffenreif und nach fränkischem Recht volljährig. Der nächste, Hugo, zählte etwa 18 Jahre. Hugo, der fähigste unter den Enkeln Pippins, war allerdings früh von seiner Großmutter Ansfled für geistliches Leben gewonnen, aber kurz vor Pippins Tod erst Geistlicher geworden [Noch als Laie schenkt Hugo am 21. Juni 713 dem Kloster St. Wandrille den von seinen Älteren ererbten Hof Birtlaicum im Gau Talou an dem Fluß Coral.c.., dann 717/18 den Hof Wintlana; nachdem er schon vorher Erzbischof von Rouen geworden, wurde er Ende 724 Abt von Wandrille, schenkte seinem Kloster nun als Abt den Hof St. Molinus-Coquus (von 84 mansi) und andere im Bau von Beauvias, wurde später von Karl "gegen die Canones" (extra decreta tamen "canonum" muß der Panegyriker seufzen) auch noch zum Bischof von Paris, von Baneur (Baiocassinaeculis) und zum Abt von Iumieges (Gemineticum) erhoben, wo er starb, 8. April 730, und begraben wurde. Über Hugo ausführlich die Gesta abb. Fontan. c. 8. Verdächtig bleibt die Urkunde, Pertz p. 214, (in welcher er mit seinen Brüdern "Herzog" Arnulf, Pippin und Godefrid der Kirche Sankt Arnulf zu Metz, wo ihr Ahnherr ruhe, dafür, daß Abt Luitbert ihren Vater Drogo auf Bitten der Söhne dort bestattet habe, den Hof Bigny (Vidaicum) im Bau von Metz schenkt); trotz Böhmer-Mühlbacher (vgl. Forsch. z. D. Gesch. XIX. Seite 457); abgesehen von anderem: daß Arnulf "dux" heißt, fällt auf, von dem Bruder Pippin verlautet sonst sogar nichts, der Bruder Godefrid begegnet nur noch in zwei Fälschungen Pertz Seite 214, 215), Daß dieser die Urkunde nicht unterschreibt, erklärt Mühlbacher aus seiner Minderjährigkeit: aber auh Pippin unterschreibt nicht: wenn dieser existierte, nach Mühlbachers Annahme, weshalb fehlt er gleichwohl bei Mühlbacher selbst unter den Söhnen Drogos in jenem Regest vom 25. Juni 715? Verdächtig ist auch der Zusammenhang der zweifellosen Fälschung, Pertz p. 213 (Schenkung Arnulfs vom 27. Juni 706, in welcher Godefrid als bereits verstorben angeführt wird - 706 - während er dann 715 noch urkunden soll!) mit dieser Urkunde. - Hugo vermachte St. Wandrile einen Goldkelch und eine Goldschale von 4. Ps., 2. Kerzen, ein goldenes Türmlein (zur Aufbewahrung der Hostie) von 6 Pf., eine goldene mit Edelsteinen besetzte Kapfel mit "Pfändern" (Reliquien) verschiedener Heiliger: nobilis genere, non inferios religione.].


    Literatur:
    Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 Seite 513 - Hlawitschka Eduard: Die Vorfahren Karls des Großen. in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 80 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 59 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 38,40 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 3 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 385 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 265,275,278 -

    Stadlers Vollständiges Heiligen-Lexikon - Hugo von Rouen

    S. Hugo, Aëp. Rotomag. (9. April, al. 19. Jan.) Dieser hl. Hugo, ein Sohn des Grafen oder Herzogs Drogo von Champagne und Burgund und seiner Gemahlin Adeltrudis, ein Enkel des Pipin von Heristall und Neffe des Karl Martell, war um das J. 680 geboren und ist daher nicht zu verwechseln mit einem viel späteren Hugo37, dem Sohne Karls des Großen, welcher jedoch nie Erzbischof von Rouen war, obwohl ihn Einige irrthümlich als solchen aufführen. Seine Erziehung besorgte die gottesfürchtige Matrone Anfledis, Gattin des Majordomus Warado (gest. um das J. 684) und Großmutter Hugo's von mütterlicher Seite. Zugleich mit den Wissenschaften sollte der Knabe auch der Frömmigkeit huldigen. Nachdem er zum Priester geweiht war, wurde er Primicerius beim Domcapitel zu Metz, als welcher er nach einer bei den Bollandisten (I. 844) sich findenden Urkunde im J. 715 der Abtei des hl. Arnulph die Villa Vigy (Vigiacum) schenkte. Ueberhaupt verwendete er sein reiches Einkommen, sowie sein ganzes Patrimonium zu frommen und kirchlichen Zwecken. Nach den Bollandisten wurde er von seinem Onkel Karl Martell nach dem J. 720 zum Erzbischof von Rouen (Rotomagus) ernannt; dabei ist bemerkt, daß er als solcher zugleich die Diöcesen von Paris und Bayeux (Bajoca), sowie die Abteien Fontenelle und Jumièges (Gemmeticum) geleitet habe, um, wie man entschuldigend beifügt, deren Verleihung an Laien zu verhindern. Dabei wachte er mit größtem Eifer und vollkommener Uneigennützigkeit für die Erbauung, Erhaltung und Erweiterung der Kirchen und geistlichen Stiftungen. In Rouen war er der Nachfolger des Erzbischofs Radilandus (auch Ranilandus und Reginaldus) und wird von Einigen als 23., nach Andern als 25. oder 26. Bischof von Rouen bezeichnet. In Paris war er nach Einigen der 35., nach Andern der 37. Bischof auf dem Stuhle des hl. Dionysius. Da man gewöhnlich annimmt, daß er im J. 722 Erzbischof von Rouen geworden sei und auch die Leitung der Kirchen von Paris und Bayeux bald nachher erhalten habe, so regierte er als Bischof 8 Jahre, indem er am 9. April 730 in der Abtei zu Jumièges selig starb. Sein heil. Leib wurde im J. 841 nach Haspres (Hasprum), zwischen Cambrai und Valence, übertragen; das Andenken dieser Uebertragung wurde am 19. Januar begangen. Auch in Rouen und Prag (bei St. Veit) hat man von ihm Reliquien. Er findet sich auch im Mart. Rom. am 9. April. (I. 843-847.)


  4. 16.  Arnulf Graphische Anzeige der Nachkommen (7.Drogo3, 4.Plektrudis2, 1.Irmina1) wurde geboren um 695; gestorben in 723.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Austrasien; dux in Austrien

    Notizen:

    Arnulf dux in Austrien
    um 695 † 723
    Ältester Sohn des Herzogs Drogo von der Champagne und der Anstrud; Enkel der Hausmeier Berchar und Pippins des Mittleren

    Schwennicke Detlev: Tafel 3, "Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

    ARNULF dux 715
    † nach 723

    Hlawitschka Eduard: Seite 80, "Die Vorfahren Karls des Großen"

    Arnulf

    Arnulfus dux, filius Drogone quondam ducis, nennt sich dieser Mann selbst in einer Schenkungsurkundes für das Kloster Echternach; C. Wampach, Echternach 1, 2, Nr. 25, Seite 62.
    Zum Jahre 723 wird überliefert: Duo filii Draogoni ligati, Arnoldus (=Arnulf)et unus mortuus; Ann. Mosell., Nazariani, Petaviani ad 723, MG. SS. 16, Seite 494, MG. SS. 1, Seite 25 und Seite 7.
    Die Ann. Lauresham (ebd., Seite 24), aus deren Wortlaut man noch auf einen Sohn Drogos namens Drogo glaubte schließen zu dürfen (so Th. Breysig, Jahrbücher [wie in Nr. 18], Seite 2 und Seite 46), sind an dieser Stelle verderbt; BM² 23-25a. -
    Französische Gelehrte des 17. und 18. Jahrhunderts haben versucht, mit Hilfe spätmittelalterlicher Vitenbearbeitungen und Chroniken auf der Basis gefälschter Metzer Urkunden die Abstammung der Grafen von Chaumontois (10. Jahrhundert) von diesem Herzog Arnulf zu erweisen; vgl. etwa Pere Benoit [Picart], L'origine de la tres illustre maison de Lorraine, Toul 1704, Seite 23ff. und A. Calmet, Histoire de Lorraine 1, Nancy 1728, Seite 881.
    Die kritische Forschung kann hier nicht folgen, auch wenn neuerdings im Zusammenhang mit anderen abwegigen Spekulationen darauf zurückgegriffen worden ist; C. Larose, Etude sur les origines du Pape St- leon (Sanctus Leo, comes Dagsburgensis, Metz 1954), Seite 41ff.

    Arnulf schenkte 715/16 seinen Erbteil in Bollendorf an Echternach und wurde dabei schon dux genannt. 720/21 übergab der dux Arnulf ein Weinbergareal samt Winzer und dessen Haus- und Wirtschaftsland in Monte Clotariense an Willibrord. Er kam mit einem ungenannten Bruder in der Haft des Stiefonkels Karl Martell um.

    Dahn Felix: Seite 513, "Die Franken"

    Drogo hatte mehrere Söhne von Adaltrud hinterlassen: der älteste; Arnulf [6 Über eine Schenkung dieses Arnulf an Echternach 719/20 (ein Weingut in Monte Chlothariense) siehe Böhmer-Mühlbacher, p. 9; über seine Schenkung des Hofes Bigy an Kloster Sankt Arnulf mit Bruder Hugo, Pertz p. 214, siehe unten.], war bei dem Tode Pippins immerhin schon 20 Jahre alt: also waffenreif und nach fränkischem Recht volljährig.

    Schieffer Rudolf: Seite 36,38, "Die Karolinger"

    Plektrud ließ ihren Stiefsohn Karl in Gewahrsam nehmen und leitete unter Berufung auf Pippins letzten Willen eine Herrschaftsordnung in die Wege, nach der ihr Enkel Theudoald als Hausmeier König Dagoberts III. vorwiegend in Neustrien und sein Vetter Arnulf, einer der Söhne Drogos, mit dem Titel eines dux in Asutrien fungieren sollten, ihr selbst aber von Köln aus, wo sie sich niederließ, dir höchste Autorität verblieb.
    Erst recht zu den Verlierern zählte der dux Arnulf, Drogos Sohn, der 714/15 im Bunde mit Plektruds anderen Enkel Theudoald Karl Martell zur Seite zu schieben versucht hatte und 723 zusammen mit einem ungenannten Bruder in der Haft des Stiefonkels umkam.

    Werner Matthias: Seite 250-253,263-265, "Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger"

    Bei der Frage nach der Identität von Adelas Verwandter Plektrud mit der Gattin Pippins II. galt als ein derartiges Argument von erheblicher Beweiskraft lange Zeit die Beobachtung, daß Pippins II. Enkel Arnulf und Pippin der Jüngere in Bitburg bzw. in Besslingen begütert gewesen seien.
    720/21 übertrug Pippins II. und Plektruds Enkel Arnulf an das Kloster Echternach petituram I vinee cum vinitore Warinhero et domo et terra sua in monte Clotariense. Die Erbgüter Adelas in Klotten seien an ihre Tochter Gerelind, diejenigen Plektruds an ihren Enkel Arnulf gefallen.
    Zu den Söhnen seines Halbbruders Drogo, den Enkeln Pippins II. und Plektruds, hatte Karl ein zwiespältiges Verhältnis: Während er den 713/15 zum Kleriker geweihten Hugo durch Übertragung einer Reihe von Bistümern und wichtiger Abteien in den nordwestlichen Reichsteilen nach 718 zum Garanten seiner Herrschaft in Neustrien machte, ließ er den dux Arnulf und einen weiteren, namentlich nicht bekannten Sohn Drogos 723 in Haft nehmen und wohl auch beseitigen [Vgl. ebd. Seite 34 und Hlawitschka; Studien Seite 51f. Über die Ereignisse berichten in knappen Worten die sog. kleinen frühkarolingischen Annalen, vgl. etwa Annales Nazariani a. 723 SS 1 Seite 25. Neuausgabe bei W. Lendi, Untersuchungen zur frühalemannischen Annalistik. Die Murbacher Annalen (= Scrinium Friburgense 1, 1971) Seite 149: duo filio Drogonis ligati. arnoldus et unus mortuus; ähnlich die Annales Alamannici a. 723, ebd. Seite 148, und die Annales Mosellani a. 723 SS 16 Seite 494. Neben Hugo und Arnulf sind mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ein Gottfried und ein Pippin als Söhne Drogos zu erschließen, von denen wohl einer der 723 erwähnte war, die aber beide gleichfalls nicht mehr in der Überlieferung auftauchen, vgl. Hlawitschka, Vorfahren Seite 80 Anm. 29 und Dens., Studien Seite 52.
    Auch das weitere Schicksal Arnulfs ist nicht bekannt. Es ist zu vermuten, daß er, wenn er nicht ebenfalls in der Haft verstarb, so zuletzt Hlawitschka Seite 51, sein Leben hinter Klostermauern verbrachte, zumindest aber keinen politischen Einfluß mehr erlangte. Arnulf ist 716/17 als dux und als Schenker an Echternach bezeugt, Wampach 1,2 Nr. 25 und 29 Seite 62,70. Karl Martell beließ ihn also nach seinem Herrschaftsantritt 717/18 zunächst in seiner Stellung als dux - wobei es möglicherweise zu einer zeitweiligen Annäherung kam, vgl. Semmler Seite 20, der hierfür allerdings von einer unzutreffenden Datierung der Urkunden Wampach 1,2 Nr. 27 und 29 ausgeht -, entmachtet ihn aber zu einem Zeitpunkt, als seine eigenen Söhne offensichtlich das Mündigkeitsalter erlangt hatten, vgl. Semmler Seite 331 mit Anm. 243.
    Nicht aufrechtzuerhalten ist die von Breysig (wie Anm. 322) Seite 45f und neuerdings wieder von Eckhardt, Studia Seite 128ff vertretene Annhame, daß der von Pippin II. 714 zum Hausmeier bestellte Sohn seines jüngeren Sohnes Grimoald, Theudoald, nach 717/18 in nähere Verbindung zu Karl Martell getreten sei. Sie beruht auf einer verfehlten Deutung der Zeugnisliste von D Arnulf 11 Seite 99 = Gysseling/Koch Nr. 173 Seite 305f. Theudoald starb offensichtlich bald nach seiner am 26.9.715 bei Compiegne erlittenen Niederlage gegen die Neustrier vgl. Semmler Seite 6 mit Anm. 40 und Hlawitschka Seite 54f. Schließt man aus dem unten zitierten Passus der Urkunde Pippins II. und Plektruds von 714 auf noch weitere Söhne Grimoalds, sind deren Namen und Schicksal unbekannnt; vgl. dazu Hlawitschka, Vorfahren Seite 78 Anm. 394.
    Eine andere Deutung schlägt Jarnut Seite 350f. vor. Ausgehend von der Annahme, Adelas Schwester Regentrud habe aus erster Ehe Pilitrud, die Tante von Karl Martells Gemahlin Swanahild, zur Tochter gehabt und sei in zweiter Ehe mit dem Bayern-Herzog Theodebert verheiratet gewesen, nimmt er an, daß auch "Swanahild zur Sippe Irminas von Oeren gehörte". Da Karl Martell Swanahild nach seinem Sieg über Plektrud und ihre Enkel heiratet, hält es Jarnut, gestützt darauf, "daß sowohl Karl Martell als auch sein Sohn, König Pippin, Nachkommen Hugberts und Irminas heirateten" (Seite 31), für durchaus wahrscheinlich, daß Karl durch seine Heirat mit Swanhild "die Unterstützung jener Familie erreichen wollte, deren überragende Bedeutung für die fränkische Geschichte eben diese Heiraten unterstützten. Erscheint es an sich bereits als historisch wenig wahrscheinlich, daß Karl,nachdem er die nicht in den geistlichen Stand eingetretenen Enkel Plektruds beseitigt bzw. entmachtet hatte, diesen Schritt mit der Heirat einer Enkelin von Plektruds nach Bayern verheirateter Schwester Regentrud gleichsam wieder wettmachen wollen, so beruht die von Jarnut vorgeschlagene Deutung, wie der Gang der vorherigen Untersuchung zeigt, vor allem auf zahlreichen nicht näher begründeten, sich gegenseitig wiederum bedingenden Hypothesen. Daß Swanhild eine Verwandte Karl Martells über Plektrud Sippe war, läßt sich, geht man von den sicheren personengeschichtlichen Zeugnissen zu Plektrud und Swanhild aus, weder im einzelnen absichern noch auch nur annähernd wahrscheinlich machen, siehe oben Seite 226ff mit Anm. 230 und 234.].


    Literatur:
    Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 Seite 513 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 301,302,303,307 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 51 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 36,38 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 3 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 100,102,131,135,250-253,263-265,278 -


  5. 17.  Theudoald Graphische Anzeige der Nachkommen (8.Grimoald3, 4.Plektrudis2, 1.Irmina1) wurde geboren um 708; gestorben nach 715/741.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Fränkisches Reich; Fränkischer Hausmeier

    Notizen:

    Theudoald Fränkischer Hausmeier
    um 708? † nach 715/741
    Illegitimer Sohn des neustrischen Hausmeiers Grimoald II. aus dem Hause der ARNULFINGER

    Lexikon des Mittelalters: Band VIII Spalte 688

    Theudoald, fränkischer Hausmeier
    † nach 715

    Nach der Ermordung des Hausmeiers Grimoald (April 714) berief sein schon todkranker Vater Pippin der Mittlere unter dem Einfluß seiner Gattin Plektrud dessen unehelichen Sohn Theudoald zum Nachfolger. Nach Pippins Tod (16. Dezember 714) besiegten neustrische Empörer die Austrasier in blutiger Schlacht bei Compiegne (26. September 715); anstelle des geflohenen Theudoald erhoben sie einen der Ihren, Raganfrid, zum neuen Hausmeier. Ob Theudoald nach den Metzer Annalen „wenig später sein unschuldiges Leben beendete“ (so die bisherige Forschung) oder 723 noch lebte (Zeugenunterschrift) und gar mit dem ‚Thedald‘ der Lorscher Annalen († 741: MGH SS I, 24) identisch ist (Collins), muß offenbleiben.

    Quellen:
    Cont. Fredeg. 6-8 - Lib. Hist. Fr. 49-51 (MGH SRM II) - Ann. Mett. Priores (MGH SRG 10)

    Literatur:
    R. Schieffer, Die Karolinger, 1992,32-38

    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Seite 19, "Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000"

    Karlmann setzte Grifo in Chevremont gefangen und wies Swanahild ins Kloster Chelles ein. Während er so im Kernraum der karolingischen Macht die angestrebte Ordnung wiederherstellte und vielleicht in diesem Operationsrahmen Theodoald, den einst von Pippin dem Mittleren als Nachfolger berufenen Hausmeier, als lästigen Mitbewerber beseitigte [179 Annales Petaviani ad a. 741, MGH SS 1, Seite 11 und Annales Alamannici ad a. 741, hg. von Lendi (wie Anm. 15), Seite 150: ..et Theod(o)aldus interfectus est. Dazu Collins, Deception (wie Anm. 121), Seite 230-235. Oder sollte Theodoald gar der von Bonifatius 741/42 einmal erwähnte avunculus ducis Francorum gewesen sein? Dann freilich wäre er gegen den Willen des Hausmeiers getötet worden; vgl. MGH Ep. sel. 1, Seite 180-186 Nr 50.], zog sein Bruder Pippin mit seinem Onkel Childebrand ins nördliche Burgund, wohl um einer etwaigen Installation Grifos und seiner Partei zuvorzukommen.

    Schieffer Rudolf: Seite 33,36, "Die Karolinger"

    Um die Konkurrenz der Halbbrüder abzuwehren, griff man auch jetzt nicht auf die Söhne Drogos zurück, sondern faßte den raschen Entschluß, Grimoalds Sohn Theudoald zum neuen Hausmeier zu machen, der in einem Teil der Quellen, jedoch wohl in polemischer Absicht, als minderjährig bezeichnet wird und jedenfalls den Makel hatte, seinerseits nicht ehelichen Ursprungs zu sein.
    Tatsächlich lagen um die Jahreswende 714/15 die Machtmittel und die politische Initiative zunächst bei Plektrud. Sie ließ den Stiefsohn Karl in Gewahrsam nehmen und leitete unter Berufung auf Pippins letzten Willen eine Herrschaftsordnung in die Wege, nach der ihr Enkel Theudoald als Hausmeier König Dagoberts III. vorwiegend in Neustrien und sein Vetter Arnulf, einer der Söhne Drogos, mit dem Titel eines dux in Austrasien fungieren sollten, ihr selbst aber von Köln aus, wo sie sich niederließ, die höchste Autorität verblieb. Die alten Gräben zwischen West und Ost wurden wieder aufgerissen, und schon binnen Jahresfrist kam es am 26.9.715 bei Compiegne zu einem blutigen Zusammenstoß, bei dem Theudoald den kürzeren zog und die Nesutrier erstmals seit Tertry (687) die Oberhand in der Francia gewannen. Sie bemächtigten sich des Königs Dagobert und brachten ihn dazu, einen der Ihren, den nördlich von Paris begüterten Raganfrid, zum Hausmeier zu machen an Stelle des geflohenen Theudoald, der bald nach seiner Niederlage umgekommen zu sein scheint.

    Dahn Felix: Seite 513,518, "Die Franken"

    Nach der Ermordung Grimoalds hatten Pippin und Plektrud keinen Sohn mehr: nur von Aphaid den etwa 23-jährigen Karl; Grimoald hatte von einer Buhle einen etwa 6-jährigen [3 Theudoald ist nach den Gesta Francorum geboren im Todesjahr Drogos, also 708 auch Fredegar cont. nennt ihn c. 14: "infantulus". Bonell Seite 140 schätzt ihn ohne Grund auf 25 Jahre - so alt ungefähr war vielmehr Karl. Sie "Söhne - in der Mehrzahl - Grimoalds" in der Urkunde vom 21. März 714 sind wohl Theudoald und - noch zu erwartende eheliche von der Friesenfürstin.] Knaben Theudoald hinterlassen. Es wurde nun von verderblicher Wirkung, daß der sterbende Greis dieses Kind unter Mundschaft Plektrudens zum Major domus bestellte.
    Jetzt wurde zum Major domus bestellt - ein Kind, noch um die Hälfte als der knabenhafte König; für beide sollte herrschen - ein Weib! - Rechtszwang hierfür bestand durchaus nicht: nach fränkischen Recht entschied sogar bei den Königen nur die Abstammung vom königlichen Vater: bei den Majores domus konnte um so weniger anderes gelten. Aber auch nach dem Rechte ging Karl vor; er war um einen Grad näher verwandt und er war der Sohn eines Eheweibes, war auch dieses Ehe kanonisch sehr bedenklich: Theudoald war um einen Grad ferner und der Sohn einer Buhle. Diesem Theudoald hätten aber, von Karl abgesehen, rechtlich und tatsächlich auch die Söhne Drogos vorgehen müssen.
    Auf Befehl Pippins - er starb am 16. Dezember 714 - erhoben die Franken Theudoald, den etwa sechsjährigen Sohn Grimoalds von einer Konkubine, im Hof des Königs zu der Ehrenstellung seines Vaters. "Plektrud regierte alles mit kluger Leitung mit ihren Enkeln und dem König."
    Jetzt erhoben sich sofort die Neustrier gegen den austrasischen Knaben und dessen Großmutter: sie riefen einen der Ihrigen Ragin oder Raganfrid zum neustrischen Major domus aus: es kam im Gotischen Walde (südöstlich von Compiegne) zu einem blutigen Zusammenstoß. Die Örtlichkeit zeigt, daß die Anhänger der Regentin den empörten Neustriern in der Richtung auf Paris entgegengerückt waren. Und lehrreich ist die Bezeichnung auf beiden Seiten: die Neustrier werden (nach einem schon früher begegnenden Sprachgebrauch) "Franci" genannt - eben die späteren "Franzosen" - auf Seite Theudoalds stehen die "leudes Pippini et Grimoaldi", das heißt die austrasischen jenen beiden besonders ergebenen Scharen. Die Anhänger Theudoalds wurden unter erheblichem Blutvergießen geschlagen; der Knabe selbst, den sie ins Feld mitgenommen, kaum durch die Flucht gerettet [1 Die Annal. Mett. zu 714 lassen Theudoald bald nach der Niederlage gestorben sein; es ist aber doch wohl der Thiedold, Neffe Karls, (oder des vorhergehenden Zeugen Adalhard?) der am 1. Janaur 722 noch am Hofe Karls zu Heristall urkundet, Pertz A. Nr. 11, ja vielleicht auch, obwohl minder wahrscheinlich, der 741 ermordete Theodald der Annal. Lauresh. Petav. Guelferb. (Mosellani: Theodolot). Hahn, Jahrb. Seite 19. Im Jahre 715 erteilt er noch als Major domus König Dagobert den Rat St. Mandrille (unter Abt Benignus) den vierten Teil des Waldes von Arlaun zu schenken. Gesta abb. Font. c. 6 1 c. p. 278)] . Der Bürgerkrieg wurde aufs heftigste fortgesetzt.



    Literatur:
    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998 Seite 19 - Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 Seite 513,518 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 462,464,465 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 56 - Ewig Eugen: Die Merowinger und das Frankenreich. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1988, Seite 201 - Hartmann Martina: Aufbruch ins Mittelalter. Die Zeit der Merowinger. Primus Verlag 2003 Seite 84 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 17 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 301-303,307 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 51 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 33,36,38 - Schneider Reinhard: Königswahl und Königserhebung im Frühmittelalter. Anton Hiersemann Stuttgart 1972, Seite 215 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 3 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 265, 278 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 30 -

    Geburt:
    ?


  6. 18.  GregorGregor Graphische Anzeige der Nachkommen (10.Alberich3, 5.Adela2, 1.Irmina1) wurde geboren um 706/707; gestorben am 25 Aug 775.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Utrecht [3500],Utrecht,Niederlande; Abt von Utrecht
    • Titel/Amt/Status: Friesenmissionar

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie - Gregor

    Gregor heilig, Abt von Utrecht, Friesenmissionar, * um 706/07 (?), † 25.8.775 (?).

    Der Sproß vornehmer, mit den Arnulfingern verschwägerter, nach späterer Überlieferung von den Merowingern abstammender Familie wurde 722 als Jüngling bei seiner Großmutter Adula mit Bonifatius bekannt, schloß sich diesem an und wurde sein bedeutendster Schüler und Gehilfe fränkischer Abkunft. 737/38 nahm G. an der Romreise des Bonifatius teil. 742 wollte Bonifatius einen Nachfolger für sich selbst designieren, konnte dies aber nicht, weil die Familie des Ausersehenen in einer Blutfehde mit den Arnulfingern stand; nach der gut begründeten Vermutung Tangls handelt es sich bei dem Kandidaten um G. Dieser wurde dann – spätestens 747 – Abt von Sankt Martin in Utrecht, und als nach dem Märtyrertod Bischof Eobas 754 kein Nachfolger ernannt wurde, fiel ihm die Leitung der Friesenmission zu, bei der ihn der 767 in York geweihte angelsächsische Chorbischof Aluberht unterstützte. Schon in Rom hatte G. sich Bücher beschafft, in Utrecht gewann seine Klosterschule, in der kirchliche Wissenschaften im angelsächsischen Stil betrieben wurden, hohen Ruf; aus ihr gingen sein Neffe und Nachfolger Alberich, später Bischof von Utrecht, sowie G.s Biograph, der Friese und spätere Bischof von Münster Liudger hervor. – In Utrecht wird G. als Heiliger verehrt (25. August).

    Literatur
    ADB IX; Liudger, Vita Gregorii, ed. O. Holder-Egger, in: MGH SS 15, 1, S. 63-79 (dazu H. Löwe, in: HJb. 74, 1955, S. 79-91), dt. Übers, v. B. Senger, 1959; Hauck II, S. 356 ff.; M. Tangl, in: NA 40, 1916, S. 767 ff.; C. Wampach, Gesch. d. Grundherrschaft Echternach I, 1, 1929, S. 127 ff. (zu, zum, zur Abstammung; vergleiche(nd) H. Löwe, in: Jb. f. fränk. Landesgesch. 15,1955, S. 108 f.); A. Schröer, in: Westfalia Sacra I, 1948, S. 105 ff. (zu, zum, zur Chronologie); F. Flaskamp, in: St. Bonifatius, Gedenkgabe, 1954, S. 167 ff.; Th. Schieffer, Winfrid-Bonifatius u. d. christl. Grundlegung Europas, 1954.



    Geburt:
    ?

    Gestorben:
    ?


  7. 19.  von Laon, Bertradavon Laon, Bertrada Graphische Anzeige der Nachkommen (12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 725; gestorben am 4 Jul 783 in Choisy-au-Bac [60750],Oise,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Fränkisches Reich; Königin der Franken

    Notizen:

    Bertrada die Jüngere (Berta) Königin der Franken
    um 725 † 4.7.783
    (um 725 † 12./13.7.783 Lexikon des Mittelalters) Choisy Begraben: St-Denis

    Tochter des Grafen Heribert von Laon und Enkelin Bertradas der Älteren, der Stifterin (721) des Klosters Prüm

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 2038

    Bertrada die Jüngere (Berta), Königin
    * um 725,† 12./13.7.783 Choisy Begraben: St-Denis (neben Pippin auf Geheiß KARLS DES GROSSEN)

    Sie war seit 744 (nicht erst seit 749) mit dem Hausmeier und späteren König Pippin verheiratet. Bertrada scheint eine tatkräftige Persönlichkeit gewesen zu sein und stärkeren Einfluß auf die Entschlüsse ihres Gemahls genommen zu haben, mit dem zusammen sie bei dessen Königserhebung (November 751) zur regina erhöht und auch am 28. Juli 754 von Papst Stephan II. nochmals zur Königin gesalbt wurde; sie wird auch mehrmals neben Pippin in Schenkungsurkunden für das 752 gemeinsam erneuerte Hauskloster Prüm genannt. Ihren Gatten begleitete sie öfters bei kriegerischen Unternehmungen (754 beim Italienzug bis Vienne; 767,768 bei Aquitanien-Feldzügen). Sie war auch bei der Reichsteilung (kurz vor Pippins Tod) unter ihre und Pippins Söhne, KARL DEN GROSSEN und Karlmann, und beim Ableben Pippins (24. September 768) in St-Denis zugegen. In den folgenden drei Jahren sieht man sie besonders stark in der Politik hervortreten, wobei sie das Ziel verfolgte, die entspannten Beziehungen zwischen dem Langobarden- und dem Franken-Reich fortzuführen und die alsbald zwischen ihren Söhnen aufbrechenden Gegensätze auszugleichen. 770 vermittelte sie offenbar bei Karlmann in Selz (Elsaß), reiste darauf nach Bayern und Italien und brachte nach Verhandlungen mit König Desiderius und nach einem Besuch in Rom eine langobardische Königstochter zur Verehelichung mit KARL DEM GROSSEN ins Franken-Reich. Dass sie damals großen Einfluß hatte, zeigen die von Rom aus auch an sie gerichteten Schreiben. Durch den plötzlichen Tod Karlmanns (4. Dezember 771) konnte sich KARL DER GROSSE von der Unterstützung Bertradas lösen, seine langobardische Gemahlin verstoßen - wogegen sich Bertrada vehement wandte - und die künftige Politik selbständig gestalten. Sie stand aber bis zu ihrem Tode in hohem Ansehen. - Bertrada lebte fort im karolingischen Sagenkreis als "Bertha mit dem großen Fuß".

    Literatur:
    M. Lintzel, Karl d. Gr. und Karlmann, HZ 140, 1929, 1-22 - P. Classen. Karl d. Gr., das Papsttum und Byzanz (Braunfels, KdG I), 546f - K. F. Werner, Das Geburtsdatum Karls d. Gr., Francia I, 1972, 115-157 - S. Konecny, Die Frauen des karol. Königshauses (Diss. der Univ. Wien 132), 1976,61ff. - E. Hlawitschka, Stud. zur Genealogie und Gesch. der Merowinger und der frühen Karolinger, RhVjbll 43, 1979, 32-55. -

    Hlawitschka Eduard: Seite 81, "Die Vorfahren Karls des Großen"

    49 Bertrada die Jüngere

    Ego (= Pippinus rex) et coniux mea Bertrada ...donamus ... tam illa portione, quem de genitore meo Karolo mihi advenit, quam et illa portione ipsius Bertradane, quam genitor suus Heribertus ei in alode dereliquit; MG. DKar. 3, Seite 5. Pippinus coniugem duxit Bertradam cognomine Bertram, Cariberti Laudunensis comitis filiam; Ann. regni Franc. ad 748, hrsg. von F. Kurze, SS. rer. Germ., 1895, Seite 8. Ebenso Ann. Bertin. ad 749, hrsg. von G. Waitz, SS. rer. Germ., 1863; Seite 1.
    Zu Pippins Ehe vgl. besonders H. Hahn, Jahrbücher (wie in Nr. 32), Seite 5f., und L. Oelsner, Jahrbücher (wie in Nr. 42), Seite 495f. - Zu den mißglückten Versuchen, die Mutter und Namen von Geschwistern Bertradas der Jüngeren zu bestimmen, vgl. die Hinweise bei Nr. 34 und 42.

    GROSSE FRAUEN DER WELTGESCHICHTE. Tausend Biographien in Wort und Bild.: Seite 64

    BERTA VON FRANKEN
    † 13.VII.783
    Sage, Märchen und Geschichte sind im überlieferten Lebensbild der Mutter KARLS DES GROSSEN untrennbar. Einhard, der langjährige Sekretär und Biograph des großen KARL, hat Herkunft und Geburt seines Helden mit taktvollen Worten umgangen: "Von seiner Geburt und Kindheit ist nichts bekannt. So habe ich mich entschlossen, diese Zeit zu übergehen..." So ganz unbekannt sind uns diese Dinge heute nicht mehr; wir wissen, dass Berta und ihr königlicher Gemahl, Pippin der Kurze, einander so nahe verwandt waren, dass das geltende Recht eine Eheschließung ausschloß - die Verbindung wurde erst sechs Jahre nach KARLS Geburt legalisiert; er war nach modernen Begriffen ein "außereheliches Kind" - was ihn nicht hinderte, zur größten Herrschergestalt des Mittelalters emporzusteigen. Seine Mutter Berta, die eine außergewöhnliche Persönlichkeit gewesen sein muß, spielte nicht nur beim Erbstreit zwischen ihren Söhnen KARL und Karlmann eine bedeutende Rolle, sie übernahm auch nach dem Tode ihres Gatten in großer Autorität die Führung, in der festen Absicht, als rechtmäßig gesalbte Königin eine alles vereinende Staatsidee wieder zur Geltung zu bringen. Der in Italien aufflackernden langobardischen Bewegung setzte sie im Bündnis mit Tassilo von Bayern einen gleichwertigen bayerisch-fränkischen Block entgegen, der auch den Heiligen Stuhl in Rom beeindruckte. Jahrzehnte später, als KARL schon längst gekrönt war, bezahlte Tassilo das Bündnis mit dem Untergang seines Geschlechtes. Nach dem Tod seines Bruders Karlmann brach KARL mit den vorsichtig abwägenden politischen Methoden seiner Mutter; er setzte sein Vertrauen allein in die Macht des Schwertes, und der Erfolg gab ihm recht...




    744 oo Pippin III. der Kleine Franken-König 714 † 24.9.768


    Kinder:

    - KARL I. DER GROSSE 2.4.742/47 † 28.1.814
    - Karlmann 751 † 4.12.771
    - Bertha
    oo Milon von Anglaut
    - Gisela 757 † 810


    Literatur:
    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 40 - Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 485,494,497 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band III Seite 258 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57 - Epperlein Siegfried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974, Seite 17,137 - Fleckenstein. Josef: Karl der Große. Muster-Schmidt Verlag Göttingen 1990 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 90 - GROSSE FRAUEN DER WELTGESCHICHTE. Tausend Biographien in Wort und Bild. Neuer Kaiser Verlag 1987 Seite 64 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 17, 59,62,64,70-84,97,102,194,221 - Hlawitschka Eduard: Die Vorfahren Karls des Großen. In: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 81 - Illig Heribert: Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite 38 - Jahrbücher von St. Bertin. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1972 ad a. 749 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 36,38 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 61-64 - Lebe Reinhard: Ein Königreich als Mitgift. Heiratspolitik in der Geschichte. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1998, Seite 31 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Nack Emil: Germanien. Ländern und Völker der Germanen. Gondrom Verlag GmbH & Co. KG, Bindlach 1977, Seite 215,276,280,287 - Reichsannalen - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 87,96,112,125,161,170 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 56,62,69,72,74,89 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 18, 22,97 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 3 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert). Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 23-29 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 387,392,403,455 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 28,31,127,210, 268-275,280,293 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 55,60,82,142,194,261 -

    Bertrada von Laon


    Detail of effigy of Queen Bertrada de Laon in the Basilica of Saint-Denis, Paris, France



    Name:
    (Berta)

    Gestorben:
    (12./13.7.783 Lexikon des Mittelalters)

    Bertrada heiratete Pippin III. in 744. Pippin (Sohn von Karl Martell und Chrotrud) wurde geboren in 714 in Jupille-sur-Meuse [4020],Wallonien,Belgien; gestorben am 24 Sep 768 in Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 20. von Franken, Bertha  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 21. von Franken, Karl der Große I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 2 Apr 747; gestorben am 28 Jan 814 in Aachen [52056],Nordrhein-Westfalen,Deutschland; wurde beigesetzt in Aachen [52056],Nordrhein-Westfalen,Deutschland.
    3. 22. von Franken, Karlmann  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 751; gestorben am 4 Dez 771 in Samoussy [02840],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.
    4. 23. von Franken, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 757; gestorben in 810 in Chelles [77500],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Chelles [77500],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich.


Generation: 5

  1. 20.  von Franken, Bertha Graphische Anzeige der Nachkommen (19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Familie/Ehepartner: von Anglaut, Milon. [Familienblatt] [Familientafel]


  2. 21.  von Franken, Karl der Große I.von Franken, Karl der Große I. Graphische Anzeige der Nachkommen (19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 2 Apr 747; gestorben am 28 Jan 814 in Aachen [52056],Nordrhein-Westfalen,Deutschland; wurde beigesetzt in Aachen [52056],Nordrhein-Westfalen,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Langobardisches Königreich; König der Langobarden
    • Titel/Amt/Status: seit 25 Dez 800; römischer Kaiser
    • Titel/Amt/Status: 768-814, Fränkisches Reich; König der Franken

    Notizen:

    Genealogie-Mittelalter - KARL I. DER GROSSE

    König der Franken (768-814)
    römischer Kaiser seit 25.12.800
    König der Langobarden
    2.4.742/47-28.1.814 Aachen Begraben: Pfalzkapelle in Aachen
    Ältester Sohn des Franken-Königs Pippin III. der Kleine und der Bertrada der Jüngeren von Laon, Tochter von Graf Heribert

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 956

    KARL DER GROSSE (KAROLUS MAGNUS), König der Franken seit 768 und Langobarden seit 774

    Erster mittelalterlicher Kaiser seit 800
    * wohl 2. April 747, + 28. Januar 814 Begraben: Pfalzkapelle in Aachen
    Eltern: König Pippin III. der Jüngere und Bertrada (Berta)

    1. oo Tochter des Langobarden-Königs Desiderius (nach einjähriger Ehe 771 verstoßen)
    2. oo Hildegard, de gente Suaborum
    Kinder:

    Karl
    Pippin
    LUDWIG
    Hrotrud
    Berta
    Gisela

    3. oo Fastrada, O-Fränkin
    2 Töchter
    4. oo Luitgart Alemannin, kinderlos


    [I] ANFÄNGE, POLITIK GEGENÜBER LANGOBARDEN UND ITALIEN

    Nachdem KARL mit seinem jüngeren Bruder Karlmann bereits 754 in St- Denis von Papst Stephan II. zum König gesalbt und beide zusammen mit ihrem Vater zum patricius Romanorum ernannt worden waren, traten die Brüder 768 nach erneuter Salbung in Noyon (KARL) und in Soissons (Karlmann) die Nachfolge ihres Vaters an, von denen KARL den größeren. nördlichen, sich von Aquitanien bis nach Thüringen erstreckenden Teil, Karlmann den kleineren, südlichen von Burgund bis Alemannien reichenden Teil erhielt, so daß beide an den fränkischen Kerngebieten Austrien und Neustrien Anteil hatten und der Reichsteil KARLS den Karlmanns wie eine Klammer umgriff. Die Ehe KARLS mit der Tochter des Desiderius nahm Karlmann auch noch von Süden her in die Zange und verschärfte das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen den Brüdern, das in offene Feindschaft umzuschlagen drohte, als Karlmann 771 unerwartet starb; für KARL die Gelegenheit, unter Mißachtung des Erbanspruchs der Söhne Karlmanns das ganze Reich an sich zu ziehen. Da die Heirat der Langobardin den Widerstand von Papst Hadran I. hervorgerufen hatte, schickte KARL seine langobardischen Gemahlin wieder zu ihrem Vater zurück und stellte damit nicht nur das gute Verhältnis zum Papst wieder her, sondern nahm zugleich auch die Langobardenpolitik Pippins wieder auf, um diesmal freilich ganze Arbeit zu leisten: Er eroberte Pavia, setzte Desiderius ab und machte sich selbst zum rex Langobardorum (774). Anschließend erneuerte er in Rom die donatio Pippini (Pippinische Schenkung) und übernahm als patricius Romanorum die Schutzherrschaft über den Kirchenstaat, das sogenannte patrimonium Petri. 781 wurde auf seinem zweiten Romzug ein neues Pactum geschlossen, in dem der Herrschaftsbereich des Papstes für den Dukat von Rom, den Exarchat von Ravenna und die Pentapolis feierlich bestätigt wurde. Der gleiche Romzug brachte als weiteren Gewinn, daß KARL Papst Hadrian dafür gewann, seinen vierjährigen Sohn Pippin zu taufen und zum König von Italien, seinen jüngsten Sohn LUDWIG zum König von Aquitanien zu salben. Beide Reiche hatten damit den Status von relativ selbständigen Unterkönigtümern innerhalb des Frankenreiches erlangt. Italien aber, in dem KARL 787 auch noch den Herzog von Benevent zur Anerkennung seiner Oberhoheit zu bringen vermochte, war praktisch bis auf den byzantinischen Süden in die Herrschaft KARLS einbezogen.

    [II] FELDZÜGE GEGEN DAS ISLAMISCHE SPANIEN

    Noch während er um die Ausweitung und Verfestigung seiner Herrschaft in Italien bemüht war, schaltete KARL sich in Spanien gegen die Araber ein. Anlaß bot die aquitanisch-spanische Nachbarschaft: sie bewog KARL 778, auf den Hilferuf des Statthalters von Barcelona hin gegen die OMAYYADEN vorzugehen, um auch hier neuen Bden zu gewinnen. Sein erster Feldzug, der über die Pyrenäen nach Zaragoza führte, blieb zunächst ohne Erfolg. Auf dem Rückzug überfielen 778 christliche Basken die fränkische Nachhut unter Markgraf Hruodland, der (nach der Sage bei Roncesvalles) fiel. KARL zog aus der Niederlage die Konsequenz, zunächst Aquitanien als Grenzbastion auszubauen und zu sichern, und schob in den folgenden Jahren in mehreren Feldzügen die fränkische Macht Schritt für Schritt vor. Auf diese Weise gewann 795 die spanische Mark Gestalt, die 801 bis zum Ebro reiche. Der Kampf gegen die OMAYYADEN brachte KARL in Verbindung mit dem Kalifen Harun ar-Raschid in Bagdad, der ihm Schutzrecht über Kirchen in Jerusalem zugestand.

    [III] SACHSENKRIEG

    Wie sein Biograph Einhard (cap. 7) erklärt, hat KARL DER GROSSE den "langwierigsten, grausamsten und anstrengendsten" seiner Kriege gegen die Sachsen geführt: er zog sich in wechselnden Phasen und mit Unterbrechungen über 33 Jahre (772-804) hin. Als Fortsetzung uralter Grenzkriege 772 begonnen, sollte er zunächst die unruhigen Nachbarn so hart bestrafen, daß sie in Zukunft Ruhe hielten. KARL stieß deshalb auf dem ersten Feldzug bis in das sächsische Kerngebiet der Engern durch, eroberte die Eresburg und zerstörte das sächsische Heiligtum der Irminsul. Die Folge war eine scharfe Reaktion der Sachsen, deren Empörung wiederum KARLS Gegenschlag folgte. Im Hin und Her der sich steigernden Kämpfe änderte sich KARLS Ziel: es war, seit 777 erkennbar, nicht mehr nur auf Bestrafung, sondern auf Unterwerfung der Sachsen gerichtet, die jetzt der Edeling Widukind, KARLS größter Gegner, zu erbittertem Widerstand antrieb. Denn inzwischen hatte KARL auf dem Reichstag in Paderborn (777) die Einteilung Sachsens in Missionssprengel veranlaßt: ein eindeutiges Zeichen dafür, daß achsen bereits im Begriff war, christianisiert und in das fränkische Reich einbezogen zu werden. Als KARL nach weiteren heftigen Kämpfen 782 auf dem Reichstag in Lippspringe die fränkische Grafschaftsverfassung durchsetzte, war dieses Ziel erreicht: Sachsen war nunmehr in den fränkischen Staatsverband eingegliedert. Dies war ein wesentlicher Fortschritt, der der Tatsache zu verdanken war, daß ein wachsender Teil des sächsischen Adels sich mit den Franken arrangiert hatte und zum Christentum übergetreten war. Hingegen verschärfte Widukund mit seinem Anhang den Widerstand, fest entschlossen, das alte gegen das neue Recht zu behaupten. Nach fränkischem Recht galt der Überfall am Süntel (782) als Verrat, für den KARL im "Blutbad von Verden" grausame Rache nahm. Weitere Erfolge der Franken (783 Siege bei Detmold und an der Haase) haben offenbar in Widukind die Vorstellung geweckt, daß der Christengott den alten Göttern überlegen war. Angesichts der Aussichtslosigkeit seiner Lage entschloß er sich 785 zur Unterwerfung und zur Annahme der Taufe in Attigny. Danach kam es zu keinem weiteren Volksaufstand mehr, sondern nur noch zu Teilempörungen, im wesentlichen im Norden des Landes. KARL nutztte die Atempause, um die Christianisierung des Landes weiter voranzutreiben, indem er ihr durch den Aufbau einer kirchlichen Organisation festeren Rückhalt gab. Gleichzeitig verschärfte er den Druck auf die noch unentschiedenen Sachsen, indem er in Anwendung der 782 erlassenen Capitulatio de partibus Saxoniae jede Emörung mit den schärfsten Strafen ahnden ließ. Aber obwohl der sächsische Adel bereits weitgehend gewonnen war, hielten sich noch immer Inseln des Widerstands, und 792 brach nach siebenjähriger Ruhe erneut ein Aufstand aus, der diesmal allerdings auf das nordelbische Sachsen beschränkt blieb. Mit ihm waren die Sachsenkriege in ihre letzte Phase eingetreten. Um ihren Abschluß zu erzwingen, wandte KARLeine doppelte Taktik an: er griff einerseits seit 792 zudem radikalen Mittel der Massendeportation; nach Einhard (cap. 7) sollen 10.000 Sachsen von ihm gezwungen worden sein, ihre Heimat zu verlassen, um in den verschiedensten Gebieten des Reiches angesiedelt zu werden. Andererseits kam er ihnen, den Mahnungen Alkuins folgend, entgegen, indem er vor allem 797 die alte, strenge Capitulatio durch das Capitulare Saxonicum ersetzte, das den Rechtsstatus der Sachsen spürbar verbesserte. 802 veranlaßte er darüber hinaus die Aufzeichnung des sächsischen Volksrechts, das er damals als gültig anerkannte; das heißt die Sachsen waren bereits vor Beendigung des Krieges vollgültige Glieder des fränkischen Reiches geworden. Doch klang der Krieg nach einem letzten Feldzug gegen Nordelbien mit dem Ergebnis aus, daß die Sachsen nach den Worten Einhards "den christlichen Glauben aufnahmen und mit den Franken ein Vlk wurden". Sachsen war endgültig in die christliche Gemeinschaft des großfränkischen Reiches eingefügt.

    [IV] POLITIK GEGENÜBER BAYERN, AVARENKRIEG, ERRICHTUNG DER DÄNISCHEN MARK

    Noch während der Sachsenkriege hatte KARL DER GROSSE in Bayern eingegriffen und hier klare Verhältnisse geschaffen, nachdem der AGILOLFINGER-Herzog Tassilo III. Anlaß gegeben hatte, an seiner Treue zu zweifeln. 788 in einem Prozeß in Ingelheim der felonie und der Verbindung mt den Avaren beschuldigt, wurde er als Herzog abgesetzt uns zu lebenslänglicher Klosterhaft verurteilt. Damit war das letzte Stammes-Herzogtum in KARLS Herrschaftsbereich beseitigt und Bayern durch die Einführung der fränkischen Grafschaftsverfassung fest in das Frankenreich eingegliedert. KARL brachte zugleich die von Bonifatius eingeleitetete kirchliche Organisation Bayerns zum Abschluß, indem er mit Hilfe des Papstes in Salzburg eine eigene Kirchenprovinz begründete.
    Die Eingliederung Bayerns löste den Reichskrieg gegen die Avaren (791-796) aus. Er wurde betont als Missionskrieg geführt und in mehreren Feldzügen (791/95) schließlich durch die Eroberung ihrer großen "Ringe" im Zentrum ihrer Macht in der Pußtaebene entschieden. In den "Ringen", die zerstört wurden, erbeuteten die fränkischen Heere den vielbestaunten Avarenschatz. Letzte Versuche der Avaren, sich der fränkischen Botmäßigkeit zu entziehen, endeten 811 mit einem letzten Feldzug, mit dem ihr Reich veraschwand: es ist in der avarischen Mark aufgegangen, fortan dem östlichen Grenzgebiet des Frankenreiches, das damit bis zur Raab und zum Plattensee reichte.
    Auf ähnliche Weise entstand im Norden, vorbereitete durch ein Bündnis mit den Abodriten und den Friedensschluß mit den Dänen (810), die dänische Mark.

    [V] INNERER AUSBAU UND GRAFSCHAFSTVERFASSUNG

    In jahrzehntelangen, langwierigen Kämpfen hatte KARL DER GROSSE die Grenzen seines Reiches weit in den S, SW und O vorgeschoben und es zur führenden Großmacht neben Byzanz und dem Kalifat von Bagdad ausgebaut. Zeitgenossen feierten ihn als den pater Europae, und an seinem Hof griff das Bewußtsein um sich, daß Europa im Frankenreich Gestalt gewann. Dieses Bewußtsein basierte auf der Tatsache, daß mit der äußeren Ausweitung des Reiches sein innerer Ausbau Hand in Hand gegangen war. In der Tat war KARL DER GROSSE von Anfang an darauf bedacht, sein expandierendes Reich im Innern zu vereinheitlichen und zu festigen. Die politische Signatur dieser Vereinheitlichung war die allgemeine Einführung der Grafschaftsverfassung. Mit ihr wurde der Graf die Zentralfigur, die Grafschaft das wichtigste Instrument der Einheit des Reiches. Da die Grfaschaft in dem Riesenreich auf unterschiedlichen Voraussetzungen basierte (so insbesondere im W auf der civitas, im auf dem Gau/pagus) blieben dieser Einheit allerdings Grenzen gesetzt. Doch ist das Einheitsbestreben KARLS unverkennbar, und es ist wesentlich, daß die Ausübung der gräflichen Gewalt auf königlichen Auftrag (Verleihung des Grafenbanns) zurückgeht. - Das Grafenamt wurde wie alle großen Ämter und Lehen nach Möglichkeit großen Adligen anvertraut, die auf diese Weise mit dem Reich verwuchsen und als Angehörige der sogenannten Reichsaristokratie zu Mitträgern der Reichseinheit wurden (was freilich nicht ausschloß, daß auf die Dauer wieder ihre Eigeninteressen mit denen des Königtums konkurrierten). KARL selbst band sie jedenfalls an Thron und Reich.
    Er hat auch das Recht, das in der Form der Kapitularien intensive Pflege fand, in den Dienst der Vereinheitlichung des Reiches gestellt. Er intensivierte das Institut der Königsboten (Missus) und erlegte ihnen auf, die Ausführungen seiner Erlasse zu überwachen.

    [VI] KIRCHENPOLITIK

    Als das vielleicht stärkste Band der Einheit hat sich jedoch die Kirche erwiesen. KARL DER GROSSE hat sie stärker als zuvor in den Dienst des Reiches gezogen, sie dafür aber auch durch reiche Schenkungen belohnt und gestärkt. Im Anschluß an die Bemühungen des hl. Bonifatius setzte er die Reform der Kirche fort, indem er den Kloster die Befolgung der Benediktregel zur Pflicht machte, der Stiftsgeistlichkeit die vita communis auferlegte und die bereits von Pippin begonnene Liturgieform durchführte. Er griff darüber hinaus auch in die dogmatischen Streitigkeiten seiner Zeit ein. So wurde auf der Synode von Frankfurt (794) unter dem Vorsitz der besonders durch den spanischen Bischof Felix von Urgel propagierte Adoptianismus wie vor allem auch der (mißverstandene) Beschluß des Konzils von Nikaia über die Bilderverehrung verurteilt, wofür die in seinem Auftrag verfaßten Libri Carolini die theologische Begründung lieferten. Das Werk macht deutlich, daß KARL DER GROSSE unter Betonung seiner Rechtgläubigkeit beanspruchte, der einzige legitime Vorkämpfer der Christenheit zu sein.

    [VII] BILDUNGSREFORM

    Die Sorge um den rechten Glauben spielte auch in seine Bemühungen um die Erneuerung der Bildung im Frankenreich hinein. Darum schloß er an die Reform der Kirche eine Reform der Bildung an. Selbst von unersättlichem Wissensdurst und von großer Hochschätzung der Bildung erfüllt, versammelte KARL DER GROSSE die angesehensten Gelehrten seiner Zeit (Alkuin, Petrus von Pisa, Paulus Diaconus, Theodulf von Orleans und andere) an seinem Hof, um ihr Wissen und Können für seine großen Aufgaben zu aktivieren. Als erstes sollte sie der Hofschule zur Blüte verhelfen: sie wurde gleichsam zur Hofschule des Reiches. Von hier aus sollte ihr Wirken weitere Kreise ziehen. Mit dem Fernziel, die gesamte Überlieferung zu sammeln und zu reinigen, emendierten sie die Werke der Kirchenväter wie der weltlichen Autoren, um deren Kenntnis in ihren eigenen Werken, die als Muster galten, zu verbreiten, und leiteten damit eine neue Epoche in der Pflege der sacre und der saeculares litterae ein. KARLS Auftrag ging sogar noch weiter, indem er seine Gelehrten veranlaßte, sich auch um die eigene Sprache und die heimischen Heldenlieder zu kümmern. Wenn es hier bei Ansätzen blieb, so wurde insesamt doch viel erreicht. Auf den Leistungen der karolingischen Hofgelehrten basiert die künftige Bildung Europas. Charakteristisch sind die Geschichtsschreibung, die einen starken Aufschwung nimmt, der neue Schrifttyp der an den Schreibschulen entwickelt wird, und nicht zuletzt die karolingische Kunst. Die Hofgelehrten hatten Grund, in alledem die Zeichen einer neuen zeit zu sehen, die KARL DER GROSSE heraufgeführt hat.

    [VIII] KAISERTUM, SPÄTE REGIERUNGSJAHRE UND REGELUNG DER NACHFOLGE

    KARL DER GROSSE selbst leitete aus seiner Stellung und den Erfolgen, auf die er sich stützen konnte, seine Gleichrangigkeit mit dem östlichen Kaisertum ab. Es entsprach wohl seiner eigenen Auffassung, wenn Alkuin erklärt, daß KARLS Macht ihn über den Papst und über den Basileus erhob. Er hat aber seinerseits zunächst nicht nach dem Kaisertum gestrebt. Nicht er, sondern der Papst, damals Leo III., gab den Anstoß zu KARLS Hinwendung zum Kaisertum. Von einer römischen Adelspartei hart bedrängt, floh Leo III. 799 zu KARL DEM GROSSEN nach Paderborn und rief ihn um Hilfe an die KARL, als patricius Romanorum zur defensio ecclesiae Romanae verpflichtet, nicht verweigern konnte. Bei den Verhandlungen in Paderborn kam es zu Absprachen über das Kaisertum. Nach Rom zurückgeführt, reinigte sich Leo durch einen Eid und setzte KARL DEM GROSSEN am Weihnachtstag 800 im Petersdom die Kaiserkrone auf, wobei die Römer akklamierten. Damit war, ohne Rücksicht auf Byzanz, das römische Kaisertum im W erneuert.
    KARL DER GROSSE legte jedoch Wert darauf, sich mit dem Kaiser des O zu arrangieren. 812/15 einigte man sich auf eine gegenseitige Anerkennung, wobei KARL DER GROSSE auf das römische Attribut seines Kaisertums verzichtete. Wie schon sein Titel zeigte, kam es ihm vor allem auf den fränkischen und christlichen Charakter seines Kaisertums an. Fortan gab es neben dem imperium orientale ein imperium occidentale: KARLS Kaisertum wurde der Inbegriff der abendländischen Welt. Die letzten Jahre der Herrschaft KARLS sind durch zwei Tendenzen gekennzeichnet, die ihre fränkische und ihre christliche Komponente betonen.
    Die fränkische Komponente kam in der divisio regnorum von 806 zum Ausdruck. Obwohl das Kaisertum sich auf die Einheit des Imperiums bezog, hielt KARL DER GROSSE am fränkischen Brauch der Herrschaftsteilung fest. So wies er 806 seinem ältesten Sohn Karl die fränkischen Kerngebiete Neustrien und Austrien mit den östlichen Eroberungen, Pippin Italien und Burgund mit Oberdeutschland bis zur Donau LUDWIG DEM FROMMEN Aquitanien mit Teilen S-Frankreichs zu. Eine Verfügung über das Kaisertum unterblieb; sie wurde offenbar zurückgestellt. Da Karl und Pippin vorzeitig (811 bzw. 810) starben, wurde der divisio die Grundlage entzogen, woraufhin KARL DER GROSSE den überlebenden LUDWIG 813 in Aachen unter Umgehung der Krönung durch den Papst zum Mitkaiser erheben ließ, so daß die Einheit des Reichs erhalten blieb.
    Die christliche Komponente tritt besonders deutlich in einem neuen Treueid und allgemein in der Gesetzgebung hervor. So ist vor allem der Treueid von 802 symptomatisch, der das Kaisertum zum Anlaß nimmt, die Treuepflichten der Untertanen zu verstärken und zugleich religiöse Pflichten wie die Einhaltung der Zehn Gebote in ihn einzubeziehen. In dem Kapitular, das ihn forderte, führt KARL den Titel imperator christianissimus. Ähnliche Wendungen erscheinen auch in den Arengen der Urkunden. Sie bestätigen KARLS Anspruch, Führer und Vorkämpfer der Christenheit zu sein. Als er am 28. Januar 814 in seiner Lieblingspfalz Aachen starb, huldigte ihm die Grabinschrift als imperator orthodoxus, der das regnum Francorum in 47-jähriger Herrschaft nobiliter erweitert hat.
    Im Bewußtsein der Nachwelt bleibt KARL DER GROSSE, was wer schon für die Hofgelehrten war: der "Vater Europas"

    Quellen:
    Böhmer-Mühlbacher, RI I, 1908² [Nachdr. 1966; mit Bibliogr.] -
    speziell: Einhardi Vita Karoli Magni, ed. O. Holder-Egger, MGH SRG [Neudr. 1947] -
    anektodenhaft: Gesta Karoli, ed. H. F. Haefele, MGH SRG NS, 1959 - Karolus Magnus et Leo papa. Paderborner Epos v. J. 799, 1966 -

    Literatur:
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    Am 28.7.754 wurde KARL und sein Bruder Karlmann in St. Denis von Papst Stephan II. gesalbt. Unter seiner Herrschaft erreichte das Frankenreich seine größte Ausdehnung und eine vorübergehende innere Festigung. Er setzte zur Verwaltung des fränkischen Reiches die Grafschaftsverfassung allgemein durch und suchte ohne dauerhaften Erfolg die freien Bauern gegenüber den Feudalisierungsversuchen zu schützen und ihre Wehrfähigkeit zu erhalten, die er für seine zahlreichen Kriegszüge besonders beanspruchte. KARL DER GROSSE erwarb als erster fränkischer Herrscher die Kaiserwürde, die seitdem von den mittelalterlichen deutschen Königen immer wieder als Zeichen imperialer Macht erstrebt wurde. Durch den Tod seines Bruders Karlmann (+ 4.12.771) wurde KARL faktisch Alleinherrscher im fränkischen Reich. 773 von Papst Hadrian I. gegen die Langobarden zu Hilfe gerufen, eroberte er das Langobardenreich und nahm den Titel "Rex Francorum et Langobardum" an. Den Titel "Patricius Romanorum" verlieh ihm der Papst gegen die Erneuerung der Pippinschen Schenkung. Einen Aufstand des langobardischen Adels konnte KARL unterdrücken (776). 778 ging er gegen die OMAIJADEN in Cordova vor und belagerte Saragossa vergeblich. Im Tal Roncesvalles wurde die fränkische Nachhut unter dem bretonischen Markgrafen Hruodland (Roland) von den Basken vernichtet. 781 setzte KARL seinen Sohn Pippin als Unterkönig in Italien und seinen Sohn LUDWIG als Unterkönig in Aquitanien ein. Mit der Taufe des Edelings Widukind in Attigny 785 endete der seit 772 andauernde Krieg gegen die Sachsen. 787 zog KARL nach Italien gegen Arichis von Benevent und zwang ihn zur Anerkennung der fränkischen Oberhoheit. Nach dem Reichskonzil von Nicäa 787, das universelle Bedeutung für seine Beschlüsse beanspruchte, wurde die 781 geschlossene Verlobung von KARLS Tochter Rotrud mit Konstantin VI. gelöst. 788 nahm KARL den gegen die fränkische Oberhoheit rebellierenden Herzog Tassilo III. von Bayern, der das bayrische Herzogtum zu verselbständigen suchte und 787 von KARL DEM GROSSEN zur Leistung des Vasalleneides gezwungen wurde, auf der Reichsversammlung in Ingelheim fest und schickte ihn ins Kloster. Er beseitigte damit das letzte Stammesherzogtum und führte in Bayern die Grafschaftsverfassung ein. 789 zog KARL gegen die Wilzen und zwang sie zur Anerkennung der fränkischen Oberhoheit. Im gleichen Jahr befahl er die Leistung eines Untertaneneides zur Stärkung der königlichen Autorität. Diesen Eid, der 802 nach der Kaiserkrönung, 806 anläßlich des Planes zur Reichsteilung und 812/13 nach dem Tod der Söhne Pippin und Karl wiederholt wurde, mußte jeder freie Mann vom 12. Lebensjahr an, alle feudalabhängigen Bauern und die Unfreien, die Benefizien besaßen und Vasallendienste leisteten, schwören. 795/96 unterwarfen Markgraf Erich von Friaul und Pippin das durch Adelskämpfe geschwächte Awarenreich. Nach der Niederlage des Grafen Wilhelm von Toulouse bei Narbonne errichtete KARL 795 die Spanische Mark, die in der folgenden Zeit die Gebiete von Barcelona bis Pamplona und bis zum Ebro erfaßte. Im Jahre 800 zog KARL DER GROSSE nach Italien, um die gegen den Papst vorgebrachten Beschwerden zu prüfen. Am 25.12.800 krönte Papst Leo III. KARL DEN GROSSEN in der Peterskirche zu Rom zum Kaiser. Die hegemoniale Stellung KARLS DES GROSSEN als Beherrscher des fränkischen Großreiches fand im Kaisertum seinen staatsrechtlichen Ausdruck, dessen materielle Machtgrundlagen nördlich der Alpen lagen. KARL DER GROSSE wollte zudem als Kaiser dem byzantinischen Kaiser, der als Nachfolger der römischen Kaiser Herrschaftsansprüche auf das ehemalige römische Gesamtreich ableiten konnte, gleichberechtigt gegenüberstehen. Der byzantinische Kaiser wertete die Krönung KARLS als Usurpation. 801 eroberte KARL Barcelona und erweiterte damit die 795 gegründete Spanische Mark. 805/06 wurde Böhmen unterworfen und tributpflichtig gemacht. 806 bekriegte des Kaisers Sohn Karl die Sorben zwischen Elbe und Saale und unterwarf sie. In dem von KARL DEM GROSSEN verfaßten Plan einer Reichsteilung (806) blieben LUDWIG und Pippin Unterkönige in Aquitanien und Italien; Karl, der älteste Sohn KARLS DES GROSSEN, sollte den verbleibenden Teil des Reiches erhalten. 810 befahl KARL den Bau einer Flotte zur Abwehr der dänischen Plünderungszüge. Nach langen Kämpfen mit den Byzantinern in Italien erkannte der oströmische Kaiser Michael im Vertrag von Aachen die Kaiserwürde KARLS an, der auf Venedig, Dalmatien und in seinem Kaisertitel auf die Bezeichnung "Romanum imperium gubernas" (das römische Reich regierend) verzichtete, das heißt, Byzanz wurde als einziger legitimer Nachfolger des römischen Reiches anerkannt. KARL designierte 813 seinen einzigen am Leben gebliebenen Sohn LUDWIG zum Nachfolger, den er ohne päpstliche Mitwirkung in der Kaiserpfalz zu Aachen zum Mitkaiser krönte bzw. selbst krönen ließ. Damit brachte er zum Ausdruck, dass er souverän, unabhängig vom Papst über das Kaisertum verfügen und irgendwelche Rechtsansprüche vom Papst auf die Krone von vornherein ausschließen wollte. KARLS fortschrittliche Bedeutung bestand darin, dass er auf allen Gebieten die feudalen Entwicklungstendenzen förderte. Mit der Einbeziehung aller germanischer Stämme rechts des Rheins in sein Reich schuf er die Voraussetzung für die spätere Herausbildung eines deutschen Staates.
    KARL starb an Padogra.


    Hartmann Wilfried: Seite 21-41, „Kaiser Karl der Große (768/800-814)“

    in Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern (Hg. Karl Rudolf Schnith)
    Der Biograph KARLS DES GROSSEN, Einhard, berichtet in seiner Vita Karoli Magni (verfaßt nach 830), dass er über Geburt, Kindheit und Jugend seines Helden keine sicheren Nachrichten habe; auch das Geburtsjahr kenne er nicht. Es spricht einiges dafür, dass KARL 747 geboren wurde (und nicht 742, wie die ältere Forschung annahm) als erstes Kind aus der Ehe Pippins mit Bertrada, die 744 geschlossen worden war. Im Jahr 751 erhielt KARL einen Bruder namens Karlmann. Zum Geburtsjahr 747 paßt besser als zu 742, dass KARL bis 768, dem Todesjahr seines Vaters, nicht als Anführer selbständiger Unternehmungen hervorgetreten ist. Pippinhat nach seiner Erhebung zum König seine beiden Söhne gleich behandelt und dem älteren keine Vormachtstellung eingeräumt; er hatte wohl von Anfang an beabsichtigt, das Frankenreich in zwei gleiche Teile aufzuteilen. Die Anfänge der Regierung KARLS treten in den Quellen nicht deutlich hervor; vielleicht sollten später die Spannungen zwischen den beiden Brüdern verwischt oder allein als Schuld Karlmanns dargestellt werden. Im Jahre 768 mußte noch einmal in Aquitanien gekämpft werden; im Verlauf dieses Kriegszugs scheint der Konflikt zwischen KARL und Karlmann ausgebrochen zu sein. KARL hat nämlich versucht, seinen Bruder aus Aquitanien zu verdrängen.
    Die Jahre 770 und 771 bedeuteten einen Stillstand in den schon seit vielen Jahren sich vollziehenden Expansion des Frankenreichs; 770 wurde Tassilo III. von Bayern die Selbständigkeit zugebilligt, und auch mit den Langobarden kam es zu einer Abmachung, nach der die Franken auf Interventionen in Italien verzichteten. Hinter diesen Friedensschlüssen stand eine innerfränkische Koalition von Pippins Witwe Bertrada (Bertha) mit ihren älteren Sohn KARL, die gegen Karlmanngerichtet war und diesen ausmanövrieren wollte. Ein wichtiger Baustein in diesem gegen Karlmanngerichteten Bündnis war KARLS Ehe mit einer Tochter des langobardischen Königs Desiderius, durch die KARL zugleich der Schwager des bayerischen Fürsten Tassilo wurde; damit war der Reichsteil Karlmanns "eingekreist".
    Der Tod Karlmanns (4.12.771) veränderte die politische Lage vollkommen. KARL schwenkte in seiner Italienpolitik auf die Linie seines Vaters ein; er brach mit den Langobarden und auch mit Bayern, er verstieß seine langobardische Gemahlin und heiratete Hildegard, die aus einem alemannischen Adelsgeschlecht stammte, um seine Position in diesem wichtigen Gebiet, das bis dahin zu Karlmanns Reich gehört hatte, zu festigen. Denn mit Karlmanns Tod war KARL noch nicht selbstverständlich Alleinherrscher im fränkischen Reich, da sein Bruder Söhne hinterlassen hatte, die allerdings noch sehr klein waren. Es war schon in merowingischer Zeit umstritten gewesen, ob nach dem Tod eines Bruders das Erbrecht von dessen Söhnen wirksam werden sollte oder ob es ein Eintrittsrecht des überlebenden Bruders gab, das stärker war als das Erbrecht in direkter Linie. Dieser Konflikt, der durch KARL rasch und endgültig in seinem Sinn gelöst wurde, sollte sich im Verlauf des 9. Jahrhunderts noch mehrfach wiederholen. Die eher unsicheren Anfänge der Regierung KARLS DES GROSSEN lassen jedenfalls noch nicht erkennen, dass dieser Herrscher durch seine Leistung und seine Persönlichkeit das Schicksal Europas ganz nachhaltig beeinflussen sollte. Seine gesamte Regierungszeit war geprägt von seinen zahlreichen Kriegen: Mit Ausnahme des Jahres 790 berichten die Annalen von jedem Jahr, dass Kriegszüge durchgeführt wurden. Dabei ist es zweifelhaft, ob der König von Anfang an eine umfassende Konzeption besaß, die er nach und nach verwirklichte. Es scheint eher so gewesen zu sein, dass KARL durch seine Erfolge beflügelt wurde, sich immer neue Ziele zu setzen. Man kann sicher nicht sagen, dass KARL nur "Glück" hatte, aber zweifellos wurde die erfolgreiche Bildung eines großen Reiches dadurch begünstigt, dass die politische Großwetterlage eine solche Reichsbildung zuließ.
    Den ersten großen Erfolg konnte KARL in Italien erringen. Dorthin war Karlmanns Witwe Gerberga Anfang 772 mit ihren Kindern und ihren Anhängern geflohen; sie wurde von König Desiderius aufgenommen. Die Gefahr, die von der Familie seitens des verstorbenen Bruders für seine Herrschaft ausging, war ein wichtiger Grund dafür, dass KARL so rasch einen Feldzug gegen die Langobarden unternahm, wie ihn die Päpste schon seit längerem gefordert hatten. Anders als sein Vater beabsichtigte KARL wohl von Anfang an, das Langobardenreich zu übernehmen. Von diesem Entschluß ließ er sich auch nicht abbringen, als es nötig war, die Hauptstadt Pavia neun Monate lang zu belagern; die Stadt ergab sich im Juni 774; nicht nur der König mit seinem gesamten Hofstaat und seinen Beamten fielen KARL in die Hände, sondern auch der reiche Kronschatz. Desiderius verschwand in einem Kloster; sein Sohn konnte nach Byzanz fliehen.
    Nach dem Fall der Hauptstadt brach das zuvor so mächtige Reich der Langobarden rasch und fast widerstandslos zusammen, so dass KARL glaubte, er könne die langobardischen Amtsträger in ihren Ämtern belassen. 775 kam es jedoch zu einer größeren Aufstandsbewegung mit Zentrum in Friaul; erst das persönliche Eingreifen KARLS in einem weiteren Italienzug von 776 konnte die fränkische Herrschaft sichern. Nach weiteren Italienzügen 780/81 wurde das Langobardenreich nach fränkischem Muster umorganisiert, und es wurden fränkische Grafen als Amtsträger nach Italien geschickt, die vom König mit Amt und Ländereien ausgestattet wurden; sie machten dort zum Teil bedeutende Karrieren. Auch nach seiner Eroberung bewahrte das Langobardenreich seine Eigenständigkeit; KARL hatte 774 den Titel eines "Königs der Franken und Langobarden" angenommen und billigte damit den Langobarden die Rolle eines zweiten Reichsvolks zu.
    Im Verlauf des ersten Italienzuges KARLS kam es zu einer Begegnung mit dem Papst, seit 772 war dies Hadrian I., der von Anfang an auf die Zusammenarbeit mit den Franken setzte. Schon vor dem Fall von Pavia zog KARL nach Rom, wo ihn zu Ostern 774 eine päpstliche Abordnung mit hohen Ehren empfing. Als erster fränkischer König war KARL bis Rom vorgestoßen, und er erreichte noch mehr, nämlich den Einzug in die Stadt selbst, was den langobardischen Königen immer verwehrt geblieben war. Jedoch der Beherrscher Roms sollte auch der Frankenkönig nicht sein, daher durfte er nicht in den Mauern der Stadt wohnen, sondern mußte in der Nähe von St. Peter nächtigen. Während dieses Romaufenthalts erneuerte KARL das von seinem Vater Pippin 754 gegebene Versprechen, bestimmte Gebiete Italiens dem Papst zu überlassen (sogenannte Pippinsche Schenkung). Ein Teil dieser Zusagen wurde im Verlauf des zweiten Romzugs KARLS (781) tatsächlich verwirklicht.
    So wie KARLS Italienzug durch den Hilferuf des Papstes angestoßen worden war, so ging auch sein Zug gegen das moslemische Spanien auf einen Hilferuf zurück, den 777 der Emir von Barcelona hatte ergehen lassen. Was der fränkische König bei seinem Feldzug vom Jahr 778 beabsichtigte, ist unklar; er konnte nicht im Ernst hoffen, mit dem von ihm aufgebotenen kleinen Heer jenseits der Pyrenäen dauernde Eroberungen zu machen. Nach mäßigen Erfolgen kam es im August 778 auf dem Rückmarsch zu einer Katastrophe, als die Nachhut in den Pyrenäen von den Basken überfallen und vollkommen vernichtet wurde. Das Rolandslied hat diese Niederlage im Gedächtnis der Nachwelt erhalten. KARL hat danach für längere Zeit auf eine Offensive gegen die Mauren verzichtet. Erst 801 führte sein Sohn LUDWIG einen Angriff gegen Barcelona durch, das nach langer Belagerung erobert werden konnte: Das Gebiet bis zum Ebro konnte nun als Spanische Mark dem Frankenreich eingegliedert werden.
    Für die deutsche Geschichte waren aber zwei andere Eroberungen wichtiger, weil durch sie die ausgedehnten Gebiete der mit den Franken stammesverwandten Bayern und Sachsen zum Frankenreich kamen. Dabei konnte Bayern ohne Krieg angegliedert werden: Nach dem Ende des Langobardenreichs, auf das sich Tassilo III. als Schwiegersohn des Desiderius vor allem gestützt hatte, hatten die Franken es anscheinend verstanden, den bayerischen Adel auf ihre Seite zu ziehen. Als es 787/88 zum Konflikt zwischen KARL DEM GROSSEN und dem Bayernherzog kam, war Tassilo isoliert, denn der Papst stand auf der Seite der Franken. Tassilo mußte sich daher 787 bereitfinden, einen Vasalleneid zu leisten und sein Reich als Lehen aus der Hand des fränkischen Königs anzunehmen. Im Sommer des folgenden wurde Tassilo nach Ingelheim befohlen; er wurde mit Frau und Kindern gefangengenommen. In einem Hochverratsprozeß traten bayerische Adelige als Ankläger auf und sagten aus, dass Tassilo mit den Awaren gegen die Franken konspiriert habe. Nach dem Quellen, die allerdings die fränkische Version der Angelegenheit wiedergeben, soll Tassilo ein Schuldbekenntnis abgelegt haben. Um ihn vollends zu vernichten, wurde ein 25 Jahre zurückliegendes Vergehen ausgegraben: Er habe sich 763 eigenmächtig vom Heer entfernt und damit das todeswürdige Verbrechen der "Harizliz" (Fahnenflucht) begangen. Tassilo wurde von seinen Landsleuten zum Tod verurteilt, aber von KARL zur Klosterhaft begnadigt.
    Um das gewonnene Land zu sichern, verbrachte der Frankenkönig zwei aufeinanderfolgende Winter in der alten bayerischen Herzogsstadt Regensburg (791-793), ehe er seinen Schwager Gerold zum Präfekten in Bayern einsetzte. Es scheint aber immer noch Anhänger des alten Herzogshauses gegeben zu haben. Daher war es nötig, Tassilo noch einmal aus seinem Kloster vor eine Reichssynode zu holen, wo er (794 in Frankfurt) schriftlich für sich und seine Nachkommen auf Bayern verzichtete. Dass die Historiker die Vorgänge um Tassilo nur aus dem Blickwinkel KARLS schildern durften und dass wir keine sicheren Nachrichten darüber besitzen, wo und wann Tassilo gestorben ist, zeigt, wie sehr KARL persönlich darüber wachte, dass sein Nachruhm nicht durch sein Vorgehen gegen seinen Vetter und Schwager beeinträchtigt wurde.
    Bayern blieb übrigens nicht nur als politische Einheit bestehen (unter einem Präfekten), sondern es wurde auch eine bayerische Kirchenprovinz geschaffen, als deren erster Metropolit Arn von Salzburg im Jahr 796 das Pallium erhielt.
    Obwohl wir heute nicht mehr beweisen können, ob Tassilo tatsächlich - wie ihm vorgeworfen wurde - mit den Awaren paktiert hat, steht fest, dass dieses Steppenvolk, das seit über 200 Jahren in Pannonien ansässig war, 788 Einfälle nach Italien und nach Bayern unternahm. In einem ersten Zug gegen die Awaren (791) konnten die Franken trotz eines großen Heeres keinen Sieg erringen, denn die Awaren stellten sich nicht zur Schlacht, sondern zogen sich weit nach Pannonien hinein zurück. Aber das Auftauchen der Franken in ihrem eigenen Gebiet hatte ihnen einen schweren Schock versetzt. Als dann KARL den nächsten Feldzug gründlicher vorbereitete, konnte der Erfolg kaum ausbleiben. Bei diesen Vorbereitungen zeigte er sich als bedeutender Stratege, der auch über die Möglichkeiten seiner Zeit hinauszugreifen imstande war.
    792 ließ er eine bewegliche Brücke bauen, die auf Schiffen donauabwärts bewegt werden konnte und so immer wieder die leichte Überquerung der Donau ermöglichte. Im darauffolgenden Jahr wurde ein Versuch gemacht, die Stromgebiete von Rhein und Donau miteinander zu verbinden, um den Nachschub leichter nach SO transportieren zu können. Das für diese Absicht ausgewählte Gebiet war ideal gelegen: In der Nähe von Weißenburg/Bayern sind die Flußläufe von Rezat (einem Nebenfluß der Pegnitz) und Altmühl nur 1.500 bis 1.800 m voneinander entfernt, und es war ein Höhenunterschied von ca. 20 m zu bewältigen. Dennoch scheiterte dieses Unternehmen, weil es in damaliger Zeit nicht möglich war, die für die umfangreichen Erdarbeiten nötigen Menschen zu ernähren, und auch - nach dem Bericht der Annalen - weil heftige Regenfälle die Arbeiten erschwerten.
    Als man 795 von inneren Kämpfen bei den Awaren erfuhr, drang ein kleines fränkisches Kommando bis ins Zentrum des Awarenreichs vor. Im folgenden Jahr zogen zwei Heere gegen die Awaren: das eine unter dem Königs-Sohn Pippin zog donauabwärts, das zweite stieß von Friaul aus nach NO vor. Ohne Kampf unterwarfen sich die Awaren. Die Schätze, die sie seit vielen Jahrzehnten in ihren Ringburgen angehäuft hatten, fielen den Franken in die Hände. Die Kriegsbeute wurde teils an die Krieger aufgeteilt, teils der Kirche geschenkt. Als Dank für die Hilfe Gottes, die ihre Gebete erreicht hatten, erhielten mehrere Klöster wertvolle Goldgefäße, die zu Gefäßen für den kirchlichen Gebrauch umgearbeitet wurden. Für den König selbst blieb noch so viel übrig, dass in Aachen eine eigene Schatzkammer für die Awarenbeute eingerichtet werden mußte. Die endgültige Unterwerfung brachte ein Zug im Jahr 805, der wegen eines Aufstands nötig gewesen worden war. Der Sieg über die Awaren war es vor allem, der KARL Ansehen bei den slawischen Völkern des ostmitteleuropäischen Raums befestigte, so dass sein Name bei ihnen zur Bezeichnung des Herrschers wurde (Karl, Kral, Krol = König).
    Die längsten Kämpfe mußten mit den Sachsen ausgefochten werden: Einhard schildert das Ringen mit diesem Stamm als einen über 30 Jahre dauernden Krieg; in Wahrheit wurde zwar nur von 772-785 und dann wieder - in kleinerem Rahmen - von 792-804 gekämpft; aber auch dies sind zusammen über 24 Jahre. Grenzkriege gegen die Sachsen hatte es auch schon früher gegeben.
    Einige merowingische Könige, dann Karl Martell und KARLS Vater Pippin hatten immer wieder einzelne Vorstöße geführt, um sich für Überfälle zu rächen und um den Sachsen die Macht des Frankenreichs zu demonstrieren. Anscheinend plante KARL aber im Unterschied zu diesen begrenzten Feldzügen von Anfang an, ganz Sachsen zu unterwerfen und durch die Christianisierung in sein Reich einzugliedern.
    Nachdem bereits 770 eine militärische Aktion durchgeführt worden war, rückte KARL im Sommer 772 mit einem bedeutenden Heer in das Gebiet der Engern ein (südlich von Paderborn). Die dem Kriegsgott geweihte Eresburg wurde dabei eingenommen und die weiter nördlich gelegene Itminsul, ein gewaltiger Baumstamm in einem heiligen Hain, wurde zerstört. In die Eresburg wurde eine fränkische Besatzung gelegt, und das Land sollte durch die Ausrottung des Heidentums und eine rasche Christianisierung befriedet werden. Der erfolgreiche Angriff auf ein zentrales Heiligtum hat die Sachsen aber nicht verunsichert, sondern stachelte sie zu einem Gegenschlag auf, der während KARLS Italienzug 773/74 durchgeführt wurde. Die fränkische Aktion von 774 zeigte, dass der sächsische Adel bereit war, sich - wie in Italien oder in Bayern - dem überlegenen fränkischen Heer zu unterwerfen, wohl auch in der Hoffnung auf Teilhabe an Beute und Herrschaft im expandierenden Frankenreich. An den Quellen der Pader wurde eine Karlsburg errichtet, und in Paderborn fand im Jahr 777 eine gesamtfränkische Reichsversammlung statt, auf der eine große Anzahl von sächsischen Adeligen erschien, die den Franken ihre Loyalität erklärten. Damit schien die Eingliederung Sachsens in das Frankenreich abgeschlossen. Der Widerstand gegen die Fremdherrschaft und gegen die Christianisierung wurde jetzt hauptsächlich von den freien Bauern getragen, die durch KARLS Niederlage auf dem Rückmarsch von Spanien zum Losschlagen unter ihrem adeligen Anführer Widukind ermuntert wurden. Die Karlsburg wurde niedergebrannt, und die Sachsen drangen bis zum Rhein und bis nach Fulda vor. Im Gegenzug errichteten die Franken zahlreiche Klöster und Kirchen als Stützpunkte ihrer Herrschaft, und KARL übertrug 782 die fränkische Grafschaftsverfassung ins eroberte Sachsen, wobei mächtige sächsische Adelige als Lohn für ihre Treue zum Frankenkönig zu Grafen gemacht wurden.
    Den frisch bekehrten Sachsen wurde der Kirchenzehnt auferlegt, eine Abgabe, die von ihnen als große Schmach und als Zeichen der Sklaverei angesehen wurde. Die alte sächsische Verfassung mit ihrer Volksversammlung wurde abgeschafft. 782 oder 785 erließ KARL ein Kapitular, das Angriffe auf den christlichen Glauben und seine Repräsentanten sowie Illoyalität gegen die Franken mit drakonischen Strafen bedroht. Nicht nur die Ermordung eines Klerikers oder die Zerstörung einer Kirche sollte mit dem Tode bestraft werden, sondern auch der Versuch, sich der Taufe zu entziehen, die Ausübung heidnischer Praktiken oder das Einäschern der Leiche eines Verstorbenen. Die Folge dieser Maßnahmen war ein Aufstand von solcher Heftigkeit, wie ihn KARL nicht mehr erwartet hatte: die Priester als Repräsentanten des verhaßten Systems wurden erschlagen oder vertrieben; ein fränkische Heeresgruppe wurde in offener Feldschlacht vernichtet (783). KARL selbst mußte eingreifen, er konnte das Hauptheer umzingeln, und der sächsische Adel lieferte die Rädelsführer des Aufstands aus; Widukind allerdings war entkommen. Bei Verden an der Aller wurden die Empörer hingerichtet; die Zahl von 4.500 enthaupteten Sachsen ist sicher übertrieben; auch handelte es sich bei dieser Maßnahme nicht um bloßen Terror, sondern um die rechtlich gebotene Bestrafung von Hochverrätern. An dieser Episode hat sich später heftige Kritik an KARL DEM GROSSEN entzündet, die bis zum Beinamen "Sachsenschlächter" reichte, mit dem KARL von der offiziellen Geschichtsbetrachtung der Nationalsozialisten belegt wurde.
    Um die Sachsen durch eigene Präsenz zu beeindrucken, verbrachte KARL drei Winter hintereinander im Land (782-784), und er gab ihnen vor allem in den Jahren 784 und 785 keine Gelegenheit, ihre Kräfte wieder zu sammeln. Von dieser Festigkeit beeindruckt, kam der Sachsenführer Widukind zu Weihnachten 785 in die königliche Pfalz Attigny und ließ sich zusammen mit seinen engsten Gefährten taufen. KARL persönlich übernahm die Patenschaft für Widukind, über dessen weiteres Schicksal wir nichts Genaueres wissen. Es ist ungewiß, ob er wie Desiderius oder Tassilo III. sein Leben im Kloster beschloß; die Nachrichten über einen Aufenthalt auf der Reichenau sind jedenfalls recht undeutlich.
    Ein letztes Aufbäumen des sächsischen Freiheitsdranges gab es in den Jahren 793 und 797, als die Franken durch den Krieg mit den Awaren auf einem anderen Schauplatz beschäftigt schienen. Obwohl wieder die Pfalz in Paderborn zerstört wurde, war die fränkische Herrschaft schon zu fest verwurzelt, als dass sie noch beseitigt hätte werden können. Nur im Mündungsgebiet von Weser und Elbe sowie in Nordalbingien war der Widerstand längere Zeit erfolgreich. Nach den Feldzügen von 797, 802 und zuletzt 804 wurden die aufständischen Bauern an der unteren Elbe und in Holstein zu Tausenden planmäßig deportiert und im ganzen Reich verstreut neu angesiedelt; hier eher als beim Blutbad von Verden zeigte sich KARL als despotischer Herrscher. Ein Friedensschluß von 803 wurde durch eine größere Anzahl von sächsischen Geiseln bekräftigt; ein Verzeichnis von 37 Namen von sächsischen Großen, die in alemannischen Klöstern verwahrt werden sollten, ist noch erhalten.
    Zur endgültigen Befriedung trug auch bei, dass KARL 797 das strenge Sachsenkapitular durch ein milderes Gesetz ablöste, in dem die meisten Vergehen durch Geldbußen abgegolten werden konnten, so wie das in den fränkischen Rechtsbüchern der Zeit auch üblich war. Im Jahr 802 wurde das sächsische Rechtsbuch, die Lex Saxonum, kodifiziert, in dem das alte Stammesrecht mit fränkischem Reichsrecht und christlichen Elementen zu einer neuen Einheit verbunden wurde.
    Nachdem KARL an die Stelle der deportierten Sachsen in Transalbingien Franken und vor allem die elbslawischen Abodriten angesiedelt hatte, kam es seit 804 zu Konflikten mit den Dänen unter ihrem König Göttrik, der ganz Sachsen und Friesland zu unterwerfen suchte. Nicht nur die Franken, sondern auch die Dänen versuchten nämlich in jenen Jahren, ein Großreich zu errichten. Mit fränkischer Hilfe gelang es aber den Abodriten in O-Holstein, sich von der dänischen Oberhoheit freizuhalten.
    Mit den östlich von Sachsen und Thüringen wohnenden slawischen Stämmen hatte das Frankenreich bereits unter KARL DEM GROSSEN feindliche und auch freundschaftliche Beziehungen. 789 führte KARL persönlich einen Feldzug gegen die Wilzen durch, und nach der endgültigen Unterwerfung der Sachsen gelang auch die Eingliederung der Sorben ins Frankenreich (806). Ein großer Zug nach Böhmen (805/06) brachte auch dieses Gebiet unter fränkische Oberhoheit.
    Am Ende seines Lebens herrschte KARL über ein Reich von ca. 1 Million km²; aber die Größe dieses Reichs brachte erhebliche Probleme bei seiner Verwaltung mit sich, und an seinen Grenzen gab es mehrere Unruheherde, die KARL nicht hatte befriedigen können. Dabei brachten die Emanzipationsbestrebungen der Bretonen oder der Elbslawen das Reich in keine bedrohliche Lage, aber am Ende von KARLS Regierung machten sich bereits die Normannen bemerkbar, deren Streifzüge das Frankenreich später in die Defensive drängen sollten. Notker von St. Gallen hat dies in einer schönen Anektode dargestellt: Die Normannen, die eine Stadt am Mittelmeer überfallen wollten, hätten erfahren, dass sich KARL DER GROSSE dort aufhielt; darauf seien sie aus Furcht vor dem großen Kaiser abgezogen. KARL sei ans Fenster getreten und habe bittere Tränen vergossen, weil er voraussah, dass die Normannen schwere Leiden über seine Nachfahren und deren Untertanen bringen würden.
    Nach den Eroberungen in Italien, NO-Spanien, Bayern und Pannonien sowie in Sachsen mit der Oberherrschaft über die slawischen Stämme östlich der Elbe war KARL der mächtigste Herrscher in der den damaligen Menschen bekannten Welt - mit Ausnahme des Kaisers, der in Konstantinopel seinen Sitz hatte. KARLS vertrauter Ratgeber Alkuin hatte schon nach den Siegen über die Sachsen und die Awaren nach angelsächsischem Muster von KARL als imperator, als Kaiser gesprochen, und er hatte auch die Aufgaben seines Amtes gegenüber dem neuen Papst Leo III. weitgespannt angegeben: "Unsere Aufgabe ist es, die Kirche Christi nach außen mit Waffengewalt gegen heidnische Angriffe zu verteidigen und gegen Zerstörungen durch die Ungläubigen zu schützen, aber auch nach innen die Anerkennung des rechten Glaubens sichern."
    Als Papst Leo III. nach einem auf ihn verübten Attentat im Sommer 799 den fränkischen König in Paderborn aufsuchte, wurde wahrscheinlich auch über das Kaisertum gesprochen und dabei der Aspekt erörtert, dass am ehesten ein Kaiser durch ein abschließendes Urteil die Anklagen gegen den Papst aus der Welt schaffen könne.
    Nachdem KARL bereits am Beginn seines Romzugs vom Jahr 800 mit kaiserlichen Ehren empfangen worden war und im roten Kaisermantel und mit roten Kaiserstiefeln auftrat, konnte es kaum überraschend sein, dass ihm Papst Leo während der Weihnachtsmesse in St. Peter die Kaiserkrone auf das Haupt setzte. Die Römer stimmten diesem Vorgang zu, indem sie riefen: "Dem Augustus KARL, dem von Gott gekrönten, großen und friedliebenden Kaiser der Römer, Leben und Sieg!" Das Vorbild für diese Kaisererhebung kam aus Byzanz: so wie dort das Volk den neuen Kaiser akklamierte und der Patriarch die Krönung vornahm, so agierten am Weihnachtstag 800 das Volk von Rom als Akklamator und der Papst als Koronator des Kaisers.
    Einhard berichtet allerdings, KARL habe gesagt, dass er trotz des hohen Festtags nicht in die Kirche gegangen wäre, wenn er gewußt hätte, dass ihm der Papst die Kaiserkrone aufsetzen würde. Diese Aussage muß wohl als authentisches Zeugnis des Kaisers gewertet werden; sie ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit eine Aussage nach dem Ereignis, das heißt sie gibt kaum KARLS Zustimmung am Weihnachtstag 800 wieder. Dass KARL gegen Ende seines Lebens dem Papst keine Mitwirkung bei der Kaiserkrönung zubilligen wollte, zeigt sich am besten darin, dass er seinem Sohn LUDWIG am 11.9.813 zum Mitkaiser erhob, indem er ihm selbst die Krone aufsetzte. Damit übernahm KARL die in Byzanz übliche Zeremonie zur Erhebung eines Mitkaisers.
    Die Distanz KARLS DES GROSSEN gegen ein römisches, das heißt an die Stadt Rom gebundenes Kaisertum zeigt sich auch darin, dass er nach 800 nie mehr nach Rom kam, vielmehr seine Residenz Aachen zu einem Rom des Nordens ausbaute, wo es nach dem Vorbild der Ewigen Stadt einen Lateran und eine mit antiken Säulen geschmückte Pfalzkapelle geben sollte.
    Durch KARLS Kaiserkrönung erhielt das Verhältnis zwischen Byzanz und dem Frankenreich eine neue Qualität. Wie man in gewissen Kreisen die Vorgänge von Weihnachten 800 im Osten sah, können wir einer Notiz in der Chronik des byzantinischen Mönchs Theophanes entnehmen: "Papst Leo vergalt KARL seine Hilfe und krönte ihn zum Kaiser der Römer in der Kirche des heiligen Apostels Petrus, indem er ihn von Kopf bis Fuß mit Öl salbte und ihm ein kaiserliches Gewand und eine Krone antat." Da das byzantinische Zeremoniell keine Kaisersalbung kannte, sollte wohl durch die übertriebene Schilderung dieser Handlung die barbarische Ahnungslosigkeit verdeutlicht werden, mit der die Westler ihren usurpatorischen Akt vollzogen hatten. In Byzanz konnte man sich nicht vorstellen, dass es zwei Kaiser nebeneinander geben konnte; man rechnete daher wohl mit einem Angriff aus dem Westen. Theophanes deutet aber noch eine andere Lösung des Zweikaiserproblems an, wenn er berichtet, dass 802 eine fränkische Gesandtschaft in Konstantinopel erschienen sei, die der Kaiserin Irene einen Heiratsantrag KARLS überbracht hätte. Die fränkischen Gesandten hätten sich noch in Byzanz befunden, als Irene durch ihren Logotheten Nikephoros gestürzt wurde.
    Zu unserer Einschätzung von KARLS Mentalität paßt es nicht, dass er tatsächlich eine Eheverbindung mit der byzantinischen Kaiserin geplant hat; keine abendländische Quelle berichtet von diesem Eheprojekt.
    Mit dem neuen Kaiser Nikephoros kam es zu Kämpfen, in denen es vordergründig um die Beherrschung der Adriaküste ging, im Hintergrund stand aber die Frage nach der Gleichberechtigung der beiden Kaiser. Militärisch endete dieser Krieg mit einer Niederlage der Franken, da sie im Gegensatz zu den Byzantinern keine Flotte besaßen. Nach dem Friedensschluß von 810 suchte 812 eine byzantinische Gesandtschaft KARLS Residenz in Aachen auf; die Gesandten akklamierten KARL in griechischer Sprache als Kaiser und redeten ihn wie den oströmischen Kaiser als Basileus Romaion (Kaiser der Römer) an. Auch KARL bemühte sich in seinem Antwortschreiben an den Kaiser im fernen Konstantinopel, die Gleichrangigkeit seiner eigenen Würde mit der des oströmischen Herrschers auszudrücken, ohne dessen Selbsteinschätzung zu verletzen. Wegen der langen Reisewege und der Herrscherwechsel im Osten wie im Westen war der Austausch der Friedensurkunden erst im September 815 abgeschlossen.
    Nicht nur zum christlichen Kaiser im Osten, sondern auch zu den moslemischen Staatenbildungen unterhielt KARL Kontakte. Schon sein Vater Pippin hatte in seinen letzten Lebensjahren, 765-768, eine Gesandtschaft ins Kalifat nach Bagdad entsandt. Bei ihrer Rückkehr brachten die fränkischen Gesandten auch eine Legation des Kalifen mit; sicher ein Beweis für freundschaftliche Beziehungen. Erst 30 Jahre später entsandte KARL DER GROSSE eine Legation in den Osten, von der wir die Namen der Teilnehmer kennen. Darunter befand sich der sprachkundige Jude Isaak, der wohl zu den jüdischen Fernhändlern gehörte, die auch noch nach dem Einbruch des Islams im gesamten Mittelmeerraum Handel trieben. Dieser Isaak brachte bei seiner Rückkehr als Geschenk des Kalifen Harun ar-Raschid (786-809) einen Elefanten mit, dessen Namen unsere Quellen überliefern: Abul Abbas (das ist der Name des Onkels des Propheten, den die Kalifen von Bagdad als ihren Stammvater verehrten). Der Elefant wurde so gut und kundig gehalten, dass er zehn Jahre im Frankenreich lebte.
    Eine zweite Gesandtschaft reiste 802 nach Bagdad und erreichte es nach dem Bericht Einhards, dass der Kalif KARL die Verfügungsgewalt über das Grab Christi und damit das wichtigste Pilgerziel im Heiligen Land übergab. Sein Prestige stieg dadurch gewaltig; denn nicht dem oströmischen Kaiser, der das Christentum so lange gegen die islamische Expansion verteidigt hatte, sondern dem Kaiser des Westens wurde der Schutz der Pilger und der christlichen Geistlichkeit in Jerusalem übertragen. Die fränkischen Chronisten verzeichnen denn auch stolz die Geschenke, die eine zweite Gesandtschaft Harun ar-Raschids nach Aachen brachte; ein großes Zelt, kostbare Seidengewänder, Duftstoffe und Salben sowie eine Wasseruhr.
    Dank Einhards wertvoller Biographie können wir uns KARLS äußere Erscheinung recht gut vorstellen: "KARL war kräftig und stark, dabei von hoher Gestalt, die aber das rechte Maß nicht überstieg. Es ist allgemein bekannt, dass er sieben seiner Füße groß war. Er hatte einen runden Kopf, seine Augen waren sehr groß und lebhaft, die Nase etwas lang; er hatte schöne graue Haare und heiteres und fröhliches Gesicht. Seine Erscheinung war immer imposant und würdevoll, ganz gleich ob er stand oder saß. Sein Nacken war zwar etwas dick und kurz, und sein Bauch trat ein wenig hervor, doch fielen diese Fehler bei dem Ebenmaß seiner Glieder nicht sehr auf. Sein Gang war selbstbewußt, seine ganze Körperhaltung männlich und seine Stimme klar, obwohl sie nicht so stark war, wie man bei seiner Größe hätte erwarten können."
    Die Tatsache, dass KARL gar nicht als Idealtyp eines Heldenkönigs geschildert ist, sondern auch sein kurzer Nacken und sein Bauch oder seine dünne Stimme erwähnt werden, dürfte die Wahrheit dieser Beschreibung verbürgen. Dabei muß man allerdings beachten, dass Einhard (geboren um 770) erst seit ca. 796 in der Umgebung KARLS auftaucht, das heißt dass er KARL nur als über Fünfzigjährigen älteren Mann kannte. Aber wichtige Einzelheiten, wie etwa KARLS Körpergröße von ca. 1,90 m, werden durch andere Quellen, in diesem Fall durch Messungen an seinem Skelett, bestätigt.
    Auch viele andere persönliche Züge, die wir von KARL - im Unterschied zu den meisten anderen mittelalterlichen Herrschern - kennen, verdanken wir Einhards kleiner Schrift. So wissen wir von seiner lebhaften Art, die sein Biograph geradezu als Geschwätzigkeit bezeichnet, und wir kennen seine Abneigung gegen die Ärzte, die ihm verboten, sein geliebtes Bratenfleisch zu essen, seine Mäßigkeit im Trinken und seine Liebe zur Jagd und zum Schwimmen. Durch Einhard wissen wir auch über den etwas eigenartigen Tagesrhythmus des Kaisers Bescheid, der zwar nach dem Mittagessen eine lange Ruhepause einlegte, aber in der Nacht mehrfach aufstand, sich ankleiden ließ und dann "regierte", das heißt Audienzen gewährte, Gerichtssitzungen abhielt und Anweisungen für den kommenden Tag gab.
    Eine Ausbildung, die ihn auf seine künftigen Aufgaben als Herrscher über ein großes Reich vorbereitet hätte, hat KARL anscheinend nicht erhalten. Einhard vermittelt den Eindruck, als sei KARL ein äußerst lernbegieriger Autodidakt gewesen, der erst als König viele Kenntnisse erworben habe. Von KARLS Sprachkenntnissen weiß Einhard zu berichten, dass er nicht nur seine Muttersprache, sondern auch Latein vorzüglich verstanden und gesprochen habe; selbst Griechisch soll er verstanden haben. KARLS Interesse für das Rechnen und für die Astronomie wird nicht nur von Einhard betont, sondern wird auch belegt durch eine Anzahl von Briefen, in denen sich KARL über Himmelserscheinungen informieren ließ. Für seine Lernbegeisterung ist es bezeichnend, dass KARL sich noch im Alter darum bemühte, das Schreiben zu erlernen. So habe der Kaiser unter seinem Kopfkissen immer Wachstafeln und Blätter bereitliegen gehabt, um sich in Zeiten der Schlaflosigkeit im Schreiben zu üben.
    Obwohl der Kaiser also nicht selbst schrieb, dürfte er das Lesen beherrscht haben; seine Kenntnis der Literatur und der Geschichte wurde auch dadurch gefördert, dass während des Mittagessens historische Werke oder Schriften des Augustinus, besonders dessen "Gottesstaat", vorgelesen wurden. Als um 790 am Hof KARLS die fränkischen Theologen eine Schrift über die Verehrung der Bilder verfaßten, die sich gegen die bilderfreundliche Entscheidung des Konzils von Nizäa 787 richtete, wurde sie anscheinend in Gegenwart des Königs vorgelesen, der sie mit Ausrufen wie "sehr gut", "sehr wahr", "sehr schön argumentiert" und ähnlich kommentierte, die ein Stenograph in tironischen Noten auf dem Rand der heute noch vorhandenen Handschrift festhielt.
    KARLS großes Interesse an Fragen der Bildung und der Schriftkultur zeigt sich auch darin, dass er es verstand, bedeutende Gelehrte an seinen Hof zu ziehen und dort zu halten. Es hatte zwar schon unter seinem Vater Pippin eine Palastschule gegeben, aber überragende Leistungen sind aus dieser nicht hervorgegangen. KARL hat daher auswärtige Gelehrte angeworben, wie den Langobarden Paulus Diaconus, den Angelsachsen Alkuin und den Westgoten Theodulf. Eine ganze Reihe von Gedichten dieser und anderer Männer vermittelt uns ein lebendiges Bild von KARLS "Hofakademie", deren Mitglieder sich mit Namen aus der Antike oder aus dem Alten Testament schmückten. KARL selbst ließ dieses Tun nicht nur zu, sondern war intensiv mitbeteiligt. Der bedeutendste Literat war wohl Theodulf, dem KARL 798 das Bistum Orleans übergab. In seinen Gedichten übte dieser auch Kritik an den Zuständen im Reich, wobei er sich nicht scheute, den Herrscher selbst zu kritisieren. Andere Mitglieder des Hofkreises versuchten dagegen, sich durch teilweise penetrantes Herrscherlob gegenseitig zu übertreffen. Erst in der zweiten Generation der Gelehrten tauchen dann auch Franken auf, von denen hier Angilbert, der Lebensgefährte von KARLS Tochter Bertha, und Einhard genannt seien. Beide waren keine Geistlichen, sondern Laien; aber Angilbert erhielt 790 die Abtei St. Requier an der Somme, um die er sich sehr kümmerte, wobei er besonders die Bibliothek und die Reliquienschätze seines Klosters förderte. Seit 804 leitete Alkuins Schüler Hrabanus Maurus aus Mainz die Klosterschule in Fulda; den Höhepunkt seiner Bedeutung und seines Einflusses erreichte Hrabanus aber erst unter LUDWIG DEM FROMMEN und Ludwig dem Deutschen.
    Eine wesentliche Arbeit der Hofgelehrten bestand darin, die schriftliche Überlieferung der zentralen Texte des christlichen Glaubens von Fehlern zu reinigen. Daher waren Theodulf und Alkuin damit befaßt, nicht nur neue Handschriften der Bibel herstellen zu lassen, sondern auch dafür zu sorgen, dass in diesen Manuskripten ein möglichst fehlerfreier Text wiedergegeben wurde. Die Sorge um einen reinen Text bezog sich auch auf die Benediktregel und auf das Kirchenrecht.
    Mit dem Namen KARLS DES GROSSEN verbunden ist weiterhin eine Reform der Schrift: Noch unsere heutige Druckschrift benutzt im wesentlichen jene Buchstaben, die in KARLS Zeit entwickelt wurden: die karolingischen Minuskel. Die klare, schnörkellose und gut lesbare Schrift machte es leichter, die Forderung nach möglichst fehlerloser Abschrift von wichtigen Texten zu erfüllen.
    Auch der Volkssprache galt sein Interesse. Einhard berichtet davon, dass KARL den Monaten und den Winden volkssprachliche Bezeichnungen gegeben habe. Auch die Lieder, in denen die Helden der heidnischen Vorzeit verherrlicht wurden, ließ er aufzeichnen. Einzig das Hildebrandlied ist als Zeugnis für diese Bemühungen auf uns gekommen. Ein zentrales Anliegen KARLS war es, die Rechtsprechung auf schriftliches Recht zu gründen. Die bereits schriftlich vorhandenen Rechte der Franken (Lex Salica und Lex Ribvaria) sollten verbessert und den veränderten Verhältnissen angepaßt werden. Die noch ungeschriebenen Gesetze der anderen Stämme ließ er sammeln und aufzeichnen; von diesem Bemühen zeugen noch die Leges der Friesen, Sachsen und Thüringer. Auf einer Reichsversammlung des Jahres 802 wurden die Gesetze den anwesenden Großen des Reichs in ihrer Sprache vorgelesen.
    Während die geplante Reform der alten Leges den Franken nicht abgeschlossen werden konnte, hat KARL eine große Zahl von Kapitularien, das heißt von in Kapiteln gegliederten Verordnungen, erlassen, die eine Vielzahl von Themen betreffen. Das erste bedeutende Gesetz in dieser Reihe ist im Jahr 779, also unmittelbar nach dem Ende der ersten Reihe von Eroberungskriegen, entstanden. Die beiden schweren Niederlagen des Jahres 778 (gegen die Basken und gegen die Sachsen) konnten KARL also nicht davon abhalten, mit der inneren Reform seines Reiches zu beginnen. Das bedeutendste Kapitular aus den Anfängen seiner Regierungszeit stammte aus dem Jahr 789 und wird als Admonitio generalis ("allgemeine Ermahnung") bezeichnet. Dieses Gesetz richtete sich in erster Linie an die Geistlichen, denen zahlreiche Vorschriften nach dem Vorbild des alten Kirchenrechts gegeben werden. Es war vermutlich Alkuin, der die Formulierung dieses Schriftstücks besorgte und der auch für seine Verbreitung verantwortlich war. Die heute noch vorhandenen Exemplare dieses Gesetzes zeigen, dass das Ziel erreicht wurde, das Gesetz in allen Regionen des Reiches zu versenden.
    In der Kapitulargesetzgebung KARLS bedeutet die Kaiserkrönung einen wichtigen Einschnitt: danach ist eine verstärkte Hinwendung zur Aufstellung von Normen zu beobachten, die in den Fürstenspiegeln von einem christlichen Herrscher erwartet werden, nämlich der Schutz von Armen und Schwachen und die Aufrechterhaltung von Frieden und Eintracht im Reich. KARL beschränkte sich in diesen Jahren jedoch nicht auf allgemeine Ermahnungen, sondern griff ganz konkrete Mißstände auf, die beseitigt werden sollten. Für die armen Freien wurden der Zwang zum Heerdienst und die Pflicht, auf allen Gerichtsversammlungen zu erscheinen, gemildert; denn diese Pflicht ermöglichte es den Grafen als den Inhabern der königlichen Gerichtsbarkeit und des militärischen Oberbefehls, manche Freien in den unfreien Status herabzudrücken, indem sie planmäßig in ungünstigen Zeiten zur Gerichtsverhandlung befohlen oder zum Kriegsdienst eingezogen wurden.
    In seinem letzten Kapitular, das wahrscheinlich am Ende des Jahres 813 erlassen wurde, hat KARL dem Zweifel Ausdruck verliehen, ob seine Gesetze überhaupt den Menschen in seinem Reich bekannt geworden seien oder ob seine legislative Arbeit vergeblich gewesen sei. Aber auch diese resignierte Äußerung veranlaßte KARL nicht dazu, seine Anstrengungen aufzugeben, sondern nur dazu, eine bessere Verbreitung für die Korrektheit seiner Gesetze zu fordern.
    Eine gewisse Gewähr für die Korrektheit der Verwaltung schien immerhin dadurch gegeben, dass KARL die Grafen durch besondere Vertrauensleute kontrollieren ließ, die immer zu zweit auftraten (ein Bischof und ein weltlicher Machthaber), was ihre Durchsetzungskraft erhöhte und ihren Hang zur Korruption bremsen konnte.
    Um 800 ließ KARL das Königsgut im gesamten Reich verzeichnen, das heißt er ließ Inventare anlegen, in denen für jeden einzelnen Königshof der Bestand an Gebäuden, an Vieh und an Gerätschaften bis hin zum letzten hölzernen Rechen aufgenommen wurde. Das berühmte Capitulare de Villis (Kapitular über die Königshöfe) enthält dann Vorschriften über den Betrieb der königlichen Gutshöfe, wobei sich KARL mit der Anpflanzung von Obstbäumen und Weinreben, mit der sorgfältigen Nutzung des Waldes, mit der Aufzucht von Pferden, Rindern und Geflügel und mit den Lieferungen für den Unterhalt des Königs und seines Hofes befaßte. Über den Verkauf der erwirtschafteten Überschüsse sollte dem Herrscher genau Rechnung gelegt werden.
    Auch über die Ehen und Konkubinate KARLS DES GROSSEN wissen wir besser Bescheid als bei anderen Herrschern des Mittelalters. Weil Einhard in seiner Biographie die Kaiserviten Sueons nachahmen wollte, hat er auch das private Leben seines Helden ausführlich geschildert. Schon in jungen Jahren (um 763) hatte sich KARL mit einem adeligen Mädchen namens Himiltrud verbunden; aus dieser Beziehung ging ein Sohn hervor, der den Namen Pippin erhielt und der damit als vollberechtigter Erbe bezeichnet war, obwohl die Verbindung mit Himiltrud kaum eine Vollehe gewesen ist. Auch KARLS Großvater Karl Martell war ja aus einer nicht voll gültigen Ehe hervorgegangen.
    Die Ehe mit der Tochter des Langobarden-Königs Desiderius war ein politisch begründetes Bündnis; sie war die einzige Ehe mit einer Ausländerin, die in karolingischer Zeit von einem Franken-König eingegangen wurde. Aus politischen Gründen trennte sich KARL von ihr und heiratete Hildegard, ein noch junges Mädchen, das mütterlicherseits vom alemannischen Herzogshaus abstammte. Diese Ehe war politisch die wichtigste für KARL, denn sie verschaffte ihm einen sicheren Stand im östlich des Rheins gelegenen Gebiet. Aus dieser Ehe gingen bis zum frühen Tod Hildegards (783) 9 Kinder hervor, 4 Söhne und 5 Töchter. Die ersten beiden Söhne erhielten typische KAROLINGER-Namen, nämlich Karl und Karlmann; die beiden 778 geborenen Zwillingsbrüder wurden LUDWIG und Lothar genannt. Bei KARLS zweitem Romaufenthalt (781) übernahm Papst Hadrian I. die Patenschaft über die beiden älteren Söhne. Damit war ein Namenswechsel des zweiten Sohnes verbunden, der jetzt nicht mehr Karlmann, sondern Pippinheißen sollte. Der ältere Pippin aus KARLS Friedelehe hatte damit sein Recht auf Nachfolge im Frankenreich verloren; er hat 791/92 versucht, Verbindung zur Adelsopposition gegen seinen Vater aufzunehmen, um eine Teilhabe am Erbe zu erhalten; nach dem Scheitern dieses Aufstands endigte Pippin "der Bucklige" im Kloster Prüm. Mit der Benennung der Zwillinge nahm KARL die Namen der bedeutendsten Könige aus dem Haus der MEROWINGER auf, denn Chlodwig als Reichsgründer und Chlothar II. als bedeutender Herrscher am Beginn des 7. Jahrhunderts lebten sicher noch im Gedächtnis der Franken fort. Aus diesen MEROWINGER-Namen hat man geschlossen, die KAROLINGER seien entweder Blutsverwandte der MEROWINGER gewesen oder sie hätten versucht, sich an die alte Dynastie "anzusippen". Beide Erklärungen gehen wohl fehl, denn KARL hatte es nicht nötig, sich auf Königsheil der alten Dynastie zu stützen; es war jedoch geschichtsbewußt genug, seine eigene Familie an die großen Leistungen der MEROWINGER zu erinnern.
    Bald nach den Tode Hildegards heiratete KARL Fastrada, die Tochter eines ostfränkischen Grafen; aus dieser Ehe gingen zwei Töchter hervor. Einhard berichtet mit einiger Kritik davon, dass Fastrada einen bedeutenden politischen Einfluß ausübte. Nach ihrem Tode (794) ging KARL zunächst keine neue Vollehe ein, sondern lebte mit der Alemannin Liutgard zusammen. Erst während der Anwesenheit von Papst Leo III. im Frankenreich (799) wird sie als Königin bezeichnet, das heißt KARL dürfte in dieser Zeit seine Verbindung "legalisiert" haben. Als Liutgard wenig später (800) starb, lebte KARL nur noch mit Konkubinen zusammen. KARL hielt es wohl für politisch unklug, sich nach der Erlangung der Kaiserwürde mit einer bestimmten Adelsfamilie zu verbinden und diese damit vor allen übrigen Familien um Frankenreich auszuzeichnen. Außerdem waren ja aus der Ehe mit Hildegard drei vollbürtige Söhne vorhanden, die zur Aufrechterhaltung des Erbgangs zu genügen schienen.
    Dass solche Gedankengänge bei KARL eine Rolle spielten, können wir aus seinem Verhalten bei der Verehelichung seiner eigenen Kinder entnehmen. Der älteste, der wohl schon früh als Thronerbe in Aussicht genommen war, blieb unverheiratet, während seine beiden jüngeren Brüder Karlmann-Pippin und LUDWIG (Lothar war schon als kleines Kind verstorben) recht früh mit adeligen Mädchen verheiratet wurden, die aus den ihnen zugewiesenen Unterkönigreichen stammten. Schon KARL hatte ja die Heiraten mit Hildegard und Fastrada dazu benutzt, sich mit dem Adel in wichtigen Regionen zu verbinden. Eine Ehe des ältesten Sohnes und Thronerben sollte wohl deshalb möglichst lange hinausgezögert werden, um die Anzahl seiner Nachkommen und damit der möglichen Erben zu beschränken.
    Das Nachfolgekonzept KARLS DES GROSSEN kennen wir aus dem Reichsteilungsgesetz (Divisio imperii) von 806. Demnach sollte der jüngste noch lebende Sohn, LUDWIG, Aquitanien, den größten Teil Burgund und die Provence erhalten; der zweite, Pippin, sollte zu Italien auch Bayern und das südlich Alemannien (bis zur Donau) bekommen; der älteste endlich, Karl der Jüngere, sollte mit Neustrien und Austrien das ganze altfränkische Kernland und zudem noch Sachsen, Thüringen, Friesland sowie Teile Bayerns, Alemanniens und Burgunds bekommen. Es waren auch bereits Grenzen festgelegt, wenn nach dem Tod eines der drei Söhne die beiden anderen den verstorbenen Bruder beerben sollten. In einem bezeichnenden Kapitel hatte KARL seinen Söhnen für den Eintritt des Erbfalls auferlegt, dass keiner von ihnen einen Angehörigen der kommenden Generation, Sohn oder Neffen, ohne gerechtes Gericht töten, verstümmeln, blenden oder zwangsweise ins Kloster einweisen lassen dürfe: Die Kenntnisse KARLS von der Geschichte der MEROWINGER und seine eigenen Erfahrungen über die Erbgänge beim Tode seines Großvaters und Vaters schlugen hier durch.
    Auch für seine Töchter hatte KARL ein ganz bestimmtes Konzept, was ihre persönliche Lebensgestaltung anging. Die älteste, Rotrud, war fünf Jahre lang (781-786) mit dem byzantinischen Kaiser Konstantin VI. verlobt; nicht also ein hochadeliger Bräutigam aus dem Frankenreich, sondern nur der am höchsten stehende christliche Herrscher kam nach KARLS Auffassung als Ehepartner in Frage. Nach dem Scheitern dieser Verlobung behielt KARL seine Töchter an seinem Hof und in seiner Munt. Sie lebten hier in eheähnlichen Verhältnissen mit wichtigen Ratgebern des Kaisers und hatten auch Kinder.
    Diese unregelmäßigen "Zustände" am Kaiserhof und auch das lebhafte Sexualleben des Kaisers haben sofort nach seinem Tod heftige Kritik hervorgerufen. Nicht nur, dass sein Sohn und Nachfolger LUDWIG DER FROMME die Schwestern mit ihren Kindern aus Aachen vertrieb, sondern die Jenseitsvision des Reichenauer Mönchs Wetti (aus dem Jahre 824) weiß zu berichten, dass der Kaiser trotz seiner großen Verdienste um die Verteidigung Glaubens und die Leitung der Kirche wegen seines Lebenswandels unter den Verdammten schmachte.
    Die merowingischen Könige hatten keine richtige Hauptstadt besessen; obwohl Paris eine gewisse Sonderrolle unter ihren Aufenthaltsorten innehatte, hielten sich die Könige an verschiedenen Pfalzen im Tal der Oise auf, von denen vor allem Compiegne und Quierzy zu nennen sind. Herstal (bei Lüttich) und Attigny (bei Reims) besaßen als Residenzen der austrasischen Herrscher große Bedeutung. Noch Pippin hatte sich meist an diesen merowingischen Pfalzorten aufgehalten. Unter KARL wird dann rasch deutlich, dass sich der Schwerpunkt seines Reiches nach Osten verlagert hatte. Frankfurt, Ingelheim, Diedenhofen und Worms treten zu den alten Aufenthaltsorten hinzu; hier hielt sich der König auf, wenn er nicht auf einem Kriegszug war oder wenn er nicht in einem neu eroberten Gebiet überwintern mußte.
    Während KARL nur je zwei Winter in Attigny und Diedenhofen verbrachte, je drei in Quierzy und Worms und vier in Herstal, wurde Aachen seit dem Ende des 8. Jahrhunderts der alleinige Winterpalast KARLS DES GROSSEN; hier hat er 18 Winter verbracht. Die Vorbilder für die Wahl einer dauernden Residenz waren wohl das Langobardenreich, das in Pavia eine richtige Hauptstadt besessen hatte, und das Kaiserreich in Konstantinopel. Außerdem spielte auch Ravenna als Residenz des großen Barbarenkönigs Theoderich eine Rolle. Von dort ließ KARL 801 eine Statue dieses Goten-Königs nach Aachen transportieren, und dessen Kirche San Vitale war mit ihrem Oktogon ein wesentliches Vorbild für die Architektur der Pfalzkapelle in Aachen. Für diesen Ort sprach vor allem, dass KARL hier in den nahegelegenen großen Waldungen seiner geliebten Jagd nachgehen und in den warmen Quellen schwimmen konnte.
    Das Ansehen des Kaisers war bereits bei seinen Zeitgenossen groß; Dichter und Hofhistoriographen nannten ihn "Leuchtturm Europas", "Vater Europas". Und auch der Beiname Magnus, "der Große", wird ihm seit den achtziger Jahren des 8. Jahrhunderts immer wieder gegeben. Die Päpste Hadrian I. und Leo III. hatten KARL als "großen König" angesprochen. Diese Bezeichnung findet sich auch in privaten Urkunden und nach 800 auch in offiziellen Aktenstücken. In seinem Epitaph wird er "großer und rechtgläubiger Kaiser" (magnus et orthodoxus imperator) genannt, und sein Sohn und Nachfolger LUDWIG hat für seinen Vater den Beinamen "der Große" gebraucht. Sein Enkel, der Historiker Nithard, sagte schließlich: "KARL wurde verdientermaßen von allen Völkern großer Kaiser genannt." Damit sind wir bei der Nachwirkung KARLS DES GROSSEN, von der zahlreiche Legenden zeugen. Das große Interesse der Nachlebenden an diesem Herrscher zeigt sich darin, dass die erste Biographie, Einhards Vita Karoli Magni, noch heute in über 80 mittelalterlichen Handschriften erhalten ist. Gegen Ende des 9. Jahrhunderts widmete der St. Gallener Mönch Notker KARL III. eine Vita KARLS DES GROSSEN, in der bereits viele Ereignisse sagenhaft ausgeschmückt und märchenhaft beleuchtet sind. Dieses Werk bezeugt, dass sich die Phantasie des Volkes mit dem Leben und den Taten des großen Kaisers beschäftigte. Notker hat KARLS Leistung aber auch in ihrer weltgeschichtlichen Bedeutung gewürdigt, indem er das Reich der Franken als Fortsetzung des untergegangenen Römerreichs ansah. KARLS Wirkung auf seine Nachfolger zeigt am schönsten die Wallfahrt Kaiser OTTOS III. nach Aachen, der sich in die Gruft seines Vorgängers begab, dem auf dem Thron sitzenden Toten die Fingernägel schnitt und ihm die abgebrochene Nasenspitze durch Gold ergänzen ließ; einen Zahn nahm er als Reliquie mit. Mit dem hohen Ansehen KARLS DES GROSSEN hängt es auch zusammen, dass die Quote der auf seinen Namen gefälschten Privilegien höher ist als bei allen übrigen Kaisern: von den 262 erhaltenen Urkunden KARLS sind 98, das heißt zwei Fünftel, gefälscht. Jedes Kloster, das etwas auf sich hielt, wollte mit einem Privileg des so hochverehrten Kaisers prunken.

    Jäckel Gerhard: Seite 11-14, "Die deutschen Kaiser"

    Auszug:
    Aus seiner Ehe mit Hildegard hatte KARL vier Söhne und fünf Töchter. Nach dem Tod Hildegards 783 heiratete er Fastrada, Tochter des Grafen Radulf, die zwei Töchter zur Welt brachte und 794 starb. Die letzte Ehe mit der Schwäbin Liutgard blieb kinderlos. Daneben liebte er während und nach seinen rechtmäßigen Ehen noch mindestens 4 Nebenfrauen, von denen er 18 Kinder hatte. Wegen diesen Lebenswandels sah der Mönch Wettin den allerfrömmsten KARL später im Fegefeuer. Trotz ihrer von der Hofdichtung gepriesenen Schönheit blieben alle ehelichen Töchter unverheiratet, weil KARL sich nicht von ihnen trennen mochte. Doch er duldete, dass die Natur ihr Recht forderte. So hatte Hrotrud vom Grafen Rorico von Maine einen Sohn, der spätere Abt von St. Denis wurde. Bertha lebte in freier Ehe mit dem Hofdichter Angilbert, aus der der Dichter und Historiker Notker der Stammler hervorging. Es heißt, dass von allen jungen Frauen am Aachener Hof nur KARLS Nichte Gundrada Jungfrau geblieben ist.
    Schon 806, sieben Jahre vor seinem Tod, legte KARL DER GROSSE die Erbfolge fest. Nach fränkischem Recht hätte er das Reich gleichmäßig unter seinen drei rechtmäßigen Söhnen teilen müssen. Er entschied sich für einen Mittelweg. Karl, der älteste, sollte den größten Teil und höchstwahrscheinlich auch die Kaiserwürde erben, Pippin Italien und LUDWIG Aquitanien, zu deren Königen sie schon 781 gekrönt worden waren. Aber Pippin starb 810, Karl ein Jahr darauf. Beide hatten sich im Unterschied zu dem nun allein überlebenden LUDWIG als Heerführer bewährt. Im September 813 krönte KARL den frommen LUDWIG zum Mitkaiser.
    Seit dieser Zeit war KARL DER GROSSE leidend, im Winter begann er ernstlich zu kränkeln. Auch das Fasten brachte dem Fiebernden keine Erleichterung. In der Nacht zum 27. Januar 814 empfing er von seinem Erzkaplan Hildibald das Abendmahl und starb morgens um 9 Uhr. Noch am gleichen Tag wurde er in der Aachener Marienkirche beigesetzt. Dass er sitzend auf seinem Thron bestattet worden wäre, ist eine Sage.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Seit Ende 811 ließ sich absehen, dass alle Macht dem einzig verbliebenen Sohn aus legitimer Ehe, König Ludwig von Aquitanien, zufallen würde, doch ist bei KARL und seiner Aachener Umgebung ein deutliches Zögern zu bemerken, daraus praktische Konsequenzen zu ziehen. Der Universalerbe wurde keineswegs sogleich an den zentralen Hof berufen; vielmehr traf man ohne seine Beteiligung 812 zunächst eine ursprünglich wohl nicht vorgesehene Entscheidung über Italien, wo der junge, bis dahin in Fulda wohl zum Kleriker erzogene Bernhard trotz seiner anfechtbaren Abkunft gut zwei Jahre nach dem Tod des Vaters Pippin als König mit Adalhards Halbbruder Wala, selber einem illegitimen KAROLINGER, als maßgeblicher Berater eingesetzt wurde. Was der künftige Kaiser LUDWIG als einschränkende Hypothek für seine Allgewalt hinzunehmen hatte, scheint Adalhard, Wala und anderen führenden Männern um KARL zur langfristigen Sicherung eines eigenen politischen Aktionsfeldes, wenn nicht gar als dynastische Alternative, erstrebenswert gewesen zu sein. Ihre kühle Reserve gegenüber dem aquitanischen König und seinem Anhang zeigte sich auch noch 813, als es mehrfacher Beratungen in Aachen bedurfte, bis der 35-jährige dorthin eingeladen und von einer Reichsversammlung im September auf Befragen KARLS als Kaiser anerkannt wurde. Formell ging die Rangerhöhung am folgenden Sonntag (11.9.) in der Pfalzkaplle vonstatten: Nach einem gemeinsamen Gebet hielt der Vater dem Sohn eine lange Mahnrede, die ihm bezeichnenderweise die Sorge für "seine Schwestern und jüngeren (Halb-)-Brüder, seine Neffen und alle übrigen Verwandten" ans Herz legte, und befahl ihm dann - vielleicht weil er selber dazu physisch nicht mehr imstande war -, eine goldene Krone vom Altar zu nehmen und sich aufs Haupt zu setzen. Die erstmalige Weitergabe des neuen Kaisertums war nicht zu trennen von der Einsetzung zum künftigen Familienoberhaupt und vollzog sich anders als 800 nach byzantinischem Muster ohne Einschaltung des Papstes oder anderer höherer Geistlicher. Sie vermittelte jedoch immer noch keinen sofortigen Anteil an der Regierung des Imperiums, denn LUDWIG wurde abermals in sein aquitanisches Unterkönigreich entlassen, wo er den folgenden Winter verbrachte.
    So konnte er nur aus der Ferne verfolgen, wie die Kräfte des kaiserlichen Vaters in diesen Monaten mehr und mehr verfielen. Nach wiederholten Fieberanfällen trat der Tod am Morgen des 28.1.814 ein; noch am selben Tage, berichtet Einhard, wurde KARL in der Aachener Pfalzkapelle beigesetzt, genau genommen wohl unter einem Thron im Atrium davor. Dass er nicht mehr zur traditionsreichen Grabstätte seines Vaters und seines Großvaters nach Saint-Denis überführt wurde, aber auch kein karolingischer Herrscher wieder in Aachen bestattet worden ist, bringt noch einmal symbolhaft seinen singulären Rang in der Geschichte des Hauses zum Bewußtsein. Zahlreiche Quellenzeugnisse über Trauer und Erschütterung bei KARLS Tod geben zu erkennen, dass schon die Mitwelt das Empfinden hatte, einen historischen Wendepunkt, das Ende einer stolzen Ära zu erleben.



    Familie

    768 1. oo Himiltrud (Konkubinat)

    769 2. oo Disiderta, Tochter des Langobarden-Königs Desiderius

    770 3. oo Hildegard, Tochter des Grafen Gerold (Franke) und der Imma (Alemannin), 758-30.4.783

    783 4. oo Fastrada, Tochter des Grafen Radulf - 10.8.794

    794 5. oo Liutgard (Schwäbin) - 4.6.800

    Kinder:

    1. Ehe

    - Pippin der Bucklige 770- 811

    3. Ehe

    - Karl der Jüngere 772/73-4.12.811
    - Adelheid September 773/Juni 774- Juli/August 774
    - Rotrud 775-6.6.810
    - Pippin (eigentlich Karlmann) 777-8.7.810
    - LUDWIG I. DER FROMME 16.4.778-20.6.840
    - Lothar 16.4.778 - 779/80
    - Bertha 779- nach 14.1.823
    - Gisela vor Mai 781- nach 814
    - Hildegard 8.6.782-8.6.783

    4. Ehe

    - Theodrada Äbtissin von Argenteuil 785-9.1.844/53
    - Hiltrud 787- nach 814

    Illegitm

    - Hruodhaid 784- nach 814
    - Ruothild Äbtissin von Faremoutiers von Madelgard - 24.3.852
    - Adalthrud von Sächsin Gersvind (+ nach 800) - nach 800
    - Drogo Bischof von Metz (823-855) von Regina, 17.6.801-8.12.855
    - Hugo Abt von St. Quentin (822/3-844) von Regina, 802/06-14.6.844
    - Theoderich (Dietrich) von Adalindis (+ nach 800), 807- nach 818



    Literatur:

    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite10,16,18,27,72,75,95 ,99,125,183,193,205,231,233,240 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 2,7,11,15,17, 27,117,149,155,187 - Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 40,56,60,62,75,79-82,84,86-88,90-92,94,99,104,109,114-118,120,122,125,165,187,190-195,198,200,203, 206-208,210,213,215-220,223,225,229,234,245,252,254-256,274,278,280-282,293,314, 316-318,322,324,331 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 7,12-15,17,20,22,26,43,45,53,56,58,66-70,80,88,90,102,112,116,120,127, 143,150-152 - Biographien zur Weltgeschichte. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1989, Seite 280 - Black-Veldtrup Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 1995, Seite 10,103,283,292,326 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 36,40,44,46,64,74,76,86,89,97,103,106,114,116,123-126,151,159,184,196,200,202,205,207,213,216-218,230, 234,238,241,246,248,250,260,269,271,285,288,297- Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 27,68,70,73,89,101,110,118,139,146,
    155,172,176,177,191-193,201,205,219-222,224,250,253 - Boshof Egon: Die Salier. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 8,40,45,89,94,167,225,246,250,274 - Classen Peter: Karl der Große, das Papsttum und Byzanz, Band I Seite 537-608 in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf - Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 97,357,437,444,460,483,492,496,499 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 274-470 - Die Salier und das Reich, hg. 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(1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 12,32,37,48,56,62,77-79, 207,209,232,236,240 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 35,52,72,247,258,308,320,336,352,363,367,381,383,388,391-412,414-424,426,432,438,442,444,451, 455,464,468,475,479,498,520,523,529 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 14-328 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 19,51,57,75,105 - Wies Ernst W. Kaiser Heinrich IV. Canossa und der Kampf um dei Weltherrschaft. Bechtle Verlag Esslingen 1996, Seite 9,21,29,36,59,66,113,195,248,256,290 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989, Seite 15,59,72,78,88,95,102,129,134,196,202, 214,216,223,231,248,252,272,276,280,284,290,294 -



    Neue Deutsche Biographie - Karl I. der Große

    fränkischer König und Kaiser, * 2.4.747 (kaum 742), † 28.1.814 Aachen, ⚰ Aachen.

    Leben
    Mit der in jüngster Forschung gewonnenen Einsicht, daß von den überlieferten und errechneten Geburtsjahren K.s nicht 742, sondern 747 höhere Glaubwürdigkeit verdient, erledigt sich die Frage einer vorehelichen Geburt, die zu unterstellen war, da die Eheschließung der Eltern zu 744 bezeugt ist. Daß K. als ältester Sohn des Königs neuer Dynastie, der die bonifatian. Reform rezipiert hatte, eine geistliche Erziehung genoß, ist als sicher anzunehmen und wird durch seine späteren Bildungsinteressen mittelbar bestätigt, aber ausdrückliche Nachrichten darüber liegen nicht vor. – K. wurde von seinem Vater um die Jahreswende 753/54 von Diedenhofen aus dem Papst Stephan II. entgegengesandt, um ihn nach Ponthion zu geleiten. Mit seinem Bruder Karlmann wurde er an Ostern 754 an dem Schenkungsversprechen Pippins für die römische Kirche beteiligt und empfing zusammen mit dem Vater und dem Bruder am 28.7.754 in Saint Denis vom Papst die Königssalbung und den Titel patricius Romanorum; in den Briefen Stephans II. und Pauls I. an Pippin (Codex Carolinus) wird er seit 755 oft erwähnt. Er erscheint am 10.6.760 und am 13.8.762 in Urkunden des Vaters, begleitete diesen 761 und 762 auf Feldzügen nach Aquitanien und Wasconien und wurde 763, wie sein Bruder, mit der Verwaltung einiger (nicht näher bezeichneter) Grafschaften betraut. Pippin verfügte vor seinem Tode (24.9.768) eine Reichsteilung, die von der traditionellen Aufgliederung – Austrien und Neustrien – völlig abwich: diese beiden Kernländer blieben beieinander und fielen zusammen mit dem Westen Aquitaniens an K., der die südliche Ländergruppe Karlmanns vom Westen und Norden her umfaßte, aber von Italien abgeschnitten war. Am 9.10.768 fand die Thronerhebung (vielleicht auch eine Krönung) K.s in Noyon, jene Karlmanns in Soissons statt. Der Übergang des Königtums an die 2. karolingische Generation vollzog sich somit kampflos.

    Pippin hatte in den letzten Jahren seine politisch-militär. Energie auf das südwestl. Gallien konzentriert. Anderes war darüber in der Schwebe geblieben, so die offensive Abwehr der Sachsen, das unbereinigte Verhältnis zu Bayern, wo Herzog Tassilo III. sich 763 durch harisliz (Verweigerung der Heerfolge) der Reichs- und Lehnshoheit entzogen hatte, und vor allem die mindestens latente Spannung zu dem Langobardenkg. Desiderius, der sich mit dem unter Pippins Schutz gegründeten Kirchenstaat nicht wirklich abgefunden hatte. Angesichts dieser ungelösten Aufgaben bedeutete die Teilung eine schwere Belastung des Frankenreiches, zumal die Beziehungen zwischen den Brüdern von vornherein sehr unfreundlich waren, wenn sie auch zunächst gemeinsam 12 fränkische Bischöfe aus beiden Reichsteilen zu der Lateransynode entsandten, die Stephan III. (768–72) im April 769 hielt. Im gleichen Frühjahr 769 aber trat K. einen Feldzug nach Aquitanien an, wo sich – in Fortführung der Kämpfe aus Pippins letzten Jahren – unter der Führung Herzog Hunoalds der einzige Widerstand gegen die neuen Könige regte. Karlmann traf sich an einem nicht mit voller Sicherheit bestimmbaren Ort (Duasdives, wohl Moncontour im Poitou) mit seinem Bruder, verweigerte jedoch die Teilnahme an der Heerfahrt, vielleicht weil K. gewillt war, ganz Aquitanien an sich zu ziehen. Der Feldzug wurde ein voller Erfolg: der Baskenfürst Lupus lieferte den zu ihm geflüchteten Hunoald aus, die Auflehnung Aquitaniens gegen die fränkisch-karolingische Herrschaft war zu Ende. Eine erneute gemeinsame geistl. Gesandtschaft nach Rom (769/70) läßt auf ein wiederhergestelltes Einvernehmen K.s und Karlmanns schließen, aber es war nicht von Dauer.

    In dem Bestreben, die auf dem Reich lastenden Spannungen zu beseitigen, betrieb die Königinmutter Bertrada eine umfassende Friedensaktion, aus der sich, in Abwendung von der politischen Linie Pippins, eine völlige Umkehr der Fronten ergab. Nach einer Begegnung mit Karlmann im elsässischen Selz (Mai 770) reiste sie nach Bayern, Oberitalien und Rom. Sie erwirkte einen Ausgleich mit Tassilo (der des Desiderius Schwiegersohn war), aber auch mit den Langobarden, indem sie die Vermählung K.s mit einer (dem Namen nach unbekannten) Tochter des Kgs. Desiderius vermittelte. Der über diese Wendung entsetzte Papst Stephan III. sollte durch|langobardische Restitutionszusagen für den Kirchenstaat beruhigt werden. Karlmann versuchte, diesen poltischen Kurs zu durchkreuzen, sah sich aber um die Jahreswende 770/71 isoliert und eingekreist. K. wollte offenbar gegen den Bruder die Alleinherrschaft erkämpfen und dürfte sich vornehmlich in dieser Absicht auf die gewagte Kombination eingelassen haben, die den fränkischen Interessen zuwiderlief und zu raschem Scheitern verurteilt war, da Rom sehr bald dem fränkischen Einfluß entglitt, so daß sich auch der Papst dem Langobardenkönig fügen mußte. Als Desiderius 771 vor Rom zog, ließ Stephan III. zu, daß die Anführer der fränkischen Partei beseitigt wurden. Darüber zerbrach das fränkisch-langobardisches Bündnis. Nach einjähriger Ehe, also wohl noch 771, verstieß K. seine langobardische Gemahlin (daß keine persönliche Schuld der Königin vorlag, bezeugen die im übrigen sehr knappen Quellen ausdrücklich) und vermählte sich mit Hildegard. Der bevorstehende Entscheidungskampf innerhalb des Karolingerhauses aber kam nicht zum Ausbruch, da Karlmann am 4.12.771 starb. Während seine Witwe Gerberga mit ihren beiden Söhnen zum einstigen Widersacher Desiderius floh, nahm K. noch im Dezember 771 auf einem Huldigungstage in Corbeny bei Laon vom Reich des Bruders Besitz. Die Teilung des Reiches, aber auch die politische Frontenverkehrung dieser Anfangsjahre war eine Episode ohne Folgen geblieben.

    Erst von der Jahreswende 771/72 an ist demnach K.s wirkliche Regierung als Erbe Pippins zu zählen, der die Königsgewalt der neuen Dynastie politisch begründet und durch die kirchliche Weihe, insbesondere durch den Bund mit der römischen Kirche, auch religiös sanktioniert hatte. K. gab diesem Selbstverständnis neuen und zusätzlichen Ausdruck durch die Einführung der Formel gratia Dei in den abendländ. Herrscherstil, aber auch durch die Übernahme der merowing. Namen Chlodwig (Ludwig) u. Chlothar (Lothar) in die karolingische Familie. In der gesicherten Macht gründete eine sehr bewußte und gesteigerte Herrscherverantwortung für eine Friedenssicherung im fränkisch geführten Vielvölkerstaat durch den Ausbau geordneter Verwaltung und Rechtspflege, für eine Regeneration der Kirche als kanonisch geordneter romverbundener Landeskirche und als Trägerin eines am christlich-lateinischen Kulturerbe orientierten Bildungswesens, mit dem sich ein selbstverständliches germ. Eigenbewußtsein sehr wohl vertrug. Für diesen im weitesten Wortsinne „innenpolitischen“ Bereich kann durchaus von einer Programmatik, von früh erkennbaren Konzeptionen K.s gesprochen werden. Differenzierter stellte sich die Aufgabe der Friedenssicherung nach außen. Für einen abwägenden Vergleich K.s mit seinen Vorgängern und Nachfolgern muß sehr ins Gewicht fallen, daß es in seiner Zeit keinen äußeren Feind gab, der das weite, dabei seefremde Reich gefährlich hätte treffen können: die arabischen Angriffe hatten ausgesetzt, die Wikingereinfälle hatten noch nicht begonnen. Das Gesetz des Handelns, die Entscheidung über politisch-militärische Aktionen ist K. nie entglitten, er sah sich nie in eine reine Defensive gedrängt. Dem steht nicht entgegen, daß seine Unternehmungen wiederholt durch Anstöße von außen provoziert wurden, daß wir also seine „außenpolitische“ Aktivität nicht als durchweg vorauskonzipiert verstehen dürfen. Das gilt ganz besonders von seiner augenfälligsten Leistung, der gewaltigen territorialen Expansion des Reiches.

    K.s gesamte Regierung erscheint durch einen sehr ausgeprägten monarchisch-persönlichen Stil gekennzeichnet. Das ist ohnehin bedingt durch die weit weniger institutionelle als personale politische Struktur des gesamten Zeitalters, liegt aber ohne jeden Zweifel auch in K.s außergewöhnlicher Persönlichkeit begründet, deren Rolle durch die einseitige Blickrichtung der Quellen – sowohl Chronisten wie Urkunden und Gesetze – noch akzentuiert wird, so daß der Anteil seiner Berater, Helfer und Beauftragten meist in unverdientem Halbdunkel bleibt. Für den der Nachwelt erreichbaren Wissensstand fällt daher die Lebensgeschichte K.s fast mit der bewegten Reichsgeschichte dieser Jahrzehnte zusammen. Sie verteilt sich überdies, vor allem im äußeren Geschehen, räumlich und zeitlich auf so viele Schauplätze, kennt aber auch so viele Bereiche, die sich zeitlicher Präzisierung entziehen, daß eine rein chronologisch angelegte Darstellung in verwirrender Unübersichtlichkeit unablässig hin- und herspringen müßte. Obgleich K.s persönlicher Wille, wenn nicht gar seine Initiative, auch da als mindestens möglich, wenn nicht gar als wahrscheinlich zu unterstellen ist, wo unsere Zeugnisse nicht ausdrücklich davon sprechen, soll und muß hier versucht werden, den Bericht tunlichst auf die erkennbaren biographischen Züge zu beschränken, die Darstellung aber, beginnend mit der Expansion, nach Sachgebieten zu gliedern. Ein chronologischer Rückblick soll dann auf die quer und längs verlaufenden Zusammenhänge hinweisen, die bei einer solchen Verteilung des Stoffes nicht deutlich werden können.

    Italien. Im engsten Zusammenhang mit den Ereignissen der Jahre 769-71 steht die politische Umgestaltung Italiens, zu der K. jedoch keineswegs von vornherein entschlossen war. Er wandte sich 772 den Sachsen zu und hätte es in Italien, wo der neue Papst Hadrian I. (772–795) sich von den Langobarden zu lösen begann, vorerst beim Status quo belassen. Da Desiderius aber Teile des Kirchenstaates besetzte, vom Papst die Königssalbung der Söhne Karlmanns verlangte und Rom bedrohte, erging um die Jahreswende 772/73 ein Hilferuf Hadrians an K. Dieser empfing den päpstlichen Boten in Diedenhofen, scheint aber zunächst einem militärischen Eingreifen widerstrebt zu haben. Er nahm Verhandlungen mit Desiderius auf und bot ihm sogar eine Entschädigung für die päpstlichen Restitutionsforderungen an. Erst nach dem Fehlschlag dieser Bemühungen bot er im Sommer 773 den fränkischen Heerbann auf. K. und Desiderius standen sich am Mont-Cenis gegenüber, aber als eine andere fränkische Abteilung über den Sankt Bernhard vorstieß, wichen die Langobarden in die Poebene zurück. Im Herbst 773 begann eine langwierige Belagerung der Hauptstadt Pavia, wo Desiderius sich verschanzt hatte. In Verona fiel unterdes die Familie Karlmanns in K.s Gewalt, während Adelchis, der Sohn des Desiderius, nach Byzanz floh.

    Von dem Lager vor Pavia aus begab sich K. im Frühjahr 774 mit großem Gefolge nach Rom, wo er mit dem für den kaiserlichen Exarchen und Patricius üblichen Zeremoniell empfangen wurde, aber außerhalb der Stadt bei Sankt Peter Quartier bezog. Er nahm an den kirchlichen Osterfeiern teil und erneuerte dem Papst am 6.4. den Freundschaftsbund und das Schenkungsversprechen von Quierzy (754) das sich auf ganz Mittelitalien erstreckte, aber weder von Pippin noch von K. selber jemals erfüllt worden ist. Dieser Widerspruch erklärt sich wahrscheinlich aus einem jetzt offenbar kurzfristig entschiedenen grundsätzlichen Wandel der Italienpolitik. Als Pavia Anfang Juni 774 fiel, schloß K. keinen Frieden, sondern ließ Desiderius in ein fränkisches Kloster bringen und trat selber die Nachfolge als König der Langobarden an. Der erstmals am 5.6.774 begegnende Doppeltitel rex Francorum et Langobardorum und die Fortgeltung langobardischen Rechts geben eine Sonderstellung Italiens im fränkisch-karolingischen Reichsverband zu erkennen. Als dritten Titel nahm K. alsbald – erstmals belegt 16.7.774 – die bisher nie geführte Bezeichnung patricius Romanorum auf. Er verstand sich demnach als Schutzherr über Rom, aber auch als italischer Territorialherr, der an einer Ausweitung des Kirchenstaates auf Kosten „seines“ Langobardenreiches nicht mehr interessiert war. Er realisierte zwar die von Desiderius verweigerten Restitutionen, ging aber nicht darüber hinaus: alle dringenden, über Jahre hin oft wiederholten Bitten des Papstes um Erfüllung der Territorialzusagen von 754 und 774 blieben vergeblich.

    Im Langobardenreich vollzog sich der Herrscherwechsel anscheinend ohne ernstliche Erschütterungen; K. kehrte wenige Wochen nach dem Fall Pavias ins Frankenreich zurück. In erfolgreichem Widerstand verharrte zunächst nur der Süden Italiens, wo Herzog Arichis von Benevent, des Desiderius Schwiegersohn, 774 den Titel princeps gentis Langobardorum annahm. Ob der Aufstand, der Ende 775 unter der Führung Herzog Hrodgauds von Friaul ausbrach, wirklich – wie der Papst gemeldet hatte – mit einer weitverzweigten Verschwörung für eine langobardische Restauration mit Rückhalt an Byzanz zusammenhing, bleibt unsicher. Immerhin hielt K. es für geboten, Anfang 776 wieder persönlich über die Alpen zu eilen, die Insurrektion niederzuwerfen und ein halbes Jahr in Italien zu verweilen. Ohne systematische Ausschaltung der Langobarden leitete er seitdem eine Durchdringung Italiens mit fränkischer Besatzungen und Siedlern, mit Beamten, Befehlshabern und Bischöfen vor allem aus fränkischem Adel ein.

    Die unabgeklärten italischen Verhältnisse veranlaßten K. Ende 780 abermals zu einem mindestens halbjährigen Aufenthalt südlich der Alpen, bei dem er wichtige Entscheidungen traf, die offenbar als eine politische Flurbereinigung gedacht waren. Er verkündete Kapitularien und ließ an Ostern 781 seinen Sohn Karlmann vom Papste, der zugleich die Patenschaft übernahm und K.s Gevatter (compater) wurde, auf den Namen Pippin taufen. Die Söhne Pippin und Ludwig wurden sodann vom Papst zu Königen gesalbt und gekrönt – es ist die erste ausdrücklich bezeugte Krönung überhaupt. Den 4jährigen Pippin bestimmte K. zum Unterkönig in Italien, den 3jährigen Ludwig für Aquitanien. Diese Regelung kam dem Eigenbewußtsein Italiens entgegen, doch bedeutete sie keine politische Verselbständigung, sie verstärkte vielmehr durch die Einsetzung einer einheimischen Regierung noch die administrative und personelle Angleichung an das Frankenreich. Dem Papst bestätigte K. den Kirchenstaat und erweiterte ihn um die Sabina. Dazu kamen später noch andere Zugeständnisse kleineren Ausmaßes, aber im|übrigen mußte Hadrian seine territorialen Forderungen aufgeben.

    Durch das Ausgreifen nach Italien waren die Franken überdies wieder in Berührung mit Byzanz getreten. Die seit 780 regierende Kaiserin Irene suchte den Ausgleich mit dem Westen und vereinbarte, ebenfalls 781, die Verlobung ihres Sohnes Konstantin VI. mit K.s Tochter Rotrud, was zugleich die erste Anerkennung der fränkischen Herrschaft in Italien durch das „Römische Reich“ bedeutete. – Außerhalb dieser allseitigen Konsolidierung, die sich in Nord- und Mittelitalien langfristig bewährte, war das langobardische Herzogtum Benevent geblieben, der stets unruhige südliche Nachbar des Kirchenstaates, mit reichen, der römischen Kirche seit Jahrzehnten entfremdeten Patrimonien. K. konnte sich erst Ende 786 wieder persönlich Italien zuwenden. Wieder verkündete er ordnende Erlasse, suchte Rom auf, wollte seine Autorität jetzt aber auch im Süden geltend machen und rückte im März 787 nach Capua vor. Arichis wich einem Kampf aus: er erkannte die fränkische Hoheit an, leistete den Treueid, stellte Geiseln und verstand sich zur Abtretung von Capua und anderen Grenzplätzen an den Kirchenstaat. Mit dieser Intervention fällt zeitlich – vermutlich aber auch kausal – die Auflösung der byzantinischen Verlobung zusammen; überdies begann das bisherige Bündnis kirchenpolitischen Spannungen zu weichen. – K. zog wieder ab, verbrachte das Osterfest 787 in Rom und kehrte über Pavia zurück. Nach dem Tode Herzog Arichis (26.8.787) entließ er trotz der dringenden Warnungen des Papstes den Nachfolger Grimoald I. aus dem Geiselgewahrsam. Diese gewagte Entscheidung bewährte sich fürs erste, denn Grimoald wehrte 788 im Bunde mit den Franken ein byzantinisches Heer ab, mit dem der langobardische Prätendent Adelchis, sein Oheim, nach Italien gekommen war. Freilich blieb es nicht lange bei dieser Konstellation. Benevent entzog sich sehr bald wieder der fränkischen Hoheit und trat in erneute Beziehungen zu Byzanz. K. griff nach 787 nicht mehr selber im Süden ein, sondern überließ die – im ganzen wenig erfolgreiche – Kriegführung seinem Sohn Pippin als dem zuständigen Unterkönig und dem Herzog von Spoleto. Auch ein neuer Friede mit Grimoald II. 812 änderte nichts daran, daß Italien politisch aufgeteilt, daß der Süden außerhalb des fränkisch-karolingischen Großreiches blieb.

    Aquitanien u. Spanien. Das südwestl. Gallien, wo die erst von Pippin erkämpfte Reichshoheit noch 769 der Sicherung bedurft hatte, war seit drei Generationen gefahrvoller Berührung mit der spanisch-islamischen Welt ausgesetzt. Aber eben hier sah sich K. nach seinen Siegen in Italien und Sachsen dazu berufen, eine entscheidende Wendung herbeizuführen. Ausgelöst wurde diese Aktion durch einen verlockenden Anstoß, der aus dem feindlichen Lager selber kam und die Aufgabe sehr zu erleichtern schien. Erbitterte innerislam. Gegensätze führten dazu, daß muslim. Magnaten auf dem Paderborner Reichstag von 777 erschienen und den Frankenkönig um Hilfe gegen den Emir von Córdoba baten. Mit offensichtlich weitgespannten Plänen gegen Basken und Mauren überschritt K. 778 an der Spitze eines großen Aufgebotes die Pyrenäen, besetzte Pamplona und vereinigte sich vor Saragossa mit einem anderen Heer, das über Barcelona gezogen war. Aber das Unternehmen schlug sowohl politisch wie militärisch fehl. K. zog ab und ließ die Befestigungen von Pamplona schleifen; das Heer erlitt am 15.8.778 in den Pyrenäen schwerste Verluste durch jenen askanischen Überfall, an den Jahrhunderte später das Rolandslied anknüpfte. Im Pyrenäenraum griff K. seitdem nicht mehr persönlich ein. Das aquitanische Unterkönigtum, mit dem er den Sohn Ludwig 781 (vorerst nominell) betraute, diente der Sicherung und Reorganisation des Südwestens. Im Zusammenwirken mit den einheimischen Christen schob sich die fränkische Herrschaft trotz schwerer Rückschläge (maurische Vorstöße bis zu den Pyrenäen 781-83, bis Narbonne 793) allmählich über das Grenzgebirge vor (Einnahme von Barcelona 801), erreichte aber nicht die Ebrolinie. Ein von K. mit maur. Abgesandten 810/12 in Aachen geschlossener Friede beendete die Kämpfe.

    Sachsen. Stetiger persönlicher Einsatz K.s kennzeichnet sein Ringen mit dem letzten kontinentalgerm. Stammesverband, den bisher weder die fränkische Reichsgewalt noch die christliche Mission erfaßt hatte. Die Sachsen waren schon seit merowing. Zeiten unruhige Nachbarn des Reiches. Der Kampf mit ihnen war für K. eine von den Vorgängern überkommene Aufgabe, deren er sich unverzüglich und mit harter Energie annahm. Sobald die Krise der Anfangsjahre überwunden war, trat er 772 von Worms aus eine Heerfahrt an, eroberte die Eresburg (Obermarsberg) an der Diemel und zerstörte die Irminsul, ein als Bild der Weltsäule verehrtes Heiligtum. Ob dieses Unternehmen mehr als eine Strafexpedition sein und bereits eine Ausweitung des Reiches anbahnen sollte, muß offen bleiben. Ein ununterbrochener 33jähriger Krieg mit der Gesamtheit der Sachsen, wie es sich bei|dem Kaiserbiographen Einhard (c. 7) in summarischer Rückschau liest, wurde es jedenfalls nicht, aber es wurde ein langer und heftiger Kampf, auf dessen Verlauf, vor allem im häufigen Wechsel von Friedensschlüssen und neuen Aufständen der „treulosen Sachsen“, sich offenbar stark die archaische Sozialstruktur der Sachsen auswirkte, indem die Edelinge sich eher als die streng von ihnen abgesonderten unteren Stände (Frilinge und Lazzen) zum Anschluß an Frankenreich und Christentum bereitfanden. Angesichts der globalen Quellenberichte, die kurzerhand von „den Sachsen“ zu sprechen pflegen, kann es nicht zwingend erwiesen werden, aber die Zusammenhänge lassen sich kaum anders verstehen, als daß die Friedensschlüsse, Unterwerfungen und Treueide nicht von den gleichen (regionalen u. sozialen) Gruppen eingegangen und „gebrochen“ wurden.

    Der Zug von 772 hatte wenig gefruchtet; während des italischen Unternehmens fielen die Sachsen 773/74 in Hessen ein. Als Sieger aus Italien zurückgekehrt, griff K. jetzt weiter aus. Mit einem großen Aufgebot brach er 775 von Düren auf, nahm die Sigiburg (Hohensyburg) an der Ruhr, drang über die Weser bis zur Oker vor, zwang Engern, Ostfalen und Westfalen zum Treueid (vermutlich also zu einer vasallitischen Huldigung des Adels) und sicherte diese Länder durch befestigte Plätze. Ein neuer Aufstand veranlaßte ihn 776, nach der Niederwerfung Hrodgauds, in Eilmärschen bis ins Quellgebiet der Lippe vorzustoßen. Hier mußten sich die Sachsen zur Unterwerfung unter die fränkische Herrschaft und zur Annahme des Christentums verpflichten. Es bleibt jedoch immer noch zwelfelhaft, ob damit die Einverleibung des gesamten Stammesverbandes bis zur Elbe proklamiert werden sollte, denn es wurde nur eine – freilich tief gestaffelte – westfälische Grenzmark errichtet. In Paderborn hielt K. 777 die erste Reichsversammlung auf sächsischem, jetzt zum Reich zählenden Boden: Er nahm eine erneute, mit Massentaufen verbundene Unterwerfung der Sachsen entgegen und begann wohl bereits mit der Einteilung des Landes in Missionsbezirke. Er hielt Sachsen für so weit befriedet, daß er im folgenden Jahr den Zug nach Spanien wagte.

    Aber der Höhepunkt der Kämpfe stand erst bevor. Der westfälische Edeling Widukind, der sich dem Paderborner Huldigungstage von 777 durch die Flucht zum Dänenkönig entzogen hatte, wurde die Seele einer franken- und christenfeindlichen Partei, die zugleich als eine Auflehnung der unteren Stände gegen die Adelsherrschaft verstanden werden darf. Bei der Rückkehr aus Spanien sah sich K. 778 einem von Widukind entfesselten gewaltigen Sachsenaufstand gegenüber, der sich bis zur Rheinlinie ergoß. Wieder von Düren aus trat er 779 einen Heereszug an, unterwarf nach einem Kampf bei Bocholt (?) die Westfalen und bezog an der Weser ein Lager, wo er Abgesandte der Engem und Ostfalen empfing. Im Jahre darauf hielt er in Lippspringe eine Reichsversammlung und leitete die kirchliche Neuordnung wieder ein, überschritt jetzt aber die Oker, rückte, anscheinend ohne Kämpfe, bis zur Elbe, also bis zur Slawengrenze vor und „regelte alles“. Spätestens damit war der Entschluß zur Eingliederung des gesamten Sachsenlandes offenkundig geworden. K. vollzog sie formell 782 auf einem zweiten Reichstag in Lippspringe durch die Errichtung von Grafschaften, die er mindestens teilweise an sächsische Edelinge übertrug.

    Seine Erwartung, das Land sei befriedet, trog wiederum. Widukind, der auch in Lippspringe nicht erschienen war, rief zu neuem Aufstand auf; ein gegen die Sorben ausgesandtes fränkisches Heer wurde am Süntel vernichtet (782). Als K. jedoch auf diese Nachricht hin mit eilig zusammengerafften, also keinesfalls sehr starken Truppen im Herbst heranrückte, regte sich kein Widerstand, wich Widukind abermals zu den Dänen aus. In Verden nahm K. wiederum eine Unterwerfung entgegen. Die Anstifter und Anführer des Aufstandes wurden ihm ausgeliefert; er ließ sie als hochverräterische Untertanen nach Kriegsrecht hinrichten. In dem knappen Satz der Reichsannalen über dieses Ereignis findet sich zwischen tradiderunt … ad occidendum und quod ita et factum est der syntaktisch überaus unbeholfene und schwer verständliche Einschub D, der graphisch dem Zahlzeichen für 4 500 entspricht und bereits einige Jahrzehnte später auch so aufgefaßt worden ist. Nach allem aber, was wir über Bevölkerungszahlen, Heeresstärken und Waffentechnik des Zeitalters wissen oder abschätzen können, ist eine solche Zahl – von Anstiftern und Anführern! – als schlechthin absurd zu verwerfen. Es hätte auf sächsischer und fränkischer Seite geradezu gigantischer Armeen bedurft, um eine solche Masse kampffähiger Männer gefangenzunehmen, zu entwaffnen und ad occidendum zu übergeben. Es handelt sich, sofern nicht ein Mißverständnis vorliegt, um eine Phantasiezahl getöteter Feinde, wie sie selbst bei sonst zuverlässigen Chronisten, auch in den Reichsannalen, nicht selten begegnet. Der Kampf aber flammte zu äußerster Heftigkeit auf. Im|Jahre 783 mußte K. bei Detmold und an der Hase offene Feldschlachten austragen, bei denen „viele tausend“ Sachsen gefallen sein sollen. Auch 784 durchzog er unter Verheerungen weite sächsische Landschaften bis zur Elbe, und selbst den darauffolgenden Winter verbrachte er im Weserraum. Nachdem K. 785 wieder eine Reichsversammlung in Paderborn gehalten und auch den Bardengau westlich der unteren Elbe bezwungen hatte, gab Widukind den Kampf auf. Gegen Ende 785 (wohl Weihnachten) nahm er in der Pfalz Attigny die Taufe; K. selber war sein Pate. Der Sachsenkrieg war zu Ende. Zu dieser Zeit, wenn nicht schon 782, verkündete K. die überaus strenge Capitulatio de partibus Saxoniae, die, freilich im Stil altsächsisch-heidn. Rechts, selbst für geringe Verstöße gegen die neue politisch-kirchliche Ordnung Todesstrafen androhte. Es war und blieb ein hartes Regiment, das viel Mißstimmung schuf, nicht zum wenigsten durch die Einführung der Kirchenzehnten – aber es folgten sieben Friedensjahre.

    Im Jahre 789 unternahm K. seinen einzigen großen Slawenzug, der sich gegen die Wilzen richtete und ihn möglicherweise bis zur Peene führte. Es gab in der Folgezeit noch wiederholte Kämpfe mit westslaw. Stämmen, aber ohne K.s persönliche Beteiligung. Mit den Abodriten jenseits der unteren Elbe, den Nachbarn der Sachsen, unterhielt er dagegen stets gute Beziehungen. – Dieses Bündnis gewann unmittelbare militärische Bedeutung, nachdem 792, von den nördlichen Landschaften ausgehend, neue Unruhen der Sachsen ausebrochen waren, über deren Hintergründe nichts Konkretes bekannt ist. 794-99 zog K. wieder Jahr für Jahr zu Felde, mit Vorzug nach Wigmodien und dem Bardengau. Wir hören zu 798 von „4 000“ gefallenen Sachsen, im ganzen jedoch mehr von Verwüstungen als von größeren Kämpfen, vor allem aber veranlaßte K. nunmehr neben militärischen Aktionen die planmäßige Umsiedlung von Sachsen ins Reichsinnere und die Verpflanzung fränkischer Siedler ins nördliche Sachsenland bis zur Elbe. Die allmähliche Konsolidierung ermöglichte zugleich den Verzicht auf das harte Sonderrecht der Capitulatio; sie wurde 797 durch das weit mildere Capitulare Saxonicum ersetzt. Die 802 in endgültiger Fassung redigierte Lex Saxonum sanktionierte die überkommene Rechts- und Ständeordnung des Stammes. Im gleichen Jahre konnte K. ein sächsisches Heer nach Nordalbingien entsenden. Zu 803 wird, wenn auch erst in später Quelle, von einem in Salz an der Fränk. Saale vereinbarten formellen Sachsenfrieden berichtet. Ein nochmaliger Zug K.s bis zur Elbe, eine letzte große Umsiedlungsaktion, die zugleich Nordalbingien den Abodriten einräumte, zogen 804 einen Schlußstrich unter die Sachsenkriege.

    Durch diese Expansion war das Reich in territoriale Berührung mit den Dänen getreten, die 810 auch von der See her Friesland bedrängten. K. rüstete bereits zum Kampf, griff wieder nach Nordalbingien aus, bezog ein Lager in Verden, traf Vorkehrungen für Küstenschutz und Flottenbau, doch kam es zu seinen Lebzeiten noch nicht zu größeren Konflikten; das Zeitalter der Wikinger kündigte sich erst an.

    Bayern und Awaren. Lange ließ K. sich Zeit, die offene Südostflanke des Reiches zu schließen; er scheint bewußt gewartet zu haben, bis er gegen Tassilo die Hände frei hatte. Gefahr drohte ihm von Bayern ohnehin nicht, da ein Teil des Adels und vor allem der Episkopat mehr dem Frankenkönig als dem eigenen Herzog zuneigten und die langobardische Katastrophe von 773/74 diesen des entscheidenden Rückhaltes beraubte. Offenbar wegen der sächsischen, spanischen und italischen Angelegenheiten schob K. die entscheidende Aktion immer wieder hinaus. Von Rom aus ordneten König und Papst um Ostern 781 eine Gesandtschaft ab, die den Herzog an seine Treupflicht gegen die Karolinger gemahnte. Tassilo fand sich daher in Worms ein, um seinen Vasallitätseid zu erneuern und durch Geiseln zu sichern. Aber erst als der Sachsenkrieg 785 beendet war und 787 der offene Kampf gegen den mit Tassilo verschwägerten Herzog Arichis von Benevent einsetzte, holte K. zum Schlag gegen den Bayernherzog aus, ohne daß eine formale Begründung recht erkennbar würde. Tassilo trotzte zwar einer neuen Vorladung nach Worms, wagte aber keinen Kampf, als K. aufmarschierte und es sich zeigte, daß „alle Bayern dem König K. treuer waren als ihm“. Auf dem Augsburger Lechfeld unterwarf er sich am 3.10.787 dem König, leistete den Vasalleneid und nahm Bayern zu Lehen. Aber K. war zur Vernichtung des Agilolfingers entschlossen. Auf einem Hoftag in Ingelheim wurde Tassilo, der inzwischen Verbindung zu den Awaren aufgenommen haben sollte, 788 festgenommen, unter Berufung unter anderem auf den harisliz von 763 zum Tode verurteilt, aber vom König begnadigt und mit seiner Familie ins Kloster verwiesen. Vor der Synode von Frankfurt mußte er 794 nochmals Schuldbekenntnis und Verzicht aussprechen.

    Noch im gleichen Jahre 788 begab sich K. nach Regensburg. Mit der unmittelbaren Herrschaft über Bayern war auch der Kampf|mit dem in der Donauebene ansässigen, freilich längst im Niedergang begriffenen Volk der Awaren Königssache geworden. Von Regensburg aus unternahm Karl I. 791 einen Heereszug auf der Donaulinie bis zur Raab, sah sich aber in den nächsten Jahren durch den neuen Sachsenaufstand in Anspruch genommen. Mit der Vorbereitung des weiteren Awarenkampfes wird der begonnene, aber nicht zu Ende geführte Kanal vom Main zur Donau zusammengehangen haben. An den entscheidenden Kämpfen, die 795/96 zur politischen Vernichtung der Awaren führten, war K. nicht mehr beteiligt. Die Reichsgewalt konnte nunmehr weit über den altbayerischen Stammesraum hinaus in die Donau- und Alpenländer ausgreifen.

    Die Reichsherrschaft. Anders als die „Außenpolitik“ fügt sich die Regierung und Verwaltung des weiten Reiches, wie schon angedeutet, kaum einer an datierbarem Geschehen und radikalen Veränderungen orientierten, spezifisch biographischen Betrachtung. Daß K. auch und gerade in diesem Bereich energische eigene Impulse entwickelte, ist offenkundig, aber es handelte sich weniger um eine Neuschöpfung als um die Konsolidierung und Entfaltung einer von den Vorgängern überkommenen Gesamtstruktur, um ordnende Reformansätze, bei denen sich sein persönlich-individueller Anteil längst nicht immer ausmachen läßt.

    K.s sehr persönlich geprägte Herrschaft wurde fraglos oft als hart empfunden. Wir haben nur sehr vordergründige Kunde von 2 Auflehnungsversuchen, die jedoch sofort erstickt wurden: von der Erhebung einer von Graf Hardrad angeführten Thüringergruppe (785/86) und – 792 – einer Hofverschwörung um K.s ältesten, als illegitim geltenden Sohn Pippin den Buckligen, der zur Strafe in das Kloster Prüm verwiesen wurde. Diese Erfahrungen werden den Anstoß dazu gegeben haben, daß K. im Rückgriff auf alte fränkische Rechtsgewohnheiten 789 und 793 einen allgemeinen Treueid verlangte, um das Bewußtsein der persönlichen Bindung an den König lebendig zu erhalten. Als Kaiser ordnete er 802 eine neue Vereidigung an, deren Formel dem Treuschwur des Vasallen angeglichen war. Die für das Mittelalter charakteristische Feudalisierung der „öffentlichen“ Rechtsordnung zeichnet sich also auch unter K. ab, doch erfaßte sie in voller Wirkung vorerst nur das Militärwesen: die beweglichen Truppen, mit denen K. seine Feldzüge durchführte, sind im wesentlichen als berittene Vasallenheere zu denken. Im übrigen aber blieben Untertanenverband, Verwaltung, Justiz, Gesetzgebung durch eine im Königshof gipfelnde amtsrechtliche Ordnung bestimmt.

    Der Königshof – als palatium im Sinne eines mehr oder minder beständigen Personenkreises – nahm meist in einem palatium, einer „Pfalz“, Aufenthalt. Durch die Ausweitung des Reiches gewannen die Rhein-Maas-Gebiete den Rang einer von K. bevorzugten Zentrallandschaft. Seit 794 wurde Aachen, jedenfalls für die Wintermonate, nahezu feste Residenz des Königs und Kaisers. An der Zentrale des Reiches bestanden weiterhin die in altgerman. Zeit wurzelnden Haus- und Hofämter und neue geistliche Ämter, nachdem die einschneidenden Neuerungen bereits unter Pippin Platz gegriffen hatten, das heißt vor allem der Wegfall des Hausmeieramtes und die Einrichtung der „Hofkapelle“, deren cappellani die Mantelreliquie (cappella) des heiligen Martin hüteten, die aber auch als notarii oder cancellarii die merowingerzeitlichen referendarii in der Ausfertigung der Urkunden abgelöst hatten. Die Regierung K.s ist durch eine Ausgestaltung und Intensivierung dieser Ordnung gekennzeichnet, indem etwa die Inhaber der Hofämter (Seneschall, Kämmerer, Marschall, Oberschenk) oft mit politischen und militärischen Aufgaben betraut wurden oder der Pfalzgraf als Vertreter des Königs immer häufiger als selbständiger Vorsitzer des Königsgerichts begegnet. Es gab weiterhin in ziemlicher Regelmäßigkeit, meist – aber keineswegs immer – mit dem Aufgebot des Heeres verbunden, die Reichsversammlung, die mindestens formal für die großen Entscheidungen und Verpflichtungen zuständig blieb, daneben von Fall zu Fall den kleineren „Hoftag“ als erweiterten Rat des Königs. In welchem Ausmaße solche Gremien die politische Willensbildung zu beeinflussen und den König zu binden vermochten, war ein Politicum, das aufs stärkste von der persönlichen Autorität des Herrschers bestimmt wurde. Der von den Texten vermittelte Eindruck, daß K.s gebietende Persönlichkeit sich auf diesen Versammlungen mit Selbstverständlichkeit durchsetzte, wird im ganzen zutreffen, doch darf bei der Abwägung dieser Frage wiederum die einseitige Stilisierung unserer so gut wie ausnahmslos offiziösen Quellen nicht übersehen werden.

    Auch auf der regionalen und lokalen Stufe ergaben sich unter und durch K. keine substantiellen Änderungen. In der Grafschaft (comitatus) einem an Gau (pagus) oder civitas angelehnten Bezirk, vereinigte der Graf (comes) als ständiger Beauftragter und Sachwalter des Königs alle gerichtlichen, fiskalischen, militärischen und polizeilichen Funktionen. Die Grafschaftsverfassung (mit den Hundertschaften als Unterbezirken) war ein charakteristisches Struktur- und Herrschaftselement des fränkischen Staates und breitete sich – wie schon unter K.s Vorgängern – vom Kernraum aus nach und nach über das ganze Reich aus, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen, Ausgestaltungen und Bezeichnungen.

    Anders stand es bei K. um die Mittelgewalten. Der Beseitigung des agilolfing.-bayerischen, des letzten Stammesherzogtums kommt grundsätzliche Bedeutung zu. K. ließ gewiß am Rande des Reiches die Bretagne, Wasconien, Karantanien und Benevent als selbständige Gebilde bestehen, denen mehr oder minder auch der Kirchenstaat zugezählt werden kann, innerhalb des Reiches aber war er bodenständigen, zu eigener politischer Aktion fähigen Gewalten zwischen König und Graf im Prinzip sehr abgeneigt, ohne darum jedoch die historisch gewachsenen größeren Einheiten zu zerschlagen. Die Sonderstellung, die er 781 Italien und Aquitanien durch die Einsetzung Pippins und Ludwigs einräumte, bedeutete sowohl Zugeständnis wie Bindung, denn die Söhne – vorerst als Kinder ohnehin nicht selber regierungsfähig – residierten zwar im Lande, blieben aber K.s Unterkönige und Statthalter, auch als er ihnen später eigene administrative und militärische Funktionen überließ. Auf ungefähr vergleichbare Weise walteten in Bayern nach 788 die praefecti Gerold und Audulf († circa 819). Undeutlicher sind die Nachrichten, die auf eine ähnliche, aber wohl nur zeitweilige Stellung seines Sohnes Karl des Jüngeren im neustr. Maine (788/90) und später des Vetters Wala in Sachsen schließen lassen. Da sich in K.s Zeiten die Bestellung von Grenzmarkgrafen mit überregionalen Dauerbefugnissen nur an der Pyrenäenlinie und für den Südosten, gegen Awaren und Slawen, zeitweilig als geboten erwies, blieb somit auch die Einrichtung abgeleiteter Zwischengewalten im ganzen begrenzt. K. suchte im Gegenteil eine unmittelbare Aufsicht über das Gesamtreich zu sichern, indem er das an sich schon ältere Institut der Königsboten (missi dominici) zu einem ständigen Bindeglied zwischen dem Hof und den Regionalinstanzen ausbaute. Ihre erste Erwähnung in dieser Aufgabe findet sich schon zu 779. Nach einem 802 verkündeten Statut sollten sie, in der Regel zu zweien (ein Kleriker und ein Laie), einen bestimmten Bezirk, ihr missaticum, bereisen, um Verwaltung und Rechtspflege zu überwachen, selber Gericht zu halten, den Treueid entgegenzunehmen und überhaupt als Kommissare des Königs aufzutreten.

    Die Bestellung der Königsboten ist charakteristisch für K.s „Innenpolitik“, die gewiß auf Straffung und Herrschaftssicherung, aber zugleich auf Bekämpfung von Mißständen, auf konservative Reformen zum Wohle der Untertanen bedacht war. Eben dabei dokumentiert sich der monarchische Stil in einer regen Gesetzgebung. Die Herrscherverordnungen, nach der Einteilung in capitula als Kapitularien bezeichnet, durchziehen K.s ganze Regierung. Sie konnten Angelegenheiten jeder Art: politische, rechtliche, wirtschaftliche, namentlich auch religiös-kirchliche im großen und im kleinen betreffen. Insbesondere aus den Jahren 779, 789, 794, 802, 805 sind umfangreiche Kapitularien programmatischen Charakters erhalten, aus denen ein auf Ordnung und Gerechtigkeit gerichteter, sehr entschiedener Herrscherwille spricht, selbst mit einem im frühen Mittelalter sehr ungewöhnlichen Zug zur Wirtschafts- und Sozialpolitik. Eine Großtat Pippins und K.s war die Neuordnung des Geldwesens durch die Einführung eines einheitlichen, im gesamten Reich umlaufenden Silberdenars, mit Recht berühmt – nicht zum wenigsten auch als agrargeschichtliche Quelle von einmaligem Rang – ist das gegen Ende des 8. Jahrhunderts erlassene Capitufare de villis über die Verwaltung und Bewirtschaftung der Königsgüter. Die Wirkung der Gerichtsreform, die K. anscheinend schon früh anordnete, reicht bis auf den heutigen Tag: er führte, spätestens 780, die Schöffen (scabini) als ständige Beisitzer des Richters (vornehmlich also des Grafen) ein und beschränkte die allgemeine Gerichtspflicht der Freien auf jährlich drei, offenbar regelmäßige Termine (tria placita generalia). Wenn neben dem Vasallenheer der allgemeine volksrechtliche Heerbann, mindestens als Landwehrpflicht der Freien, weiterhin galt, so war K. auch dabei auf soziale Erleichterungen bedacht, indem er, jedenfalls in späterer Zeit (802, 805), durch ausdrückliche Anordnungen die militärische und wirtschaftliche Belastung nach dem Besitz abstufte.

    Von der Herrscherautorität K.s, von der starken Zentralgewalt mit ihrer vergleichsweise hoch entwickelten Schriftlichkeit – mehr als 150 Urkunden K.s, an Empfänger im ganzen Reiche gerichtet, sind uns im Wortlaut bekannt –, von den Kapitularien als königliche Reichssatzung (im übrigen auch von dem seiner Natur nach gleichmäßigen Kirchenrecht) ging eine gezielte integrierende Wirkung aus, die keinen partikularen politischen Willen mehr duldete. Einer völligen|Einebnung des fränkisch geführten Vielvölkerstaates stand aber das allenthalben für Germanen und Romanen fortgeltende Prinzip der Personalität des Rechtes entgegen, das von den karolingischen Hausmeiern und Königen, auch von K., bewußt respektiert wurde. In Ergänzung der in früheren Generationen aufgezeichneten Stammesrechte veranlaßte er 802/03 ein abschließendes Kodifikationswerk, indem er die schon erwähnte Lex Saxonum, ferner ein nordthüring. und ein teilfränk. Recht (Lex Angliorum et Werinorum hoc est Thuringorum; Ewa Chamaworum) schriftlich fixieren, eine Lex Frisionum vorbereiten und ältere Leges überarbeiten ließ. Von einer politischen Sprengkraft solcher personal bestimmten Rechtspluralität kann keine Rede sein, da sie sich nicht als territoriales Ordnungsprinzip auswirkte.

    Im übrigen aber muß das aus den Quellen aufscheinende idealtypische Bild vom Großreich K.s als einem gleichmäßig aufgegliederten Gesamtgefüge mit durchorganisierter Amtsverfassung sehr relativiert werden. Den administrativen Unterbau, den eine solche, fast schon moderner Staatlichkeit vergleichbare Ordnung erfordert hätte, konnte selbst K.s energische Herrschaft nicht zustande bringen. Daß ein lückenloses Netz funktionsfähiger, vom Königshof überwachter und bis in die Hundertschaften (verschiedenster Nomenklatur) hinein wirkender Grafschaften sich so, wie es fraglos dem Willen K.s entsprach, tatsächlich überall durchgesetzt hätte, bleibt mehr als zweifelhaft, nicht zum wenigsten für weite ostrhein. Länder. In welchem Ausmaß aber auch zum Beispiel der wiederholt geforderte allgemeine Treueid wirklich geleistet wurde und welche bindende Kraft von ihm ausging, wissen wir nicht. Nachdrücklich muß davor gewarnt werden, die Kapitularien in ihrer Wirkung wie moderne Gesetze zu verstehen. Die nahezu gleichen Mahnungen, Gebote und Verbote kehren, vor allem in K.s späterer Regierungszeit, mit bemerkenswerter Häufigkeit wieder. Dies darf durchaus als Anzeichen eines empfindlicher gewordenen Verantwortungsbewußtseins, eines gesteigerten Reformwillens gedeutet werden, der sich noch über K.s Tod hinaus fortsetzte, aber daß hinter solchen Konzeptionen und Forderungen die Wirklichkeit zurückblieb, zurückbleiben mußte, wird eben dadurch nicht minder offenkundig.

    Die Unvollkommenheit dieser Amtsordnung war ebenso zeit- und strukturbedingt wie die scheinbare Durchbrechung des Amtssystems einerseits durch das unmittelbar-persönliche Band der Vasallität, anderseits durch die an den Urkunden ablesbare Privilegierung kirchlicher Institute mit Schutz und Immunität. In Wirklichkeit ergänzten und stützten solche partikularen Rechtsbeziehungen zum König eine im Denken der Zeit noch wenig verwurzelte und darum labile Amtsverfassung, der sich die auf eigene Herrschaft und Hoheit bedachte bodenständige Grundbesitz- und Waffenaristokratie nur bedingt fügte. Nur aus diesem Adel aber konnte K. seine Grafen und sonstigen Beauftragten nehmen. Wenn dann, in einer gewandelten Situation, seine außergewöhnliche persönliche Autorität ausfiel und sich gar noch äußere Gefährdungen des Reiches abzeichneten, auf die rasch reagiert werden mußte, konnte die Einwurzelung erblich-feudaler Grafendynastien, konnte aber auch der Aufstieg neuer Mittelgewalten nicht mehr aufgehalten werden. Aber alle Unfertigkeit, ja die latente Brüchigkeit von K.s gesamtfränkische Herrschaft ändert nichts daran, daß die Elemente der fränkischen Reichsordnung auf Jahrhunderte in der europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte fortgewirkt haben.



    Kirchen- und Kulturpolitik.
    In den zahlreichen Kapitularien K.s, die von kirchlichen Dingen handeln, dokumentiert sich die als Herrschaft und Verpflichtung verstandene monarchische Kirchenhoheit des Frühmittelalters auf einem geschichtlichen Höhepunkt. Der Weg zur institutionellen und geistigen Regeneration der fränkischen Reichskirche als einer romverbundenen Staatskirche war schon von Bonifatius und Pippin gewiesen worden. Von einer prinzipiellen Neuschöpfung durch K. kann also auch hier nicht die Rede sein, aber in der Entfaltung überkommener Ansätze tritt eine durch rationale Planung gekennzeichnete, sehr persönliche, wenn auch wiederum kaum biographisch präzisierbare Initiative zutage, auf die sich der moderne Begriff der Kulturpolitik durchaus anwenden läßt. Gewiß ist K.s eigener Anteil vor allem in Anstoß und Weisung zu sehen, während Vollbringung und Leistung sich auf viele Helfer verteilen, aber unsere Vorstellungen von seiner Kompetenz und Bildungsstufe dürfen sich dabei nicht kurzschlüssig an dem bekannten Bericht Einhards (c. 25) von den späten und kaum erfolgreichen Schreibübungen K.s orientieren. Mindestens solange noch keine Gebrauchskursive verbreitet war, blieb das Schreiben ein schwieriges Kunsthandwerk, das zu erlernen noch auf Jahrhunderte nicht jedermanns und schon gar nicht Sache des Königs war. Keinesfalls fiel es als Forderung, als Bildungskriterium mit der|Lesefähigkeit in eins – daß auch K. zu lesen verstand, darf vorausgesetzt, ja muß aus einer Andeutung Einhards (c. 26) erschlossen werden. Er habe sich gewandt auszudrücken gewußt, in der latein. sowohl wie in seiner fränkischen Sprache, und habe auch das Griechische wenigstens verstanden, heißt es an anderer Stelle bei Einhard (c. 25); diese Nachricht, an der zu zweifeln kein Anlaß besteht, veranschaulicht den nachhaltigen Lern- und Bildungswillen, der K.s gesamte Persönlichkeit kennzeichnet.

    Zwar kaum sehr rasch, aber ohne erkennbare Konflikte reifte ein unter Bonifatius und Pippin steckengebliebenes kirchlich-institutionelles Reformprogramm, in dem von etwa 780 an die Metropolitanverfassung wieder auflebte und zugleich die später deutschen Landschaften erfaßte (Mainz, Köln, Trier, Salzburg). K.s persönlicher Anteil an dieser Wiederherstellung der Kirchenprovinzen klingt nur in seinem von Einhard (c. 32) überlieferten Testament aus dem Jahre 811 an (in welchem er die Metropolitankirchen besonders bedenkt), ist aber auch ohne ausdrückliche Nachrichten als ebenso selbstverständlich zu unterstellen wie bei der Einbeziehung des Sachsenlandes in die fränkische Reichskirche. K. übertrug (wohl 777) dem Abt Sturmi von Fulda die Leitung der Sachsenmission, an der zahlreiche Bischofskirchen und Klöster des südlichen und westlichen Umkreises mitzuwirken hatten, und er veranlaßte 787 die Weihe des Angelsachsen Willehad zum Bischof von Bremen. Die kanonische Errichtung der Bistümer Bremen, Münster, Osnabrück, Minden und Paderborn kam jedoch erst nach 800 zustande und ist großenteils durch spätere Fälschungen so verdunkelt, daß es an konkreten Zeugnissen für K.s persönliches Handeln fehlt. Auch bei dem Missionswerk, das seit 796 von Passau, Salzburg und Aquileja aus den Südosten zu erfassen begann, tritt K. selber kaum in Erscheinung.

    Der inneren Festigung, Ordnung und Reinigung der fränkischen Kirche dienten die Reichssynoden, die meist mit großen Reichsversammlungen einhergingen (zum Beispiel Paderborn 777, Herstal 779, Frankfurt 794, Aachen 797, 802). Sie waren bevorzugter Anlaß der vielgestaltigen, mahnenden und regelnden staatskirchlichen Gesetzgebung, meist im Gemenge mit allgemeinen Kapitularien, aber auch in gesonderten Texten im Stil der sogenannten Admonitio generalis von 789. Bei eben diesen Bemühungen wird die Romverbundenheit K.s und der Franken sichtbar: sie bedeutete keineswegs eine Regierung der fränkischen Kirche von Rom aus, erschöpfte sich aber auch nicht in dem – ungeachtet mancher Enttäuschungen des Papstes – offenbar sehr persönlichen Vertrauensverhältnis K.s zu Hadrian I. Die römische Kirche war vielmehr seit des Bonifatius Tagen auch für die Franken die berufene Hüterin der Tradition und Norm, die bei der innerkirchlichen Erneuerung als grundsätzliche Richtschnur galt. Vom Papst nahm K. 774 die römische Rechtssammlung der Dionysio-Hadriana entgegen, nach deren Vorschriften, soweit sie in Verbindung mit spanischen und gallischen Texten auf fränkische Verhältnisse anwendbar waren, er das Kirchenwesen vereinheitlichend geordnet sehen wollte; vieles ist unmittelbar in jene Admonitio von 789 eingegangen. Im Geiste solcher Prinzipien war K. auf eine Festigung der bischöflichen Diözesanhoheit und auf eine Straffung der Klosterzucht bedacht, für deren Normierung er 787 in Monte Cassino den authentischen Text der Regula s. Benedicti abschreiben ließ. Andererseits sanktionierte K. auch jüngere Rechtsformen, die über das altkanonische Kirchentum hinausgeführt hatten: weit davon entfernt, das Eigenkirchenwesen in Frage zu stellen, bezog er Stiftungen der voraufgegangenen Generation wie Lorsch, Fulda, Hersfeld in den Kreis der unmittelbar königseigenen Klöster ein und beschränkte sich darauf, Auswüchse eigenkirchlicher Rechtsverhältnisse einzudämmen, sicherte den Kirchen aber auch neuartige Stützen mit der endgültigen Durchsetzung des Zehntgebots und der Einführung der ständigen Vogtei (um 790), eines vor allem in der deutschen Geschichte sehr zukunftsreichen Rechtsinstituts.

    Im Zusammenhang, ja im Dienste dieses kirchlichen Erneuerungswillens stand eine zielstrebige Schul- und Bildungsreform, bei der wiederum K.s persönliche Initiative, etwa durch die an den Abt Baugulf von Fulda gerichtete Epistola de litteris colendis (wohl 784/85), zur Genüge bezeugt ist. Als elementare Schrift- und Sprachbereinigung hat sie eine schlechthin unabsehbare Bedeutung gewonnen, denn die aus dieser Reform erwachsene, durch Gleichmäßigkeit und Vierlinienschema gekennzeichnete „karolingische Minuskel“, die Grundlage unserer Schrift, ist zu einem Charakteristikum des „abendländischen“ Kulturkreises geworden, während die Rückbesinnung auf die patristische Latinität ein nunmehr von den romanischen Sprachen bewußt geschiedenes Schriftlatein zur literarisch-wissenschaftlichen Hochsprache des Abendlandes werden ließ. Kirchlich-praktische und gelehrte, schon philologisch anmutende, aber eher schulisch gemeinte Bemühungen gingen schon bald bei der Sorge um zuverlässige Fassungen der kanonischen Vorschriften und monastischen Regeln ineinander über. In ähnlicher Weise drängte K. auf die Herstellung gesicherter Bibeltexte und auf eine Vereinheitlichung des Gottesdienstes. Als Grundlage dienten wiederum römische liturgische Bücher, darunter ein auf K.s Bitten von Hadrian I. wohl um 785/86 übersandtes Sakramentar. Sie wurden in K.s Umgebung jedoch einer neuen Redaktion unterzogen, die manches an gallisch-fränkischen Texten einfügte. Aber auch außerhalb der kirchlichen Zweckbestimmung wandte sich den Texten antiker Autoren ein gesteigertes, sehr aktives Interesse zu. Somit haben Schrift, Latinität, Bibeltext, Liturgie, Kirchenrecht, Mönchsregel, Klassikerüberlieferung in der von K. geförderten Auswahl und Ausprägung Kirche und Bildung des Mittelalters – und noch darüber hinaus – aufs stärkste geprägt.

    Dieses Erneuerungswerk erhielt über Jahrzehnte hin wesentliche Impulse vom Königshof und von K. selber, der für den institutionellen Ausbau der Hofschule Sorge trug, eine ansehnliche Hofbibliothek sammelte und bedeutende Persönlichkeiten sowohl der Wissenschaft wie der Literatur in seine Umgebung zog. Über diesen Kreis sind wir weit besser unterrichtet als über seine Helfer in Politik, Verwaltung und Heer. Die Leiter der Hofkapelle – der Abt Fulrad von Saint Denis († 784), die Bischöfe Angilram von Metz († 791) und Hildebald von Köln († 819), beide mit dem erzbischöflichen Titel ausgezeichnet – waren sehr einflußreich, treten aber „bildungspolitisch“ kaum hervor. Kennzeichnend ist unter diesem Aspekt vielmehr die große Zahl auswärtiger Kirchenmänner aus den Ländern alter Kulturtradition, die sich am Hofe K.s einfanden. Zu ihnen zählt vielleicht der Ire Dungal, wenn er mit dem als Hibernicus exul bezeichneten Autor von Hofgedichten identisch ist, vor allem aber waren es Gelehrte aus Italien und England, darunter schon früh (776 ff.) die Grammatiker Petrus von Pisa (den laut Einhard c. 25 K. persönlich „hörte“) und Paulinus, der langobardische Dichter, Theologe und Historiker →Paulus Diaconus (etwa 782-86 am Hofe), der aus Spanien geflüchtete Westgote Theodulf, ein formgewandter Dichter und Theologe (vor 790), als hervorragendste Gestalt aber seit 781/82 der allseitig gelehrte Alkuin aus York, der für K. wichtige Kapitularien und Briefe formulierte, die Leitung der Hofschule übernahm und durch seine Lehrbücher in einer bis dahin unbekannten Breite das spätantike Bildungsgut vermittelte. Noch vor der Jahrhundertwende, als Alkuin sich nach Tours zurückzog (796), Theodulf Bischof von Orléans wurde (spätestens 798), begannen auch Franken in diesem Kreise literarisch hervorzutreten, so der Hofdichter Angilbert und K.s späterer Biograph Einhard, der Alkuin in der Leitung der Hofschule ablöste und die Aachener Pfalzbauten beaufsichtigte, denn eine Wiedergeburt der Kunst – mit dem Oktogon des Aachener Münsters als berühmtestem Denkmal – gehört nicht minder zu dieser Erneuerung, für die in der Forschung die Bezeichnung „karolingische Renaissance“ in Gebrauch gekommen ist, wenn auch nicht ohne Widerspruch gegen eine so extensive Anwendung des Renaissancebegriffs.

    Mit seinen Vertrauten und Gelehrten traf sich K. zu wissenschaftlich-literarischem Austausch in einem Freundeskreise, dessen Mitglieder biblische oder antike Pseudonyme führten (K.: David). Mag die Bezeichnung „Akademie“ hier zu hoch gegriffen sein, so sichert die Nachricht von einer solchen intellektuellen Tafelrunde doch in sehr bestimmter Weise die persönlich-biographische Note dieser Bildungsrezeption. Eine betonte persönliche Aufmerksamkeit wandte K. aber auch, nach Einhards glaubhaftem Bericht (c. 29), der eigenen germanisch-fränkischen Sprache zu. Mehr noch als die Namen der Winde und Monate fällt dabei das Interesse an den Heldenliedern und erst recht der Plan einer Grammatik ins Gewicht, der auf die Ausbildung zur Schriftsprache hinzudeuten scheint. Bei aller – und durchaus dominierenden – Offenheit K.s für die lateinische Kulturtradition darf dieser Wille zu einer sowohl politischen wie kulturellen Eigenständigkeit gegenüber der Antike nicht übersehen werden.

    Eben dieser Selbstbehauptungswille begann sich alsbald, wiederum auf einen Anstoß von außen hin, auch kirchenpolitisch, ja theologisch zu artikulieren. Die Kaiserin Irene setzte dem innergriech. Bilderstreit ein Ende, nahm die seit Jahrzehnten abgerissene Verbindung mit Rom wieder auf und versammelte 787 in Nicaea eine Synode, die als VII. Ökumenisches Konzil unter der nominellen Leitung päpstlicher Legaten verkündete, den Bildern werde Verehrung (proskýnesis) geschuldet, die jedoch von einer Anbetung (latreía) streng zu scheiden sei. In dem Jahre, da er selber in Unteritalien eingriff und die Verlobung seiner Tochter Rotrud mit Konstantin VI. aufgehoben wurde, war K. über eine Rückwendung Roms zu den Griechen schon aus politischen Gründen sehr befremdet. Geradezu empört aber waren er und seine Hoftheologen über die Ignorierung der fränkischen Reichskirche durch ein dem Anspruch nach ökumenisches Konzil, das in Wirklichkeit|eine griechische Reichssynode war. Die Heftigkeit des Protestes gründet des weiteren darin, daß der eher nüchtern-rationale Westen, der selber keinen Überschwang des Bilderkultes gekannt hatte, dem ganzen Problem wenig Verständnis entgegenbrachte und sich gegen den Führungs-, ja Ausschließlichkeitsanspruch des Ostens auflehnte. Im Namen K.s, des Herrschers über Gallien, Germanien und Italien, wurde 791 eine Gegenschrift ausgearbeitet, als deren Verfasser in der heutigen Forschung Theodulf gilt. Diese Libri Carolini begegnen dem römisch-griechischen Kaisertum und Irene persönlich in hochfahrender Geringschätzung, sie verwerfen unterscheidungslos jegliche Bilderverehrung, bestreiten den ökumenischen Rang des Konzils von 787 und berufen sich gegenüber den Griechen auf den Glaubensprimat der römischen Kirche, mit der die Franken in „heiliger Gemeinschaft“ lebten. Eine sehr alte, freilich nicht vollständige Handschrift der Libri Carolini, die das Autograph sein könnte, enthält kritische, meist zustimmende Randnotizen, die auf Äußerungen K.s bei der Verlesung zurückzugehen, also seine persönliche Anteilnahme in ganz ungewöhnlicher Weise zu bezeugen scheinen. Obgleich (oder weil) die Libri Carolini sich mit Nachdruck auf den römischen Primat beriefen, geriet Hadrian I. in arge Bedrängnis; er konnte sich nur mit Mühe der Zumutung entziehen, die unter seiner eigenen Mitwirkung gefaßten Konzilsbeschlüsse von 787 zu verurteilen. Freilich kam auch kein westlich-ökumenisches Gegenkonzil zustande. Die von K. 794 nach Frankfurt einberufene Versammlung, die nochmals jeden Bilderkult verwarf, blieb eine fränkische Reichssynode. Von einem Bilderstreit in der Westkirche, den es ohnehin nur theoretisch gegeben hatte, verlautet dann nichts mehr.

    Dagegen hatte sich das Frankfurter Konzil noch mit einer christologischen Glaubensfrage zu befassen. Der Bischof Felix von Urgel im fränkischen Teil Spaniens hatte sich der toletanischen Lehre von einer doppelten Sohnschaft Christi angeschlossen, der als Mensch nur Adoptivsohn Gottes sei. Er war auf Geheiß K.s vorgeladen worden, hatte 792 in Regensburg und Rom widerrufen, dann aber in Spanien seine Lehre erneut verkündet. Die Frankfurter Synode sprach daher eine ausdrückliche Verurteilung des Adoptianismus aus, ebenso der Papst Leo III. im Jahre 798. Felix fand sich 799 in Aachen zu einer Disputation mit Alkuin und erneutem Widerruf ein, durfte dann aber nicht in sein Bistum zurückkehren. Bemerkenswert ist hier die selbstverständlich gewordene und sehr fundierte Mitsprache der fränkischen Kirche in der Theologie, doch ist dabei eine stärkere persönliche Anteilnahme K.s so wenig zu erkennen wie bei der gleichzeitig einsetzenden trinitarischen Kontroverse um das Filioque im Glaubensbekenntnis, einem großen west-östlichen Konfliktsthema des 9. Jahrhunderts

    Chronologischer Rückblick. Erst in der Rückschau auf dieses vielgestaltig verflochtene Neben- und Nacheinander erscheint es möglich, die für eine historische Sicht unverzichtbare zeitliche Abfolge des Wollens, Handelns und Geschehens von 772 bis zur Jahrhundertwende wenigstens in der Hauptlinie nachzuzeichnen – nicht zum wenigsten auch um den vordergründigen Eindruck einer unproblematisch-geradlinigen Stetigkeit auf das rechte Maß zurückzuführen. K. übernahm ein Reich, das sich von Aquitanien bis Alemannien erstreckte. Es war in seinem Bestände gefestigt, bedurfte aber noch der inneren Konsolidierung durch eine gestärkte Königsgewalt und eine von Pippin längst behutsam in Gang gebrachte kirchliche Regeneration in römisch-kanonischem Geiste und im Bunde mit dem Papst, über dessen noch jungen Kirchenstaat der Frankenkönig seine schützende Hand hielt, ohne darum die politische Struktur Italiens grundsätzlich umgestalten zu wollen. Zu offensiver Aktion drängten den neuen König dagegen die seit jeher gefährdete Nordostflanke des Reiches und die Unbotmäßigkeit des Bayernherzogs.

    K.s erste Initiative richtete sich 772 gegen die Sachsen. Wenn er dabei, was sehr wohl möglich ist, von vornherein weitgesteckte Ziele verfolgte, so sah er seine Pläne alsbald von außen durchkreuzt. Nicht K.s eigene Initiative, sondern die Aktion des Desiderius gegen Rom, die der Frankenkönig nur unter schwerstem Prestigeverlust hätte dulden können, lösten 773/74 die Intervention in Italien aus. Erst in ihrem Verlauf entschloß sich K. zu der radikalen Lösung, die in der europäischen Geschichte das Ende der aus der Völkerwanderung hervorgegangenen Staatenordnung bezeichnet, zugleich aber die germanisch-romanische Welt enger zusammenfügte. Möglicherweise war es dann wieder ein äußerer Anstoß – der Sachseneinfall nach Hessen 773/74 –, der K. zu dem Entschluß brachte, auch jenseits des Rheines weiter auszugreifen als ursprünglich geplant. Mit dem Feldzug 775, mit der Bezwingung langobardischer und sächsischer Auflehnungen 776 folgte Sieg auf Sieg. Der Paderborner Reichstag von 777 bezeichnet einen ersten Höhepunkt, K. schien bereits als der Gesamtherrscher des germanisch-lateinischen Kontinentaleuropa dazustehen, der die Grenzen seines Reiches und der Christenheit noch ausgeweitet hatte.

    Ob diese ersten Siege zu leicht errungen waren? Jedenfalls ließ sich K. eben in Paderborn, in verhängnisvoller Fehleinschätzung der politisch-militärischen Kräfte, für das spanische Unternehmen gewinnen. Die Katastrophe von 778 war mehr als ein Rückschlag, sie steht am Anfang schwerer Krisenjahre, die vor allem durch die in zwei Wellen – 779/80, 782-85 – verlaufenden erbitterten Sachsenkämpfe, aber auch durch die Passivität der Franken an der Pyrenäenfront gekennzeichnet sind. Es ist jedoch zugleich eine Zeit umsichtiger Regierungs- und Reformaktivität, zu der das 779 in Herstal verkündete große Kapitular das Signal gegeben haben dürfte. Vieles, im Zeitansatz oft nur zufällig und fragmentarisch bekannt, ist in diesem Zusammenhang zu sehen, so die beginnende administrative und kirchliche Durchdringung Sachsens (von der freilich auch die harte Capitulatio nicht auszunehmen ist), die Regelung der italischen Verhältnisse und die Einsetzung der Unterkönige Pippin in Italien und Ludwig in Aquitanien (781), die byzantinische Verlobung der Prinzessin Rotrud (781), aber auch das um 780 sichtbar werdende Reforminstitut der Gerichtsschöffen und vollends die mit der Ankunft Alkuins (781/82) dem Höhepunkt zustrebende geistige Erneuerung, in der sich die Bildungskontinuität des nachantik-lateinischen Europa aus italienischer, spanischer, irischer, angelsächsischer Tradition mit der neuen politischen Führungsmacht zu vielgestaltigem Neubeginn verschmolz. Mit der Taufe Widukinds (785), der Niederwerfung Hardrads (785/86) war die Krise überwunden, trat relative Ruhe ein, hatte K. neue Bewegungsfreiheit gewonnen. Die Franken begannen südlich der Pyrenäen Fuß zu fassen (785 ff.), K. setzte sich gegen Benevent durch und ließ es auf einen Bruch mit Byzanz ankommen (787/88), er holte endlich zum entscheidenden Schlag gegen Tassilo aus, um Bayern vollends dem Reiche einzugliedern (787/88), er wagte 789 den Zug über die Elbe ins Slawenland und trat 791 ein groß angelegtes Unternehmen gegen die Awaren an. Auch die Innen- und Kulturpolitik gewann neuen Schwung; davon zeugen die Kapitularien von 789 mitsamt der Admonitio, das jetzt erkennbar werdende Institut der regulierten Kirchenvogtei, auf besondere Art nicht minder die Libri Corolini und die nicht präzis datierbaren, um diese Zeit aber sicherlich im Gang befindlichen Bemühungen um eine einheitliche Liturgie. Nochmals aber lösten empfindliche Rückschläge, deren Hintergründe und Zusammenhänge für uns nicht recht durchschaubar sind, eine ernste Krise aus. Blieb schon der Awarenfeldzug von 791 ohne rechten Erfolg, so mußte den König dann schwer die Hofverschwörung um seinen Sohn Pippin treffen (792). Sie fiel zeitlich zusammen mit neuen Aufständen im nördlichen Sachsenlande, die von 793 an weitere Kreise zogen, mit einem arabischen Vorstoß über die Pyrenäen (793) und mit der Abkehr des Herzogtums Benevent vom Frankenreich (792/93). Erneute Anspannung der Kräfte wurde jedoch seit 794 auch dieser Gefahr Herr, zumal K. die – freilich wieder sehr harten – Kämpfe jetzt zum guten Teil seinen Söhnen und Markgrafen überlassen konnte. Er selber zog Jahr für Jahr im Norden zu Felde und brach endgültig den Widerstand der Sachsen; das „normalisierte“ Copitulare Saxonicum von 797 bedeutet hier den Abschluß des Dauerkrieges. Pippin von Italien und Markgraf Erich von Friaul zerschlugen 796 endgültig die Awarenmacht. Im Südosten setzte ein behutsames Missionswerk ein, bei dem man aus den unguten Erfahrungen bei der gewaltsamen Christianisierung der Sachsen Lehren zu ziehen wußte. Unter der Führung Ludwigs von Aquitanien und des Grafen Wilhelm von Toulouse schoben sich die Franken jetzt endgültig, wenn auch nur allmählich, an der Pyrenäenlinie vor. Weniger erfolgreich verliefen die langwierigen Kämpfe Pippins mit Benevent, aber von einer Gefahr für die Südflanke des Reiches konnte keine Rede sein. Neben alledem darf die Frankfurter Synode von 794 als Symptom für die von der Krise unberührte geistige Kraft der Reichskirche, der Residenzrang der Aachener Pfalz (seit 794) als Symbol für die gesicherte Stetigkeit der Reichsherrschaft, das diesen Jahren angehörende Capitulare de villis als Ausdruck ungebrochenen Reformwillens verstanden werden.

    Kaisertum und Nachfolge. Ungeachtet aller Krisen und Unzulänglichkeiten war das Frankenreich unter K.s Führung zu einer neuartigen Weltstellung aufgestiegen, in der sich respektgebietende Macht mit geistigem Rang verband. Von weltweiter Anerkennung zeugt der Austausch von Gesandtschaften mit dem Kalifen Harun ar-Raschid von Bagdad (797, 801/02, 807), zeugt auch das Bemühen der Kaiserin Irene, die seit dem – von ihr selber herbeigeführten – Sturz ihres Sohnes Konstantin VI. (797) im eigenen Namen regierte, den Frieden mit dem Westen wiederherzustellen. Die Franken aber fühlten sich zwar dem christlich antiken Kulturerbe, keineswegs jedoch dem Reich und Kaisertum heidnisch-antiker Tradition verbunden: in ihren liturgischen Gebeten klingt in bewußtem Kontrast eine eigene, christlich-fränkische Reichsidee an. Zur politischen Konkretisierung, zur Sichtbarmachung der neuen Weltstellung aber bedurfte es wiederum eines äußeren Anstoßes. Den neuen Papst Leo III. (795–816) hatte K. mit einem von Alkuin formulierten Schreiben begrüßt, das in berühmt gewordener Antithese (nostrum est – vestrum est) den Schutz und die Ausbreitung des christlichen Glaubens nach innen und außen als Sache des Königs verkündet, den der Papst mit seinem Gebet unterstützen solle. Mehr noch als sein Vorgänger suchte Leo III. Anlehnung an K., zumal er in Rom erbitterte Feinde hatte, die seinen Sturz planten. Er wurde am 25.4.799 überfallen, mißhandelt und in Haft genommen, entkam jedoch und begab sich unter fränkischen Schutz. K. empfing den Papst feierlich im Juli 799 in Paderborn, aber auch Leos Gegner brachten beim König Klagen vor. Damit stellte sich die doppelte Grundsatzfrage nach der Gerichtshoheit in Rom (die dem Kaiser zustand) und nach einer Gerichtsbarkeit über den Papst (die im kirchl. Rechtsdenken längst als unzulässig galt). Mehr als das: nach allem, was 2 Jahre zuvor in Konstantinopel und nunmehr in Rom geschehen war, schienen Kaisertum und Papsttum ihren Rang in der überkommenen Weltordnung eingebüßt zu haben, erscheine K. als rector populi christiani, heißt es bei Alkuin, aber es ist nicht erkennbar, ob solche Erwägungen sich bereits in politische Pläne umsetzten. Eine von K. mit der Untersuchung beauftragte Kommission unter Führung der Erzbischöfe Hildebald von Köln und Arn von Salzburg geleitete Leo nach Rom zurück (29.11.799) und ließ die Anführer des römischen Aufstandes ins Frankenreich verbringen. Erst 1 Jahr später, am 23.11.800, traf K. selber in Rom ein und wurde von vornherein mit dem Zeremoniell des adventus Caesaris empfangen. Die Beschuldigungen gegen Leo III. wurden, unter Vermeidung eines Synodalurteils, durch einen in der Gerichtspraxis keineswegs ungewöhnlichen Reinigungseid erledigt, den der Papst am 23.12. in Sankt Peter ablegte.

    Was in diesen Wochen außerdem erwogen wurde und in den Quellen durchweg übergangen wird, klingt nur in den – gleichzeitigen – Lorscher Annalen an: Da das Kaisertum seit der Usurpation Irenes (797) vakant sei, gebühre K., dem Herrscher über Rom und über die sonstigen sedes der Caesaren in Italien, Gallien und Germanien, der kaiserliche „Name“. Für die Weihnachtsmesse vom 25.12.800 war eine Königssalbung und -krönung Karls des Jüngeren vorgesehen, des ältesten legitimen Sohnes, der seit langem als Haupterbe des regnum Francorum galt, bisher jedoch nicht formell zum König erhoben worden war. Diese Zeremonie fand auch statt, wurde aber völlig dadurch überschattet, daß Leo III. vorher K. eine Krone aufsetzte und ihm die kniefällige Proskynese erwies, während das Volk ihn als „Kaiser der Römer“ akklamierte. Diese Ausrufung – als Konstitutivakt wichtiger denn die Krönung – ist aus der Sicht des Papstes und der Römer wörtlich zu verstehen: K. wurde – gegen Byzanz – zum römischen Kaiser schlechthin proklamiert, nicht zum weström. Teilkaiser oder gar zum „fränkischen“ Kaiser. Das bedeutete für Rom die formelle staatsrechtliche Trennung von Byzanz und zugleich die Wiederherstellung einer höchsten stadtröm. Gerichtsinstanz, vor der sich Leos III. Widersacher nunmehr verantworten mußten. Nach allem, was namentlich in den letzten Wochen voraufgegangen war, ist ein Zweifel an K.s grundsätzlicher Bereitschaft zur Übernahme der Kaiserwürde kaum möglich, aber Einhards Andeutung (c. 28), der König sei durch das consilium des Papstes aufs unangenehmste überrascht worden, kann durchaus besagen, daß K. mit der von Leo III. möglicherweise eigenmächtig inszenierten Proklamation nicht einverstanden war. Sein späteres Verhalten berechtigt zu der Vermutung, daß ihm einerseits die offene Brüskierung des griechischen Hofes, zum andern die allein den Römern zugespielte Rolle des „Reichsvolkes“ in besonderer Weise widerstrebte. Offen bleiben muß dann freilich die Frage, welche Form der Kaisererhebung dem König und seinen Franken erwünscht gewesen wäre.

    K. erfüllte jedoch die ihm von Leo III. zugedachte Kaiseraufgabe, indem er über die Aufrührer gegen den Papst zu Gericht saß; sie wurden zum Tode verurteilt, aber zur Verbannung begnadigt. K. nahm die Bullenumschrift Renovatio Romani imperii auf und führte in Anlehnung an den in Italien üblichen amtlichen Stil einen Urkundentitel ein, der den römischen Kaiseranspruch kundtat, aber am Franken- und Langobardennamen festhielt: Karolus serenissimus augustus a deo coronatus magnus pacificus imperator Romanum gubernans imperium, qui et per misericordiam dei rex Francorum et Langobardorum (erstmals bezeugt am 29.5.801). Im Verhältnis zu Byzanz, wo man den Akt vom Weihnachtstage 800 natürlich als eine unerhörte Usurpation empfand, beanspruchte|K. keine Herrschaft über Rom und den Kirchenstaat hinaus, suchte er keinen Kampf, bemühte er sich vielmehr um die Anerkennung seiner Kaiserwürde. In der Tat kamen 801/02 diplomatische Kontakte mit der Kaiserin Irene in Gang. Daß K. ihr gar eine Heirat angeboten habe, wie ein griechischer Chronist wissen will, erscheint freilich nicht eben glaubhaft, wurde jedenfalls durch den Sturz Irenes (31.10.802) gegenstandslos. Einem Gesandten des neuen Kaisers Nikephoros I. (802–811) übergab K. 803 in Salz einen (nicht erhaltenen) Vertragsentwurf, der zweifellos eine gegenseitige Anerkennung, ein legalisiertes Doppelkaisertum vorsah. Nikephoros ließ sich darauf nicht ein, aber offensichtlich wollte keine Seite die gewaltsame Auseinandersetzung, zumal es – da Süditalien unter der Führung Benevents weiterhin eine Pufferzone blieb – zunächst an territorialer Berührung fehlte. K. empfing Ende 804 in Reims Leo III., der eine Begegnung gewünscht hatte; er verbrachte mit ihm das Weihnachtsfest in Quierzy und geleitete ihn nach Aachen, wo er ihn am 14.1.805 entließ. Daß bei diesem Anlaß die Kaiserfrage zur Erörterung stand, ist als sicher zu unterstellen, aber es fehlt an jeder Nachricht darüber. Wir erfahren lediglich, daß Angelegenheiten der Kirchenprovinz Aquileja-Grado zur Sprache kamen. In diesem Raum setzte sich um eben diese Zeit eine frankenfreundliche Partei durch, und K. verfügte um die Jahreswende 805/06 die Einbeziehung Venetiens und Dalmatiens in sein Reich. Erst damit war eine „Front“ gegen das Ostreich aufgerissen. Die Griechen aber waren zur See überlegen und stellten 807 ihre Herrschaft wieder her; Pippin von Italien mußte einen Waffenstillstand eingehen.

    Das saturierte und kaum ernstlich gefährdete Reich erforderte von K. kaum mehr eigene militärische Aktivität. Welche Bedrohungen sich mit der Beunruhigung durch Wikinger im Norden und Sarazenen im Süden abzuzeichnen begannen, wurde von den Zeitgenossen schwerlich bereits erfaßt. K. hielt sich jetzt vorwiegend in den zentral gelegenen Pfalzen Aachen, Nimwegen, Diedenhofen auf. Auf diese späten Jahre bezieht sich fraglos die (im ganzen Zeitalter einzig dastehende) Schilderung von K.s äußerer Erscheinung bei Einhard (c. 22): er sei 7 Fuß groß gewesen, breit und kräftig, sogar ein wenig zur Korpulenz neigend, rundschädelig mit schönem Grauhaar und kurzem Nacken, mit etwas übergroßer Nase und auffallend heller Stimme. Als Kaiser wandte er seine Energie mit Vorzug der inneren Ordnung zu. Davon zeugen – schon erwähnt – die erneute Vereidigung von 802 ebenso wie die Volksrechtskodifikationen von 802/03, nicht minder aber auch die jetzt in großer Zahl sich wiederholenden Kapitularien, Instruktionen für Königsboten und ähnliche Texte. Einen letzten Höhepunkt bezeichnen 5 Synoden, die 813 ungefähr gleichzeitig in Arles, Reims, Mainz, Chalon und Tours tagten und ausführliche Reformkanones verkündeten.

    Zu den Fragen, die einer rechtzeitigen Klärung bedurften, gehörte insbesondere die Regelung der Nachfolge. Seit mehr als 4 Jahrzehnten regierte K. allein, aber er war nicht gewillt, sich kurzerhand über die Rechtstradition der Teilung hinwegzusetzen, was freilich auch kaum mehr möglich gewesen wäre, nachdem seine 3 Söhne bereits zu Königen gesalbt und gekrönt waren. Von der Ordnung zu gleichen Teilen aber wich er ab, als er am 6.2.806 in Diedenhofen eine Divisio verkündete: der Anteil Pippins von Italien wurde um Bayern und das südliche Alemannien, das Teilreich Ludwigs von Aquitanien auf die Südhälfte Galliens erweitert, alle übrigen Länder aber, voran die ungeteilt bleibende eigentliche Francia, sollten dem ältesten Sohn Karl zufallen. Über die Nachfolge im Kaisertum verfügte K. noch nicht, aber durch den Kaisertitel, durch die Wendung imperium vel regnum und durch erneuten Kontakt zum Papst, dem Einhard die Divisio zur Unterschrift überbrachte, bekannte er sich zum Kaisertum römischer Tradition. Es ist zwar nur undeutlich bezeugt, aber sehr wahrscheinlich, daß Karl der Jüngere für die Nachfolge im Kaisertum ausersehen war. Im noch unbereinigten Verhältnis zu Byzanz darf der Grund dafür vermutet werden, daß K. eine öffentliche und formelle Entscheidung dieser Art vorerst vermied.

    Nach dem Ablauf des Waffenstillstandes lebten die Kämpfe an der Adria wieder auf, Pippin war in Abwehr und Gegenschlag erfolgreich (809/10). Überdies von den Bulgaren bedrängt, ergriff Nikephoros 810 selber die Initiative zu Ausgleichsverhandlungen, die durch den zweimaligen Thronwechsel in Byzanz (Michael I. 811-13, Leon V. 813-20) nur verzögert, nicht mehr gefährdet wurden. Im Jahr 812 stand K. am Ziel: er wurde in Aachen von den griechischen Gesandten als Basileus akklamiert. Der weitere Austausch von Gesandten und Briefen zog sich zwar noch bis nach K.s Tod hin, aber der Friede war geschlossen: Byzanz erkannte ein gleichrangiges Westkaisertum, ein verselbständigtes Abendland an; dem Ostkaiser, der die Hoheit über Rom mindestens faktisch preisgab,|überließ K. Venetien und Dalmatien, aber auch den Römertitel, den er seinerseits ohnehin vermieden hatte, den Byzanz dagegen jetzt in den Amtsstil aufnahm, während die fränkischen und deutschen Nachfolger K.s nahezu 2 Jahrhunderte lang den Kaisertitel (imperator augustus) ohne römisches Attribut führten.

    Der Weg zur Weitergabe des Kaisertums war damit freigeworden, aber unter völlig veränderten Voraussetzungen, denn am 8.7.810 war Pippin, am 4.12.811 war Karl der Jüngere gestorben. Nach längerem Zögern setzte K. 812/13 Pippins Sohn Bernhard, der, nach dem Namen zu schließen, kaum als vollbürtig gelten konnte, als Unterkönig in Italien ein, ohne ihm jedoch einen gleichberechtigten Anteil an der Reichsherrschaft zuzuerkennen. Reich und Kaisertum gingen ungeteilt an Ludwig von Aquitanien über, den einzigen überlebenden Sohn aus vollgültiger Ehe – die durch den Erbfolgezufall geschaffene Reichseinheit wurde erst in der nächsten Generation ein politisches Programm. Nachdem 813 jene 5 Reformsynoden getagt hatten, die auf ihre Art gleichfalls zu Ludwigs des Frommen ersten Jahren überleiteten, hielt K. im September zu Aachen seine letzte Reichsversammlung: hier krönte er selber Ludwig zum Mitkaiser, unter Akklamation durch die Franken, also nicht nach päpstlicher römischer Stil, sondern als gleichrangiger Westkaiser in Anlehnung an byzantinischen Brauch.

    Noch am Todestage wurde K. in der Aachener Pfalzkirche beigesetzt. Otto III. ließ im Jahr 1000 das Grab öffnen; die in diesem Zusammenhang begegnende Nachricht von einer Sitzbestattung verdient jedoch keinen Glauben. Auf dem Höhepunkt des Konfliktes mit Alexander III. erhob Friedrich I. am 29.12.1165 die Gebeine K.s und ließ ihn mit Vollmacht seines Gegenpapstes Paschalis III. heiligsprechen. Der Kult verbreitete sich im nördlichen und südwestlichen Deutschland, seit dem späteren Mittelalter auch in Frankreich und hielt sich bis ins 19. Jahrhundert. Im Aachener Münster – wo der im Jahr 1215 fertiggestellte kostbare Karlsschrein die Gebeine birgt – wird der 28. Januar als Festtag noch heute begangen. Schon der auf ihn folgenden Generation galt K. als „der Große“. Die ideale Stilisierung seiner Gestalt setzt bereits um 830 mit Einhards – in der Substanz durchaus wahrheitsgetreuer – Biographie ein und hat auf Jahrhunderte, großenteils losgelöst von der Wirklichkeit, in Literatur und Geschichtsbewußtsein weitergewirkt. Die kritische Geschichtsschreibung sieht nüchterner die durch äußere und innere Gegebenheiten begünstigte Einmaligkeit ebenso wie die Grenzen seiner Erfolge und Leistungen, seiner kulturell überhöhten politischen Machtballung, die nur als zeitweilige Realisation an einem Wendepunkt der Weltgeschichte Bestand haben konnte, die aber, sowohl in der territorialen Ausformung wie in der Rechtsordnung und der Bildungstradition, dem abendländ. Mittelalter, insbesondere der französisch und noch mehr – mit dem Kaisertum – der deutschen Geschichte den Weg gewiesen hat.

    Literatur
    ADB 15; Regg. Imp. I; Ann. regni Francorum, hrsg. v. F. Kurze = MGH SS rer. Germ., 1895; Vita Karoli magni d. Einhard, hrsg. v. O. Holder-Egger, = MGH SS rer. Germ., 61911; MGH DD Karol. I, MG Capit. I; Conc. II 1, Cod. Carol., in: MG Epp. III; zahlreich Einzelzeugnisse in: MG Epp. IV, MGH Poetae I; Neuausgg. aus jüngerer Zeit: Karolus magnus et Leo papa, Ein Paderborner Epos v. J. 799, mit Btrr. v. H. Beumann, F. Brunhölzl, W. Winkelmann, 1966; Capitulare de villis, hrsg. v. C. Brühl, 1971 (Faks.-Ed. mit Transkription, übers. [v. G. Franz] u. Glossar); S. Abel u. B. Simson, Jbb. d. Fränk. Reiches, K. d. Gr. I, 21888, II, 1883. - Gesamtdarst.: L. Halphen, Charlemagne et l'Empire carolingien, 1949; R. Folz, Le couronnement impérial de Charlemagne, 1964; J. Fleckenstein, K. d. Gr., 21967; J. Boussard, Charlemagne et son temps, 1968; S. Epperlein, K. d. Gr., Eine Biogr., 41974; H. Löwe, in: Die Gr. Deutschen I, 1956, S. 19-34; H. Löwe, in: Gebhardt-Grundmann, Hdb. d. dt. Gesch. I, 91970, §§ 41-43 (Literatur); E. Ewig, in: Hdb. d. KG, hrsg. v. H. Jedin, III, 1, 1966, S. 62-118; K. Folz, De l'antiqué au monde médiéval, 1972, S. 315-75 (Literatur); Th. Schieffer, in: Th. Schieder, Hdb. d. Europ. Gesch. I, 1977, §§ 68-71 (Literatur).



    Karl der Große und die Sachsen

    ZDF Mediathek - Karl der Große und die Sachsen - Die Deutschen

    Der große Frankenkaiser schafft wichtige Voraussetzungen.
    Er galt schon bei seinen Zeitgenossen als "Vater Europas": Karl der Große (vermutlich 748-814). Viele europäische Völker haben ihre Wurzeln in der Zeit des großen Frankenkaisers. Karl der Große hat wichtige Voraussetzungen späterer Entwicklungen auf deutschem Boden geschaffen.



    Sogenannte Reiterstatuette Karls des Großen (9. Jahrhundert), heute im Louvre, eine herrschaftliche Inszenierung in Anlehnung an die Reiterstatuen antiker römischer Kaiser. Möglicherweise handelt es sich jedoch in Wirklichkeit um eine Darstellung Karls des Kahlen.

    Charlemagne Louvre OA8260 n1



    Das Signum Karls des Großen unter einer am 31. August 790 in Kostheim ausgefertigten Urkunde: Eigenhändig ist nur der v-förmige Vollziehungsstrich innerhalb des rautenförmigen O des sogenannten Karlsmonogramms, durch den die obere Hälfte des O zugleich als A (für KAROLVS) gelesen werden soll. Der lineare Text beiderseits des Kreuzrhombus-Monogramms lautet Signum (M.) Caroli gloriosissimi regis („Zeichen des überaus glorreichen Königs Karl“).

    Karldergrossesignatur



    Darstellung Karls des Großen in der Chronik des Ekkehard von Aura um 1112/14, Cambridge, Corpus Christi College, Ms. 373, fol. 24r

    Karl der Große in der Chronik des Ekkehard von Aura



    Karl der Große auf der Frontseite des Karlsschreins

    Karl der Große auf der Frontseite des Karlsschreins.



    Karl der Große (links) und sein erster Sohn Pippin der Bucklige, darunter ein Schreiber; Miniatur aus dem 10. Jahrhundert, Kopie einer verlorenen für Graf Eberhard von Friaul hergestellten Miniatur.

    Karl der Grosse - Pippin der Bucklige



    Geburt:
    (kaum 742)

    Begraben:
    Pfalzkapelle

    Karl heiratete Himiltrud in 768. Himiltrud gestorben um 780; wurde beigesetzt in Nivelles [1400],Wallonien,Belgien. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 24. von Franken, Amaudru  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 25. von Franken, Pippin  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 770; gestorben in 811 in Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Karl heiratete Disiderta am 25 Dez 770 in Mainz [55127],Mainz,Rheinland-Pfalz,Deutschland. Disiderta (Tochter von Desiderius und Ansa) wurde geboren um 750; gestorben nach 770. [Familienblatt] [Familientafel]

    Karl heiratete Hildegard um 771. Hildegard (Tochter von Gerold und Imma) wurde geboren in 758; gestorben am 30 Apr 783 in Diedenhofen (Thionville) [57100],Moselle,Lothringen,Frankreich; wurde beigesetzt in Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 26. von Franken, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 772; gestorben am 4 Dez 811.
    2. 27. von Franken, Adelheid  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 773/774 in Pavia [27100],Lombardei,Italien; gestorben um Jul 774 in Pavia [27100],Lombardei,Italien.
    3. 28. von Franken, Rotrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 775; gestorben am 6 Jun 810.
    4. 29. von Italien, Pippin  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 777; gestorben am 8 Jul 810; wurde beigesetzt in Mailand [20100],Lombardia,Italien.
    5. 30. von Franken, Ludwig I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 16 Apr 778 in Chasseneuil-du-Poitou [86360],Vienne,Poitou-Charentes,Frankreich; gestorben am 20 Jun 840 in Ingelheim am Rhein [55218],Mainz-Bingen,Rheinland-Pfalz,Deutschland; wurde beigesetzt in Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich.
    6. 31. von Franken, Lothar  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 16 Apr 778; gestorben in 779/780.
    7. 32. von Franken, Bertha  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 779; gestorben nach 14 Jan 823.
    8. 33. von Franken, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren vor Mai 781; gestorben nach 814.
    9. 34. von Franken, Hildegard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 8 Jun 782; gestorben am 8 Jun 783.

    Karl heiratete Fastrada in 783. Fastrada (Tochter von Radulf) wurde geboren um 765; gestorben am 10 Aug 794 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; wurde beigesetzt in Mainz [55127],Mainz,Rheinland-Pfalz,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 35. von Franken, Theodrada  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 785; gestorben in 844/853 in Münsterschwarzach [97359],Kitzingen,Bayern,Deutschland.
    2. 36. von Franken, Hiltrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 787; gestorben nach 814.

    Karl heiratete Liutgard in 794. Liutgard wurde geboren um 775; gestorben am 4 Jun 800 in Tours [37000],Indre-et-Loire,Centre-Val de Loire,Frankreich; wurde beigesetzt in Tours [37000],Indre-et-Loire,Centre-Val de Loire,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Familie/Ehepartner: N. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 37. von Franken, Hruodhaid  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 784; gestorben nach 814.

    Familie/Ehepartner: Madelgard. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 38. von Franken, Ruothild  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 24 Mrz 852.

    Familie/Ehepartner: Gerswind. Gerswind wurde geboren in 782; gestorben um 829. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 39. von Franken, Adalthrud  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 800.

    Familie/Ehepartner: Regina. Regina gestorben nach 800. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 40. von Metz, Drogo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 17 Jun 801; gestorben am 8 Dez 855 in Luxeuil-les-Bains [70300],Haute-Saône,Franche-Comté,Frankreich.
    2. 41. von Saint-Quentin, Hugo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 802/806; gestorben am 14 Jun 844; wurde beigesetzt in Charroux [86250],Vienne,Poitou-Charentes,Frankreich.

    Familie/Ehepartner: Adalindis. Adalindis gestorben nach 800. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 42. von Franken, Theoderich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 807; gestorben nach 818.

  3. 22.  von Franken, Karlmann Graphische Anzeige der Nachkommen (19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 751; gestorben am 4 Dez 771 in Samoussy [02840],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 768-771, Fränkisches Reich; Frankenkönig

    Notizen:

    Karlmann Frankenkönig (768-771)
    751-4.12.771 Pfalz Samoussy Begraben: Regiuskirche zu Reims

    2. Sohn des Franken-Königs Pippin III. der Kleine und der Bertrada der Jüngeren von Laon, Tochter von Graf Heribert

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 996

    Karlmann, fränkischer König 754 bzw. 768-771
    * 751, + 4. Dezember 771 Begraben: Reims, St. Remi
    Sohn König Pippins III. des Jüngeren und der Bertrda, Bruder KARLS DES GROSSEN
    oo Gerberga
    Söhne:
    - Pippin
    - N.N.

    Karlmann wurde am 28. Juli 754 zusammen mit Vater, Mutter und Bruder von Papst Stephan II. zum König gesalbt. Nach dem Tod Pippins im September 768 wurde das Frankenreich unter den Brüdern geteilt, wobei Karlmann die südlichen, von Aquitanien bis Alemannien reichenden Regionen erhielt. Seine wechselhaften Beziehungen zu KARL DEM GROSSEN waren meist von starken Spannungen gekennzeichnet, die sich vor allem in der antagonistischen Aquitanien- und Italienpolitik der beiden Könige dokumentierten. Gegen Karlmann richtete sich auch ein 770 durch Bertrada vermitteltes Bündnis KARLS mit dem Langobarden-König Desiderius, in das auch Papst Stephan III. und der bayerische Herzog Tassilo einbezogen waren. Der frühe Tod Karlmanns veränderte die Verhältnisse vollständig: KARL nahm das Teilreich seines Bruders in Besitz und brach mit den Langobarden; Karlmanns Witwe floh mit ihren Söhnen zu Desiderius, der 772 vergeblich versuchte, Papst Hadrian I. zu veranlassen, diese zu Franken-Königen zu salben. Danach verschwand Karlmanns Familie aus der Geschichte.

    Literatur:
    NDB XI - M. Lintzel, Karl d. Gr. und K., HZ 140, 1929, 1-22 - E. Delaruelle, Charlemagne, Carloman, Didier et la politique du marriage franco-lambard., RH 170, 12, 1932, 213-224 - M. V. Ary, The Politics of the Frankish-Lombard Marriage Alliance, AHP 19, 1981, bes. 14-23 - J. T. Hallenbeck, Pavia und Rome, 1982, bes. 113-135 - Th. F. X. Noble, The Republic of St. Peter, 1984, 120-127 - P. Classen, Karl d. Gr., das Papsttum und Byzanz, hg. H. Fuhrmann-Cl. Märtl, 1985, 11-16. -

    Hlawitschka Eduard: Seite 81, "Die Vorfahren Karls des Großen"

    57 König Karlmann - Gerberga

    BM² 115b-130a. Daß Karlmann ein jüngerer Bruder KARLS DES GROSSEN war, bezeugt Contin. Fredegarii c. 53, MG SS. rer. merov. 2, Seite 192. - Zu seiner Gattin und seinem 770 geborenen Sohn Pippin vgl. BM² 142a.
    Beim Tode seines Vaters fiel ihm der Südteil des Frankenreiches zu. Karlmann wurde am 9.10.768 in Laon gekrönt. Zwischen ihm und seinem Bruder KARL DEM GROSSEN herrschte eine gefährliche Rivalität. Karlmann verweigerte 769 seinem Bruder Waffenhilfe bei der Niederschlagung separatistischer Bestrebungen. Nach seinem frühen Tode übernahm KARL DER GROSSE dessen Reichsteil, obwohl Karlmann Söhne hinterließ.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Das Nebeneinander der beiden seit 754 gesalbten Königssöhne KARL und Karlmann, die sich das Frankenreich gemäß überkommenem Erbrecht und väterlichem Vermächtnis je zur Hälfte teilten und die in betonter Parallelität am Dionysiustag (9.10.)768 in Noyon beziehungsweise in Soissons mit einem Huldigungsakt der jeweiligen Großen die Herrschaft antraten, war von vornherein spannungsvoll, zumal die Brüder im Unterschied zu den Sukzessionskrisen früherer Generationen offenbar nicht mehr unter dem Zwang zu gemeinsamer Abwehr gegnerischer Machtansprüche innerhalb und oder außerhalb des Hauses standen. Die Rivalität beruhte denn auch nicht auf klar unterschiedenen politischen Konzepten, sondern war persönlicher Natur und betraf den Vorrang in der Familie. Deutlich wird das etwa daran, dass beide sich beeilten, in früher Ehe ihren jeweils ersten Sohn nach dem Vater Pippin zu benennen, um gewissermaßen die dynastische Zukunft auf ihre Seite zu ziehen: KARL in einer (später als Friedelehe gelösten) Verbindung mit Himiltrud, die ihm 769/70 ein mißgestaltetes Kind gebar, das gleichwohl den Königsnamen empfing und in den Quellen als Pippin der Bucklige erscheint, und ebenso der vier Jahre jüngere Karlmann nach seiner Heirat mit Gerberga, die 770 auch mit einem Sohn niederkam, den man Pippin nannte. Solange Ungewißheit über das weitere Schicksal der beiden sich abzeichnenden karolingischen Linien bestand, waren Einbußen an Autorität gegenüber den Großen des Reiches wie auch dem agilolfingischen Bayern, den Langobarden und dem Papsttum unvermeidlich; es entstand ein lähmendes Klima des Mißtrauens, in dem die Schachzüge der Akteure nicht bloß der kargen Quellenlage wegen schwer zu durchschauen sind. Gesichert ist, dass KARL sogleich im Frühjahr 769 daran ging, noch einmal in dem vom Vater unterworfenen Aquitanien einzuschreiten - nun gegen einen "Aufrührer" namens Hunoald II., in dem man einen Verwandten (Sohn?) des im Vorjahr umgekommenen Herzogs Waifar vermuten darf -, und dass Karlmann, dem ja nach dem letzten Willen Pippins eine Hälfte Aqutaniens zugefallen war, dem Bruder bei einer Zusammenkunft in Montcontour (im Poitou) seine Hilfe verweigerte, angeblich "durch den schlechten Rat seiner Großen" gehindert. KARL setzte sich allein durch, indem er von dem Waskonenfürsten Lupus die Auslieferung des flüchtigen Hunoald erzwang, und legte damit endgültig seine Hand auf dieses Land, vielleicht bereits unter Einschluß von Karlmanns Anteil. Nach diesem energischen Auftakt scheint er jedoch die Initiative seiner Mutter Bertrada überlassen zu haben, denn das Jahr 770 sah die Witwe Pippins in einer für die gesamte karolingische Geschichte einzigartigen Weise im Vordergrund des Geschehens. Im Namen einer Politik des Ausgleichs nach allen Seiten vermittelte sie bei Karlmann in Selz (Elsaß) und begab sich dann zu Herzog Tassilo III., dem Vetter ihrer Söhne, nach Bayern, ferner zu dessen langobardischem Schwiegervater Desiderius nach Pavia und auch zu dem über jede fränkisch-langobardische Annäherung besorgten Papst Stephan III. (768-772) nach Rom. Das Ergebnis ihrer Diplomatie kam einer Preisgabe wesentlicher Ziele des verstorbenen Pippin nahe, denn es bestand in der Hinnahme der Eigenständigkeit Bayerns und in der Aussicht auf ein doppeltes Ehebündnis mit dem zuvor zweimal zum Schutze des Papstes besiegten Langobarden. Diese überraschende Schwenkung kann nicht gegen den Willen KARLS erfolgt sein, denn er war es, der die von Bertrada mitgebrachte Tochter des Desiderius noch 770 heiratete, unter Aufgabe der Himiltrud und gegen den beschwörenden Warnungen aus Rom vor "dem treulosen und stinkenden Volk der Langobarden". Zwar kam die von Desiderius auch gewünschte Vermählung seines Sohnes (und Mitkönigs) Adelchis mit der 13-jährigen Gisela, der Schwester der Frankenkönige, nicht zustande, doch wog die neue Allianz schwer. Sofern sie nur dazu dienen sollte, dem jüngeren Karlmann, dessen südliches Teilreich allein an die Alpen grenzte, den Weg zu einer erfolgreichen Fortsetzung der hegemonialen Italienpolitik Pippins zu verbauen, war der Preis hoch, denn unter dem wachsenden Druck des Desiderius kam es bereits im Frühjahr 771 zu einem Umsturz in Rom, durch den die dortige frankenfreundliche Partei ausgeschaltet und Stephan III. genötigt wurde, sich den Langobarden zu fügen. Das mag bewirkt haben, dass KARL nicht lange bei diesem Kurs blieb, denn nach Einhards Bericht hat er die "auf Geheiß seiner Mutter" geheiratete langobardische Königstochter (unbekannten Namens) schon nach einem Jahr wieder verstoßen. Die Zeitangabe läßt offen, ob dieser Entschluß noch vor dem Tod Karlmanns gefaßt wurde (und dessen Witwe dann Veranlassung gab, sich zu Desiderius, KARLS brüskiertem Schwiegervater, zu flüchten) oder erst nach dem Tod des Bruders, als die unverhoffte Aussicht auf die eigene Alleinherrschaft KARL die Bindung an den Hof von Pavia als lästige Fessel erscheinen zu ließ.
    Jedenfalls brachte die sichtliche Verschlechtereung der fränkischen Position in Italien keine Annäherung der karolingischen Brüder mit sich. Vielmehr soll ein offener Krieg zwischen beiden unmittelbar bevorgestanden haben, als der 20-jährige Karlmann nach kurzer Krankheit am 4.12.771 in der Pfalz Samoussy (bei Laon) starb; er wurde in der Regiuskirche in Reims bestattet.
    Die Quellen verschweigen nicht, dass es damals eine unzufriedene Minderheit vornehmer Franken vorzog, mit Karlmanns Witwe Gerberga und ihren kleinen Kindern ins Exil bei den Langobarden zugehen.





    oo Gerberga, Tochter des Langobarden-Königs Desiderius um 750- nach 771

    Kinder:

    - Pippin 770-



    Literatur:
    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 281 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 36,103,197,217,230,284,286,297 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 154,191,230 - Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 495,499 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 294 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 65,222, 304 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57,77 - Epperlein Siegfried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974, Seite 13,17,21,138 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 53,67,70-83,94,97,119,137,140,193,257 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 130,230 - Illig Heribert: Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite 40,346 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 34-36,39,41,50,99,110,158,188,251 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963, Seite 10,53 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 92,97,99,112,114,121,125,168 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 62,65,69-74,91 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 18,20,23, 95 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 385,392,403 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 48,58-61,64,67,69,71,89,104,138,141,194 -

    Neue Deutsche Biographie - Karlmann

    fränkischer König, * 751, † 4.12.771 Samoussy (bei Laon), ⚰ Reims, Saint Remi.

    K. wurde an Ostern 754 mit seinem Bruder an dem Schenkungsversprechen Pippins für die römische Kirche beteiligt und empfing zusammen mit dem Vater und dem Bruder am 28.7.754 in Saint Denis vom Papst Stephan II. die Königssalbung und den Titel patricius Romanorum; in den Briefen Stephans II. und Pauls I. an Pippin (Codex Carolinus) wird er von 755 an oft erwähnt. Er begleitete den Vater 762 auf einer Heerfahrt nach Wasconien, unterfertigte am 13.8.762 ein Königsdiplom und wurde 763 – wie sein Bruder – mit der Verwaltung einiger (nicht näher bezeichneter) Grafschaften betraut. Pippin verfügte vor seinem Tode (24.9.768) eine Reichsteilung, die von den traditionellen Teilreichen Austrien und Neustrien gänzlich abwich: K. erhielt eine südliche Ländergruppe, die von der Mitte Aquitaniens bis Alemannien reichte. Am 9.10.768 fand die Thronerhebung und Salbung (vielleicht auch eine Krönung) K.s in Soissons, die Karls in Noyon statt. Aus K.s kurzer Regierungszeit haben sich 12 Diplome erhalten. An seinem Hofe begegnen mehrere geistliche und weltliche Mitarbeiter Pippins, darunter der Abt Fulrad von Saint Denis.

    Das Verhältnis der beiden Brüder zueinander war offenbar von vornherein unfreundlich, durchlief aber Schwankungen. Sie entsandten gemeinsam 12 fränkische Bischöfe aus beiden Reichsteilen zu der Lateransynode, die Stephan III. im April 769 hielt. Um die gleiche Zeit aber kam es zum ersten Bruch, indem K. nach einer Begegnung mit Karl im Poitou die Teilnahme am Feldzug nach Aquitanien verweigerte, vielleicht weil Karl die Herrschaft über ganz Aquitanien an sich zog. Das zunächst wiederhergestellte Einvernehmen, von dem eine neuerliche gemeinsame geistliche Gesandtschaft nach Rom zeugt (769/70), hielt nicht lange vor. Die Königinmutter Bertrada, die im Mai 770 im elsässischen Selz eine Zusammenkunft mit K. hatte, strebte eine Aussöhnung sowohl mit dem Bayernherzog Tassilo wie mit dem Langobardenkönig Desiderius an. Eine solche Politik führte in ihren Auswirkungen von der Linie Pippins weg, entsprach aber auch keineswegs dem Willen K.s, dessen Teilreich an Bayern und Italien grenzte. Auf ihn setzte daher der von diesem Umschwung bedrohte Papst seine Hoffnung und trug ihm die Patenschaft für den Sohn Pippin an. K. suchte in der Tat durch seine Beauftragten in Rom der Verdrängung der Frankenfreunde entgegenzuwirken, konnte aber nicht vorhindern, daß sich der langobardische Einfluß durchsetzte und der anfangs heftig widerstrebende Papst sich schließlich selber dem vom Hofe Karls begünstigten Bündnis mit Desiderius fügte.

    Um die Jahreswende 770/71 war K. eingekreist durch eine situations-, ja augenblicksbedingte Koalition, die an sich den fränkischen Interessen zuwiderlief, wahrscheinlich aber von Karl herbeigeführt worden war, um gegen den Bruder die Alleinherrschaft zu erkämpfen. Der drohende offene Kampf kam jedoch nicht zum Ausbruch. Verzögernd dürfte sich ausgewirkt haben, daß Desiderius 771 gewaltsam in Rom auftrat und die Führer der fränkischen Partei rücksichtslos beseitigen ließ. Sein Bündnis mit Karl war also schon zerbrochen, als der Tod K.s der innerkarolingischen Rivalität ein kampfloses Ende setzte. Ohne auf Widerstand zu stoßen, trat Karl mit einem Huldigungstage in Corbeny bei Laon die Herrschaft im Gesamtreich an. Gerberga floh mit ihren Söhnen zum einstigen Widersacher Desiderius. Dieser forderte von dem neuen Papst Hadrian I. die|Königssalbung der Söhne K.s und wollte sie durch einen Zug nach Rom erzwingen. Die entschiedene Rückwendung Hadrians zum Bunde mit den Franken leitete alsbald zum Eingreifen Karls in Italien über. In Verona gab sich Gerberga mit ihren Söhnen im Winter 773/74, freiwillig oder gezwungen, in die Gewalt Karls. Damit verstummen die Nachrichten über sie. Der offiziösen karolingischen Geschichtsschreibung war wenig daran gelegen, die Erinnerung an K. und seine Familie lebendig zu halten.

    Literatur
    ADB 15; Regg. Imp. I; MGH DD Karol. I; Codex Carol. Nr. 6-14, 17-19, 21 f., 24, 26, 28 f., 32-38, 42, 44 f., 47 f., 98 f. (MG Epp. III 488 ff.; Jbb. d. Fränk. Reiches, Kg. Pippin; Jbb. d. Fränk. Reiches, Karl d. Gr. I, 21888; - K. F. Werner, Das Geburtsdatum Karls d. Gr., in: Francia 1, 1973, S. 136 ff. (zu Karlmanns Geburtsj. 751); M. Lintzel, Karl d. Gr. u. K., in: HZ 140, 1929, S. 1-22; ders., Ausgew. Schrr. II, 1961, S. 10-26; E. Delaruelle, Charlemagne, Carloman, Didier et la politique du mariage franco-lombard, in: Revue historique 170, 1932, S. 213-24; - siehe auch Literatur zu, zum, zur Karl d. Gr. u. Karolinger.



    Begraben:
    Regiuskirche

    Gestorben:
    Pfalz Samoussy

    Familie/Ehepartner: Gerberga. Gerberga wurde geboren um 750; gestorben nach 771. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 43. von Franken, Pippin  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 770.

  4. 23.  von Franken, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 757; gestorben in 810 in Chelles [77500],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Chelles [77500],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Chelles [77500],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; Äbtissin des Klosters Chelles
    • Titel/Amt/Status: Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich; Äbtissin des Klosters Notre Dames de Soissons

    Notizen:

    Gisela
    Äbtissin des Klosters Chelles
    Äbtissin des Klosters Notre Dames de Soissons
    757 † 810 Chelles Begraben: Chelles
    Einzige überlebende Tochter des Franken-Königs Pippin der Kleine aus dem Hause der KAROLINGER und der Bertha von Laon, Tochter von Graf Heribert

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 1464

    Gisela (Ghysela, Gisla)
    * 757, † 810 Chelles Begraben: Chelles
    Tochter König Pippins und der Bertrada, Schwester KARLS DES GROSSEN

    Sie war wie ihr Bruder KARL, der sie nach dem Zeugnis Einhards (Vita Karoli cap. 18) "similiter ut matrem" ehrte, mit den artes liberales vertraut und wegen ihrer Bildung hochgeschätzt. Als junge Prinzessin noch zu Lebzeiten ihres Vaters vom byzantinischen Kaiser Konstantin für seinen Sohn (Cod. Carol. ep. 38), nach 768 vom langobardischen König Desiderius als Braut für seinen Thronfolger (Cod. Carol. ep. 47) umworben, entschied sie sich bereits "in puellaribus annis" (Vita Karoli cap. 18) für das klösterliche Leben und trat in das Kloster Chelles bei Paris ein, dem sie bis zu ihrem Lebensende als Äbtissin vorstand. Von hier aus blieb sie in engem Kontakt mit dem KARLS-Hof und der Hofgesellschaft, insbesondere mit Alkuin, dessen Freundeskreis sie unter dem Pseudonym 'Lucia' angehörte. Mit ihm unterhielt sie einen lebhaften Briefwechsel (MGH Epp.Karol. IV, nr. 15,84,154,195,196,213,214,216,228), der ihre intensive Teilnahme an den geistigen Bestrebungen des KARLS-Hofes dokumentiert. Alkuin hat ihr (und ihrer Nichte Rotrud) seinen Kommantar zum Johannesevangelium gewidmet, den er im wesentlichen auf ihre Anregung hin geschrieben hat (MGH Epp. Karol. IV nr. 196, 213).

    Literatur:
    JDG Pippin, 1871 [L. Oelsner] - B. Bischoff, Die Kölner Nonnenhss. und das Skriptorium von Chelles (Karol. und otton. Kunst. Forsch. zur Kunstgesch. und Chr. Archäologie, III, 1957), 395ff. - J. Fleckenstein, Karl d. Gr. und sein Hof (Braunfels, KdG I, 1965), 24ff. -

    Schwennicke Detlev: Tafel 4, "Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

    GISELA
    * 757, † 810
    788 Äbtissin von Chelles

    Hlawitschka Eduard: Seite 82, "Die Vorfahren Karls des Großen"

    58 Gisela

    Erat ei (= KAROLO) unica soror nomine Gisla; Einhard, Vita Karoli c. 18. Der beiden in den ersten Kinderjahren gestorbenen Schwestern Rothaid und Adelheid wird dabei nicht gedacht. Die Annahme L. Levillains, Le charte de Clotilde (wie in Nr. 32), Seite 59, daß KARL noch eine weitere Schwester Rotrude hatte, die mit Graf Gerhard I. von Paris vermählt war und Nachkommen hinterließ, dürfte durch diese Aussage aber doch wohl widerlegt sein. - Eine Urkunde der Ghysela, nobilissima regis filia Pippini et Bertredane regine olim, DKar. 319, Seite 484.

    Nach der Ablehnung byzantinischer und langobardischer Brautwerbungen war sie früh ins Kloster Chelles eingetreten, wo sie vor 788 Äbtissin wurde und, gerühmt für ihre hohe Bildung, zeitlebens Kontakt mit dem Hof beibehielt.

    Konecny Silvia: Seite 83 ,"Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Während die repräsentative Funktion nur am Hof ausgeübt wurde, nahmen am kulturellen Leben nicht nur die Frauen und Töchter KARLS teil, die in seiner unmittelbaren Umgebung lebten, sondern vor allem auch Gisla, die Schwester des Herrschers. Sie bildete in dem Kloster Chelles, dessen Äbtissin sie war, ein Zentrum geistiger Regsamkeit.
    Gisla erbaute in Chelles eine neue Kirche und betrieb hier vielleicht auch ein großes Skriptorium, in dem Nonnen zur Schreibarbeit herangezogen wurden. In ihrer Amtszeit wurden in Chelles zumindest zwei Heiligenviten verfaßt. Sie stand mit Alkuin in regem Briefwechsel und unterhielt Kontakte zu Angilbert und anderen bedeutenden Männern des zeitgenössichen Geisteslebens. Gisla war wohl nicht nur informiert über kulturelle Bestrebungen, sondern auch mitbeteiligt an der Gestaltung des geistigen Lebens überhaupt. KARLS "Hofakademie" hatte allem Anschein nach ein zweites Zentrum in Chelles. Darüber hinaus gelang Gisla eine Synthese von geistigen Bestrebungen und politischer Einflußnahme in ganz spezifischer Form. Chelles war unter ihr eine Nachrichtenzentrale ersten Ranges, die sogar den wohlinformierten Alkuin gelegentlich mit Neuigkeiten beliefern konnte. Hier wurde karolingische Geschichte geschrieben, denn die Annales Mettenses dürften unter Gisla in Chelles entstanden sein. Sie waren eine karolingische Familienchronik mit Propagandawirkung ersten Ranges. Gislas Wirken als Äbtissin von Chelles schuf wohl eine jener Zellen im karolingischen Reich, auf die sich die Herrschaft KARLS DES GROSSEN stützen konnte. Nicht umsonst betonte Einhard die Ehrerbietung, die KARL der Schwester entgegenbrachte. Gislas Bedeutung ist auch dadurch bezeugt, daß sie selbst urkundete, ja sogar über einen eigenen "cancellarius" verfügte.

    Treffer Gerd: Seite 23-29, "Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)"

    In Bertradas Vorstellungen soll dieses friedensstiftende Ehesyndikat vervollständigt werden durch die Heirat ihrer Tochter Gisela mit dem langobardischen Königssohn und Thronfolger Adelchis. KARL beugte sich zwar dem Spruch seiner Mutter in bezug auf seine Ehe mit Desiderata. (Sein Biograph Einhard schreibt: "Sodann heiratete er auf Anraten seiner Mutter eine Tochter des Langobarden-Königs".) Bei Gisela aber legte er sich quer. Vielleicht weil er, wie die Sage berichtete, eine verbotenne Neigung zu seiner Schwester hatte, als deren inzestuöse Frucht der Held des Rolandliedes und Graf der bretonischen Mark, Roland, genannt wird. (Das würde KARLS liebevolle Zuneigung zu Roland erklären). Vielleicht weil er die Langobardenpolitik seiner Mutter nur als Zwischenspiel ansieht und davon ausgeht, daß ein Mann sich leichter aus einer unbequemen Ehe befreien kann als eine Frau.
    Bertrada reiste nach Rom, um an den Gräbern der Heiligen zu beten und dem Papst die neue Mächtekonstellation in Europa zu berichten. Der Papst aber kann ihr niemals zustimmen. Sein Gebiet von Norden wie von Süden von langobardischgen Territorien eingekeilt und nun auch noch die Langobarden mit den Franken ausgesöhnt? Ein Alptraum für den Papst. Er wettert insbesondere gegen die Ehe von KARL und Desiderata.

    Dahn Felix: Seite 496, "Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas"

    Die einzige Schwester, Gisela, war 757 geboren; sie wurde als Kind bereits umfreit für den Kaiser-Sohn zu Byzanz und für den Sohn des Langobarden-Königs zu Pavia. Sie aber wählte früh den Schleier und lebte später als Äbtissin im Kloster Chelles bis 810. KARL erwies ihr brüderliche Liebe; sie stand in regem Verkehr mit Alkuin. Sie hat dazu beigetragen, daß er seinen Kommentar zum Johannesevangelium schrieb.

    Herm, Gerhard: Seite 123,129, "Karl der Große"

    Aber nein, sagen die Kenner der unverbürgten, im Volk verbreiteten Karlsvita. Roland war in Wirklichkeit KARLS Sohn, gezeugt mit der eigenen Schwester Gisela. Wofür hätte diese als Nonne im Kloster Chelles ein Leben lang büßen sollen, wenn nichcht für ihre große, sündige Liebe? KARL beglich auch mit der Niederlage in Spanien eine nur ihm bekannte Schuld. Man kann derlei Unterstellung zu den Ausgeburten der reinen Phantasie zählen, man kann ihren Urhebern aber ebensogut ein gewisses Maß an psychologischem Spürsinn zugetsehen.
    KARL mag bei diesem nicht ungeschickten Überrumpelungsversuch daran gedacht haben, daß bereits Pippin ein ähnlichesr Vorschlag gemacht worden war. Dessen Tochter Gisela - die gleiche Frau, die als Mutter Rolands galt - hatte er dem damaligen Herrscher von Byzanz vermählen sollen. Aus der ebenfalls von einem Papst angesponnenen Beziehung war jedoch nichts geworden, weil Pippin, als er die Tochter hätte ziehen lassen müssen, einfach erklärte, er brächte es nicht übers Herz, sie außer Landes zu schicken.

    Illig Heribert: Seite 50, "Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte."

    Unser Kaiser blieb bis ins hohe Alter rüstig und lendenstark: Als 58-jähriger Witwer lebte er mit vier Konkubinen und geriet sogar in den Verdacht der Blutschande, habe er doch mit seiner Schwester Gisela seinen späteren Paladin Roland gezeugt [Herm 1995,123].

    Riche Pierre: Seite 98,105, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Zudem war der Papst bereit, die Patenschaft für Pippins Tochter Gisela zu übernehmen. Zwischen den Päpsten und den KAROLINGERN entstand so eine regelrechte geistige Verwandtschaft.
    Trotzdem gab die griechische Diplomatie noch nicht auf, man verhandelte über eine mögliche Ehe zwischen Pippins Tochter Gisela und dem Sohn Kaiser Konstantins.

    Schieffer Rudolf: Seite 63,68,72,89,108, "Die Karolinger"

    Das päpstliche Bestreben nach dauerhafter geistlicher Verwandtschaft zeigte auch Paul I. (757-767), der in seinem Schreiben an Pippin eigens festhielt, daß er das Tauftuch von dessen neugeborener Tochter Gisela in Empfang genommen habe und gemäß dieser symbolischen Taufpatenschaft nun als compater der königlichen Familie für deren Wohlergehen zu Gott bete.
    Dem in den Reichsannalen ohne ein Resultat vermerkten Ereignis waren ein Jahrzehnt lang Gesandtschaften zwischen Konstantinopel und dem fränkischen Hof vorausgegangen, die zunächst wohl durch die politische Berührung in Italien veranlaßt wurden, später aber (um 766/67) zum Angebot einer Ehe des Kaiser-Sohns Leon mit Pippins Tochter Gisela führten, worauf sich der Franken-König freilich nicht einließ (angeblich mit der Begründung, er dürfe sein Kind nicht ins Ausland verheiraten, tatsächlich wohl eher aus Rücksicht auf den Papst, der jeden fränkisch-byzantinischen Zusammengehen mißtraute).
    Zwar kam die von Desiderius auch gewünschte Vermählung seines Sohnes (und Mit-Königs) Adelchis mit der 13-jährigen Gisela, der Schwester der Franken-Könige, nicht zustande, doch wog die neue Allianz schwer.
    KARLS einzige Schwester Gisela war nach der Ablehnung byzantinischer und langobardischer Brautwerbungen früh ins Kloster Chelles eingetreten, wo sie vor 788 Äbtissin wurde und, gerühmt durch ihre hohe Bildung, zeitlebens Kontakt mit dem Hof beibehielt.
    810 starben nacheinander seine hochgeschätzte Schwester Gisela, Äbtissin von Chelles, seine älteste Tochter Rotrud und auch noch sein Sohn Pippin, der König des einst langobardischen Italiens.

    Wies Ernst W.: Seite 61,226, "Karl der Große. Kaiser und Heiliger."

    Überwölbt werden sollte dieses Ehesyndikat durch die Verheiratung des langobardischen Thronfolgers und Königs-Sohnes Adelchis mit der Bertrada-Tochter Gisela.
    Seine geliebte Schwester Gisela setzte KARL über die Frauenklöster von Chelles und Notre Dames de Soissons.

    Literatur:
    Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 496 - Einhard: Das Leben Karls des Großen. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band V Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1974 - Fleckenstein Josef: Karl der Große und sein Hof. In: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band I Seite 24 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 123,129,278 - Illig Heribert: Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite 50 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 133,204 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 64,79,83,84 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 98,105,128,170 - SSchieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 63,68,72,74, 89,108 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 97 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 4 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 23-29 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 61,226 -

    Familie/Ehepartner: Gerold II.. Gerold (Sohn von Gerold und Imma) wurde geboren um 755/760; gestorben am 1 Sep 799 in Pannonien,Ungarn; wurde beigesetzt in Reichenau [78479],Konstanz,Baden-Württemberg,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 44. Erbio  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 808.
    2. 45. Adrian  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren nach 772; gestorben nach 793.


Generation: 6

  1. 24.  von Franken, Amaudru Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    heiratet einen Grafen von Paris


  2. 25.  von Franken, Pippin Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 770; gestorben in 811 in Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Notizen:

    Pippin der Bucklige
    770 - 811 Kloster Prüm

    Einziger Sohn des Kaisers KARL I. DER GROSSE aus seiner Fridelehe mit der Himiltrud


    Er erhielt bei der Geburt den Namen Pippin und wurde damit als vollberechtigter Erbe bezeichnet, obwohl die Verbindung seines Vaters kaum eine Vollehe war. Durch den 781 erfolgten Namenswechsel Karlmanns, der nunmehr Pippin hieß, verlor er sein Recht auf die Nachfolge im Frankenreich und wurde im Laufe der Zeit als illegitim betrachtet. Er hat 791/92 versucht, Verbindung zur Adelsopposition gegen seinen Vater aufzunehmen, um eine Teilhabe am Erbe zu erhalten; nach dem Scheitern dieses Aufstandes endigte Pippin "der Bucklige" im Kloster Prüm.

    Schieffer Rudolf: „Die Karolinger“

    Zu den äußeren Gefahren kam auch noch eine neue Verschwörung im Innern, in deren Mittelpunkt Pippin der Bucklige stand, der älteste, wohl erst im Laufe der Zeit als illegitim betrachtete Sohn KARLS. Mit einer Gruppe vornehmer Franken, die in den Quellen weder identifiziert noch durch die Beweggründe ihrer Unzufriedenheit näher beschrieben wird, soll er vorgehabt haben, den König und dessen legitime Söhne zu beseitigen und ein eigenes Regiment zu errichten. Der Plan wurde verraten und von KARL mit schweren Strafen geahndet; Pippin selbst verschwand für den Rest seiner Tage im Kloster Prüm. Da das Komplott als Reaktion auf seine Zurückstufung in der Thronfolge reichlich spät käme, ist eher anzunehmen, dass er sich in den Positionskämpfen der Aristokratie als Aushängeschild hat benutzen lassen, wie dies in späteren Generationen noch häufiger geschehen sollte.

    Konecny Silvia: Seite 65,71, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert.

    Eine erste Verbindung ging KARL wohl noch zu Lebzeiten seines Vaters, vielleicht bald nach 763, mit einem adeligen Mädchen namens Himiltrud ein. Der Sohn Himiltruds, Pippin der Bucklige, scheint zunächst, wie erwänhnt, als erbberechtigt gegolten zu haben. Erst die Taufe des jüngeren Bruders, Karlmann, der der Vollehe mit Hildegard entstammte, sollte wohl die Aberkennung des Erbanspruchs demonstrieren. Die Reaktion Pippins des Buckligen darauf erfolgte erst 792. Es ist durchaus möglich, daß er inzwischen neue Hoffnungen auf ein Erbteil fassen konnte. Vielleicht sah er in der Verleihung der Grafschaft Maine an seinen Halbbruder Karl seine Erwartungen eendgültig enttäuscht. Leider ist Pippins Aufstand nicht zu lokalisieren, und der Personenkreis seiner Anhänger weitgehend unbekannt. Angaben dieser Art könnten nämlich Hinweise auf die Sippe Himiltruds enthalten, denn Pippin suchte zweifellos bei seiner mütterlichen Verwandtschaft und in deren regionalen Einflußgebiet Unterstützung.
    Auch Pippin der Bucklige, der vielleicht erst kurz vor 792 endgültig von der Herrschaft ausgeschaltet wurde, blieb allem Anschein nach unvermählt.


    Literatur:
    Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 500,510 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 58,77 - Epperlein Siegfried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974, Seite 90,138 - Fleckenstein. Josef: Karl der Große. Muster-Schmidt Verlag Göttingen 1990 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 76,119,188,212,312,316 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 99,107-109,141,252 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 65,71 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 123,170,174 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 71,74,81,87,90,108 - Schmid, Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 386,398 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 27,36,41 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 63,157,207,254 -

    Gestorben:
    Kloster Prüm


  3. 26.  von Franken, Karl Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 772; gestorben am 4 Dez 811.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 806-811, Fränkisches Reich; Frankenkönig

    Notizen:

    Karl der Jüngere Frankenkönig (806-811)
    772-4.12.811
    Ältester Sohn des Kaisers KARL I. DER GROSSE aus seiner 2. Ehe mit der Hildegard, Tochter von Graf Gerold

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 966

    Karl der Jüngere, fränkischer König
    + 4. Dezember 811
    Sohn KARLS DES GROSSEN und der Hildegard

    Nach der Ausschaltung seines ältesten Sohnes Pippin des Buckligen 781/92 standen KARL DEM GROSSEN für seine Nachfolgeregelung Karl, Pippin und LUDWIG (DER FROMME zur Verfügung. Die Rolle des Ältesten, Karls, bleibt zunächst undeutlich, sieht maman von einer Statthalterschaft siet 790 in Maine einmal ab; seine Brüder wirkten bereits seit 781 als gekrönte und gesalbte Unterkönige in Italien und Aquitanien. Erst im Zusammenhang mit KARLS DES GROSSEN Kaisererhebung sind Krönung und Salbung Karls zum König bezeugt. Der Vorrang Karls, der zwischen 784 und 808 mehrfach mit militärischen Aufgaben vor allem an der Ostgrenze bedacht worden war, erwies sich erst in der Divisio regnorum von 806. Ohne Entscheidung über das Kaisertum wurde Karl hier der fränkische Kernbereich zwischen Loire und Elbe zugewiesen. Der frühe Tod Pippins (810) und Karls ließen LUDWIG DEN FROMMEN die Nachfolge im Kaisertum und Reich antreten.

    Literatur:
    HEG I, 581-583 - NDB XI, 174f. - C. Brühl, Frk. Krönungsbrauch und das Problem der 'Festkrönungen', HZ 194, 1962, 307-312 - P. Classen, Karl d. Gr. und die Thronfolge im Frankenreich (Fschr. H. Heimpel III., 1972), 109-134 -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 443, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000

    (1.-8. Generation)"
    II. Generation 2
    Zum Königtum Karls Eiten 46ff. Zur Krönung Brühl (HZ 194,1962) 308, 312. Zur Nachfolge im Kaisertum BM² 467a.

    Rappmann Roland/Zettler Alfons: Seite 430, "Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter"

    KARL DER JÜNGERE + 4.12.811
    Necr. A. 5.12. "Karolus", Sohn KARLS DES GROSSEN

    Literatur:
    Classen, Karl der Große Seite 109ff., Seite 126f.; Werner, Nachkommen Seite 443 Nr. 2 und Tafel Nr. II/2; NDB 11 Seite 174f.; Die Klostergemeinschaft von Fulda 2,1 Seite 315 K 21; Lexikon des Mittelalters 5 Spalte 966f. Zum Todestag: BM² 467a; Abel-Simson, Jahrbücher 2 Seite 474 Anm. 2 (beide ohne Nennung des Reichenauer Necrologs).

    König Karl war der zweitälteste Sohn KARLS DES GROSSEN. Nachdem er 788 das Königtum in Neustrien erhalten hatte, wurde er 806 in der Divisio regnorum als Nachfolger im Kaisertum vorgesehen. Seine Mutter war die aus Alemannien stammende Hildegard, die Schwester des auf der Reichenau begrabenen Grafen Gerold (II.). Obwohl als Karls Todestag der 4.12. überliefert und der Eintrag im Reichenauer Necrolog ohne Titel ist, kann an der Identität Karls mit dem kaiserlichen Sohn auf Grund des seltenen Namens und des nur geringfügig abweichenden Todestages kein Zweifel bestehen. Als einziges Necrolog scheint das Reichenauer Totenbuch seinen Tod aufzuführen. Daneben wird er auch unter den verstorbenen Angehörigen der Königsfamilie in den Gedenkbüchern Reichanaus (p. 114 A4) und St. Gallen (Libri confrat. col. 22,4) genannt; zu den Einträgen vgl. Beyerle, Das Reichenauer Verbrüderungsbuch Seite 1114f und Schmid, Zur historischen Bestimmung Seite 504f.

    Karl wurde anläßlich der Kaiserkrönung seines Vaters durch Papst Leo zum König gekrönt und gesalbt. Er unterwarf 806 die Sorben zwischen Elbe und Saale. Nach dem Plan der Reichsteilung von 806 sollte er mit Neustrien und Austrien das ganze altfränkische Kernland und zudem noch Sachsen, Thüringen, Friesland sowie Teile Bayerns, Alemanniens und Burgunds bekommen.
    Er starb als Haupterbe seines Vaters unvermählt.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Als 805 Papst Leo III. ins Frankenreich kam, sandte ihn sein Vater entsprechend dem Zeremoniell von 753/54 in die Alpen entgegen. Der jüngere Karl, seit 800 gekrönter König, trat vollends in den Vordergrund, als der Vater 806 nach Art der Vorfahren daranging, sein Haus zu bestellen. Gemäß dem Konzept, das schon 781 bei der Ausstattung Pippins und LUDWIGS, der anderen Söhne Hildegards, erkennbar geworden war, ließ der Kaiser auf einer Versammlung in Diedenhofen von den Großen als Nachfolgeordnung (mit der modernen Bezeichnung Divisio regnorum) beschwören, dass nach seinem Tode Pippin außer dem bisherigen Unterkönigreich Italien auch Bayern und das südliche Alemannien, LUDWIG neben Aquitanien auch Septimanien, die Provence und Teile Burgunds beherrschen sollten, während ihrem Bruder Karl der gesamte fränkische Kernraum zwischen Loire und Rhein samt dem Neuland bis zur Elbe und Donau zufallen würde. Mochten die Bereiche auch in etwa gleich groß bemessen sein, so fieel doch schwer ins Gewicht, dass Karl abweichend von älterer Teilungspraxis zum alleinigen Inhaber des karolingischen Familienbesitzes sowie des Großteils der Königsgüter, Pfalzen und Reichsklöster ausersehen wurde. Er war damit der Haupterbe und als eigentlicher Nachfolger des großen KARL zu erwarten, obgleich eine Verfügung über das Kaisertum unterblieb, das ja im Unterschied zur fränkischen Königsmacht seinem Wesen nach unteilbar war.
    Karl der Jüngere, der bereits in den 790-er Jahren mit dem Vater nach Sachsen gezogen war, fand sein Betätigungsfeld an der östlichen Reichsgrenze gegen die Slawen, wo er 805 in Böhmen und 806 bei den Sorben an der mittleren Elbe einschüchternde Vorstöße unternahm.

    Konecny Silvia: Seite 71, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Bei den Verbindungen der Söhne KARLS DES GROSSEN fällt vor allem auf, daß der gleichnamige älteste Sohn des Herrschers keine Ehe einging und keine Nachkommen hinterließ. Karl der Jüngere galt als Haupterbe KARLS DES GROSSEN. Zeitweise war vielleicht auch an eine Reichsteilung zwischen ihm und Pippin dem Buckligen gedacht, die der traditionellen Zweiteilung des fränkischen Reiches entsprechen sollte. Eine späte Ehe der oder des Haupterben, durch die eine allzugroße Nachkommenschaft verhindert wurde, stellte eine Möglichkeit dar, Erbfolgekonflikte in der nächsten Generation zu vermeiden.
    Ein einziges Heiratsprojekt Karls des Jüngeren widersprach nur scheinbar einem solchen Konzept. Im Jahre 790, etwa zur gleichen Zeit, da er den Dukat Maine zugeteilt erhielt, warb Karl der Jüngere um die Tochter des Königs Offa von Mercia. Das Projekt scheiterte daran, daß Offa eine Doppelheirat wünschte und für seinen Sohn Egfrid KARLS Tochter Bertha forderte. KARL hielt Offas Ansinnen offenbar für eine Anmaßung.

    Herm, Gerhard: Seite 248-249,268,311,313, "Karl der Große"

    Der älteste der drei Brüder war Karl, geboren 772, ein Mann, der dem Vater nachzuschlagen schien und deshalb auch von ihm bevorzugt wurde - es brachte nicht immer Vorteile mit sich. Karl bekam keine abgelegene Provinz, in der er einigermaßen selbständig schalten und walten konnte. Er mußte bei Hofe bleiben, um sich in die Angelegenheiten des Reiches einzuarbeiten. Aus diesem Grund ist von ihm in den Chroniken ebenfalls nur beiläufig die Rede. Er führte ein paar Sachsenzüge an und kämpfte einmal gegen böhmische Slawen, doch waren nicht einmal das herausragende Unternehmungen. Wenn es oben im Norden wirklich gefährlich wurde, schwang sich immer noch der Vater selbst in den sattel. Und des Sohnes bemerkenswertestes politisches Vorhaben durchkreuzte er, ohne dabei Rücksicht auf dessen Gefühle zu nehmen. Karl, der Sohn, hatte gebeten, die Tochter des Königs Offa von Mercia, dem mittleren der drei bedeutenden englischen Reiche heiraten zu dürfen. Auch nach der Kontaktaufnahme seines Sohnes mit Offa hielt er beide lange Zeit hin, um endlich, als der Brite ihm auch noch den Vorschlag machte, das anvisierte Bündnis durch eine Doppelhochzeit abzusichern (eine gleichzeitige Vermählung von Karl junior mit seiner Tochter und einer Tochter KARLS mit seinem Sohn), fürchterlich zu explodieren. Er lehnte den Vorschlag des Angelsachsen nicht nur rundweg ab, er drohte ihm sogar die von ihm kontrollierten Festlandshäfen für englische Güter zu sperren.
    Karl, der Jüngere, erfuhr den Grund der Ablehnung vermutlich nie. Gehorsam fuhr er fort, für seinen Vater Dienst zu tun, und starb 811 als kinderloser Junggeselle. Sein Unglück wie auch das der anderen KARLS-Söhne bestand darin, daß ihnen ihr Erzeuger die Luft wegnahm, die sie gebraucht hätten, um frei zu atmen und in Freiheit zu eigenständigen Persönlichkeiten heranzuwachsen.
    Mit großem Gefolge betritt KARL am 25. Dezember zur festgelegten Stunde die Peterskirche. Das versammelte Volk empfängt ihn mit ehrfurchtsvollem Schweigen. Der Papst schickt sich an, die Messe zu zelebrieren. Die beiden Franken-Herrscher, Vater und ältester Sohn, treten zum Altar und legen ihre Kronreife auf den Opfertisch. Dann knien sie zum Gebet nieder. Abgesprochen ist, daß KARL nach der Feier sein eigenes Diadem wieder an sich nehmen und dem Sohn das andere auf die Stirn drücken wird. Danach soll dieser von Leo gesalbt werden. Statt dessen geschieht jedoch, was der Papst geplant und vorbereitet hat. Das Schlußevangelium ist verklungen, KARL und sein Sohn liegen noch auf den Knien, da tritt Leo an den Altar, ergreift die fränkische Königskrone, hält sie empor und setzt sie dem Vater aufs Haupt. Er sinkt vor ihm zu Boden und betet ihn an. Im selben Augenblick klingen in der Gemeinde vereinzelte Rufe auf, die sich rasch zu einem Sprechchor verdichten: "KARL dem Augustus, dem von Gott gekrönten großen und friedebringenden Kaiser der Römer, Leben und Sieg."
    Ob Karl der Jüngere die Kraft und Fähigkeit gehabt hätte, das Zepter des älteren KARL zu übernehmen und festzuhalten, weiß niemand, er hat sich nie so nachdrücklich ins Licht gedrängt, daß man ihn beurteilen könnte. Der Vater, das ist einigermaßen sicher, hatte sich schon so gut wie entschlossen gehabt, seinen ältesten legitimen Sohn als kaiserlichen Erben einzusetzen, da wurde der junge Karl plötzlich krank und starb am 4. Dezember 811, man vermutet, an Hirnhautentzündung. Er war gerade 39 Jahre alt geworden.

    Literatur:
    Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 198,225 - Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 500,513,517,522,524 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57 - Epperlein Siegfried: Karl der Große. VEB DeuDeutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974, Seite 90,92,138 - Fleckenstein. Josef: Karl der Große. Muster-Schmidt Verlag Göttingen 1990 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 248,268,311,31313 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 11,16,55,82,107,130,234,236,251, 253 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 71,78 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963, Seite 3,8 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Nack Emil: Germanien. Ländern und Völker der Germanen. Gondrom Verlag GmbH & Co. KG, Bindlach 1977, Seite 292 - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 420,426,430,510,516 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 142,167,174 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 79-81,90,103,106-109,112 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 36,41,95 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 423,455 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 121,127,166,168,254,257,260,262 -

    Neue Deutsche Biographie - Karl der Jüngere

    fränkischer König, * 772/73, † 4.12.811.

    Es kann mit hinreichender Bestimmtheit erschlossen werden, daß K. in den politischen Konzeptionen und Entscheidungen seines Vaters einen besonderen Rang einnahm, aber die ausdrücklichen Nachrichten bleiben knapp und undeutlich. Als K.s jüngere Brüder 781 vom Papst Hadrian I. zu Königen gesalbt und gekrönt wurden, erhielt Karlmann den großväterlichen Namen Pippin, den bereits der ältere Halbbruder führte. Dies kann nur bedeuten, daß Pippin der Bucklige, Karls des Großen ältester Sohn – sei es als Illegitimus, sei es als physisch regierungsunfähig – seitdem nicht mehr zu den vollberechtigten Erben zählte, obgleich er weiterhin am Hofe blieb und den Ehrenrang des Königssohnes erst einbüßte, als er 792 im Gefolge einer Hofverschwörung in das Kloster Prüm verwiesen wurde, wo er 811 starb. Aus alledem ergibt sich, daß K. aller Wahrscheinlichkeit nach schon 781, ohne jeden Zweifel aber seit 792 als ältester legitimer Königssohn galt, doch wurde er vorerst nicht zum König erhoben. Wenn 781 Pippin für Italien, Ludwig für Aquitanien als Unterkönige bestellt wurden, so ist dies als eine Sonderregelung für die erst unlängst angegliederten Nebenreiche zu verstehen. Dagegen darf unterstellt werden, daß K. zum Nachfolger im eigentlichen Frankenreich ausersehen war. Welche territoriale Ausstattung ihm zufallen würde, stand vorerst dahin, denn an eine Erbteilung unter seinen noch im Kindesalter stehenden Söhnen dachte Karl der Große offensichtlich noch nicht. Da der fränkischen Rechtstradition auch ein Mitkönigtum unbekannt war, fehlte jeder Anlaß für eine besondere Rechtshandlung Karls des Großen und für eine formelle Rangerhöhung K.s. Nur unsicher zu deuten ist die Nachricht, daß K. 789/90 auf Geheiß des Vaters einen ducatus oder ein regnum (ein Grenzkommando? einen Herrschaftsbereich?) im westlichen Neustrien um Le Mans übernommen habe, wovon dann aber nichts mehr verlautet. Es ist denkbar, daß hier ein gewisser Zusammenhang mit Karls des Großen etwa um diese Zeit verfolgtem Plan bestand, K. mit einer Tochter des angelsächsischen Hegemonialkönigs Offa von Mercia († 796) zu vermählen; das Vorhaben zerschlug sich jedoch, da Offa zur Entrüstung des Frankenkönigs dessen Tochter Berta für seinen Sohn verlangte.

    Statt solcher politischer Projekte wird zu 784, 794, 796 und 799 erwähnt, daß K. zusammen mit dem Vater, zum Teil aber schon mit mehr oder minder selbständigen Aufträgen, an den Sachsenkämpfen teilnahm. Am Weihnachtstage 800 wurde K. dann seinerseits in Sankt Peter von Leo III. zum König gesalbt und gekrönt. Dieses Ereignis wurde jedoch schon im Bewußtsein der Zeitgenossen so sehr von der gleichzeitigen Kaiserkrönung des Vaters überschattet, daß es uns nur beiläufig – in der fränkischen Annalistik gar nicht – bezeugt ist. Auch weiterhin hören wir von K. vornehmlich im Zusammenhang mit militärischen Aktionen, die er im Auftrage des Vaters ausführte und die sich fast ausschließlich auf das spätere Ostfranken-Deutschland erstreckten. Als er 801 seinem Bruder Ludwig beim Kampf um Barcelona zu Hilfe kommen sollte, erfuhr er in Lyon, daß die Stadt bereits genommen war. Ende 804 erfüllte er die gleiche protokollarische Aufgabe wie ein halbes Jahrhundert zuvor sein Vater, indem er dem Papst Leo III. zur Begrüßung nach Saint-Maurice entgegenreiste. Im Jahre darauf führte er einen Heereszug gegen Böhmen an.

    Die wichtigste auf K. bezügliche Nachricht findet sich in der von Karl dem Großen verfügten Nachfolgeordnung und Erbteilung, der Divisio vom 6.2.806: sie wich nicht ausdrücklich, wohl aber faktisch vom überkommenen Prinzip einer Ordnung zu gleichen Teilen ab, indem sie zwar die Anteile Pippins und Ludwigs erweiterte, die gesamte eigentliche Francia mit ausgedehnten Nebenländern dagegen ungeteilt K. vorbehielt, dem also ein unverkennbarer politischer Vorrang zufallen sollte. Damit werden Tendenzen sichtbar, die von der nächsten Generation zum Programm der Reichseinheit gesteigert wurden. Wohl wegen der noch unausgetragenen Auseinandersetzung mit Byzanz sah Karl der Große zu diesem Zeitpunkt von einer Verfügung über die Kaiserwürde ab, aber daß er eine Fortsetzung des Kaisertums wollte, ist sicher, und daß K. als Nachfolger im Kaisertum ausersehen war, ist sehr wahrscheinlich und wenigstens andeutungsweise bezeugt. Von einer Mitregierung K.s und neuen Aufgaben ist freilich nach wie vor nichts erkennbar; er zog 806 gegen die Sorben, 808 gegen Slawen jenseits der Elbe zu Felde. – Durch den Tod Pippins (810) und K.s wurden dann alle Nachfolge- und Teilungsbestimmungen hinfällig, Reich und Kaisertum gingen ungeteilt an Ludwig den Frommen über. Der Ausfall K.s ist also sehr folgenreich für die Geschichte des frühen 9. Jahrhunderts geworden, die dem Auseinandertreten Ost- und Westfrankens vorausging, er hat aber auch das Interesse der Chronisten von seiner Person abgelenkt.


  4. 27.  von Franken, Adelheid Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 773/774 in Pavia [27100],Lombardei,Italien; gestorben um Jul 774 in Pavia [27100],Lombardei,Italien.

    Notizen:

    Adelheid
    September 773/Juni 774- Juli/August 774
    Feldlager vor Pavia Feldlager vor Pavia
    Tochter des Kaisers KARL I. DER GROSSE aus seiner 3. Ehe mit der Hildegard, Tochter von Graf Gerold

    Werner Karl Ferdinand: Seite 443, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"
    II. Generation 3

    Brandenburg II 4 gibt als Lebensdaten von Adalhaid "* 774, + 774 VIII". Wir wissen aber lediglich von ihrer Geburt während der vielmonatigen Belagerung von Pavia und ihrem Tod auf dem Heimweg in S-Gallien.

    Wies Ernst W.: Seite 87,254, "Karl der Große"

    Er richtete sich auf eine längere Dauer ein, rief sogar seine Frau Hildegard nebst seinen Kindern ins Feldlager vor Pavia. Dort gebar sie ihm, ob noch im Jahre 773 oder im Jahre 774, eine Tochter. Adelheid soll sie geheißen haben. Wenn Einhard sie nicht erwähnt, so deshalb, weil sie früh starb. Das Kind war den Härten des Lagerlebens nicht gewachsen.
    KARL, diese gewaltige Kraftnatur, hat viel Liebe nötig gehabt. Seine Frauen mußten ihn auf seinen Kriegszügen begleiten. So gebar Hildegard die kleine Adelheid im Feldlager vor Pavia (773/74). Das Kind starb aber bald darauf.

    Literatur:
    Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 79 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 41 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996, Seite 33 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 87,254 -

    Geburt:
    September 773/Juni 774, Feldlager vor Pavia

    Gestorben:
    Juli/August 774, Feldlager vor Pavia


  5. 28.  von Franken, Rotrud Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 775; gestorben am 6 Jun 810.

    Notizen:

    Rotrud
    775-6.6.810
    Älteste Tochter des Kaisers KARL I. DER GROSSE aus seiner 2. Ehe mit der Hildegard, Tochter von Graf Gerold

    Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 1054
    Rotrud (Hrotrud; Pseudonym am Hof 'Columbia')
    * 775, + 6. Juni 810
    Tochter KARLS DES GROSSEN und der Hildegard

    781 auf Anregung der byzantinischen Kaiserin Irene mit Konstantin VI. verlobt, vom Eunuchen Elissaios im Griechischen unterrichtet. Das Eheversprechen wurde 787 gelöst, wobei unklar bleibt, ob auf Betreiben KARLS oder Irenes. Alkuin widmete seinen Kommentar zum Johannesevangelium der gebildeten Rotrud (Angilbert, carm. II, 33: "Rotthrud carmen amat, mentis clarissima virgo") und ihrer Tante Gisela. Rotruds Verbindung mit Graf Rorico (RORGONIDEN) entstammte Ludwig (* um 800), der spätere Abt von St-Denis.

    Literatur:
    G. Tessier, Recueil des actes de Charles II le Chauve, III, 1955, 39f. - G. Musca, Le trattive matrimoniali fra Carlo Magno ed Irene di Bisanzio, Annali della Facolta di Lettere e Filosofia dell’Univ. di Bari 7, 1961, 83-127 - W. Ohnesorge, Abendland und Byzanz, 1963, II, 65-67 - J. Fleckenstein, Karl der Große und sein Hof (Braunfels, Karl der Große I, 1965), 24-50 - W. Berschin, Gr.-Lat. MA, 1980, 136f. - P. Classen, Karl der Große, das Papsttum und Byzanz, 1988 - R. Schieffer, Die Karolinger, 1992.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 443, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 4

    Zu Rotrud vgl. Tessier 3,39f. Zur Verlobung W. Ohnsorge, Abendland und Byzanz, 1963, 11,65-67.
    Zu Graf Rorico (Brandenburrg "Graf von Maine, + nach 832") vgl. Werner, KdG 1,137f.: Rorico begegnet noch in einer Urkunde 839 III 1. (ebd. 137, Anm. 2). Sein Tod lag zeitlich dem Todesdatum LUDWIGS DES FROMMEN (840 VI 20) nah, vgl. MG SS 15,468. Er wurde auch erst spät Graf von Maine, war vorher Graf von Rennes. Man sollte also in bezug auf seine Verbindung mit der schon 810 verstorbenen Rotrud nicht vom "Grafen von Maine" sprechen, wie das häufig geschieht. Es ist nicht sicher, daß er, als er am Hofe KARLS weilte, schon Graf war.

    Rotrud, die den Namen ihrer Urgroßmutter, Karl Martells erster Gattin Chrodtrud, geerbt hatte, war als Kind mit dem byzantinischen Prinzen Konstantin VI. verlobt. Sie war die Geliebte Rorikos von Maine, den sie später heiratete.

    Konecny Silvia: Seite 79,85 , "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    KARLS Patriciustitel wurde von Irene anerkannt und ihr Sohn Konstantin VI. mit KARLS Tochter Rotrud verlobt. Auf byzantinischer Seite gewann man gegenüber KARL Einfluß in Italien, gegen den man zumalen machtlos war, die vage Aussicht auf eine spätere Heirat. Im Grunde handelte es sich also um einen Akt reiner Diplomatie. Der diplomatische Erfolg aber lag vor allem auf Seiten KARLS, deshalb ging er wohl so bereitwillig auf die Verlobung ein. Er unterließ eine Gegenforderung, um die byzantinische Anerkennung nicht zu gefährden, die sein Prestige im eigenen Reich fördern mußte und für ihn eine zusätzliche Legitimierung darstellte. Demzufolge sparte man auch nicht an Aufwand, denm Ernst an dem Projekt zur Schau zu stellen, der kaum den Tatsachen entsprach. Rotrud wurde nämlich in griechischer Sprache unterrichtet und auf ihre Stellung als Gattin des griechischen Kaisers vorbereitet. Als 787 jedoch eine griechische Gesandtschaft die Braut holen kam, zog KARL sich von der Verlobung zurück.
    Die gebildetste der Schwestern aber war wohl Rotrud, die vermutlich über Griechischkenntnisse verfügte. An sie schrieb Alkuin des öfteren. Zuweilen gab er ihr in seinen Briefen den Beinamen Columba. Sie mag er auch in einem Gedicht gemeint haben, wo er eine KARLS-Tochter erwähnt, die Astronomie betreibt. Als Rotrud bei ihrer Tante Gisla in Chelles weilte, übersandte Alkuin den beiden Frauen einen Kommentar zum Johannesevangelium. Beide befaßten sich also mit schwierigen theologischen Problemen.

    Riche Pierre: Seite 170, "Die Karolinger"

    KARL liebte das Familienleben und kümmerte sich selbst um die Erziehung seiner Söhne und Töchter. Wie Einhard schreibt, "speiste er zu Hause niemals ohne sie und machte ohne sie niemals eine Reise". Der Biograph fährt dann fort; "Da seine Töchter sehr schön waren und vom Vater zärtlich geliebt wurden, ist es seltsam, daß er keine von ihnen einem seiner Gefolgsleute oder einem Fremden zur Frau geben wollte. Er sagte, er könne ohne ihre Gesellschaft nicht leben, und behielt alle bis zu seinem Tod bei sich im Hause. Dabei mußte er aber, sonst vom Glück begünstigt, die Tücke des Schicksals erfahren." So verband sich seine Tochter Rotrud heimlich mit Graf Rorico von Maine, und Bertha, de ihrem Vater sehr ähnlich war, wurde die Geliebte des Hofdichters Angilbert und bekam von ihm mehrere Kinder, unter denen der spätere Historiograph Nithard war.

    Schieffer Rudolf: Seite 81,84,90,108, "Die Karolinger"

    Auch die Königstochter Rotrud, die den Namen ihrer Urgroßmutter, Karl Martells erster Gattin Chrotrud, geerbt hatte, wurde eine glanzvolle Zukunft angebahnt, als KARL in Italien eine Abmachung miz Byzanz traf, die eine spätere Ehe Rotruds mit dem jungen Kaiser Konstantin VI. vorsah.
    In Kauf genommen wurden dabei Spannungen mit den Byzantinern, die dazu führten, daß die geplante Übergabe der seit sechs Jahren verlobten Königstochter Rotrud an Gesandte aus Konstantinopel unterblieb. Die nirgends genannten Gründe dürften in der byzantinischen Verärgerung über das Eingreifen KARLS in Benevent wie auch in der fränkischen Verstimmung über den Ausschluß von dem eben am Bosporus geplanten ökumenischen Konzil zur Beendigung des Bilderstreites zu suchen sein, vielleicht auch schon in der Abneigung KARLS, überhaupt eine seine Töchter aus dem Haus zu geben.
    Bei den insgesamt sieben Töchtern, die über das Kindesalter hinausgelangten, sind ähnliche Unterscheidungen nicht zu erkennen, denn sie werden gleichrangig als Stolz ihres Vaters erwähnt, und nachdem sich die Verlobung Rotruds, der Ältesten, mit dem byzantinischen Kaiser Konstantin VI. zerschlagen hatte, ist keine von ihnen zu einer vollgültigen Ehe gelangt. So wissen wir denn nur von informellen Verbindungen verschiedener Prinzessinnen wie Rotruds, die mit dem neustrischen Grafen Rorico einen Sohn Ludwig hatte, oder Berthas, die dem Hofkapellan Angilbert die Söhne Nithard und Hardnit schenkte.
    810 starben nacheinander seine hochgeschätzte Schwester Gisela, Äbtissin von Chelles, seine älteste Tochter Rotrud und auch noch sein Sohn Pippin, der König des einst langobardischen Italien.


    800 oo Roriko Graf von Maine
    -1.3.839

    Kind:
    - Ludwig Abt von St. Denis (840-861) 800-9.1.867

    Literatur:
    Dahn Felix: Die Franken. Emil Vollmer Verlag 1899 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57 - Epperlein Siegfried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974, Seite 27,138 - Herm, Gerrhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 129,149,169,178,287,306 - Illig Heribert: Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite 138 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 11,82,134 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 75,85 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 129, 150,170,233 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 79,81,84,90,108,145 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 37,41 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 94,206,226,254,259,262,268 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989, Seite 252 -

    Rotrud heiratete von Maine, Roriko in 800. Roriko wurde geboren um 770/775; gestorben in 839/841. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 46. von Maine, Ludwig  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 800; gestorben am 9 Jan 867.

  6. 29.  von Italien, Pippin Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 777; gestorben am 8 Jul 810; wurde beigesetzt in Mailand [20100],Lombardia,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Italien; Unterkönig von Italien

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie - Pippin (bis 781 Karlmann)

    karolingischer König von Italien (seit 781), * 777, † 8.7.810 in Italien, ⚰ Mailand.

    Beim zweiten Rombesuch Karls d. Gr. Ostern 781 empfing der Vierjährige von Papst Hadrian I. die Taufe und zugleich den neuen Namen P., der an den Großvater, Kg. Pippin d. J. († 768), samt dessen Italienpolitik gemahnte und zugleich den mißgestalteten älteren Karlssohn gleichen Namens (von Himiltrud) in den Hintergrund rückte. Daß es um eine Vorentscheidung der Thronfolge ging, zeigt sich daran, daß P. zusammen mit dem noch jüngeren Bruder Ludwig, dem späteren Kaiser, der Aquitanien erhielt, gleich auch zum König gesalbt wurde mit der Bestimmung, die Karolinger in Italien zu repräsentieren, während der älteste Bruder Karl in der Umgebung des Vaters verblieb. In Italien wuchs P. unter der anfänglichen Obhut von Karls Vetter, dem Abt Adalhard von Corbie († 826), sowie dem Abt-Bischof Waldo von Reichenau-Pavia († 813/14) auf und trat seit 791 als militärischer Anführer hervor: mehrfach gegen Benevent, ferner gegen die Awaren, deren Niederlage er 796 vollendete, später auch gegen die byzantin. Außenposten in Venetien, wo sich die Kämpfe bis 810 hinzogen. Wiederholt erließ er Kapitularien für sein Teilreich und fällte Gerichtsurteile; auf verlorene Urkunden gibt es immerhin Hinweise. In der „Divisio regnorum“ von 806 sprach ihm Karl als Erbteil außer Italien auch Bayern und das südliche Alemannien zu, doch blieb dies unwirksam, weil P. vor dem Vater starb. Falls seine namentlich nicht bezeugte Gemahlin gemäß neuerer Vermutung (J. Fried) mit Theodrada, der jüngeren Schwester Adalhards und Walas von Corbie (aus der illegitimen Deszendenz Karl Martells) identisch war, wäre leichter verständlich, daß sein Sohn Bernhard, den Karl noch zum Nachfolger in Italien einsetzte, nach 814 als dynastischer Konkurrent in scharfen Gegensatz zu Ludwig d. Frommen geriet und mit seinem Tod infolge von Blendung (818) die von P. begründete Karolingerlinie im Mannesstamm ihr jähes Ende fand.

    Literatur
    ADB 26; MG Capit. I; P. Classen, Karl d. Gr. u. d. Thronfolge im Frankenreich, in: FS H. Heimpel III, 1972, S. 109-34; R. Schieffer, Die Karolinger, 1992, 21997; B. Kasten, Königssöhne u. Königsherrschaft, 1997; G. Albertoni, L'Italia carolingia, 1997; J. Fried, Elite u. Ideologie od. Die Nachfolgeordnung Karls d. Gr. v. J. 813, in: R. Le Jan (Hg.), La royauté et les élites dans l'Europe carolingienne, 1998, S. 71-109; Lex. MA.



    Name:
    eigentlich Karlmann

    Pippin heiratete in 795. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 47. von Italien, Gundrada  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 48. von Italien, Berthhaid  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 49. von Italien, Theodrada  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 50. von Italien, Bernhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 797; gestorben am 17 Apr 818 in Aachen [52056],Nordrhein-Westfalen,Deutschland.
    5. 51. von Italien, Adelheid  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 798; gestorben nach 810.
    6. 52. von Italien, Athela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 798; gestorben nach 810.

  7. 30.  von Franken, Ludwig I.von Franken, Ludwig I. Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 16 Apr 778 in Chasseneuil-du-Poitou [86360],Vienne,Poitou-Charentes,Frankreich; gestorben am 20 Jun 840 in Ingelheim am Rhein [55218],Mainz-Bingen,Rheinland-Pfalz,Deutschland; wurde beigesetzt in Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 11 Sep 813; römischer Kaiser
    • Titel/Amt/Status: 814-840; Frankenkönig

    Notizen:

    LUDWIG I. DER FROMME
    Frankenkönig (814-840)
    römischer Kaiser seit 11.9.813
    16.4.778 Chasseneuil - 20.6.840 Ingelheim Begraben: Metz
    3. Sohn des Kaisers KARL I. DER GROSSE aus seiner 2. Ehe mit der Hildegard, Tochter von Graf Gerold

    Lexikon de Mittelalters: Band V Spalte 2171, LUDWIG I. DER FROMME, Kaiser
    Juni/August 778, + 20. Juni 840
    Chasseneuil bei Poitiers bei Ingelheim
    Begraben: St. Arnulf in Metz
    Eltern: KARL DER GROSSE und Hildegard

    Kinder:
    - LOTHAR I.
    - Pippin
    - Ludwig der Deutsche
    - KARL DER KAHLE
    - Gisela

    Der jüngste Sohn KARLS DES GROSSEN, dessen Zwillingsbruder gleich nach der Geburt gestorben war und der zum Zeichen der Ansippung an das verdrängte Königsgeschlecht den MEROWINGER-Namen LUDWIG ('Chlodwig') erhielt, wurde bereits 781 von Papst Hadrian I. zum König gesalbt und von KARL als Unterkönig von Aquitanien eingesetzt. Er kümmerte sich seit seiner Mündigkeit (791) besonders um den Ausbau der kirchlichen Organisation des Landes und sicherte in mehreren Feldzügen seine Grenze im Südwesten. Da seine Brüder Karl (+ 811) und Pippin (+ 810) vor ihm starben, wurde er von KARL DEM GROSSEN im September 813 in Aachen zum Mit-Kaiser erhoben, und zwar in Form der Selbstkrönung, der die Akklamation der Franken als Reichsvolk folgte. So trat LUDWIG I. beim Tod KARLS DES GROSSEN (28. Januar 814) sofort in die vollen kaiserlichen Rechte ein, doch deutet sich im Wechsel seiner wichtigsten Berater an, daß er von vornherein ein neues Program anvisierte, das unter der Formel der 'Renovatio imperii Francorum' auf eine umfassende neue Ordnung hinauslief. Sie wurde bereits um 817 im Reichsgesetz der Ordinatio imperii offenbar, das die (auffallend frühe) Regelung der Nachfolge zum Anlaß nahm, die Einheit des Reiches zu sichern. LUDWIG DER FROMME folgte in dem Gesetz, das dem ältesten Sohn LOTHAR mit der Kaiserkrone eine Vorrangstellung vor seinen Brüdern Pippin und Ludwig zuwies, Bestrebungen der fränkischen Einheitspartei, die gegenüber dem alten Teilungsprinzip die unitas imperii als notwendiges Korrelat zur unitas ecclesiae verstand und sie als Forderung der göttlichen Weltordnung interpretierte. Da LUDWIG DER FROMME sich selbst die Oberherrschaft über LOTHAR ausdrücklich vorbehielt, erwuchsen daraus zunächst noch keine Konsequenzen. LUDWIG setzte vielmehr die Kirchenreform, die unter KARL zuletzt an Kraft verloren hatte, verstärkt fort. Wie die kirchliche, so intensivierte er auch die weltliche Reformgesetzgebung, deutlich ablesbar an der Zunahnme der Kapitularien, die allerdings bald wieder abflaute. Ein entsprechnder Wechsel zeichnet sich auch in LUDWIGS Verhältnis zum Papsttum ab, dessen Autorität zunächst nicht etwa eine stärkere, sondern eine geringere Rolle als unter KARL DEM GROSSEN spielte, was aber offenbar in Einklang mit dem programm der Renovatio imperii Francorum stand. Bezeichnend dafür, daß die Vereibarungen mit Stephan IV. und Paschalis I. (816/17), die das Hludowicianum als Besitz- und Autonomiegarantie der römischen Kirche verbriefte, auf eine "Angleichung der römischen an die fränkischen Kirchen" (J. Fried) hinauslief. Durch einen Wechsel der Berater wurde diese Lösung 824 im Sinne KARLS DES GROSSEN korrigiert, und zwar in der Weise, daß die Papstwahl wieder derkaiserlichen Kontrolle unterworfen wurde. Die neuen Berater, vor allem Ebo von Reims, standen auch hinter der 822 einsetzenden Dänenmission, die, durch Thronkämpfe in Dänemark ermöglicht, durch die Taufe des Prätendenten Harald 826 in Ingelheim eingeleitet, Ansgar auf den Weg nach Skandinavien wies, doch bereits 834 ihr vorläufiges Ende fand. Es ist stets das gleiche Bild: es bleibt bei stolzen Anfängen, die früher oder später erlahmen, und stets spielt dabei der Wechsel der Berater eine Rolle. Wie die Reichs- und Kirchenreform der frühen Jahre von Benedikt von Aniane und dem Kanzler Helisachar beeinflußt war, so traten seit 821 vor allem Adalhard von Corbie, Wala, Agobard von Lyon und andere an ihre Stelle. Schon den Zeitgenossen war klar, daß LUDWG DER FROMME von seiner Umgebung abhängig war. Dies wurde vollends deutlich, als der Kaiser sich in 2. Ehe mit der WELFIN Judith verband, die seit der Geburt ihres Sohnes KARLS DES KAHLEN (823) alle anderen Berater in den Schatten stellte. Als LUDWIG 829 auf ihr Drängen KARLgegen die Bestimmungen der Ordinatio von 817 einen eigenen Reichsteil zuwies, löste er mit dem Widerstand der älteren Söhne und der Anhänger der Einheitspartei eine Krise aus, die er nicht mehr beizulegen vermochte. Denn auch LOTHAR, der ihm nach der vor allem gegen Judith gerichteten Empörung von 830, die Macht entriß, vermochte sie nicht zu halten, so daß es in wechselnden Kombinationen zu immer neuen Kämpfen kam. Sie erreichten ihren Tiefpunkt 833 auf dem 'Lügenfeld' bei Colmar, auf dem das Heer LUDWIGS DES FROMMEN unter Mitwirkung des von LOTHAR getäuschten Papstes Gregor IV. zu den Söhnen überlief, worauf LUDWIG I. DER FROMME als Gefangener seiner Söhne in Soissons mit seinem erzwungenen Sündenbekenntnis die tiefste Demütigung erfuhr. Damit war der Bogen überspannt, und die allgemeine Reaktion wandte sich nunmehr gegen LOTHAR I., der sich 834 mit seinen Anhängern anch Italien verwiesen sah. Doch kehrte keine Ruhe ein, da LUDWIG DER FROMME nach wie vor darauf bedacht war,den Reichsteil des nachgeborenen KARL zu vergrößern. So hielten die Spannungen nicht nur an, sondern verstärkten sich noch durch die Bedrohung durch äußere Feinde (Normannen, Slaven, Araber). Obwohl es LUDWIG DEM FROMMEN in dieser Bedrängnis gelang, KARL DEN KAHLEN nach dem Tode Pippins 839 mit dessen Erbteil zwischen Rhone, Saone und Maas auszustatten, war die Entscheidung noch nicht gefallen, als LUDWIG I. DER FROMME starb. Die weiteren Kämpfe zeigten vielmehr an, daß die Einheit des Großreiches nicht mehr zu retten war; sie sollten unter dem Druck des Adels 843 in den Vertrag von Verdun einmünden.

    Quellen:
    Böhmer-Mühlbacher, RI I, 1908² [Nachdr. 1966] - Thegan, Vita Hludowici, MGH SS II, 505-603 - Astronomus, Vita Hl.i, ebd. 2, 607-648 - Ernoldus Nigellus, In honorem Hl. i....elegiarum carmen, MGH PP II, 4-79; ed. E. Faral, CHF 14, 1932 -

    Literatur:
    B. V. Simson, JDG L. d. Fr., 2 Bde, 1874 [Neudr. 1969] - A. Kleinclausz, L'Empire carol., 1902 - Hauck, 487-524, 578-688 u.ö. - H. Fichtenau, Das karol. Imperium, 1949 - J. M. Wallach-Hadrill, The Frankish Church (Oxford Hist. of the Christian Church, 1983) - J. Semmler, L. d. Fr.(Ks.gestalten des MA, hg. H. Beumann, 1984) - F. L. Ganshof, L. the Pious reconsidered, History 42, 1957, 171-180 - Th. Schieffer, Die Krise des karol. Imperiums (Fschr. G. Kallen, 1957), 1-15 - J. Flecckenstein, Die Hofkapelle der dt. Kg.e, I, 1959 - J. Semmler, Die Beschlüsse des Aachener Konzils v. 816, ZKG 74, 1963, 15-82 - P. Classen, Karl d. Gr. und die Thronfolge im Frankenreich (Fschr. H. Heimpel, 3, 1972), 109-143 - A. Hahn, Das Hludowicianum, ADipl 21, 1975, 15-135 - R. McKitterick, The Frankish Church and the Carol. Reforms 789-895, 1977 - P. R. McKeon, The Empire of L. the Pious, RevBen 90, 1980, 50-62 - H. Beumann, Unitas ecclesiae - unitas imperii - unitas regni (Sett. cent. it. 27, 1981), 531-571 - H. Fuhrmann, Das Papsttum und das kirchl. Leben im Frankenreich, ebd., 419-456 - R. Schieffer, L. d. Fr., Zur Entstehung des karol. Herrschernamens, FMASt 16, 1982, 58-73 - J. Semmler, Jussit ... princeps renovare praecepta (schr. K. Hallinger, 1982 [= StAns 85]), 97-124 - P. Godman, L. the Pious and the Poets, Franmkish Politics and Carol. Poetry 1987, 116-130 - Charlemagne's Heir, ed. Ders.-R. Collins, 1990 [Beitr. J. Fried, R. Schieffer, K. f. Werner u.a.] -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 443, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 6
    Das Geburtsjahr der Zwillinge LUDWIG und Lothar ist uns nicht "zu Anfang VIII. 778" (so Brandenburg) belegt. Es fällt lediglich in die Zeit der Abwesenheit des Vaters auf dem spanischen Feldzug V. Hlud. c. 2 und 3.
    Zum aquitanischen Königtum Eiten 35ff. und L'Auzias, Le royaume d'Aquitaine, Toulouse 1937.

    Althoff Gerd: Seite 367, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"
    K 22
    Me: 20.6. Hludouuichus imp(erator) pius filus KAROLI magnus + 940 LUDWIG DER FROMME

    (Es.) Zu den Übernahmen aus älteren Vorlagen beim Beginn des eigenständischen ottonischen Gedenkens, zu denen auch derEintrag LUDWIGS DES FROMMEN gehört, siehe oben Seite 189f.
    Vgl. allgemein Biographisches Wörterbuch 2, Spalte 1710ff; FW K 15.
    Zum Todesdatum: BM Nr. 1014c

    Rappmann Roland/Zettler Alfons: Seite 431, "Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter"

    LUDWIG DER FROMME + 20.6.840
    Necr. A/B 21.6. "Hludouuicus imp. aug", Kaiser 813-840

    Literatur:
    ADB 19 Seite 397ff.; Simson, Jahrbücher; BM² 515q-1014c; Werner, Nachkommen Seite 443f Nrn. 6-6c und Tafel II/6; Biographisches Wörterbuch 2 Spalte 1710ff; Die Klostergemeinschaft von Fulda 2,1 Seite 314 K 15; Althoff, Adels- ud Königsfamilien K 22; Charlemagnde's Heir. Zum Todestag: Simson, ebd. 2 Seite 230 Anmerkung 2; BM² 1014c.

    Aufenthalte LUDWIGS auf der Insel sind nicht bekannt; zu seinen heute noch erhaltenene Urkunden für Reichenau vgl. BM² 601,869,991,994 und Brandi, Urkundenfälschungen Seite 3 Nrm. 12-17 und Seite 115 Nrn. 12-18.
    In den Gedenkbüchern der Bodenseeklöster wird LUDWIG unter den Mitgliedern der Königsfamilie genannt. So erscheint er im Reichenauer Verbrüderungsbuch p. 98 A 4, im St. Galler Gedenkbuch p.3 (Libri confrat., col. 12,1) und p.6 (ebd. col. 22,5*, als Nachtrag) und im Liber viventium fabariensis p. 24; zu den Einträgen vgl. Schmid, Probleme einer Neuedition Seite 54ff und Ders., Zur historischen Bestimmung Seite 503ff.
    LUDWIG wurde 781 von seinem Vater als Unterkönig in Aquitanien eingesetzt. In dem von KARL DEM GROSSEN verfaßten Plan einer Reichsteilung (806) blieb LUDWIG Unterkönig in Aquitanien. Am 11.9.813 wurde er von seinem Vater in Aachen zum Nachfolger designiert und ohne päpstliche Mitwirkung zum Mitkaiser gekrönt. Trotz des glanzvollen väterlichen Vorbildes und trotz einer sorgfältigen Erziehung besaß der neue Kaiser nicht genügend Spannkraft, um das riesige Reich zu lenken. LUDWIG stützte sich besonders gegen die weltlichen Feudalgewalten auf die an der Reichseinheit interessierten Kirche; unter seiner Regierung kam es wiederholt zu Reichsteilungen, die Anlaß zu Auseinandersetzungen zwischen seinen Söhnen gab und den sich aus der heterogenen sozialökonomischen Struktur des Frankenreiches ergebenden Zerfallsprozeß des Reiches einleiteten und widerspiegelten. 816 ließ LUDWIG die durch den Vater vollzogene Kaiserkrönung durch den Papst wiederholen. In der "Ordinatio imperii" von 817 bestimmte LUDWIG I. seinen Sohn LOTHAR I. zum Mitkaiser und sicherte ihm bei seinem Tode die Oberherrschaft über seine Brüder zu. LUDWIG versuchte damit, das durch die zunehmende Feudalisierung bedingte Auseinanderfallen des Reiches aufzuhalten und die Reichseinheit, an der die im gesamten Reich über Grundbesitz verfügende Geistlichkeit interessiert war, zumindest formal zu wahren. 829 übertrug LUDWIG dem von seiner zweiten Gemahlin geborenen Sohn KARL DEM KAHLEN Schwaben, Elsaß, Raetien und Teile Burgunds; dagegen empörten sich seine Söhne aus erster Ehe. 832/33 entzog LUDWIG I. seinem Sohn Pippin Aquitanien und übertrug es KARL DEM KAHLEN. Seine älteren Söhne lehnten sich dagegen auf und LUDWIGS Heer ging auf dem sogenannten Lügenfeld zu Kolmar zu seinen Söhnen über. LUDWIG I. DER FROMME wurde in Soissons zur öffentlichen Kirchenbuße gezwungen, um ihn von der Regierung auszuschließen. Die die ÜbermachtKaiser LOTHARS I. fürchtenden Ludwig der Deutsche und Pippin setzten 834 ihren Vater wieder als Kaiser ein. Nach dem Tode Pippins teilte LUDWIG DER FROMME das Reich zugunsten KARLS DES KAHLEN und LOTHARS I. Ludwig der Deutsche, der nur Bayern erhielt, empörte sich, wurde aber unterworfen.

    Hartmann Wilfried: Seite 44-57, „Ludwig der Fromme (814-840)“ in Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern, Hg. von Karl Rudolf Schnith

    Als KARL DER GROSSE im Januar 814 starb, war sein einziger überlebender Sohn aus einer legitimen Ehe bereits 36 Jahre alt. LUDWIG war schon seit 781 Unterkönig in Aquitanien gewesen und hatte nominell dieses wegen seiner Grenzlage und seiner eigenständigen Entwicklung wichtige Gebiet verwaltet; allerdings hatte ihm sein Vater nur wenig Möglichkeiten zu einer selbständigen Politik gelassen. Nur auf dem Gebiet der Klosterreform konnte LUDWIG ein eigenes Profil entwickeln, und dies verdankte er vor allem seinem wichtigsten Berater in kirchlichen Fragen, dem Westgoten Witiza, der sich als Mönch den programmatischen Namen Benedikt gegeben hatte und der seit ca. 790 die Klöster Aquitaniens im Sinne der Benediktregel reformierte. Als weiterer Berater, der nach 814 zu einer Wirkung im Gesamtreich gelangte, ist Helisachar zu nennen, der die aquitanische Kanzlei LUDWIGS geleitet hatte und der 814 an die Spitze der kaiserlichen Kanzlei berufen wurde. Als weiteren engen Vertrauten brachte LUDWIG aus Aquitanien seinen Hofbibliothekar Ebo mit, der sein Milchbruder gewesen war und den LUDWIG 816 mit dem hohen und wichtigen Amt eines Erzbischofs von Reims belohnte.
    Da LUDWIG neue Berater mit an den Hof brachte, wurden die alten entlassen. Dies betraf besonders die Vettern seines Vaters, Adalhard von Corbie und Wala, die in den letzten Jahren KARLS DES GROSSEN wichtige Stellungen bei Hofe eingenommen hatten; sie mußten sich in abgelegene Klöster zurückziehen. Auch der Einfluß des Bischofs Theodulf von Orleans wurde zurückgedrängt. Dieser hatte noch versucht, als Überbringer der Nachricht vom Tode KARLS bei LUDWIG seine Position zu halten.
    In der Abfolge der karolingischen Herrscher stellte die Ablösung KARLS DES GROSSEN durch LUDWIG DEN FROMMEN eine Ausnehme dar, weil LUDWIG von vorneherein die Alleinherrschaft im Reich antreten konnte. Nun waren zwar seine Brüder vor ihrem Vater gestorben, aber immerhin einer von ihnen - Pippin von Italien - hatte seinerseits einen Sohn hinterlassen, den noch KARL DER GROSSE zum König von Italien erhoben hatte. LUDWIG bestätigte Bernhard von Italien noch im August 814 in dieser Position und übergab zugleich seinen beiden älteren Söhnen LOTHAR und Pippin Bayern und Aquitanien.
    Die Veränderungen beim Herrscherwechsel von KARL DEM GROSSEN zu seinem Sohn beruhten auf tiefgreifenden Verschiedenheiten im Charakter der beiden Herrscher. Die Unterschiede betrafen in erster Linie die Stellung zur Kirche und die persönliche Frömmigkeit, die sich in LUDWIGS Beinamen "Pius" ausdrückt, auch wenn dieser im 9. Jahrhundert noch nicht ganz auf LUDWIG "DEN FROMMEN" beschränkt war (auch Ludwig der Deutsche und Ludwig das Kind werden zeitgenössisch als "Pius" bezeichnet. LUDWIGS persönliche Kirchlichkeit zeigte sich sofort bei seinem Amtsantritt, als der den Hof in Aachen "reinigte" und seine unverheirateten Schwestern samt ihren Kindern vertrieb. Auch seine noch unmündigen Halbbrüder Drogo und Hugo wurden vom Hof entfernt und zu Geistlichen bestimmt. Im Bereich des Ehelebens hat LUDWIG sich ganz anders verhalten als sein Vater, er selbst hatte zwar in seiner Jugend eine Konkubine gehabt, aber seinen Söhnen gestatte er abweichend von der fränkischen Tradition nicht, dass sie bereits vor ihrer legitimen Ehe mit einer Frau zusammenlebten.
    Anders als bei KARL DEM GROSSEN wird das Bild der Regierung seines Sohnes nicht durch äußere Erfolge und durch eine immer weitere Ausdehnung, des Reiches bestimmt, sondern durch den Versuch der inneren Konsolidierung. Dies war nicht nur eine Folge des unterschiedlichen Temperaments, sondern hatte auch objektive Ursachen, denn das Frankenreich war an seine Grenzen gestoßen. Ganz ohne kriegerische Unternehmungen ging es aber auch in der Zeit LUDWIGS nicht; die Reichsannalen und die Viten LUDWIGS sind daher voll von Berichten über Feldzüge. In den ersten Jahren nach 814 war es nötig, gegen einige Grenzvölker Krieg zu führen. Der Kaiser wurde dabei meist nicht selbst aktiv, sondern überließ es den Amtsträgern in den Grenzprovinzen, gegen die Dänen oder die Sorben im Nordosten oder gegen die Basken im SW vorzugehen. Es war eine Ausnahme, wenn LUDWIG persönlich im Sommer 818 einen Feldzug in die Bretagne anführte.
    In den Jahren 817 und 818 ist dann von schweren Attacken der Normannen auf das Reich die Rede; diese fuhren mit ihren Schiffen in die Elbe und die Loire aufwärts und verschwanden rasch wieder, nachdem sie in Kirchen und Klöstern reiche Beute gemacht hatten. Um 820 wurden die flandrischen Küstenorte überfallen, und es begannen die Plünderungszüge auf der Seine. Die Normannen sollten dann im weiteren Verlauf des 9. Jahrhunderts die gefährlichsten Gegner des Frankenreichs werden.
    Aber auch andere Feinde setzten zur Offensive an, so dass dem Kaiser die Initiative entglitt und er nur noch auf Angriffe von außen reagieren konnte. Nachdem die Franken 820 den Friedensvertrag mit den Sarazenen aufgekündigt hatten, griffen diese einige Jahre später die Spanische Mark an und belagerten 827 Barcelona, die wichtigste fränkischen Stadt jenseits der Pyrenäen. 832 erschienen die Sarazenen vor Marseille und begannen mit Plünderungsfahrten im Rhonedelta. Der militärische Druck der Muslims wurde noch stärker, als diese sich seit 827 auf Sizilien festsetzten; seither lag nicht nur die Küste Unteritaliens, sondern auch Mittelitalien in der Reichweite ihrer Schiffe. Es erwies sich dabei als größter Nachteil der Franken, dass sie keine Flotte besaßen.
    Am Ende der zwanziger Jahre, als die Sarazenen zur Rückeroberung der Spanischen Mark ansetzten, kam es auch zu Schwierigkeiten an den anderen Grenzen des Frankenreichs: 826 erhoben sich die Basken, in Dänemark siegte 827 eine heidnische und antifränkische Partei, die Slawen begannen mit Einfällen nach Istrien, und auch die Bulgaren regten sich.
    Im Innern entfaltete der neue Kaiser in den ersten Jahren seiner Regierung eine intensive Tätigkeit, um das von Benedikt von Aniane und Helisachar formulierte Regierungsprogramm "Erneuerung des Frankenreichs" (Renovatio regni Francorum) zu verwirklichen. Dabei wurden organisatorische Veränderungen eingeleitet, die dem Reich eine effektivere Verwaltung und eine bessere Heeresorganisation bringen sollten. Die Grafschaftsverfassung wurde erst jetzt auch in Alemannien weitgehend durchgesetzt, und das Kontrollsystem der Königsboten wurde verfeinert.
    LUDWIG hatte 815 das Kloster Inden (Kornelimünster) bei Aachen gegründet, um seinen Berater Benedikt von Aniane in seiner Nähe zu haben. Auf das Wirken Benedikts gehen die beiden großen Reichssynoden zurück, die 816 und 817 in Aachen tagten. Hier wurden umfangreiche Gesetze beschlossen, durch die die Angehörigen der geistlichen Gemeinschaften nach ihrer Lebensweise und nach ihrer Funktion voneinander abgegrenzt wurden. Die Mönche sollten alle nach der Benediktregel leben, und die nichtmonastischen Gemeinschaften erhielten in den Institutionen für die Kanoniker und die Kanonissen ein gültiges und alle Bereiche ihres Lebens beschreibendes Regelwerk. Ein Kapitular des Jahres 816 regelte einige praktische Rechtsfragen, wie die Beweisaufnahme vor Gericht und die Haftung bei Schulden; auch Bestimmungen über die Auflösung des Lehnsverhältnisses wurden erlassen.
    Die wichtigste Reichsversammlung von 817 war die Regelung der Nachfolge, die in der sogenannten Ordinatio imperii, der "Reichsordnung", festgeschrieben wurde. Der unmittelbare Anlaß dafür, dass schon so kurz nach der Thronbesteigung für eine geordnete Nachfolge gesorgt wurde, war ein Unfall, den der Kaiser zu Ostern 817 erlitten hatte, als auf dem Weg zum Gottesdienst ein gedeckter hölzerner Gang zwischen Pfalz und Kirche zusammenbrach. Obwohl LUDWIG nur leicht verletzt wurde, quälten ihn anscheinend Todesahnungen und er soll sogar den Plan erwogen haben, wie sein Großonkel Karlmann seine Herrschaft niederzulegen und ins Kloster zu gehen. In der Ordinatio imperii wurde nun festgelegt, dass das Frankenreich auch nach dem Tode LUDWIGS DES FROMMEN als Einheit bestehen bleiben sollte; zum Nachfolger im Kaisertum wurde der älteste Sohn LOTHAR bestimmt. Die beiden jüngeren Söhne Pippin und Ludwig erhielten einige Gebiete zur Regierung, Pippin Aquitanien und Ludwig Bayern; sie waren aber dort keine selbständigen Herrscher, sondern standen unter der Oberherrschaft des Kaisers. Damit waren die Prinzipien der Unteilbarkeit des Reiches und des Vorrechts der Primogenitur, die bereits KARLS Nachfolgeordnung von 806 angedeutet hatte, in die fränkische Verfassung aufgenommen worden. Beide Prinzipien haben sich zwar in der weiteren Geschichte des karolingischen Reiches noch nicht durchsetzen können, vielmehr kam es zu den heftigsten inneren Kämpfen, aber in späterer Zeit sind diese Grundsätze zur Grundlage des Erbgangs in allen europäischen Monarchien geworden.
    Weil er in der Thronfolgeordnung von 817 nicht berücksichtigt worden war, entschloß sich König Bernhard von Italien zur Rebellion. Er wurde unterstützt durch oppositionelle Kreise im Frankenreich selbst, zu denen möglicherweise auch Theodulf von Orleans, einer der wichtigsten Berater KARL DES GROSSEN, zählte. LUDWIG DER FROMME reagierte rasch, so dass Bernhards Aufstand zusammenbrach, ehe er richtig begonnen hatte. Ein kaiserliches Gericht verurteilte die Laien, die an der Rebellion teilgenommen hatten, zum Tode; der Kaiser wandelte das Todesurteil in Blendung um. Als diese an Bernhard vorgenommen wurde, starb er an ihren Folgen (17.4.818). Theodulf und weitere Bischöfe, die dem Aufstand nahegestanden hatten, verloren ihre Ämter. Die Halbbrüder des Kaisers, Hugo und Drogo, wurden jetzt endgültig zu Mönchen geschoren, um sie als mögliche Konkurrenten um die Herrschaft auszuschalten. Dieser Sieg über eine nicht ungefährliche Verschwörung bildete den Auftakt zu einem besonders erfolgreichen Jahr für LUDWIG DEN FROMMEN. 818 wurde nämlich die Bretagne unterworfen, und es erschienen Gesandte aus Benevent, aus Dalmatien und Karantanien am Hof. Im Winter 818/19 tagte eine große Reichsversammlung in Aachen, die ein bedeutendes Reformwerk zum Abschluß brachte, von dem eine ganze Reihe von Kapitularien zeugen. Wichtige Probleme der Verfassung der Kirche wurden hier für lange Zeit abschließend geregelt, so die Frage der Eigenkirchen. Auch der rechtliche Schutz der Geistlichen, Witwen und Waisen wurde verbessert, und bestimmte Formen des Gottesurteils wurden verboten. Dabei ist es vielleicht bezeichnend für LUDWIGS Geisteshaltung, dass er eine unter seinem Vater eingeführte unblutige Form des Gottesurteils, die Kreuzprobe, verbot, weil das Kreuz allein dem Gedächtnis an den Sühnetod Christi gelten sollte; der mit Blutvergießen verbundene Zweikampf blieb dagegen als unentbehrliches Mittel des gerichtlichen Beweisverfahrens erhalten, obwohl sich Agobard von Lyon dagegen ausgesprochen hatte.
    Auch in den Kapitularien von 818/19, die nicht speziell kirchlichen Inhalt hatten, ist eine kirchenfreundliche Grundtendenz festzustellen, so etwa, wenn allen Freien zugestanden wird, dass sie ihren Besitz zum Heil ihrer Seele verschenken dürfen, oder wenn Büßer mit einem besonders hohen Bußgeld geschützt werden.
    Am Schluß eines anderen grundlegenden Kapitulars, der sogenannten "Ermahnung an alle Stände des Reiches" von 825, sind Maßnahmen vorgesehen, die eine möglichst weite Verbreitung sichern sollen: die Erzbischöfe und Grafen sollen vom kaiserlichen Erzkanzler Exemplare des Gesetzes erhalten; sie sollen dann ihrerseits den übrigen Bischöfen, Äbten und anderen Getreuen Kopien übergeben, damit der Wortlaut des Gesetzes in allen Teilen des Reiches verlesen werden kann. Der Kanzler soll die Namen derjenigen Bischöfe in eine Liste eintragen, denen er ein Exemplar übergeben hat, und er soll diese Liste dem Kaiser vorlegen. Der Kaiser selbst wolle also die Kontrolle darüber behalten, ob seine Vorschriften auch überall bekanntgegeben wurden.
    Der Höhepunkt der Kapitulariengesetzgebung LUDWIGS DES FROMMEN war Mitte der 20-er Jahre bereits überschritten, und auch die erhaltenen Urkunden zeigen, dass in der ersten Hälfte der Regierung LUDWIGS weit mehr Diplome ausgestellt wurden als in der zweiten, wobei die Jahre 814-816, 819/20 und 825 die Zeiten der intensivsten Aktivität darstellen.
    Für die Regierung LUDWIGS DES FROMMEN brachte das Jahr 821 einen tiefen Einschnitt, denn am 11.2.821 verstarb Benedikt von Aniane. Bereits in den Jahren zuvor waren wichtige Ratgeber LUDWIGS verstorben oder hatten sich - wie der Kanzler Helisachar 819 - vom Hof zurückgezogen. Die Position eines Erzkapellans und Leiters der Hofkapelle nahm seit 819 Abt Hilduin von St. Denis ein, der diesem Amt bis zu seinem Sturz 830 die Entscheidungen LUDWIGS in kirchlichen Dingen beeinflußte. Die zentrale Rolle im Beraterstab des Kaisers nahm seit Oktober 821 aber Adalhard von Corbie ein, der nach siebenjähriger Verbannung wieder an den Hof geholt wurde, wo er trotz seines hohen Alters (er war damals bereits 70 Jahre alt) sofort eine reiche Aktivität entfaltete. Er zog auch seinen Bruder Wala an den Hof, an dem jetzt außerdem die Grafen Matfrid von Orleans und Hugo von Tours eine wichtige Rolle spielten. Die Position Hugos wurde dadurch aufgewertet, dass 821 seine Tochter mit dem Thronfolger und Mitkaiser LOTHAR verheiratet wurde. Eine Schwächung der kaiserlichen Autorität brachte der Reichstag von Attigny im August 822. Es war vielleicht Adalhard von Corbie, der LUDWIG dazu veranlaßt hatte, vor aller Öffentlichkeit ein Schuldbekenntnis wegen des Vorgehens gegen die Verschwörung Bernhards von Italien abzulegen. Nicht nur Blendung und Tod seines Neffen Bernhard, sondern auch die Tonsurierung seiner Halbbrüder Drogo und Hugo sowie die Verbannung Adalhards und Walas wurde von LUDWIG mit einer freiwillig auf sich genommenen Buße gesühnt, die durch reichliche Almosen und Gebete der Geistlichkeit unterstützt wurde.
    Seit 819 hatte sich die persönliche Umgebung LUDWIGS auch deshalb verändert, weil er sich nach den Tod seiner ersten Frau ein zweites Mal verheiratet hatte. Bevor er sich für eine Braut entschied, hatte LUDWIG nach byzantinischem Vorbild eine Art Schönheitskonkurrenz ausschreiben lassen, aus der Judith, eine Angehörige der Familie der WELFEN, als Siegerin hervorging. Judith hat schon bald auf ihren Gemahl großen Einfluß gewonnen, und sie ist für manche Turbulenzen verantwortlich, die in den kommenden Jahren nicht nur den Kaiserhof, sondern das ganze Reich in große Schwierigkeiten brachten. Nach Ablauf des ersten Ehejahres hatte sie eine Tochter geboren; und 823 ging aus der Ehe noch ein Sohn hervor, der den Namen KARL erhielt. Ein Kind mit diesem Namen konnte nicht von der Herrschaft ausgeschlossen werden, das heißt es deutete sich an, dass die Nachfolgeordnung von 817 umgestürzt und dieser Sohn als Haupterbe oder wenigstens als Miterbe eingesetzt werden sollte. Um dieses Ziel zu erreichen, suchte Judith die Macht ihrer Familie zu vermehren und auch die Verbindung mit ihren Stiefsöhnen zu vertiefen. Ihren Brüdern hatte sie schon gleich nach der Heirat Besitz und wichtige Ämter verschafft; jetzt wurde Judiths jüngster Stiefsohn Ludwig (der Deutsche)mit ihrer Schwester Hemmaverheiratet, und auch ihr Bruder Konrad trat durch seine Ehe mit der Schwägerin des ältesten Kaisersohnes LOTHAR in den Kreis der Verwandten des Kaiserhauses ein. LOTHAR war übrigens 826 Pate seines Halbbruders KARL geworden. In dem Rahmen von Judiths Ehepolitik gehört vielleicht auch die Verbindung Bernhards von Septimanien mit Dhuoda; diese war möglicherweise eine nahe Verwandte Judiths, und Bernhard wurde später für kurze Zeit der mächtigste Mann am Kaiserhof.
    Um die Macht Judiths und ihrer Vertrauten zu stärken, sollten dann auch die bisherigen Berater des Kaisers ausgeschaltet werden. Für dieses Vorhaben war günstig, dass die Reichsversammlung im Februar 828 die Grafen Hugo von Tours und Matfried von Orleans der Feigheit für schuldig erklärte, weil sie im Feldzug gegen die Sarazenen im Vorjahr eine Schlappe erlitten hatten. Und nach dem Einfall der Bulgaren nach Pannonien (827) wurde der zuständige Markgraf Balderich von Friaul abgesetzt. Das Jahr 829 brachte dann geradezu einen Staatsstreich: Auf einer Reichsversammlung in Worms ließ LUDWIG seinem jüngsten Sohn KARL ein eigenes Teilreich (nämlich Schwaben) zusprechen, wodurch das Erbe der älteren Söhne verkleinert wurde. Gleichzeitig mit diesem Bruch der Ordinatio imperii von 817 fand auch ein Revirement am Hof statt, dem Wala zum Opfer fiel. Das wichtige Amt des Kämmerers wurde an Judiths Günstling Bernhard von Septimanien übertragen.
    Die bisherigen Berater ließen sich aber nicht widerstandslos verdrängen. Sie warfen Judith vor, mit ihrem Günstling Bernhard von Septimanien Ehebruch begangen und ihren Gemahl behext zu haben, so dass der seine Schande gar nicht wahrnehmen könne. Im ersten Anlauf erreichten die Verschwörer, dass Judith ins Kloster verbannt wurde; ihre Brüder wurden zu Mönchen geschoren. Die Träger der Revolte von 830 waren in erster Linie Wala und Abt Hilduin von St. Denis sowie weitere Adlige, die sich durch Judith und ihre Leute aus ihren einflußreichen Positionen verdrängt sahen. Sie nahmen aber auch Kontakt zu den Söhnen LUDWIGS auf, von denen anfangs besonders Pippin von Aquitanienund dann auch Kaiser LOTHAR gegen ihren Vater aktiv wurden.
    LUDWIG DER FROMME hat sich in den Kämpfen der folgenden Jahre nicht ungeschickt verhalten, wenn man berücksichtigt, dass er die Mehrzahl seiner alten Getreuen durch die Veränderungen am Hof vor den Kopf gestoßen hatte. Er nützte die Unsicherheit seines ältesten Sohnes aus, der nicht genug Entschlossenheit besaß, um eine völlige Entmachtung des Vaters durchzuführen. Die Revolte von 830 endigte ohne Blutvergießen, denn LUDWIG DER FROMME ließ die Schuldigen nicht hinrichten, sondern in Klöster einweisen. Pippin verlor sein Reich Aquitanien, das dem kleinen KARL übergeben wurde. Judith mußte einen Reinigungseid leisten, mit dem sie sich von den gegen sie erhobenen Vorwürfen reinigte, ehe der Kaiser sie wieder als Gemahlin annahm. Auch Bernhard von Septimanien erschien wieder bei Hofe und erhielt die Erlaubnis, sich durch Eide von den Anschuldigungen zu reinigen.
    Nach dem Bericht der Vita des sogenannten Astronomus erscheint LUDWIG in diesen Jahren der Krise recht aktiv; so eilte er etwa im Frühjahr 832 zuerst nach Bayern, um den Aufstand seines Sohnes Ludwig niederzuwerfen; im Herbst ist er in Orleans, wo es galt, eine Heeresversammlung abzuhalten, um einem neuen Aufstand Pippins entgegenzutreten. Bis in den Winter hinein blieb LUDWIG in Aquitanien und kehrte erst im Januar 833 wieder nach Aachen zurück.
    In diesem Jahr 833 erreichte die Aufstandsbewegung gegen LUDWIG DEN FROMMEN ihren Höhepunkt. LOTHAR war es im Bunde mit seinen Brüdern Ludwig und Pippin sogar gelungen, den ins Frankenreich gereisten Papst Gregor IV. auf seine Seite zu ziehen. Als dann auch noch das Heer des alten Kaisers in der Nähe von Colmar (auf dem sogenannten "Lügenfeld") auf die Seite der Söhne überging, konnten LUDWIG DER FROMME und Judith gefangengenommen werden. Judith wurde von LUDWIG getrennt und nach Oberitalien gebracht, während LUDWIG nach Compiegne geführt wurde. Dort und St. Medard bei Soissons (Oktober und November 833) mußte LUDWIG ein Schuldbekenntnis ablegen; danach wurde er der Insignien seiner Kaiserwürde entkleidet. Dadurch, dass er eine öffentliche Kirchenbuße auf sich nahm, war er als Exkommunizierter nicht mehr regierungsfähig. Thegan berichtet, dass man LUDWIG gedrängt habe, freiwillig ins Kloster einzutreten; dazu war er aber nicht bereit.
    Diese Vorgänge waren möglich geworden, weil die fränkischen Bischöfe 829 auf dem Konzil von Paris Leitsätze formuliert hatten, die eine Kontrolle des Herrschers durch den Episkopat vorsahen. Die wichtigsten Vertreter dieser Vorstellung, dass die Bischöfe für die richtige Regierung des Reiches verantwortlich seien, waren die Erzbischöfe Agobard von Lyon und Ebo von Reims; sie führten bei den Vorgängen in Soissons Regie. Auf der Seite des Adels spielten die Grafen Matfrid von Orleans und Hugo von Tours eine maßgebliche Rolle bei der Absetzung des Kaisers.
    Der Astronomus berichtet davon, dass es schon im Winter 833/34 in verschiedenen Gegenden des Reiches zu einer Mobilisierung der Anhänger des alten Kaisers gekommen sei. Eine gewaltsame Befreiung soll LUDWIG jedoch abgelehnt haben. So wurde der Umschwung durch eine militärische Machtdemonstration Pippins von Aquitanien herbeigeführt, der durch LOTHARS ungeschicktes Verhalten auf die Seite seines Vaters getrieben worden war. LOTHAR zog sich mit seinen engsten Anhängern im Februar 834 nach Burgund zurück.
    LUDWIG DER FROMME wurde am 1.3.834 in St. Denis wieder in die Kirche aufgenommen und mit den königlichen Gewändern und mit seinen Waffen eingekleidet. Der Kaiser lehnte es aber ab, seinen Sohn LOTHAR gewaltsam aus dem Reich zu vertreiben. Die Kämpfe, die sich dennoch an verschiedenen Orten des Frankenreichs erhoben, wurden von den adeligen Parteigängern LUDWIGS DES FROMMEN und LOTHARS getragen; von LUDWIG weiß sein Biograph nur zu berichten, dass er die Zeit zwischen Ostern und Pfingsten 834 sowie sie Wochen nach Pfingsten mit Jagd und Fischfang in den Ardennen verbracht habe. Wahrlich ein merkwürdiges Verhalten für einen eben wieder in sein Amt gelangten Kaiser, dessen Gegner noch keinesfalls endgültig besiegt waren. Erst ein Feldzug vom Sommer 834, der im wesentlichen von den Herren Ludwigs von Bayern undPippins von Aquitanien getragen wurde, brachte LOTHARSUnterwerfung. Er wurde nach Italien geschickt und dort isoliert, indem die Alpenpässe gesperrt wurden, um eine erneute Konspiration LOTHARS mit den fränkischen Gegnern LUDWIGS DES FROMMEN zu verhindern.
    Am 28.2.835 wurde LUDWIG im Rahmen eines feierlichen Gottesdienstes in der Stephansbasilika in Metz rekonziliert und wieder in sein Amt eingesetzt; sieben Erzbischöfe sangen dabei die Rekonziliationsgebete, und Ebo von Reims erklärte von der Kanzel, dass der Kaiser zu Unrecht abgesetzt worden war. Der alte Kaiser begann jetzt wieder zu regieren, er hielt eine Reichsversammlung in Worms ab (Ostern 835), an der auch Pippin und der jüngere Ludwig teilnahmen; dort wurden auch einige Grafen zur Rechenschaft gezogen, weil sie ihr Amt nachlässig geführt hatten.
    Es war dann Kaiserin Judith, die die Initiative zur Aussöhnung mit LOTHAR ergriff. Denn sie war sich darüber im klaren, dass im Falle des Todes ihres Gatten ihr Sohn KARL nur im Einvernehmen mit LOTHAR, nicht aber gegen ihn einen Anteil am Reich bekommen könne. LUDWIG plante im Jahr 836 anscheinend auch eine Reise nach Rom, um durch sein persönliches Auftreten das Anrecht auf die Herrschaft im gesamten Reich zu betonen. Dazu kam es zwar nicht, weil ein Zug gegen die Normannen nötig geworden war, aber die Macht LOTHARS wurde im Herbst 836 durch eine schwere Seuche dezimiert, der die mächtigsten seiner Anhänger, die mit ihm nach Italien gegangen waren, erlagen. Auch LOTHAR selbst wurde von dieser Krankheit ergriffen und war dadurch längere Zeit in seiner Aktivität behindert.
    Als zu Ostern 837 ein Komet erschien, der den baldigen Tod des Kaisers anzukündigen schien, bat Judith ihren Gemahl, zugunsten ihres Sohnes KARL eine neue Nachfolgeordnung zu erlassen. Im Oktober 837 wurden KARL im Rahmen einer Reichsversammlung in Aachen die Waffen überreicht, dabei wurde er auch mit der Königskrone geschmückt und bekam Neustrien als eigenes Reich übertragen. Damit hatte er das ganze Gebiet zwischen Rhein und Elbe erhalten, "den besten Teil des Reiches", wie es ein Zeitgenosse ausdrückt. In diesem Bereich lag fast das gesamte Reichs- und Hausgut.
    Wieder war es Judith, die nach dem Tod Pippins von Aquitanien(13.12.838) die Initiative zu einem Abkommen mit LOTHAR ergriff und es erreichte, dass am 30.5.839 LOTHARam Hof des Vaters in Worms erschien, wo ihm nach einem Fußfall vor LUDWIG Verzeihung gewährt wurde. Auch seine Anhänger erhielten ihre Lehen und Besitztümer im Frankenreich zurück. Jetzt wurde das Reich unter die beiden Söhne LOTHAR und KARL aufgeteilt; Ludwig (der Deutsche) sollte auf sein kleines Unterkönigtum in Bayern beschränkt bleiben. Die Maas sollte die Grenze zwischen den beiden Reichen LOTHARS und KARLS bilden, für LUDWIG DEN FROMMEN ist es vielleicht bezeichnend, dass er diese Aufteilung erst dann selbst vornahm, als LOTHAR sagte, wegen der Unkenntnis des Landes könne er eine Aufteilung nicht vornehmen. Er durfte aber als erster seinen Erbteil wählen und entschied sich für das Reich östlich der Maas, zu dem auch Italien und das östliche Burgund gehörten. LOTHAR versprach feierlich, mit der Übertragung der westlichen Hälfte an KARL einverstanden zu sein und nach dem Tod des Vaters nur seinen Anteil in Besitz zu nehmen. Der alte Kaiser mahnte seine beiden Söhne, sich zu lieben und gegenseitig zu unterstützen. Zur Sicherung dieser Abmachung waren alle Vorgänge öffentlich vor den Teilnehmern der Reichsversammlung vorgenommen worden.
    Auch auf seinem Sterbelager beschäftigte LUDWIG vor allem anderen die Furcht vor einem neuen Kampf um sein Erbe. Für seine warmherzige und gütige Art spricht auch, dass er am Ende seines Lebens noch seinem Sohn Ludwig, der bis zuletzt gegen ihn gekämpft hatte, zu verzeihen bereit war.
    Über die äußere Erscheinung LUDWIGS wissen wir Bescheid, weil sich sein Biograph Thegan am Vorbild der Vita Karoli Einhards orientiert hatte. Im Unterschied zur realistischen Beschreibung KARLS DES GROSSEN durch Einhard scheint aber Thegan eher ein Idealbild zu zeichnen, wenn auch ein Teil seiner Angaben zutreffen mochte. Thegan schildert LUDWIG als mittelgroß, athletisch gebauten Mann mit einer starken Brust, breiten Schultern und starken Armen, die zum Bogenschießen und Lanzenwerfen vorzüglich geeignet waren, und er rühmt seine männliche Stimme und vor allem seinen milden Charakter, der ganz frei von Zorn gewesen sei. Während die an ihm gerühmte Freigebigkeit noch als typischer Zug eines idealen Herrschers erwähnt sein mag, zeigen andere von Thegan hervorgehobene Eigenschaften ihn als eher mönchischen Charakter. Dazu gehört, dass er beim Gebet in der Kirche mit der Stirn den Fußboden zu berühren pflegte und dabei zuweilen Tränen vergoß und dass er das Lachen gänzlich vermieden haben soll. "Selbst wenn bei den höchsten Festen Schauspieler und Possenreißer bei Tisch erschienen und das Volk in seiner Gegenwart maßvoll lachte, zeigte er nicht einmal seine weißen Zähne beim Lachen."
    LUDWIGS persönliche Religiosität kann wohl am besten aus sein Verhalten in Krisensituationen abgelesen werden. Nach dem Aufstandsversuch seines Neffen Bernhard von Italien, der mit dessen Tod geendet hatte, war LUDWIG in tiefe Depression verfallen. Auf Rat seiner geistlichen Freunde legte der Kaiser ein öffentliches Schuldbekenntnis ab, wie es die kirchlichen Gesetze von einem Delinquenten verlangten. Auch das letztlich passive Verhalten LUDWIGS in den Jahren der Aufstände seiner Söhne (830-833) ist wohl so zu erklären, dass er diese Vorgänge als "Heimsuchungen" Gottes wegen seines sündhaften Lebenswandels ansah. Vielleicht ist auch in der Tatsache, dass LUDWIG schon früh, nämlich im 4. Jahr seiner Regierung, den ältesten Sohn LOTHAR zum Mitkaiser erhob, eine innere Distanz zur Herrschaft zu erkennen.
    Doch hatte er auch durchaus Sinn für herrscherliche Repräsentation: So erschien er an hohen Feiertagen in königlicher Gewandung mit einer goldenen Tunika, einem goldenen Gürtel, goldenen Beinschienen, einem von Gold glänzenden Schwert und einem golddurchwirkten Mantel; dabei trug er Krone und Zepter. Auch seine große Jagdbegeisterung, die ihn jedes Jahr für viele Wochen den Geschäften fernhielt, zeigt ihn als typischen Vertreter des hohen Adels seiner Zeit.
    Im Unterschied zu seinem Vater war LUDWIG schon als Kind literarisch gebildet. Nach Thegan soll er im Lateinischen und Griechischen gut unterrichtet gewesen sein, so dass er Latein wie seine Muttersprache sprechen konnte. Die heidnischen Lieder aber - so betont Thegan -, die er in seiner Jugend gelernt hatte, habe er weder lesen noch hören wollen. Dass LUDWIG sehr stark von seinen Beratern abhängig war, führt Thegan darauf zurück, dass der Kaiser viel lieber Psalmen sang und Bücher las als dass er sich für die Regierungsgeschäfte interessiert hätte. Bei dieser Begeisterung für Bücher ist es nicht verwunderlich, dass die Zeit LUDWIGS DES FROMMEN eine Blütezeit des kulturellen Lebens war; jetzt ging die Saat auf, die die von KARL DEM GROSSEN geholten ausländischen Lehrer ausgestreut hatten. Es waren jetzt fast ausschließlich Reichsangehörige, Franken, Schwaben und Sachsen, die mit teilweise sehr originellen Leistungen hervortraten. In die Zeit LUDWIGS gehört die Wirksamkeit der Rheinfranken Einhard und Hrabanus Maurus, des Alemannen Walahfrid Strabo, des Sachsen Gottschalk und der Westfranken Smaragd von St. Mihiel, Agobard von Lyon, Jonas von Orleans, Amalar von Metz, Florus von Lyon und Lupus von Ferrieres. An der Schreibschule von LUDWIGS Günstling und späterem Gegner Ebo von Reims entstanden bedeutende Kunstwerke wie das Ebo-Evangeliar. Die an Kathedralen und in Klöstern tätigen Schreibschulen fertigten eine ganze Reihe von Widmungsexemplaren für den Herrscher an, die dieser in seine Bibliothek aufnahm.
    Auch am Hof selbst wirkten Schreiber und Buchkünstler, die Prachthandschriften der Evangelien, der Rechtsbücher und antiker Texte herstellten. Es wurden aber auch schmucklose Manuskripte von patristischen und antiken Texten geschrieben, die durch die textliche Qualität und ihre disziplinierte Schrift hervorragen.
    Auch die Kaiserin Judith hat die Buchkunst gefördert und pflegte Kontakte zu wichtigen Autoren: Bischof Frechulf von Lisieux widmete ihr den zweiten Teil seiner Weltchronik, und Hraban sandte ihr Dedikationsexemplare seiner Kommentare der alttestamentarischen Bücher Judith und Esther (834). Walhfrid Strabo, den Judith zum Erzieher ihres Sohnes KARL bestimmt hatte, wurde nach dessen Volljährigkeit als Dank für seine Tätigkeit zum Abt von Reichenau erhoben (838).

    Schieffer Rudolf:, "Die Karolinger"

    Nie zuvor und nie wieder in karolingischer Zeit fielen Macht und Verantwortung an der Spitze von Reich und Familie so mühelos einem Einzelnen zu wie Anfang 814 nach dem Tode KARLS DES GROSSEN. LUDWIG, der bisherige Unterkönig von Aquitanien und seit wenigen Monaten auch gekrönter Kaiser, war von KARLS legitimen Söhnen allein übrig und eben darum der letztlich unanfechtbare Erbe, auch wenn er bis dahin der Führung des Imperiums ziemlich ferngestanden hatte und nicht eigens auf seine historische Rolle vorbereitet worden war, da der Vater viele Jahre hindurch eher mit seinem älteren Sohn Karl als Nachfolger rechnete. LUDWIG hatte nur eingeschränkte Verantwortung im Südwesten des Reiches erhalten, wo er von Kindheit an als Repräsentant des fränkischen Herrscherhauses fungierte und eine Schulbildung empfing, mit der er den Vater gewiß übertraf. Aus dem beigegebenen Regentschaftsrat war mit der Zeit ein eigener kleiner Hof geworden, der den "König der Aquitanier" im Rahmen der vom Vater gezogenen Grenzen bei seinen Amtshandlungen unterstützte.
    An seiner Seite werden der Kanzler Helisachar sowie der Graf Bego von Toulouse genannt, der um 806 durch Heirat mit LUDWIGS vorehelicher Tochter Alpais sein Schwiegersohn wurde. Eine prägende Persönlichkeit war daneben der westgotische Grafensohn Witiza, der als Gründer und Abt des Klosters Aniane (bei Montpellier) den programmatischen Namen Benedikt angenommen hatte und mit Rückhalt an LUDWIG eine umfassende Erneuerung des aquitanischen Klosterwesens gemäß der Regel des heiligen Benedikt in Gang brachte. In diesem seit jeher vertrauten regionalen Horizont wäre auch LUDWIGS weiteres Leben verlaufen - noch der Reichsteilungsplan von 806 eröffnete ihm nur die Aussicht auf begrenzten Machtzuwachs in Septimanien, der Provence und in Burgund -, wenn nicht der unerwartete Tod der Brüder Pippin und Karl (810/11) bewirkt hätte, dass "in ihm die Hoffnung auf die gesamte Herrschaft erwachte" und der Vater ihn, wenn auch zögernd, zum Kaisertum aufrücken ließ.
    Neben den inhaltlichen Maßgaben, die wenig Spielraum für grundsätzlich Neues ließen, beruhte die kaiserliche Regierungsführung im übrigen auf einem Geflecht persönlicher Bindungen, und hier waren einschneidende Veränderungen unabwendbar. Am Aachener Hof, der jahrzehntelang ganz auf KARL DEN GROSSEN fixiert gewesen war, rückte nun LUDWIGS Familie in den Mittelpunkt, nämlich seine Gemahlin Irmingard, Tochter des Grafen Ingelram (aus dem vornehemen Geschlecht Chrodegangs und Angilrams von Metz), mit der er seit 794 verheiratet war, samt ihren Söhnen LOTHAR (geb. 795), Pippin(geb. um 797) und Ludwig (geb. um 806) sowie den Töchtern Rotrud und Hildegard. Vor ihnen hatten seine bis dahin vielumworbenen, unvermählt gebliebenen Schwestern in verschiedene Klöster zu weichen, und auch ihre jungen, illegitimen Halbbrüder, KARLS späte Söhne Drogo, Hugo und Theuderich, kamen am Hof unter strengere Aufsicht. Für die eigenen Nachkommen sorgte LUDWIG vor, indem er die bereits erwachsenen Söhne LOTHAR und Pippinals Unterkönige in Bayern und Aquitanien einsetzte sowie seinen Schwiegersohn Bego (+ 816) zum Grafen von Paris und seinen illegitimen Sohn Arnulf zum Grafen von Sens machte. Ausgespart blieb Italien, wo der neue Kaiser gemäß dem Willen des Vaters das Königtum des Neffen Bernhard anerkannte, nachdem dieser zur Huldigung in Aachen erschienen war. Dagegen nahm er den Stiefvettern Adalhard und Wala ihren zuletzt bei KARL und Bernhard bedeutenden Einfluß; der ältere wurde nach Noirmoutier an der Loiremümdung verbannt, der jüngere trat ins Kloster Corbie ein. Zu den "neuen Leuten" LUDWIGS gehörte Ebo, ein Gefährte seiner frühen Jugend, der später als Bibliothekar gedient hatte und 816 trotz unfreier Herkunft Erzbischof von Reims wurde. An der Spitze der Hofkapelle verblieb der alte Hildebald von Köln (+ 818), aber neben ihn trat als Kanzler, ausgestattet mit Abteien, der schon in Aquitanien bewährte Helisachar. Auch Benedikt von Aniane kam zu einem wachsenden Wirkungsfeld, da ihm der Kaiser zunächst das elsässische Kloster Maursmünster und dann die Neugründung Inden/Kornelimünster nahe bei Aachen anvertraute, wo er seine Konzepte für weitgreifende Reformen geistlichen Gemeinschaften entwarf.
    Im Oktober 816 wurde der neue Papst Stephan IV. feierlich in Reims empfangen und legte Wert darauf, den Kaiser und seine Gattin Irmingard zu salben und mit einer eigens mitgebrachten, angeblichen Krone Konstantins zu krönen.
    Von der legislativen Entschlußkraft LUDWIGS und seiner Umgebung in diesen frühen Jahren zeugt aber vor allem, wie man auf der Aachener Reichsversammlung vom Juli 817 das zentrale Verfassungsproblem, den Widerstreit zwischen universalem, unteilbarem Kaisertum und traditionell gleichem Erbrecht aller legitimen Königssöhne, aufgriff und zu lösen suchte. Impulse durch den unitarischen Grundzug der Kirchenpolitik sind dabei ebenso offensichtlich wie das gemehrte Selbstbewußtsein des im Vorjahr zusammen mit Irmingard vom Papst gesalbten Kaiser, der nun auch förmlich ihren gemeinsamen Nachkommen die exklusive Aussicht auf künftige Herrschaft sichern wollte. Anders als KARL DER GROSSE in seiner Divisio von 806 ging LUDWIG, der sich von Anfang an nicht mehr rex Francorum, sondern imperator augustus schlechthin tituliert hatte, vom Vorrang der Kaiserwürde aus, die er allein seinem ältesten Sohn LOTHAR I. zusprach und ihm nach Akklamation der Großen auch sogleich durch Krönung aus eigener Hand, also wiederum ohne geistliche Vermittlung, in aller Form verleih. Unter ihm als dem Erben der obersten Verantwortung sollte Pippin, LUDWIGS zweiter Sohn, auch über den Tod des Vaters hinaus nicht mehr als das unwesentlich erweiterte Aquitanien innehaben, während dem noch heranwachsenden Ludwig ("dem Deutschen") das zuvor LOTHAR zugeteilte Bayern samt den slawischen Grenzgebieten in Aussicht gestellt wurde. Die abgestuften Kompetenzen kamen auch darin zum Ausdruck, dass die jüngeren Brüder dem Kaiser regelmäßig Bericht zu erstatten haben würden, nur mit seiner Zustimmung heiraten durften und sich der Reichsversammlung als ungeteiltem Forum der Zentralgewalt beugen mußten. Um weiterer Zersplitterung vorzukommen, wurde festgelegt, dass die beiden Unterkönigreiche ebenso wie das Kaisertum stets nur an einen Erben fallen konnten, gegebenenfalls also unter mehreren Söhnen oder Brüdern eine Wahl der Großen stattzufinden hätte. Offenkundig sollte dieses Thronfolgegesetz von 817 mit der modernen Bezeichnung Ordinatio imperii also Bestand und Struktur des fränkischen Großreiches von den familiären Geschicken des Herrscherhauses unabhängig machen und zwar insofern antidynastisch konzipiert.
    Eine erste Regung von Widerstand trat ganz unmittelbar auf und kann kaum überrascht haben. Sie ging von König Bernhard von Italien, dem jungen Neffen des Kaisers aus, der noch im Vorjahr mit dem ehrenvollen Geleit des Papstes über die Alpen betraut worden war, sich nun aber mit seiner von KARL DEM GROSSEN übertragenen Sonderherrschaft in der Ordinatio imperii gar nicht erwähnt fand und dort stattdessen lesen konnte, Italien solle künftig LOTHAR I. in gleicher Weise unterstehen wie bisher den Kaisern KARL und LUDWIG. Wenn er in seiner Verärgerung offenbar nicht ganz wenige hochgestellte Anhänger fand, so zeigt sich, dass hier über persönliche Spannungen hinaus Weiterreichendes berührt war wie das Thronrecht illegitmer KAROLINGER, die Gültigkeit der von LUDWIG bei seiner Kaisererhebung akzeptierten Verfügungen KARLS und letztlich die Divergenz zwischen der bis 814 dominierenden Elite und den nun tonangebenden "Aquitaniern". Dennoch ist schwer auszumachen, wie weit die Ziele reichten, die Bernhard durchzusetzen suchte, als er sich im Herbst 817 gegen LUDWIG DEN FROMMEN wappnete, doch steht fest, dass die offiziösen Quellen von einer ernsthaften Rebellion sprechen und der Kaiser mit einer umfassenden Mobilisierung von Truppen reagierte, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Nach Besetzung der Alpenpässe gab Bernhard noch vor Jahresende die Sache verloren und erschien mit seinen Getreuen in Chalon-sur-Saone, wo LUDWIG ihn festnehmen ließ. Auf der Aachener Reichsversammlung vom Frühjahr 818 wurden mehrere Bischöfe unter dem Vorwurf des Einverständnisses mit ihm abgesetzt und über die beteiligten Laien mit Bernhard an der Spitze Todesurteile gefällt, die der Kaiser dann in Blendungsstrafen umwandelte. Bernhard, gerade Vater eines kleinen Sohnes namens Pippin geworden (von dem sich die späteren Grafen von Vermandois herleiten), starb an den Folgen der grausamen Prozedur (17.4.818), was sicher ungewollt war, aber für LUDWIGS Regiment eine fühlbare moralische Belastung bedeutete, die bewußt macht, dass auch für den Machtkampf innerhalb des Herrscherhauses mittlerweile strengere sittliche Maßstäbe an Boden gewonnen hatten. Fürs erste freilich ließ der Kaiser seinen Zorn und seinem Mißtrauen freien Lauf, indem er nun auch seine illegitimen Halbbrüder in den geistlichen Stand versetzte, "um die Zwietracht zu mindern" (wie es Thegan ausdrückte): Drogo kam nach Luxeuil, Hugo nach Charroux und der bald verstorbene Theuderich an einen unbekannten Platz.
    Die wiederholten Hinweise der Quellen auf "ruchlose" Ratgeber und prominente Mitverschworene des gescheiterten Bernhard (darunter ein Enkel jenes Grafen Hardrad, der sich 30 Jahre zuvor gegen KARL empört hatte) lassen erneut spüren, wie leicht Familienzwist an der Spitze unruhiger Adelskreise auf den Plan rufen konnte und wie sehr es daher für den jeweiligen Herrscher darauf ankommen mußte, eine Isolierung von wesentlichen Teilen der Führungsschicht zu vermeiden. Es scheint, dass LUDWIG DER FROMME dafür - neben dem bewährten Mittel der Vergabe von Ämtern und Würden - stärker als sein Vater auch Eheverbindungen mit dem Hochadel eingesetzt hat. Er ging selbst voran, als er nach dem Tode der Kaiserin Irmingard (818) als zweite Gattin Judith wählte, die, wie es heißt, ob ihrer Schönheit siegreich aus einer "Besichtigung" der Töchter vornehmer Häuser hervorging, aber gewiß auch dadurch empfohlen wurde, dass sie von dem Grafen Welf aus ursprünglich fränkischer, nun vornehmlich in Alemannien und Bayern begüterter Familie (den älteren WELFEN) und einer edlen sächsischen Mutter abstammte. Dem Vater folgte 821 der junge Kaiser LOTHAR durch seine Heirat mit Irmingard, der Tochter des Grafen Hugo von Tours aus dem alten elsässischen Herzogshaus der ETICHONEN, während sein Bruder Pippin von Aquitanien im nächsten Jahr Ringart heimführte, deren Vater eine neustrische Grafschaft innehatte. Auch die kaiserlichen Prinzessinnen Rotrud und Hildegard wurden, anders als unter KARL, ins dynastische Geflecht einbezogen und mit den aquitanischen Grafen Rather von Limoges und Gerhard von Auvergne vermählt. Unter den solchermaßen in Königsnähe gerückten Geschlechtern gewannen vorerst die WELFEN den größten Einfluß, was kaum zu Unrecht dem energischen Ehrgeiz der neuen Kaiserin Judith zugeschrieben wird. Jedenfalls muß auffallen, dass im Laufe der Zeit ihre Mutter Heilwig die Leitung der vornehmen Königsabtei Chelles erhielt, der eine Bruder Rudolf sich die Verfügung über die Klöster Saint-Riquier und Jumiges sicherte und der andere, Konrad, zum wichtigen Machthaber in Alemannien wurde, überdies verheiratet mit Adelheid, einer weiteren Tochter Hugos von Tours und damit Schwägerin LOTHARS I. Wenn schließlich 827 auch noch Hemma, Judiths jüngere Schwester, dem Kaiser-Sohn Ludwig, einstweiligem Unterkönig von Bayern, angetraut wurde, so kündigten sich zugleich bereits die Gefahren für die inneren Machtbalance an, die in allzu starkem Hervortreten einzelner Adelssippen lag.
    Zusammen mit der Familie gewann auch der Hof mit den Jahren ein neues Profil. Die feste Bindung an die Residenz Aachen lockerte sich in dem Maße, wie Reichsversammlungen wieder in Nimwegen, Diedenhofen, Compiegne oder Ingelheim anberaumt wurden und Reisen bis nach Orleans und Tours, aber auch nach Paderborn und Frankfurt den Kaiser mit einem weiteren Kreis seiner Getreuen zusammenbrachten.
    Auf der Diedenhofener Reichsversammlung vom Oktober 821 begnadigte LUDWIG die überlebenden Teilnehmer der Rebellion Bernhards von Italien und hob die Verbannung Adalhards und Walas, der Stiefvettern KARLS, vom Hof auf; wenig später fiel die Entscheidung, die ins Kloster verdrängten Halbbrüder des Kaisers ebenfalls mit angemessenen Würden zu bedenken, und zwar Drogo mit dem Bischofsstuhl von Metz (ab 823), Hugo mit der Leitung des Klosters Saint-Quentin. Da in Diedenhofen zugleich die Ordinatio imperii von allen Großen eidlich bekräftigt wurde, ist in dem personellen Umschwung kein politischer Kurswechsel zu vermuten, sondern eher der Versuch, für die unveränderten Ziele einen breiteren Rückhalt zu erreichen. Gleichwohl bestand das Bedürfnis, die Überwindung der Zerwürfnisse auch religiös zu manifestieren, und so erlebte die Reichsversammlung von Attigny im August 822 die unter KARL DEM GROSSEN schwer vorstellbare Szene, dass der Kaiser öffentlich seine Verfehlungen gegen Brüder und Vettern sowie seine Mitschuld am Tode des Neffen Bernhardbekannte und sich dafür der Kirchenbuße unterwarf, während die anwesenden Bischöfe ihrerseits unumwunden die eigene Nachlässigkeit und Pflichtvergessenheit eingestanden und Besserung gelobten.
    Ganz im Sinne der allseits beschworenen Hausordnung wurde dem Junior-Kaiser LOTHAR ein Jahr nach seiner Heirat Italien als Bereich eigener Zuständigkeit zugewiesen, wo er ab 822 die Sonderherrschaft Pippins und Bernhards fortführen konnte.
    Die äußeren Rückschläge, die im Jahre 827 fast gleichzeitig in Pannonien, in Spanien und bei den Dänen eintraten, waren an sich ohne ursächlichen Zusammenhang, trafen am Hof aber auf ein Klima der Unsicherheit, das sich aus zunehmenden Spannungen in der Umgebung des Kaisers ergab. Den Hintergrund bildete eine neue familiäre Konstellation, denn LUDWIGS zweiten Gattin Judith hatte nach einer Tochter Gisela am 13.6.823 in Frankfurt einen Sohn zur Welt gebracht, der den Namen seines Großvaters KARL erhielt.
    Gleichwohl blieb die Ordinatio imperii nicht nur abstrakt in Geltung, sondern wurde auch fortschreitend realisiert, soweit das zu LUDWIGS Zeiten überhaupt möglich war: Ende 825 kehrte LOTHAR aus Italien zurück, um künftig als formell gleichberechtigter Mitkaiser an den Regierungsgeschäften beteiligt und in allen Herrscherurkunden genannt zu werden, und 826 hielt man den Kaisersohn Ludwig für alt genug, um das ihm in der Ordinatio zugesprochene Unterkönigreich Bayern auch persönlich zu übernehmen. Da sein Bruder Pippin schon seit Jahren in Aquitanien residierte, verblieben am Hof allein die beiden Kaiser sowie Judith mit ihrem kleinen Sohn. Wie sie miteinander auskamen, wissen wir nicht, doch ist in der zweiten Hälfte der 820er Jahre eine gewisse Stagnation in LUDWIGS innerer Politik nicht zu übersehen. Sichtbar zutage traten die latenten Gegensätze erst, als es galt, auf die akute Bedrohung an den Grenzen zu reagieren. LUDWIG DER FROMME ordnete dazu Anfang 828 nicht nur ein allgemeines Fasten an, sondern verfügte auch auf einem Hoftag in Aachen die Absetzung des Markgrafen Balderich von Friaul, der die Bulgaren nicht hatte abwehren können, sowie der Grafen Hugo von Tours und Matfrid, denen Versagen in Spanien vorgeworfen wurde. Mögen dies nach Lage der Dinge nicht unbegründete Entscheidungen gewesen sein, so griffen sie doch rigoros in die labile Balance unter den führenden Magnaten ein, denn jeder der Entmachteten stand in mannigfachen Bindungen zu anderen Großen, deren Ergebenheit durch solche Sanktionen auf eine harte Probe gestellt wurde. LOTHAR zum Beispiel konnte es nicht gleichgültig sein, dass sein Schwiegervater Hugo um allen Einfluß gebracht und Matfrid in der Grafschaft Orleans ausgerechnet durch Odo, einen Vetter des vor Barcelona siegreichen Grafen Bernhard, ersetzt wurde, der als Judiths Schützling galt. Jedenfalls wuchs dadurch die Zahl der Unzufriedenen, die zumal der Kaiserin nicht trauten. Wala, der 826 seinem verstorbenen Bruder Adalhard als Abt von Corbie nachgefolgt war und durch lange Erfahrung ebenso wie durch karolingische Abkunft besondere Autorität genoß, machte sich zu ihrem Sprecher, als es Ende 828 auf einer neuen Aachener Versammlung eine umfangreiche Denkschrift über Mißstände in Reich und Kirche vorlegte. Doch über diesen umfassenden Versuch einer Neubestimmung der Gewichte in "Abwehr des allzu verfestigten Staatskirchentums" (H. H. Anton), der ihm in einer kompromitierten Fassung vorgelegt wurde, ging Kaiser LUDWIG auf der nächsten Reichsversammlung im Worms (August 829) hinweg, um seinerseits mit dem Entschluß aufzuwarten, sein nunmehr sechsjähriger jüngster Sohn KARL erhalte als vorweggenommenes Erbe einen neugeschaffenen Machtbereich (Dukat), der aus Alemannien, Elsaß, Rätien und Teilen von Burgund gebildet wurde. Da keine Erhebung zum König erfolgte, war die Ordinatio imperii formal nicht außer Kraft gesetzt, doch mußte ihre wesentliche Intention als bedroht, ja gescheitert gelten, eine weitere Aufsplitterung der Macht durch Beschränkung des dynastischen Erbrechts zu unterbinden. Brüskiert fühlte sich LOTHAR, der seine Aussicht auf königliche Gesamtherrschaft schwinden sah, und mit ihm seine adelige Klientel, die an seinem Aufstieg gehofft hatte Anteil zu haben, der auch die jüngeren Brüder Pippin und Ludwig, die weitere Schritte zugunsten des kleinen KARL befürchten mußten, und schließlich die kirchliche Reformpartei, die eben erst weitreichende Konzepte zur inhaltlichen Ausfüllung des Reichseinheitsideals vorgetragen hatte. Der Bruch wurde offenkundig, als LOTHAR, der am 11.9.829 die letzte gemeinsame Urkunde mit dem Vater ausstellte, im Herbst ins Teilreich Italien abgeordnet und auch Wala vom Hof in sein Kloster Corbie verwiesen wurde. Statt ihrer nahm nun Bernhard von Barcelona, der Rivale Hugos und Matfrids, als Kämmerer die Stellung eines "Zweiten in der Herrschaft" ein, getragen vom Vertrauen der Kaiserin Judith (was zu üblen Gerüchten Anlaß gab) und verhaßt bei den bisher tonangebenden Kreisen, die sich über weitere personelle Veränderungen am Hof entrüsteten. Der Vorgang zeigt deutlich die faktischen Grenzen der kaiserlichen Entscheidungsfreiheit auf, denn die verbreitete Mißstimmung in der geistlichen und weltlichen Führungsschicht ließ sich nur den Winter 829/30 über noch unter Kontrolle halten. Als, angeblich auf Betreiben Bernhards, der Aufmarsch zu einem neuen Feldzug gegen die Bretonen ausgerechnet auf den Gründonnerstag (14.4.) angesetzt wurde, gab dies das Fanal zum Umsturz.
    Zum Verständnis der weiteren Entwicklung ist wichtig, dass die aktive Opposition nicht von dem in Italien weilenden Kaiser LOTHAR und auch kaum von seinen königlichen Brüdern ausging, sondern von den um ihren Einfluß gebrachten Großen, die sich bei der Forderung nach Revision der jüngsten Maßnahmen einig in dem Ziel waren, Bernhard und Judith aus ihren Schlüsselpositionen zu verdrängen. Nur für einen Teil der Aufrührer jedoch, für Männer wie Wala von Corbie, den Erzkapellan Hilduin oder den früheren Kanzler Helisachar, ging es darüber hinaus bewußt darum, LUDWIG DEN FROMMEN an der Aufgabe seiner eigenen früheren Pläne zur Wahrung der Reichseinheit zu hindern, - eine Haltung, die um einer höheren Legitimität willen den Vorwurf des Bruchs geleisteter Eide nicht scheute und, wenn überhaupt, nur dann auf breitere Resonanz rechnen konnte, wenn LOTHAR selber die Verteidigung der auf ihn zugeschnittenen Ordinatio imperii energisch und wirksam in die Hand nahm. Er wurde daher eilend über die Alpen herbeigeholt, nachdem sich das Heer statt gegen die Bretonen in den Pariser Raum gewandt und Bernhard sein Heil in der Flucht nach Barcelona gesucht hatte, während Judith in Klosterhaft nach Poitiers verbracht wurde und auch ihre Brüder Konrad und Rudolf in die Hände ihrer Gegner fielen, die sie bezeichnenderweise durch Scheren des Haupthaares aus dem politischen Leben auszuschalten suchten. LOTHARentschied sich nach seiner Ankunft auf einer Reichsversammlung in Compiegne im Mai 830 gegen die Forderung der radikaleren seiner Anhänger, LUDWIG DEN FROMMEN völlig zu entthronen, und zog es in Gegenwart seiner Brüder Pippin und Ludwig vor, allein auf der Rücknahme der Verfügungen aus dem Vorjahr zu bestehen, also wieder zum formellen Doppelkaisertum zurückzukehren. Dabei war nun freilich er der eigentliche Gebieter, hielt den Vater und den kleinen Stiefbruder unter steter Aufsicht und ging auch weiter strafend gegen Parteigänger der verstoßenen Kaiserin vor.
    Statt konkreter politischer Entschlüsse im Sinne der von den Reformern erhofften "Besserung" der allgemeinen Zustände stand, wie sich zeigte, eher die gegenseitige Abrechnung unter den verfeindeten Großen auf der Tagesordnung des folgenden Sommers und erlaubte bald gegen LOTHARS Regiment den Vorwurf, Ungerechtigkeit, Habgier und Gewalttat nur noch weiter gesteigert zu haben, was ihn in den Augen vieler kompromittierte, die seinen Aufstieg herbeigeführt hatten. Die verbreitete Enttäuschung kam dem alten Kaiser zugute, der seine monatelange Passivität überwand und über Mittelsmänner die Söhne Pippin und Ludwig auf seine Seite zog, indem er ihnen eine Vergrößerung ihrer Erbteile in Aussicht stellte. Der Umschwung zeigte sich bereits auf der nächsten Reichsversammlung im Oktober in Nimwegen, wo LUDWIG wieder die Oberhand gewann, seinem kaiserlichen Sohn kampflos einen neuen Treueid abnötigte und die Rückkehr Judiths an seine Seite durchsetzen konnte. Die Anführer der Rebellion sahen sich isoliert, wurden festgesetzt und auf einem Aachener Hoftag im Februar 831 abgeurteilt; Hulduin, der als Erzkaplan durch den Abt Fulco ersetzt wurde, ferner Wala und Helisachar wanderten an verschiedene Verbannungsorte, prominente Laien wurden mit Entzug ihrer Ämter und Güter bestraft. LOTHAR verlor erneut die Teilhabe an der Gesamtherrschaft und wurde nach Italien abgeschoben. Der zweimalige abrupte Wechsel der Machtverhältnisse, der sich binnen Jahresfrist abgespielt hatte, war von noch größerer Tragweite, als die Beteiligten ahnen mochten, den er klärte im Grunde schon, dass die von LUDWIG anfänglich betriebene normative Sicherung der Reichseinheit gescheitert war, weil der Kaiser sie der dynastisch fundierten Begehrlichkeit der übrigen Familienmitglieder geopfert hatte, aber auch weil der zu ihrer Wahrung berufene LOTHAR I. zu entscheidender Stunde weder Entschlußkraft noch Augenmaß bewiesen hatte.
    Wenn es kein Zurück zur Ordinatio imperii mehr gab, so waren die Modalitäten der künftigen Machtverteilung fortan dem freien Spiel der Kräfte überlassen, was im verbleibenden Jahrzehnt LUDWIGS DES FROMMEN zu einer verwirrenden Folge rasch wechselnder, niemals realisierter Zukunftsprojekte geführt und die Autorität des Herrscherhauses im ganzen schwer erschüttert hat. Dabei war LOTHAR als der Verlierer des Jahres 830 zunächst im Nachteil und hatte wohl schon in Aachen eine Regelung hinzunehmen, die ihn, den Kaiser, auch dauerhaft auf Italien beschränken wollte, während nördlich der Alpen Pippin mit einer Erweiterung seines aquitanischen Teilreichs nach Norden bis zur Somme und Ludwig mit einer Ausdehnung seines bayerischen Anteils rechts des Rheins und in der nördlichen Francia belohnt wurden. Dass alles übrige, von Mosel und Mittelrhein südwärts bis zur Provence, womöglich dem jungen KARL gehören sollte, weckte freilich den Unmut Pippins und Ludwigsund legte dem Kaiserhof nahe, zugunsten des Jüngsten eine vorsichtige Annäherung an LOTHAR zu suchen. Der Junior-Kaiser wurde schon im Mai 831 in Ingelheim wieder ehrenvoll empfangen und konnte die Begnadigung etlicher seiner Anhänger aus dem Vorjahr (darunter Hilduin, jedoch nicht Wala) erleben, zog sich dann aber doch nach Italien zurück. Dagegen nahmen die Spannungen mit den beiden anderen Brüdern gewaltsame Formen an, nachdem Pippin zu einem Hoftag im Herbst nicht erschienen und bei einem Weihnachtsbesuch in Aachen eigenmächtig abgereist war. Während der Kaiser deshalb einen Feldzug nach Aquitanien vorbereitete, wurde ihm ein Aufstand Ludwigs gemeldet, der sich von Bayern aus offenbar Teile von KARLS Erbe aneignen wollte. Den fälligen Doppelschlag gegen beide Söhne führte der Vater in der Weise, dass er zunächst gegen Ludwig vorrückte und ihn nach der Unterwerfung im Mai 832 bei Augsburg glimpflich davonkommen ließ, sich dann aber gegen Pippin wandte, den er im Oktober in der Nähe von Limoges zur Ergebung zwang und mit Absetzung sowie Verbannung nach Trier strafte, wodurch der Weg frei wurde, das aquitanische Regnum an Judiths Sohn KARL zu verleihen. Nach anderthalb Jahren war damit auch die Hausordnung von 831 schon wieder hinfällig, und eine Lösung zeichnete sich ab, bei der nur noch LOTHAR und KARLeine wesentliche Rolle spielen würden.
    Tatsächlich hatten LUDWIG und Judith abermals den Bogen überspannt und mit ihren sprunghaften Entschlüssen eine Koalition aller drei älteren Kaisersöhne heraufbeschworen, die sich 833 in einem großen Aufstand gegen sie kehrte. Anders als 830 ging es diesmal nicht mehr um die Zukunft der Reichseinheit, sondern nur noch um die sofortige Sicherung der beanspruchten Anteile vor anderweitiger Vergabe durch den Vater, und nach den jüngsten Erfahrungen wurden für dieses Ziel auch bewaffnete Auseinandersetzungen in Kauf genommen. Der neue Akt des Familiendramas begann damit, dass der enterbte Pippin von Aquitanienschon auf dem Transport ins Trierer Exil entweichen konnte und Fühlung mit LOTHAR aufnahm, der in Italien ein Heer mobilisierte, vor allem aber Papst Gregor IV. dafür gewann, sich ihm "zur Wiederherstellung von Frieden und Eintracht" anzuschließen. Auch Ludwig der Deutsche, der sich zuletzt (vergeblich?) beim Vater für eine milde Behandlung der Teilnehmer seiner kürzlich gescheiterten Rebellion verwandt hatte, trat von Regensburg aus auf ihre Seite. Während der Papst in einem Rundschreiben die fränkischen Bischöfe aufforderte, ihm zur Unterstützung entgegenzueilen, beschied LUDWIG DER FROMME ebenfalls den Episkopat zu sich nach Worms. Außer den adligen Führern der großen Vasallenverbände war damit auch die hohe Geistlichkeit zur persönlichen Stellungnahme herausgefordert, und sie spaltete sich gleichermaßen. LOTHARfand nur zögernde Unterstützung bei Wala, der erst im Vorjahr als einfacher Mönch nach Corbie hatte zurückkehren dürfen, und besaß daher seine hauptsächlichen Wortführer jetzt in den Erzbischöfen Agobard von Lyon und Ebo von Reims, wohingegen sich die kaisertreue Gruppe um Drogo von Metz, den Halbbruder LUDWIGS, scharte. Polemische Manifeste über die geforderte und verletzte Rechte, ja über den Vorrang der Befehlsgewalt von Kaiser oder Papst - ein in dieser Zuspitzung durchaus neuartiges Problem - gingen hin und her, bevor sich Ende Juni 833 auf dem Rotfeld bei Colmar die Heere LUDWIGS und seiner drei Söhne tagelang gegenüberstanden. Gregor verhandelte im Lager des Kaisers um einen Ausgleich, doch ließen sich inzwischen dessen Gefolgsleute mehr und mehr "durch Geschenke, Versprechungen und Drohungen" (wie LUDWIGS Biograph zu wissen glaubte) dazu bewegen, von ihrem Herrn abzufallen und auf die Seite der Söhne zu treten, so dass der alte Kaiser schließlich ohne Machtbasis dastand und sich ergeben mußte. Der Schauplatz so vielfachen Eidbruchs soll schon wenig später das "Lügenfeld" geheißen haben.
    LUDWIG hatte ganz formlos aufgehört, Herrscher zu sein, indem er von den Seinen verlassen wurde und somit nichts mehr zu gebieten hatte. Die Sieger konnten die ihnen zugefallene Macht nicht anders sichern als dadurch, dass sie ihn in dauernder Haft hielten, was in LOTHARS Verantwortung gegeben wurde, und so war es, der den Vater zunächst ins Kloster Saint-Medard in Soissons verbrachte, während der 10-jährige KARL in die Eifelabtei Prüm kam und seine Mutter Judith gar nach Tortona in Italien verbannt wurde. Auch bei der politischen Neuordnung des Reiches fiel das erste Wort LOTHAR, dem Kaiser zu, der in seinen Urkunden sogleich den vollen Imperatortitel LUDWIGS übernahm. Doch falls er (wie anscheinend der Papst und andere seiner geistlichen Parteigänger) geglaubt haben sollten, nach der Ausschaltung LUDWIGS, Judiths und KARLSzur Machtverteilung der Ordinatio imperii von 817 übergehen zu können, so zeigte sich rasch, dass die am Erfolg beteiligten Brüder eine derartige Rückstufung nicht mehr hinzunehmen bereit waren. Vielmehr mußten Pippin und Ludwig, soweit zu erkennen ist, über ihre Unterherrschaften hinaus weitere Landstriche (wohl Neustrien und alle rechtsrheinischen Gebiete) zugestanden werden, und zwar zu sofortiger selbständiger Regierung, wie sich am uneingeschränkten Königstitel ihrer seitherigen Urkunden ablesen läßt. Der Sturz LUDWIGS DES FROMMEN hatte mit innerer Logik die erste effektive Teilung des KARLS-Reiches zur Folge, und wer das nicht gewollt hatte, "kehrte", wie von Papst Gregor berichtet wird, "mit großer Trauer heim". LOTHAR, stark beraten von Agobard und Ebo, nutzte hingegen eine große Reichsversammlung im Oktober in Compiegne, um auch noch eine kirchliche Sanktionierung des Thronwechsels herbeizuführen. Gemäß ihrem 829 prinzipiell reklamierten allgemeinen Aufsichtsrecht stellten die versammelten Bischöfe förmlich fest, der ehemalige Kaiser habe "das ihm übertragene Amt unzulänglich verwaltet", und entsandten unter Ebos Führung eine Abordnung ins nahe Soissons, die LUDWIG ein langes Register seiner Sünden, unter anderem die Gewalttaten gegen seine Verwandten und die ungerechte Bestrafung der Verteidiger der Hausordnung von 817, vortrug und ihn aufforderte, dafür öffentlich Buße zu leisten. Nach einigem Sträuben und gewiß unter massivem Druck wurde er bereit, sich dem Urteil der Bischöfe zu beugen und seine mangelnde Eignung zum Herrscher einzugestehen. Bei aller ernstzunehmender Seelenqual liegt in der Szene ein geradezu atemberaubender Substanzverlust der monarchischen Autorität keine 20 Jahre nach dem Tode KARLS DES GROSSEN.
    Und wieder wendete sich das Blatt, wozu offenbar gerade die erbarmungslose Härte wesentlich beitrug, mit der LOTHAR den gefangenen Vater von Ort zu Ort mitzuschleppen schien. Der jüngere Bruder Ludwig, der bei einem weiteren Umsturz kaum etwas aufs Spiel zu setzten brauchte, forderte schon um die Jahreswende 833/34 eine würdigere Behandlung des alten Kaisers, und zu seinem Sprachrohr machte sich der gelehrte Fuldaer Abt Hrabanus Maurus, der mit einer Schrift "Über die Ergebenheit der Söhne gegen die Väter und der Untertanen gegen die Könige" hervortrat. Die moralische Hypothek, die auf ihm lastete, hinderte LOTHAR auch diesmal daran, seiner Herrschaft den notwendigen breiten Rückhalt bei den Großen zu verschaffen, und als er dann noch Pippins Mißtrauen durch Anstalten weckte, seinen Machtbereich auf dessen Kosten auszuweiten, war erneut die Konstellation beisammen, die LOTHAR schon 830 zu Fall gebracht hatte. Während er Ende Februar in Paris Hof hielt, rückten Pippin von W und Ludwig von Osten mit ihren Heeren gegen ihn vor, doch keine Hand rührte sich zu seiner Verteidigung, so dass ihm nichts anderes übrig blieb, als mit seinen Getreuen den eiligen Durchbruch nach Süden zu wagen und den Vater samt dem Stiefbruder in Saint-Denis zurückzulassen. Dort wurde LUDWIG DER FROMME am 1.3.834 feierlich wieder in die Kirche aufgenommen und, mit Waffen und Krone geschmückt, als Kaiser anerkannt. Auch Pippin und Ludwig fanden sich bald bei ihm ein, und man hörte von der Befreiung der Kaiserin, die nach Wochen in Aachen eintraf. Dennoch war LOTHAR nicht bereit (und vielleicht vor seinen Anhängern auch nicht imstande), sich ohne Gegenwehr geschlagen zu geben, so dass nun noch offene Kämpfe ausbrachen. Unweit der bretonischen Grenze siegten in blutigem Gefecht LOTHARS Parteigänger, die Grafen Lambert (von Nantes) und Matfrid, wobei neben dem kaiserlichen Kanzler Theoto, erst seit kurzem Nachfolger des Fridugis und etlichen Grafen auch Odo, Matfrids Rivale in Orleans, den Tod fand. LOTHAR selber erstürmte beim Vorrücken aus dem Rhonegebiet die Stadt Chalon, was mit manchen, in den Quellen ihm angelasteten Greueltaten verbunden war, schritt dann aber doch nicht zum Äußersten, als er etwa im September bei Blois der überlegenen Heerresmacht des Vaters und der Brüder gegenüberstand. Er unterwarf sich und rettete damit immerhin seine Herrschaft über Italien, freilich nur unter der eidlichen Zusage, das Land nicht mehr eigenmächtig zu verlassen; dorthin wurde auch den wichtigsten seiner geistlichen und weltlichen Parteigänger, also Wala von Corbie, Agobard und mindestens fünf weiteren Bischöfen sowie den Grafen Hugo, Matfrid, Lambert und ihrem Anhang freier Abzug gestattet. LUDWIG DER FROMME, der fortan in seinem urkundlichen Kaisertitel stets der "zurückgewährenden göttlichen Huld" Rechnung trug, war wieder das unbestrittene Oberhaupt des Reiches. Er formierte die Hofkapelle neu, indem er seine Halbbrüder Drogo, den Bischof von Metz, zum Erzkapellan und Hugo, den Abt von Saint-Quentin, zum Kanzler berief, und bestand im übrigen auf einer förmlichen Annullierung der während des Aufruhrs gegen ihn unternommenen Rechtsakte. Das geschah im Februar 835 auf einer Reichsversammlung in Diedenhofen, bei der unter Zustimmung auch von seinerseits beteiligten Bischöfen die Verurteilung LUDWIGS in Compiegne aufgehoben und seine Kirchenbuße von Soissons für nichtig erklärt wurde. Ebo von Reims hatte diese bei einer feierlichen Zeremonie in Drogos Metzer Dom zu verkünden und wurde gleich anschließend auf Antrag des Kaisers von seinem Hirtenamt abgesetzt und mit Klosterhaft belegt.
    Die jahrelange Konzentration aller fränkischer Energien auf den inneren Zwist von Herrscherhaus und Führungsschicht schwächte unausbleiblich die Abwehrkraft des Reiches nach außen und hat vor allem die Gefährdung der nördlichen und westlichen Küsten in folgenreicher Weise gesteigert. Trotzdem überwogen auch in LUDWIGS DES FROMMEN letzten Jahren die innenpolitischen Sorgen. Die schweren Erschütterungen der Jahre 830 und 833/34 hatten nur negativ darüber entschieden, dass für die Reichseinheit über den Tod dieses Kaisers hinaus keine Aussicht mehr bestand, aber sie hatten jedes Einvernehmen über die konkrete Verteilung des Erbes in unabsehbare Ferne gerückt. Zu weit klafften die Ansprüche der Söhne und die Erwartungen der ihnen jeweils verbundenen Großen auseinander, und zu sehr hatte die Autorität des kaiserlichen Vaters Schaden genommen, als dass ein allgemeiner Konsens über künftige Reichsteilungen noch hätte ausgehandelt oder gar verordnet werden können. LUDWIG, in dessen Umgebung neben der Kaiserin Judith nun der Seneschalk Adalhard zu steigendem Einfluß kam, resignierte indes keineswegs und scheint in einzelnen seiner Maßnahmen versucht zu haben, an die Politik der glücklicheren 820er Jahre anzuknüpfen, etwa wenn er 836 eine neue Reformsynode in Aachen veranlaßte, die sich weithin wörtlich die Beschlüsse des Jahres 829 zu eigen machte, oder wenn er durch die Verheiratung seiner Tochter Gisela mit dem Markgrafen Eberhard von Friaul (aus dem fränkischen Hause der UNROCHINGER) ähnlich wie früher einen mächtigen Magnaten sich als Schwiegersohn zu verpflichten suchte, doch ein durchdachtes, konsequent verfolgtes Konzept in der Erbteilungsfrage hatte er nicht, wenn man von dem wohl durch Judiths genährten Wunsch absieht, den nachgeborenen Sohn KARLmöglichst gut zu bedenken.
    Dabei stand nach 834 zunächst im Wege, dass die Anteile der mittleren Söhne Pippin und Ludwig, die durch ihre Schwenkung die Wiedereinsetzung des Vaters herbeigeführt hatten, nicht geschmälert werden konnten, weshalb die Zuweisungen an KARL (Alemannien, später Aquitanien), die den großen Aufstand heraufbeschworen hatten, hinfällig blieben. Die Lösung schien wie 831 in einer Verständigung mit LOTHAR zu liegen, die auf einer Diedenhofener Reichsversammlung 836 versucht wurde, wo Wala als dessen Abgesandter erschien; doch starb der ehemalige Abt von Corbie bald nach seiner Rückkehr, ohne LOTHARSEinlenken erreicht zu haben. Die fortwährend grollende Haltung des ältesten Sohnes, der in Italien sogar gegen Anhänger des Vaters vorging, bewog LUDWIG, für 837 einen Romzug anzukündigen, der zu einer Begegnung mit LOTHARhätte führen müssen, dann aber nicht zustande kam, weil der erneute Wikingereinbruch in Friesland den Kaiser dorthin ablenkte. Danach gab er das Warten auf LOTHAR auf und verfügte Ende des Jahres von sich aus eine erneute Ausstattung KARLS, die zentralen Bereiche der Francia von Friesland über die Gaue zwischen Maas und Seine bis weit nach Burgund umfaßte. Damit verstimmte er nicht nur LOTHAR, sondern auch den jüngeren Ludwig, der sich von Bayern aus mit dem kaiserlichen Bruder zu einer Besprechung in der Nähe von Trient traf und dadurch sogleich das Mißtrauen des Vaters auf sich lenkte. Nach einem vergeblichen Versuch, sich zu rechtfertigen, wurden ihm im Sommer 838 alle rechtsrheinischen Länder bis auf Bayern wieder entzogen. Immer höher stieg der Stern KARLS, der im September in Quierzy nach Vollendung seines 15. Lebensjahres mit dem Schwert umgürtet und von seinem Vater zum König gekrönt wurde, wobei er Neustrien als Unterherrschaft erhielt, anscheinend neben dem im Vorjahr verfügten Erbteil. Bevor es darüber zum Konflikt mit Pippin von Aquitanien kam, dessen Interessen hier berührt waren, traf die Nachricht von seinem offenbar plötzlichen Tod am 13.12.838 ein. Zu Trauer scheint wenig Anlaß gewesen zu sein, denn damit wurde endlich die Bahn frei für die von Judith betriebene Einigung zugunsten LOTHARS und KARLS. LUDWIG DER FROMME, der zunächst durch einen Zug über den Rhein bis zum Bodensee, dem jüngeren Ludwig seine Macht demonstriert hatte, traf Ende Mai 839 mit den beiden anderen Söhnen auf einer Reichsversammlung in Worms zusammen und teilte das Erbe, abzüglich des für Ludwig vorbehaltenen bayerischen "Pflichtteils", entlang von Maas, Saone, Rhone und Westalpen. LOTHAR wählte die östliche, Italien einschließende Hälfte, KARLdie westliche und damit auch den Konflikt mit den Söhnen des eben verstorbenen Bruders Pippin, von denen der ältere, wie KARL wohl gerade volljährige Pippin II. mit manchem Rückhalt im Lande die Herrschaft über Aquitanien als sein väterliches Erbe beanspruchte. Fürs erste gedachte der alte Kaiser selbst die gewaltsame Durchsetzung der neuesten Hausordnung in die Hand zu nehmen, und dementsprechend zog er im Herbst mit Heeresmacht gegen den Enkel Pippin von Aquitanien, brachte es aber in zähem Kleinkrieg nur zu Teilerfolgen. Im nächsten Frühjahr erschien es dringender, gegen Ludwig einzuschreiten, der sich natürlich nicht dauerhaft auf Bayern beschränken ließ, nun aber vom Vater doch aus Thüringen verjagt wurde. Auf einem neuen Hoftag, zu dem LOTHARaus Italien berufen wurde, sollte das weitere Vorgehen gegen Ludwig besprochen werden, doch dazu kam es nicht mehr, denn der Kaiser starb nach kurzer Krankheit 62-jährig auf einer Rheininsel bei Ingelheim am 20.6.840.
    Dass keiner seiner Söhne zugegen war, als er wenig später von Drogo, seinem bischöflichen Halbbruder und letzten Erzkapellan, in der Metzer Kirche des Familienheiligen Arnulf an der Seite seiner Mutter Hildegard bestattet wurde, wirft ein bezeichnendes Licht auf die Bilanz seiner Regierung. In 26 Jahren hatte LUDWIG DER FROMME das Großreich seines Vaters nach außen einigermaßen behaupten können und nach innen zunächst durch weitere vereinheitlichende Reformen gefestigt, später jedoch nur noch, so gut es ging, verwaltet, was Episkopat und Hochadel zu stärkerem politischen Eigengewicht gelangen ließ. Völlig gescheitert war er mit dem Bemühen, die Herrschaftsordnung nach seinem Tode festzulegen, denn sein anfängliches Konzept, auf der Grundlage des Kaisertums dauerhaft eine oberste Zentralgewalt des ältesten Sohnes zu etablieren, stand wegen des antidynastischen Grundzugs von vornherein wohl auf schwachen Füßen, wurde von LUDWIG aber auch nicht wirksam vertreten und schließlich unter dem Druck der Umstände ganz fallen gelassen. Bis dahin war jedoch durch den zweimaligen Zusammenbruch und die anschließende Wiederherstellung seiner Herrschaft sein Handlungspielraum so geschmälert, dass er auch keinen Teilungsplan mehr unwidersprochen durchsetzen konnte und sich am Ende gar in bewaffnete Kämpfe mit seinen Söhnen verstrickte, die dann nahtlos in den Bruderkrieg nach seinem Tode übergingen. Unmittelbar ausgelöst wurde diese Entwicklung durch den schon in den Quellen hervorgehobenen Ehrgeiz der zweiten Kaiserin Judith und die Erbansprüche des Nachkömmling KARL, doch wäre die Vorstellung naiv, ohne eine Wiederverheiratung hätte sich die Reichseinheit auf längere Sicht bewahren lassen. Woran sie letztlich zerbrach, war die Unfähigkiet der fränkischen Führungsschicht (bis hin zu den rivalisierenden Kaisersöhnen), in den Dimensionen des KARLS-Reiches zu denken und dessen monarchisch-imperiale Führung für eine wünschenswerte, ja notwendige Rahmenbedingung auch ihrer eigenen politischen Entfaltung zu halten. Was sich unter KARL DEM GROSSEN in gleichsam spontaner Selbstverständlichkeit eingespielt hatte, war von seinem Sohn weit weniger überzeugend beansprucht und verwirklicht worden.

    793 1. oo Konkubine N.N.
    794 2. oo Irmingard, Tochter des Grafen Ingram (Franke), um 775/80-3.10.818
    819 3. oo Judith, Tochter des Grafen Welf, um 795-19.4.843

    Kinder:
    1. Ehe
    - Alpais Äbtissin von St. Pierre-le-Bas in Reims (816-852) 794-23.7.852
    806 oo Bego Graf 755/60-28.10.816
    - Arnulf Graf von Sens um 794- nach 841

    2. Ehe
    - LOTHAR I. 795-29.9.855
    - Pippin um 797-13.12.838
    - Ludwig II. der Deutsche 806-28.8.876
    - Rotrud 800-
    oo Rather Graf von Limoges -25.6.841
    oder
    oo Gerhard Graf von Auvergne -25.6.841
    - Hildegard Äbtissin von Notre-Dame in Laon 802/04-23.8.860
    oo Rather Graf von Limoges -25.6.841
    oder
    oo Gerhard Graf von Auvergne -25.6.841

    3. Ehe
    - Gisela 819- nach 1.7.874
    836 oo Eberhard Markgraf von Friaul um 810- 866
    - KARL II. DER KAHLE 13.6.823-6.10.877

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 11,16,56,115 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 194 - Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 189,367 K 22 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 23,179 - Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 60,87,91-95,99-104,106-109,112,115,118-120,129,138,195,198,204,213,216-218,220,225,229,234,238,245,278,280,282, 305,315,322-324,331- Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 11,17,21,65,69,80,93,108, 144 - Biographien zur Weltgeschichte. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1989, Seite 341 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 18,24,29, 33,38,53,60,62,76,89,96,105-108,114,117,127-129,140,144,146,155,158,160,165,171,179,184,197,200,206,211,213,221-223,231,233, 246, 275-280,288- Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 81,85,90-92,94-96,98,101-104,108,112,113,116,120,132,135,145, 147,156-158,160,166,180,182,189,192,198,199,202,219-222,224-229, 252-254,257 - Boshof Egon: Die Salier. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 180 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 503,504,506,511,513,524,531 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. 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Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989, Seite 23,54,62,82,85,129 -



    Neue Deutsche Biographie Ludwig der Fromme

    fränkischer Kaiser, * Sommer 778 Chasseneuil bei Poitiers, † 20.6.840 auf einer Rheininsel bei Ingelheim, ⚰ Metz, Arnulfskloster.

    L. und sein Zwillingsbruder Lothar (früh verstorben) erhielten als erste Karolingersprossen, freilich erst der dritten Königsgeneration, in „Ansippung“ an die abgelöste alte Dynastie, merowing. Namen (Chlodwig und Chlothar). L. wurde am Ostertage (15.4.) 781 in Rom, zusammen mit seinem Bruder Pippin, von Hadrian I. zum König gesalbt und gekrönt. Es ist die erste klar bezeugte, nicht nur erschließbare Krönung im Karolingerhause. Als vom Vater bestellter Unterkönig verbrachte L. seine Jugend in Aquitanien (wie Pippin in Italien). Daß er eine geistlichliterarische Erziehung genoß, findet sich zwar nur andeutungsweise bezeugt, ist aber aus seinem späteren religiös-kirchlichen Eifer mit Sicherheit zu erschließen. In roman. Umwelt aufgewachsen, beherrschte er das Lateinische völlig, verstand aber auch das Griechische, während er der volkssprachlich-fränk. Tradition weniger Interesse entgegenbrachte als sein Vater.

    Bis zur Wehrhaftmachung (791 in Regensburg) blieb L. unter beauftragter vormundschaftlicher Regierung. Er hielt eigene Reichsversammlungen ab (789 in Mourgoudou b. Albi; 790, 795, 801 in Toulouse; 814 in Doué b. Tours) und urkundete 794, 807, 808 als rex Aquitaniae bzw. als rex Aquitanorum. Neben dem Grenzgrafen Wilhelm von Toulouse († 812 als Mönch in seiner Gründung Gellone) nahm L., allmählich in selbständiger Führung, an den Abwehr- und Sicherungskämpfen gegen Basken und Araber beiderseits der Pyrenäen teil (Einnahme von Barcelona 801, von Tortosa 811, Strafzug nach Pamplona 813), doch wurde er oft auch zu Reichsversammlungen und Heereszügen des Vaters und des Bruders Pippin entboten (785 Paderborn, 790 Worms, 791 Ingelheim-Regensburg-Awarenkrieg, 792/93 Italien, 793 Salz, 798 Sachsenkrieg, 797 Herstal, 799 Aachen-Friemersheim-Sachsenzug, 800 Tours, 804 Sachsenzug, 805/06 Diedenhofen, 809 Aachen). In der Divisio von 806 sprach ihm Karl d. Gr. über Wasconien und Aquitanien hinaus das gesamte südliche Gallien zu, aber der Tod der älteren Brüder (810/11) machte diese Regelung hinfällig. Karl d. Gr., inzwischen von Byzanz als Kaiser anerkannt, krönte nach oström.-byzantin. Stil am 11.9.813 in Aachen den nunmehr alleinigen Nachfolger L. zum Mitkaiser.

    Karl starb am 28.1.814; am 27. Februar traf L. in Aachen ein. Als Repräsentant einer stärker verchristlichten Generation, der in Aquitanien die Klöster gefördert und angeblich einmal erwogen hatte, selber Mönch zu werden, übernahm er ein in seinen gewaltigen Dimensionen machtpolitisch saturiertes, von außen vorerst nicht mehr gefährdetes, in der inneren, d. h. auch kirchlichen Ausformung dagegen unfertiges Reich. Die Lebensgeschichte L.s fällt von nun an größtenteils mit der Reichsgeschichte zusammen, in der das individuell-biographische Element im ganzen nur mit ungleicher Deutlichkeit sichtbar wird.

    Von persönlichen Initiativen „außenpolitischer“ Art kann bei L. nicht ernstlich die Rede sein. Durch den feierlichen Empfang einer noch an Karl abgeordneten griech. Gesandtschaft (1.8.814 in Aachen) sanktionierte der neue Kaiser den Ausgleich mit Byzanz. Darin war offensichtlich der Verzicht auf den Römernamen im Kaisertitel vereinbart worden: L. und seine fränk.-deutschen Nachfolger nannten sich bis ins späte 10. Jh. nur Imperator augustus, ohne Attribut. Auch die Umschrift des Bullensiegels Renovatio Roman-[orum] imp[erii] entfiel und wurde durch die Formel Renovatio regni Franc[orum] ersetzt. Griechische Abgesandte sind an L.s Hof noch wiederholt, aber eher beiläufig (817, 824, 826, 827, 833, 839) bezeugt. Im übrigen blieb es unter ihm durchweg bei einer im ganzen defensiven Grenzpolitik. L. nahm 814 die Lehnshuldigung des dän. Thronprätendenten Harald entgegen, hob ihn 826 in Mainz aus der Taufe und sandte Ansgar zur Missionierung des Nordens aus; Harald vermochte sich jedoch in seinem Lande nicht durchzusetzen. An der Elbelinie und besonders im Südosten kam es mit den angrenzenden Slawen wiederholt zu Kämpfen, die ihre Wellen zeitweise bis zu den Bulgaren schlugen, aber|diese Geschehnisse gehören, ebenso wie die Auseinandersetzungen in Italien (Benevent und Venedig), nicht zur Biographie L.s, der in solchen Zusammenhängen zwar gelegentlich Gesandtschaften empfing – insbesondere 826 in Ingelheim –, in aller Regel aber diese Aufgaben den Unterkönigen und Grenzgrafen überließ. Er selber zog 818 und 824 gegen die Bretonen zu Felde, offenbar ohne nachhaltigen Erfolg. Sichtlich kein Heerführer von Rang, griff er auch in Wasconien und Spanien, wo es immer wieder brodelte, nicht persönlich ein.

    In der „Innenpolitik“, in der Regierung des Reiches und der Kirche, steht dagegen, mindestens für den Anfang, der persönliche Wille und Beitrag L.s außer Zweifel. Hier setzte der Generationswechsel von 814 neue Energien zur Festigung und Mehrung des überkommenen Erbes frei. Persönlich zur Strenge, ja zum Mißtrauen geneigt, verwies L. seine Schwestern vom Hof in ihre Klöster und entließ auch die Brüder Adalhard und Wala, seine bisher sehr einflußreichen Seitenverwandten. Auf die Sicherung der Randländer bedacht, entbot er seinen Neffen Bernhard, den Sohn Pippins und italischen Unterkönig, zur Huldigung. Zugleich bestellte er – schon 814 – seine eigenen Söhne Lothar und Pippin zu Unterkönigen in Bayern und Aquitanien. Oberster Hofkaplan blieb der EB Hildebald von Köln; nach dessen Tod (818) folgte der Abt Hilduin von Saint-Denis. Aus Aquitanien brachte L. seinen Kanzler Helisachar an den Hof, ebenso seinen Jugendfreund Ebbo, den er 816 zum Erzbischof von Reims erhob. Als einflußreicher Berater begegnet bald auch der Graf Matfrid von Orléans.

    Der neue Schwung der kaiserlichen Regierung wird von Anfang an in einer ausgiebigen Beurkundungstätigkeit sichtbar. Die insgesamt nahezu 500 Diplome L.s, ausgefertigt unter der Leitung der Kanzler Helisachar (814–19), Fridugis (819–32), Theoto (832–34) und Hugo (834–40, – 844, Halbbruder L.s, Abt von Saint-Quentin), stellen mit ihrer ausgereiften diplomatischen Kursive und der geschliffenen Latinität ihrer Textformulare, so in der Verbindung des Immunitätsprivilegs mit dem Königsschutz, den mustergebenden Höhepunkt frühmittelalterlicher Kanzleigeschichte dar. Überhaupt stehen die ersten Jahre für Reich und Kirche im Zeichen gesetzgeberisch-programmatischer Normung und Fixierung durch regelmäßige Reichsversammlungen, durch eine stattliche Zahl von gewandt formulierten Kapitularien, in der Tradition Karls d. Gr. und zugleich über ihn hinaus. Mit der Konstituierung der Bistümer Hildesheim und Halberstadt und des Missionserzbistums Hamburg sowie der Klöster Corvey und Herford vollendete L. die Basis der sächsischen Kirchenorganisation. Aus Aquitanien berief er den Mönchsreformer Benedikt von Aniane zum Abt der Neugründung Inden (Kornelimünster) und betraute ihn mit der Aufsicht über die Reichsklöster insgesamt, die, wie sich besonders an den Kaiserdiplomen ablesen läßt, mit den Hochstiften zu einer gefestigten, an den Herrscher gebundenen Reichskirche zusammenzuwachsen begannen. Auf einer großen Aachener Synode wurden 816 für die Mönchs- und Nonnenklöster eine neu formulierte, von jeder Mischobservanz gereinigte Benediktregel, für die Kanonikerstifte (und analog für die Kanonissen) eine – freilich nur mittelbar an Chrodegang von Metz orientierte – Institutio unter L.s Autorität als verbindliche Normen verkündet. Es folgten 817-19 weitere Bestimmungen für Bischofskirchen und Klöster (Wahlrecht, Reichslasten, Einkünfteregelung, Sicherung und Beaufsichtigung der Eigenkirchen). Rasche Erfolge dieser Vorschriften sind nicht erkennbar, um so bedeutender aber wurde die prägende Fernwirkung der Statuten von 816 im 10. und 11. Jh.

    Auch die geltende Oberhoheit über Rom wurde neu formuliert. Als der Papst Leo III. 815 eigenmächtig eine Verschwörung blutig unterdrückte, ordnete L. eine Untersuchung durch Kg. Bernhard an, ließ sich aber durch päpstliche Gesandte beruhigen. Bei der durch Leos Tod 816 eintretenden ersten Vakanz unter dem neuen Kaisertum griff man weder in Rom noch in Aachen auf das seit der Mitte des 8. Jh. faktisch erloschene kaiserliche Bestätigungsrecht zurück, aber der neue Papst Stephan IV. (816–17) ließ die Römer einen Treueid auf den Kaiser schwören und begab sich zu L. nach Reims. Eine segnende Festkrönung mit einer angeblichen Konstantinskrone (Okt. 816) brachte den röm. Ursprung des Kaisertums in Erinnerung. Als mittelbares Ergebnis der Reimser Verhandlungen stellt sich das Pactum Hludovicianum von 817 für den nächsten Papst Paschalis I. (817–24) dar, das – nach dem Verlust des Kaiserprivilegs für Stephan IV. – erste und für spätere Zeiten mustergebend ausformulierte Kaiserprivileg für die röm. Kirche. Es bestätigte mit dem Territorium und der internen Autonomie des Kirchenstaates auch die Freiheit der Papstwahl, die erst nach der Weihe dem Kaiser anzuzeigen war.

    Der Wille zur Konsolidierung gewachsener Ordnung gipfelte in einer großzügigen politischen Neuregelung, die, sichtlich von L.s geistlichen Beratern konzipiert, im Juli 817 auf einer Aachener Reichsversammlung verkündet wurde. Die bisher nur faktisch – zuletzt durch die Todesfälle von 810/11 – zustande gekommene Einheit des Gesamtreiches im Zeichen des Kaisertums wurde zum durchdachten Prinzip erhoben. Dem entspricht es, daß seit 814 in den Urkunden hinter dem Kaisertitel auch der Bezug auf Franken und Langobarden verschwunden ist, ungeachtet der erwähnten Bullenumschrift. Dieses Programm wurzelte geistig im christlichen Universalismus, wie ihn mit publizistischer Verve vor allem EB Agobard von Lyon verfocht, es entsprach aber auch, angesichts der über viele Länder verbreiteten Rechte, Ämter und Güter, den sehr konkreten Wünschen der Kirchen und weitverzweigter Adelsgruppen. Lothar wurde (wie L. selber 813) zum Mitkaiser gekrönt und zum Nachfolger bestimmt, während Pippin und Ludwig (der Deutsche) als Unterkönige in Aquitanien und Bayern eingesetzt wurden. Diese Ordinatio imperii untersagte über L.s Tod hinaus weitere Teilungen und gab der nach Sinn und Tradition genossenschaftlichen Teilung eine herrschaftliche Wendung: Die Teilkönige sollten in allem, was über ihre interne Autonomie hinausging, dem Kaiser untergeordnet bleiben. Dieses theologisch fundierte, imperial formulierte Programm war eine kühne Konzeption, geradezu eine verfrühte Reichs- und Staatsidee, die dem Rechtsdenken des Zeitalters weit vorauseilte. Ob und in welchem Ausmaße sie sich in der dynastischaristokratischen Welt auch würde durchsetzen lassen, war die Frage, die L.s weitere Regierungszeit überschattete. Die Widerstände blieben nicht aus, treten für uns aber nur vordergründig, namentlich im Kaiserhause selber, in helles Licht, während die offenbar wechselnden Gruppierungen im Adel oft undeutlich bleiben. Das Persönlichkeitsbild L.s verliert dabei sehr an Festigkeit und wird immer mehr durch die Unausgeglichenheit seines Charakters bestimmt.

    Der ersten Krisen wurde er aber Herr. Der in der Ordinatio übergangene Bernhard von Italien ließ sich zu einer Empörung hinreißen, die jedoch rasch zusammenbrach. Er starb an der Blendung, die L. – statt des Todesurteils der nächsten Aachener Reichsversammlung (April 818) – über ihn verhängte (17.4.818). Erneut mißtrauisch geworden, zwang L. seine jungen Halbbrüder, Karls d. Gr. nicht vollbürtige Söhne Drogo, Hugo und Theuderich, zum Eintritt in den geistlichen Stand und entsetzte den Bischof Theodulf von Orléans seines Amtes. Die Bemühungen um kirchliche Reformen und politische Konsolidierung gingen jedoch weiter, wenn auch seit dem Tode Benedikts von Aniane (821) sichtlich mit geringerer Energie. – Auf den Reichsversammlungen von 821 (im Mai zu Nimwegen, im Oktober zu Diedenhofen) wurde die Ordinatio von 817 beschworen. Ein Ausgleich mit den bisher ausgeschalteten und bekämpften Gruppen zielte auf eine erneute Sammlung der Kräfte. In Diedenhofen wurden die Teilnehmer an der Verschwörung Bernhards begnadigt, ebenso Adalhard, dessen Bruder Wala gleichfalls an den Hof zurückkehrte. Zu Attigny versöhnte sich L. im August 822 auch mit seinen Halbbrüdern; Drogo wurde Erzbischof in der Karolingerstadt Metz. Zugleich sanktionierte L. sein Friedenswerk durch eine öffentliche Buße für alles Unrecht, das er insbesondere den Seinen angetan hatte; mit einem Bekenntnis ihrer Pflichtvergessenheit folgten die Bischöfe seinem Beispiel. Die neuen Ratgeber, unter denen neben Adalhard († 826) und Wala der Erzkaplan Hilduin hervortrat, blieben bei alledem auf eine nachhaltige Festigung der Reichsautorität bedacht. Begleitet und beraten von Wala, begab sich Lothar 822 nach Italien. Er wurde von Paschalis I. nach Rom eingeladen und am Osterfeste 823 gekrönt; es war abermals eine bloße Festkrönung, aber zum ersten Mal seit 800 wieder eine Krönung in Rom, wo der Zweitkaiser sogleich wieder eine unmittelbare Gerichtsgewalt in Anspruch nahm. Nach des Paschalis Tod erwirkte Wala die Erhebung des frankenfreundlichen Aristokraten Eugen II. (824–27), und bei einem abermaligen Aufenthalt in Rom verkündete Lothar 824 die Constitutio Romana über eine Reorganisation des Kirchenstaates, der jetzt im Auftrage des Kaisers einer steten Kontrolle unterworfen, also über die bisherige Praxis hinaus ins Reich einbezogen wurde, zumal der gewählte Papst vor der Weihe dem Vertreter des Kaisers einen Treueid leisten sollte. Lothar kehrte 825 an den Kaiserhof zurück und wurde, auch formell im Titel der Urkunden, Mitregent L.s, dessen wahrscheinlich im August 825 in Aachen erlassene Admonitio ad omnes regni ordines erneut von lebendigem Reformwillen zeugte. – Aus den Kontakten mit Byzanz und Rom ergab sich die Notwendigkeit, nochmals den Bilderstreit zu erörtern; dies geschah 825 auf einer Synode in Paris, blieb aber ein bloßer Nachhall ohne Bedeutung.

    Das erste Jahrzehnt von L.s Regierung darf nach alledem als Höhepunkt der fränk.-karoling. Reichsgeschichte gewertet werden. Die|vielseitige Breitenwirkung der karoling. Bildungsreform relativierte gewiß die bis dahin dominierende Stellung des Kaiserhofes im geistigen Leben, aber seine Schriftkultur, sein hoher Rang und seine ansehnliche Bibliothek bestanden fort und erneuerten sich gar in der Folgezeit; auch L. wurden Verse, theologische Schriften und kostbare Codices gewidmet; nach vorwiegender, jedoch umstrittener Forschungsmeinung war er der Auftraggeber des altsächs. Heliand. Die politische Stabilität geriet dagegen ins Wanken. Es steigerten sich die Unruhen an den Grenzen, im Süden die Übergriffe der Sarazenen, vom Norden her die Vorstöße der Normannen (seit 834 Jahr für Jahr), an deren Abwehr L. nach wie vor keinen Anteil hatte. Die gefährlichen Erschütterungen bahnten sich aber im Innern an. In Reich und Kirche, denen es an einem organisatorischen Unterbau fehlte, lag weiterhin vieles im argen. Angesichts dieser Aufgaben wurden die kaiserliche Autorität, L.s Energie und Führungswille unverkennbar schwächer. Die Passivität des Kaisers hatte zur Folge, daß der hohe Klerus den Kampf um das steckengebliebene Reformwerk stärker als bisher aus eigener Initiative aufnahm und sich seiner Autonomie, ja seines geistigen Führungsanspruches bewußt wurde. Zugleich regten sich in L.s Umgebung, am Hof und im Adel, Widerstände gegen das politische Programm der Ordinatio von 817. Personell zeichnen sich diese rivalisierenden Gruppen weiterhin nicht deutlich ab, doch tritt als zentrale Gestalt allmählich die neue Kaiserin Judith in den Vordergrund, die ehrgeizige Mutter des 823 geborenen vierten Kaisersohnes Karl (des Kahlen). Für ihn gewann sie Lothar als Taufpaten und, 829, den Gelehrten und Dichter Walahfrid Strabo als Erzieher, für ihn erstrebte sie aber auch einen Anteil an der Reichsherrschaft. Das entsprach dem am Teilungsprinzip orientierten überkommenen Rechtsdenken, lief jedoch dem Nachfolgegesetz von 817 zuwider.

    Zwar verteidigte der Gf. Bernhard von Barcelona, der Sohn Wilhelms von Toulouse, 827 erfolgreich seine fränk. Bastion in Spanien, im übrigen aber verliefen die Grenzkämpfe dieses Jahres sehr unglücklich. Die Grafen Hugo von Tours und Matfrid von Orléans, aber auch Mgf. Balderich von Friaul wurden Anfang 828 ihrer Ämter enthoben. Mit den immer lebhafter beklagten Mißständen in Reich und Kirche befaßten sich im Winter 828/29 eine Aachener Versammlung, dann Anfang 829 vier Synoden in Mainz, Lyon, Paris und Toulouse. Hier wurden Reformprogramme sehr grundsätzlicher Art entwickelt, die über die Bemühungen des letzten Jahrzehnts hinaus im Geiste der (schon spätantiken) Lehre von den beiden Gewalten – auctoritas sacrata pontificum et regalis potestas – auf eine Auflockerung des Staatskirchentums, ja auf eine Art von geistlicher „Normenkontrolle“ des öffentlichen Lebens zielten. L. aber und die Seinen erwiesen sich nicht – jedenfalls nicht mehr – willens und imstande, auch ihrerseits solche Wege zu beschreiten; naiver Machtwille überwucherte die hochfliegenden, im politischen Bereich freilich auch unrealistischen Reformideen – eben daraus ergab sich die schwere Krise der nächsten Jahre.

    Auf die in einer relatio des Episkopats formulierten Reformwünsche ging L. nicht ein. Dagegen übertrug er im Aug. 829 auf einer Wormser Reichsversammlung seinem jüngsten Sohn Karl Alemannien mit Rätien, dem Elsaß und einem Teil Burgunds. Ob dieser Bereich als künftiges regnum im vollen Rechtssinne gedacht war, steht dahin, aber dem Geist der Ordinatio von 817 widersprach diese Regelung sehr, sie bezeichnete einen Sieg Judiths und einen völligen Kurswechsel des Kaiserhofes. Die Verfechter der Reichseinheit waren beiseite geschoben; Lothar, in den Urkunden nicht mehr als Mitregent genannt, wurde nach Italien entlassen; neue Männer, voran der zum Kämmerer berufene Bernhard von Barcelona, herrschten am Hof. Der Kampf um das Programm von 817 wurde ein Kampf um die Macht am Hofe. Die Initiative lag jedoch vorerst nicht bei den älteren Kaisersöhnen. Wala (seit 826 als Nachfolger seines Bruders Adalhard Abt von Corbie), der Erzkaplan Hilduin, der frühere Kanzler Helisachar erscheinen als Anführer einer Gruppe, die durch eine loyale Palastrevolution gegen den Kaiser selber die erstrebte Reichsordnung sichern wollte, sich dabei freilich im Kampf gegen die Gruppe um Judith und Bernhard mit Hugo, Matfrid und anderen Magnaten traf, deren Motive kaum über persönliche Feindschaft hinausreichten. Die Vorbereitungen zu einem auf Frühjahr 830 anberaumten Bretonenfeldzug schlugen in einen großen Aufstand um, dem L. keinen Widerstand entgegenzusetzen wagte. Bernhard floh nach Barcelona, Judith wurde nach Poitiers ins Radegundiskloster verwiesen. Unter der Leitung des aus Italien zurückgekehrten Mitkaisers Lothar tagte im Mai 830 zu Compiègne eine Reichsversammlung, die sich – soweit erkennbar – formal mit der Wiederherstellung des vorherigen Rechtszustandes begnügte: Lothar erscheint jedenfalls wieder als Zweitkaiser in den|Diplomen, in Wirklichkeit aber trat er als Alleinherrscher auf, beschränkte L. auf eine nominelle Rolle und wollte ihn gar zum Eintritt in den Mönchsstand bewegen. Ohne daß wir die Hintergründe im einzelnen durchschauen, gewann L. in kürzester Frist wieder das Übergewicht. Er ließ den jüngeren Söhnen Pippin und Ludwig eine Vergrößerung ihrer Reichsteile anbieten und konnte sich auf der nächsten Reichsversammlung, im Okt. 830 zu Nimwegen, wieder durchsetzen. Lothar leistete einen neuen Treueid, Judith 1 kehrte zurück, die Anführer des Aufstandes wurden vom Hofe verwiesen und dann im Febr. 831 in Aachen abgeurteilt: Wala und Hilduin, nicht mehr Erzkaplan, wurden verbannt; Lothar, nicht mehr Mitregent, mußte nach Italien zurückkehren. Auf dieser Aachener Versammlung wurde wahrscheinlich eine neue Erbteilung verkündet, die Lothar auf Italien beschränkte und im übrigen, wohl im Rückgriff auf die Divisio von 806, Pippins und Ludwigs Anteile weit ins Reichsinnere, Karls. Gebiet um den Mosel- und Rhoneraum erweiterte. Der Aufstand von 830 hatte also nicht zur Sicherung der Ordinatio, sondern zur Preisgabe der Reichseinheit geführt; Judith schien gesiegt zu haben.

    Statt einer Beruhigung kam es bald, bei erneut schwindender Führungskraft L.s und wechselnden Gruppierungen, zu neuen Gegensätzen, die sich, wiederum im einzelnen schwer durchschaubar, für uns nur noch als erbitterter Machtkampf in Dynastie und Hochadel darstellen. Daß die großzügige Ausstattung des jungen Karl die älteren Brüder sehr verstimmt hatte, steht außer Zweifel. Offenbar durch Judiths Bemühen, Lothar auf die Seite ihres Sohnes zu ziehen, kam es jedoch zunächst zu einer halben Aussöhnung: Auf einer Reichsversammlung in Ingelheim empfing L. im Mai 831 Lothar und amnestierte die meisten seiner Anhänger, darunter Hilduin, nicht jedoch Wala. Aber die Spannungen zu den anderen Söhnen bestanden fort. Pippin blieb im Okt. 831 einer Diedenhofener Reichsversammlung fern und verließ gegen Jahresende im Unfrieden den Hof, Ludwig von Bayern empörte sich Anfang 832. Dieser Widerstände wurde der Kaiser jedoch Herr. Er beließ dem jüngeren Ludwig Bayern, verwies Pippin dagegen nach Trier und sprach Aquitanien Karl zu. Die Erbteilung vom Vorjahre war damit schon umgestoßen, ja L. erwog nunmehr eine Teilung des Gesamtreiches (außer Bayern) nur zwischen Lothar und Karl.

    Statt dessen aber flammte Anfang 833 der schwelende Konflikt zu äußerster Heftigkeit auf, da Pippin und der jüngere Ludwig sich jetzt mit ihrem Bruder Lothar verbündeten, in gemeinsamem Widerstande, aber kaum mit klarem gemeinsamem Ziel. Für Lothar war es ein Kampf um seine Rechte aus der Reichsordnung von 817. Um für dieses ja auch religiös konzipierte Programm und überhaupt für die Friedenswahrung mit seiner geistl. Autorität einzutreten, fand sich Papst Gregor IV. (827–44) bereit, Lothar in die Francia zu begleiten. Wala dagegen trat nach den Erfahrungen von 830 nur widerstrebend neben Ebbo von Reims auf Lothars Seite. Wortführer des Aufstandes wurde Agobard von Lyon, während Drogo von Metz mit anderen Bischöfen ebenso entschieden zu L. hielt. So kam es unvermittelt zu einer Konfrontation von kaiserlichem, reichsbischöflichem und päpstlichem Anspruch. Der von L.s Bischöfen als frater angeredete und an seinen Treueid gemahnte Papst berief sich, ebenso wie Agobard, auf den religiösen Vorrang der priesterlichen, insbesondere päpstlichen Gewalt. Über diesen Prinzipienkampf aber ging der Machtkampf hinweg. Während sich die Heere bei Kolmar gegenüberlagen und L. mit dem Papst über einen Ausgleich verhandelte, wußten die Gegner am 24.6.833 seine Anhänger auf ihre Seite zu ziehen, so daß L. sich sechs Tage später gefangen geben mußte. Diese formlose Preisgabe L.s durch seine Getreuen auf dem Rotfelde, das später „Lügenfeld“ genannt wurde, bedeutete im Rechtsdenken der Zeit seine Absetzung. Ebenso formlos ging die Herrschaft an Lothar über, der den kaiserlichen Urkundentitel L.s annahm, aber seinen eigentlichen Anspruch nicht aufrechtzuerhalten vermochte. Seinen Brüdern Pippin und Ludwig, die ihm vielleicht ein Treueversprechen leisteten, räumte er ausgedehnte Länder zu sofortiger selbständiger Herrschaft ein. Karl blieb von dieser Teilung ausgeschlossen, aber auch von der Ordinatio war nur ein schwacher Abglanz übriggeblieben. Gregor IV. sah seine Autorität mißbraucht und kehrte enttäuscht nach Rom zurück.

    Lothar und seine Parteigänger zeigten sich zum äußersten entschlossen, um die labile neue Herrschaft zu stabilisieren. Karl wurde nach Prüm, Judith nach Tortosa, L. in das Medarduskloster nach Soissons verbracht. Von den Erzbischöfen Ebbo und Agobard beraten, wenn nicht gar getrieben, wollte Lothar den Sturz L.s kirchlich sanktioniert und unwiderruflich gemacht wissen. Das Idoneitätsprinzip, die Auffassung vom Herrschertum als einem von Gott verliehenen Amt in der ecclesia, wurde zu einer Waffe|gegen den Kaiser. Im Okt. 833 erklärten die in Compiègne versammelten Bischöfe, L. habe sein Amt – ministerium sibi commissum – schlecht verwaltet und mahnten ihn zur Kirchenbuße. In Saint-Médard zu Soissons folgte eine feierliche Zeremonie, bei der Ebbo von Reims als Ankläger auftrat. Der gestürzte Kaiser bekannte sich ob vielfacher Schuld, insbesondere der Gewalttaten gegen seine Anverwandten und der Verstöße gegen die Reichsordnung, der Herrschaft unwürdig, legte die Waffen ab und nahm als Exkommunizierter das Büßergewand. Seine Thronfähigkeit sollte damit erloschen sein, ja die Kaiser- und Königswürde schien, kaum zwanzig Jahre nach L.s Thronbesteigung, in eine tödliche Krise geraten.

    Lothar und seine Ratgeber hatten jedoch den Bogen überspannt. Der Abt Hrabanus Maurus von Fulda protestierte gegen die Entthronung des alten Kaisers, den Lothar als Gefangenen mit nach Aachen führte und dem abermals der Klostereintritt nahegelegt wurde. In kürzester Zeit kehrten sich die Fronten wieder um. Durch die harte Behandlung des Vaters, anscheinend aber auch durch den Versuch, die politisch-territoriale Position der Brüder wieder zu beschneiden, brachte Lothar zunächst Ludwig von Bayern, dann auch Pippin von Aquitanien gegen sich auf. Er wich nach Saint-Denis aus, ließ dort aber den Vater und den (inzwischen auch an den Hof geholten) Halbbruder Karl zurück und zog am 28.2.834 fluchtartig nach Burgund ab. Schon am 1.3., einem Sonntag, wurde L. dann in Saint-Denis wieder in die Kirchengemeinschaft aufgenommen und als Kaiser anerkannt. Pippin und Ludwig fanden sich bei ihm ein, auch Judith wurde befreit. Der jetzt unausweichlich gewordene, mit grausamer Gewalt ausgetragene offene Kampf schien in eine neue Katastrophe L.s einzumünden, denn an der Bretonengrenze wurde sein Heer geschlagen (der Kanzler Theoto fiel), und Lothar eroberte vom Süden her die Stadt Chalon. Auf die letzte Machtprobe mit den überlegenen Kräften des Vaters ließ er es aber schließlich doch nicht ankommen. So konnte L. im Spätsommer oder Herbst 834 bei Blois die Unterwerfung Lothars entgegennehmen. Er beließ ihm Italien, gebot ihm aber, dieses Land nicht eigenmächtig zu verlassen; mit zahlreichen Getreuen, darunter Wala († 836) und Agobard, kehrte Lothar über die Alpen zurück. Ohne die letzte Teilung anzuerkennen, duldete L., daß Pippin ein nach Norden erweitertes Aquitanien, Ludwig anscheinend die rechtsrheinischen Länder behielt. Mit einer Reichsversammlung in Diedenhofen, einer feierlichen Restitution des Kaisers im Dom der Karolingerstadt Metz (28.2.835) und der Resignation Ebbos als Erzbischof von Reims gingen die fünfjährigen Wirren zu Ende.

    Das Amt des obersten Hofkaplans hatte L. anscheinend schon 830 dem nicht sicher bestimmbaren Abt Fulko anvertraut (bezeugt 833), ihn aber wohl gleich 834, spätestens 836 durch seinen in Treue bewährten Halbbruder EB Drogo ersetzt. Die Leitung der Kanzleigeschäfte ging 834 an seinen anderen Halbbruder, den Abt Hugo, über. Am Hofe war damit wieder Stetigkeit eingekehrt, nicht aber im Reich, für dessen Küstenländer sich die Normannen- und Sarazenengefahr von Jahr zu Jahr steigerte. Trotz einer neuen Aachener Reformsynode von 836 fanden auch die kirchlichen Dinge nicht zu wirklicher Konsolidierung. Vor allem aber blieb die Ausstattung des jüngsten Kaisersohnes Karl eine offene Frage. Ohne Verständigung mit Lothar, der sich gegen die Aussöhnungsbemühungen des Hofes sperrte, bestimmte L. 837 in Aachen weite Länder im Raum zwischen Rhein, Seine und Nordküste als – wohl künftigen – Anteil Karls, den er 838 in Quierzy endlich wehrhaft machen und zum König krönen konnte. Der jüngere Ludwig, der sich erneut auflehnte, wurde wieder auf Bayern beschränkt. Als dann aber Pippin I. von Aquitanien am 13.12.838 starb, war die Bahn frei für die von Judith offensichtlich längst erstrebte Lösung. L. überging den Erbanspruch Pippins II, empfing Lothar zu formeller Aussöhnung auf einer Reichsversammlung in Worms (Juni 839), setzte u. a. auch Agobard wieder in sein Erzbistum ein († 840) und ordnete eine Teilung des Gesamtreiches außer Bayern nur zwischen Lothar und Karl an. Italien und die Länder östlich einer Linie von der Maas zum Genfer See sollten an Lothar, der Westen an Karl fallen. Dieser Entscheidung aber widersetzten sich sowohl Ludwig von Bayern wie eine bedeutende Gruppe des aquitanischen Adels, der Pippin II. zum König ausrief. L. zog nun selber zu Felde, 839 nach Aquitanien, 840 gegen Ludwig. In dieser wirren Situation starb L., nachdem er vom Krankenlager aus den Zweitkaiser Lothar durch Zusendung der Reichsinsignien zum Nachfolger designiert hatte. Sein Bruder Drogo setzte ihn im alten Hauskloster der Karolinger bei.

    Einem Herrschernamen das Attribut pius (oder piissimus) beizulegen, gehörte allgemein zur rhetorisch geprägten Topik der Literatur, der Urkunden und der Münzen. Dieses Epitheton begegnet im 9. Jh. und noch darüber hinaus bei L., bei Ludwig dem Deutschen und selbst bei Ludwig dem Kinde. Abgesehen von einem isolierten Zeugnis bei Notker von St. Gallen (Hludovicus agnomine pii, 887) hat sich diese Bezeichnung als individueller Beiname L.s erst im 10. und 11. Jh. eingebürgert. Sie ist auch in der Wissenschaft fester Sprachgebrauch geworden und entbehrt nicht der Berechtigung, denn persönliche Frömmigkeit und Aufgeschlossenheit für Wesen und Anliegen der Kirche treten bei L. ausgeprägt und vertieft zutage. An der schillernden Duplizität der französischen Titel Louis le Pieux und Louis le Débonnaire ist freilich abzulesen, daß dem Beinamen auch eine negative Note im Sinne der Schwäche, der Nachgiebigkeit gegenüber geistlichem Machtanspruch eignen kann. Der unverkennbare Kontrast zu Karl d. Gr., dessen Format L. sicherlich nicht hatte, eine isolierte, unnuancierte Blickrichtung auf die Szenen von 822 und 833, unreflektiert nationalliberale. Wertungskategorien der Geschichtsschreibung haben solche Vorstellungen zu einem Klischee verdichtet, das die älteren Darstellungen und Handbücher beherrscht, in jüngeren Studien aber differenzierend aufgelok-kert worden ist. In L.s Regierung begegnen sich Kulmination und Wende des fränk.-karoling. Zeitalters, aber daß diese Jahrzehnte schlechthin eine Periode des Verfalls gewesen seien, behauptet niemand mehr. In der Kirchenpolitik vor allem der Anfangszeit, aber auch im Willen zur organisatorischen Straffung des Reiches ließ L. es, bei allem Verdienst seiner Berater, nicht an eigener Energie fehlen; das geistige Leben, die sog. Karoling. Renaissance, fand unter ihm zu gesteigerter Entfaltung, der politischen Konzeption einer einheitlichen Reichsstruktur eignet fraglos ein großer Zug. Als sich dann freilich die Probleme türmten, wußte L., jetzt anders beraten und wechselnd beeinflußt, seine anfängliche Energie nicht mehr zu behaupten. Es liegt zwar vordergründig nahe, wäre jedoch unhistorisch, in des Kaisers persönlichem Versagen die primäre Erklärung für diese Wende sehen zu wollen. Die entscheidenden Gründe waren objektiver Art. Das Programm von 817 war eine theoretische, von den Zeitgenossen auch geistig kaum erfaßte Konstruktion geblieben, der es an den wirtschaftlichen und verkehrstechnischen, administrativen und militärischen Voraussetzungen fehlte. Der Weg zu einer innerdynastischen Aufgliederung des Riesenreiches erscheint im historischen Rückblick als ein strukturbedingter Sachzwang, dem auch ein Karl d. Gr. schwerlich Einhalt geboten hätte. So ist L. als eine zentrale Gestalt des noch gemeinsamen german.-roman. Europa zu sehen, eines Zeitalters, das zur gemeinsamen Basis deutscher und franz. Geschichte gehört – L. wird als erster in der langen Reihe franz. Könige dieses Namens gezählt -, das aber in manchen Bezügen, so in der Kloster- und Kirchenreform, in der neuartigen Polarität von Herrschertum, Adel und Episkopat wie auch in der sich anbahnenden staatlichen Pluralität schon spezifische hochmittelalterliche Probleme, teilweise sogar normgebend, vorweggenommen hat.



    Gestorben:
    auf einer Rheininsel bei Ingelheim

    Ludwig heiratete N. in 793. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 53. von Franken, Alpais  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 794; gestorben am 23 Jul 852.
    2. 54. von Franken, Arnulf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 794; gestorben nach 841.

    Ludwig heiratete Irmingard in 794. Irmingard (Tochter von Ingram) wurde geboren um 775/780; gestorben am 3 Okt 818 in Angers [49000],Maine-et-Loire,Pays de la Loire,Frankreich; wurde beigesetzt in Angers [49000],Maine-et-Loire,Pays de la Loire,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 55. von Franken, Lothar I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 795; gestorben am 29 Sep 855 in Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland; wurde beigesetzt in Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland.
    2. 56. von Aquitanien, Pippin I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 797; gestorben am 13 Dez 838; wurde beigesetzt in Poitiers [86000],Vienne,Poitou-Charentes,Frankreich.
    3. 57. von Franken, Rotrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 800.
    4. 58. von Franken, Hildegard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 802; gestorben am 23 Aug 860.
    5. 59. von Franken, Ludwig II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 805/806 in Aquitanien,Frankreich; gestorben am 28 Aug 876 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; wurde beigesetzt in Lorsch Kloster [64653],Bergstraße,Hessen,Deutschland.
    6. 60. von Franken, (Tochter)  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in um 800/802.
    7. 61. von Franken, (Tochter)  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in um 800/802.

    Ludwig heiratete Judith in 819. Judith (Tochter von Welf und Heilwiga) wurde geboren um 795; gestorben am 19 Apr 843 in Tours [37000],Indre-et-Loire,Centre-Val de Loire,Frankreich; wurde beigesetzt in Tours [37000],Indre-et-Loire,Centre-Val de Loire,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 62. von Franken, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 819; gestorben nach 1 Jul 874; wurde beigesetzt in Cysoing [59830],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich.
    2. 63. von Franken, Karl II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 13 Jun 823 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; gestorben am 6 Okt 877 in Avrieux [73500],Savoie,Rhône-Alpes,Frankreich; wurde beigesetzt in Nantua [01130],Ain,Rhône-Alpes,Frankreich.

  8. 31.  von Franken, Lothar Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 16 Apr 778; gestorben in 779/780.

    Notizen:

    Lothar
    16.4.778- 779/80
    Sohn des Kaisers KARL I. DER GROSSE aus seiner 3. Ehe mit der Hildegard, Tochter von Graf Gerold
    Zwillingsbruder LUDWIGS I. DES FROMMEN

    Werner Karl Ferdinand: Seite 443, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"
    II. Generation 7

    Zum Geburtsdatum siehe oben II,6. Der Tod Lothars kann schon der zweiten Hälfte 779 eingetreten sein, denn Paulus Diaconus meint mit seiner Angabe bienmis, wie sich in seinen Epitaphen erkennen läßt, nicht notwendig zwei vollendete Lebensjahre, sondern auch "mehr als eins".

    Literatur:
    Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 79 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 36,41 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 33 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 254 -


  9. 32.  von Franken, Bertha Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 779; gestorben nach 14 Jan 823.

    Notizen:

    Bertha
    779- nach 14.1.823
    (779/80- nach 829 Lexikon des Mittelalters)
    Tochter des Kaisers KARL DER GROSSE aus seiner 2. Ehe mit der Hildegard, Tochter von Graf Gerold

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 2923

    Bertha
    * 779/780, + nach 829
    Tochter KARLS DES GROSSEN

    Bertha entstammte der Ehe König KARLS mit der alemannischen Adligen Hildegard und hieß nach der Mutter ihres Vaters. Im Rahmen der fränkisch-englischen Beziehungen war Bertha zeitweise (789?) als Braut Ecgfriths, Sohn König Offas von Mercia, im Gespräch. Doch kam die Heirat nicht zustande. Bertha blieb am karolingischen Hofe und scheint dort eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Sie wird im "Paderborner Epos" und in den Gedichten Theodulfs von Orleans und vor allem Angilberts besungen; mit diesem war sie in Friedelehe verbunden. Als LUDWIG DER FROMME nach dem Tod KARLS DES GROSSEN 814 der Aachener Pfalz eine strengere Ordnung gab, mußten auch seine Schwestern Bertha und Gisela den Hof verlassen und sich auf die ihnen zugewiesenen klösterlichen Besitzungen zurückziehen. Bertha begegnet in der Folgezeit noch einige Male in Urkunden, zuletzt 829.

    Literatur:
    JDG K.d.Gr., II - JDG L.d.Fr. I - J. Fleckenstein, Karl d. Gr. und sein Hof (Braunfels, KdG I, 1965),24-50 - K. F. Werner, Die Nachkommen Karls d. Gr. bis um das Jahr 1000 (ebd. IV, 1967),403-484

    Werner Karl Ferdinand: Seite 444, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 8

    Brandenburg zitiert zu Bertha nur Einhard c. 18 und bemerkt: "Das Geburtsjahr ist nicht überliefert." Er entscheidet sich für "wohl 779/80), ein Datum, das auch Löwe (in: Wattenbach-Levison) 239, Anm. 253 zugrunde legte ("um 780"), unter Berufung auf Leibnitz, Ann. Imp. 1, 107. Die Brandenburg entgangene Begründung für den richtigen Zeitansatz liegt darin, daß wir die Geburtsdaten der beiden folgenden Kinder der Hildegard kennen, Frühjahr 781 und Sommer/Herbst 782, Daten, die Brandenburg nicht gegenwärtig waren, da er im Falle von Gisla (unten 9) das überlieferte Taufdatum übersah, im Falle von Hildegard (unten 10) die KARLS-Tochter sogar ganz wegließ.
    Zum Datum der Verbindung Berthas mit Angilbert vgl. Löwe, a.a.O. 238-240: Im Jahre 800 leben, wie ein Gedicht Angilberts bezeugt, schon seine Kinder, die Knaben Nithard und Hartnid. Zu Angilbert sagt Brandenburg: "G Graf Angilbert, + 814". Nun w war Angilbert weder der Gemahl Berthas noch Graf; vielmehr war er Kleriker und Jahre, bevor er sich mit Bertha verband, Abt von S.-Riquier (Löwe 237 und 239, dort auch über die Versuche des 12. Jahrhunderts, das Verhältnis zu "legitimieren"). In den 80-er Jahren war Angilbert sogar Leiter der Hofgeistlichkeit (capella) König Pippins von Italien gewesen (primicerius palatii), vgl. J. Fleckenstein, Die Hofkapelle der deutschen Könige, Bd. 1, Stuttgart 1959, 67 und 113. Vgl. zu ihm, dessen genaues Todesdatum 814 II 18 bekannt ist, noch J. Bühler, NDB 1, 294.
    Die Vorgänge von 814, die "Säuberung" des Aachener Hofes durch Kaiser LUDWIG, interessieren uns wegen der Geschicke der Bertha, der ältesten überlebenden Tochter KARLS, und ihrer jüngeren Schwestern. Berthas Sohn Nithard spricht 1.I, c.2 von der Auszahlung des Gelderbteils durch LUDWIG nur an die noch lebenden, legitimen Töchter KARLS, worauf sie a palatio ad sua monasteria geschickt wurden. Die Vita Hlud. des Anonymus c. 23 spricht gar nicht von Klöstern, sondern nur von den Besitzungen, die sie vom Vater empfingen und die ihnen jetzt zum Aufenthalt zugewiesen wurden. Diejenigen Schwestern LUDWIGS, die solche noch nicht empfangen hatten, erhielten sie jetzt zur Ausstattung von LUDWIG. Auch wenn darin kein eigentlicher Widerspruch liegt (denn zur Ausstattung karolingischer Damen gehörten monasteria, ganz gleich, ob sie in ihnen abbatissae waren oder nicht, ob sie dort residierten oder nicht), so wird doch so viel deutlich, daß nicht eine "Einweisung ins Kloster" stattgefunden hat, so daß wir von 814 an alle KARLS-Töchter als Nonnen zu betrachten hätten, sondern nur eine Verbannung vom Hof.
    Darf man der im übrigen, in den Einzelheiten der Vorgänge von 814, sehr genauen Schilderung des anonymen Biographen LUDWIGS (V. Hlud. c. 21) Glauben schenken, dann war die Zahl der Liebhaber von LUDWIGS Schwestern am Aachener Hofe beim Machtwechsel 814 nicht gering: Einer, Hodoin, wurde getötet, als er sich der Festnahme widersetzte, ein anderer, Tullius, wurde geblendet, andere wurden begnadigt. Diese fränkischen Großen kommen neben Rorico, Angilbert und dem unten (zu III,19) erschlossenen Richwin als Vater von KARLS-Enkeln in Betracht, sowohl uns überlieferter Namen, als solcher, die wir nicht kennen.
    Über Berthas weitere Geschicke (Zum Todesdatum "+ nach 829 (?)" gibt Brandenburg keinen Beleg) läßt sich ausmachen, daß sie, die schon seit 802 von Angilbert dauernd getrennt war, weil dieser von da an in seinem Kloster S.-Riquier blieb (Löwe a.a.O. 238), nach 814 im Westen gelebt haben dürfte. 823 I 14 hat Bertha zu Compiegne als ... Berta, magni et invictissimi imperatoris CAROLI filia (Mabillon, De re diplomatica, 1683, 514, nr. 67, zitiert schon von Bettinger 48) für die alte merowingisch-karolingische Königsabtei S.-Medard in Soissons geurkundet. In dieser Kirche scheint das Andenken an sie besonders lebendig gewesen zu sein, denn außer einem Seelgerät für die in S.-Denis, 862, hat KARL DER KAHLE ein anderes in S.-Medarard 866/70 einrichten lassen (Tressier nr. 247 und 338), und noch Ludwig der Stammler ließ 878 II 8 wiederum in S.-Medard-de-Soissons ein Anniversar einrichten für seinen Bruder Karlmann, der dort Abt gewesen war, und für das Gedenken der Berthahae amititae nostra (siehe IV,23). Es ist hier nicht an eine Vaterschwester, also an eine uns sonst nicht bezeugte Tochter LUDWIGS DES FROMMEN namens Bertha zu denken, sondern mit amita ist die Großtante väterlicherseits, die KARLS-Tochter Bertha gemeint.

    Ennen, Edith: Seite 57,"Frauen im Mittelalter"

    Er heiratete dann Hildegard, die fränkisch-alemannischer Abstammung war, ihm drei Söhne - Karl, Pippin und LUDWIG - schenkte und ebensoviele Töchter - Hrodtrud, Bertha und Gisela.

    Herm, Gerhard: Seite 286, "Karl der Große"

    Eines Nachts, KARL konnte wieder einmal nicht schlafen, blickte er in den schneebedeckten Hof der Aachener Pfalz hinab und sah dort ein merkwürdiges Zweigespann. Berta, Hildegards zweite Tochter, trug auf ihren Schultern einen Mann durch die Dämmerung. Möglicherweise konnte sich KARL nicht gleich einen Reim auf das machen, was die beiden trieben, aber allzulange blieb es ihm auch nicht verborgen. Berta und Angilbert, der Abt vo St. Riquier, hatten Verhältnis miteinander. Angilbert waar am Abend in die Kammer seiner Geliebten gestiegen, aber als er sie wieder verlassen wollte, mußte er feststellen, daß es während ihres Beisammenseins geschneit hatte. Wäre er auf eigenen Füßen in sein Quartier zurückgekehrt, hätte er Spuren im Schnee hinterlassen und Berta bloßgestellt. Was konnten die beiden tun? Das Mädchen nahm den Liebhaber kurzerhand huckepack und trug ihn in sein Kammer zurück, damit nur die Abdrücke ihrer zierlichen Füße in der weißen Decke zurückblieben

    Riche Pierre: Seite 170, "Die Karolinger"

    KARL liebte das Familienleben und kümmerte sich selbst um die Erziehung seiner Söhne und Töchter. Wie Einhard schreibt, "speiste er zu Hause niemals ohne sie und machte ohne sie niemals eine Reise". Der Biograph fährt dann fort; "Da seiner Töchthter sehr schön waren und vom Vater zärtlich geliebt wurden, ist es seltsam, daß er keine von ihnen einem seiner Gefolgsleute oder einem Fremden zur Frau geben wollte. Er sagte, er könne ohne ihre Gesellschaft nicht leben, und behielt alle bis z zu seinem Tod bei sich im Hause. Dabei mußte er aber, sonst vom Glück begünstigt, die Tücke des Schicksals erfahren." So verband sich seine Tochter Rotrud heimlich mit Graf Rorico von Maine, und Bertha, de ihrem Vater sehr ähnlich war, wurde die Geliebte des Hofdichters Angilbert und bekam von ihm mehrere Kinder, unter denen der spätere Historiograph Nithard war.

    Wies Ernst W.: Seite 254,260, "Karl der Große. Kaiser und Heiliger."

    Berta (779/80-823) lebte mit Angilbert, dem Dichter und Diplomaten KARLS, in einer freien Verbindung, der zwei Söhne, Hartnid und der Geschichtsschreiber Nirhard, entstammmten.
    KARLS Selbstverständnis und sein Verhältnis zu möglichen Schwiegerkindern wird an einem anderen Beispiel deutlich. Um das Jahr 789 warb er für seinen Sohn, den Prinzen Karl, um die Hand einer Tochter des Königs Offa von Mercia (757-796).Zwischen dem englischen Teilkönigreich Mercia und dem fränkischen Hof bestanden gute Beziehungen, wozu der Angelsachse Alkuin seinen Beitrag geleistet hatte. KARL hatte sogar aus der Beute des Awarenschatzes Geschenke an Offa gesandt. König Offa willigte gerne in KARLS Ehewunsch ein, forderte aber im Gegenzug für seinen Sohn Ecgfrith die KARLS-Tochter Berta zum Eheweib. KARL war tief verletzt und erblickte darin eine Anmaßung des englischen Königs.


    795 oo Angilbert Abt von St.-Riquier - 18.2.814

    Kinder:

    - Nithard vor 800-15.4.845
    - Harduin (Hartnid)


    Literatur:
    Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57 - Epperlein Siegfried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974, Seite 138 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 286 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 82-83 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die S Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 76 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 170 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 83,90 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 33,42 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 418,455 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 7,254,260 -

    Bertha heiratete von Saint-Riquier, Angilbert in 795. Angilbert wurde geboren um 745; gestorben am 18 Feb 814 in Saint-Riquier [80135],Somme,Picardie,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 64. Harduin  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 65. Nithard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 795; gestorben am 15 Mai 845; wurde beigesetzt in Saint-Riquier [80135],Somme,Picardie,Frankreich.

  10. 33.  von Franken, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren vor Mai 781; gestorben nach 814.

    Notizen:

    Gisela
    vor Mai 781- nach 814
    Tochter des Kaisers KARL I. DER GROSSE aus seiner 3. Ehe mit der Hildegard, Tochter von Graf Gerold

    Werner Karl Ferdinand: Seite 444, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 9

    Gisla, zu der Brandenburg nur den Namen gibt, wurde, wie die Reichsannalen zu 781 melden, von Erzbischof Thomas von Mailand getauft, und zwar nach der Rückkehr KARLS aus Rom, wo er im April geweilt hatte, also 781 V. Das Geburtsdatum Gislas dürfte nicht allzu lange davor liegen - die Königin Hildegard hatte KARL auf der Reise begleitet. Wir können nur vermuten, allerdings mit großer Wahrscheinlichkeit, daß 814 Gisla noch lebte, eine der legitimen Schwestern LUDWIGS war, die ihr Gelderbteil erhielten. Erwähnt finde ich sie danach nirgends mehr; zuletzt sicher genannt im oben I, 1a-k zitierten Epos zu 799/800.

    Literatur:
    Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 83 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 41 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 144 -


  11. 34.  von Franken, Hildegard Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 8 Jun 782; gestorben am 8 Jun 783.

    Notizen:

    Hildegard
    8.6.782-8.6.783
    Jüngste Tochter des Kaisers KARL I. DER GROSSE aus seiner 3. Ehe mit der Hildegard, Tochter von Graf Gerold

    Werner Karl Ferdinand: Seite 444, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 10

    Diese gut bezeugte Tochter KARLS DES GROSSEN, die den Namen der Mutter trug, fehlt bei Brandenburg ganz. Wie schon Halphen in seiner Ausgabe der V. Caroli 57 Anm 2 bemerkte, nannte Einhard c. 18 nur drei Söhne und drei Töchter KARLS von Hildegard, überging also die früh verstorbenen: LUDWIGS Zwillingsbruder Lothar und die Töchter Adalhaid und Hildegard. Paulus Diaconus erwähnt in seiner Metzer Bistumsgeschichte MG SS 2,265 richtig vier Söhne und fünf Töchter Hildegards, und er selbst hat für Hildegard ebenso wie vorher für Adalhaid (beide wurden in Metz beigesetzt) ein Epitah gedichtet (siehe K.Neff, Die Gedichte des Paul. Diac., München 1908), das schon Bettinger 51 zitiert. Aus ihm ergibt sich, daß die Tochter keine (vix) 40 Tage nach der Mutter starb und ihr erstes Lebensjahr noch nicht vollendet hatte - was anzudeuten scheint, daß nicht mehr viel an der Vollendung des ersten Lebensjahres fehlte

    Literatur:
    Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 83 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 42 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 254 -


  12. 35.  von Franken, Theodrada Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 785; gestorben in 844/853 in Münsterschwarzach [97359],Kitzingen,Bayern,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Argtenteuil [95100],Val-d’Oise,Île-de-France,Frankreich; Äbtissin von Argtenteuil

    Notizen:

    Theodrada Äbtissin von Argtenteuil
    785-9.1.844 /0853
    Tochter des Kaisers KARL DER GROSSE aus seiner 3. Ehe mit der Fastrada

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 12

    Brandenburg bemerkt zu Theodrada "Äbtissin zu Argenteuil 828 II". Aus der Urkunde BM² 848 (mit einiger Wahrscheinlichkeit auf Anfang 828 zu datieren, jedoch nicht "Februar") geht hervor, daß Theodrada die Abtei vom Vater, also vor 814, erhalten hatte und sie jetzt, 828, an S.-Denis restituierte unter Nutzungsvorbehalt auf Lebenszeit.
    Später hat sie offenbar im O-Reich gelebt, wo sie 844 I 9 in Frankfurt bei Ludwig dem Deutschen interveniert (D 34), als Nießbrauchnutzerin des Nonnenklosters Schwarzach am Main, das sie schon vor diesem Datum der Würzburger Kirche geschenkt hatte, unter Vorbehalt der Nutzung für sich selbst und Blutenda, die Tochter des 844 schon verstorbenen (quondam) Graf Folkbert. 857 III 27, im D. 79 des gleichen Königs, ist Theodrada tot (Theodrada quondam amita nostra), hat aber in der Zwischenzeit Ludwigs des Deutschen Tochter Hildegard als ihre Nachfolgerin und Nießbrauchbesitzerin Schwarzachs auf Lebenszeit durch die Würzburger Kirche anerkennen lassen. Da Hildegard 853 Äbtissin in Zürich wurde und wohl damals (so Dümmler 2,426) miit Würzburg die Vereinbarung traf, ihre jüngere Schwester Bertha möge ihr auf Lebenszeit im Besitz von Schwarzach folgen (was Ludwig der Deutsche im gleichen D. 79, jedoch erst nach Hildegards inzwischen eingetretenen Tode bestätigte), dürfte der Tod Theodradas vor 853 liegen. Voigt 42, Anm. 3 vermutet, Schwarzach sei vielleicht eine Stiftung von Theodradas Mutter Fastrada gewesen.

    Beim Machtantritt ihres Stiefbruders LUDWIGS DES FROMMEN wurde sie wie all ihre Schwestern in ein Kloster gesperrt. Theodrada erhielt das Nonnenkloster Argenteuil im Gau Paris und das Kloster Schwarzach in O-Franken.

    Literatur:
    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 90 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57 - Epperlein Siegffried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974, Seite 138 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 74 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 89 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 42 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 226,255 -

    Gestorben:
    9.1. Abtei Münsterschwarzach


  13. 36.  von Franken, Hiltrud Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 787; gestorben nach 814.

    Notizen:

    Hiltrud
    787- nach 814 (oder 810/14?)
    Tochter des Kaisers KARL I. DER GROSSE aus seiner 4. Ehe mit der Fastrada, Tochter von Graf Radulf

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 13

    Die Erwähnung Hiltruds gilt das gleiche wie für Hruodhaid und Gisla (siehe oben 11 und 9 und I, 1a-k). Eine dieser drei KARLS-Töchter kommt in Betracht als Mutter des Ricbodo, siehe unten III, 19.

    Literatur:
    Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 89 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 42 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996, Seite 36 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 255 -

    Gestorben:
    (oder 810/14?)


  14. 37.  von Franken, Hruodhaid Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 784; gestorben nach 814.

    Notizen:

    Hruodhaid
    784- nach 814
    Tochter des Kaisers KARL I. DER GROSSE von einer namentlich unbekannten Konkubine

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 11
    Zu Hruodhaid siehe oben I, 1a-k.

    Literatur:
    Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 42 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band IV, Seite 445 -


  15. 38.  von Franken, Ruothild Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben am 24 Mrz 852.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Faremoutiers [77515],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; Äbtissin von Faremoutiers

    Notizen:

    Ruothild Äbtissin von Faremoutiers
    + 24.3.852
    Illegitime Tochter des Kaisers KARL I. DER GROSSE von seiner Konkubine Madelgard

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 14

    Die Abtei der Ruothild nennt Brandenburg versehentlich "Furemontier" statt Faremoutiers. Die Daten, die er gibt, sind richtig, doch ist das Problem, das für BM² 1075 (auf den er sich stützt) noch bestand, inzwischen gelöst. LOTHAR I. urkundete in einem Diplom, das Mühlbacher sicher richtig auf 840 X ansetzt, zugunsten von Faremoutiers und seiner Äbtissin Ruothild (= D. 49 in der neuen Ausgabe von Th. Schieffer, MGH., Die Urkunden der Karolinger, Bd. 3, Die Urk. Lothars I. und Lothars II., Berlin 1966). Das Nekrolog der Abtei liefert (neben anderen) den Todestag, III 24, und in der Vatikan-Hs. Reg. lat 141 steht fol. 165 von einer Hand des 9. Jahrhunderts zum Jahre 852 der Eintrag Domna ruothild abb(atiss)a obiit (vgl. Wilmart, Codices Reginenses lat., Band 1, 1934,344).
    Man nahm aber Anstoß daran, daß in einer UrkundeKARLS DES KAHLEN von 842 IX 25 von der venerabilis abbatissa ex Fare monasterio, nomine Bertrada die Rede ist (Tessier nr. 12). Tessier 1,29 hat gezeigt, daß in der erhaltenen Form des D zwei Urkunden KARLS ineinandergeflossen sind, eine die er tatsächlich 842 ausstellte, eine andere, die von seinem Notar Folchericus verfaßt sein muß, der nur 859 amtierte. Aus dieser zweiten stammt die Angabe über die Äbtissin ebenso wie über die Intervenention der Königin Ermentrud, mit der KARL 842 IX 25 noch gar nicht vermählt war. Ruothild war also von mindestens 840 X bis zu ihrem Tode 852 III 24 Äbtissin von Faremoutiers. Zu ihrer damit zu 859 nachgewiesenen Nachfolgerin Bertrada vgl. unten IV, 7.

    Konecny Silvia: Seite 75, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Vielmehr fehlt vielleicht die KARLS-Konkubine Madelgard und deren Tochter Ruothild in mehreren Handschriftenklassen von Einhards Karlsbiographie, weil die Ehe der letzteren ein besonderes Ärgernis erregte. Ruothild mag die unliebsamen Ereignisse verursacht haben, die LUDWIGS Regierungsübernahme begleiteten, Grund genug, ihren Namen und den ihrer Mutter zu tilgen. Möglicherweise war Routhild die Ehepartnerin jenes Hedoin, der als einziger Widerstand gegen LUDWIGS Vorgehen nach KARLS Tod leistete. Gerade als Partner der Ruothild könnte Hedoin besonderen Anlaß zur Auflehnung gehabt haben, weil Ruothild als uneheliche Tochter zu jener Gruppe der Nachkommen KARLS gehörte, deren Erbanspruch fraglich war.

    Literatur:
    Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 75 - Schieffffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 90 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 42 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 226,257 -


  16. 39.  von Franken, Adalthrud Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben nach 800.

    Notizen:

    Adalthrud
    + nach 800
    Illegitme Tochter des Kaisers KARL DER GROSSES von seiner Konkubine, der Sächsin Gersvind (+ nach 800)

    Ennen, Edith: Seite 57, "Frauen im Mittelalter"

    Nach deren Tod lebte er mit vier Konkubinen zusammen: Madelgard, der Mutter Rothilds, Gerswind von sächsischem Geschlecht, die ihm die Tochter Adaltrud gebar, mit Regina, Mutter von Drogo und Hugo, mit Adallinde, die ihm Theoderich gebar.

    Wies Ernst W.: Seite 257, "Karl der Große"

    Nach dieser Ehe hat KARL nur noch Befriedigung bei Konkubinen gesucht. Es ziehen vorüber: Madelgard, die ihm die Tochter Ruothild, die spätere Äbtissin von Faremoutiers, gebar, die Sächsin Gerswind, als geheime Freude des Siegers, eine Frau des besiegten Volkes zu besitzen. Aus dieser Verbindung ging eine Tochter namens Adalthrud hervor.

    Literatur:
    Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C. H. Beck München 1994, Seite 57 - Schmid, Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 398 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 42 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996, Seite 40 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 257 -


  17. 40.  von Metz, Drogo Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 17 Jun 801; gestorben am 8 Dez 855 in Luxeuil-les-Bains [70300],Haute-Saône,Franche-Comté,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 12 Jun 823-855, Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Bischof von Metz

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie - Drogo

    Bischof von Metz (seit 12./13.6.823), † 8.12.855.

    Drogo, ein natürlicher Sohn Karls des Großen, wurde von seinem Halbbruder Ludwig dem Frommen bei dessen Regierungsantritt ins Kloster verwiesen, später wieder zu Gnaden angenommen und zum Bischof von Metz erhoben. Seine Treue zum Kaiser bewies er, als er bei dem großen Abfall auf dem Lügenfeld zu Kolmar 833 bis zuletzt an dessen Seite aushielt. Der Kaiser dankte ihm mit der Ernennung zum Erzkaplan (834). Nach dem Tode Ludwigs, an dessen Sterbelager er gestanden hatte, gehörte D. zu den eifrigsten Verfechtern des Reichseinheitsgedankens. Nach 843 der einflußreichste Berater Kaiser Lothars, nahm er 844 am Romzug des Kaisersohnes Ludwig II. teil. Auf Betreiben Lothars wurde er 844 zum päpstlichen Vikar für das ganze Frankenreich erhoben, doch scheiterte die Verwirklichung des Vikariates am Widerstand der fränkischen Bischöfe. Unerfüllt blieben die Hoffnungen, die Lothar in diese Institution als eine Stütze des Kaisertums in den karolingischen Teilreichen gesetzt hatte. Der Metzer Kirche stiftete D., der, dem geistigen Leben der Zeit aufgeschlossen, mit Walahfrid Strabo und Angelomus von Luxeuil in Verbindung stand, das nach ihm benannte Sakramentar.

    Literatur
    ADB V; Ch. Pfister, L'archevêque de Metz Drogon, in: Mélanges P. Fabre, Paris 1902, S. 101-45; Hauck II; L. Weber, Einbanddecken, Elfenbeintafeln, Miniaturen, Schriftproben aus Metzer liturg. Hss. I, 1913, Tafel 1-28; F. Cabrol, in: Dict. d'Archéol. chrétienne et de Liturgie IV, 2, Paris 1920, S. 1540-49.



    Seite aus dem Drogo-Sakramentar

    Meister des Drogo-Sakramentars 001



    Gestorben:
    Kloster Luxeuil


  18. 41.  von Saint-Quentin, Hugo Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 802/806; gestorben am 14 Jun 844; wurde beigesetzt in Charroux [86250],Vienne,Poitou-Charentes,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 822/823-844, Saint-Quentin [02100],Aisne,Picardie,Frankreich; Hugo Abt von Saint-Quentin

    Notizen:

    Hugo Abt von St. Quentin (822/23-844)
    802/06-14.6.844 gefallen am Agout Begraben: Charroux
    Illegitimer Sohn des Kaisers KARL DER GROSSE und der Regina

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 159

    Hugo (Hugus)
    + 14. Juni 844 gefallen
    Illegitimer Sohn KARLS DES GROSSEN und seiner Konkubine Regina

    Von seinem ältesten Halbbruder LUDWIG DEM FROMMEN 818 zum Eintritt in den geistlichen Stand veranlaßt, erscheint darauf als Presbyter im Kloster Charroux in Poitou, seitdem stets als treuer Anhänger seines kaiserlichen Bruders bezeugt, der ihm zunächst die Abtei St-Quentin übertrug und ihn nach der schweren Krise von 834 zum Kanzler bestellte. Hugo fungierte als solcher mit dem austrasischen Titel 'sacri palatii nostri archinotarius' oser' summus notarius' und wurde von LUDWIG zusätzlich mit der bedeutenden Abtei St-Bertin belohnt. Er schloß sich nach dem Tod LUDWIGS DES FROMMEN im Herbst 841 KARL DEM KAHLEN an, der ihn als seinen ersten Kanzler übernahm. In KARLS Dienst im Kampf gegen die Aquitanier am Agout gefalen, wurde er, seinem Wunsch entsprechend, in Charroux bestattet.

    Literatur:
    Th. Sickel, Acta regnum et imperatorum Karolinorum I, 1867 - B. Simon, JDG L. d. Fr. I, 2, 1874/76, s. v. - Ph. Grierson, Hugues de St. Bertin, M-A 35, 5, 1934 - J. Fleckenstein, Hofkapelle I, 1959, s. v. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 17

    Die Lebensdaten Hugos (Brandenburg gibt nur den Todestag, dabei 7. statt 14. Juni 844) bei Fleckenstein, Hofkapelle 1, 83f., 107, 122; vgl. ferner Ph. Grierson, in: Le Moyen Age 44, 1934. Zur Schlacht bei Angouleme, in der Hugo fiel, siehe Lot-HHalphen 113, Anm. 1; 115, Anm. 1 Fleckenstein 122 datiert den Tod versehentlich zu 842 und übersieht die erste Zeit Hugos im Dienst KARLS DES KAHLEN (840, Nithard II,3), ehe er zu LOTHAR I. überging. Mit Gierson zeigt Fleckenstein gegen Levillan, daß Hugo nie Erzkapellan war.
    Zu den Klöstern Hugos Voigt 38,92. S.-Quentin kann er frühestens 822 erhalten haben, da in diesem Jahr die Versöhnung Kaiser LUDWIGS mit seinen Brüdern stattfand (Reichsannalen).
    Zum Aufenthalt Hugos in Charroux vgl. den Planctus Ugonis abbatis, MG Poet. lat. 2,139f.

    Hugo wurde 818 genau wie seine Brüder Drogo und Theoderich von LUDWIG DEM FROMMEN ins Kloster gesteckt. Nach der Aussöhnung zum Abt von St. Quentin ernannt, leitete er von 834-840 als Erzkanzler die Politik LUDWIGS DES FROMMEN.

    Literatur:
    Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C. H. Beck München 1994, Seite 58 - Epperlein Siegfried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974, Seite 138 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 90,114,119,121,134,145 - Schmid, Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 398,485,491,501 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 42,47,49 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 424,426 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 226,257 -

    Gestorben:
    gefallen am Agout


  19. 42.  von Franken, Theoderich Graphische Anzeige der Nachkommen (21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 807; gestorben nach 818.

    Notizen:

    Theoderich (Dietrich)
    807- nach 818
    Illegitimer Sohn Kaiser KARLS I. des GROSSEN von seiner Konkubine Adalindis

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    II. Generation 18
    Geburtsjahr Annales Lobienses, MG SS 13, 231 (fehlt bei Brandenburg). Es fehlt jede weitere Erwähnung nach 818, auch bei Thegan, der von Drogo und Hugo spricht.

    Literatur:

    Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 57,66,97 - Epperlein Siegfried: Karl der Große. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1974, Seite 138 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 97,239 - Schmid, Karl Schmid: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 398,485,491,501 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 43 -

    Name:
    (Dietrich)


  20. 43.  von Franken, Pippin Graphische Anzeige der Nachkommen (22.Karlmann5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 770.

  21. 44.  Erbio Graphische Anzeige der Nachkommen (23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben nach 808.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Graf

    Notizen:

    Erbio Graf
    - nach 808

    Nach M. Mitterauer Sohn des Präfekten Gerold von Bayern und der Gisela, Tochter von König Pippin I.

    Mitterauer Michael: Seite 14, "Karolingische Markgrafen im Südosten"

    Dass Erbio 793 schon tot war, wie angenommen wurde, geht aus der Schenkungsurkunde Hadrians keineswegs hervor. Es ist vielmehr wahrscheinlich, dass er mit jenem Erbio identisch ist, der in Fuldaer Urkunden des ausgehenden 8. und beginnenden 9. Jahrhunderts einige Male genannt wird. Vor allem aber ist er aus einer Urkunde des elsässischen Klosters Weißenburg bekannt. 808 schenkte er nämlich diesem Kloster unter der Bedingung lebenslänglicher Nutznießung für sich und seine Kinder Uado und Eugenia Besitz in Kühlendorf, in dem nach ihm benannten Hermersweiler (Erbenwilare), in Semheim, Osterendorf, Carlbach, Ottersheim, Knittelsheim und Hochstadt. Die Identität mit dem Sohne Gerolds scheint dadurch außer Zweifel gestellt, dass dieser einen Bruder Uoto hatte, der ebenfalls im Elsaß begütert war und hier an das Kloster Fulda tradierte, in dessen Urkunden auch Erbio wiederholt genannt wird.

    oo N.N.
    -
    Kinder:
    - Eugenia 808
    - Odo Graf von Orleans - 834
    - Wilhelm Graf von Blois - 834

    Literatur:
    Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963 Seite 14 -

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 66. von Orleans, Odo  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 834.
    2. 67. Eugenia  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 808.
    3. 68. von Blois, Wilhelm  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 834.

  22. 45.  Adrian Graphische Anzeige der Nachkommen (23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren nach 772; gestorben nach 793.

    Notizen:

    Wikipedia - Hadrian (Geroldonen)

    Hadrian (lat. Adrianus, also Adrian genannt, 793 bezeugt; † vor 821) war ein fränkischer Adliger, der zur Familie der Geroldonen gehörte. Sein Vater war Gerold, sein Bruder Erbio. Hadrians Bedeutung liegt darin, dass er vermutlich die genealogische Verbindung zwischen den Geroldonen und dem Grafen Odo von Orléans, und damit wohl auch zu den Konradinern darstellt.
    Gerold nannte seinen Sohn offenbar nach dem Papst Hadrian I., der 772 sein Amt angetreten hatte und 774 Karl den Großen nach dessen Sieg über die Langobarden und ihren König Desiderius in Rom empfing. Es ist daher davon auszugehen, dass Gerold an dem Feldzug 773/774 und dem Besuch 774 teilnahm, was die Geburt Hadrians frühestens 772 annehmen lässt, und vermutlich sogar auf die Zeit kurz nach 774 eingrenzt. Dazu passt, dass Hadrian im Jahr 793 erstmals (und letztmals) persönlich in Erscheinung tritt, als „Hadrian, der Sohn Gerolds“ eine Urkunde „für die Seele meines leiblichen Bruders Erbio“ ausstellt. Im Jahr 821 war Hadrian verstorben, da seine Witwe Waldrat mit Zustimmung eines Grafen Uto (hier wird es sich um Odo von Orléans handeln, ihrem Sohn oder Neffen). Ein Amt oder ein Titel ist für Hadrian nicht bekannt.
    Die Frage, ob es sich bei Hadrians Vater um Gerold den Älteren (777/784 bezeugt) oder dessen Sohn Gerold den Jüngeren (786 erstmals bezeugt, X 799) handelt, ist in der Forschung umstritten. Da Walahfrid Strabo berichtet, der jüngere Gerold sei (wohl bei seinem Tod 799) ohne Nachkommen gewesen, andererseits aber angenommen wird, dass Hadrians Bruder Erbio 808 noch gelebt habe, kommt – unter diesen Voraussetzungen – nur Gerold der Ältere als Vater in Frage.
    Familie
    Hadrians Ehefrau war Waldrat (Waldrada; † nach 824), die vielleicht Tochter von Erphold und Waldrat vielleicht aber auch eine Schwester des Wilhelm von Gellone war. Ihre Kinder waren:
    - Wiltrud (auch Wialdrut, Waldrada); ∞ Robert III., Graf im Oberrheingau und Wormsgau (Robertiner) – die Eltern von Robert dem Tapferen
    - Odo, X 834



    Name:
    Hadrian

    Familie/Ehepartner: Waldrat. Waldrat gestorben nach 824. [Familienblatt] [Familientafel]



Generation: 7

  1. 46.  von Maine, Ludwig Graphische Anzeige der Nachkommen (28.Rotrud6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 800; gestorben am 9 Jan 867.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich; Abt von Saint-Denis
    • Titel/Amt/Status: 840-867; Erzkanzler Karls II. des Kahlen

    Notizen:

    Ludwig Abt von St. Denis (840-861)

    800-9.1.867

    Sohn des Grafen Roriko von Maine und der Rotrud, Tochter von Kaiser KARL DER GROSSE

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2202, Ludwig

    Abt von St. Denis, Kanzler KARLS DES KAHLEN
    + 9. Januar 867
    Sohn Graf Roricos I. und Rotruds, Tochter KARLS DES GROSSEN

    Ludwig, RORGONIDE, Mitglied des Verwandtenkreises um Bischof Ebroin von Poitiers, bereits 838 Abt genannt, leitete seit 840/41 bis zu seinem Tod die königliche Kanzlei und das Kloster St-Denis, war zeitweise auch Abt der Klöster St-Riquier (844) und Fontenelle de St-Wandrille (853/54). Während der Auflehnung seiner Verwandten gegen KARL DEN KAHLEN 852/58 und ihrer Zuwendung zum ostfränkischen Königtum schien Ludwig loyal zu seinem König zu stehen, der sich 858 bemühte, ein ungeheures Lösegeld zum Freikauf Ludwigs und seines (Halb-)bruders Gauzlin aus normannischer Gefangenschaft aufzubringen. Neben den protonotarius Ludwig trat Gauzlin dann 860 als Kanzler in die königliche Kanzlei ein, deren Leitung er nach dem Tod des Bruders übernahm. Mit seinen Verwandten Ebroin und Gauzlin zählt Ludwig zu den überragenden Beratern des Königtums im 9. Jh., die - gestützt auf geistliche Leitungsämter, familiäre Verknüpfungen und Kontakte über die Grenzen der Teilreiche hinweg - die Konsolidierung der westfränkischen Monarchie KARLS DES KAHLEN und seiner Nachfolger nach innen und außen maßgeblich betrieben.

    Literatur:
    Recueil des actes de Charles III le Chauve, roi de France, 3, ed. G. Tessier, 1955, 38-42 - J. Fleckenstein, Die Hofkapelle der dt. Kg.e, I, 1959, 142ff. - K. F. Werner, Bedeutende Adelsfamilien im Reich Karls d. Gr. (Karl d. Große, I, 1965), 137ff. - O. G. Oexle, Bf. Ebroin v. Poitiers und seine Verwandten, FMASt 3, 1969, 138-210 - K. F. Werner, Gauzlin v.St-Denis und die westfrk. Reichsteilung v. Amiens (880), DA 35, 1979, 407ff. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 1

    Zu Ludwig, Abt von S.-Denis, siehe Werner, KdG 1, 137 (Lit.).

    Ludwig war 840-867 Erzkanzler KARLS II. DES KAHLEN.

    Literatur:
    Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 226,254 -


  2. 47.  von Italien, Gundrada Graphische Anzeige der Nachkommen (29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Gundrada
    Tochter des Königs Pippin von Italien

    Schwager, Helmut: Seite 22, "Graf Heribert II. von Soissons"

    König Pippin hatte aus seiner Ehe mit einer Unbekannten neben den fünf Töchtern Adalhaid (+ nach 810), Atula (+ nach 810), Gundrada (+ nach 810), Berhthaid (+ nach 810) und Theodrada (+ nach 810) nur einen einzigen Sohn Bernhard, der ihm als König von Italien folgte.

    Wies Ernst W.: Seite 258,303, "Karl der Große. Kaiser und Heiliger."

    Beim Tode seines Sohnes, König Pippins von Italien, zeigte er sich als fürsorglicher Großvater. Seinen Enkel, Pippins Sohn Bernhard, erhob er sofort zum König von Italien. Sodann holte er die fünf Enkelinnen Adalhaid, Atula, Gundrada, Berthaidund Theodrada an seinen Hof und ließ sie gemeinsam mit seinen Töchtern aufziehen und erziehen.
    K. F. Werner macht die Dunkelziffern an zwei exemplarischen Beispielen sichtbar. Zum ersten fragt er nach den Lebensschicksalen der 5 Töchter des KARLS-Sohnes König Pippin von Italien, die bei Einhard genannt sind. Blieben Adalhaid, Atula, Gundrada, Berthaid und Theodorada, so ihre Namen unvermählt? Hatten sie keine Nachkommen? Wir wissen es nicht.

    Literatur:
    Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 22 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 258,303 -


  3. 48.  von Italien, Berthhaid Graphische Anzeige der Nachkommen (29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Berthhaid (Berhthaid, Berta)
    Tochter des Königs Pippin von Italien

    Wies Ernst W.: Seite 258"Karl der Große. Kaiser und Heiliger."

    Beim Tode seines Sohnes, König Pippins von Italien, zeigte er sich als fürsorglicher Großvater. Seinen Enkel, Pippins Sohn Bernhard, erhob er sofort zum König von Italien. Sodann holte er die fünf Enkelinnen Adalhaid, Atula, Gundrada, Berthaid und Theodrada an seinen Hof und ließ sie gemeinsam mit seinen Töchtern aufziehen und erziehen.

    Name:
    Berhthaid, Berta


  4. 49.  von Italien, Theodrada Graphische Anzeige der Nachkommen (29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Theodrada
    Tochter des Königs Pippin von Italien

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 4-7

    Für alle Pippin-Töchter ergibt sich aus Einhard c. 19, daß sie dem Vater (+ 810) überlebten und von Kaiser KARL, also vor 814, der Erziehung zusammen mit seinen Töchtern am Hof übergeben wurden.

    Schwager, Helmut: Seite 22, "Graf Heribert II. von Soissons"

    König Pippin hatte aus seiner Ehe mit einer Unbekannten neben den fünf Töchtern Adalhaid (+ nach 810), Atula (+ nach 810), Gundrada (+ nach 810), Berhthaid (+ nach 810) und Theodrada (+ nach 810) nur einen einzigen Sohn Bernhard, der ihm als König von Italien folgte.

    Wies Ernst W.: Seite 258,303, "Karl der Große. Kaiser und Heiliger."

    Beim Tode seines Sohnes, König Pippins von Italien, zeigte er sich als fürsorglicher Großvater. Seinen Enkel, Pippins Sohn Bernhard, erhob er sofort zum König von Italien. Sodann holte er die fünf Enkelinnen Adalhaid, Atula, Gundrada, Berthaid und Theodrada an seinen Hof und ließ sie gemeinsam mit seinen Töchtern aufziehen und erziehen.
    K. F. Werner macht die Dunkelziffern an zwei exemplarischen Beispielen sichtbar. Zum ersten fragt er nach den Lebensschicksalen der fünf Töchter des KARLS-Sohnes König Pippin von Italien, die bei Einhard genannt sind. Blieben Adalhaid, Atula, Gundrada, Berthaid und Theodorada, so ihre Namen unvermählt? Hatten sie keine Nachkommen? Wir wissen es nicht.

    Literatur:
    Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 22 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 258,303 -


  5. 50.  von Italien, Bernhard Graphische Anzeige der Nachkommen (29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 797; gestorben am 17 Apr 818 in Aachen [52056],Nordrhein-Westfalen,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 812-817, Italien; Unterkönig von Italien

    Notizen:

    Bernhard Unterkönig von Italien (812-817)
    797-17.4.818 Aachen

    Einziger Sohn des Königs Pippin von Italien aus dessen wahrscheinlich als Friedelverbindung begonnener Ehe (Lexikon des Mittelalters)
    Als Sohn König Pippins von Italien Enkel KARLS DES GROSSEN

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1983

    Bernhard, König des karolingischen Unterkönigreichs Italien
    * vermutlich 797, + 17. April 818
    Einziger Sohn König Pippins von Italien aus dessen wahrscheinlich als Friedelverbindung begonnener Ehe

    Nach dem Tode seines Vaters (8. Juli 810) im Kloster Fulda erzogen, wurde er erstmals im Sommer 812 von KARL DEMGROSSEN in die zwischenzeitlich Königsboten anvertraute Reichsverwaltung Italiens eingesetzt und zur Sarazenenabwehr abgesandt. Obwohl er schon Ende 812 in italienischen Privaturkunden als König bezeichnet worden ist, wurde er erst auf dem Aachener Reichstag (September 813) offiziell als rex Langobardorum eingesetzt, doch trat er damit nicht in die seinem Vater 806 zugedachten Herrschaftsrechte in Bayern und Alemannien südlich der Donau ein. Nach KARLS DES GROSSEN Tod huldigte Bernhard dem neuen König LUDWIG DEM FROMMEN, der ihn 815 zur Untersuchung eines Aufstandes gegen Papst Leo III. nach Rom sandte. Im Sommer 816 wieder in Aachen, wurde er im Herbst angewiesen, dem neuen Papst Stephan IV. bei seiner Reise zu LUDWIG nach Reims Geleit zu geben. Nachdem in der Ordinatio imperii (817) festgelegt worden war, dass Italien LUDWIGS Sohn, LOTHAR I., in der gleichen Weise unterstehen solle wie bisher KARL DEM GROSSEN und LUDWIG, verschwor Bernhard sich mit vielen Großen seines Reiches gegen den Kaiser und seine Söhne, mußte sich jedoch unterwerfen. Von der Reichsversammlung in Aachen zum Tode verurteilt, wurde er von LUDWIG zur Blendung begnadigt, an der er am dritten Tag nach der Vollziehung starb. Nach einer späteren Legende soll sein Leichnam nach Mailand gebracht worden sein. Die grausame Bestrafung wurde LUDWIG DEM FROMMEN in späterer Zeit oft zum Vorwurf gemacht.

    Quellen und Literatur:, R II nr. 515b-p - DBI IX, 228 - B. Malfatti, Bernardo re d’Italia, 1876 - E. Mühlbacher, Zur Gesch. Kg. B.s v. Italien, MÖIG 2, 1881, 296 - K. Schmid, Zur hist. Bestimmung des ältesten Eintrages im St. Galler Verbrüderungsbuch, Alem. Jb. 1973/75,504 - S. Konecny, Eherecht und Ehepolitik unter Ludwig d. Fr., MIÖG 85,1977, 9-12.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 2

    Bernhards Geburtsdatum, schon von Brandenburg auf c. 797 angesetzt, ergibt sich aus seiner Nachfolge in Italien 812/13 (wohl fünfzehnjährig) - sein Vater starb 810 und Bernhard war alsbald zur Nachfolge vorgesehen, man wartete aber das regierunggsfähige Alter ab - (vgl. auch Eiten 49ff.), ferner aus dem Geburtsdatum seines Vaters (777) und der Zeit von dessen Eheschließung, bekannt aus einem Briefe Alcuins von 796, BM² 515b, der Pippin als (jung) vermählt anspricht. Brandenburg hat die nachträgliche Verunglimpfung durch Thegan c. 22, MG SS 2, 596 ex concubina natus als "unwahrscheinlich" bezeichnet; sie erledigt sich schon durch die offizielle Thronfolge Bernhards unter KARL.

    Rappmann Roland/Zettler Alfons: Seite 427, "Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter"

    BERNHARD
    + 17.4.818
    Necr. A/B 17.4. "Bernhart rex/Pernhart rex", König in Italien 813-818

    Literatur:
    Abel-Simson, Jahrbücher Seite 483ff.; Simson, Jahrbücher 1, bes. Seite 120ff.; BM² 515b-q: ADB 2 Seite 419-421; Noble, The Revolt of King Bernhard of Italy; Die Klostergemeinschaft von Fulda 2,1 Seite 312 K 3 (und die dort genannte Literatur); Schmid, Zur historischen Bestimmung Seite 503ff. (und die dort genannte Literatur); Brunner, Oppositionelle Gruppen, besonders Seite 97ff; Bund, Thronsturz und Herrscherabsetzung Seite 393ff.; Borgolte, Geschichte der Grafschaften Alemanniens Seite 224ff.; Krah, Absetzungsverfahren Seite 45ff.; Depreux, Das Königtum Bernhards von Italien. Zum Todestag: BM² 515q; Simson, ebd. 1 Seite 121 Anm. 4; Werner, Nachkommen Seite 445 Nr. 2 und Tafel Nr. III/2; Lexikon des Mittelalters 1 Spalte 1983.

    König Bernhard stand genauso wie sein Vater König Pippin von Italien in engster Beziehung zum südalemannischen Raum. Besonders die Kontakte zum Bodenssegebiet, das nach der Divisio regnorum von 806 zusammen mit Italien und Bayern zum Herrschaftsbereich Pippins gehörte, waren sehr intensiv; zur Divisio regnorum vgl. neuerdings Schmid Seite 522.
    Die Aufnahme Bernhards in das Gebetsgedenken der Bodenseeklöster muß gerade unter diesem Aspekt gesehen werden; dazu und zu einem St. Galler Gedenkbucheintrag der Königsfamilie mit Bernhard vgl. ausführlich Schmid Seite 503-532. Bernhard wird auch unter den verstorbenen Mitgliedern der Königsfamilie im Reichenauer Verbrüderungsbuch p. 114 A2 genannt; vgl. dazu vorläufig Beyerle, Das Reichenauer Verbrüderungsbuch Seite 1114f.
    Die Reichenauer Necrologien gehören zu den wenigen Quellen, die Bernhards Todestag überliefern; nur noch eine necrologische Notiz in der Handschrift Bibl. Cotton. Galba A. XVIII des British Museum in London führt ihn fol. 28r an: "[XV.] KL. MAI. Bernhardus gloriosissimus rex de hoc seculo transiuit" (nach einer dem Verfasser vorliegenden Photographie). Das Blatt enthält darüber hinaus von der gleichen "italienisch geschulten Hand der Mitte des 9. Jahrhunderts" (so die freundliche Auskskunft von Johanne Autenrieth in einem Brief vom 23.8.1983) die Necrolognotizen von KARL DEM GROSSEN (+ 814), Pippin von Italien (+ 810), "Uuoradus dux" (29.3.) und "Himildruda comitissa" (27.3.); vgl. bereits Dümmler, Ein Metzer Todtenbuch Seite 597.

    Bernhard wurde 812 von seinem Großvater nach Italien geschickt, mit dem er 813 förmlich belehnt wurde. Das Recht der Gesetzgebung und der Erteilung von Urkunden besaß er nicht. Durch die von LUDWIG I. DEM FROMMEN 817 vorgenommene Reichsteilung h hielt sich Bernhard für benachteiligt. Er erhob sich gegen den Kaiser mit dem Ziel, diesen und seine Kinder zu entthronen. Durch den Bischof Ratold von Verona und den Pfalzgrafen Suppo von Brescia verraten, lief Bernhards Heer auseinander und e er mußte sich dem Kaiser unterwerfen. Unter dem Schein von Verhandlungen wurde er nach Chalons gelockt und am 15.4. gemeinsam mit dem Grafen Bertmund von Lyon geblendet. Da sich Bernhard der Blendung widersetzte, wurde sie gewaltsam durchgeführt und an deren Folgen starb er.

    Schieffer Rudolf: 'Die Karolinger'

    Der Universalerbe LUDWIG wurde nach dem Tode seiner Brüder keineswegs an den zentralen Hof berufen; vielmehr traf man ohne seine Beteiligung 812 zunächst eine ursprünglich wohl nicht vorgesehene Entscheidung über Italien, wo der junge, bis dahin in Fulda wohl zum Kleriker erzogene Bernhard trotz seiner anfechtbaren Abkunft gut zwei Jahre nach dem Tod des Vaters Pippin als König mit Adalhards Halbbruder Wala, selber einem illegitimen KAROLINGER, als maßgeblichem Berater eingesetzt wurde. Was der künftige Kaiser LUDWIG als einschränkende Hypothek für seine Allgewalt hinzunehmen hatte, scheint Adalhard, Wala und anderen führenden Männern um KARL zur langfristigen Sicherung eines eigenen politischen Aktionsfeldes, wenn nicht gar als dynastische Alternative, erstrebenswert gewesen zu sein.
    Eine erste Regung von Widerstand auf die beschlossene Ordinatio imperii von 817 trat ganz unmittelbar auf und kann kaum überrascht haben. Sie ging von König Bernhard von Italien, dem jungen Neffen des Kaisers, aus, der noch im Vorjahr mit einem ehrenvollen Geleit des Papstes über die Alpen betraut worden war, sich nun aber mit seiner von KARL DEM GROSSEN übertragenen Sonderherrschaft in der Ordinatio imperii gar nicht erwähnt fand und dort stattdessen lesen konnte, Italien solle künfnftig LOTHAR I. in gleicher Weise unterstehen wie bisher den Kaisern KARL und LUDWIG. Wenn er in seiner Verärgerung offenbar nicht ganz wenige hochgestellte Anhänger fand, so zeigt sich, dass hier über persönliche Spannungen hinaus Weitreichendes berührt war wie das Thronrecht illegitimer KAROLINGER, die Gültigkeit der von LUDWIG bei seiner Kaisererhebung akzeptierten Verfügungen KARLSund letztlich die Divergenz zwischen der bis 814 dominierenden Elite und den nun tonangebenden "Aquitaniern". Dennoch ist schwer auszumachen, wie weit die Ziele reichten, die Bernhard durchzusetzen suchte, als er sich im Herbst 817 gegen LUDWIG DEN FROMMEN wappnete, doch steht fest, dass die offiziösen Quellen von einer ernsthaften Rebellion sprechen und der Kaiser mit einer umfassenden Mobilisierung von Truppen reagierte, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Nach Besetzung der Alpenpässe gab Bernhard noch vor Jahresende die Sache verloren und erschien mit seinen Getreuen in Chalon-sur-Saone, wo LUDWIG ihn festnehmen ließ. Auf der Aachener Reichsversammlung vom Frühjahr 818 wurden mehrere Bischöfe unter dem Vorwurf des Einverständnisses mit ihm abgesetzt und über die beteiligten Laien mit Bernhard an der Spitze Todesurteile gefällt, die der Kaiser dann in Blendungsstrafen umwandelte. Bernhard gerade Vater eines kleinen Sohnes namens Pippin geworden (von dem sich die späteren Grafen von Vermandois herleiten), starb an den Folgen der grausamen Prozedur (17.4.818), was sicher ungewollt war, aber für LUDWIGS Regiment eine fühlbare moralische Belastung bedeutete.

    Konecny Silvia: Seite 88, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Bernhards Stellung in Italien wurde hingegen zunächst nicht angetastet. Erst die Ordinatio Imperii stellte sie 817 theoretisch in Frage. Vielleicht setzte seit diesem Zeitpunkt eine vehemente Polemik gegen Bernhards Königtum ein, die jener gegen die Schwestern vergleichbar gewesen sein mag. Das Motiv zu Bernhards Aufstand würde so verständlicher. Überliefert ist eine solche Polemik allerdings kaum. Allzubald nach Bernhards Tod hatte wohl die offizielle Meinung über dessen Absetzung zugleich mit den Ratgebern LUDWIGS gewechselt. Diese aber hielten ihrerseits den König zu öffentlicher Buße für sein Verbrechen gegen Bernhard an und verteufelten Ermengard noch im Tod für ihre Mitschuld am Mord an dem Neffen.

    Herm, Gerhard: Seite 315,318, "Karl der Große"

    Gegen den Gedanken, seinen Jüngsten als kaiserlchen Thronfolger einzusetzen, hatte KARL sich bis zuletzt gesträubt. Als es endlich doch unvermeidlich geworden war, versuchte er wenigstens noch, eine Regelung zu finden, die LUDWIG an der vollen Ausübung der Macht hindern könne. Aus der Klosterschule Fulda ließ er seinen Enkel Bernhard holen, den 17-jährigen Sohn Pippins, und ernannte ihn zum König von Italien. Wie die beiden nach seinem Tod miteinander auskommen sollten, legte er jedoch nur in ganz groben Zügen fest.
    Vor der nach Aachen einberufenen Reichsversammlung erschien ein alter, weißhaariger Mann, der sich auf einen Stock stützte und den einen Fuß mühsam nachzog. Mit dürren Worten gabKARL seine Entscheidung bekannt: LUDWIG werde nach ihm die Kaiserkrone tragen und Bernhard König von Italien sein.

    Kalckhoff Andreas: Seite 237,239, "Karl der Große. Profile eines Herrschers."

    Pippins Sohn machte KARL zum König über Italien.
    Auf der Reichsversammlung 817 erklärte LUDWIG, die Einheit des von Gott empfangenen Reichs dürfe nicht aus Liebe zu den Söhnen durch Teilung zerstört werden. In diesem Sinne erhob er seinen ältesten Sohn LOTHAR zum Mitkaiser und Reichserben; die beiden jüngeren, Pippin und Ludwig, fand er mit Unterkönigtümern in Aquitanien und Bayern ab. An seinen Neffen Bernhard, den König über Italien, dachte er dabei nicht - was dieser als lieblos empfand. Bernhard erhob sich, mußte sich indes ergeben und wurde geblendet; er starb bald danach am der Wunde.

    Schwager, Helmut: Seite 22, "Graf Heribert II. von Soissons"

    König Pippin hatte aus seiner Ehe mit einer Unbekannten neben den fünf Töchtern Adalhaid (+ nach 810), Atula (+ nach 810), Gundrada (+ nach 810), Berhthaid (+ nach 810) und Theodrada (+ nach 810), nur einen einzigen Sohn Bernhard, der ihm als König von Italien (812/13-818) folgte [Ananles regni Francorum, a 812713, ed. Kurze, MG SS rer. Germ. 6, 136-138; Einhardi Vita Karoli Magni, c. 19, ed. Waitz, MG SS rer. Germ. 25, 210; Reginonis Chronicon, a 818, ed. Kurze, MG SS rer. Germ. 50,73; Thegani Vita Hludowici Imperatori, c. 22, ed. Pertz, MG SS 2, 596 bezeichnet König Bernhard explizit als illegitim, wobei es sich meines Erachtens um eine politische Diffamierung handeln dürfte (Ziel: Ausschaltung Bernhards zugunsten seiner Veettern LOTHAR I., Pippin I. und Ludwig des Deutschen); dagegen steht jedoch die Ansicht K. Schmids im St. Galler Verbrüderungsbuch, 504/05,509/10,518/19 mit Anm. 58) sowie 520-526, der mit guten Gründen Bernhard tatsächlich für einen Illegitimen hält: Bernhard erscheint hier nämlich in einer Reihe mit anderen Konkubinenkindern KARLS DES GROSSEN verzeichnet; auch die bekannte Textstelle bei Alkuin (Alc. Epist., nr. 119, MG Epist. 4,174: ...laetare cum muliere adoliscentiae tuae...) könnte darauf hindeuten; allerdings betont Konecny, Frauen 72 mit Anm. 54, daß auch ein Konkubinat im Sinne einer eheähnlichen Verbindung von Königssöhnen bei Lebzeiten des Vaters damals keinen erbrechtlichen Ausschluß von Nachkommen bedeutete; daher negieren Brandenburg, Nachkommen, Tafel (III,1) und 85 (III,1) sowie Werner, Nachkommen, in: KDGr 4, Tafel (III,2) und 445 (Anmerkungen zu III,2) eine mögliche Illegitimität Bernhards; vgl. weiter: Simson, Karl der Große 2, 432, 483/84 und 51519; Bur, Champagne, 87; Colliette, Vermandois 1, 400/01; Ducange, Amiens, 72; Dournel, Peronne, 26; Lemaire, Saint-Quentin, 266; Hlawitschka, Franken, 24 und 50; Konecny, Frauen 71/72 (mit Anm. 54/73 sowie 81; Anselme, Maison Royale, 48; Röschh, CMP, 67 (I,5); Pochettino, Pipinidi, 1/3; Schmid, St. Galler Verbrüderungsbuch, 504/05, 509/10, 518/19 (mit Anm. 58), 520/22 und 525/26; Classen, Karl d. Gr., 133.]. Dieser KAROLINGER geriet bald gegen seinen Onkel Kaiser LUDWIG I. DEM FROMMEN wegen dessen Reichseinheitspolitik aneinander. Als der Kaiser im Juli des Jahres 817 die berühmte Ordinatio Imperii erlassen hatte, sah sich König Bernhard als gefährdet an und erhob sich daher im Dezember 817 gegen seinen Onkel. Doch scheiterte der Putsch, und König Bernhard wurde als Hochverräter zur Blendung verurteilt, an der er nach drei Tagen am 17. April 818 starb. Diesen Sturz König Bernhards machte natürlich auch seine Familie mit; so findet man seinen einzigen Sohn Pippin (+ nach 840/45) aus der Ehe mit Königin Kunigunde (+ nach 835) in der Folgezeit natürlich nicht mehr als König, sondern lediglich unter den Großen Italiens.

    Wies Ernst W.: Seite 207, "Karl der Große. Kaiser und Heiliger."

    Auf einer Reichsversammlung in Aachen im Jahre 818 wurde Bernhard zum Tode verurteilt.Kaiser LUDWIG gewährte Gnade und verwandelte das Todesurteil in das nach unseren Begriffen noch grausamere Schicksal der Blendung. Der junge König starb drei Tage später an den Folgen der schlimmen Verstümmelung (Erinnern wir uns, daß KARL seinen Sohn, Pippin den Buckligen, wegen des gleichen Deliktes bestrafte, die Todesstrafe aber in eine Klostehaft mit völliger körperlicher Unversehrtheit umwandelte, so wird der Unterschied zwischen KARL DEM GROSSEN und seinem Sohn LUDWIG, den die Geschichte "DEN FROMMEN" zu nennen beliebt, deutlich).


    815 oo Kunigunde um 800-15.6.835

    Kinder:

    - Pippin I. Graf von Vermandois 815- nach 850


    Literatur:
    Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 19,30,219,222 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 224-226,228,252-254 - Dahn Felix: Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas. Verlag Hans Kaiser Klagenfurt 1977, Seite 530,532 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 21,25,86 - Herm, Gerhard: Karl der Große. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf, Wien, New York 1987, Seite 315,318 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien unund das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 17 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 120 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 237,239,242,253 - Kimpen Emil: Zur Königsgenealogie der Karolinger- bis Stauferzeit. - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 72,88 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963, Seite 18,241 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Nack Emil: Germanien. Ländern und Völker der Germanen. Gondrom Verlag GmbH & Co. KG, Bindlach 1977, Seite 292 - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 421-423,426,481,516 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 108,114,118,121,224 - Schmid, Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 4485,491,500-503,507-510 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 44 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 41,46,49,54 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 22,33,36,85 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutsscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 423,425 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 95,207,258 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989, Seite 104 -

    Allgemeine Deutsche Biographie - Bernhard

    Bernhard, König von Italien, † 818. Mit dem Hause der Merowinger verglichen, das in der Zeit seiner Kraft von so gewaltigen und wilden Leidenschaften bewegt wurde, erscheinen die Nachkommen des heil. Arnolf zahmer und gemäßigter in ihren Trieben. Zwar fehlt es auch bei ihnen weder an sinnlichen Ausschweifungen noch an Bruderkriegen und Familienfreveln, aber alles hat doch eine mildere Gestalt gewonnen, und wie in den ehelichen Verhältnissen allmählich eine festere Regel obsiegt, so begnügt man sich auch, unbequeme Thronbewerber nicht mehr einfach aus dem Wege zu räumen, sondern nur sie unschädlich zu machen. Unter den Sprossen des karolingischen Hauses, die nach großen Hoffnungen durch ein unholdes Geschick vor der Zeit geknickt wurden, hat von jeher König B. von Italien besonderen Antheil erregt, um so mehr, als sein an sich bemitleidenswerthes Ende dadurch noch tragischer erschien, daß gegen seine Schuld Zweifel erlaubt waren. Ueberdieß fiel er nicht blos um persönlicher Gründe willen, sondern als Opfer gleichsam einer großen Verfassungsänderung, die, ob sie gleich über ihn triumphirt hatte, durch ihren schließlichen Fall ihn noch nach seinem Tode zu rechtfertigen schien. Seine kurze Erhebung und sein Sturz als Vorspiel des Bürgerkrieges, der erst mit der Auflösung des Reiches enden sollte, glichen dem ersten fernen Rollen des Donners, der ein schweres und unheilschwangeres Gewitter einleitet. Von den drei Söhnen Karls des Großen aus seiner Ehe mit der Schwäbin Hildegard erblickte der zweite, Pippin, im J. 777 das Licht der Welt, um als vierjähriges Kind schon mit der italienischen Königskrone geschmückt zu werden. Nur als Unterkönig unter kaiserlicher Autorität sollte er dereinst die Leitung des vielfach bedrohten Landes übernehmen, das ebenso wie Aquitanien durch seine frühere Entwicklung am meisten auf eine Sonderstellung hingewiesen war. Frühzeitig nach fränkischer Sitte im Gebrauche der Waffen geübt, zog Pippin bereits als elfjähriger Knabe mit gegen den Baiernherzog Tassilo, und als Jüngling von 19 Jahren leitete er einen glänzenden Feldzug, der ihn über die Theiß in das Herz des Avarenreiches bis zur Königsburg ihres Khakhans führte. Er betheiligte sich an der Ordnung des neugewonnenen Gebietes und trug noch mehrmals seine Waffen bald gegen die Griechen, bald gegen die Beneventaner, aber schon am 8. Juli 810 wurde er im blühendsten Alter seinem Vater und dem Reiche durch den Tod entrissen. Karl nahm sich seiner hinterlassenen Familie auf das zärtlichste an; seine fünf Töchter ließ er wie seine eigenen auferziehen, Bernhard, der unmündige Sohn wurde dem Kloster Fulda zur Ausbildung übergeben. Eine schon früher (806) vorgesehene Theilung des Reiches zwischen Pippins Brüdern, dem jüngeren Karl und Ludwig,|welche für B. nichts übrig gelassen haben würde, ward durch Karls Tod zu Ende des J. 811 abermals umgestoßen. Neue Bestimmungen für die Nachfolge wurden nothwendig, und schon 812 sandte der Kaiser seinen Enkel B. zunächst unter dem Geleite Wala's, seines Vetters, nach Italien, um die Herrschaft seines Vaters anzutreten. Wala's Bruder, der Abt Adalhard von Corbie, von früherher mit den italienischen Verhältnissen innig vertraut, stand dem jungen Fürsten sodann zur Seite und vermählte ihn im folgenden Jahre mit Kunigunde, deren Abkunft wir nicht kennen. Erst 813 erhielt B. die Königswürde und zwar zu der nämlichen Zeit, da Ludwig der Fromme zum Kaiser und Mitregenten seines Vaters eingesetzt wurde. B. trat also zwar nicht in die vollen Rechte Pippins ein, denn nur Italien ward ihm überwiesen, aber er sah sich auch nicht völlig ausgeschlossen, wie es im J. 811 den Anschein gehabt hatte. Nachdem Ludwig 814 allein den Thron bestiegen, bestätigte er zunächst einfach die Anordnungen des Vaters: er empfing Bernhards Huldigung und erkannte ihn als Unterkönig an, indem er ihn mit reichen Geschenken entließ. Sein Abhängigkeitsverhältniß sprach sich besonders darin deutlich aus, daß er alljährlich auf den fränkischen Reichstagen erscheinen mußte, um die Befehle und Weisungen seines kaiserlichen Oheims in Empfang zu nehmen. So zog er z. B. 815 von der Reichsversammlung zu Paderborn hinweg im Auftrage des Kaisers nach Rom, um eine Untersuchung gegen den Papst Leo zu führen, der sich an den Theilnehmern einer Verschwörung grausam gerächt hatte, leistete aber gleich darauf mit gewaffneter Hand demselben Papste Beistand gegen Empörer, die seine Besitzungen plünderten. Ludwig erließ als Oberhaupt des Ganzen Verfügungen für Italien: nur in einer einzigen Urkunde für das tuscische Kloster Montamiata wird hiebei der Zustimmung Bernhards ausdrücklich gedacht. Das Verhältniß war von Hause aus ein mißliches, und es ist wol kaum anzunehmen, daß Ludwig den unbequemen Neffen, der der Ausstattung seiner drei heranwachsenden Söhne im Wege stand, mit sonderlich väterlichen Gefühlen betrachtet habe, obgleich später behauptet wurde, daß von ihm gerade Bernhards Erhebung zur königlichen Würde befördert worden sei. Ein übles Vorzeichen lag für ihn in der Verbannung seiner vornehmsten Gönner, Adalhards und seiner Brüder. Da geschah es, daß im Juli 817 zu Aachen eine neue Thronfolgeordnung zur Sicherung der Reichseinheit festgesetzt wurde, ohne daß unter den übrigen Großen des Volkes der junge König zur Berathung zugezogen worden wäre. Ueberdieß aber wurde ihm durch diese allem Herkommen widerstreitende Acte auch für die Zukunft jede Verbesserung seiner Stellung abgeschnitten. Wie er jetzt seinem Oheim als Oberherrn zu gehorchen hatte, so sollte er es dereinst dessen ältestem Sohne Lothar, der als Kaiser über ihn und seine beiden jüngeren königlichen Brüder zu gebieten hätte. Daß B. sich früher je geschmeichelt, an die Spitze des gesammten Reiches zu treten, ist keineswegs anzunehmen, wol aber mochte er eine gleichmäßigere und für ihn vortheilhaftere Theilung mit seinen Vettern erwartet haben. Nicht gar lange nach dem Reichstage erhielt der Kaiser durch den Bischof Ratold von Verona und den Grafen Suppo von Brescia die Nachricht, daß sein Neffe zur Empörung rüstend, schon alle Zugänge nach Italien besetzt und den Bewohnern der Städte einen Eid gegen ihn abgenommen habe, nichts Geringeres führe er im Schilde, als ihn nebst seinen Söhnen aus dem Reiche zu verdrängen. Obgleich diese Meldungen zum Theil übertrieben waren, traf Ludwig doch alsbald die umfassendsten Vorkehrungen. Alle Heerpflichtigen wurden strengstens aufgefordert, sich in kürzester Frist zum Aufbruche gegen Italien bereit zu halten. Bei diesem entschiedenen Auftreten des sonst oft so schwankenden und unschlüssigen Herrschers entsank B. der Muth, zumal da Viele, auf die er gebaut, ihn im Stiche ließen. Er zog mit seinen Anhängern, indem er die Waffen niederlegte, reuig zum Kaiser nach Chalons an der Saône, bat ihn fußfällig um Vergebung und gestand in dem ersten Verhöre offen seine unbesonnenen Pläne und deren Mitwisser ein. Zu diesen gehörte namentlich sein Vertrauter Graf Eggideo, sein Kämmerer Reginhard, Graf Reginher, dessen mütterlicher Großvater einst eine Verschwörung gegen Karl den Großen angezettelt hatte, Erzbischof Anshelm von Mailand und die Bischöfe Wolfold von Cremona und Theodulf von Orleans, der zierliche Dichter, nebst anderen vornehmen und angesehenen Männern. Der Kaiser ließ alle in Haft nehmen und nach Aachen führen, wo sie nach Ostern 818 vor das Gericht der großen Vasallen gestellt und als Hochverräther in aller Form Rechtens zum Tode verurtheilt wurden. Weder an dem jungen Könige, für den die Mönche von Fulda als für ihren ehemaligen Zögling warme Fürbitte einlegten, noch an seinen Mitschuldigen ließ der Kaiser die Todesstrafe vollziehen, aber seine Begnadigung war grausam genug. Durch Bertmund, den Grafen von Lyon, wurden B. und seinen schuldigsten Mitverschwörern aus dem Laienstande die Augen ausgestochen, wobei B. und Eggideo sich so heftig sträubten, daß die Verletzung nach drei Tagen (am 17. April) ihren Tod zur Folge hatte. In der ehrwürdigen S. Ambrosiuskirche zu Mailand, wo auch Pippin begraben lag, bei dem verbündeten Erzbischofe Anshelm, der gleichfalls bald darauf (11. Mai) starb, fand er seine Ruhestätte. Ihr gemeinsames Grab wurde dort im J. 1638 geöffnet. Die schuldigen Bischöfe wurden durch Synodalbeschluß abgesetzt und in Klöster eingesperrt — vergeblich berief sich gegen diesen Spruch Theodulf auf den Papst, der allein über ihn richten dürfe —, die übrigen Laien theils geschoren und in Klosterhaft gebracht, theils verbannt, ihrer aller Güter eingezogen. Die aufrichtige Reue, die der schwache Kaiser bald über den schrecklichen Ausgang seines Neffen an den Tag legte, mußte dem Glauben Nahrung geben, daß er nur durch fremden Einfluß gegen seine bessere Natur sich habe zur Grausamkeit fortreißen lassen. Auf seine Gemahlin Irmingard, die noch in demselben Jahre (am 3. Oct.) starb, lenkte sich der Verdacht, und die Sage behauptete bald, daß sie arglistig durch eidliche Zusicherung der Straflosigkeit B. mit seinen Freunden zu freiwilliger Unterwerfung verlockt habe, um ihn zu verderben. Der Kaiser that jedenfalls was in seinen Kräften stand, das geschehene Unrecht, wie er es jetzt ansah, wieder gut zu machen. Auf einem Reichstage zu Diedenhofen im October 821 begnadigte er alle noch übrigen Mitschuldigen Bernhards, darunter einen gewissen Aming, und gab ihnen Freiheit und Güter zurück. Hiemit noch nicht zufrieden, nahm er im August 822 zu Attigny freiwillig eine öffentliche Kirchenbuße auf sich, um zu sühnen, was er gegen B., Adalhard und Wala einst gesündigt habe. Der Schatten des Gemordeten aber ließ ihm auch jetzt noch keine Ruhe, denn als Ludwig von seinen Widersachern gestürzt in der Medarduskirche bei Soissons 833 abermals zu einer Kirchenbuße gezwungen wurde, erschien auch Bernhards Verurtheilung wieder unter seinen strafbaren Handlungen. Italien, dessen Regierung Lothar angetreten hatte, konnten freilich seine Nachkommen nicht wieder erhalten, aber unter Bernhards Sohn Pippin, einem treuen Anhänger Ludwigs des Frommen, wurden sie nach Vermandois versetzt und spielten später als Grafen in allen westfränkischen Händeln eine hervorragende Rolle. So endete diese Familientragödie, welche, wenn auch Bernhards Zeiten nachmals als glückliche gepriesen wurden, doch mit nationalen Trieben keinen Zusammenhang hat.

    Literatur
    Vgl. Friedr. Funck, Ludwig der Fromme, Frankfurt a. M. 1832, wozu sich manche Nachträge bringen ließen. — Jahrbücher des deutschen Reichs unter Ludwig dem Frommen von Bernhard Simson. Bd. I. Leipzig 1874

    Bernhard heiratete Kunigunde in 815. Kunigunde wurde geboren um 800; gestorben am 15 Jun 835. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 69. von Vermandois, Pippin I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 815; gestorben nach 850.

  6. 51.  von Italien, Adelheid Graphische Anzeige der Nachkommen (29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 798; gestorben nach 810.

    Notizen:

    Adelhaid
    798- nach 810
    Tochter des Königs Pippin von Italien

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 3

    Nach Brandenburg sind die Töchter Pippins nur bei Einhard c. 19 erwähnt.
    Vgl. aber Tellenbach, Stud. 58 zum urkundlichen Nachweis, daß Graf Altchar 807 als baiolus der Pippin-Tochter Adalhaid diese von Italien aus zum kaiserlichen Hof brachte. Vgl. auch die folgende Anmerkung:
    4-7 Für alle Pippin-Töchter ergibt sich aus Einhard c. 19, daß sie dem Vater (+ 810) überlebten und von Kaiser KARL, also vor 814, der Erziehung zusammen mit seinen Töchtern am Hof übergeben wurden.

    Wies Ernst W.: Seite 258, "Karl der Große. Kaiser und Heiliger."

    Beim Tode seines Sohnes, König Pippins von Italien, zeigte er sich als fürsorglicher Großvater. Seinen Enkel, Pippins Sohn Bernhard, erhob er sofort zum König von Italien. Sodann holte er die fünf Enkelinnen Adalhaid, Atula, Gundrada, Berthaid und Theodrada an seinen Hof und ließ sie gemeinsam mit seinen Töchtern aufziehen und erziehen.

    Literatur:
    Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 46 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 22 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 258,303 -


  7. 52.  von Italien, Athela Graphische Anzeige der Nachkommen (29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 798; gestorben nach 810.

    Notizen:

    Athela (Atula, Adela)
    798- nach 810
    Tochter des Königs Pippin von Italien

    Schwager, Helmut: Seite 22, "Graf Heribert II. von Soissons"

    König Pippin hatte aus seiner Ehe mit einer Unbekannten neben den fünf Töchtern Adalhaid (+ nach 810), Atula (+ nach 810), Gundrada (+ nach 810), Berhthaid (+ nach 810), nur einen einzigen Sohn Bernhard, der ihm als König von Italien folgte.

    Wies Ernst W.: Seite 258, "Karl der Große. Kaiser und Heiliger."

    Beim Tode seines Sohnes, König Pippins von Italien, zeigte er sich als fürsorglicher Großvater. Seinen Enkel, Pippins Sohn Bernhard, erhob er sofort zum König von Italien. Sodann holte er die fünf Enkelinnen Adalhaid, Atula, Gundrada, Berthaid und Theodrada an seinen Hof und ließ sie gemeinsam mit seinen Töchtern aufziehen und erziehen.

    Literatur:
    Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 22 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 258,303 -

    Name:
    Atula, Adela


  8. 53.  von Franken, Alpais Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 794; gestorben am 23 Jul 852.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich; Äbtissin von St. Pierre-le-Bas in Reims
    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Gräfin von Paris

    Notizen:

    Alpais Äbtissin von San-Pierre-le-Bas in Reims (816-852)
    Gräfin von Paris
    794-23.7.852
    Älteste Tochter des Kaisers LUDWIG I. DER FROMME aus seiner Verbindung mit einer Konkubine N.N.

    Brandenburg Erich: Tafel I "Die Nachkommen Karls des Großen"

    III. Generation 13a oder c
    Alpais (Elphheid)Gemahl Bego I. Graf von Paris
    Später Äbtissin von St. Peter in Reims

    Werner Karl Ferdinand: Seite 445, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 8
    Etwas irreführend sagt B. in Anmerkung III,13, Alpais sei "Nur ann. Laur. Min. 816, SS 1, 122" (lies: 222) als LUDWIGS-Tochter nachgewiesen bzw. erwähnt. Er selbst zitiert Flodoard, Hist. Remens. eccles. MG SS 13, 460, 595 (hier wäre auch Flodoards Quelle zu nennen, die V. Rigoberti c. 12, ed. W. Levison, MG SS rer. Mer. 7,68), der ja nicht nur, wie bei B., Beleg für die Stellung von Alpais als Äbtissin von S.-Pierre-le-Bas in Reims ist, sondern ebenfalls Alpais als Tochter LUDWIGS bezeugt. Endlich bieten die Ann. Hildesheim., ed. G. Waitz, MG SS rer. Germ. 1878, 16, zu 816, im Unterschied zu den Ann. Lauriss. den Namen der Alpais, in der Form Elpheid.
    Die oft wiederholte Vermutung (Zuletzt R. Louis, Girart, comte de Vienne ...1, Auxerre 1946, 14-16), Alpais, die den Namen der Mutter Karls Martells trägt, sei eine Tochter KARLS DES GROSSEN und nicht LUDWIGS, kann definitiv aufgegeben werden. Sie stützt sich auf den Satz des erwähnten Ann. Lauriss: Picco, primus de amici regis, qui et filiam imperatorii duxerat uxorem, defunctus est, und möchte rex auf LUDWIG, imperator auf KARL beziehen.
    Der Annalist gebraucht jedoch sowohl unmittelbar vor, als auch nach diesem Satz imperator mit Bezug auf LUDWIG, fügt zu 812, offenbar um Verwechslung zu vermeiden, da wo er von KARL spricht, sogar dessen Namen hinzu, imperotorii CAROLI (obgleich LUDWIG 812 noch nicht Kaiser war). Seine Bemerkung zu 816 bezieht sich also eindeutig auf LUDWIG und ist als Steigerung gedacht: Picco (Graf Bego von Paris) war der erste von LUDWIGS Günstlingen, er hatte auch seine Tochter zur Frau. Vermeintliche chronologische Schwierigkeiten, die Louis sieht, beruhen auf einer irrigen Identifizierung des magister Iudaeorum evrardus mit einem der Söhne von Alpais. Zu deren Kindern (untern IV,2-4) und weiteren Nachkommen vgl. Exkurs 2.
    Das von Brandenburg offengelassene Todesdatum der Alpais läßt sich näher bestimmen. 852 V 29, bei der Translation der Reliquien des hl. Remigius durch Erzbischof Hinkmar von Reims, lebt Alpais noch in ihrer Abtei: Sie durfte für das Haupt des Reemigius ein Kissen sticken, dessen Widmungsinschrift uns durch Mabillon erhalten ist, ed. L. Traube, MG Poet. lat. 3,414 (in Anm.). Traube bietet ein genaueres Datum als Louis 25f. (852 X 1). In dieser Inschrift, die, wie Traube zeigt, nicht, wie manche geglaubt haben, von Hincmar stammt, schreibt die LUDWIGS-Tochter sich Alphedis. Den Todestag fand ich in einem zwischen 1400 und 1414 auf Grund älterer Vorlagen geschriebenen Nekrolog der Reimser Kirche, Vat. Ottob. lat. 2960, fol. 88 verso, wo zu den 10. Kal. des August der Eintrag steht: ... Alpheidis deo sacrata. Sie ist also am 23. Juli, frühestens 852, gestorben.
    Zu Graf Bego und seiner Familie ausführlich Louis 1ff., 14ff., 21ff., der auch das genaue Todesdatum aus dem Nekrolog von S.-Germain-des-Pres (HF, Obituaires 1, Paris 1892, 276) beisteuert: X 28. Bego war Graf von Toulouse und marchio für Septimimanien, ehe er 814 als Nachfolger seines Bruders Stephan Graf von Paris wurde und dort seine Hausabtei Fosses durch Benedikt von Aniane reformieren ließ. Besitz hatte er auch im Raume Reims und Laon; darum braucht er nicht Graf von Reims gewesen zu sein, wie Louis vermutet.

    Hlawitschka Eduard: Seite 228 Anm. 18 , "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Abt Wulfhard von Flavigny wird als sororis Ludwigs des Stammlers in der Series abbatum Flaviniacensium (MG SS VIII Seite 502) und bei dem davon abhängigen Hugo von Flavigny (MG SS VIII Seite 286 und 355) bezeichnet. Ludwig wird dabei fälschlicch imperator genannt. Auf die Herkunftssippe Adelheids läßt eine Urkunde Karls des Einfältigen vom 22.4.921 (Ph. Lauer, Recueil des actes de Charles III les Simole I (1940) Seite 258 nr. 108) schließen, in der es heißt: qualiter ipsum monasterium Bego, genitricis nostrae proavus ... restaurasset. Diesem Bego hatte LUDWIG DER FROMME seine Tochter Alpheid zur Gemahlin gegeben (Flodoard, Hist. Rem. eccl, MG SS XIII Seite 595). Da nicht anzunehmen ist, daß KARL DER KAHLE seinen Sohn mit einer so nahen Blutsverwandten verheiratete, was ihn in Konflikt mit den kirchlichen Ehebestimmungen gebracht hätte, dürfte feststehen, daß sich Adelheid nicht auf diese Ehe Begos, sondern auf eine frühere Gemahlin dieses Mannes blutsmäßig zurückleiten läßt.
    Vgl. schon E. Brandenburg, Die Nachkommen Karls d. Gr. (1935) Seite 89 nr. VI, 17, sowie auch S. Hellmann; Die Heiraten der Karolinger, Wiederabdruck in: Ausgewählte Abhandlungen zur Historiographie und Geistesgesch. d. MA, hg. v. H. Beumann (1961) Seite 316; neuerdings ist in diesem Zusammenhang zu Rate zu ziehen L. Levaillain, Les comtes de Paris a l'epoque Franque, in: Le Moyen Age, 3 ser. XII (1941), und R. Louis, Girart, comte de Vienne I (1946) Seite 14 mit Anmerkung 4, wo die Auussage Flodoards bezüglich Alphaeids Abstammung von LUDWIG DEM FROMMEN bestritten und Alpheid als Tochter KARLS DES GROSSEN angesehen wird, sowie wiederum L. Levillain, Girart, comte de Vienne, in: Le Moyen Age, 4 ser. IV (1949) Seite 225ff. Eine neue - und dabei die zu enge Blutsverwandtschaftz zu Ludwig dem Stammler (6. kanonischer Grad) bejahende These über die Herkunft Adelheids veröffentlichte soeben K.F. Werner; Die Nachkommen Karls d. Gr. Seite 429; demnach wäre Adelheid als Tochter des Pfalzgrafen Adalhard aus der Spätzeit KARLS DES KAHLEN anzusehen.

    Boshof Egon: Seite 59,59 Anm. 219,65, "Ludwig der Fromme"

    Zum Zeitpunkt der Eheschließung hatte LUDWIG bereits von einer oder zwei Konkubinen eine Tochter, die den Namen der Mutter Karl Martells, Alpais/Alphaid, trug [Werner, Nachkommen, 445 III 8; hier auch die Zurückweisung der These, daß Alpais/Alphphaid eine Tochter KARLSDES GROSSEN gewesen sei: vgl. Louis, Girart, comte de Vienne (ausführliche Besprechung). Die Schlüsselstelle ist Flodoard, Historia Remensis eccl. IV 46, MG SS XIII, 595: Quod monasterium (scil. St. Pierre-le-Bas in Reims) LUDOWICUS imperator Alpheidi, filiae suae, uxori Begonis comitis dono dedit ...; dazu II 12, 460 (als Zitat aus der vita Rigoberti; vgl. MG SS rer. Merov. VII, 68).], und einen Sohn mit dem Namen des Ahnherrn der Dynastie, Arnulf.
    Von den weltlichen Großen verfügte ohne Zweifel Bego über den größten Einfluß in der Umgebung des Königs, dessen Schwiegersohn er um 806 durch die Ehe mit Alpais, LUDWIGS natürlicher Tochter, wurde.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 166-168
    "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert"


    Der dritte Bruder, Bego (bezeugt seit 794), ist vor allem als der Wiedererrichter des Klosters Saint-Maur-des-Fosses bei Paris bekannt. Er war zunächst gleichfalls unter dem jungen LUDWIG in Aquitanien tätig und heiratete auch Alpais (Alpheid), eine Tochter LUDWIGS, ja folgte noch gegen Ende seines Lebens (+ 816) dem älteren Bruder in der Verwaltung der Grafschaft Paris nach. Aus der Ehe Begos mit Alpais sind nachweislich zwei Söhne, die Grafen Leuthard und Eberhard hervorgegangen, von denen der erstere wieder Graf von Paris gewesen ist (+ 858/59), der zweite hingegen im nordburgundischen Raum tätig war und dort zwischen 861 und 871 offenbar kinderlos verstarb.




    oo 2. Bego Graf von Paris 755/60-28.10.816

    Kinder:

    - Leuthard Graf von Paris - 858/59
    - Eberhard - 861/71 im nordburgundischen Raum tätig

    Literatur:
    Boshof Egon: Ludwig der Fromme. Primus Verlag Darmstadt 1996 Seite 59,59 Anm. 219,65 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel I - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburrg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 166-168 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 228 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 112,169 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 57 - Werner, Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000, in Karl der Grosse Lebenswerk und Nachleben Band IV Seite 403-479 -

    Name:
    (Elphheid)

    Alpais heiratete von Paris, Bego I. in 806. Bego (Sohn von von Paris, Gerhard I. und Rotrud) wurde geboren um 755/760; gestorben am 28 Okt 816. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 70. von Paris, Leuthard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 806; gestorben in 858/859.
    2. 71. von Paris, Eberhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 808; gestorben in 861/871.

  9. 54.  von Franken, Arnulf Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 794; gestorben nach 841.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Sens [89100],Yonne,Burgund,Frankreich; Graf von Sens

    Notizen:

    Arnulf Graf von Sens
    um 794- nach 841
    Sohn des Kaisers LUDWIG I. DER FROMME aus seiner 1. Verbindung mit einer Konkubine N.N.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 446, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 9
    Arnulf war nicht "angeblich" Graf von Sens (so Brandenburg, der in der Anmerkung versehentlich von Senlis spricht), sondern ist als solcher durch das zuverlässige Chronicon Moissiacense (zu 817, MG SS 1,312) klar belegt. Das Geburtsjahr setzt Brandenburg mit "erwa 790" angesichts des Geburtsjahres des jugendlichen Vaters (778) doch wohl etwas zu früh an. Nichts spricht dagegen, daß dieser Graf Arnulf identisch ist mit dem von Nithard I,6 zusammen mit anderen Großen (darunter Graf Gerhard von Paris) genannten Arnulf, der von KARL DEM KAHLEN zu LOTHAR I. abfiel. (841 III/IV, zu den Vorgängen Lot-Halphen 23-25). Seine führende Stellung paßt zu seiner Abkunft und dem damaligen Alter von über 45 Jahren. Diese Identifizierung von Chaume 1, 164; 169-172; 185; 521 vorgeschlagen und im DBF 3, 1939, 972 aufgegriffen, besagt nicht, daß Arnulf stets Graf in Sens geblieben war.

    Schieffer Rudolf: Seite 114, "Die Karolinger"

    Für die eigenen Nachkommen sorgte LUDWIG vor, indem er die bereits erwachsenen Söhne LOTHAR und Pippin als Unterkönige in Bayern und Aquitanien einsetzte sowie seinen Schwiegersohn Bego (+ 816) zum Grafen von Paris und seinen illegitimen Sohn Arnulf zum Grafen von Sens machte.

    Literatur:
    Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 114 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 57 -


  10. 55.  von Franken, Lothar I.von Franken, Lothar I. Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 795; gestorben am 29 Sep 855 in Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland; wurde beigesetzt in Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: fränkischer König
    • Titel/Amt/Status: römischer Kaiser

    Notizen:

    LOTHAR I. König von Italien (823-855)
    römischer Kaiser seit Ostern 823
    795-29.9.855 Kloster Prüm Begraben: Kloster Prüm
    Ältester Sohn des Kaisers LUDWIG I. DER FROMME aus seiner 2. Ehe mit der Irmingard, Tochter von Graf Ingram

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2123, LOTHAR I., Kaiser, fränkischer König

    * 795 + 29. September 855 Begraben: Kloster Prüm
    oo Irmingard seit 821 (+ 851)

    Der älteste Sohn LUDWIGS DES FROMMEN, seit 814 Unter-König von Bayern, wurde 817 in Aachen zum Mit-Kaiser gekrönt und war nach der dort beschlossenen‚ Ordinatio imperii‘ als Kaiser und Nachfolger des Vaters vorgesehen, unter dessen Oberhoheit die Brüder (Ludwig der Deutsche, Pippin von Aquitanien) stehen sollten. Die Folgezeit (822-825) verbrachte LOTHAR I. als Regent in Italien (Kaiserkrönung Ostern 823). Bei der Erhebung der Söhne gegen Kaiser LUDWIG von 830 als Reaktion gegen die Ausstattung des nachgeborenen Sohnes KARL DES KAHLEN von LUDWIGS zweiter Gemahlin Judithnotwendig gewordene Neuregelung der Reichsteilung spielte der am meisten Betroffene LOTHAR die führende Rolle und wurde anschließend weitgehend entmachtet. Bei der zweiten ebenfalls von LOTHAR I. angeführten Empörung der drei älteren Söhne (833) trat LOTHAR I., im Bund mit dem Papst, als Verfechter der Einheitsidee auf. Nach LUDWIGS Wiedereinsetzung verharrte LOTHAR I. im Widerstand und hielt an seinem kaiserlichen Alleinvertretungsanspruch fest, war aber faktisch bereits auf Italien beschränkt, das er kaum mehr verließ. Erst 839 kam es zur Aussöhnung zwischen LOTHAR und KARL. In den nach LUDWIGS Tod offen ausbrechenden Brüderkriegen mit wechselnden Parteiungen stand der zunächst erfolgreiche LOTHAR, der alle Rechte aus der Ordinatio imperii beanspruchte, zuletzt gegen Ludwig und KARL; in der Schlacht von Fontenay (25. Juni 841) unterlag er den Brüdern. Der nach vielen Verhandlungen geschlossene Vertrag von Verdun (August 843) wurde zur Grundlage der künftigen territorialen Entwicklung. LOTHAR I. erhielt das Kaisertum und die Herrschaft über das 'Mittelreich', das sich von der Nordsee bis nach Italien erstreckte, er übte aber keine Oberhoheit über die Teilreiche der Brüder im O und W aus. Auf den sogenannten Frankentagen der karolingischen Könige - LOTHAR I. nahm seit 840 an 21 Königstreffen teil - stand die Idee der Eintracht und der ideellen Reichseinheit bereits neben Tendenzen zur Ausgestaltung zwischenstaatlicher Beziehungen. Das auf den ersten Blick unförmige und als "künstliches Gebilde ohne innere Einheit" (Mühlbacher) bezeichnete Teilreich LOTHARS war tatsächlich das Ergebnis vorangegangener Teilungspläne, umfaßte die karolingischen Kerngebiete mit Aachen als Mittelpunkt und war keineswegs von vornherein zum Scheitern verurteilt, wie oft behauptet worden ist, es wurde aber durch äußere Bedrohungen erschüttert. Während Friesland seit 845 durch jährliche Normanneneinfälle erschüttert wurde - im Zuge der Brüderkämpfe hatte LOTHAR I. 841 der Herrschaft der normannischen Brüder Harald und Rorik über die Insel Walcheren zugestimmt (850 Ansiedlung Roriks in Dorestad) -, wurde Italien, das LOTHAR I. nach 840 nicht mehr betrat, von den Sarazenen heimgesucht. LOTHARS ältester Sohn LUDWIG II. übernahm die Regentschaft in Italien, wurde 844 zum König der Langobarden und Ostern 850 zum Mit-Kaiser gekrönt. LOTHAR I., der sich auf zuverlässige Bischöfe (Drogo von Metz als Erzkaplan) und Grafen (Adalhard, Matfrid) stützen konnte, beschränkte sein Itenerat, in dem Aachen Residenzcharakter gewann, auf wenige lothringischen Pfalzen. Letztlich ist es ihm weder gelungen, seinen Vorrangsanspruch unter den Königen durchzusetzen noch das Mittelreich zu stabilisieren. Eine hofnahe Geschichtsschreibung entstand hier, anders als im W und O, nicht, von daher sind die Nachrichten über LOTHAR I. aber auch negativ verzerrt. Am Ende seiner Regierungszeit teilte er, zeit seines Lebens Verfechter der Einheitsidee sein Reich zur Sicherung gegen Ansprüche seiner Brüder unter seine Söhne LUDWIG (Italien), Lothar II. (Norden) und Karl (Provence) und trat in das Kloster Prüm ein, wo er sechs Tage später verstarb.

    Quellen:
    MGH DD Karol. III, ed. Th. Schieffer, 1966 -

    Literatur:
    R. Parisot, Le royaume de Lorraine sous les Carolingiens, 1899, 843-923 - R. Schneider, Brüdergemeine und Schwurfreundschaft, 1964 - E. Hlawitschka, Lotharingien und das Reich an der Schwelle der dt. Gesch, 1968, 10ff. - W. Köhler F. Mütherich, Die karol. Miniaturen, IV: Die Hofschule Ks. L.s, 1971 - H. Tiefenbach, Stud. zu Wörtern volkssprachiger Herkunft in karol. Kg.surkk. Ein Beitr. zum Wortschatz der Diplome L.s I. und Lothars II., 1973 - E. Boshof, Lotharingien - Lothringen: Vom Teilreich zum Hzm. (Zw. Gallia und Francia, Frankreich und Dtl., hg. A, Heit, 1987), 129ff. - B. Schneidmüller, Regnum und Ducatus, RhVjbll 51, 1987, 81-114 - E. Boshof, Einheitsidee und Teilungsprinzip in der Regierungszeit Ludwigs d. Fr. (Chalemagne's Heir...., hg. P. Godman-R. Collins, 1990), 161-189 - J. Jarnut, Ludwig d. Fr., L. I. und das regnum Italiae, ebd., 349-362 - W. Kienast, Die frk. Vasallität, 1990, 211ff. -

    Althoff Gerd: Seite 370, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    K 36
    Me: 29.9.Lotharius imp(erator) et monachus + 855 Kaiser Lothar I.
    (Es.) Die KAROLINGER-Könige im Merseburger Necrolog wurden beim Beginn des ottonischen Gedenkens aus älteren Vorlagen übernommen; siehe dazu wie bei K 22
    Vgl. allgemein Biographisches Wörterbuch 2, Spalte 1691; FW K 13.
    LOTHAR trat 855 in das Kloster Prüm ein, daher die Bezeichnung monachus.
    vgl. BM ² Nr. 1177b.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 446, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"
    III. Generation
    10

    LOTHARS Geburtsjahr ist durch das Epitaph (his tricenos ... attigitz ... annos, nicht etwa allgemein "sexagenarius") gesichert. Die Hochzeit mit Ermengard (über die Familie ihres Vaters, das Haus der ETICHONEN, vgl. F. Vollmer, in Tellenbach; Stud. 137-184) ist nicht genau auf 821 X 15 datiert (so Brandenburg); sie fand vielmehr auf einem Hoftag in Diedenhofen statt, die seinerseits von den Reichsannalen medio mense im Oktober 821 datiert wird.
    Brandenburg erwähnt die Freilassungsurkunde LOTHARS I. für seine Konkubine Doda (851 IV 19, D 113 der Ausgabe von Th. Schieffer, MGH., BM² 1144) und eine weitere Urkunde (BM² 1172, ed. Schieffer nr. 138). In ihr trittDoda, die Mutter von LOTHARS unehelichem Sohn Karlmann, 855 VII 9 als Intervenientin auf, lebte also noch kurz vor dem Eintritt LOTHARS ins Kloster in der Nähe des Kaisers, der sie femina nostra nennt! Das wird bei Brandenburg nicht deutlich, da er versehentlich als Terminus post von Dodas Tod "852 9. VII." statt 855 druckt. Auch fehlt auf der Tafel die zweite Konkubine LOTHARS, die er sich ebenfalls aus der Krondomäne nahm (Ann. Bert. 853, ed. Grat 67).
    Der Beschluß über die Reichsordnung in Aachen (Ordinatio imperii) 817 ernannte LOTHAR I. zum Nachfolger und Mitkaiser und sicherte ihm nach LUDWIGS Tode die Oberherrschaft über seine Brüder. 823 wurde LOTHAR, zum Regenten von Italien bestellt, zum Kaiser gekrönt. Nach der Absetzung LUDWIGS DES FROMMEN 833 auf dem Lügenfeld bei Kolmar übernahm LOTHAR die Regierung. 834 empörten sich seine Brüder Pippin und Ludwig der Deutsche und LOTHAR mußte sich unterwerfen. Sein Vater wurde wieder als Kaiser anerkannt; LOTHARS Gebiet blieb auf Italien beschränkt. Nach LUDWIGS Tode (+ 20.6. 840) stellten sich KARL und Ludwig der Deutsche gegen LOTHAR I., der entsprechend der Ordinatio imperii die volle Kaisergewalt forderte. Am 25.6.841 wurde LOTHAR durch seine Brüder in der Schlacht bei Fontenoy (südwestlich von Auxerre) entscheidend besiegt. Im Vertrag von Verdun (August 843) erhielt LOTHAR Italien und den langgestreckten mittleren Teil des Reiches, der sich über Burgund und Lothringen bis nach Friesland erstreckte. Auf die Oberhoheit über seine Brüder mußte er verzichten, sie regierten mit ihm gleichberechtigt. Zwölf Jahre lang verwaltete LOTHAR diesen langgestreckten Staat, der im Norden von den Wikingern und im Süden von den Arabern bedroht wurde. Danach dankte der Monarch, der von den ununterbrochenen Kämpfen erschöpft war, zugunsten seines Sohnes LUDWIG II. ab und zog sich ins Kloster Prüm im Rheinland zurück, wo er bald darauf starb.

    Schieffer Rudolf:, "Die Karolinger"

    Auf der Aachener Reichsversammlung (Juli 817) wurde LOTHAR I. von seinem Vater die Kaiserwürde zugesprochen und nach Akklamation durch die Großen wiederum ohne geistliche Vermittlung von ihm zum Kaiser gekrönt. Ganz im Sinne der allseits beschworenen Hausordnung wurde dem Junior-Kaiser LOTHAR ein Jahr nach seiner Heirat Italien als Bereich eigener Zuständigkeit zugewiesen, wo er ab 822 die Sonderherrschaft Pippins und Bernhards fortführen konnte und bei seiner alsbald einsetzenden gesetzgeberischen Tätigkeit von Wala beraten wurde. Zu Ostern 823 nahm er eine Einladung nach Rom an und ließ sich von Papst Paschalis I. durch feierliche Salbung und Krönung in seiner Anwartschaft auf das Haupterbe des Vaters bestätigen, womit erstmals seit 800 wieder Rom und das Kaisertum in unmittelbare Verbindung traten. Von den daraus resultierenden Vorrechten gedachte LOTHAR entschiedeneren Gebrauch zu machen als die früheren karolingischen Unterkönige, die sich gegenüber der Ewigen Stadt zurückgehalten hatten. Er hielt dort Gericht ab, verwarf päpstliche Hoheitsansprüche auf die kaiserliche Abtei Farfa, rief aber auch Gegenkräfte auf den Plan, die zwei hochgestellte frankenfreundliche Römer umbrachten. Der ins Zwielicht geratene Papst blieb trotz einer Gesandtschaft, die er zur Entschuldigung an Kaiser LUDWIG schickte, und trotz eines Reinigungseides in Bedrängnis und wurde nach seinem Tod 824 auf Walas Betreiben durch den loyaleren Eugen II. ersetzt, der sich beeilte, den Kaisern sogleich Wahl und Weihe anzuzeigen und seine Treue zu versichern. LOTHAR erschien darauf abermals in Rom und verfügte nicht mehr wie der Vater 816/17 in einem Privileg für die Kirche des heiligen Petrus, sondern in einseitiger Anordnung, der sogenannten Constitutio Romana, eine neue Umschreibung der Rechtslage. Ende 825 kehrte LOTHAR aus Italien zurück, um künftig als formell gleichberechtigter Mitkaiser an den Regierungsgeschäften beteiligt und in allen Herrscherurkunden genannt zu werden. Er hatte die Patenschaft für seinen Halbbruder KARL übernommen und dessen Mutter eine nicht weiter konkretisierte Zusage für ein künftiges Erbteil KARLS gemacht. Bei der 826 in Mainz erfolgten Taufe des Dänen-Königs Harald trat LOTHAR I. als Pate für dessen Sohn auf.
    Als LUDWIG DER FROMME auf der Reichsversammlung von Worms (August 829) seinem Sohn KARL einen neugeschaffenen Machtbereich übergab, fühlte sich LOTHAR, der seine Aussicht auf künftige Gesamtherrschaft schwinden sah, und mit ihm seine adelige Klientel, die an seinem Aufstieg gehofft hatte Anteil zu haben, aber auch die jüngeren Brüder Pippin und Ludwig, die weitere Schritte zugunsten des kleinen KARL befürchten mußten, und schließlich die kirchliche Reformpartei, die eben erst weitreichende Konzepte zur inhaltlichen Ausfüllung des Reichseinheitsideals vorgetragen hatte, brüskiert. Der Bruch wurde offenkundig, als LOTHAR, der am 11.9.829 die letzte gemeinsame Urkunde mit dem Vater ausstellte, im Herbst ins Teilreich Italien abgeordnet und auch Wala vom Hof in sein Kloster Corbie verwiesen wurde. Er wurde 830 von seinen Anhängern über die Alpen gerufen, die die Kaiserin Judith und ihren Günstling Bernhard von Barcelona bereits entmachtet hatten. LOTHAR, der sich durch das Vorpreschen anderer herausgefordert sah zu tun, was noch kein KAROLINGER vor ihm gewagt hatte, nämlich als ehelich geborener und unbestritten erbberechtigter Sohn in offenen Gegensatz zu seinem (bislang) regierenden Vater zu treten, entschied sich nach seiner Ankunft auf einer Reichsversammlung in Compiegne im Mai 830 gegen die Forderung der radikaleren seiner Anhänger, LUDWIG DEN FROMMEN völlig zu entthronen, und zog es in Gegenwart seiner Brüder Pippin und Ludwig vor, allein auf der Rücknahme der Verfügungen aus dem Vorjahr zu bestehen, also wieder zum Doppelkaisertum zurückzukehren. Dabei war nun freilich er der eigentliche Gebieter, hielt den Vater und den kleinen Stiefbruder unter steter Aufsicht und ging auch weiter strafend gegen Parteigänger der verstoßenen Kaiserin vor. Da LOTHAR in dieser entscheidenden Stunde weder Entschlußkraft noch Augenmaß bewies, gewann der alte Kaiser, der Pippin und Ludwig durch die Aussicht auf größere Erbteile auf seine Seite gezogen hatte, auf der nächsten Reichsversammlung im Oktober in Nimwegen die Oberhand, nötigte seinem kaiserlichen Sohn kampflos einen neuen Treueid ab, schloß ihn erneut von der Teilhabe an der Gesamtherrschaft aus und schob ihn nach Italien ab. Als Verlierer des Jahres 830 wurde LOTHAR schon in Aachen dauerhaft auf Italien beschränkt. Da Pippinund Ludwig ihren Unmut über die Bevorzugung KARLS nicht verbargen, näherte sich der Kaiserhof dem ältesten Kaisersohn. Der Junior-Kaiser wurde schon im Mai 831 in Ingelheim wieder ehrenvoll empfangen und konnte die Begnadigung etlicher seiner Anhänger aus dem Vorjahr (darunter Hilduin, jedoch nicht Wala) erleben, zog sich dann aber doch nach Italien zurück. LOTHAR mobilisierte in Italien ein Heer und gewann Papst Gregor IV. dafür, sich ihm "zur Wiederherstellung von Frieden und Eintracht" anzuschließen. Gemeinsam mit seinen Brüdern Ludwig und Pippin zog er gegen den Vater und Ende Juni 833 standen sich die Heere auf dem Rotfeld zu Colmar tagelang gegenüber, bis dem alten Kaiser das Heer auseinanderlief und er sich ergeben mußte. Die Sieger konnten die ihnen zugefallene Macht nicht anders sichern als dadurch, dass sie ihn in dauernder Haft hielten, was in LOTHARS Verantwortung gegeben wurde, und so war er es, der den Vater zunächst ins Kloster Saint-Medard in Soissons verbrachte, während der 10-jährige KARL in die Eifelabtei Prüm kam und seine Mutter Judithgar nach Tortona in Italien verbannt wurde. Auch bei der politische Neuordnung des Reiches fiel das erste Wort LOTHAR, dem Kaiser, zu, der in seinen Urkunden sogleich den vollen Imperator-Titel LUDWIGS übernahm. Doch falls er (wie anscheinend der Papst und andere seiner geistlichen Parteigänger) geglaubt haben sollte, nach der Ausschaltung LUDWIGS, Judiths und KARLS zur Machtverteilung der Ordinatio imperii von 817 übergehen zu können, so zeigte sich rasch, dass die am Erfolg beteiligten Brüder eine derartige Rückstufung nicht mehr hinzunehmen bereit waren. Der Sturz LUDWIGS DES FROMMEN hatte mit innerer Logik die erste effektive Teilung des KARLS-Reiches zur Folge. LOTHAR, stark beraten von Agobard und Ebo, nutzte hingegen eine große Reichsversammlung im Oktober in Compiegne, um auch noch eine kirchliche Sanktionierung des Thronwechsels herbeizuführen, indem sie den alten Kaiser zu einer öffentlichen Buße zwangen.
    Und wieder wendete sich das Blatt, wozu offenbar gerade die erbarmungslose Härte wesentlich beitrug, mit der LOTHAR den gefangenen Vater von Ort zu Ort mitzuschleppen schien. Der jüngere Bruder Ludwig forderte schon um die Jahreswende 833/34 eine würdigere Behandlung des alten Kaisers. Die moralische Hypothek, die auf ihm lastete, hinderte LOTHAR auch diesmal daran, seiner Herrschaft den notwendigen breiten Rückhalt bei den Großen zu verschaffen, und als er dann auch noch Pippins Mißtrauen durch Anstalten weckte, seinen Machtbereich auf dessen Kosten auszuweiten, war erneut die Konstellation beisammen, die LOTHAR 830 zu Fall gebracht hatte. Während er Ende Februar in Paris Hof hielt, rückten Pippinvon W und Ludwig von Osten mit ihren Heeren gegen ihn vor, doch keine Hand rührte sich zu seiner Verteidigung, so dass ihm nichts übrig blieb, als mit seinen Getreuen den eiligen Durchbruch nach S zu wagen und den Vater samt dem Stiefbruder in Saint-Denis zurückzulassen. Dort wurde LUDWIG am 1.3.834 feierlich wieder in die Kirche aufgenommen, mit Waffen und Krone geschmückt, als Kaiser anerkannt. Dennoch war LOTHAR nicht bereit (und vielleicht vor seinen Anhängern auch nicht imstande), sich ohne Gegenwehr geschlagen zu geben, so dass nun noch offene Kämpfe ausbrachen. Unweit der bretonischen Grenze siegten in blutigem Gefecht LOTHARS Parteigänger. LOTHAR selber erstürmte beim Vorrücken aus dem Rhonegebiet die Stadt Chalons, was mit manchen, in den Quellen ihm angelasteten Greueltaten verbunden war, schritt dann aber nicht zum Äußersten, als er etwa im September bei Blois der überlegenen Heeresmacht seines Vaters und der Brüder gegenüberstand. Er unterwarf sich und rettete damit immerhin seine Herrschaft über Italien, freilich nur unter der eidlichen Zusage, das Land nicht mehr eigenmächtig zu verlassen; dorthin wurde auch den wichtigsten seiner geistlichen und weltlichen Parteigänger, also Wala von Corbie, Agobard und mindestens fünf weiteren Bischöfen sowie den Grafen Hugo, Matfrid, Lambert und ihrem Anhang, freier Abzug gestattet. Nachdem LOTHAR 836 eine Versöhnung mit dem Vater, der 837 sogar einen Romzug ankündigte, abgelehnt hatte, kam es nach dem Tode seines Bruders Pippin (13.12.838) zu einer Einigung und LOTHAR erhielt bei der auf einer Reichsversammlung in Worms (Ende Mai 839) vorgenommenen Teilung die östliche Hälfte des entlang von Maas, Saone, Rhone und W-Alpen geteilten Frankenreiches.
    Nach dem Tode seines Vaters hat er sich dafür entschieden, auf seine vollen Kaiserrechte aus der Ordinatio von 817 zu pochen, und zog, den Sohn LUDWIG II. in Italien zurücklassend, rasch über die Alpen, um die Nachfolge des Vaters als Gebieter über das gesamte Imperium anzutreten. In der Francia strömten ihm sogleich zahlreiche Große zu, nicht nur Anhänger aus den früheren Aufständen, sondern auch aus der Umgebung des alten Kaisers mit dem Erzkapellan und KARLS-Sohn Drogo von Metz an der Spitze, der LUDWIGS Krone, Schwert und Szepter überbrachte. Auf einer Synode in Ingelheim wurde Ebo von Reims, der fünf Jahre zuvor seinen Eifer für LOTHAR mit der Absetzung hatte büßen müssen, in aller Form als Erzbischof restituiert. Doch der anfängliche Beifall war trügerisch: Womit LOTHAR, der Kaiser und nunmehrige Senior des Hauses, gewiß dem Beispiel seiner großen Vorfahren zu folgen meinte, das war für andere wie den (illegitimen) KARLS-Enkel Nithard, der als Chronist dieser Jahre aus der Sicht des jungen KARL schrieb, nichts als eine "Invasion" des Reiches, ein anmaßender Übergriff also auf die gleichen Rechte der Brüder. Ludwig und KARL, von nicht wenigen ihrer Vasallen im Stich gelassen, waren fürs erste in der schwächeren Position, was LOTHAR in die Lage versetzte, im Herbst 840 zunächst den einen in der Gegend von Mainz in Schach zu halten und dann den anderen unweit von Orleans zu beschwichtigen. Indes lag beider Stärke darin, dass sie zu diesem Zeitpunkt nur Teile der Macht erstrebten, sich also trotz aller früheren Gegensätze nun verbünden konnten, um den kaiserlichen Bruder von Osten wie von Westen her in die Zange zu nehmen. LOTHARS Gegenzug, mit dem aquitanischen Pippin als dem Feind KARLS gemeinsame Sache zu machen, relativierte hingegen in gewissem Sinne bereits den eigenen umfassenden Anspruch. Jedenfalls gelang es dem Kaiser im Frühjahr 841 nicht, KARL am Überschreiten der Seine, Ludwig am Überqueren des Rheins und damit beide an der Vereinigung ihrer Heere im nördlichen Burgund zu hindern, wo ihnen die Aufgebote LOTHARS und Pippins am 25.6.841 bei Fontenoy im Auxerrois zur entscheidenden Schlacht entgegentraten. Es wurde ein schlimmes Gemetzel, dem zum Erschrecken der Zeitgenossen so viele aus der fränkischen Führungsschicht zum Opfer fielen, dass der Chronist Regino von Prüm nach Jahrzehnten rückblickend von diesem Tage die äußere Schwäche des spät-karolingischen Reiches herleitete. Ludwig und KARL behielten schließlich die Oberhand und schlugen LOTHAR und Pippin in die Flucht.
    Das Teilungsrecht hatte sich durch diesen Ausgang des Ringens nicht nur politisch, sondern offenbar auch moralisch dem Einheitsanspruch überlegen gezeigt, denn nach Gottes Willen schien es den Sieg davongetragen zu haben. Gleichwohl gab sich der nach Aachen geflohene LOTHAR keineswegs geschlagen und suchte wenigstens indirekt wieder Boden zu gewinnen, indem er bedenkenlos gegen Ludwig einen unter dem Namen "Stellinga" bekannt gewordenen Aufstand in Sachsen schürte und normannische Anführer, die sich an der friesischen Küste festgesetzt hatten, durch Belehnung mit der Insel Walcheren an sich band. Damit richtete er jedoch wenig aus, denn das Gesetz des Handels lag seit Fontenoy bei den jüngeren Brüdern, die sich Anfang 842 in Straßburg erneut trafen und vor ihren dort versammelten Heeren am 14.2., zum gegenseitigen Verständnis in Althochdeutsch (das heißt Fränkisch) und in Altfranzösisch (das heißt Romanisch), die berühmten, von Nithard im Wortlaut überlieferten Eide unverbrüchlicher Bündnistreue leisteten. Als sie es bald darauf gemeinsam schafften, den Kaiser auch aus Aachen zu verdrängen, und gar Anstalten machten, das Frankenreich nördlich der Alpen allein unter sich aufzuteilen (entlang der Maas), sah sich LOTHAR zu schnellem Einlenken gezwungen, was ihm inzwischen auch von seinen Großen angeraten wurde. Er mußte Pippin von Aquitanien fallen lassen und erreichte eine erste Begegnung zu dritt, bei der ihm im Juni 842 auf einer Saone-Insel bei Macon ein Waffenstillstand und die gleichberechtigte Berücksichtigung bei der künftigen Machtverteilung zugestanden wurden. Zur Regelung der Einzelheiten setzte man eine Kommission aus je 40 Bevollmächtigten jeder Seite ein, die - ausgehend von der feststehenden Hoheit LOTHARS, Ludwigs und KARLS über die Randländer Italien, Bayern und Aquitanien - die Grenzziehung in den fränkischen Kernbereichen auszuhandeln hatten. Als Grundlage wurde anscheinend ein Inventar der Fiskalgüter, Pfalzen und sonstigen Einnahmequellen erstellt, was erkennen läßt, dass es vornehmlich darauf ankam, jedem der drei Brüder eine die Hofhaltung sichernde Versorgung und darüber hinaus die Möglichkeit zu geben, seine Anhänger aus anderen Teilreichen im eigenen Herrschaftsgebiet angemessen zu entschädigen. Die schwierigen, von viel Mißtrauen gehemmten Verhandlungen, in die wiederholt auch die Könige selbst eingriffen, zogen sich über mehr als Jahresfrist hin, bis im August 843 in Verdun die Einigung verkündet und beschworen werden konnte: KARL sollte alles Land westlich einer Linie gehören, die etwa den Flüssen Schelde, Maas, Saone und Rhone folgte, und Ludwig östlich von Rhein und Aare bis zu den Alpen herrschen, jedoch auch linksrheinisch über Mainz, Worms und Speyer mit ihrem Umland. Dazwischen entstand ein Mittelreich für LOTHAR, den Kaiser, mit Aachen und Rom als Schwerpunkten, das über Italien hinaus von der Provence bis Friesland reichte.
    LOTHAR I., der beim Griff nach der Suprematie über das Reichsganze zum dritten Mal gescheitert war, suchte zunächst wenigstens auf kirchlicher Ebene der drohenden Auflösung zu begegnen. Beim neuen Papst Sergius II. (844-847) erreichte er Mitte 844 die Einsetzung seines Erzkapellans Drogo von Metz, der als Sohn KARLS DES GROSSEN eine spezifische Autorität genoß, zum apostolischen Vikar für "Gallien und Germanien", also grenzüberschreitend für das ganze Frankenreich nördlich der Alpen. Auch wenn LOTHAR dieses Instrument indirekter Einflußnahme nie recht in den Griff bekam, fand er sich damit ab und sah seine kaiserliche Rolle fortan darin, aus der räumlichen Mittellage um Aachen heraus betont für den Zusammenhalt von Reich und Dynastie einzutreten. Er traf sich trotz gelegentlicher Differenzen in Einzelfragen immer wieder mit seinem Bruder im W wie mit dem im O und trat zweimal als Gastgeber der "Frankentage" auf, zu denen sich im Februar 847 und im Sommer 851 jeweils in der Pfalz Meersen (bei Maastricht) alle drei KAROLINGER in demonstrativer Gemeinsamkeit einfanden. Ihre wohltönenden Verlautbarungen sind gewiß ergiebig für die zunehmende Resonanz des monarchischem Amtsgedankens der Kirche, verdeckten aber nur schlecht die Tatsache, dass die Brüder kaum zu koordinierter Aktion oder gar gegenseitiger Unterstützung fanden.
    LOTHAR I. war schon in seiner Bedrängnis nach Fontenoy, wie erwähnt, bereit gewesen, dänische Eindringlinge an der Rheinmündung förmlich zu belehnen in der Hoffnung, sich ihre Schlagkraft zunutze machen zu können, doch erwiesen sie sich kaum als lenkbar, weshalb er einige Zeit später ihrem Anführer Rorik, einem Bruder des früheren Königs Harald, die Lehen wieder entzogen zu haben scheint. LOTHAR fand jahrelang kein Gegenmittel gegen die ständigen Däneneinfälle und wußte sich 850 schließlich nicht anders zu helfen als dem zurückgekehrten Rorik, dessen Neffen Gottfried und ihren Mannen mehrere friesische Grafschaften zu überantworten, um sie von ihnen gegen weitere Angriffe schützen zu lassen.
    Der Kaiser, der die Teilungsordnung nach 843 nicht länger in Frage stellte und wiederholt als Förderer des brüderlichen Einvernehmens auftrat, behandelte sein Mittelreich von vornherein nicht als Einheit, sondern überließ das italienische Regnum dem ältesten Sohn LUDWIG II. und regierte persönlich nur den Raum nördlich der Alpen. Dort war seine Autorität allenfalls an den Rändern angefochten, nämlich in Friesland, wo er dem Eindringen der Normannen nur halbherzig entgegentrat, sowie in der Provence, wo er 845 einen autonomistischen Aufstand niederzuschlagen hatte. Ganz überwiegend hielt sich LOTAHR in Aachen oder doch im karolingischen Kernraum zwischen Rhein und Maas auf, wohl bewußt an den Stil des kaiserlichen Vaters und Großvaters anknüpfend, mit dem KARLS-Sohn Drogo von Metz (+ 855) als Erzkapellan an seiner Seite und einem Kanzleivorsteher namens Hilduin, der mit dem väterlichen Erzkapellan (bis 831) entweder identisch oder nahe verwandt war. Zum Hof gehörte auch der heranwachsende zweite Sohn Lothar II., neben den um 845 ein Nachkömmling mit Namen Karl, zugleich ein weiterer Erbanwärter, trat. Nach dem Tod der Kaiserin Irmingard (851) legalisierte LOTHAR sein Verhältnis zu der "Magd"Doda, die ihm noch einen, früh verstorbenen Sohn schenkte. Von den fünf bekannten Töchtern des Kaisers verbanden sich mehrere mit fränkischen Grafen in Ehen von politischer Bedeutung, so Rotrud als Gattin des an der Bretonengrenze mächtigen, 852 als Gegner KARLS DES KAHLEN getöteten Lambert II. von Nantes und eine ihrer Schwestern, die sich 846 vom maasländischen Grafen Giselbert ins W-Frankenreich entführen ließ und zur Stammutter eines führenden "lotharingischen" Adelsgeschlechts werden sollte.
    Der 60-jährige Kaiser erkrankte zu Anfang des Jahres schwer, überwies seinem Sohn Lothardie Hoheit über Friesland und teilte schließlich, als er im September den Tod vor Augen hatte, in völliger Abkehr von den einst verfochtenen universalen Zielen das ihm zugefallene Mittelreich unter den drei Söhnen auf. Für LUDWIG II., den Kaiser, blieb es bei Italien; Karl, der jüngste, erhielt ein Regnum in den Rhonelanden mit dem Schwerpunkt in der Provence, während Lothar II. die nördlichen Gebiete von den W-Alpen bis zur Nordsee empfing. Sich selbst ließ der alte Kaiser in das Kloster Prüm aufnehmen, wo er nach wenigen Tagen als Mönch am 29.9.855 starb. Sein Vermächtnis war nicht unumstritten, denn Kaiser LUDWIG II. erstrebte einen Gebietsanteil jenseits der Alpen, und auch Lothar II. wollte dem minderjährigen, an Epilepsie leidenden Bruder Karl kein gesondertes Teilreich einräumen.

    Mühlbacher Engelbert: Seite 233, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

    Erkrankung und Tod Kaiser LOTHARS

    LOTHAR war ein kranker Mann geworden. Noch wenige Jahre vorher hatte er, auch derarten Sinnlichkeit seines Geschlechtes huldigend, nach überschüssigem Lebensgenuß verlangt. Nach dem Tod seiner Gemahlin Irmingard (851) hatte er, schon sich greisem Alter nähernd, aus seinen Hörigen sich zwei Kebsweiber genommen; die eine, Doda, welche ihm noch einen Sohn gebar, hatte er feierlich nach salischem Gesetz durch Ausschlagen eines Denars auf der flachen Hand freigelassen, ihr den Hof, auf dem ihr Vater diente, zu eigen geschenkt und, kaum einen Monat nach dem Hinscheiden seiner Gattin, Freilassung und Schenkung urkundlich verbrieft. Um so weniger fühlte er das Bedürfnis, für sein Reich etwas zu tun. Durch die Sonderabmachung seiner beiden Brüder, denen seine Krankheit "Gelegenheit gegeben hatte, sich wieder zu einigen", sah LOTHAR sich bedroht. Er erhob bei KARL dagegen Beschwerde. Dieser Protest wurde dadurch gegenstandslos, daß LOTHAR sich nochmal erholte. Aber bald ergriff ihn wieder die tückische Krankheit. Sie verschlimmerte sich. Er verzweifelte an seiner Rettung und bestellte sein Haus. Mit Zustimmung der Großen teilte er sein Reich unter seine Söhne: der älteste, LUDWIG, erhielt Italien, der jüngste, Karl, die Provence und den südlichen Teil von Burgund, der mittlere, Lothar, zu Friesland, das ihm schon kurz vorher überwiesen worden war, die zumeist deutschen Lande von der Nordsee bis zur Rhone mit der Residenz Aachen. Hinkmar von Reims mahnte den Schwerkranken, auf das Heil seiner Seele bedacht zu sein. Die Todesfurcht rüttelt sein Gewissen, sie hält ihm vor, wie er sich gegen den Vater vergangen, wie er in freventlichem Eigennutz den Bruderkrieg heraufbeschworen, an dem so viel Blut und Unheil klebte. In der Angst vor der Verantwortung und Strafe im Jenseits sucht er im Geiste jener Zeit noch seine Schuld zu sühnen. Er entsagt der Krone und läßt sich im Kloster Prüm, das er reich beschenkt, zum Mönch scheren. Schon nach sechs Tagen, am 20. September 855, starb er. Die Leiche wurde in der Kirche von Prüm inmitten des Chors zwischen den Reliquien zweier Heiliger, die er einst aus Rom dahin gebracht hatte, bestattet. Der Tod des Kaisers in der Mönchskutte übte auf die Einbildungskarft des Volkes eine starke Wirkung; man erzählte sich, daß die Engel des Lichtes und die Geister der Finsternis gar heftig ums eine Seele kämpften, daß aber durch die Fürbitte der Prümer Mönche die Engel den Sieg errangen. Als im vorigen Jahrhundert die verfallende alte Kirche neu gebaut wurde, verschwand auch das einfache Grabmal aus schwarzem Marmor; die Gebeine wurden mit jenen der beiden Heiligen in einen Schrein gelegt (1721) und dieser auf dem Hochaltar aufgestellt. Sie gerieten in Vergessenheit und blieben verschollen, bis man 1860 den seither zurückgestellten Schrein wieder öffnete.

    821 oo Irmingard, Tochter Hugos von Tours und der Ava -20.3.851

    Kinder:
    - LUDWIG II. König von Italien 825-12.8.875
    - Helletrud (Hiltrud) 826- 856/66
    oo Berengar Graf - 865/66
    - Bertha Äbtissin von Avenay 830-7.5.852
    - Tochter (Ermengard) 830-
    846 oo Giselbert Graf im Maasgau - 916
    - Gisla Äbtissin von S. Salvatore zu Brescia (851-860) 830- 860
    - Lothar II. 835-8.8.869
    - Rotrud
    oo Lambert II. Graf von Nantes - 852
    - Karl König von Provence 845-24.1.863

    Illegitim
    - Karlmann von Doda
    -
    Literatur:
    Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 189,370 K 36 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 15,24,39 - Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 118,141,227 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 11,69,108,144 - Black-Veldtrup, Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 1995 Seite 291,292 - Borgolte, Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 47,52,62, 100,107,167,179 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 112, 113,124,213,219,221,225,254 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 326,328-331,352,355 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 112, 214,223,274 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 8-10,12,13 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 9,17 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. 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Die Lebensgeschichten sämtlicher Monarchen von Karl dem Großen bis Wilhelm II., Weltbild Verlag Augsburg, Seite 16-33 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 47,239-242 - Kimpen Emil: Zur Königsgenealogie der Karolinger- bis Stauferzeit. - Lebe Reinhard: Ein Königreich als Mitgift. Heiratspolitik in der Geschichte. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1998, Seite 35,37 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963, Seite 21,142,144,154,160,204,209 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 179, 181-184,186-208,212,216,222-225, 371,387,394,399 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 114,117,120-122,124-126,128-134,136, 139-153,162,165,194,198,224 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 44,50-61,63,65 - Schneidmüller Bernd/ Weinfurter Stefan: Otto III. Heinrich II. Eine Wende? Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 11A,37,274,277A - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 46,48, 50-55,57,62,95 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 23,24,26 Anm. 102 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 349,425f.,428-433,436,439, 476,480,485 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989, Seite 23,25,27 -

    Wikipedia Lothar I. (Frankenreich)
    Heiliger[1] Lothar I. (* 795; † 29. September 855 in der Abtei Prüm, Prüm) war von 814 bis 817 König von Bayern, von 817/823 bis 855 römischer Kaiser (bis 840 als Mitkaiser), von 822 bis 855 (Unter-)König von Italien (König der Langobarden) und von 843 bis 855 König des fränkischen Lotharii Regnum („Mittelreich“).

    Lothar war der älteste Sohn Ludwigs des Frommen und dessen Ehefrau Irmingard. Er gehörte somit zum Adelsgeschlecht der Karolinger. Seit August 814 regierte er Bayern und im Juli 817 wurde er bei der Teilung des Reichs durch Ludwig den Frommen Mitkaiser[2]. Mitte Oktober 821 vermählte er sich in Diedenhofen mit Irmingard von Tours, Tochter des Grafen Hugo von Tours. 822 erhielt er auch Italien und ein Jahr später, zu Ostern am 5. April 823, von Papst Paschalis I. die Kaiserkrone.[3]
    Im November 824 erließ er die Konstitution Lothars, welche die Rechte des Kaisers und des Papstes in Rom und im Kirchenstaat festsetzte. Als aber Ludwig der Fromme dem von seiner zweiten Gemahlin Judith geborenen Sohn Karl dem Kahlen im August 829 auf dem Reichstag zu Worms Alemannien zubestimmte, empörten sich die drei Söhne aus erster Ehe gegen den Vater und setzten ihn 830 ab. 831 wurde Ludwig jedoch wieder befreit und Lothar verlor die Regentschaft.
    Bei einer neuen Empörung 833 standen sich die Parteien Ende Juni auf dem Rotfeld bei Colmar gegenüber, bis Ludwig alle Unterstützung verloren hatte und am 30. Juni gezwungen war, sich zu ergeben und faktisch abzudanken. Es folgte ein öffentliches Schuldbekenntnis und die Verbannung Judiths und deren Sohnes Karl in ein Kloster. Das Colmarer Rotfeld wurde aufgrund der geschlossenen und gebrochenen Eide bald nur noch als „Lügenfeld“ bezeichnet.
    Lothar wähnte nun seine Herrschaft über das Gesamtreich gesichert, doch nun verbündeten sich seine Brüder mit ihrem abgesetzten Vater Ludwig und holten diesen auf den Thron zurück. Ludwig der Fromme wurde am 1. März 834 in Saint-Denis wieder eingesetzt; Lothar, der nach Burgund geflohen war, musste sich im Juni 834 in Blois unterwerfen; er behielt lediglich Italien als Unterkönigreich, welches er ohne Zustimmung Ludwigs nicht mehr verlassen durfte.
    Bei der neuen Teilung des Reichs nach Pippins Tod wurde Lothar wieder zu Gnaden angenommen und bekam außer Italien Austrasien ohne Bayern (Juni 839). Nach des Vaters Tod (Juni 840) beanspruchte Lothar die volle Anerkennung als Kaiser. Allein Ludwig und Karl schlugen ihn bei Fontenoy in Burgund am 25. Juni 841. Im Vertrag von Verdun vom 10. August 843 behielt Lothar außer der Kaiserwürde und Italien Burgund und die Länder zwischen Rhein, Maas und Schelde bis an die Nordsee mit den beiden Hauptstädten Rom und Aachen, das sogenannte „Mittelreich“.
    Während Lothar zur Festigung seiner Macht in Aachen blieb, verwüsteten die Araber 848 seine italienischen Provinzen, plünderten die Normannen die Küsten der Nordsee. Der hohe Klerus errang eine selbstständige Stellung und die großen Vasallen übten nach Lothars Vorbild Willkür und Gewaltherrschaft.
    Bereits schwer erkrankt, teilte Lothar I. am 19. September 855 in der Teilung von Prüm sein Reich unter seine Söhne:
    Ludwig II. († 875) erhielt die Kaiserwürde und Italien
    Karl von der Provence († 863) erhielt die Provence und den zum Mittelreich gehörenden, größeren Teil Burgunds (der kleinere Teil, die heutzutage „Burgund“ („Bourgogne“) genannte Region im Zentrum des heutigen Frankreichs, war bereits seit 843 Teil des Westfrankenreiches)
    Lothar II. († 869) erhielt den nach ihm benannten Nordteil des Reiches (Lotharingien)
    Nach der Abdankung zog er sich in die Abtei Prüm in der Eifel zurück, wo er wenige Tage später, am 29. September 855, verstarb und auch bestattet wurde.



    Begraben:
    Kloster

    Lothar heiratete von Tours, Irmingard in 821. Irmingard (Tochter von von Tours, Hugo und Ava) wurde geboren um 805; gestorben am 20 Mrz 851. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 72. von Italien, Ludwig II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 825; gestorben am 12 Aug 875 in Brescia [25100],Brescia,Lombardia,Italien; wurde beigesetzt in Mailand [20100],Lombardia,Italien.
    2. 73. von Franken, Helletrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 826; gestorben in 856/866.
    3. 74. von Franken, Bertha  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 830; gestorben am 7 Mai 852.
    4. 75. von Franken, (Tochter)  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 830.
    5. 76. von Franken, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 830; gestorben in 860.
    6. 77. von Lothringen, Lothar II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 835; gestorben am 8 Aug 869 in Piacenza,Piacenza,Emilia-Romagna,Italien; wurde beigesetzt in Piacenza,Piacenza,Emilia-Romagna,Italien.
    7. 78. von Franken, Rotrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 835/837.
    8. 79. von Franken, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 840/845; gestorben am 24 Jan 863 in Lyon [69001],Métropole de Lyon,Rhône-Alpes,Frankreich.

    Familie/Ehepartner: Doda. Doda gestorben nach 855. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 80. von Franken, Karlmann  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 853.

  11. 56.  von Aquitanien, Pippin I. Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 797; gestorben am 13 Dez 838; wurde beigesetzt in Poitiers [86000],Vienne,Poitou-Charentes,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 817-838, Aquitanien,Frankreich; König von Aquitanien

    Notizen:

    Pippin I. König von Aquitanien (817-838)
    797-13.12.838
    Begraben: Ste-Croix/Poitiers
    2. Sohn des Kaiser LUDWIG I. DER FROMME aus seiner 2. Ehe mit der Irmingard

    Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 2170

    Pippin I., König von Aquitanien 814-838 + Dezember 838 Begraben: Ste-Croix/Poitiers
    oo 822 Ingeltrud/Ringart (NIBELUNGIN)

    Pippin I., schon 814 vom Vater, Kaiser LUDWIG DEM FROMMEN, zum Unterkönig in Aquitanien eingesetzt, behielt dieses regnum (mit drei burgundischen Grafschaften in der Ordinatio imperii von 817, wurde aber mit Ludwig II., dem älteren Bruder,Kaiser LOTHAR I., untergeordnet. Seit 819 begegnet Pippin I. bei militärischen Grenzsicherungsmaßnahmen gegen die Waskonen, im Gefolge des Vaters auch gegen die Bretonen. In Ansätzen sind Bemühungen um die Förderung der Kirchenreform und ein literariisches Patronat zu erkennen; Jonas von Orleans widmete Pippin I. den Fürstenspiegel "De institutione regia". LUDWIGS DES FROMMEN Versuche zur Ausstattung seines aus 2. Ehe geborenen Sohns KARL auf Kosten der älteren Brüder stürzten das Reich seit 829 in schwere Krisen und führet zu wechselnden Koalitionen zwischen Vater und Söhnen. 832 setzte LUDWIG Pippin ab und wies Aquitanien KARL zu. Pippin I. entzog sich der Deportation nach Trier durch Flucht und besiegte den Vater im Bund mit deen älteren Brüdern 833. Doch der Zwist um die Herrschaftsanteile sprengte diese Koalition bald und führte zur Aussöhnung Pippins und Ludwigs II. mit dem Vater. Damit sicherte Pippin seine um die Grafschaft Anjou vermehrte aquitanische Herrschaft, konnte aber weitergehende Hoffnungen nicht verwirklichen, als LUDWIGDER FROMME 838 KARL mit Neustrien ausstattete. Die Basis der Macht fand Pippin, wie spätzer sein Sohn Pippin II., vor allem im Land östliche der Garonne und um Toulouse, weniger im Norden Aquitaniens oder in Burgund. Obwohl ihm Teile des aquitanischen Adels mit entsprechendem Eigenbewußtsein stützten und er sich in seinen Urkunden 'rex Aquitanorum', nannte, kam kaum von einem aquitanischen 'Nationalkönigtum' gesprochen werden, da sich Pippins Politik in den fränkischen Bahnen karolingischer Nachfolgeregelung bewegte.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 446 "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 11
    Pippins Geburtsdatum (Brandenburg "etwa 803") ist dem LOTHARS I. näherzurücken als dem des jüngeren Bruders Ludwig, denn Pippin erhielt schon 814 mit LOTHAR ein Unterkönigtum, während für Ludwig diese Verleihung erst 817 ins Auge gefaßt und erst 825 rechtskräftig wurde. Zum Unterkönigtum in Aquitanien Eiten 96ff. und L. Levillain, Recueil des actes des rois d'Aquitaine, Paris 1926, Einleitung.
    Brandenburg nennt die Tochter des Grafen Tetbert von Madrie (Gebiet an der Eure unterhalb von Chartres), deren Ehe zu 822 von den Reichsannalen ohne Nennung ihres Namens gemeldet wird, Ingeltrud. Er folgt dabei der allgemeinen Tradition und speziell Levillain, Receuil a.a.O., nr. 25. Nun ist die dort wiedergegebene, auch schon früher angezweifelte Urkunde Pippins I. von 836 III 12 von Levillain als Fälschung erwiesen worden. Das hinderte den Herausgeber nicht, die im Diplom vorkommenden Namen als echten Kern zu betrachten und in seinen eigenen genealogischen Studien zu verwerten. Auf diese "Urkunde" gehen schon zahlreiche Versuche älterer Genealogen zurück, über Tetbergs angeblichen Sohn und "Ingeltruds" angeblichen Bruder Roobert eine Brücke von den ROBERTINERN zu den KAROLINGERN zu schlagen. In Wahrheit sind diese Angaben wertlos (der Name Ingeltrud begegnet bei der Mutter der Königin Irmentrud, Gattin des Grafen Odo von Orleans, der ebenfalls in den Bemühungen der Genealogen des 17. und 18. Jahrhunderts um die Ahnen der KAPETINGER eine große Rolle spielt). Es gibt nur ein authentisches Zeugnis über den Namen der aquitanischen Königin, ein Gedicht, das Ermoldus Nigellus an Pippin I. selbst richtete und in dem er ihm den Wunsch zuruft: Sit tua vita diu pulchra cum coniuge Ringart. Allerdings steht der Name so, außer in der einzigen Hanschrift, British Museum Harley 3685, fol. 33 (Hs. des 15. Jahrhunderts) nur in der Ausgabe von Edmond Faral, Ermold le Noir. Poeme sur Louis le Pieux et epitres au roi Pepin, Paris 1932 (Class. le l'hist. de France au moyen age) 232, Vers 207. Pertz hatte nämlich an der Form Ringart Anstoß genommen und "Irmgart" emendiert. Dem hat sich Dümmler angeschlossen, so daß man in dessen Ausgabe MG Poet. lat. 2,91 im Vers 207 liest: .. pulchra cum coniuge Irmgart, und dazu in Anmerkung den Hinweis auf ein "Diploma" Pippins (eben jene erwähnte Fälschung), in der sich der Name Ingeltruda finde. Es gibt jedoch nicht den geringsten Anlaß, den von einem Zeitgenossen und Vertrauten Pippins I. überlieferten Namen Ringart zu verwerfen, ganz abgeshen von der Beobachtung Farals 233, Anm. 2, daß die Form "Irmgart" nach coniuge einen Hiastus voraussetzt. In Nekrologen der Salzburger Kirchenprovinz begegnen in Einträgen des 8. und 9. Jahrhunderts die Namensformen Hrindrud, Hrincrim abbas, Hrin-golf (MG Necr. 2, 1904, vgl. etwa col. 95, Zeile 30 und im Register 705, Spalte 1). Aber auch der Name Ringart selbst kommt in einem Reichenauer Eintrag vor, MG Libr. Confr. 2, Kolumne II, 564, Zeile 11). Pippins I. Gattin hieß weder Ingeltrud noch Ermengard/Irmgard, sondern Hringart.

    817 erhielt Pippin von seinem Vater Aquitanien. Als dieser 830 dem nachgeborenen KARL DEM KAHLEN einen Reichsteil zu sichern versuchte, empörte sich Pippin mit seinen Brüdern gegen den Vater. Als LUDWIG I. 833 Pippin Aquitanien entzog und es KARL DEM KAHLEN verlieh, setzten die Brüder ihren Vater ab (Lügenfeld zu Kolmar). Da sie die Übermacht ihres Bruders LOTHARS I. fürchteten, erzwangen Pippin und Ludwig der Deutsche die Wiedereinsetzung ihres Vaters.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Nach der auf der Aachener Reichsversammlung beschlossenen Ordinatio imperii sollte Pippin unter der Hoheit seines Bruders LOTHAR auch über den Tod des Vaters hinaus nicht mehr als das unwesentlich erweiterte Aquitanien innehaben. Im Jahre 822 führte Pippin Ringart, deren Vater eine neustrische Grafschaft innehatte, heim.
    Im Jahre 830 ließ er sich durch das Versprechen eines größeren Erbteils von seinem Vater auf dessen Seite ziehen, der dadurch seine Herrschaft wiederherstellen konnte. Obwohl Pippins Reich Aquitanien nach N bis zur Somme erweitert worden war, errschien er im Herbst 831 nicht zu einem Hoftag und war bei einem Weihnachtsbesuch in Aachen eigenmächtig abgereits. Nach der Unterwerfung seines Bruders Ludwig, der sich gegen seinen Vater erhoben hatte, wurde Pippin deshalb im Oktober 832 in der Nähe von Limoges zur Ergebung gezwungen und mit Absetzung und Verbannung nach Trier bestraft. Bereits auf dem Transport konnte der enterbte Pippin entweichen und Verbindung mit LOTHAR aufnehmen, der in Italien ein Heer gegen seinen Vater sammelte. Mit Hilfe des Papstes erzwangen die Brüder auf dem "Lügenfeld" zu Colmar die Absetzung des Kaisers. Pippin wechselte gemeinsam mit seinem Bruder Ludwig erneut die Front und verhalf dem Vater erneut zur Herrschaft.

    822 oo Ingeltrud, Tochter des Grafen Theudbert von Madrie (Ringart nach R. Schieffer)

    Kinder:
    - Pippin II. 823 - 865
    - Karl Erzbischof von Mainz (856-863) - 863
    - Tochter oo Gerhard Graf von Poitou - wohl 863

    Literatur:
    Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 166,207 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 225 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 326,328,329 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 11,12 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 19,26,45,55,58,60,63,68,71,82,93, 95,118,120,122,125,128 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 59 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 10,50 - Kalckhoff Andreas: Karl der Große. Profile eines Herrschers. R. Piper GmbH & Co. KG, München 1987, Seite 239-240,242 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 179,181-189,192, 196-199 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 114,117,120,123,126,128-133, 136,139,145 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 44,52, 53,54,55,56,57 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 46,48,51-54,57,61,63,95 -

    Neue Deutsche Biographie - Pippin I.

    Pippin I.
    karolingischer König von Aquitanien (seit 814), * circa 797 wohl in Aquitanien, † 13.12.838 wohl in Aquitanien, ⚰ Poitiers, Sainte-Croix.

    P. wuchs in Aquitanien auf, wo sein Vater bis 814 Unterkönig war, und folgte ihm nach dessen Aufstieg zur Gesamtherrschaft als Zweitgeborener in derselben Funktion nach, anscheinend sogleich auch mit dem Königstitel. Sicher als rex bezeugt wird er durch die „Ordinatio Imperii“ von 817, mit der Ludwig d. Fromme seinem zum Kaiser erhobenen ältesten Sohn Lothar I. dauerhaft den Vorrang sichern und P. wie auch Ludwig d. Deutschen auf nachgeordnete Herrschaften außerhalb der Francia beschränken wollte. P.s Bereich wurde dabei um drei burgund. Grafschaften vermehrt, um den größeren Teil Septimaniens jedoch verringert. Seit 819 trat er in Grenzkämpfen gegen die Waskonen, im Gefolge des Vaters auch gegen die Bretonen hervor. Die Überlieferung eigener Urkunden setzt 821 ein, doch behielten Diplome des Vaters für aquitan. Empfänger noch bis etwa 825 das Übergewicht und entfielen erst seit 833 ganz. Auch der Aufbau eines gesonderten Hofes mit Erzkapellan und Pfalzgraf, der nach P.s Heirat sichtbar wird, war personell stark von Ludwig geprägt und unterstreicht eine fortwährende Abhängigkeit. Literarisch faßbare Gestalten in P.s Umgebung waren der Kleriker Ermoldus Nigellus, der um 826 zwei Briefelegien an ihn richtete, und Bf. Jonas von Orléans († 843), der ihm 831 seinen Fürstenspiegel „De institutione regia“ widmete.

    Wachsende Spannungen mit dem Vater ergaben sich aus dessen Bestrebungen, den 823 geborenen Sohn aus zweiter Ehe, Karl, nachträglich mit einem Erbteil zu Lasten der älteren Brüder auszustatten. Bei einer ersten Erhebung im Sommer 830 trat P. zunächst ebenso wie sein Bruder Ludwig d. Deutsche Ks. Lothar zur Seite, doch ließen sich beide rasch zum Einlenken bewegen, als der Vater ihnen größere Anteile in Aussicht stellte und damit die Ordinatio von 817 aufgab. Über die Abgrenzung kam es schon bald zu neuem Zwist und zu einem Feldzug des alten Kaisers gegen P., der sich im Oktober 832 bei Limoges ergeben mußte, enterbt und nach Trier verbannt wurde, damit Aquitanien Karl zugesprochen werden konnte. Daß P. auf dem Weg ins Exil zu fliehen und eine neue Koalition der drei älteren Brüder zustande zu bringen|vermochte, löste die zweite, größere Erhebung des Jahres 833 aus, die in einer förmlichen Absetzung Ks. Ludwigs gipfelte. Wiederum blieben die Sieger nicht lange einig: Verstimmt über Lothars Ansprüche, verhalf P. (gemeinsam mit Ludwig d. Deutschen) Anfang 834 dem Vater zur Rückkehr auf den Thron und empfing dafür erneut sein Kgr. Aquitanien, um Anjou vermehrt, zu nunmehr praktisch autonomer Herrschaft. Distanziert verfolgte er die weiteren Schritte des Vaters zur Ausstattung Karls, die zu akuten Konflikten mit Lothar und Ludwig d. Deutschen führten. Unmittelbar herausgefordert wurde P. erst 838 durch die Zuweisung Neustriens an den Halbbruder, doch kam sein Tod einer weiteren Auseinandersetzung zuvor. Die Widerstände gegen die anschließende Etablierung Karls als Kg. von Aquitanien (gegen P.s gleichnamigen Sohn) machen deutlich, daß es ihm in über 20 Jahren gelungen war, nicht unerheblichen Rückhalt bei den einheimischen Großen zu finden.

    Begraben:
    Ste-Croix

    Pippin heiratete von Madrie, Ingeltrud in 822. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 81. von Aquitanien, Pippin II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 823 in Aquitanien,Frankreich; gestorben in 865 in Senlis [60300],Oise, Picardie,Frankreich.
    2. 82. von Aquitanien, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 830; gestorben am 4 Jun 863; wurde beigesetzt in Mainz [55127],Mainz,Rheinland-Pfalz,Deutschland.
    3. 83. von Aquitanien, N  Graphische Anzeige der Nachkommen

  12. 57.  von Franken, Rotrud Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 800.

    Notizen:

    Rotrud Gräfin von Limoges
    800-
    Tochter des Kaisers LUDWIG I. DER FROMME aus seiner 2. Ehe mit der Irmingard, Tochter von Graf Ingram

    Werner Karl Ferdinand: Seite 447, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 12
    Rotrud ist als ältere Schwester der mehrfach belegten Hildegard aus der Ehe LUDWIGS mit Ermengard in Witgers Genealogia Arnulfi, MG SS 9,303 sicher bezeugt: Rotrudim et Hildegardim ex Yrmingardi regina. Die Annahme von Brandenburg (Anm. zu III,11), es könne sich um eine Verwechslung mit der gleichnamigen Tochter KARLS DES KAHLEN handeln, entbehrt jeder Grundlage. In den beiden Schwestern dürfen wir die Frauen der aquitanischen Großen Gerhard und Rather sehen, vgl. unten IV,15. Eine von ihnen hatte von Gerhard den Ramnulf I. von Poitou zum Sohn.
    Vgl. auch die folgende Anmerkung.

    Schieffer Rudolf: Seite 114,120,224, "Die Karolinger"

    Am Aachener Hof, der jahrzehntelang ganz auf KARL DEN GROSSEN fixiert gewesen war, rückte nun LUDWIGS Familie in den Mittelpunkt, nämlich seine Gemahlin Irmingard, Tochter des Grafen Ingram (aus dem vornehmen Geschlecht Chrodegangs und Angilrams von Metz), mit der er seit 794 verheiratet war, samt ihren Söhnen LOTHAR(* 795), Pippin (* um 797) und Ludwig(* um 806) sowie den Töchtern Rotrud und Hildegard.
    Auch die kaiserlichen Prinzessinnen Rotrud und Hildegard wurden, anders als unter KARL, ins dynastische Geflecht einbezogen und mit den aquitanischen Grafen Rather von Limoges und Gerhard von Auvergne vermählt.
    Unter den eigentlichen karolingischen Tochterstämmen ragen in Frannkreich die aquitanischen Herzöge des Hauses POITOU (über LUDWIGS DES FROMMEN Töchter Rotrud oder Hildegard mit dem Sohn Ramnulf I.) hervor, die durch die Ehe Hugos Capet auch in den KAPETINGERN fortlebten.

    oo Rather Graf von Limoges - 25.6.841
    oder
    oo Gerhard Graf von Auvergne -25.6.841

    Literatur:
    Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 114,120,224 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 57,58 -


  13. 58.  von Franken, Hildegard Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 802; gestorben am 23 Aug 860.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Äbtissin von Notre-Dame in Laon

    Notizen:

    Hildegard Äbtissin von Notre-Dame in Laon
    802/04-23.8.860
    Tochter des Kaisers LUDWIG I. DER FROMME aus seiner 2. Ehe mit der Irmingard, Tochter von Graf Ingram

    Werner Karl Ferdinand: Seite 447, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 13
    Ende Oktober 841 (Lot-Halphen 45f.) überwältigt KARL DER KAHLE Laon, das unter Führung seiner Halbschwester Hildegard von ihm zu LOTHAR I. abgefallen war. Schon Meyer von Knonau, Nithard 102, Anm. 188, vermutetet Hildegard als Äbtissin von Notre-Dame et S.-Jean de Laon, der alten karolingischen Hausabtei (zu ihr A. Schulte, Der Adel und die deutsche Kirche im Mittelalter ²1922,196,429-31 und jetzt C. Brühl, Königspfalz und Bischofsstadt in fränkischer Zeit, Rhein. Vjbll. 23,1958,176-178). Zwar spricht Nithatrd III,4 im Bericht über diese Vorgänge weder von abbatissa noch von Deo sacrata, aber Hildegard brauchte als karolingische Prinzessin nicht Nonne gewesen zu sein, um Notre-Dame de Laon zu besitzen bzw. als Laienäbtissin zu leiten. War Hildegard Gattin eines der aquitanischen Großen, Gerhard und Rather (siehe vorige Anmerkung), dann war sie seit 25. Juni 841 (Schlacht bei Fontenoy, in der beide fielen, siehe unten IV,15) Witwe, hatte also Laon vielleicht erst wennige Monate vor ihrenm Abfall erhalten. War Hildegard nie vermählt, so wäre hier eine weitere Tochter Kaiser LUDWIGS, N, einzureihen (siehe unten IV,15). 841 mußte sich Hildegard KARL unterwerfen, der ihr gegen Gelöbnis künftiger Treue verzieh a ac quo voluit ... abire concessit, was bedeutet, daß er ihr den Krongutkomplex Laon wegnahm (in dessen Besitz wir spätestens 866 KARLS Gattin Ermentrud finden, vgl. Tessier nr. 291, wahrscheinlich aber schon viel früher; vgl. etwa zu 847 Wernerer, Unters. 156-158) und sie auf ihre sicher nicht unbeträchtlichen Besitzungen in W-Frankreich (Gelöbnis künftiger Treue!) verwies. Es wäre also durchaus möglich, daß sie identisch ist mit jener quaedam illustris (!)) femina, nomine Hildegardis, die 860 VIII 23 mit einem anderen KARLS-Enkel, dem Abt Ludwig von S.-Denis, Besitz im pagus Chambly (Raum Beauvais, Gebiet mit ausgedehntem karolingischem Hausbesitz) tauscht, was KARL bestätigt (Tessier nr. 219). Daß die Verwandtschaftsbezeichnung fehlt, besagt wenig: Die Kanzlei hat sie auch zu Abt Ludwig, dem Vetter KARLS, weggelassen.

    Schieffer Rudolf: Seite 114,120,224 "Die Karolinger"

    Am Aachener Hof, der jahrzehntelang ganz auf KARL DEN GROSSEN fixiert gewesen war, rückte nun LUDWIGS Familie in den Mittelpunkt, nämlich seine Gemahlin Irmingard, Tochter des Grafen Ingram (aus dem vornehmen Geschlecht Chrodegangs und Angilrams von Metz), mit der er seit 794 verheiratet war, samt ihren Söhnen LOTHAR (* 795), Pippin (* um 797) und Ludwig (* um 806) sowie den Töchtern Rotrud und Hildegard.
    Auch die kaiserlichen Prinzessinnen Rotrud und Hildegard wurden, anders als unter KARL, ins dynastische Geflecht einbezogen und mit den aquitanischen Grafen Rather von Limoges und Gerhard von Auvergne vermählt.
    Unter den eigentlichen karolingischen Tochterstämmen ragen in Frannkreich die aquitanischen Herzöge des Hauses POITOU (über LUDWIGS DES FROMMEN Töchter Rotrud oder Hildegard mit dem Sohn Ramnulf I.) hervor, die durch die Ehe Hugos Capet auch in den KAPETINGERN fortlebten.

    oo Rather Graf von Limoges - 25.6.841
    oder
    oo Gerhard Graf von Auvergne - 25.6.841

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 165 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 114,120,224 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58 -


  14. 59.  von Franken, Ludwig II.von Franken, Ludwig II. Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 805/806 in Aquitanien,Frankreich; gestorben am 28 Aug 876 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; wurde beigesetzt in Lorsch Kloster [64653],Bergstraße,Hessen,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 840-876, Ostfrankenreich; Ostfränkischer König

    Notizen:

    Ludwig der Deutsche mit Bischöfen, seine Söhne Karlmann, Ludwig der Jüngere und Karl der Dicke. Darstellung aus der Grandes Chroniques de France.

    3 sons of Louis the German



    Ludwig II. der Deutsche
    Ostfränkischer König (840-876)
    804-28.8.876 Frankfurt Begraben: Kloster Lorsch

    3. Sohn des Kaisers LUDWIG I. DER FROMME aus seiner 2. Ehe mit der Irmingard

    Lexikon de Mittelalters: Band V Spalte 2172

    Ludwig II. der Deutsche, ostfränkischer König
    * um 805, + 28. August 876 Frankfurt/Main Begraben: Kloster Lorsch
    3. Sohn Kaiser LUDWIGS DES FROMMEN

    Verbrachte seine Jugend am Hofe des Vaters. In der Ordinatio imperii wurde 817 dem noch Minderjährigen als Teilkönig Bayern zugesprochen, freilich unter der Oberhoheit des Vaters. Um auf diese Aufgabe vorbereitete zu werden, erhielt er 817/18 einen bayerischen paedagogus namens Egilolf. Nachdem er 824 an einem Bretonenfeldzug teilgenommen hatte, wurde er 826 nach Bayern entsandt. Kaum saß Ludwig der Deutsche in Regensburg, griffen 826/27 im O die Bulgaren Pannonien an, um hier eigene politische Strukturen aufzubauen. Hinter dem anfänglichen Schweigen über die Tätigkeit Ludwigs wird man wohl intensive, weitgehend konfliktlose Aufbauarbeit im bayerischen Raum und im Vorland der östlichen slavischen Herrschafstbildungen sehen dürfen. Besonders in den östlichen Grenzzonen scheint er sehr entschieden durchgegriffen zu haben. Nachdem KARL DER GROSSE und LUDWIG DER FROMME den bayerischen O durch kaiserliche Missi verwaltet hatten, setzte Ludwig II. der Deutsche rasch Grafen ein, die zunächst weitgehend aus Main- und Rheinfranken stammten, während der alemannische Einfluß im Verwaltungsbereich zurückging. Maßgebliche politische Amtsträger Ludwigs in Bayern war bis ca. 860 Graf Ernst. Ein wichtiges Aufbauelement im O waren für Ludwig den Deutschen die Kirchen (Bistümer und Abteien), die Grundherrschaften vor allem in der Donauzone, dem Aufmarschgebiet der Heere, erhielten. Auch die Slavenmissionierung durch bayerische Kirchen scheint Ludwig der Deutsche sehr geschickt delegiert zu haben.
    Die Vermählung Ludwigs mit Hemma, der jüngeren Schwester der zweiten Gemahlin seines Vaters, sollte auf das Sohn-Vater-Verhältnis offenbar stabilisierend wirken, war auch sicherlich als Bevorzugung gedacht. In der Tat nahm Ludwig der Deutsche an den Auseinandersetzungen seiner Brüder mit dem Vater wegen der Ausstattung KARLS DES KAHLEN mit einem westlichen Herrschaftsteil bis 831 kaum teil. Die neue Erbteilung LUDWIGS DES FROMMEN von 831 sah demnach für Ludwig den Deutschen in Umrissen bereits das spätere ostfränkische Reich als Herrschaftsraum vor. Als Ludwig aber 832 Schwaben besetzte und bis zum Rhein vordrang, mußte er sich bald dem Vater unterwerfen. Die Maßregelungen der Söhne führten zur Reichskrise von 833, dem Aufstand der drei ältesten Söhne gegen den Vater und zu dessen Sturz. Daraufhin vereinbarten die siegreichen Brüder eine Dreiteilung des Reiches; Ludwig der Deutsche erhielt zu Bayern, Schwaben, Elsaß, Rhein- und O-Franken und wohl auch Thüringen und Sachsen. Seither urkundete Ludwig der Deutsche als selbständiger rex ohne Bezugnahme auf den Kaiser. 834 trug Ludwig II. zur Restitution des inhaftierten Kaisers bei, doch kam es 838 zum erneuten Zerwürfnis, als LUDWIG DER FROMME seinem jüngsten Sohn KARL DEN KAHLEN seinen westlichen Herrschaftsbereich endgültig zuwies, dagegen Ludwig dem Deutschen alle außerbayeriaschen Regionen absprach.
    Obgleich anch dem Tode des Vaters (20. Juni 840) auch LOTHAR I., Nachfolger LUDWIGS DES FROMMEN, seinem Bruder Ludwig dem Deutschen nur Bayern zugestand, konnte sich dieser dennoch von O-Franken, Thüringen und Sachsen huldigen lassen. Er warf den von LOTHAR unterstützten sächsischen Stellinga-Bund nieder und verbündete sich mit KARL DEM KAHLEN. Nach dem gemeinsamen Sieg bei Fontenay (25. Juni 841) über LOTHAR bekräftigten beide ihren Bund durch die Straßburger Eide (14. Februar 842). Nachdem LOTHAR seine Pläne aufgegeben hatte, kam 843 der Vertrag von Verdun zustande, der Ludwig II. den Deutschen die fränkischen Geboiete östlich der Aare-Rhein-Linie (mit Ausnahme der Ausbuchtung am Mittelrhein und Frieslands) zusprach. Zwar wurde künftig in verschiedenen Treffen die brüderliche fraternitas beschworen und ein leidlicher Friede erhalten, doch blieben Mißtrauen und Spannungen. Seit dem Vertrag von Verdun konnte Ludwig der Deutsche die zugesprochenen Regionen zum O-Fränkischen Reich verbinden. Die W-Grenze dieses Reiches wurde 870 durch den Vertrag von Meerssen bis zur Maas-Mosel-Linie vorgeschoben. Im O bildeten Elbeaale, Bäöhmer. und Wienerwald, im S Kärnten und weitgehend der Alpenhauptkamm, im N die Elbmündung die Grenze der Francia orientalis Ludwigs. Ab 875 entbrannte ein neuer erbitterter Kampf zwischen Ludwig dem Deutschen und KARL DEM KAHLEN um das italienische Erbe LOTHARS bzw. LUDWIGS II., der beim Tode Ludwigs des Deutschen noch nicht entschieden war.
    Ludwig II. der Deutsche hat zunächst in Bayern, dann im ganzen O-Frankenreich stabilisierend gewirkt - nicht zuletzt auch durch seine lange Regierungszeit. Hier blieb - im Gegensatz zum W-Frankenreich - die ältere karolingische Struktur auch mit Hilfe der Reichskirche weitgehend erhalten. Königsgericht, Hofkapelle, Kanzlei und Kirchenregiment hat der erste ostfränkische König in seinem Teilreich tatkräftig zuur Geltung gebracht. Schon früh wurden Bischof Baturich von Regensburg (+ 848) sein Erzkappelan, Abt Grimoald von Weißenburg Kanzler, seit 840/54 Abt Ratleik von Seligenstadt, als Grimoald oberster Hofkappelan geworden war. Wichtige ihm nahestehende Geistliche erhob zu Bischöfen: 842 Abt Gozbald von Niederaltaich zum Bischof von Würzburg, 855 den Bayern Arn zu dessen Nachfolger, 847 den gelehrten Fuldaer Abt Hrabanus Maurus zum Erzbischof von Mainz.
    Die Adelsherrschaft verstärkte sich zwar in seinem O-Reich, besonders in Sachsen und in den bayerischen Marken, blieb jedoch in die Königsherrschaft eingebunden. Konflikte mit dem Markgrafen im bayerischen O, zunächst im Rahmen des Reichseinheitsproblems entstanden, standen aber später vorwiegedn im Zusammenhang mit den Herausforderungen des Großmährischen Reiches. 846 übertrug Ludwig der Deutsche dem Mährer Rastislav die Herrschaft, der sich aber zum erbitterten Gegner Ludwigs des Deutschen entwickelte und eine eigene unabhängige mährische Kirche zu errichten suchte, sich dabei an Rom und Bytzanz wandte. Durch den kirchlichen Gegensatz verschärfte sich der politische Konflikt. Innermährische Auseinandersetzungen mit Rastislavs Neffen Svatopluk besserten besserten nur zwischenzeitlich die Situation. Um die eigenen Wege der östlichen Markgrafen zu bremsen, setzte Ludwig der Deutsche 856 seinen Sohn Karlmann in der bayerischen Ostmark ein, der aber ebenfalls 862 gegen den Vater rebellierte. Bei allen Schwieirgkeiten und Rückschlägen in den gefährdeten Kontaktzonen mit den Slaven hat Ludwig der Deutsche doch insgesamt eine zielstrebige Politik durchgesetzt. Ludwig II. der Deutsche hat neben Frankfurt vor allem Regensburg zur zentralen Pfalz ausgebaut, die beide politische und kulturelle Zentren seiner Herrschaft wurden.

    Literatur:
    NDB XV, 318-323 - Dümmler ²I, II - P. Kehr, Die Kanzlei L.s d. D., 1932 - J. Fleckenstein, Die Hofkapelle der dt. Kg.e, I, 1959 - M. Mitterauer, Karol. Mgf.en im SO, 1963 (AÖG 123) - K. Reindel, Bayern im Karolingerreich (Karl d. Große, I, 1965) 220-246 - W. Schlesinger, Die Auflösung des Karlsreiches, ebd., 820-858 - G. Eiten, Das Unterkgtm. im Reiche der Merovinger und Karolinger, 1970 - W. Eggert, Das ostfrk.-dt. Reich in der Auffassung seiner Zeitgenossen, 1973 - K. Brunner, Oppositionelle Gruppen im Karolingerreich, 1979, 141-148 -

    Althoff Gerd: Seite 369, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    K 32 Me: 28.8. Ludouuichus imp(erator) + 876 Ludwig der Deutsche

    (Es.) Der Titel ist falsch, da Ludwig der Deutsche nie Kaiser war. Die Identifizierung ist jedoch trotzdem eindeutig. Die KAROLINGER-Könige im Merseburger Necrolog wurden beim Beginn des ottonischen Gedenkens aus älteren Vorlagen ünernommen; siehe dazu wie bei K 22
    Vgl. allgemein Biographisches Wörterbuch 2, Spalte 1711ff; FW K 16.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 447, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 14
    Zu Ludwigs Unterkönigtum in Baiern Eiten 114f. Der Prinz hat schon vor seinem eigentlichen Herrschaftsantritt in Baiern geweilt, vgl. das Gedicht, das Eb Adalramn von Salzburg an ihn richtete (MG Poet. lat. 2,647; Accipe, summe puer, parvum, Hludowici, libellum) und das Auftreten eines paedagogus Ludwigs in bairischen Urkunden.

    Rappmann Roland/Zettler Alfons: Seite 432, "Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter"

    LUDWIG DER DEUTSCHE
    + 28.8.876
    Necr. B 28.8. "Ludouuicus rex", König des Ostfränkischen Reiches 833-876

    Literatur:
    ADB 19 Seite 417ff.; Dümmler, Geschichte des Ostfränkischen Reiches; BM² 1338b-1519b; Werner, Nachkommen Seite 447 Nr. 14 und Tafel III/14; Die Klostergemeinschaft von Fulda 2,1 Seite 314 K 16; Biographisches Wörterbuch 2 Spalte 1712f.; Althoff, Adels- und Königsfamilien K 32. Zum Todestag: Dümmler, ebd. 2 Seite 412 Anmerkung 1; BM² 1519 b.

    Der Sohn Kaiser LUDWIGS DES FROMMEN war mit der WELFIN Hemma vermählt; diese wiederum war die Schwester seiner Stiefmutter Judith. Obwohl Aufenthalte Ludwigs auf der Reichanua nicht bekannt sind, scheint die Insel unter ihm noch engere Kontakte zum Königshof gehabt zu haben. Beispielsweise reiste Abt Walahfrid im Sommer 849 im Auftrag des Königs als Vermittler in den Bruderkriegen zu KARL DEM KAHLEN, dessen Erzieher er gewesen war; zur Reise siehe Dümmler I Seite 347 und Beyerle, Von der Gr+ündung Seite 106 sowie oben Seite 297. Außerdem stieg im Jahre 870 der ehemalige Reichenauer Mönch Erzbischof Liutbert von Mainz zum Erzkappelan Ludwigs auf; vgl. Fleckenstein, Die Hofkapelle 1 Seite 176 und oben Seite 404.
    Im übrigen hat sich erstaunlicherweise nur eine einzige Urkunde des Königs für das Kloster erhalten: D LdD 81; vgl. dazu BM² 1424, Brandi, Urkundenfälschungen Seite 4 Nr. 20 bzw. Seite 115 Nrn. 20-22 ud Beyerle, Von der Gründung Seite 110. Auch Ludwig der Deutsche wird im Reichenauer Verbrüderungsbuch p. 98 A1 unter den Mitgliedern der Königsfamilie genannt. Zu zwei weiteren Nennungen in den Gedenkbüchern von St. Gallen und Pfäfers vgl. Schmid, Zur historischen Bestimmung Seite 504ff.

    Das Leben Ludwigs des Deutschen war wie das seiner Brüder durch die heikle Erbfolgefrage bestimmt. 826 wurde Ludwig als Unterkönig in Bayern und den östlichen Gebieten eingesetzt und baute hier seine Position beträchtlich aus. Als 829 LUDWIG I. die "Ordinatio imperii" umstieß, empörten sich seine drei ältesten Söhne und zwangen ihn auf dem "Lügenfeld" zu Kolmar zur Abdankung. Da Ludwig undPippin I. die Übermacht ihres Bruders LOTHAR I. fürchteten, erzwangen sie 834 die Wiedereinsetzung ihres Vaters. Bei der Reichsteilung 839 erhielt Ludwig nur Bayern, empörte sich und wurde unterworfen. Nach dem Tode ihres Vaters empörten sich Ludwig undKARLgegen den die volle Kaisergewalt fordernden LOTHAR I. In der Schlacht bei Fontenay (südwestlich von Auxerre) besiegten am 25.6.841 Ludwig und KARL das Heer ihres Bruders entscheidend. Im Vertrag von Verdun (August 843) erhielt Ludwig II. die ostrheinischen Gebiete außer Friesland, dazu die Bistümer Mainz, Speyer und Worms. 844 zerschlug Ludwig den Stammesverband der Obotriten und teilte das Land unter die Stammesfürsten auf. 846 gelang es Ludwig, an Stelle des heidnischen Fürsten Mojmir, der das mährische Reich bis in die Slowakei ausdehnte, den christlichen Dynasten Rastislaw einzusetzen. 856 und 858 wurde Ludwig von unzufriedenen Großen des W-Fränkischen Reiches ins Land gerufen. Er besiegte am 12.11.858 bei Brienne das Heer seines Bruders, mußte aber in der Folgezeit die Flucht ergreifen. Im Vertrag von Meersen (8.-9.8.870) erzwang Ludwig II. nach dem Tode seines Neffen Lothars II. die Teilung Lothringens, das KARL DER KAHLE besetzt hielt. Ludwig erhielt den östlichen Teil Lothringens mit Aachen, Köln, Trier, Metz und einen Teil Frieslands. Im Frieden von Forchheim (874) mußte Ludwig dem Herrscher des Großmährischen Reiches, Svatopluk, eine selbständige Politik zugestehen. Gegen die Besetzung Italiens und die Kaiserkrönung KARLS DES KAHLENnach dem Tode LUDWIGS II. konnte Ludwig der Deutsche nur protestieren.

    Hartmann Wilfried: Seite 60-70, „Ludwig der Deutsche (840-876)“ in Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern, Hg. Karl Rudolf Schnith

    Merkwürdigerweise hat jener König, in dessen Regierungszeit die vielleicht entscheidende Weichenstellung hin zum späteren Deutschen Reich des Mittelalters fällt, noch nie eine monographische Darstellung erhalten, und auch seiner Persönlichkeit gewidmete Aufsätze sind nur sehr selten. Dieser Tatbestand steht im Kontrast zu des fast hymnischen Beurteilung Ludwigs des Deutschen in der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts. Auch die Historiographen des 9. Jahrhunderts haben Ludwig den Deutschen - anders als seinen Vater und Großvater - nicht mit einer Vita bedacht; einzig Regino von Prüm hat in seiner Chronik ein knappes Porträt geliefert. Während seiner langen Regierungszeit - von seiner Königserhebung 826 bis zu seinem Tod sind es genau 50 Jahre - vollzogen sich entscheidende Veränderungen in der politischen und gesellschaftlichen Struktur des Frankenreichs. Für das historische Urteil über Ludwig ist es entscheidend, wie man seinen Beitrag zu diesen Veränderungen bewertet. Ludwigs Ausgangslage war nicht günstig, denn er hatte von seinem Vater nur das periphere Bayern als Unterkönigreich erhalten, weil er der jüngste Sohn aus der ersten Ehe LUDWIGS DES FROMMEN war. Das Wirken in diesem Gebiet hatte jedoch den Vorzug, dass Ludwig hier eine eigenständige Politik betreiben konnte, die bei entsprechendem Erfolg durchaus nicht ohne Aussichten war: Nach O und SO besaß das Frankenreich hier eine offene Grenze; hier bestand die Möglichkeit weiterer Expansion des Reiches mit dem Vorteil, die Gefolgsleute mit Land und Beute zu belohnen; eine Möglichkeit, die LOTHAR und Pippin, die an den Grenzen ihrer Gebiete mit den gefährlichen Normannen und Sarazenen zu tun hatten, nicht in demselben Ausmaß besaßen.
    Während der ersten neun Jahre seiner Regierung in Bayern dürfte Ludwig noch keine selbständige Politik betrieben haben. Erst als er mit 20 Jahren (826) zum König erhoben wurde und durch seine Heirat mit der WELFIN Hemma zu einem wichtigen Adelsgeschlecht in engere Beziehungen trat, wurde er aktiver. Seine Ehe brachte ihn auch im Personengeflecht des Kaiserhofes in eine Schlüsselposition, denn Hemmawar die Schwester der Kaiserin Judith. Ludwig hat sich in der Zeit des ersten Aufstands gegen seinen Vater (830) sehr zurückgehalten, und auch nach der Absetzung LUDWIGS DES FROMMEN (833) hat er sich bald wireder auf dessen Seite gestellt. Erst als 839 mit einer neuen Reichsteilung dem jüngeren Stiefbruder und Neffen KARL DEM KAHLEN ein weit in ostfränkisches Gebiet hineinreichendes Teilreich zugesichert wurde, das die Reichsteilung von 831 zuungunsten von Ludwig korrigierte, griff er zu den Waffen. Die Folge war, dass Ludwig alle Gebiete außer Bayern abgesprochen wurden und der alte Kaiser den Plan faßte, sein Reich nur zwischen LOTHAR und KARL DEM KAHLEN aufzuteilen.
    Nach dem Tode LUDWIGS DES FROMMEN kam es dann wegen der ungeschickten Politik LOTHARS zu einem Bündnis zwischen Ludwig und KARL DEM KAHLEN (Frühjahr 841), nachdem Ludwig schon im Herbst 840 in O-Franken, Alemannien, Sachsen und Thüringen als König anerkannt worden war. LOTHAR hatte seinerseits versucht, im Reich seines Bruders Ludwig Fuß zu fassen, indem er sich mit den sächsischen Freien und Halbfreien verband, die unter dem Namen der "Stellinge" gegen den Adel kämpften. Obwohl LOTHAR mit diesem Bündnis in die Tradition seines Vaters und Großvaters eintrat, die ebenfalls die armen Freien unterstützt hatten, brachten ihm diese Koalition keinen Vorteil; vielmehr erhielt Ludwig der Deutsche noch zusätzliche Hilfe vom sächsischen Adel, der die Revolte der Stellinge niederschlagen konnte.
    Am 25.6.841 besiegten Ludwig und KARLdas Heer LOTHARS bei Fontenoy in der Nähe von Auxerre; alle Quellen heben hervor, dass diese Schlacht sehr viele Opfer gefördert hätte; ungefähr 50 Jahre später schreibt Regino von Prüm, die schweren Verluste dieser Schlacht hätten die Verteidigungsfähigkeit des Reichs auf Dauer beeinträchtigt, denn von da an seien die Franken nicht mehr imstande gewesen, offensiv gegen äußere Gegner vorzugehen.
    Vor einem neuen Waffengang bekräftigten Ludwig und KARL ihr Bündnis vor den Kriegern, indem jeder der beiden Herrscher den Bund in der Sprache des Heeres seines Bruders beschwor (Straßburger Eide); der Wortlaut dieser Texte in romanischer und althochdeutscher Sprache ist beim Historiker Nithard überliefert.
    Zu weiteren Kämpfen zwischen den Brüdern kam es aber nicht mehr; seit Juni 842 erarbeitete vielmehr eine Kommission einen Teilungsplan für das Reich, der im August 843 in Verdun gebilligt wurde (Vertrag von Verdun). Ludwig erhielt jetzt Bayern, Schwaben, Franken, Thüringen und Sachsen, wobei die Rheingrenze im Bereich von Mainz, Worms und Speyer zugunsten Ludwigs und am Niederrhein zugunsten LOTHARS überschritten wurde; Ludwig sollte einen Anteil am karolingischen Haus- und Reichsgut im Mittelrheingebiet erhalten, das nicht nur wegen des dort wachsenden Weins begehrt war, sondern das Ludwig mit den nötigen Machtmitteln für sein Königtum ausstatten sollte. Der Vertrag von Verdun beabsichtigte noch keine endgültige Aufteilung des fränkischen Reiches; dass er eine solche einleitete, konnte man 843 noch nicht absehen. Für den größeren Teil des Reiches war eine gemeinsame Herrschaft vorgesehen; zu diesem Zweck wurden mehrere Treffen der Brüder durchgeführt. Alle drei Brüder kamen 844 in Diedenhofen und 847 und 851 in Meersen zusammen; bis 850 gab es mehrere Zweiertreffen zwischen LOTHAR I. und Ludwig; danach fanden sich LOTHAR und KARL DER KAHLE zusammen. Wenn auch diese Zusammenkünfte nur selten zu einem Miteinander führten (das 847 geplante gemeinsame Unternehmen gegen den Dänen-König Horic kam nicht zustande), so gab es doch keine bewaffneten Auseinandersetzungen mehr. Das änderte sich aber, als LOTHAR I. 855 sein Amt niederlegte und wenig später im Kloster Prüm in der Eifel starb.
    Obwohl das Kaisertum seit 850 auf LOTHARS Sohn LUDWIG II. übergegangen war, fühlte sich Ludwig der Deutsche anscheinend nach 855 als Senior des karolingischen Hauses und versuchte seinen Halbbruder KARL auszumanövrieren. Bereits 854 hatte es Kontakte zwischen Ludwig dem Deutschen und der Opposition gegen KARL DEN KAHLEN gegeben. Ludwig hatte damals auf Bitten einer aquitanischen Adelsgruppe seinen Sohn Ludwig (den Jüngeren) in den SW von KARLS Reich geschickt. Erfolge konnten die O-Franken aber nicht erringen, denn die Aquitanier wandten sich Pippin II., dem Sohn des 838 verstorbenen Pippin von Aquitanien, zu, der aus der Klosterhaft hatte entkommen können. Ludwig der Deutsche suchte den Kontakt zu PippinsSöhnen und erhob 856 den Bruder Pippins II., Karl, zum Erzbischof von Mainz und damit zum Leiter der ostfränkischen Kirche.
    Vielleicht war es Karl von Mainz, der Ludwig den Rat gab, der Einladung einer westfränkischen Adelsgruppe nachzukommen und im August 858 ins Reich KARLS DES KAHLEN einzufallen. Am Ende dieses Jahres erschien Ludwig als Sieger; er stellte im Dezember 858 Urkunden aus, in denen er das erste Jahr seiner Herrschaft im W-Reich zählte. Es kam aber anders, und Ludwig mußte im Januar 959 den Rückzug antreten, denn die Bischöfe des W-Frankenreichs hielten unter Führung Hinkmars von Reims zu dem bereits besiegten und verdrängten KARL.
    Vielleicht haben diese bösen Erfahrungen mit seinem Bruder KARL DEN KAHLEN zehn Jahre später veranlaßt, nach dem Tod des Neffen Lothar II., der ohne legitime Erben gestorben war, seinerseits im Alleingang zu versuchen, einen wesentlichen Teil des Erbes LOTHARS I. zu gewinnen und sich in Metz zum König von Lotharingien krönen zu lassen (869)
    Auch als es darum ging, das italeinische Reich und die Kaiserkrone als Erbe LUDWIGS II. zu sichern (+ August 875), war KARL DER KAHLE schneller als sein ostfränkischer Bruder: am 25.12.875 wurde er - und nicht der älteste Sohn Ludwigs des Deutschen, Karlmann - zum Kaiser gekrönt. Aus dem Erbe LOTHARS I. konnte Ludwig für sich und seine Söhne immerhin die Hälfte des Reiches Lothars II. gewinnen (Vertrag von Meersen 870).
    Wenn auch Ludwig der Deutsche darin gescheitert ist, eine Art Oberherrschaft im Frankenreich zu erringen, so hat doch beachtliche Erfolge im N und O seines Teilreichs erzielt. Im Jahr 845 führten die dänischen Normannen Kriegszüge gegen die Elbmündung und gegen das Seinegebiet durch. Die Hammaburg, der noch recht bescheidene Stützpunkt der fränkischen Händler und der Kirche an der Grenze zu den Abodriten, wurde von den Normannen eingeäschert. Weil aber normannische Krieger eine Seuche in ihre Heimat einschleppten, die sie von einem Zug vor Paris mitgebracht hatten, konnte Ludwigs Abgesandter, Graf Cobbo, von den geschwächten Normannen erreichen, dass die christlichen Gefangenen freigelassen wurden und dass die Dänen für ihren Kriegszug eine Entschädigung zahlten. Im Herbst 845 erschienen normannische Gesandte in Paderborn; sie waren zu einem Friedensschluß bereit. Dieser Friede bewahrte das O-Fränkische Reich für viele Jahrzehnte vor weiteren Normannenzügen. Sie konzentrierten sich in der Folgezeit vor allem auf die Küsten des W-Frankenreichs, wo es allerdings auch mehr zu holen gab: vor allem goldene Gefäße aus den Kirchen und Klöstern sowie Tribute, zu deren Zahlung KARL DER KAHLE sich bereitfand.
    Im SO des Reiches hatten sich während der innerfränkischen Kämpfe von 830 bis 845 wichtige Veränderungen vollzogen: Die Mährer hatten dort ein Reich errichtet, mit dem Ludwig der Deutsche und seine Söhne bis zum Ende des Jahrhunderts zu tun haben sollten. 846 unternahm Ludwig einen ersten Kriegszug gegen die Mährer; ein neuer Feldzug fast zehn Jahre später (855) hätte beinahe mit einer Katastrophe geendet; nur mit knapper Not konnte der König sein Leben retten. Sein Sohn Karlmann versuchte aus diesen Fehlschlägen die Konsequenzen zu ziehen und erreichte 858 ein Einvernehmen mit den Mährern. Es waren wohl die bayerischen Adeligen, die Ludwig den Deutschen bestimmten, erneut die Unterwerfung des Mährischen Reichs zu versuchen. Ein Feldzug im Jahr 864 brachte zwar keinen großen Sieg, aber doch den Erfolg, dass die Mährer die fränkische Oberhoheit anerkennen und zur Bekräftigung ihres Treueids Geiseln stellen mußten.
    Der Mährer-Fürst Rastislaw betrieb aber weiterhin eine selbständige Politik, indem er die Missionsinteressen der Bistümer Passau und Salzburg ignorierte und eine päpstliche Genehmigung für die Missionstätigkeit der aus dem Oströmischen Reich stammenden Missionare Konstantin-Kyrill und Methodius erlangte. Gegen diese Unabhängigkeitsbestrebungen richtete sich ein neur Angriff der Franken, der diesmal von Ludwigs Söhnen Karlmann und KARL geleitet wurde (869). Die beiden Brüder erreichten, dass ihnen Fürst Rastislaw ausgeliefert wurde; wie einem Reichsangehörigen wurde ihm durch ein Gericht aus Franken, Bayern und Slawen der Prozeß wegen Hochverrats gemacht; das Urteil lautete auf Tod. König Ludwig milderte die Strafe in Blendung ab.
    Mit Rastislaw Nachfolger Zwentibold/Swatopluk (870-894) herrschte nur kurzes Einvernehmen; in dieser Zeit wurde der Mährerfürst der Taufpate von ARNULFS Sohn Zwentibold. Die völlige Einbeziehung des Mährischen Reiches in das O-Frankenreich gelang trotz neuen Feldzügen nicht; Zwentibold mußte sich jedoch wenigstens dazu verstehen, einen Alemannen als Bischof seines politischen Zentrums Neutra anzunehmen. Nach dem Tod Ludwigs des Deutschen, Karlmanns und Ludwigs des Jüngeren das heißt seit ca. 880/82, erreichte das Mährische Reich seine größte Ausdehnung: 884 vereinbarten Zwentibold und KARL III. westlich des Wienerwalds eine Abgrenzung ihrer Sphären. 885 konnte Mähren seinen Einfluß nach N bis zur Weichsel ausdehnen, 890 verzichtete ARNULF zugunsten Zwentibolds auf seine Oberhoheit über Böhmen.
    Die Kämpfe gegen das mächtige Mährerreich gaben den Machtträgern im O des Reiches Ludwigs des Deutschen eine gewisse Handlungsfreiheit, die zu heftigen Spannungen mit dem König führte, in die auch Ludwigs Söhne einbezogen wurden. 854 mußte Ludwig den seit 833 amtierenden Präfekten an der O-Grenze, Ratbod, absetzen; noch vor 860 kam es auch zu Problemen mit dem Grafen Rihheri von Pannonien. Ludwigs ältester Sohn Karlmann, der seit 856 im östlichen Grenzraum königliche Funktionen ausübte, hatte ein Arrangement mit dem regionalen Adel getroffen, das ihm eine vom König unabhängige Stellung einbrachte. Äußerer Ausdruck des Bündnisses zwischem dem bayerischen Adel und Karlmann ware seine Ehe mit einer Tochter des Grafen Ernst, der Grenzgraf im bayerischen Nordgau war.
    Der Adel am Hof Ludwigs des Deutschen hat den König anscheinend vor der Gefahr gewarnt, die von seinem Sohn drohen konnte; daher wurde Karlmann 863 wegen Hochverrats angeklagt; zu einer Verurteilung kam es jedoch nicht. Vielmehr entschloß sich Ludwig 865 dazu, eine Art Testament zu machen, in dem er seinen drei Söhnen Reichsteile zuwies, die sie nach seinem Tod besitzen sollten.
    Ludwig der Jüngere verfolgte jedoch weiterhin eigene Ziele und versuchte, Kontakte zu westfränkischen Adelsgruppen aufzunehmen. So müssen wir nämlich Nachrichten deuten, dass er sich mit einer Tochter des im Westen mächtigen Adalhard verloben wollte; nur der heftige Widerstand des Vaters veranlaßte den jüngeren Ludwig, diese Absicht fallen zu lassen. 869 heiratete er dann Liutgard, die Tochter des mächtigen sächsischen Grafen Liudolf. Damit hatte sich auch Ludwig der Jüngere - wie bereits früher Karlmann und KARL (dieser hatte 862 die Tochter des elsässischen Grafen Erchanger geheiratet) - mit einer Frau verbunden, die aus einer der wichtigsten Adelsfamilien jener Region stammmte, die sein künftiges Reich bilden sollte.
    Die Spannungen und Konflikte zwischen Ludwig dem Deutschen und seinen Söhnen sind Ausdruck eines für die Zeit typischen Dilemmas: Der König konnte nicht überall persönlich anwesend sein, daher wurden eigene Herrschaften für die Söhne eingerichtet, die sich besonders um die schwierigen Grenzprovinzen kümmern sollten. Um sich dort durchsetzen zu können, mußten sie sich mit den in jenen Regionen mächtigen Adelsfamilien arrangieren, was nicht immer mit der Politik des Königs in Einklang zu bringen war. Die Söhne wurden so mehrfach zum Aushängeschild einer "legitimistischen" Opposition gegen den Vater, so wie es die Söhne LUDWIGS DES FROMMEN in den Jahren nach 829/30 gewesen waren.
    An die Beweglichkeit und Allgegenwart eines Königs wurden im 9. Jahrhundert hohe Anforderungen gestellt. Das zeigt beispielhaft der Bericht der Fuldaer Annalen zum Jahr 852: Zu Jahresbeginn war der König (in Mainz) zusammen mit den Fürsten und Grafen mit Staatsangelegenheiten und mit der Schlichtung von Streitfällen beschäftigt; nachdem er dann Gesandtschaften der Bulgaren und Slawen angehört hatte, reiste er nach Bayern, um einige Anordnungen zu treffen; dann fuhr er zum Rhein und dort zu Schiff nach Köln. Hier hatte er mit einigen Edlen seines Bruders LOTHAR eine Unterredung und zog dann nach Sachsen, um dort Recht zu sprechen. Un Minden an der Weser hielt er einen allgemeinen Gerichtstag und zog dann nach Thüringen, wo er auf einem Tag in Erfurt Anordnungen erließ. Von hier reiste er weiter und feierte Weihnachten in Regensburg.
    Regensburg war überhaupt neben Frankfurt der häufigste Aufenthaltsort Ludwigs des Deutschen; man kann in diesen beiden Städten geradezu Residenzen des ostfränkischen Königs sehen. Auch in späteren Jahren konnte sich Ludwig aber nicht damit begnügen, wie Vater und Großvater vornehmlich von einer Residenz aus zu regieren: Als es darum ging, einen Anteil vom Erbe seines 869 verstorbenen Neffen Lothar II. zu erhalten, unternahm Ludwig, der damals schon über 60 Jahre alt war, einen Ritt nach Meersen, obwohl er erst kurz davor im ca. 100 km entfernten Flamersheim (bei Euskirchen) einen schweren Unfall hatte. Der König hatte dort eine Rippenquetschung erlitten, als der morsch gewordene Söller zusammenbrach. Regino berichtet, die Begleiter Ludwigs hätten gehört, wie die gebrochenen Rippen beim Reiten aneinanderrieben, dennoch habe niemand einen Laut der Klage von Ludwig vernommen.
    Obwohl aus dem O-Frankenreich keine Kapitularien überliefert sind, wie es sie von KARL DEM GROSSEN, seinem Sohn LUDWIG DEM FROMMEN und seinem Enkel KARL DEM KAHLEN in größerer Anzahl gibt, scheint auch Ludwig der Deutsche solche Anordnungen erlassen zu haben. Vielleicht wurden sie aber nur selten schriftlich festgehalten, da die Grafen und die anderen königlichen Amtsträger sowieso nicht lesen und schreiben konnten. Die weniger entwickelte Schriftlichkeit des O-Frankenreichs zeigt sich auch darin, dass die Zahl der Urkunden Ludwigs deutlich geringer ist als die KARLS DES KAHLEN (172 echte Urkunden Ludwigs gegen 461 seines westfränkischen Halbbruders).
    Im Vergleich zum W-Frankenreich und zu Italien war das O-Frankenreich kulturell fast ein Entwicklungsland, aber Ludwig versuchte seinen Teil dazu beizutragen, das geistige Leben in seinem Reich zu fördern. Mit Hrabanus Maurus, der ihm zeitweise fernstand, suchte er persönlichen Kontakt, ehe er ihn 847 zum Erzbischof von Mainz erhob. Hrabanus widmete dem König mehrere seiner Schriften und sandte ihm ein Exemplar seiner Enzyklopädie zu, um das Ludwig gebeten hatte. Kontakt sucht Ludwig auch mit dem Gelehrten Reimser Erzbischof Hinkmar, der eine theologische Anfrage des ostfränkischen Königs mit einer kleinen Schrift beantwortete.
    Besonders Interesse hatte Ludwig der Deutsche anscheinend an der Verschriftlichung der Volkssprache. Um 864 richtete der Abt Otfrid von Weißenburg einen Brief an seinen König, in dem er die Hoffnung äußerte, dass Ludwig in seinem Reich anordnen werde, sein in fränkischer Schrift geschriebenes Evangeliarbuch solle überall gelesen werden. Möglicherweise hatte bereits früher ein sächsischer Autor sein Bibelgedicht vom Heiland Ludwig dem Deutschen gewidmet. Und auch in Fulda war mit der althochdeutschen Übertragung der Evangelienharmonie des Tatian der Versuch gemacht worden, zentrale Texte des christlichen Glaubens in die Volkssprache zu übertragen. Dass Ludwig der Deutsche und seine Umgebung an diesen Bemühungen Anteil nahmen, zeigt sich auch darin, dass das Endzeitgedicht des Muspilli in einer Handschrift überliefert ist, die sich im Besitz Ludwigs befand. Weil die eintragende Hand nicht sehr geübt erscheint, hat man sogar vermutet, dass der König selbst den Text geschrieben habe.
    Wenn auch eine große königliche Bibliothek, wie sie KARL DER GROSSE und LUDWIG DER FROMME besaßen und wie sie von KARL DEM KAHLEN ebenfalls belegt ist, bei Ludwig dem Deutschen nicht nachzuweisen ist, so können doch noch heute einige Handschriften namhaft gemacht werden, die im Besitz des ostfränkischen Königs gewesen sind. Und von seinem langjährigren Erzkapellan, Abt Grimald von St. Gallen, wissen wir, dass er eine Büchersammlung besaß. Es gehört daher nicht nur zur Topik des Herrscherlobs, wenn Regino von Prüm im Nachruf auf Ludwig davon spricht, dass der König in den weltlichen und geistlichen Wissenschaften unterrichtet war. Regino erwähnt hier auch, dassLudwigäußerst vorsichtig gewesen sei und dass er die Gabe gehabt habe, die Menschen nach ihrer Brauchbarkeit einzuschätzen. Seiner Persönlichkeit kommen wir vielleicht noch etwas näher, wenn wir beobachten, dass er - anders als die meisten seiner Vorfahren und Nachkommen - ein sehr inniges Verhältnis zu seiner Frau besaß; man könnte vermuten, dass seine Trauer um den Tod seiner Frau den eigenen Tod beschleunigt hat.
    Die Spannungen mit seinen Söhnen, vor allem mit dem ältesten, Karlmann, gehen wenigstens zum Teil auf die Einflüsterungen der Gattin Hemma zurück, deren Liebling anscheinend der Zweitgeborene, Ludwig (der Jüngere), war. Gegen dessen Bevorzugung lehnte sich Karlmann mehrfach auf, und er scheute sich dabei auch nicht, mit den Mährern zu paktieren (wie das auch sein Bruder Ludwig gelegentlich tat). Dass es dennoch nicht zu einem endgültigen Bruch kam, ist wieder ein Ausdruck der Vorsicht Ludwigs des Deutschen, der es verstand, im rechten Moment seinerseits nachzugeben. Spannungen innerhalb der Familie waren ja bei den KAROLINGERN nichts Neues; Ludwig selbst hatte in seiner Jugend davon genug mitbekommen, und in der Familie seines Halbbruders spielten sich gleich mehrere Familientragödien ab: Ein Sohn namens Karlmann wurde nach einem Aufstandsversuch geblendet; er starb im ostfränkischen Exil. Eine Tochter hatte sich von ihrem Liebhaber entführen lassen; nur mit Mühe gelang es dem Papst, eine Versöhnung zwischen Vater und Tochter herbeizuführen. Ludwigs Beiname Germmanicus, "der Deutsche", ist zeitgenössisch: in den westfränkischen Annalen von St. Bertin wird er so genannt, denn Germania war die karolinger-zeitliche Bezeichnung für das Gebiet östlich des Rheins. Zuweilen wird Ludwig auch der Beiname Pius beigelegt; damit nahm man nicht nur ein bereits in der Antike übliches Herrscherepitheton wieder auf, sondern bezog sich auf die Züge von tiefer Frömmigkeit, die man bei Ludwig finden kann. So hat er sich gegen Ende seines Lebens nach einer schweren Krankheit dazu entschlossen, seinen persönlichen Schatz an ihm nahestehende Klöster und Kirchen zu verteilen. Und Notker von St. Gallen rühmt bei Ludwig die Neigung zum Gebet und die Bereitschaft zum Fasten sowie weitere Äußerungen der Frömmigkeit, wie die, dass er in Regensburg an den Bittagen von der Königspfalz bis zum Kloster St. Emmeran barfuß hinter dem Kreuz hergegangen sei.
    Über die äußere Erscheinung Ludwigs wissen wir nicht sehr viel; das Lob Notkers von St. Gallen, er sei ein Mann von stattlichem Wuchs und von schöner Gestalt gewesen, ist zu allgemein; höchstens die Erwähnung seiner hellen und männlichen Stimme und seiner eindrucksvollen Augen dürfte auf eigenem Erleben des Geschichtsschreibers beruhen. Nur ein einziges zeitgenössisches Bild ist auf uns gekommen, während wir von seinem Stiefbruder KARL ein ganzes Dutzend besitzen. Das Fehlen von Münzbildern, wie wir sie für die älteren karolingischen Herrscher besitzen, belegt die noch geringe wirtschaftliche Entwicklung des ostfränkischen Reiches.
    Glücklicherweise gibt uns Regino in seiner Chronik eine kurze Charakteristik des Königs, die einige Züge seiner Persönlichkeit erkennen läßt. Dabei wird besonders die kriegerische Grundhaltung dieses Königs deutlich, der nach Regino die Härte des Eisens mehr geliebt hat als den Glanz des Goldes. Es fehlte Ludwig auch nicht der Sinn für archaische Kraftdemonstrationen. So weiß Notker von St. Gallen zu erzählen, dass er mit bloßen Händen ein stählernes Schwert von der Spitze bis zum Griff verbogen habe, um einer normannischen Gesandtschaft Respekt vor der Kraft der O-Franken einzuflößen. Regino hebt dann vor allem die Menschenkenntnis Ludwigs hervor, die ihn für Bestechung unempfänglich gemacht habe; bei der Auswahl der weltlichen Amtsträger Ergebenheit und aufrichtige Treue den Ausschlag gegeben.

    Schieffer Rudolf:, "Die Karolinger"

    Die 817 erlassene Ordinatio imperii stellte dem noch heranwachsenden Ludwig das zuvor LOTHAR zugeteilte Bayern samt den slawischen Grenzgebieten in Aussicht. Beim Aufstand 830 ließ er sich durch das Versprechen eines größeren Erbteils auf die Seite seines Vaters ziehen, der damit seine Herrschaft wiederherstellen konnte. Obwohl ihre Reiche vergrößert wurden, fühlten sich Ludwig und sein Bruder Pippin durch die Bevorzung des StiefbrudersKARL ins Abseits gedrängt. Als der Kaiser einen Feldzug nach Aquitanien vorbereitete, wurde ihm ein Aufstand Ludwigs gemeldet, der sich von Bayern aus offenbar Teile von KARLS Erbe aneignen wollte. Sein Vater rückte gegen Ludwig vor und dieser ließ ihn nach seiner Unterwerfung im Mai 832 bei Augsburg glimpflich davonkommen. Er unterstützte gemeinsam mit seinem Bruder Pippin den Bruder LOTHAR I. bei der Absetzung des Kaisers LUDWIG auf dem "Lügenfeld" zu Colmar, forderte aber, da er bei einem weiteren Umsturz kaum etwas aufs Spiel zu setzen brauchte, schon um die Jahrewende 833/34 eine würdigere Behandlung des alten Kaisers und verhalf diesem erneut bei der Restaurierung seiner Macht. Als der Kaiser Ende 837 seinen Sohn KARL mit weiten Gebieten ausstattete, verärgerte er nicht nur LOTHAR, sondern auch Ludwig, der sich von Bayewrn aus mit dem kaiserlichen Bruder zu einer Besprechung in der Nähe von Trient traf und dadurch das Mißtrauen des Vaters auf sich lenkte. Nach einem vergeblichen Versuch, sich zu rechtfertigen, wurden ihm im Sommer 838 alle rechtsrheinischen Länder bis auf Bayern wieder entzogen. Nach dem Tode Pippins (13.12.838) unternahm Kaiser LUDWIG einen Zug über den Rhein bis zum Bodensee, um dem jüngeren Ludwig seine Macht zu demonstrieren. Anschließend teilte er Ende Mai 839 auf einer Reichsversammlung in Worms das Frankenreich, bei der Ludwig nur das "Pflichtteil" Bayern erhielt. Er wurde im Frühjahr 840 von seinem Vater aus Thüringen verjagt, der anschließend ein gemeinsames Vorgehen mit LOTHAR I. gegen ihn plante, aber durch den Tod daran gehindert wurde.
    Tatsächlich konnte Ludwig auf weit festeren Grund bauen als etwa sein Halbbruder KARL im W, hatte er doch schon 817 eine erste Anwartschaft auf Bayern empfangen, etwa 826 dort auch zu regieren begonnen und sein bald vergrößrtes rechtsrheinisches Erbteil in den stürmischen Jahren seit 830 gegen alle brüderlichen Anfeindungen zäh behauptet, was ohne einen verläßlichen Anhang unter den Großen im Lande kaum gelungen wäre.
    Bayern mit dem Zentrum Regensburg blieb zeitlebens seine wichtigste Machtbasis, wo ihm jahrzehntelang ein bevorzugter Graf namens Ernst, nach den Worten der Fuldaer Annalen "Heerführer jener Gegenden und unter des Königs Freunden der erste", den Rücken freihielt. Daneben trat das in Verdun erhandelte Rhein/Main-Gebiet in den Vordergrund, wo Ludwig im häufig besuchten Frankfurt vor 852 das Salvator-Stift einrichtete. Schwaben und zumal Sachsen und Thüringen sahen ihn seltener, doch galt auch hier seine Königsautorität uneingeschränkt, nachdem der von LOTHAR I. zeitweilig geförderte "Stellinga"-Aufgstand vom sächsischen Adel unterdrückt worden war. Eng wußte Ludwig auch mit der stammesübergreifenden Kirche zusammenzuwirken: Auf den seit 833 amtierenden Erzkapellan, den Bischof Baturich von Regensburg, ließ er 848 den Abt Grimald von St. Gallen und Weißenburg folgen, dem er als seinem wichtigsten Berater auf die Dauer auch die Kanzleileitung anvertraute. In Hildesheim nahm er 845 den vertriebenen Ebo von Reims (+ 851) als Bischof auf, und 847 erhob er den gelehrten Fuldaer Abt Hrabanus Maurus (+ 856) zum Erzbischof von Mainz, der dort "durch persönliche Initiative" (W. Hartmann) alsbald eine rege Synodaltätigkeit mit dem Höhepunkt einer Versammlung fast des gesamten ostfränkischen Episkopats im Oktober 852 entfaltete. An seinen Außengrenzen hatte Ludwigs Teilreich 845 den verheerenden dänischen Überfall auf Hamburg hinzunehmen, der eine Verlegung des erzbischöflichen Sitzes nach Bremen erforderlich machte, doch gelang es noch im selben Herbst in Paderborn, durch einen Friedensschluß mit den Dänen die akute Gefahr für geraume Zeit von Sachsen abzuwenden.
    Die sichtliche Erfolgsbilanz der ostfränkischen KAROLINGER im 1. Jahrzehnt nach Verdun verfehlte nicht ihren Eindruck auf unzufriedene Kreise in anderen Teilreichen und trug so indirekt zu der ersten schweren Erschütterung der vertraglichen Ordnung bei, die von Aquitanien ausging. Dort hatte man sich auch nach Pippins Gefangennahme (852) keineswegs überall mit der Herrschaft KARLS DES KAHLENabgefunden, zumal der westfränkische König 853 durch die Hinrichtung des Grafen Gauzbert von Maine, eines RORGONIDEN, neuen Unmut weckte. Das Bedürfnis nach Gegenwehr brach sich nicht einfach in einer Adelsrevolte Bahn, sondern spitzte sich auf den Versuch zu, den als ungerecht empfundenen Herrscher, der seinen göttlichen Auftrag verfehlt zu haben schien, durch einen anderen KAROLINGER zu ersetzen, der ein besseres Regiment zu führen ver-sprach. Das Thronrecht des Gesamthauses blieb also unbestritten, doch sollte die interne Machtverteilung verändert werden, so wie schon während der Bruderkriege ab 830 das politisch-militärische Gewicht der rivalisierenden Könige wesentlich von den Optionen der jeweiligen Großen bestimmt worden war. Bei ihrer "Einladung" konnten die Aquitanier nicht auf LOTHAR I., dem einstigen Verbündeten Pippins II., rechnen, denn der Kaiser war längst zum Verteidiger der Teilungsordnung von 843 geworden und eben im Herbst 852 noch gemeinsam mit KARLgegen die Normannen an der unteren Seine gezogen (ohne größeren Erfolg); vielmehr wandten sie sich an Ludwig den Deutschen mit der Bitte, entweder selbst oder durch einen seiner Söhne die Regierung in ihrem aquitanischen Regnum zu übernehmen. Der König konnte der Verlockung zum Eingreifern nicht widerstehen, ordnete aber, selber durch Verwickluingen an der mährischen Grenze gebunden, den knapp 20-jährigen Ludwig den Jüngeren ab, der Anfang 854 mit bewaffneter Macht bis in die Gegend von Limoges vorstieß. KARL DER KAHLE wich einer direkten Konfrontation aus, rief die Vermittlung Kaiser LOTHARS an und beklagte sich beim Papst über den flagranten Bruch der Friedenseide; entscheidend wurde schließlich, dass Pippin II., vielleicht mit KARLS stillschweigender Duldung, aus seiner Haft in Soissons entkam und nach Aquitanien eilte, wo er den stärkeren Anhang als Ludwigmobilisierte und den ostfränkischen Vetter im Herbst 854 zum eiligen Rückzug nötigen konnte.
    Im Herbst 858 von einer unzufriedenen westfränkischen Adelsgruppe um Robert den Tapferen von Anjou als König ins W-Frankenreich gerufen, mußte er 860 im Frieden von Koblenz 860 endgültig verzichten. Ludwig der Deutsche wünschte nach dem Tod LUDWIGS II. eine Art Hausvertrag über das südliche Regnum und traf sich 872 mit der Kaiserin Angilbergain Trient sowie 874, als man anscheinend schon mit LUDWIGS baldigem Ende rechnete, mit diesem selber bei Verona, um für seinen ältesten Sohn Karlmann eine Designation zum Erben zu erreichen. Es ist unklar, wieviel Verbindlichkeit die eine wie die andere Abrede erlangt hatte, als Kaiser LUDWIG II. am 12.8.875 in der Gegend von Brescia tatsächlich starb und damit auf beiden Seiten das Bestreben weckte, rasch Fakten zu setzen. Während sich KARL DER KAHLE in Italien gegen Karlmann und KARL III., Ludwigs Söhne, durchsetzte, zeigte der ostfränkische König seine Verärgerung, indem er auf diese Nachrichten hin von Metz aus zusammen mit seinem Sohn Ludwig dem Jüngeren militärisch in W-Franken einfiel, um gewissermaßen nach dem Muster von 858 KARL die Vasallen im eigenen Lande zu entziehen und ihm wie 869/ 70 einen Anteil am einseitig erzielten Raumgewinn abzunötigen. Der Vorstoß, der dazu führte, dass Ludwig das Weihnachtsfest 875 in KARLS Pfalz Attigny feiern konnte, wurde zeitweilig begünstigt durch eine nach Hinkmars Zeugnis in W-Franken verbreitete Mißstimmung darüber, dass KARLum römisch-italienischer Ambitionen willen sein angestammtes, innen und außen bedrohtes Regnum im Stich gelassen habe, worin zugleich ein beredter Ausdruck für das Schwinden eines gesamtfränkischen Horizonts zu erkennen ist. Gleichwohl trat Ludwig der Deutsche bald nach der Jahreswende den Rückzug an, wohl weil er einsah, mit seinen Manövern dem Bruder nicht in den Arm fallen zu können.
    Zwar forderten nach der Rückkehr seines Bruders aus Italien seine Beauftragten in Ponthion drohend einen Erbteil am Erbe LUDWIGS II., doch trat dies binnen kurzem in den Hinterfrund, da der ostfränkische König am 28.8.876 in Frankfurt starb. Er folgte etwa 70-jährig seiner im Januar verschiedenen Gattin, der WELFIN Hemma, und wurde im nahen Kloster Lorsch beigesetzt. Das Teilreich, das er sich in seiner Jugend erkämpft und dann Jahrzehnte hindurch innerhalb der Familie behauptet hatte, so dass daraus der Keim des späteren Deutschland werden konnte, hinterließ er im Augenblick des Todes in einer durchaus prekären Lage. Sich der neuen großfränkischen Politik KARLS DES KAHLEN zu erwehren, fiel nun seinen drei in der Vergangenheit wenig einigen Söhnen zu.

    827 oo Hemma, Tochter des Grafen Welf um 808 - 31.1.876 Regensburg

    Kinder:
    - Ludwig III. der Jüngere 835-20.1.882
    - Hildegard Äbtissin von Schwarzbach und Zürich 828-23.12.856
    - Ermengard Äbtissin von Buchau und Chiemsee (857-866) - 16.7.866
    - Gisla
    - Bertha Äbtissin von Schwarzbach und Zürich (856-877) - 26.3.877
    - Karlmann 830-29.9.880
    - KARL III. DER DICKE 839-13.1.888

    Literatur:
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    Neue Deutsche Biographie - Ludwig der Deutsche
    ostfränkischer König, * circa 805/806 wohl in Aquitanien, † 28.8.876 Frankfurt/Main, ⚰ Lorsch.

    Daß L. seine Jugend am Hofe des Vaters verbrachte, bis 814 also in Aquitanien, und eine dem Kaisersohn angemessene Erziehung genoß, ist aufgrund seiner später bekundeten theologischen und biblischen Interessen nicht zu bezweifeln, doch fehlt es außer der beiläufigen Erwähnung eines (sonst unbekannten) paedagogus Egilolf (zu 818/19) an gesicherten Nachrichten. L. wurde 817 mit der Aachener Ordinatio imperii zum König über Bayern (d. h. Altbayern von der Donau bis über die Alpen) mit den vorgelagerten Slawenländern bestellt, jedoch unter einer Oberhoheit des Vaters, die beim Erbfall auf den ältesten Bruder, Kaiser Lothar I., übergehen sollte. L. nahm 824 an einem Bretonenfeldzug teil und wurde 826 nach Bayern entsandt, wo man seither mitunter nach seinen Jahren die Urkunden datierte, aber außer einer offenbar erfolglosen Heerfahrt gegen die Bulgaren (828) verlautet vorerst nichts über eine eigene Regierung L.s. An den Unruhen, die sich 829 anbahnten (Ausstattung des vierten Kaisersohnes Karl des Kahlen mit einem Herrschaftsanteil, Reformsynoden) und 830 zur zeitweiligen Entmachtung Ludwigs des Frommen führten, hatte L. wenig aktiven Anteil. Er soll im Gegenteil eine formelle Absetzung des Vaters verhindert haben und ließ sich zusammen mit seinem Bruder Pippin sehr bald für den alten Kaiser gewinnen, der seinerseits mit Zugeständnissen nicht geizte. Erstmals am 6.10.830 urkundete L. selbständig, und fortan für sein Teilreich ausschließlich, als rex Baioariorum, stellte jedoch in der Datierung die Kaiserjahre des Vaters den (von 826 an gezählten) Jahren des eigenen regnum voran; als sein Hofkaplan und Kanzleileiter begegnet in den 11 erhaltenen Diplomen der Jahre 830-833 der Abt Gauzbald von (Nieder-) Alteich. Wahrscheinlich Anfang 831 verkündete Ludwig d. Fr. auf einer Aachener Reichsversammlung eine neue Erbteilung, die – in Anlehnung an Karls d. Gr. Divisio von 806 – als L.s (künftigen) Anteil auch Thüringen, Ripuarien und Sachsen bis zur Küste vorsah, also schon in Umrissen das spätere Ostfränk. Reich konzipierte.

    Die gleichzeitige, sehr großzügig geplante und der Ordinatio von 817 vollends zuwiderlaufende Begünstigung des jungen Karl löste indes – mitsamt anderen, für uns undeutlich bleibenden persönlichen Spannungen – neue Wirren aus, zu denen L. selber im Frühjahr 832 den Anstoß gab. Er besetzte Schwaben und drang bis zum Rhein vor, mußte aber zurückweichen und sich in Augsburg dem Vater unterwerfen. Dieser Konflikt und eine bald darauf folgende Maßregelung Pippins bildeten das Vorspiel zu der großen Reichskrise von 833, dem gemeinsamen Aufstand Lothars I., Pippins und L.s gegen den Kaiserhof und dem Sturz Ludwigs d. Fr.. Die Sieger vereinbarten eine Dreiteilung des Reiches. L. erhielt zu Bayern nunmehr Schwaben mit dem Elsaß, Rheinfranken, anscheinend auch Thüringen und Sachsen. Er bestellte den Bischof →Bathurich von Regensburg (817–48) zum Erzkaplan, den Abt Grimald von Weißenburg zum summus cancellarius (bis 837 in 13 Diplomen bezeugt) und urkundete fortan, erstmals am 19.10.833, als selbständig regierender rex, ohne Attribut und ohne Bezugnahme auf den Kaiser, mit neu einsetzender Zählung des regnum in orientali Francia.

    An der kirchlich zelebrierten Entthronung Ludwigs d. Fr. in Compiègne und Soissons (Herbst 833) nahm L. jedoch nicht teil. Er verwandte sich vielmehr für den von Lothar in Haft gehaltenen Vater und trug 834 zu dessen neuerlicher Restitution bei. Nach Ausweis der Urkunden behielt er weiterhin die Regierung mindestens auch in Schwaben, Elsaß und Mainfranken, mit Duldung durch den Kaiser, der freilich auch selber noch für Kirchen dieser Länder urkundete. Das stets labile Einvernehmen der nächsten Jahre wich aber einem neuen Zerwürfnis, das in offene Auflehnung überging, als Ludwig d. Fr. 838 seinem nunmehr volljährigen und zum König erhobenen Sohne Karl einen neustrischen Herrschaftsbereich zuwies, L. dagegen alle außerbayerischen Länder absprach, und vollends, als der alte Kaiser nach dem Tode Pippins I. (Ende 838) ohne Rücksicht auf seinen Enkel Pippin II Aquitanien an Karl gab (und 839 gar eine Teilung des Gesamtreiches – wiederum außer Bayern – nur zwischen Lothar I. und Karl d. K. verfügte. Der Kampf war unausgetragen, als Ludwig d. Fr. am 20.6.840 starb.

    Der zum Nachfolger designierte Lothar I. beschwor eine völlige Umkehr der Fronten herauf, da er, aus Italien heranrückend, die vollen Kaiserrechte aus der – ja nicht formell aufgehobenen – Ordinatio von 817 beanspruchte und die einstigen Verfechter der Reichseinheit für sich gewann. L. wurde damit an die Seite seines bisherigen Feindes Karl gedrängt. Er ging zunächst einen Waffenstillstand mit Lothar ein, nutzte aber die Atempause, um sich von Ostfranken, Alemannen, Sachsen und Thüringern huldigen zu lassen und urkundete im Dez. 840 für Corvey. Mit dem gleichfalls bedrängten Karl d. K. schloß er im Frühjahr 841 ein Bündnis. Lothar I., dem sich Pippin II angeschlossen hatte, unterlag am 25.6.841 in der blutigen Bruderschlacht von Fontenoy bei Auxerre, die von den tief bedrückten Zeitgenossen als ein Gottesurteil für das Teilungsrecht gegen die Idee der Reichseinheit gedeutet wurde. Lothar griff zu verzweifelten Entlastungshilfen durch Kontakte mit dem innersächs. Aufstand der „Stellinga“ und mit den Normannen, die sich in Friesland festzusetzen begannen. L. und Karl aber bekräftigten ihren Bund durch die Straßburger Eide vom 14.2.842, deren beim Chronisten Nithard überlieferter volkssprachlicher Wortlaut als ältestes Denkmal französischer und eines der ältesten deutscher Sprache berühmt ist, freilich einer voreiligen politisch-nationalen Interpretation entzogen bleiben muß. Lothar gab nun endgültig auf, zumal die Großen aller Reichsländer zum Frieden drängten – denn mindestens seit der Regierung Ludwigs d. Fr. dürfen die grundlegenden politischen Entscheidungen nicht mehr kurzerhand, wie es nach den Quellentexten scheinen könnte, als autonome (oder gar souveräne) patrimoniale Hoheitsakte verstanden werden. Die drei Brüder trafen sich im Juni 842 bei Mâcon und vereinbarten einen langen Waffenstillstand zur Vorbereitung einer Dreiteilung von außen nach innen, d. h. auf der Basis von Italien, Bayern und Aquitanien als Reichsteilen Lothars I., L.s und Karls d. K.. Im Aug. 843 kam so der Vertrag von Verdun zustande, der, abgesehen von Friesland, die Länder östlich der Rhein-Aare-Linie, jedoch mit einer – wohl wirtschaftlich und strategisch bedingten – westlichen Ausbuchtung am Mittelrhein, also Bayern, Schwaben, Franken, Thüringen, Sachsen, L. zusprach.

    Der Vertrag von Verdun sollte nur Zuständigkeitsbereiche innerhalb des regnum Francorum abgrenzen, das der Idee nach als Einheit fortbestand, jetzt freilich unter einer dynastischen Samtherrschaft, die dem Kaiser nur noch einen Ehrenvorrang beließ. Als endgültig und unabänderlich wurde diese Ordnung noch keineswegs empfunden: Ob ein föderativer Zusammenhalt sich behaupten, ob eine andere Aufgliederung sich einspielen oder ob im Gegenteil die Reichsteile sich zu Teilreichen verselbständigen würden – das war noch lange eine offene Frage. Die drei Brüder trafen sich 844 in Diedenhofen, 847 und 851 in Meerssen zu feierlichen, aber wenig wirksamen Beschlüssen und Mahnungen über gemeinsames Handeln im Geiste beschworener fraternitas. In wiederholten Zweiertreffen – so L.s mit Lothar I. 846, 847, 848, 850, 854, mit Karl 846, 849 – gingen Mißtrauen und Ausgleichsbemühungen ineinander über. Trotz wechselnder Spannungen hielt ein Jahrzehnt lang ein leidlicher Friede vor, aber mit der gegenseitigen Hilfe war es nicht weit her, jeder blieb auf sich selbst gestellt.

    Das Ostreich L.s, der seine Herrscherjahre weiterhin von 833 an zählte, stand in der wirtschaftlichen Entwicklung hinter Italien und dem Westen eher zurück, hatte ihnen aber eine stärkere innere und äußere Stabilität voraus. Die Länder und Stämme der Bayern, Schwaben, Rhein- und Mainfranken, Thüringer und Sachsen waren bei allem Eigenbewußtsein stärker ins Reich integriert als etwa die Aquitanier im Westen. Von einer Kapitulariengesetzgebung verlautet im Osten zwar nichts mehr, aber die Feudalisierung der Ämter und die Emanzipation des hohen Adels wie des hohen Klerus waren hier noch nicht zu einer ernstlichen Gefahr für die Königsautorität geworden. L. erhob 842 seinen früheren Hofkaplan Gauzbald zum Bischof von Würzburg († 855), 845/47 den als Erzbischof von Reims gestürzten Ebbo zum Bischof von Hildesheim († 851), 847 den gelehrten →Hrabanus Maurus zum Erzbischof von Mainz († 856). Dieser hielt 847 in seiner Metropole auf königliches Geheiß eine Reichssynode. Weitere Versammlungen und Hoftage folgten u. a. 848 und 852 in Mainz, 852 in Minden, 854 in Ulm, 861 und 870 in Regensburg, 865 in Frankfurt, 868 in Worms, 872 in Forchheim, 873 bei Worms und in Metz, 874 in Tribur. Uns sind im ganzen 172 in der Substanz echte Urkunden L.s überkommen, dazu 15 später fingierte Texte, die Zahl der erschließbaren Deperdita dürfte sich um 20 bewegen. Die Kanzlei stand von Ende 840 bis zum Sommer 854 unter der Leitung des Abtes Ratleik von Seligenstadt. Der frühere Kanzleivorsteher Grimald, seit 841 Abt von St. Gallen, der unterdes, wohl nicht allzu lange nach dem Tode Bathurichs von Regensburg (848), oberster Hofkaplan geworden war, vereinigte von 854/56 an diese Würde mit der Leitung der Kanzlei. Beide Ämter gingen 870 an EB →Liutbert von Mainz (863–89) über, dessen Nachfolger sie seit dem 10. Jh. dann als archicancellarii dauernd behalten haben. Normgebend für die deutsche Königskanzlei wurde auch der von 859 an und noch über L.s Tod hinaus tätige Kanzleinotar Hebarhard, auf den die vereinfachte, aber klare diplomatische Minuskel und die allmähliche Einbürgerung des Titels cancellarius für den leitenden Notar zurückgehen. Daß L.s Königshof in einer mit Karl d. Gr. oder auch mit seinem Bruder Karl d. K. vergleichbaren Weise ein Zentrum geistigen Lebens gewesen wäre, ist nicht direkt erkennbar, aber wir wissen von mancherlei Kontakten L.s, vor allem mit →Hrabanus Maurus (ohne daß jedoch von einer persönlichen Beteiligung L.s an dem theologischen Konflikt um den sächs. Mönch Gottschalk die Rede sein könnte), gelegentlich auch mit Hinkmar von Reims, mit dem Bischof →Altfrid von Hildesheim (851–74). Auch L. sind Dichtungen und kostbare Codices gewidmet worden, als berühmtestes Werk in den 860er Jahren die althochdeutsche Evangelienharmonie Otfrids von Weißenburg. Ob auch der um einige Jahrzehnte ältere Heliand zum Kreis um L. gehört, ist jedoch unsicher; dagegen stammt die Aufzeichnung des Muspilli aus seiner persönlichen Umgebung.

    Ein von dem Dänenkönig Horik über See ausgesandtes Heer führte 845 einen schweren Schlag gegen Hamburg, was die Verlegung des von Ludwig d. Fr. gegründeten Missionserzbistums nach Bremen zur Folge hatte. Aber noch im selben Jahr schloß Horik Frieden, womit zu L.s Zeiten die Bedrohung aus dem Norden im wesentlichen beendet war, im Unterschied zur anhaltenden Normannennot des Westreiches. Das stete Problem des Ostreiches war dagegen die Berührung mit den Slawen auf der weiten Strecke von der Ostsee bis zu den Alpen. L. war hier mit seinen Söhnen und Grafen auf die Behauptung und den Ausbau des schon bestehenden Systems von Grenzen, Marken und Tributärstaaten bedacht. An der Elbe-Saale-Linie kam es schon 844 und noch öfter (bis 874) zu Kämpfen, wiederholt unter L.s persönlicher Führung, doch blieb es in die sem Raum durchweg bei bloßer Grenzsicherung. Die Slawenprobleme verquickten sich alsbald sehr (auf eine für uns nicht immer klar durchschaubare Weise) mit Fragen der inneren politischen Ordnung.

    L. urkundete auch für Kirchen des hess.-thür. Raumes, er begegnet 845 in Paderborn, 852 in Herford, Minden und Erfurt, doch galt sein aktives Interesse im ganzen nicht so sehr dem Norden. Hier formte sich am frühesten eine neue Mittelgewalt. Der gelegentlich als dux orientalium Saxonum bezeichnete Ostfale Liudolf gewann, eben durch die Grenzhut, eine Vormachtstellung, die nach seinem Tode (866) auf seinen Sohn Brun († 880) überging. L. dagegen nahm in den Pfalzen Regensburg (wo er das heute noch bestehende Stift der Alten Kapelle errichtete) und Frankfurt (wo er das Salvatorstift gründete) mit Vorzug Residenz. Zentrum seines Reiches blieb das alte Kernland Bayern, wo schon früh der dux Ernst eine stellvertretende Regierung führte, während der Grenzraum gegen Böhmen und Mähren seit spätestens 833 von Mgf. Ratbod befehligt wurde. Die hier vorgelagerten Slawenländer waren, wenn auch erst in ungleichem Maße, politisch angegliedert und in der Christianisierung begriffen. L. ließ 845 in Regensburg 14 böhm. duces taufen und setzte 846 in Mähren den Christen Rastislaw als Vasallenherzog ein. Eine ähnliche Position fiel in der Ebene um den Plattensee dem gleichfalls schon christlichen Slawenfürsten Pribina zu, während Kärnten bereits zum bayer.-ostfränk. Binnenlande zählte. Zur Verankerung seines weitläufigen Herrschafts gefüges im bayer., sächs. und alemann. Adel verfolgte L. eine in der Karolingerdynastie. bis dahin kaum übliche Heiratspolitik, deren genaue Daten freilich nicht feststehen: Sein ältester Sohn Karlmann ehelichte (vor 861) eine (nicht namentlich bekannte) Tochter des Bayernherzogs Ernst, Karl III. 862 Richgard, eine Tochter des elsäss. Grafen Erchanger, Ludwig der Jüngere – freilich erst gegen Ende von L.s Regierung – jenes Sachsen Liudolf Tochter Liutgart.

    Soweit wir wissen, blieben der Norden und der Südwesten in der Tat ruhig, aber im Südosten bewährten sich die getroffenen Regelungen keineswegs. Innere Machtkämpfe überwucherten den Grenzkampf. Mgf. Ratbod machte 854 mit den Mährern gemeinsame Sache, auch Karlmann, der 856 die Ostmark übernahm, verbündete sich 858 mit Rastislaw, duldete (oder betrieb gar?) den Sturz Pribinas durch dessen Sohn Kocel (861) und begann 861 einen hartnäckigen Kampf gegen den Vater um einen größeren Herrschaftsanteil. L. enthob im gleichen Jahr 861 den dux Ernst des Amtes, vermochte sich aber erst 863/64 – im Bunde mit den Bulgaren – gegen Karlmann und Rastislaw durchzuset zen. – Um diese Zeit begann in Mähren die Mission der griech. Slawenapostel Kyrillos und Methodios; daß L. persönlich in die daraus entstehenden langwierigen Konflikte mit der bayer. Kirche eingegriffen hätte, ist jedoch nicht erkennbar. – Um die innere Lage zu stabilisieren, verfügte L. 865 auf der Frankfurter Reichsversammlung eine an Stammesländern und Fiskalgut orientierte Hausordnung und Erbteilung: Bayern mit den Slawenmarken sollte an Karlmann, Schwaben mit Churrätien an Karl III., „Francien“, Thüringen und Sachsen an Ludwig d. J. fallen, zu begrenzter eigener Verwaltung, aber ohne eigene Königstitel, unter fortdauernder Herrschaft L.s. Es kam darüber zu Auflehnungen (des jüngeren Ludwig 866, Ludwigs und Karls 871 und 873), die aber jedesmal (872 in Forchheim durch eine Bestätigung der Teilung) beigelegt wurden. Die Kämpfe mit Rastislaw gingen unterdes weiter, nicht eben erfolgreich, endeten jedoch in jähem Umschwung: Rastislaw wurde 870 von seinem Neffen Swatopluk gestürzt, an L. ausgeliefert und als treuloser Vasall geblendet. Aber die Kämpfe mit Mähren flammten wieder auf und verliefen 871/72 für das Reich von neuem so unglücklich, daß L. sich schließlich 874 bereitfand, im Frieden von Forchheim die selbständige Herrschaft Swatopluks (auch im Kirchenwesen) unter bloß nomineller Reichshoheit hinzunehmen. Er hatte damit zwar die Pflöcke sehr zurückgesteckt, aber die einzige unruhige Zone seines Reiches war vorerst befriedet.

    Der Südosten war mittlerweile freilich längst zum Nebenschauplatz geworden, denn das gesamtfränkisch verflochtene Ordnungsgefüge des Vertrages von Verdun und der fraternitas war vom Westen her ins Wanken geraten. Karl d. K. mußte sich der Normannen und nicht minder der unbotmäßigen Aquitanier erwehren, auch nachdem er den Neffen Pippin II. hatte in Haft nehmen können (852). Mißgestimmte aquitan. Große gingen 853 nicht den mit Karl verbündeten Kaiser Lothar I., sondern L. um Hilfe an. Nicht L. selber, aber in seinem Auftrag sein Sohn Ludwig d. J. drang 854 bis in die Gegend von Limoges vor, mußte jedoch, von Karl bedrängt, alsbald wieder abziehen. Die Eintracht in der Brüdergemeine war erstmals offen zerbrochen, zumal dann 855 mit dem Tode Lothars I. und der Teilung des Mittelreiches – Italien an den Kaiser Ludwig II, der Nordteil an Lothar II., Provence und Burgund an den jüngsten, als Epileptiker nicht ernstlich regierungsfähigen Bruder Karl – der letzte Abglanz ausgleichender Kaisergewalt im Gesamtreich schwand.

    L., nunmehr der Senior des Karolingerhauses und mit Karl d. K. offen verfeindet, erhob 856 Pippins II. jüngeren Bruder Karl|zum Nachfolger des →Hrabanus Maurus auf dem Mainzer Erzstuhl († 863). Unterdes griff im Westreich die Mißstimmung von Aquitanien auf die Francia und Burgund über, und wieder richteten sich die Blicke auf L. Bei dem Konflikt, der sich hier zuspitzte, war gewiß naiver Machtwille im Spiel, keineswegs aber schon ein „nationaler“ Gegensatz. Im Rechtsdenken der Zeit handelte es sich um einen Appell einer zum Widerstande entschlossenen Adelsgruppe an den stärksten Repräsentanten der Dynastie und seine Verantwortung für das Gesamtreich. Politisch war es ein Versuch, das Teilungswerk von Verdun umzustürzen und in einer Personalunion wieder ein Großreich erstehen zu lassen. 856 wich L. der Aufforderung der Gegner Karls noch aus, aber einem Bündnis Karls d. K. mit Lothar II. begegnete er 857 in Trient durch ein Treffen mit dem Kaiser Ludwig II., und auf ein erneutes Ansuchen hin drang er im Aug. 858 von Worms aus tief nach Westfranken ein. Bei Brienne an der Aube hätte sich am 12.11. beinahe die Kolmarer Katastrophe Ludwigs d. Fr. von 833 wiederholt: Von „den Seinen“ verlassen, entzog sich Karl dem Kampf durch die Flucht nach Burgund. L. übernahm die Herrschaft, urkundete am 7.12.858 in der Pfalz Attigny, wo er sich mit Lothar II. traf, nach seinem 1. Jahr in occidentali Francia, vergab Grafschaften und Güter und entbot die westfränk. Bischöfe zu sich. Aber der Episkopat versagte sich ihm. EB Hinkmar von Reims hielt L. in einem feierlichen Mahnschreiben den Griff nach dem Reich des Bruders als schweres Unrecht vor – die Loyalität dieser Bischofsgeneration galt schon mehr dem Teilkönig als dem Gesamtreich, die Verselbständigung der Teilreiche schritt voran. Als dann auch im weltlichen Adel unter Führung der Welfen ein rascher Umschwung einsetzte, mußte L. schon am 15.1.859 einen eiligen Rückzug antreten; sein Griff nach Westfranken war fehlgeschlagen.

    Unter der Führung Hinkmars und gefördert von Lothar II. bemühten sich die Bischöfe des West- und des Mittelreiches um einen Ausgleich. Nach langwierigen Verhandlungen – Synoden in Metz und in Savonnières bei Toul, Begegnung L.s mit Karl und Lothar II. auf einer Rheininsel bei Andernach 859 – kam im Juni 860 der Friede von Koblenz zustande, der, von L. und Karl wie 842 in beiden Sprachen beeidet (aber nicht im Text überliefert), auf die Meerssener Verlautbarung von 851 zurückgriff. Von Karl erwirkte L. eine Amnestie für die westfränk. Großen, die sich ihm angeschlossen hatten - es war ein Konflikt um die noch rein persönlich verstandene Herren- und Vasallentreue, ohne jeden Bezug zu „nationaler“ Gesinnungsloyalität. Die ohnehin prekäre fraternitas lebte aber nicht wieder auf, der Dualismus von West- und Ostfranken war sanktioniert. Einen Zugriff Karls d. K. auf das provenzal.-burgund. Reich des jüngsten Neffen Karl wehrten L. und Lothar II. 861 durch eine diplomatische Intervention ab; nach dieses Karls Tod (863) teilten sich die Brüder Ludwig II. und Lothar II. in seine Länder.

    Eine offene, immer brisanter werdende Frage aber war die Zukunft des zweigeteilten Mittelreiches, wo mit keiner dynastischen Kontinuität zu rechnen war, da Ludwig II. überhaupt keinen, Lothar II. keinen vollbürtigen Sohn hatte. Lothars hartnäckiiges Bemühen, statt der kinderlosen Ehe mit Theutberga seine Verbindung mit Waldrada, von der er den Sohn Hugo hatte, zu legitimieren, zog ein Jahrzehnt lang weite Kreise. Weltliches und geistliches Gericht, die Päpste Nikolaus I. und Hadrian II. und erst recht die anderen Frankenkönige wurden damit befaßt. L., Lothar und Karl trafen sich im Nov. 862 in Savonnières, aber das politische Interesse an der alleinigen Rechtsgültigkeit von Lothars kinderloser Ehe bestimmte immer mehr das Verhalten L.s und Karls. Sie nahmen 863 erneut Kontakt auf; sie trafen sich 865 in Tusey bei Toul und in Köln; in Metz einigten sie sich 867 grundsätzlich auf eine künftige Teilung „der Reiche ihrer Neffen“, was freilich einer freundschaftlichen Begegnung L.s mit Lothar im Sommer 867 in Frankfurt nicht entgegenstand. Aber als Lothar II. am 8.8.869 starb und L. krank in Regensburg lag, nutzte Karl die Gunst der Stunde, setzte sich über die Teilungsabsprache hinweg und nahm mit einer feierlichen Krönung in der Karolingerstadt Metz (9.9.) das regnum Lotharii in Besitz. Vor L.s Drohung zurückweichend, fand er sich dann doch zu einer Teilung bereit, die im Aug. 870 in der Pfalz Meerssen detailliert – ungefähr entlang der Maaslinie – vereinbart wurde, so daß z. B. Köln (wo L. alsbald die Erhebung des EB Willibert durchsetzte), Aachen, Metz und Straßburg an die Francia orientalis fielen. Nördlich der Alpen bestand seitdem also nur noch eine Zweiteilung des Gesamtreiches.

    Das beherrschende Problem der nächsten Jahre war die doppelte Nachfolge des söhnelosen Ludwig II. im regnum Italiae und im Kaisertum. Der Ost- und der Westkönig beschritten dabei verschiedene Wege. L. traf|sich 872 in Trient mit der Kaiserin Angilberga, 874 bei Verona mit Ludwig II. selber und erwirkte, im Geiste der Samtherrschaft, die innerdynastische Designation seines ältesten Sohnes Karlmann (von Bayern) als Nachfolger im italischen Teilreich. Karl d. K. dagegen ließ sich von den Päpsten Hadrian II. († 872) und Johann VIII. die Nachfolge in der Kaiserwürde zusagen. Nach dem Tode des Kaisers (12.8.875) griff er wieder rasch zu. Er eilte nach Italien, wußte den aus Bayern heranrückenden Karlmann durch einen Waffenstillstand zu überspielen, empfing am Weihnachtstage 875 von Johann VIII. die Kaiserkrone und ließ sich im Febr. 876 in Pavia zum protector und defensor, faktisch also zum König, ausrufen. Alsbald trat im Sommer 876 eine glanzvolle westfränk. Reichsversammlung in Ponthion den Entscheidungen von Rom und Pavia bei. Hier erschienen jedoch auch Gesandte L.s, der, Protest erhob, seinen Anteil am Erbe Ludwigs II. forderte und zu militärischer Aktion ansetzte. In diesem Augenblick aber starb L. und hinterließ sein Ostfränk. Reich einer neuen Brüdergemeine, die sich mit einer im ersten Anlauf sehr erfolgreichen neuen großfränk. Reichs- und Kaiserpolitik des Westkönigs konfrontiert sah.

    L.s geschichtlicher Platz und Rang – in der Mitte zwischen Karl d. Gr. und Otto d. Gr. – ist erst dadurch fixiert worden, daß seine Söhne diese Großreichs- und Kaiserpolitik der westlichen Linie abwehrten und daß die von ihm verfügte Teilung des Ostreiches sich nach wenigen Jahren von selber wieder aufhob. Damit blieben die german. Länder nördlich der Alpen und östlich der Maas beieinander. Sie hatten sich durch L.s lange Regierung an eine gewisse Gemeinsamkeit gewöhnt, in einem Zeitalter, das zudem im Gebrauch des auf die Sprache bezogenen Wortes theodiscus und in schon vielfältigen, nicht selten sogar literarischen volkssprachigen Aufzeichnungen ein gegen Romanen und Slawen abgehobenes Eigenbewußtsein entwickelte. Eine politische Note eignet alledem jedoch noch keineswegs, nach Spuren eines die gesamtfränk. Kategorien sprengenden spezifisch ostfränk.-deutschen Staatsbewußtseins hat man vergeblich geforscht. Wenn L. von den westfränk. Zeitgenossen antikisierend als rex Germaniae (Germanorum) und in der eingebürgerten Fachsprache der Historiker als „L. der Deutsche, Louis le Germanique, Lodovico il Germanico, Louis the German“ bezeichnet wird, so kann dies gewiß zu argen Fehldeutungen verleiten, es behält aber in abstufend-differenzierender Rückschau seine Berechtigung, denn im Werdegang des deutschen Reiches und Volkes nimmt L. in der Tat einen wichtigen Platz ein.



    Siehe auch:
    Wikipedia Ludwig der Deutsche



    Geburt:
    wohl in Aquitanien

    Ludwig heiratete Hemma in 827. Hemma (Tochter von Welf und Heilwiga) wurde geboren um 808; gestorben am 31 Jan 876 in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland; wurde beigesetzt in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 84. von Chiemsee, Ermengard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 831 in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland; gestorben am 16 Jul 866 in Frauenchiemsee (Kloster),Bayern,Deutschland.
    2. 85. von Franken, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 86. von Franken, Bertha  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 833/839; gestorben am 26 Mrz 877 in Zürich [8000],Zürich,Schweiz.
    4. 87. von Franken, Hildegard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 828; gestorben in 856/859.
    5. 88. von Franken, Karlmann  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 830; gestorben am 22 Sep 880 in Altötting [84503],Altötting,Bayern,Deutschland; wurde beigesetzt in Altötting [84503],Altötting,Bayern,Deutschland.
    6. 89. von Franken, Ludwig III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 835 in Bayern,Deutschland; gestorben am 20 Jan 882 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; wurde beigesetzt in Lorsch Kloster [64653],Bergstraße,Hessen,Deutschland.
    7. 90. von Franken, Karl III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 839; gestorben am 13 Jan 888 in Neudingen [78166],Schwarzwald-Baar-Kreis,Baden-Württemberg,Deutschland; wurde beigesetzt in Reichenau [78479],Konstanz,Baden-Württemberg,Deutschland.

  15. 60.  von Franken, (Tochter) Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in um 800/802.

    Notizen:

    Geburt:
    Rotrud oder Hildegard

    Familie/Ehepartner: von Auvergne, Gerhard. Gerhard gestorben am 25 Jun 841 in Fontenoy [89520],Yonne,Bourgogne,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 91. von Auvergne, Ramnulf I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 815; gestorben am 5 Jul 866 in Brissarthe [49330],Maine-et-Loire,Pays de la Loire,Frankreich.

  16. 61.  von Franken, (Tochter) Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in um 800/802.

    Notizen:

    Name:
    Hildegard oder Rotrud

    Familie/Ehepartner: von Limoges, Rather. Rather gestorben am 25 Jun 841 in Fontenoy [89520],Yonne,Bourgogne,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]


  17. 62.  von Franken, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 819; gestorben nach 1 Jul 874; wurde beigesetzt in Cysoing [59830],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Friaul,Italien; Markgräfin von Friaul

    Notizen:

    Gisela Markgräfin von Friaul
    819- nach 874
    Begraben: Cysoing

    Einzige Tochter des Kaisers LUDWIG I. DER FROMME aus dem Hause der KAROLINGER aus seiner 2. Ehe mit der Judith, Tochter von Graf Welf

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 1464, Gisela (Gisla)

    * 819/22, + 874
    Tochter Kaiser LUDWIGS DES FROMMEN und der WELFIN Judith
    oo vor 840 (wohl um 836) Eberhard, Markgraf von Friaul, aus dem bedeutenden, dem Kaiserhaus nahestehenden Geschlecht der UNRUOCHINGER

    Gisela schenkte ihrem Gatten vier Söhne, darunter den späteren König von Italien, BERENGAR, und drei Töchter. Sie nahm an der Klostergründung in Cysoing bei Tournai teil und partizipierte vor allem auch an seinen starken geistigen Interessen, in denen Eberhard als Laie dem Vorbild des KARLS-Hofes folgte.

    Literatur:
    JDG Ldfr. 2, 1886, 153f [B. Simson] - K.F. Werner, Die Nachkommen Karls des Großen [Braunfels, KdG 4, 1967], bes. 487 - E. Hlawitschka, Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (Forsch. zur oberrhein. Landesgeschichte 4, 1960), 169ff. - P. Riche, La vie quotidienne dans l'empire Carolingien, 1973, bes. 290 [dt. 1981]

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen." III. 14 b. GISELA

    * ca. 820, + nach 874 1. VII.
    Gemahl:
    836/40 Eberhard, Markgraf von Friaul+ 864 oder 866

    Anmerkungen: Seite 111

    III. 14. Gisela
    Nach Witger, S. S. 5, 302f. Tochter der Judith. Über die Zeit der Vermählung siehe Hofmeister, M.I.Ö.G. Ergb. 7, 319, Anm. 1. Sie sagt (d'Achery spicilegium 2, 876) von KARL DEM KAHLEN 15.IV. 868: "rex Karolus meus, si dicere audeam, germanus", was beinahe an eine uneheliche Schwester denken lassen könnte. Noch sonderbarer und eigentlich ganz rätselhaft 2.IV.870 (ib.): Karolus meo, si fari audeam, olim germano", denn KARL lebte damals noch. Späteres Vorkommen bei d'Achery 1. c. zuletzt 1.VII.874 (2, 878). Ihr Gemahl Eberhard testiert 863/64, d'Achery 1. c. 2,285. Sonstige Nachrichten Dümmler, Gesta Berengarii 13, Anm. 3, und Geschichte des ostfränkischen Reiches 1, 41, Anm. 4. Ausführlich Hofmeister, M.I.G.Ö. Ergb. 7,316 bis 329. Dümmler hält Gisela nach der Zeit ihrer Heirat für älter als KARL, worin ich ihm beistimme. [IIIc 15]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 447, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 15
    Brandenburg (Anm. zu III, 14) äußert ganz ungerechtfertigte Zweifel an der Angabe Witgers (MG SS 5,302f.), Gisla sei eine Tochter LUDWIGS aus der Ehe mit Judith. Die höfische Umschreibung ihres Verwandtschafstverhältnisses zu KARL DEM KAHLEN in Urkunden Gislas (rex Karlus, meus, si dicere audeam, germanus) läßt B. "beinahe an eine uneheliche Schwester denken". Eine andere Stelle, "noch sonderbarer und eigentlich ganz rätselhaft", kannte B. nur in schlechter Überlieferung. Es heißt nicht ...Karolo meo, si fari audeam, olim germano, wie I. de Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoinf, nr. 4,p.8 druckte; Tessier 2,213, Anm 1 und nr.323 hat den authentischen Text ermittelt: ...res aseniore meo precelse indolis Evrardo perditas et a piissimo regum Karlo, meo, si fari audeam, germano, olim mihi restitutas. Gisla nennt eine ihrer Töchter nach ihrer eigenen Mutter Judith (unten IV,32). Ihre Ehe muß, wegen der Lebensdaten ihrer zahlreichen Kinder, c. 836 und nicht erst 836/40 (so B.) begonenn haben; der Tod Eberhards (B. "864 oder 866") gehört zu 866, vgl. Hlawitschka 171, Anm. 6; 223, Anm. 18.

    Schwennicke Detlev: Tafel 4 , "Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

    GISLA
    * Ende 819/820, + nach VIII. 874
    oo um 836 EBERHARD DUX (MARKGRAF) VON FRIAUL (UNRUOCHINGER) + 16.XII.866 Begraben: beide Cysoing

    Dümmler Ernst: Band I Seite 43 "Geschichte des Ostfränkischen Reiches."

    Judith beschenkte ihren Gemahl, dem sie durch ihren Geist weit überlegen war und auf dessen gelehrte Liebhabereien sie sogar mit Verständnis einging, mit zwei Kindern, einer Tochter Gisla [8 Daß Gisla älter als KARL war, vermute ich deshalb, weil sie schon bei Lebzeiten ihres Vaters, also vor 840 sich vermählte, siehe Agnelli liber pontific., vita Georgii c. 1 Giselam filiam suam tradidit marito Evrardo nomine (sc. Hludowicus), Muratori scr. rer. Italic. II, 185.] und einem schwächlichen Knaben KARL, von dem sie auf deutscher Erde zu Frankfurt am 13. Juni 823 entbunden wurde..

    Konecny Silvia: Seite 90,96, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Die Ehe Gislas, der jüngsten Tochter LUDWIGS, stellte hingegen einen völlig anderen, für eine KAROLINGERIN im Grunde genommen neuen Ehetypus dar. Ihr Gatte, Eberhard von Fraiul, stand zwischen dem Kaiser und dessen aufständischem Sohn LOTHAR. Er sollte durch die Ehe mit der Kaisertochter eher als Verbündeter gewonnen, denn als Günstling belohnt werden. Daß er darum auch Forderungen stellen konnte, liegt auf der Hand. Deshalb brachte auch die Verschwägerung mit einer KAROLINGERIN seiner Sippe einen ungewöhnlichen Aufstieg. Gisla war jene KAROLINGERIN, deren Sohn als erster von mehreren KAROLINGERN der weiblichen Linien König von Italien wurde. Die Ehe Gislas leitete eine Entwicklung ein, die sonst erst in der nächsten Generation zu beobachten ist.
    Mit der Verbindung Eberhards und Gislas hingegen, der Tochter Judiths setzte der Aufstieg der UNRUOCHINGER ein. Die Ehe der jüngsten LUDWIGS-Tochter war kein einseitiger Gunstbeweis des Kaisers. Als Eberhard Gisla heiratete, suchte er einen Verbündeten gegen seine Söhne. Der Gemahl Gislas war vielleicht schon 828 Markgraf von Friaul geworden. Er stand anscheinend sowohl zu LOTHAR, als auch zu LUDWIG in guten Beziehungen. Durch die Ehe mit Gisla sollte er vielleicht ganz auf die Seite LUDWIGS gezogen werden, möglicherweise auch als Vermittler zwischen Vater und Sohn fungieren.

    Bühler, Heinz: Seite 123,168,720,760, "Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze."

    Ruthard ist ein Vorfahr, wahrscheinlich der Großvater der Judith, der zweiten Gemahlin LUDWIGS DES FROMMEN. Judith könnte Gengenbach als ererbtes Eigenkloster ihrem Gemahl zugebracht bzw. ihren Kindern weitervererbt haben. Über ihre Tochter Gisela, die Gemahlin Eberhards von Friaul, wäre Gengenbach schließlich an die BURCHARDINGER und damit an den Sippenkreis gelangt, den wir als Vorbesitzer auch der übrigen Güter HEINRICH II. ermitteln konnten.
    Hansmartin Decker-Hauff hat versucht, den Stammvater Hupald von Hucbald, dem Laienabt von Cysoing (Flandern), dem Schwiegersohn Eberhards von Friaul (+ 874) und der KAROLINGERIN Gisela, Tochter LUDWIGS DES FROMMEN, herzuleiten.
    Ein Gutteil des ehemaligen Herzogsguts aber muß über Immas Tochter Hildegard, die Gemahlin KARLS DES GROSSEN, an die KAROLINGER gelangt sein. Dieses Gut vererbte sich über LUDWIGS DES FROMMEN Tochter Gisela, die Gemahlin Eberhards von Friaul, schließlich auf Reginlind, die mit Herzog Burchard I. (917-926) vermählt war.
    Lassen wir uns von dem Namen Gisela leiten, der - wie gesagt - im karolingischen Haus ganz besondere Bedeutung hatte, so stoßen wir zwei Generationen früher auf die gleichnamige Tochter LUDWIGS DES FROMMEN aus seiner zweiten Ehe mit der WELFIN J Judith. Diese Gisela, die Schwester KARLS DES KAHLEN (+ 877), war mit dem Markgrafen Eberhard von Friaul (+ 864) vermählt. Sie hatte ihrerseits wieder eine Tochter Gisela, die als Nonne in Brescia um 863 starb. Vor nahezu dreißig Jahren hat Emil Kimpen jene Gisela, die Tochter LUDWIGS DES FROMMEN, völlig zu Recht als die Großmutter von Reginlinds Mutter Gisela angesprochen [91 Kimpen, Königsgenealogie (wie Anm. 90) Seite 49f. und Seite 69.]; er hat sich nur hinsichtlich des Zwischenglieds geirrt.
    Die Nachkommen Eberhards von Friaul und der Kaisertochter Gisela werden nach Eberhards Vater Unruoch (ca. 790-811) die "UNRUOCHINGER" genannt. Es war dies eines der reichsten und mächtigsten Geschlechter seiner Zeit und - wie sich aus Eberhards Testament von 863/64 ergibt - so ziemlich im ganzen Frankenreich begütert. Ihr Besitz stammte einerseits von Eberhards Vater Unruoch, für dessen Familie neuerdings Begüterung auf der Münsinger Alb nachgewiesen wurde, zum anderen aus Giselas Mitgift und Erbe; dies war teils Hinterlassenschaft ihrer Großmutter Hildegard, die mütterlicherseits dem alemannischen herzogshaus entstamte, teils Erbe ihres Großvaters KARLS DES GROSSEN, der in Alemannien über konfisziertes ehemaliges Herzogsgut verfügte. Als Abkömmlinge LUDWIGS DES FROMMEN konnten die "UNRUOCHINGER" am ehesten Ansprüche an das Erbe Ludwigs des Kindes stellen. Als dieser Erbfall 911 eintrat, waren Reginlinds Mutter Gisela und deren Brüder erbberechtigt.

    Boshof Egon: Seite 153,229, "Ludwig der Fromme."

    Neue Männer hatten die politische Führung übernomen, aber das bedeuteet nicht eine neue Politik. Auf der Reichsversammlung von Nimwegen Anfang Mai 821 wurde die 'Ordinatio imperii' öffentlich verlesen und von den Großen beschworen; das Ganze wieiederholte sich Mitte Oktober in Diedenhofen. Ob diese Maßnahmen auch im Zusammenhang mit der Geburts des ersten Kindes aus LUDWIGS zweiter Ehe, der Tochter Gisela, standen, durch die deutlich wurde, daß der Kaiser weitere Nachkommen, auch Söhne, haben konnte? Eine solche Vermutung ist so abwegig nicht, bleibt aber spekulativ, da das genaue Geburtsdatum Giselas nicht auszumachen ist.
    Während des Jahres 836 wurden die Bemühungen um einen Ausgleich noch intensiviert. Auf der im Mai abgehaltenen Reichsversammlung von Diedenhofen, auf der auch Ludwig der Deutsche zugegen war, erschienen als Gesandte LOTHARS Wala, der ostarius Richard und der Markgraf Eberhard von Friaul mit zahlreichem Gefolge [65 MM² 962a; Simson, Ludwig der Fromme II, 152; Weinrich, Wala 87.]. Noch einmal schaltete sich also der bedeutende Staatsmann in die große Politik ein. Jetzt ging es um Versöhnung - und dies wohl noch immer im Dienste der Reichseinheitsidee. Sein Partner Eberhard von Friaul, aus der Familie der UNRUOCHINGER, zählte zu den bedeutendsten Aristokraten seiner Zeit [66 Zu Eberhard: Hirsch, Erhebung Berengars I.,33ff.,45ff.; zu seinem Testament: 61ff.; Simson, Ludwig der Fromme II, 153f.; Werner, Bedeutende Adelsfamilien, 133; H. Schmidinger, in: LexMA III (1986) 1513; Krahwinkler, Friaul im Frühmittelalter, 245ff.; zu seiner Bibliothek: P. Riche, Les bibliothequees de trois aristocrates laics carolingiens, in: Le Moyen Age 69 (1963) 87-104, insbesondere 97ff.]. Berühmt für seine gelehrten Neigungen, die sich nicht zuletzt in der von ihm hinterlassenen Bibliothek widerspiegeln, über reichen Familienbesitz in den fränkischen Kernlanden und in Schwaben verfügend, wegen seiner Frömmigkeit viel gepriesen, war er, der schwerlich als ein entschiedener Parteigänger LOTHARS bezeichnet werden kann, für das Amt des ehrlichen Maklers wie geschaffen. Da fiel dann nicht so sehr ins Gewicht, daß man dem dritten Unterhändler, dem Obertürwart Richard, in den LUDWIG DEM FROMMEN nahestehenden Kreisen seinen Verrat am Kaiser nicht verziehen hatten [67 Vgl. Thegan, Vita Hludowici append., 603: der Rihhardus perfidus wird hier dem Eberhardus fidelis gegenübergestellt. Zu Richard, der ein Oheim Bosos von Vienne und der Richildis, der zweiten Gemahlin KARLS DES KAHLEN war; Brunner, Oppositionelle Gruppen, 15 und 116; E. Hlawitschka, Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, 23f., 41,171.]. Das Ergebnis der Verhandlungen war vielversprechend: LUDWIG und seine Gemahlin söhnten sich mit Wala aus [68 Astronomus, Vita Hludowici c. 55, 641; Weinreich, Wala, 88.]; LOTHAR, der seine Bereitschaft, vor dem Vater zu erscheinen, signalisiert hatte, wurde freies Geleit zugesichert, worauf seine Gesandten sich für die Erfüllung seines Versprechens eidlich verbürgten [69 Ann. Bertiani ad a. 836, ed. Waitz, 12; vgl. Simson, Ludwig der Fromme II, 154.]. Möglicherweise ist gerade bei dieser Gelegenheit die Eheverbindung Eberhards mit Gisela, der Tochter des Kaiserpaares, abgesprochen worden [70
    Hellmann, Heiraten der Karolinger, 25 und Anm. 3; Simson, Ludwig der Fromme II, 154 und 161 Anm. 8; Hirsch, Erhebung Berengars I., 43f.] - es wäre ein der Bedeutung des Geschehens angemessener, glanzvoller Abschluß des Treffens gewesen.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 281, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    Leider fehlen Privatrechtsurkunden, die Auskunft über Vater, Familie [16 Waltfred scheint mit einer gewissen Gisela vermählt gewesen zu sein. König BERENGAR bestätigt jedenfalls am 9. November 893 dem Veroneser S. Zenokloster zwei manentes, quui pertinuerunt de curte Albareto (an der Etsch in der Grafschaft Verona), welche Gisla comitissa dem Kloster übertragen hatte und welche Gisla selbst erst per preceptum von BERENGAR erhalten hatte. Da diese zwei manentes in der Grafschaft Veronona lagen und Gisla auch nur die Gemahlin eines in den Jahren von 888 bis 894 in Verona amtierenden Grafen gewesen sein kann, so kommt eigentlich nur Waltfredus comes als Gemahl der Gisla comitissa in Betracht (Schiaparelli, I dipl. di Berengario I Seite 39, nr. 11). Gisela, die Gemahlin Eberhards von Friaul und Mutter BERENGARS, war nach dem Tode Eberhards (866?) nach Cysoing in Westfranken übergesiedelt; sie ist bei der Identifizierung nicht mehr zu berücksichtigen.] und Stammeszugehörigkeit zu geben pflegen, für Waltfred vollständig.


    836 oo Eberhard Markgraf von Friaul um 810- 864/66

    Kinder:
    - Unruoch Markgraf von Friaul 840-1.7.874
    - BERENGAR I. 840/45-7.4.924
    - Ingeltrud 827/40-2.4.870
    - Adalhard "von Burc" Laienabt von Cysoing 836-1.7.874
    - Rudolf Laienabt von Cysoing (874-892) 842-5.1.895
    - Heilwig 839 - 895
    853 1. oo Hukbald Graf von Dillingen
    890 2. oo Roger I. Graf von Laon - 926
    - Gisla Nonne zu Brescia 845 - 863
    - Judith 838 - 863
    oo Heinrich Graf von Ostfranken 830-20.8.886

    Literatur:
    Boshof Egon: Ludwig der Fromme. Primus Verlag Darmstadt 1996 Seite 153,229 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen. Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,111 - Bühler, Heinz: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze. Anton H. Konrad Verlag 1997 Seite 28,120,123,144/45,158,168,176/77,213,224,384/85, 624/25,719, 720,752/53,760,773,784/85,794,816/17,912,922,1008/09,1031,1033 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 43,174/Band II Seite 313 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 18 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 169 - Hlawitschka Eduard: Stirps Regia. Forschungen zum Königtum und Führungsschichten im frühen Mittelalter. Ausgewählte Aufsätze. Festgabe zu seinem 60. Geburtstag. Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris Seite 134,162, 233,335,350,352 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 90,96 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf. Graz-Wien-Köln 1963, Seite 143 - Riche, Pierre: Die Karolinger. Deutscher Taschenbuch Verlag München, Seite 217 - Schieffer, Rudolf: Die Karolinger. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seitte 125,181,195 - Schmid Karl: Reich und Kirche vor dem Investiturstreit. Gerd Tellenabch zum 80. Geburtstag. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1985, Seite 1 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgarrt Berlin Köln 2000, Seite 51 - Schneidmüller Bernd/Weinfurter Stefan: Otto III. Heinrich II. Eine Wende? Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 277A - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58,69 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996, Seite 45 - Schwennicke Detlev: Europäiscsche Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 4 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band IV Seite 447 - Werner, Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1995, Seite 446,465 - Zettler, Alfons: Geschichte des Herzogtums Schwaben. Verlag W. Kohlhammer GmbH Stuttgart 2003 Seite 110 -

    Begraben:
    Abtei

    Gisela heiratete von Friaul, Eberhard um 836. Eberhard wurde geboren um 810; gestorben in 866; wurde beigesetzt in Cysoing [59830],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 92. von Friaul, Unruoch  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 840; gestorben am 1 Jul 874.
    2. 93. von Friaul, Ingeltrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 837/840; gestorben am 2 Apr 870.
    3. 94. von Burc, Adalhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 836; gestorben nach 874.
    4. 95. von Friaul, Eberhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 837; gestorben vor 20 Jun 840.
    5. 96. von Friaul, Judith  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 838; gestorben in 863.
    6. 97. von Friaul, Heilwig  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 839; gestorben in 895.
    7. 98. von Friaul, Berengar I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 840/845; gestorben am 7 Apr 924 in Verona [37000],Venetien,Italien.
    8. 99. von Friaul, Rudolf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 842; gestorben am 5 Jan 892; wurde beigesetzt in Arras [62000],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich.
    9. 100. von Friaul, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 845; gestorben in 863.

  18. 63.  von Franken, Karl II.von Franken, Karl II. Graphische Anzeige der Nachkommen (30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 13 Jun 823 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; gestorben am 6 Okt 877 in Avrieux [73500],Savoie,Rhône-Alpes,Frankreich; wurde beigesetzt in Nantua [01130],Ain,Rhône-Alpes,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 25 Dez 875; römischer Kaiser
    • Titel/Amt/Status: 875-877, Italien; König von Italien
    • Titel/Amt/Status: 843-877; Westfränkischer König

    Notizen:

    Reich Karls des Kahlen nach dem Vertrag von Meerssen 870

    843-870 Europe



    Begraben:
    in Nantua beerdigt, später aber in die Kathedrale von Saint-Denis umgebettet.

    Karl heiratete von Orleans, Irmintrud am 13 Dez 842. Irmintrud (Tochter von von Orleans, Odo und von Fezensac, Ingeltrud) wurde geboren am 27 Sep 830; gestorben am 6 Okt 869 in Hasnon [59178],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 101. von Franken, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 102. von Franken, Judith  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 844; gestorben in 870.
    3. 103. von Frankreich, Ludwig II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 1 Nov 846; gestorben am 10 Apr 879 in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich.
    4. 104. von Aquitanien, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 847/848; gestorben am 29 Sep 866 in Buzancais [36500],Indre,Centre-Val de Loire,Frankreich; wurde beigesetzt in Bourges [18000],Cher,Centre-Val de Loire,Frankreich.
    5. 105. von Franken, Karlmann  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 850; gestorben in 876.
    6. 106. von Franken, Lothar  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 850; gestorben am 14 Dez 865.

    Karl heiratete von der Provence, Richlinde am 12 Okt 869. Richlinde (Tochter von von Amiens, Balduin und von Arles, Richilde) wurde geboren um 850; gestorben am 22 Mrz 929. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 107. von Franken, Rothild  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 871; gestorben in 928/929.

  19. 64.  Harduin Graphische Anzeige der Nachkommen (32.Bertha6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Name:
    (Hartnid)


  20. 65.  Nithard Graphische Anzeige der Nachkommen (32.Bertha6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 795; gestorben am 15 Mai 845; wurde beigesetzt in Saint-Riquier [80135],Somme,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: fränkischer Geschichtsschreiber

    Notizen:

    Wikipedia - Nithard

    Nithard (* um 795; † 845) war ein fränkischer Geschichtsschreiber. Seine Historiae stellen eine wichtige Quelle für das Frankenreich im frühen 9. Jahrhundert dar.

    Nithard war der uneheliche Sohn von Angilbert und Bertha, einer Tochter Karls des Großen. Über sein Leben ist nur wenig bekannt. Er nahm aktiv an den Bruderkämpfen der Karolinger teil und war ein Anhänger Karls des Kahlen. Er fiel im Kampf gegen die Normannen.
    Im Auftrag Karls des Kahlen verfasste er ein lateinisches Geschichtswerk, das üblicherweise als Historiae („Historien“) oder als Historiarum Libri IV („4 Bücher Geschichten“) bezeichnet wird. Darin schilderte Nithard die Zeit vom Tod Karls des Großen (814) bis in das Jahr 843. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf der Zeitgeschichte; während das erste Buch die Zeit bis 840 behandelt, sind die Bücher zwei bis vier den drei Jahren bis 843 gewidmet. Leitthema der Historiae sind die karolingischen Bruderkämpfe, für die Nithards Werk mit die wichtigste Quelle darstellt. Obwohl Nithard – der als einer der wenigen frühmittelalterlichen Geschichtsschreiber kein Geistlicher, sondern Laie war – zugunsten Karls des Kahlen Partei ergriff, beinhalten die Historiae sehr wertvolles Material. So überliefert Nithard den Inhalt der Straßburger Eide; auch ansonsten bietet sein Werk sehr wichtige Informationen, die teilweise nirgendwo anders überliefert sind. Allerdings ist eine pessimistische Grundhaltung aufgrund des von Nithard erkannten Niedergangs des Karolingerreichs erkennbar. Er äußert wiederholt seine Missstimmung über die Lage des Reiches und blickt daher recht wehmütig auf die Zeit Karls des Großen zurück.[1]
    Teilweise liegen Übereinstimmungen zwischen Nithard und dem Werk des sogenannten Astronomus vor. Ob dieser von Nithard abhängig ist oder umgekehrt oder beide einer gemeinsamen Quelle folgten, ist in der Forschung umstritten.[2]
    Die Historiae sind nur in einer Handschrift aus dem 10./11. Jahrhundert überliefert (Paris, BN lat. 9768).

    Neue Deutsche Biographie - Nithard

    fränkischer Geschichtsschreiber, ⚔ 15.5.845, ⚰ Saint Riquier.

    Der uneheliche Sohn Berthas und Enkel Karls d. Gr. wird erstmals in den Verhandlungen der Söhne Ludwigs d. Frommen († 20.6.840) nach dessen Tod erwähnt. Im karolingischen Brüderkrieg stand N. stets aktiv auf seiten Karls d. Kahlen, in dessen Auftrag er 842 in Aachen mit anderen westfränk. Großen an den Beratungen über die Teilung des Reiches mitwirkte. Auf Bitten Karls begann er seit Mai 841 die Geschichte seiner Zeit in vier von 814 bis 843 reichenden Büchern aufzuschreiben. Bei aller Sympathie für Karl und deutlicher Kritik an Lothar zeichnet sich N.s von unmittelbarem Erleben (Schlacht von Fontenoy 841) gespeistes Werk durch eine am Vorbild Karls d. Gr. orientierte Staats- und Reichsvorstellung aus, in deren Zentrum pax, iustitia und misericordia als Leitbegriffe politischen Verhaltens stehen. Während Karls Regierungszeit als Verwirklichung der rechten, naturgemäßen Ordnung idealisiert wird, sieht N. seine Gegenwart vom Konflikt zwischen der Sorge für das öffentliche Wohl (utilitas publica) und den immer stärker dominierenden Privatinteressen (cupiditas) bedroht. Viele, nur hier überlieferte Nachrichten (u. a. die Straßburger Eide vom 14.2.842, in denen sich Ludwig u. Karl in altfranz. und althochdeutscher Sprache öffentlich zu gegenseitiger Hilfe gegen Lothar verpflichteten, sowie die genaueste Grenzbeschreibung der Teilungspläne) begründen den besonderen Quellenwert von N.s pessimistisch ausklingenden Historien als „key testimony on the events of 840-842“ (Nelson 1996). N. blieb für lange Zeit der letzte Geschichte schreibende Laie. Die Wirkung seiner „Historien“ ist – angesichts einer einzigen erhaltenen Handschrift (Paris, Bibl. Nat., Ms. lat. 9768) – eher als gering einzustufen. N., der seinem Vater erst im Frühjahr 845 als (Laien-)Abt von St. Riquier nachfolgte, fiel 845 im Kampf gegen die Normannen in der Picardie.

    Werke
    Nithardi Historiarum libri IIII, ed. Ernst Müller, MGH SS rer. Germ. 44, 1907, ND 1965; Ph. Lauer, N., Hist. des fils de Louis le Pieux, 1926, 21964.

    Literatur
    ADB 23; Wattenbach-Levison-Löwe III, 1957, S. 353-57; W. Wehlen, Gesch.schreibung u. Staatsauffassung im Za. Ludwigs d. Frommen, 1970, S. 57-105; H. Patze, Iustitia bei N., in: FS f. H. Heimpel, III, 1972, S. 147-65; N. Staubach, Das Herrscherbild Karls d. Kahlen, Diss. Münster 1981, I, S. 78-85; J. L. Nelson, Public Histories and Private Hist. in the Work of N., in: Speculum 60, 1985, S. 251-93; dies., The search of peace in a time of war: The Carolingian Bruderkrieg, 840-843, in: Träger u. Instrumentarien d. Friedens im hohen u. späten MA, hg. v. J. Fried, 1996, S. 104-11; H.-W. Goetz, Regnum: Pol. Denken in der Karolingerzeit, in: ZSRG 104, 1987, S. 126-31; A. Önnerfors, In Nithardi Historiarum Libros Annotatiunculae, in: FS f. F. Brunhölzl, 1989, S. 75-84; P. Depreux, N. et la res publica: un regard critique sur le règne de Louis le Pieux, in: Médiévales 22-23, 1992, S. 149-61; LThK; Vf.-Lex. d. MA; Lex. MA.


  21. 66.  von Orleans, Odo Graphische Anzeige der Nachkommen (44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben in 834.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Orléans [45000],Loiret,Centre-Val de Loire,Frankreich; Graf von Orleans

    Notizen:

    Odo Graf von Orleans (828-834)
    834 gefallen
    Wahrscheinlich Sohn des Grafen Erbio und einer namentlich unbekannten Tochter von Graf Wilhelm von Toulouse; Enkel des Präfekten Gerold und Vetter des Grafen Bernhard von Barcelona

    Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 1356, Odo, Graf von Orleans
    + 834 gefallen
    oo Ingeltrud, Schwester des Seneschalls Adalhard I.

    Als Enkel Gerolds verfügte Odo über weitgespannte verwandtschaftliche Beziehungen im fränkischen Adel. Gefördert von Kaiserin Judith, gehörte er zur Partei seines Vetters, Graf Bernhard von Barcelona, die sich am Hof LUDWIGS DES FROMMEN durchsetzte und vom Sturz der Grafen Hugo von Tours und Matfrid von Orleans profitierte. Odo, mit Matfrids Grafschaft ausgestattet, blieb seinem Kaiser im Kampf mit dessen Söhnen treu und wurde darum 830 von Pippin I. und LOTHAR I. in Compiegne angeklagt, der Waffen beraubt und ins italienische Exil geschickt. Mit LUDWIGS Restitution kehrte auch Odo in die alte Stellung zurück. Ein von ihm geführter Heereszug 834 gegen die Grafen Lambert und Matfrid nach Neustrien endete unglücklich, mit seinem Bruder Wilhelm von Blois und anderen Anhängern des Kaisers fand Odo den Schlachtentod. Sein Verwandtenkreis prägte entscheidend die Politik des westfränkischen Reiches; KARL DER KAHLE heiratete 842 Odos Tochter Irmintrud.

    Seine Nachkommen waren die KONRADINER?

    Mitterauer Michael: Seite 14, "Karolingische Markgrafen im Südosten"

    Präfekt Gerolds Enkel Uado dürfte mit dem Grafen dieses Namens identisch sein, der 821 seinen Konsens zur Schenkung von Hadrians Witwe Waltrat gab. Die von ihr tradierten Güter stammten daher wohl aus der Hinterlassenschaft ihres Gatten. Als direkte Besitznachfolger Waltrats und Graf Utos erscheinen im Nahetal und in der Gegend von Bopard die KONRADINER. Da bei ihnen auch der Name Uto wiederholt vorkommt, sieht I. Dietrich in ihnen Nachkommen des 821 bis 824 nachweisbaren Grafen, den sie jedoch für einen Sohn der Waltrat hält. Die KONRADINER waren mit dem mächtigen Seneschall Adalhard verwandt, der durch seine Schwester Engeltrut ein Schwager des Grafen Uto von Orleans und ein Onkel der Kaiserin Ermentrut war. Alle Anzeichen scheinen dafür zu sprechen, dass dieser Graf Uto von Orleans mit dem Enkel Präfekt Gerolds identisch ist. Dieser tritt nach seinen Nennungen in den Fuldaer Urkunden noch einmal im Jahre 826 als Oberschenk des kaiserlichen Hofes in der Pfalz zu Ingelheim auf. Dann verschwindet er aus dem Rheinland.
    828 erscheint ein Graf Uto an der Loire. Er erhält nach dem Sturz Matfrids von Orleans dessen Grafschaft. Aber schon 830 wird er von König Pippin von Aquitanien vertrieben. Bei einem Versuch, sich neuerlich gegen Matfrid durchzusetzen, fällt er 834 zusammen mit seinem Bruder, dem Grafen Wilhelm von Blois.
    Daß Graf Uto von Orleans ein Enkel Präfekt Gerolds war, wurde aus anderen Gründen schon früher, vor allem von L. Levillain und M. Chaume, angenommen. Die These hat wirklich große Wahrscheinlichkeit.

    Dümmler Ernst: Band I Seite 53,58,60,63,96, "Geschichte des Ostfränkischen Reiches"

    Judith erkor für diese Aufgabe den Markgrafen Bernhard von Barcelona, Herzog von Septimanien, Sohn des für heilig gehaltenen, vielgefeierten Wilhelm von Toulouse und Vetter des kürzlich ernannten Grafen Odo von Orleans.
    Noch ehe die zum Gründonnerstage (14. April 830) nach Rennes entbotene Heeresversammlung stattgefunden hatte, erhob sich Pippin plötzlich in offenem Aufstande: von Aquitanien aus zog er nach Orleans, wo Graf Odo wiederum seinem Vorgänger Matfrid Platz machen mußte.
    Judith war unschädlich gemacht, Bernhard entwichen, sein Bruder Heribert mußte statt seiner büßen, indem er auf LOTHARS Befehl geblendet und nach Italien verbannt wurde; die letztere Strafe traf auch seinen Vetter Odo von Orleans.
    Die Kaiserin Judith befreite sich nach fränkischem Recht durch einen Reinigungseid von allen gegen sie erhobenen Beschuldigungen und wurde darauf, nachdem der Papst Gregor ihre Verschleierung für ungültig erklärt, in ihre früheren Recht wieder eingesetzt. Desgleichen ihre Brüder und Graf Odo von Orleans.
    Um die Grafen Matfrid und Lambert zu vertreiben oder zu vernichten, wurde der Heerbann des Landes zwischen Seine und Loire bis nach dem oberen Burgund hin aufgeboten, unter der Führung des Grafen Odo, der nun, da er sich mit seinem Vetter Bernhnhard für den Kaiser erhoben, zum zweiten Male Matfrids Nachfolger in Orleans geworden war, durch seine Eingriffe in das Kirchengut aber heftigen Haß auf sich gezogen hatte. Neben ihm fochten auch Bischof Jonas von Orleans und Abt Boso von Fleurry nebst vielen andern Grafen und Prälaten aus jenen Gegenden. Unter schweren Verwüstungen des flachen Landes, übermütig und siegesgewiß auf seine Übermacht, näherte sich Odo den Feinden, sorglose Unachtsamkeit aber stürzte ihn ins Verderben. Die Lotharier errangen durch plötzlichen Überfall nach kurzem Kampfe einen vollständigen Sieg und brachten, da ihre Gegner sich alsbald in wilde Flucht auflösten, denselben sehr große Verluste bei. Odo von Orleans selbst blieb auf der Wahlstatt, desgleichen sein Bruder Wilhelm von Blois, ferner Graf Wido von Maine, Graf Fulbert, der kaiserliche Kanzler Abt Theudo von Tours und andere.

    Boshof Egon: Seite 173,184,189,207, "Ludwig der Fromme"

    Im Februar des Jahres 828 wurden die Grafen Matfrid von Orleans und Hugo von Tours auf einer Reichsversammlung in Aachen für ihr Versagen beim Aufstand in der spanischen Mark mit dem Verlust ihrer Ämter und Lehen bestraft; Nachfolger Matfids in Orleans wurde Odo, ein Neffe Wilhelms von Toulouse.
    Auf der Reichsversammlung von Compiegne Ende April oder Anfang Mai 830 "begnadigte" LUDWIG seine Gemahlin zu Klosterhaft und Kirchenbuße. Bernhards Bruder Heribert wurde gegen LUDWIGS Willen geblendet, der Graf Odo abgesetzt und verbannt, andere Anhänger des alten Kaisers wurden inhaftiert.
    Um diese Zeit tritt außerdem zum ersten Mal ein Mann am Hof in Erscheinung, dem noch eine glänzende Karriere beschieden war: der Seneschall Adalhard, der mit dem Grafen Odo von Orleans verschwägert war.
    Aber LUDWIG täuschte sich; die Krise war noch nicht beigelegt. Im Juni wurde ein von dem Grafen Odo schlecht geführtes Heer an der bretonischen Grenze von den Grafen Matfrid und Lambert vernichtend geschlagen. Zu den Gefallenen zählte neben Odo selbst und weiteren Grafen auch der Kanzler Theoto.

    Schieffer Rudolf: Seite 127,134, Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992

    LOTHAR zum Beispiel konnte es nicht gleichgültig sein, daß sein Schwiegervater Hugo um allen Einfluß gebracht und Matfrid in der Grafschaft Orleans ausgerechnet durch Odo, einen Vetter des vor Barcelona siegreichen Grafen Bernhard, ersetzt wurde, der als Judiths Schützling galt.
    Unweit der bretonischen Grenze siegten in blutigem Gefecht LOTHARS Parteigänger, die Grafen Lambert (von Nantes) und Matfrid, wobei neben dem kaiserlichen Kanzler Theoto und etlichen Grafen auch Odo, Matfrids Rivale in Orleans, den Tod fand.

    Riche Pierre: Seite 200, "Die Karolinger"

    Zur gleichen Zeit befestigte KARL DER KAHLE seine Stellung im W-Frankenreich durch die Eheschließung mit Ermentrud, der Tochter des Grafen Odo von Orleans (13. Dezember 842). Odo entstammte einem mittelrheinischen Geschlecht, das zweifellos mit der Familie von KARLS DES GROSSEN Schwager Gerold verwandt war (vgl. Stammtafel IV). Er war verheiratet mit der Schwester des Grafen Gerhard und des Seneschalls Adalhard, eines der mächtigsten Großen im W-Frankenreich.

    Wenskus Reinhard, "Sächsischer Stammesadel und fränkischer Reichsadel"

    Udo machte 831 mit Ruthildis in Wieblingen im Lobdengau eine Schenkung. Hruothilt, die Tochter Giselas, die erste Äbtissin in Karbach wurde, war nach der Vita Liutbergae vorher vermählt gewesen, ohne dass der Name des Gatten genannt wird. Es isist zwar nicht anzunehmen, dass der 830 von Pippin vertriebene Graf Udo von Orleans, der als Stammvater der KONRADINER gilt, der Gemahl der Hruothilt war. Denn dessen Frau hieß Ingeltrud und war die Mutter Ermentruds, der Gattin KARLS DES KAHLEN. Doch die Vater-Schwester Ingeltruds, eine Tochter des Grafen Gerhard von Paris (753-779), hieß ebenfalls Rothild und gehörte einer Familie an, die von der Forschung mit dem für uns bezeichnenden Namen "ADALHARDE" etikettiert worden ist. Wir werden uns noch mit ihr zu beschäftigen haben. Diese Rothild ist aber wohl 831 schon tot gewesen. Wir werden an eine Verwandte, vielleicht sogar an die Tochter Giselas, denken müssen.

    oo Ingeltrud von Fezensac, Tochter des Grafen Leuthard

    Kinder:
    - Irmintrud (Ermentrud) 27.10.830-6.10.869
    13.12.842 oo KARL II. DER KAHLE König von Frankreich 13.6.823-6.10.877

    Literatur:
    Boshof Egon: Ludwig der Fromme. Primus Verlag Darmstadt 1996 Seite 173,184,189,207 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 53,58, 60,63,96,181 Anm.89 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969 Seite 164,167,171 - Mitterauerauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz Wien Köln 1963 Seite 14 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbmbH & Co. KG, München 1991 Seite 200 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 127,134,145 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 428 -

    Gestorben:
    gefallen

    Familie/Ehepartner: von Fezensac, Ingeltrud. Ingeltrud (Tochter von von Fezensac, Leuthard und Grimhild) wurde geboren in 805; gestorben nach 834. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 108. von Orleans, Irmintrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 27 Sep 830; gestorben am 6 Okt 869 in Hasnon [59178],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

  22. 67.  Eugenia Graphische Anzeige der Nachkommen (44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben nach 808.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Genannt: 808


  23. 68.  von Blois, Wilhelm Graphische Anzeige der Nachkommen (44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben nach 834.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Blois [41000],Loir-et-Cher,Centre-Val de Loire,Frankreich; Graf von Blois

    Notizen:

    Gestorben:
    fiel gegen Lambert I. von Nantes



Generation: 8

  1. 69.  von Vermandois, Pippin I. Graphische Anzeige der Nachkommen (50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 815; gestorben nach 850.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Graf nahe Paris

    Notizen:

    Pippin Graf nahe Paris
    815- nach 850 (nach 840/43)
    Sohn des Königs Bernhard von Italien und der Kunigunde (+ nach 835)

    Brandenburg Erich: Tafel 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    IV. Generation 1.
    Pippin (? ob Graf von Vermandois)
    * 817 oder 818, + nach 840

    Anmerkungen: Seite 111, IV. 1. Pippin

    Regino 818, S. S. 1, 567, beteiligt am Aufstand gegen KARL DEN KAHLEN 840, Nith. 2,3; S. S. 2,656. Ob er bereits Graf von Vermandois war wie seine Nachkommen, ist zweifelhaft. Die gleichzeitigen Quellen geben ihm nie den Grafentitel, s. E. Lemaire, Essai sur l'hist. de St. Quentin in Mem. de la soc. acad. de St. Quentin 62, 268f.
    * E (We): * ca. 815, + nach 840, 834 Graf nahe Paris
    Gemahlin: N.N. [IV 1

    Werner Karl Ferdinand: Seite 448, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation, 1.
    Zu Pippins Lebensdaten Werner, Untersuchung 92f. Die Frage von Brandenburg "?ob Graf von Vermandois" wird ebd. 88-91 beantwortet: Erst Pippins Sohn Heribert I. hat 896 die Grafschaft Vermandois erhalten.

    Pippin ging 836 nach Neustrien, da er seine italienischen Besitzungen von Kaiser LOTHAR I. nicht wiedererlangte, weil er mit anderen italienischen Großen die Kaiserin Judith aus klösterlicher Haft befreit hatte. Dafür erfuhr er durch Kaiser LUDWIG DEN FROMMEN große Förderung und erhielt im Pariser Raum Besitz und Grafenrechte.
    Schwager Helmut: Seite 23,24, "Graf Heribert II. von Soissons"

    Den Sturz König Bernhards machte natürlich auch seine Familie mit; so findet man seinen einzigen Sohn Pippin (+ nach 840/43) aus der Ehe mit der Königin Kunigunde in der Folgezeit natürlich nichts mehr als König, sondern lediglich unter den Großßen Italiens. Erst im April des Jahres 834 tauchte der knapp 20-jährige Pippin in den Quellen wieder auf, als er, während des zweiten Aufstandes der Söhne Kaiser LUDWIGS DES FROMMEN gegen den Vater, die in Cortona gefangengesetzte Kaiserin Judith mit anderen Großen rettete und sie dem Kaiser in Aachen wieder zuführte. Natürlich konnte sich Pippin, wie auch die anderen beteiligten Großen, danach nicht mehr in Italien, der Machtbasis des ältesten Kaisersohnes LOTHAR I., halten, und so blieb er seit 834 bei Kaiser LUDWIG DEM FROMMEN beziehungsweise dessen Lieblingssohn König KARL II. DEM KAHLEN in Gallien. Wahrscheinlich erhielt er hier Grafschaften in der Nähe von Paris, jedenfalls erschien er dort im Jahre 840 unter den Getreuen des westfränkischen Königs KARLS DES KAHLEN, wie so viele aus LUDWIGS DES FROMMEN engerer Umgebung. Als aber im Herbst 840 Kaiser LOTHAR I. auf Paris marschierte, fiel Graf Pippin von König KARL DEM KAHLEN ab; damals erschien er zum letzten Mal in den Quellen. Wie die meisten Ungetreuen dürfte der HERIBERTINER im Jahre 841, spätestens aber bei der Reichsteilung zu Verdun 843 wieder in den Dienst König KARLS DES KAHLEN zurückgekehrt sein.
    Jedenfalls tauchten zwei von seinen drei Söhnen, Pippin (+ nach 893) und Heribert I. (+ 900/06), in der engsten Umgebung Kaiser KARLS II. DES KAHLEN auf; und zwar sandte sie der westfränkische Herrscher im September des Jahres 877 auf seinem zweweiten Italienzug mit seinem Notar Audacher und dem Grafen Goiram nach Oberitalien, um Papst Johannes VIII. das Ehrengeleit nach Pavia zu geben. Der Autor der Annales Bertiani, Erzbischof von Hincmar von Reims, nennt dabei beide HERIBERTINER ohne Rangbezeichnung, weswegen sie anscheinend lediglich am Hofe KARLS DES KAHLEN lebten und damals noch keine Grafen gewesen sind.


    oo N.N.


    Kinder:

    - Bernhard Graf unweit Laons 845-28.1.893
    - Pippin Graf nördlich von Paris 845-28.1.893
    - Heribert I. Graf von Vermandois um 840-6.11.900/07 ermordet


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel I - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 96,119,143 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 23/24,63 Anm. 297 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 448 -

    Gestorben:
    (nach 840/43)

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 109. von Vermandois, Heribert I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 840; gestorben in 900/907.
    2. 110. Pippin  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 845; gestorben nach 28 Jan 893.
    3. 111. Bernhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 845; gestorben am 28 Jan 893.

  2. 70.  von Paris, Leuthard Graphische Anzeige der Nachkommen (53.Alpais7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 806; gestorben in 858/859.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Graf von Paris

    Notizen:

    Leuthard Graf von Paris
    um 806-3.1.858/59
    Sohn des Grafen Bego von Paris aus seiner 2. Ehe mit der Alpais, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DEM FROMMEN

    Brandenburg Erich: Tafel I, Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 -

    IV. Generation 22. Letard
    Sohn des Grafen Bego I. von Paris und der Alpais, Tochter LUDWIGS DES FROMMEN

    Werner Karl Ferdinand: Seite 448, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)" Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf

    IV. Generation 2-4

    Zu den Kindern der Alpais und des Grafen Bego, von denen Susanne bisher unbekannt war, sich aber als Mutter von KARLS DES KAHLEN Pfalzgraf Adalhard und als Großmutter der Königin Adelheid, Gattin Ludwigs des Stammlers, nachweisen läßt, vgl. Exkurs 2

    Werner Karl Ferdinand: Seite 430, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    Als Kinder der beiden sind uns bekannt Leuthard und Eberhard. Beide wurden etwa zwischen 805 und 810 geboren. In Leuthard dürfen wir einen Grafen von Paris sehen, denn im Necrolog von Saint-Germain-des-Pres wird in einem Eintrag, der den Jahren 858/59 angehört, sein Tod zum 3. Januar mit den Worten depositio Leuthardi comitis angegeben, und es liegt nahe, Leuthards Nachfolge in einer Grafschaft, die schon sein Vater innehatte, anzunehmen.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 166, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert"

    Aus der Ehe Begos mit Alpais sind nachweislich zwei Söhne, die Grafen Leuthard und Eberhard hervorgegangen, von denen der erstere wieder Graf von Paris gewesen ist (+ 858/69), der zweite hingegen im nordburgundischen Raum tätig war und dort zwischen 861 und 871 offenbar kinderlos verstarb.

    Boshof Egon: Seite 66, "Ludwig der Fromme"

    Wie sehr jedoch LUDWIG seine Dienste geschätzt hat, wird auch daran deutlich, daß er seinen Söhnen Leutard und Eberhard nach seinem Tod die väterlichen Lehen und Ämter übertragen hat.

    Literatur:
    Boshof Egon: Ludwig der Fromme. Primus Verlag Darmstadt 1996 Seite 66 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel I - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 166-169 -

    Gestorben:
    3.1.


  3. 71.  von Paris, Eberhard Graphische Anzeige der Nachkommen (53.Alpais7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 808; gestorben in 861/871.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Burgund,Frankreich; Graf im nordburgundischen Raum

    Notizen:

    Eberhard Graf im nordburgundischen Raum
    um 808- 861/71
    Sohn des Grafen Bego von Paris aus seiner 2. Ehe mit der Alpais, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DEM FROMMEN

    Brandenburg Erich: Tafel I, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    IV. Generation 23.
    Eberhard
    Sohn des Grafen Bego I. von Paris und der Alpais, Tochter LUDWIGS DES FROMMEN

    Werner Karl Ferdinand: Seite 448, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)" Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf

    IV. Generation 2-4

    Zu den Kindern der Alpais und des Grafen Bego, von denen Susanne bisher unbekannt war, sich aber als Mutter von KARLS DES KAHLEN Pfalzgraf Adalhard und als Großmutter der Königin Adelheid, Gattin Ludwigs des Stammlers, nachweisen läßt, vgl.
    Exkurs 2

    Werner Karl Ferdinand: Seite 430, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    Als Kinder der beiden sind uns bekannt Leuthard und Eberhard. Beide wurden etwa zwischen 805 und 810 geboren. Leuthards Bruder Eberhard ist etwa um die gleiche Zeit, zwischen 861 und 871 gestorben; auch er war Graf, jedoch keineswegs notwendig oder auch nur wahrscheinlich in Reims, wie Louis angenommen hat [Aus der in der vorigen Anmerkung erwähnten "Teilung" der von Bego innegehabten Ämter auf seine Söhne schloß Louis 25, Eberhard sei Graf von Reims geworden so, wie Leuthard dem Vater in Paris folgte. Es ist aber gar nicht sicher, daß Bego Graf von Reims war; das braucht aus dem Umstand, daß er dort Besitz hatte und seine Gattin Alpais/Elpheid Äbtissin von S.-Pierre-le-Bas in Reims war, nicht zu folgen. Beziehungen zur Reimser Kirche bestanden, wie uns ja Flodoard die Söhne der Alpais nur erwähnt, weil sie gemeinsam mit ihrer Mutter durch einen Prekarienvertrag des erwähnten Klosters, das Alpais von LUDWIG DEM FROMMEN erhalten hatte, an die Reimser Kirche schenkten. - Das Todesdatum Eberhards ergibt sich aus der in der folgenden Anmerkung zitierten Urkunde KARLS DES KAHLEN von 871 VI 8: Zu diesem Zeitpunkt ist Eberhard schon einige Zeit verstorben. Erwähnt wird eine Konfiskation seiner villa Sennecey in der Grafschaft Macon wegen Untreue. Louis denkt an 841 und möchte duie ebenfalls im Diplom erwähnte Restitution zu 843 ansetzen. Viel wahrscheinlicher ist die Annahme, Eberhard habe sich, wie der ganze Anfang seines Vetters Adalhard, des Seneschalls, an der großen westfränkischen Adelserhebung von 858 beteiligt und habe ebenso wie Robert der Tapfere 861 die von KARL DEM KAHLEN konfiszierten Besitzungen zurückerhalten. Diese Annahme wird gestützt durch den Umstand, daß wir den comes Odo kennen, der im Diplom als Beauftragter des Königs genannt wird, ebenso seinen Nachfolger Aledrannus, dilectus comes et ministerialis noster. Beide waren seit den 60-er Jahren des 9. Jahrhunderts nacheinander missus für N-Burgund. Eberhard starb also nach 861 und vor 871.]. Eberhard starb wohl kinderlos, da er seinen Neffen Adalhard in einem wichtigen, uns zufällig bekannten Fall, zum Erben einsetzte.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 166, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert"

    Aus der Ehe Begos mit Alpais sind nachweislich zwei Söhne, die Grafen Leuthard und Eberhard hervorgegangen, von denen der erstere wieder Graf von Paris gewesen ist (+ 858/69), der zweite hingegen im nordburgundischen Raum tätig war und dort zwischen 861 und 871 offenbar kinderlos verstarb.

    Boshof Egon: Seite 66, "Ludwig der Fromme"

    Wie sehr jedoch LUDWIG seine Dienste geschätzt hat, wird auch daran deutlich, daß er seinen Söhnen Leutard und Eberhard nach seinem Tod die väterlichen Lehen und Ämter übertragen hat.



    oo N.N.

    Kinder:

    - Bego II. Graf von Paris - nach 861 23.IV.


    Literatur:
    Boshof Egon: Ludwig der Fromme. Primus Verlag Darmstadt 1996 Seite 66 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel I - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969 Seite 166,168 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 430 -

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 112. von Paris, Bego II.  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 861.

  4. 72.  von Italien, Ludwig II. Graphische Anzeige der Nachkommen (55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 825; gestorben am 12 Aug 875 in Brescia [25100],Brescia,Lombardia,Italien; wurde beigesetzt in Mailand [20100],Lombardia,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 6 Apr 850; römischer Kaiser
    • Titel/Amt/Status: 855-875, Italien; König von Italien

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie
    L. nimmt unter den spätkaroling. Herrschern eine Sonderstellung ein. Erzählende Quellen aus L.s Umkreis fehlen, die meisten Chronisten stehen ihm distanziert gegenüber (Liber Pontificalis, Hinkmar von Reims, Erchempert von Montecassino). Eine kritische Edition seiner ca. 80 erhaltenen Urkunden (wozu noch etwa 50 Deperdita kommen) liegt noch nicht vor. Wichtige Ereignisse lassen sich nicht einmal chronologisch genau einordnen.

    Geboren als ältester Sohn Kaiser Lothars I. frühestens 822 und kaum später als 825, ist L. vermutlich mit diesem spätestens 829 nach Italien gekommen, doch ist über seine Jugend und Erziehung nichts bekannt. Der Großvater, Ludwig d. Fromme, scheint ihm 839 (wie einst Karl d. Große seinem Enkel Bernhard) Italien als Herrschaftsbereich zugewiesen zu haben. Nachdem Lothar I. im Juli 840 Italien für immer verlassen hatte, wuchs L. in die traditionelle Rolle eines fränk. Unterkönigs mit eingeschränkter Regierungsgewalt hinein. In eigenem Namen Urkunden konnte er zunächst nicht; auch blieb der Vater durch seine Missi weiter in Italien vertreten, doch begannen italische Privaturkunden schon seit 840 vereinzelt nach L. als dem neuen rex Italiae, der auch schon über eine eigene Hofkapelle verfügte, zu datieren.

    L. sah sich alsbald mit jenen Kräften konfrontiert, die für sein politisches Schicksal bestimmend wurden: den Arabern, die von Afrika aus nach den byzantin. Restbesitzungen in Sizilien und Süditalien zu greifen begannen und dabei auch die langobard. Fürstentümer bedrohten, und dem röm. Papsttum, dessen Patrimonien bald ebenfalls Ziel arab. Streifzüge wurden. Im Sommer 842 vereinbarte Lothar in Trier mit einer byzantin. Gesandtschaft ein Bündnis gegen die Araber und eine Verlobung L.s mit einer griech. Prinzessin, doch verlautet von dieser Absprache dann nichts mehr. Zwei Jahre später zog L. im Auftrag seines Vaters mit fränk. Heeresmacht und in Begleitung seines Großoheims, des EB Drogo von Metz, nach Rom, wo man bei der Erhebung des neuen Papstes Sergius II. die in der Constitutio Romana von 824 festgelegte kaiserliche Mitwirkung übergangen hatte. Eine von Drogo in Anwesenheit L.s geleitete Synode erkannte nach harten Kontroversen Sergius an, doch mußten die Römer dem Kaiser neuerlich einen Treueid leisten und Garantien für künftige Papstwahlen geben. Anschließend salbte Sergius L. zum König „der Langobarden“, wodurch die traditionelle Sonderstellung des italischen Unterkönigreichs gefestigt wurde, auch wenn die Salbung im Sinne fränk. Rechtsvorstellungen nicht konstitutiv für das Königtum L.s war. Noch in Rom erschien Fürst Siginolf von Benevent und huldigte L.; 845 sind auch erstmals Königsboten L.s in richterlicher Mission bezeugt. Ein Deperditum aus demselben Jahr läßt den Schluß zu, daß L. nun auch in eigenem Namen Urkunden konnte. Vor Ende der 40er Jahre schließlich setzt auch die Kapitulariengesetzgebung L.s ein. – Als im Sommer 846 arab. Korsaren die Peterskirche plünderten und erst nach schweren Kämpfen, an denen wahrscheinlich L. noch mit schnell zusammengezogenen Truppen beteiligt war, wieder nach Süden abgedrängt werden konnten, bestellte Lothar seinen Sohn zu sich über die Alpen, um über Gegenmaßnahmen zu beraten. Der damals beschlossene Feldzug, der erst 848 zustandekam, brachte aber keinen nachhaltigen Erfolg. Es gelang L. nur, einen Friedens- und Teilungsvertrag zwischen den verfeindeten langobard. Fürsten Siginolf (von Salerno) und Radelchis (von Benevent) zustandezubringen und so die Ausgangslage für die Abwehr der arab. Expansion in Süditalien zu verbessern.

    Im Jahre 850 griff Lothar abermals entscheidend in die Geschicke Italiens ein. Er designierte L. zum Mitkaiser und schickte ihn nach Rom, wo er zu Ostern 850 von Papst Leo IV. zum Kaiser gesalbt wurde. Daß diesem Akt aus späterer Sicht grundsätzliche Bedeutung zukam – der Papst war damit endgültig als alleiniger Konsekrator anerkannt -, war den Zeitgenossen nicht bewußt. Mit der Kaisersalbung, die der päpstliche Chronist wegen seiner Abneigung gegen jede Art von Mitkaisertum verschweigt, begann die selbständige Herrschaft L.s, dem jetzt die volle Kirchenhoheit, auch über Rom und das Patrimonium B. Petri, zustand. Die überlieferten Urkunden L.s, in denen Lothar I. als Erstkaiser wie üblich protokollarisch genannt wird, setzen Anfang 851 in dichter Folge ein –|als Epochendatum gilt der Tag der Kaiserweihe –, während Lothar in der Folgezeit nur noch in Ausnahmefällen für italische Empfänger geurkundet hat.

    L.s selbständige Politik folgte zunächst ganz den von Lothar I. († 855) vorgezeichneten Grundzügen. Dies gilt sowohl für den 852 mit unzureichenden Kräften erneuerten Versuch, die Araber im Süden der Halbinsel zurückzudrängen, als auch für seinen erstmals 853 und seitdem mehrfach (so bei der Wahl der Päpste Benedikt III. 855, Nikolaus I. 858 und schließlich Hadrian II. 867) nachdrücklich vertretenen Anspruch auf die umfassende, auch die Gerichtshoheit einschließende kaiserliche Oberhoheit über Rom und den Kirchenstaat im Sinne des römischen Vertragswerks von 824/25, das er mit neuem Leben erfüllte. Vor allem aber zeigt sich diese auffallende politische Kontinuität in dem 856 erkennbaren Verzicht des nunmehr alleinigen Kaisers auf eine expansive großfränk. Politik (Ausgleich mit seinen Brüdern Lothar II. und Karl von der Provence 856 in Orbe, mit Lothar II. 864 und 865 abermals in Orbe). Daß sich L. dabei zunächst an seinen Oheim Ludwig „den Deutschen“ von Ostfranken, den Senior der Dynastie, angelehnt hat (Treffen 857 in Trient), entsprach ganz traditionellen fränkischen Rechtsvorstellungen. Aus dem gemeinsamen Erbe seines Vaters erhielt er schließlich (863) nur den östlichen Teil der Rhôneländer. Es lag ganz auf der Linie dieser der Reichseinheitsidee nicht länger verpflichteten Politik, daß L. auch nach dem Tod seines unglücklichen Bruders Lothar II. 869 keinen ernsthaften Versuch unternommen hat, den formal damals erhobenen und von Papst Hadrian II. auch unterstützten Anspruch auf das Reich Lothars II. zu realisieren. L.s Kaisertum blieb dauerhaft auf Italien beschränkt, was schon Hinkmar veranlaßt hat, von L. als dem imperator Italiae zu sprechen.

    Es lag in der Konsequenz dieser Konzentration auf Italien, daß L. bald neue Akzente in der inneren Entwicklung seines Reiches gesetzt hat. Stand die umfassende Kapitulariengesetzgebung der 50er Jahre noch in bester karoling. Tradition, so ließ der starke personelle Ausbau der Hofkapelle, deren Mitglieder zunehmend von der Weltgeistlichkeit der oberitalischen Bischofssitze gestellt wurden (Piacenza, Cremona, Pavia), bereits eine über das Vorbild seines Vaters hinausgehende Dimension erkennen, die auf eine stärkere Instrumentalisierung der Bischofskirchen für die Belange der Königsherrschaft hinauslief. Parallel hierzu stärkte L. ihm nahestehende Bischöfe und Bistümer (Cremona, Novara, Como, Bergamo, Padua, Piacenza, Parma, Reggio, Modena) durch umfassende Schutz- und Immunitätsverleihungen und intensivierte zu deren Schutz die missatische Rechtspflege, die sich zunehmend auf die zahlenmäßig stark angewachsene Gruppe der Hofrichter (iudices imperatoris, notarii imperatoris) stützte. Mit Beginn der 60er Jahre, als die alte, noch von den Gefolgsleuten Lothars I. gestellte Führungsschicht in den Schlüsselpositionen des Regnum und am Hofe abtrat (der Erzkapellan Joseph von Ivrea, ein alter Vertrauter Lothars I., verschwand schon Mitte der 50er Jahre, die noch aus der Kapelle Lothars I. stammenden bewährten Kanzlisten Druktemir und Remigius schieden Anfang der 60er Jahre aus), konnten sich die eigenständigen Tendenzen L.s stärker entfalten. Die damaligen Konzentrationsbestrebungen am Hof gingen so weit, daß das bisher einflußreiche Amt des Erzkapellans bzw. Erzkanzlers als Leiter der Hofkapelle und ihrer Beurkundungsstelle verwaiste und das Urkundenwesen selbst – in augenfälligem Bruch mit der Tradition – unter direkter Zuständigkeit des Kaisers neu geregelt wurde. Damals trat auch die Kaiserin Angilberga, eine aus einflußreichem oberitalischem Adel fränk. Herkunft (Supponiden) stammende Frau, die L. etwa 853 geheiratet hatte, als consors regni immer stärker in den Vordergrund. Angilberga, die ihrem Gemahl geistig überlegen gewesen zu sein scheint, übernahm in der Folgezeit wichtige diplomatische Missionen im Verkehr mit dem Papsttum und den Nachbarreichen.

    Mit Beginn der 60er Jahre scheint L. erstmals darangegangen zu sein, seine Herrschaft auch im Süden der Halbinsel stärker zur Geltung zu bringen (Unterwerfung des Fürsten Adelchis von Benevent im Hochsommer 860). Im Frühjahr 866 unternahm er den Versuch, in einer gewaltigen Kraftanstrengung ganz Süditalien unter seiner Führung zusammenzuschließen und die Araber zu vertreiben. Nach langen und wechselvollen Kämpfen, die sich fünf Jahre hinzogen, gelang es ihm im Februar 871 endlich, das lange vergeblich belagerte Bari, Sitz eines arab. Emirs, mit byzantin. Flottenhilfe einzunehmen. Damals stand L. auf dem Höhepunkt seiner politischen Karriere. Sein nach der Einnahme Baris an den byzantin. Kaiser gesandtes, wahrscheinlich von dem päpstlichen Bibliothekar und Vertrauten L.s, Anastasius, verfaßtes umfangreiches Schreiben gipfelt in einer bemerkenswerten Selbstdarstellung des westlichen Kaisertums, die ganz in der päpstlichen Auffassung vom Kaisertum wurzelt. Schon der Titel, den L. in seinem Schreiben zum ersten Mal führt, ist in diesem Sinne programmatisch: L. imperator augustus Romanorum. Das byzantin. Kaisertum wird als nicht-römisch und nicht-päpstlich (d. h. apostatisch) abgewertet.

    Dem Triumph L.s folgte noch 871 ein schwerer Rückschlag: Adelchis von Benevent, in seiner Unabhängigkeit immer weiter eingeschränkt, nahm den ahnungslosen Kaiser nebst Familie und engsten Vertrauten gefangen, ließ den kaiserlichen Schatz plündern und zwang L. zu dem Eid, nie wieder in feindlicher Absicht nach Benevent zurückzukehren. Erst dann, nach fünfwöchiger entehrender Gefangenschaft, ließ er ihn wieder frei. Obwohl L. sofort anschließend energisch daranging, mit Hilfe Hadrians II., der ihn vom Eid löste und etwa Pfingsten 872 eine feierliche Neukrönung („Befestigungskrönung“) vornahm, seine Stellung wieder zu festigen, konnte er Benevent nicht wieder unterwerfen. Im Herbst 873 kehrte er für immer nach Norden zurück. Angilberga und seine einzige noch lebende Tochter Irmingard, die zunächst in Capua zurückgeblieben waren, folgten dem Kaiser ein Jahr später. Süditalien wurde wieder Kampffeld arab. Emire, griech. Statthalter und geschickt lavierender christlicher Kleinfürsten, die die Araber als potentielle Verbündete mehr und mehr in ihr politisches Kalkül einbezogen. Byzanz, das sich in Bari festsetzte, zog als einziger Beteiligter dauerhaften Nutzen aus dem Scheitern L.s. Die Gründe für den Aufstand des Adelchis und seiner Mitverschwörer sind in dem Versuch L.s zu suchen, in Süditalien eine Königsherrschaft nach oberitalisch-fränk. Muster aufzurichten. Sein Versuch wurde von den Langobarden um so mehr als Fremdherrschaft empfunden, als sich L. zunehmend auf oberitalische Gefolgsleute im Umkreis der Kaiserin stützte (Graf Suppo).

    Die letzten Lebensjahre des Kaisers standen ganz im Zeichen der ungelösten (und auch unlösbaren) Nachfolgefrage. Da aus der Ehe mit Angilberga (an der L. bis zu seinem Tod mit Zeichen echter Zuneigung festhielt, obwohl die ehrgeizige Kaiserin seiner Umgebung zunehmend verhaßt wurde) nur zwei Töchter hervorgegangen waren, blieb die dynastische Frage, an der schon Lothar II. gescheitert war, grundsätzlich offen. Daß die Oheime des Kaisers, vor allem der etwa gleichaltrige Karl d. Kahle, dem Hadrian II. bereits 872 die Kaiserkrone in Aussicht gestellt hatte, unverhohlene Nachfolgepläne schmiedeten, lag ganz in der Tradition genossenschaftlicher Samtherrschaft gleichberechtigter Karolingersprosse in einem noch nicht verfestigten Teilungsgefüge. Angesichts dieser Ausgangslage setzte man am Hofe L.s ganz auf die ostfränk. Karte. Angilberga traf sich bereits im Mai 872 in Trient mit Ludwig „dem Deutschen“, L. selbst zwei Jahre später mit ihm bei Verona. Obwohl die gegen Karl d. Kahlen gerichteten diplomatischen Initiativen – ein Geheimabkommen sah anscheinend die Nachfolge Karlmanns von Bayern vor – nicht verborgen bleiben konnten und insbesondere Karl d. Kahle sich unmittelbar bedroht fühlte, kam es nicht zu einem förmlichen, durch Garantieeide der Großen bekräftigten Vertragswerk, das die Nachfolge Ludwigs „des Deutschen“ oder eines seiner Söhne verbindlich geregelt hätte, sondern anscheinend nur zu einer (rechtlich unverbindlichen) Designation Karlmanns durch L., über die sich Karl d. Kahle dann aber hinweggesetzt hat.

    Neben der Nachfolgefrage betrafen L.s Maßnahmen in seinen letzten Lebensjahren die Sicherung des Klosters Casauria, das er im Gebiet von Chieti an der Pescara nach seiner Freilassung aus der Gefangenschaft Ende 871 zu seinem Seelenheil und zur Feier seiner Memoria – nicht primär aus strategischen Gründen – gegründet hatte. Seine weitere Fürsorge galt damals seiner Gemahlin, die er zusammen mit Ludwig „dem Deutschen“ im Mai 874 bei Verona dem neuen Papst Johannes VIII. kommendierte und für deren großzügige vermögensrechtliche Absicherung er durch umfangreiche Schenkungen gesorgt hat.

    Am 12.8.875 ist L. im Gebiet von Brescia wohl auf einem der dortigen Königshöfe gestorben. Bischof Andreas von Brescia setzte ihn zunächst in seiner Kathedrale bei, mußte den Leichnam aber schon eine Woche später Erzbischof Anspert von Mailand überlassen, der ihn in feierlichem Zug nach Mailand überführte, wo er am 19. August in Sant'Ambrogio, der traditionsreichen Grablege der karolingischen Könige Italiens, endgültig bestattet wurde. Seine zeitgenössische Grabplatte feiert ihn als Friedensstifter und Sarazenenbezwinger.

    Durch bewußte Konzentrierung auf das ihm schon in jungen Jahren anvertraute Regnum Italiae hat L.s Herrschaft eine erstaunliche, in den spätkaroling. Regna einmalige Intensität und Stabilität erreicht. Der traditionellen Ordnungs- und Friedenssicherungsaufgabe seines Amtes war L. unter allen jüngeren Karolingern am ehesten gewachsen. Den in den karoling. Nachbarreichen damals wachsenden Einfluß von Hochadel und Episkopat hat er noch in Grenzen gehalten. Wäre seiner Politik die dynastische Kontinuität beschieden gewesen, so hätte auch das alte Regnum Langobardorum – ähnlich wie später Westfranken-Frankreich und Ostfranken-Deutschland, und wahrscheinlich sogar schneller als diese – zu eigenständigen staatlichen Grundlagen finden können.

    Daß es dem Hof L.s – nach allem, was wir wissen – an gelehrtem und künstlerischem Rang mangelte und geistige Interessen und Kontakte des Kaisers – mit Ausnahme seiner Beziehungen zu Anastasius Bibliothecarius – kaum erkennbar sind, lag einerseits an der spezifischen Tradition des italischen Karolingerhofes, zum andern aber an den politischen Schwerpunkten seiner Regierungstätigkeit. Die Hälfte seiner selbständigen Regierungszeit (seit 850) hat er in Süditalien verbracht, zu dauerhafter Residenzbildung ist es nirgendwo gekommen. An der theoretischen Diskussion über grundsätzliche Fragen der Reform von Reich und Kirche, wie sie nach dem Ende der Periode der karoling. Brüdergemeine (etwa 854/855) vor allem im westfränk. Reich aufkam, war sein Hof nicht beteiligt – wie überhaupt Italien damals (wohl infolge einer anderen Geistes- und Interessenrichtung) keine den großen westfränk. Theologen vergleichbaren Köpfe hervorgebracht hat.

    Da das Regnum Italiae nach L.s Tod wieder in das Teilungsgefüge des zerfallenden großfränk. Reiches zurückfiel und eine kurzfristige Regierung die nächste ablöste (Karl d. Kahle, Karlmann, Karl III. usw.), wurde der weit fortgeschrittene Verselbständigungsprozeß dort abrupt unterbrochen und eine kontinuierliche Weiterentwicklung der königlichen Gewalt auf Dauer verhindert. Daß Italien nach dem Tode L.s wieder die Beute der letzten Karolinger und ihrer ehrgeizigen Verwandtschaft wurde, hat die ältere Geschichtsschreibung als persönliche Tragik dieses sympathischen Urenkels Karls d. Gr. empfunden. Der nüchterne Historiker unserer Tage wird eher geneigt sein, auf die strukturellen Widersprüche des untergehenden fränkischen Großreiches hinzuweisen.

    Literatur
    ADB 19; Regg. Imp. I; Wattenbach-Levison-Löwe, bes. S. 387-96; Andreas v. Bergamo, hrsg. v. G. Waitz, MGH SS rer. Lang., 1878, S. 221-30; Ann. Bertiniani, hrsg. v. G. Waitz, MGH SS rer. Germ., 1882, hrsg. v. F. Grat u. a., 1964; Libellus de imperatoria potestate in urbe Roma, ed. G. Zucchetti, Fonti 55, S. 189-210; Chron. Casauriense, Faks.-Ed. A. Pratesi, 1982; MGH Capit. II, S. 78 ff. passim; MGH Epp. V-VII (mit zahlr. Briefen, darunter d. Päpste, an L.); C. Manaresi (ed.), I Placiti del „Regnum Italiae“ I, 1955, S. 160 ff. - J. Calmette, La diplomatie carolingienne 843-877, 1901, passim; J. Gay, L'Italie méridionale et l'empire byzantin depuis l'avènement de Basile Ier jusqu'à la prise de Bari par les Normands 871-1081 I, 1904, S. 69 ff.; G. Lokys, Die Kämpfe d. Araber mit d. Karolingern b. z. Tode L.s II., 1906; G. Eiten, Das Unterkönigtum im Reiche d. Merovinger u. Karolinger, 1907, S. 139-155; L. M. Hartmann, Gesch. Italiens im MA III/1, 1908; A. Gaudenzi, in: Bull. Ist. Stor. Ital. 37, 1916, S. 376-378 (Laudes auf L. u. Angilberga); G. Pochettino, L'imperatrice Angelberga 850-890, in: Arch. Stor. Lombardo 48, 1921, S. 39-149; G. v. Pölnitz-Kehr, Kaiserin Angilberga, Ein Exkurs z. Diplomatik Kaiser L.s II. v. Italien, in: HJb. 60, 1940, S. 429-40; Ch. E. Odegaard, The Empress Engelberge, in: Speculum 26, 1951, S. 77-103; J. Fleckenstein, Die Hofkapelle d. dt. Könige I, 1959, S. 126-33; E. Hlawitschka, Franken, Alemannen, Bayern u. Burgunder in Oberitalien 774-962, 1960; W. Mohr, Die karoling. Reichsidee, 1962, S. 141-71; P. E. Schramm - F. Mütherich, Denkmale der dt. Könige u. Kaiser, 1962, S. 125, 128 f., bes. Nr. 38 (Grabplatte mit d. Epitaph); P. Winau, Formular u. Rhetorik in d. Urkk. Kaiser L.s II., 1963 (unzureichend); G. Arnaldi, Impero d'occidente e impero d'oriente nella lettera di Ludovico II a Basilio I, in: La cultura 1, 1963, S. 404-24; G. Musca, L’emirato di Bari (847–871), 21967, S. 91 ff.; R. Schneider, Brüdergemeine u. Schwurfreundschaft, 1964, passim; P. Delogu, „Consors regni“: un problema carolingio, in: Bull. Ist. Stor. Ital. 76, 1964, S. 47-98; ders., Strutture politiche e ideologia nel regno di Lodovico II, in: Bull. Ist. Stor. Ital. 80, 1968, S. 137-89; J. Fischer, Königtum, Adel u. Kirche im Kgr. Italien (774–875), 1965, passim; H. Keller, Zur Struktur d. Königsherrschaft im karol. u.nachkarol. Italien, Der, consiliarius regis' in d. ital. Königsdiplomen d. 9. u. 10. Jh., in: Qu. u. F aus ital. Archiven u. Bibliotheken 47, 1967, S. 123-223, bes. S. 141-55; K. F. Morrison u. F. Grunthal, Carolingian Coinage, 1967, S. 259 f.; C. Brühl, Fodrum, Gistum, Servitium regis I, 1968, S. 392-451; W. Ohnsorge, in: Reallex. d. Byzantinistik A, I, 3, 1969, Sp. 138-41; H. Hees, Stud. z. Gesch. Kaiser L.s II., 1973; H. Beumann, Unitas ecclesiae - unitas imperii - unitas regni. Von d. imperialen Reichseinheitsidee z. Einheit d. Regna, in: Settimane di studio 27/2, 1981, S. 531-71, bes. S. 547 f.; J. Fried, Der karoling. Herrschaftsverband im 9. Jh. zw. „Kirche“ u. „Königshaus“, in: HZ 235, 1982, S. 1-43; E. Hlawitschka, Die Widonen im Dukat v. Spoleto, in: Qu. u. F aus ital. Archiven u. Bibliotheken 63, 1983, S. 20-92; H. Zielinski, Regg. Karolorum, Zu e. neuen Projekt d. Regg. Imp., Mit Ausblicken auf Urkk. u. Kanzlei Kaiser L.s II., in: Archiv f. Diplomatik 29, 1983, S. 285-309.



    Gestorben:
    bei Brescia

    Begraben:
    S. Ambrogio


  5. 73.  von Franken, Helletrud Graphische Anzeige der Nachkommen (55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 826; gestorben in 856/866.

    Notizen:

    Helletrud (Hiltrud) 826- 856/66
    Tochter des Kaisers LOTHAR I. und der Irmingard von Tours, Tochter von Graf Hugo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 449, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    III. Generation 6
    Zu den Töchtern LOTHARS I.: J. Sydow, in: Spoletium 3 (1956) 7f. vermutet als Gattin des Markgrafen Lambert von Spoleto eine "Tochter Kaiser LOTHARS" namens Itta (ähnlich schon ältere Genealogen). Ich möchte mich den Erwägungen von R. Hiestand, Byzanz und das Regnum Italicum im 10. Jahrhundert, Zürich 1964, 56 anschließen, denen zufolge die frühen WIDONEN zwar mit den ARNULFINGERN verwandt gewesen sein dürften, aber kaum mit einer karolingischen Verwandtschaft der WIDONEN in Italien, von der nirgends gesprochen wird, gerechnet werden darf. Nach Sydows Vermutung wäre Kaiser WIDO ja ein Enkel Kaiser LOTHARS (Zu dieser Anmerkung habe ich für Hinweise von C. Brühl zu danken). - Brandenburg bemerkt zu Hiltruds Gemahl, Graf Berengar, er sei vor 866 gestorben. Der Papstbrief von 866 (JE 2827; er ist übrigens nicht datiert, Dümmler 2, 172 setzt ihn zu "865 oder 866"), auf dem diese Angabe beruht, erwähnt aber auch, daß Hiltrud selbst zu diesem Zeitpunkt noch lebt.

    Konecny Silvia: Seite 152

    "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert"
    Von den Enkelinnen LUDWIGS DES FROMMEN wurde nur Helletrud, eine Tochter LOTHARS I., von ihrem Vater mit einem fränkischen Adeligen verheiratet. Das Zustandekommen dieser Verbindung erklärt sich wohl aus den Wirren der Bruderkriege. Vermutlich suchte LOTHAR I. in seinem Schwiegersohn ein Verbündeten für seinen Feldzug des Jahres 841 gegen KARL DEN KAHLEN.

    oo Berengar Graf - 865/66

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 613 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 152 -

    Name:
    Hiltrud

    Familie/Ehepartner: Berengar. Berengar gestorben in 865/866. [Familienblatt] [Familientafel]


  6. 74.  von Franken, Bertha Graphische Anzeige der Nachkommen (55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 830; gestorben am 7 Mai 852.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Avenay-Val-d’Or [51160],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich; Äbtissin von Avenay

    Notizen:

    Bertha Äbtissin von Avenay
    830-7.5.852

    Jüngere Tochter des Kaisers LOTHAR I. und der Irmingard von Tours, Tochter von Graf Hugo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 449, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 7

    Brandenburg bezeichnet Bertha versehentlich als Kind der Konkubine Doda. Sie ist jedoch als eine der (älteren) Töchter der Kaiserin Ermengard sicher bezeugt.
    Vgl. die durch Flodoard, MG SS 13, 547 (siehe MG Epp. 8,4) überlieferte Korrespondenz Hincmars von Reims mit der Kaiserin über ihre Tochter Bertha, die nach 843 (postquam in hoc regnum illa devenrat) und vor diesem Brief (auf 846/47 datiert) die westfränkische Abtei Avenay in Hincmars Diözese erhalten hatte und in bitteren Zwist mit ihrem Bischof geriet (vgl. auch ebd. 548 Hincmars Brief an Bertha selbst). Aus einem dritten Brief Hincmars, ebd. 549, an Theutberga, die verstoßene Gattin Lothars II., die 864 Avenay von KARL DEM KAHLEN erhalten hatte (Ann. Bert., ed. Grat 116), geht hervor, daß vor 864 KARLS Gattin, die Königin Ermentrude, die Abtei innehatte und mit Hincmar zusammen neu geordnet hat. Bertha hat also Avenay nach Auseinandersetzungen mit ihrem Diözesan, der ihr mit dem König gedroht hatte, verloren. Ein Diplom ihres Vaters von 852 V 7 (BM² 1151), in den sie in Sachen eines im heutigen Belgien gelegenen Besitzes für einen Kleriker und Arzt interveniert, könnte darauf schließen lassen, daß sie zu diesem Zeitpunkt das W-Reich schon verlassen hatte. (Brandenburg und andere sahen in dieser Urkunde einen Beleg für Berthas Äbtissinnenwürde in Avenay. Sie wird jedoch nur abbatissa genannt, es bleibt offen, von welcher Abtei). Ich möchte demgegenüber die Vermutung äußern, Bertha habe als Ersatz für Avenay, wo sie mit Hincmar nicht auskam, von KARL DEM KAHLEN eine andere westfränkische Hausabtei der KAROLINGER erhalten: Faremoutiers. Daraus würde sich die besondere Dankbarkeit erklären, mit der nach KARLS Tod die Äbtissin von Faremoutiers, Bertrada, bezeichnet als nobilissima propinqua des Kaisers, dessen Andenken durch ihre Kongregation begehen ließ (Nekrologfragment aus Faremoutiers, ed. Ph.Lauer, Les Annales de Flodoard, 1905,167). Bertrada/Bertha, die 859 in einem Diplom KARLS DES KAHLEN als venerabilis abbatissa ex Fara monasterio auftritt (Tessier nr. 12), war dort Nachfolgerin der 852 III 24 verstorbenen KAROLINGERIN Ruothild (siehe II,14), erhielt die Abtei also, nach unserer Vermutung, ungefähr zu dieser Zeit, als sie (vorübergehend) am Hofe ihres Vaters weilte. Daß die Prinzessin aus dem Mittelreich eine westfränkische Abtei, zunächst in Avenay, erhielt, hängt damit zusammen, daß die Kaiserin Ermengard Vorbesitzerin von Avenay gewesen sein dürfte, weshalb sie sich auch, wie wir aus Hincmars zitiertem Brief erfahren, über dessen Belästigungen gegenüber der Abtei Avenay beschwert und von ihm aufgefordert wird, ihnen missus zur Nachprüfung der Vorgänge zu schicken. Trifft unsere Identifizierung der Bertha von Avenay mit Bertrada von Farmoutiers nicht zu, dann ist die letztere eine bisher nicht berücksichtigte, genealogisch noch nicht eingeordnete KAROLINGERIN (Tessier 3, 276 Spalte 2, der die Nekrolog-Notiz nicht zu kennen scheint, enthält sich jeder Identifizierung, Lauer a.a.O. spricht ohne Beleg oder Erläuterung von einer "niece" KARLS DES KAHLEN). - Daß Bertha, bevor sie nach Avenay ging, verlobt war, wissen wir aus einem Gedicht des Sedulis Scotus an sie, MG Poet. lat. 3,228,nr. 78: ...Terrenum sponsum caelesti nunc capit aula. Daß sie jedoch Gemahl und einen jungen Sohn verloren habe, und eie T. Bobila behielt, ist ein seltsames Deutungsversehen des Hg. Dümmler (vgl. ebd. Register 767; Spalte 2), der das Gedicht nr. 79 als an Bertha gerichtet auffaßt, während es in Wahrheit an eine Bobila gerichtet ist, die Gatten und Sohn verlor und dann Nonne wurde. Brandenburg zitiert nur die zutreffenden Gedichte des Sedullus an Bertha ließ sich also durch die "falschen KAROLINGER" im Register nicht täuschen vor denen hiermit gewarnt ist. Dagegen kann sponsus auch poetisch Umschreibung für einen jungverstorbenen Gemahl Berthas bedeuten. Vielleicht bezieht sich die Hochzeit einer Tochter LOTHARS I. zu Worms im Herbst 841 (Ann. Fuld. 841, ed. Kurze 32) auf Bertha.

    Konecny Silvia: Seite 152

    "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."
    Berta, die Tochter LOTHARS I., dürfte als erste mit der Leitung eines Klosters betreut worden sein. Sie erhielt die Abtei Avenay, die zwar im W-Reich lag, jedoch zum Königsgut LOTHARS I. gehörte. Möglicherweise hatte dessen Gattin Ermentrud [Richtig: Ermengard, Irmgard] diesen Besitz in die Ehe eingebracht. So kam Betrta also die Aufgabe zu, die Interessen LOTHARS I. in einem anderem Teilreich zu wahren. Berta scheiterte dabei zwar am Widerstand Hinkmars, sie erhielt jedoch in der westfränkischen Abtei Faremoutiers eine angemessen Entschädigung, als sei sich in Avenay nicht halten konnte.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 551 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 152 -


  7. 75.  von Franken, (Tochter) Graphische Anzeige der Nachkommen (55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 830.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Maasgau,Niederlande; Gräfin im Maasgau

    Notizen:

    Ermengard Gräfin im Moosgau 830-
    Jüngere Tochter des Kaisers LOTHAR I. und der Irmingard von Tours, Tochter von Graf Hugo

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen."

    IV. 6 a. TOCHTER (ERMENGARD)
    Gemahl:
    846 Giselbert, Graf im Maaßgau + nach 877 (?)

    Anmerkungen: Seite 112
    IV. 6. Tochter wurde 846 entführt vom Grafen Giselbert, die Ehe aber 849 vom Vater anerkannt. Ann. Fuld. 846, S. S 1, 364; Mühlb. 1124a. Der Name Irmgard erscheint erst in späteren Angaben und beruht wohl auf Verwechslung, siehe Knetsch, Brabant I, 1. Es ist sehr wahrscheinlich aber nicht ganz sicher, daß dieser Graf Giselbert der Vater des bekannten Grafen Reginar Langhals und der Ahnherr des brabantisch-hessischen Fürstenhauses gewesen ist. Die Abstammung ist nicht direkt bezeugt, wird aber daraus gefolgert, daß Reginar Giselberts Nachfolger als Graf im Maaßgau war und sein Sohn wieder Giselbert hieß, siehe Knetsch I, 2. Auch Dümmler, Ostfränkisches Reich 3, 466, stimmt dieser Annahme zu. Immerhin ist zu bedenken, daß die Identität des Schwiegersohnes Kaiser LOTHARS mit dem gleichnamigen Grafen im Maaßgau nicht völlig feststeht und daß, auch wenn diese Identität als gegeben angesehen wird, Reginar aus einer anderen Ehe Giselberts stammen könnte. Auffällig ist das Fehlen aller karolingischen Namen in seiner Deszendenz. Ich bringe daher die Nachkommen in Teil II.

    Ergänzung (Werner): * ca. 830 [IV a 8]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 449, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 8
    Schon Brandenburg betont, daß der Name "Ermengard" für die von Graf Giselbert 846 entführte Tochter LOTHARS I. erst in späten Quellen begegnet. Brandenburg hat die Nachkommen aus dieser Ehe nur im zweiten Teil seines Werkes, unter der wahrscheinlichen Deszendenz Seite 63ff aufgenommen. Für das einzige gewichtige Argument, das er anzweifelnd nennt, das Fehlen von KAROLINGER-Namen in der Nachkommenschaft, gibt es jedoch, gerade für das 9. Jahrhundert, Parallelen andernorts. (Vgl. dazu auch unsere allgemeinen Bemerkungen oben Seite 418/19).
    Dasselbe gilt von dem von Brandenburg nicht erwähnten Umstand, daß Reginar, Giselberts Sohn, in den Diplomen KARLS III., der sein Vetter zweiten Grades war, wenn Reginar der Sohn einer LOTHAR-Tochter war, nicht durch Angabe einer Verwandtschaftsbezeichnung ausgezeichnet wird. An der Abkunftsfolge Giselbert, Graf im Maasgau, Reginar, Giselbert ist meines Erachtens kaum zu zweifeln, ich reihe die Nachkommen darum in unsere Liste, die keine eigene Rubrik für wahrscheinliche Fälle hat, ein. Die Ehe Giselberts mit der LOTHAR-Tochter war nach Verhandlungen im Jahre 848 im Jahr darauf legitimiert worden. Entscheidend scheint mir zu seinen Lebensdaten (+ 915/16 in vorgerücktem Alter, sein Sohn Giselbert zu dieser Zeit längst erwachsen) paßt: Da bleibt die von Brandenburg angedeutete Möglichkeit, Reginar könne Sohn einer anderen Frau des Maasgaugrafen sein, äußerst gering. Die Stellung, die das Haus im gleichen Raum und dann in ganz Lothringen in der Folge einnimmt, entspricht dem Prestige der karolingischen Abkunft, deren Annahme auf einem zeitgenössisch bezeugten Ereignis, nicht auf der Erfindung späterer Genealogen beruht.
    Die namentlich unbekannte Tochter (Ermengard?) wurde 846 entführt.

    Annalen von Fulda

    Das Jahr 846.
    Gisalbert, ein Vasall Karls, raubte eine Tochter des Kaisers Hlothar, und wandte sich nach Aquitanien, wo er sie heirathete. Hludowich zog nach Westen und hielt im Monat März mit Karl einen Tag ab, wo beide öffentlich bezeugten, wie es ihr Wille nicht gewesen sei, daß Gisalbert sich mit Hlothars Tochter verbinde; damit, wenn dies bekannt würde, Hlothar leichter könne beschwichtigt werden. Von dort kehrte er heim und feierte bei dem Brigantischen See am 4. April das Osterfest. Darauf hatte er eine Unterredung mit Hlothar, in der Absicht ihn mit Karl zu versöhnen; als aber dies erfolglos blieb, zog er um die Mitte des Monats August mit Heeresmacht gegen die Marahensischen Sclaven, welche auf Abfall sannen; wo er nach Gutdünken die Verhältnisse ordnete und feststellte, und ihnen zum Herzog Rastiz, einen Neffen Moimars, setzte. Von da kehrte er durch das Land der Boemanen heim mit großer Schwierigkeit und bedeutendem Verlust seines Heeres. In dieser Zeit kamen die Mauren mit Heeresmacht nach Rom und verwüsteten, da sie in die Stadt nicht einbrechen konnten, die Kirche des heiligen Petrus.

    Konecny Silvia: Seite 153, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Wie erwähnt versuchten zwar die Söhne LUDWIGS DES FROMMEN, Eheverbindungen ihrer Töchter zu vermeiden, sie konnten es jedoch nocht verhindern, daß Ehen mit ihren Töchtern von Adeligen gelegentlich erzwungen wurden. Begünstigt wurde dies durch die Gegensätze der Könige untereinander, die der Entführer einer Königstochter ausnutzen konnte. Giselbert etwa, ein Vasall KARLS DES KAHLEN, raubte 846 eine Tochter LOTHARS I. und floh nach Aquitanien. LOTHAR zeigte sich darüber sehr entrüstet, vor allem wohl wegen der Unterstützung, die Giselbert bei KARL DEM KAHLEN fand. Erst als die beiden Brüder des Kaisers ausdrücklich und wiederholt beteuerten, die Tat Giselberts nicht angestiftet zu haben, wurde die Angelegenheit beigelegt. Giselberts Ehe mit der Tochter LOTHARS I. kam später keine sonderliche Bedeutung mehr zu.

    846 oo Giselbert II. Graf im Moosgau - nach 877

    Kinder:
    - Reginar I. Langhals 850-25.8.915/19.1.916
    - Albert Graf in den Ardennen 860- 928/36

    Literatur:
    Annalen von Fulda ad a. 846 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen. Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,112 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band III Seite 466 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976 Seite 153 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 147 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band IV Seite 449 -

    (Tochter) heiratete von Maasgau, Giselbert in 846. Giselbert gestorben nach 14 Jun 877. [Familienblatt] [Familientafel]


  8. 76.  von Franken, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 830; gestorben in 860.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Beruf: 851-860, Brescia [25100],Brescia,Lombardia,Italien; Äbtissin von S. Salvatore zu Brescia

    Notizen:

    Gisela Äbtissin von S. Salvatore zu Brescia (851-860)
    830- 860
    Jüngere Tochter des Kaisers LOTHAR I. und der Irmingard von Tours, Tochter von Graf Hugo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 450, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 9
    Gisla war nicht nur "Nonne in S. Salvatore in Brescia", wie Brandenburg angibt, sondern sie erhielt diese Abtei nach dem Tode ihrer Mutter und Vorgängerin Ermengard (851 III 20), was in der von Brandenburg in Anmerkungen zitierten Urkunde von 851 IX 8 bestätigt wurde. 861 I 12 erscheint LUDWIGS II. Tochter Gisla als Nachfolgerin der demnach wohl 860 (Brandenburg "nach 856 V 18) verstorbenen gleichnamigen LOTHAR-Tochter (vgl. BM² 1219, 1220 und Voigt 42).

    Rappmann Roland/Zettler Alfons: Seite 137, "Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter"

    Anhand der Untersuchung des gesamten Anlagebestandes konnte das Jahr 856, in dem Kaiser LUDWIG in Brescia weilte und seiner Schwester Gisela sowie dem Konvent von San Salvatore feierlich ihre Rechte bestätigte, als Anlagedatum wahrscheinlich gemacht werden.

    Literatur:
    Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 137-


  9. 77.  von Lothringen, Lothar II.von Lothringen, Lothar II. Graphische Anzeige der Nachkommen (55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 835; gestorben am 8 Aug 869 in Piacenza,Piacenza,Emilia-Romagna,Italien; wurde beigesetzt in Piacenza,Piacenza,Emilia-Romagna,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 855-869; Franken-König

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie
    Lothar II.
    fränkischer König, * circa 835 wohl in Italien, † 8.8.869 Piacenza, ⚰ Sant'Antonino Piacenza.

    Für die Urenkel Karls d. Gr. hatte die Samtherrschaft in einem noch nicht verfestigten Teilungsgefüge des fränk. Großreiches noch ernstliche Geltung, aber als Gegengewichte zur Dynastie hatten Hochadel und Episkopat unter Ludwig d. Frommen und Lothar I. sehr an aktiver Bedeutung gewonnen. So haben politische Mitsprache des Adels und kirchliche „Normenkontrolle“ L.s Regierung und persönliches Schicksal entscheidend bestimmt.

    L. wird zu 841 beiläufig als parvulus erwähnt; im übrigen ist über seine Jugend und Erziehung nichts bekannt. Noch zu Lebzeiten des Vaters ging er die Verbindung mit Waldrada ein. Daß es sich um eine nicht vollgültige sog. Friedelehe handelte, ist ohnehin zu unterstellen und wird gesichert durch den Namen des Sohnes, offensichtlich des ersten Kindes, der sich Ende 861 erstmals bezeugt findet, aller Wahrscheinlichkeit nach aber bereits mehrere Jahre vorher geboren war: der Name Hugo begegnet nicht bei vollbürtigen karoling. Prinzen, wohl aber hieß so ein Friedelsohn Karls d. Gr.

    Mit der Erbteilung von Ende Sept. 855 fiel an L. der gesamte nördliche Raum des Mittelreiches von 843. Die Dreiteilung von 855 – Italien an den dort bereits seit 850 als Kaiser regierenden Ludwig II., die „Francia“ an L., die „Provincia“ an den jüngsten Sohn Karl – wurde innerhalb der Dynastie keineswegs widerspruchslos hingenommen. Ludwig II. verlangte einen Anteil an den fränk. Kernlanden des Reiches. Der junge|Karl dagegen scheint wegen Krankheit (Epilepsie) kaum regierungsfähig gewesen zu sein; ihn suchte L. von der Herrschaft auszuschließen und zum Eintritt in den geistlichen Stand zu bewegen. In dieser ungefestigten Situation war für jeden Teilherrscher der Rückhalt an den älteren Königen, d. h. den Brüdern Lothars I., und an den Großen seines Reichteils von beträchtlichem Gewicht. L. und seine Anhänger nahmen daher zunächst Kontakt mit dem Ostkönig Ludwig auf. In Frankfurt, also auf ostfränk. Boden und im Beisein Ludwigs, wurde L. wohl im Okt. 855 von den principes et optimates seines regnum zum König proklamiert. Auch von Salbung (und Krönung) ist die Rede, freilich ohne nähere Angaben. Die Zeremonie dürfte sich in Aachen abgespielt haben, wo L. Ende Nov./Anf. Dez. 855 bezeugt ist, und könnte sehr wohl von EB Gunther von Köln vollzogen worden sein, der alsbald dem Metzer EB Drogo († 8.12.855) als Erzkaplan L.s folgte. Noch im selben Jahre 855 schloß L. „mit Zustimmung und Willen seiner Getreuen“ (später ließ er erklären: unter Druck und Zwang) die Ehe mit Theutberga. Den Laienabt Hukbert von St. Maurice, der ihm seine Schwester übergab, bestellte er zum Amtsherzog zwischen (Schweizer) Jura und Alpen. L. hatte also, offenkundig aus politischen Rücksichten, seine Friedelehe durch eine rechtsförmliche sog. Muntehe mit einer Frau aus dem Hochadel seines Reichsteils ersetzt und seinen neuen Schwager mit einer politisch-militärischen Aufgabe betraut, die vermutlich der Absicherung gegen Italien dienen sollte. Diese Spannungen wurden jedoch vorerst beigelegt. In Orbe, inmitten von Hukberts Gebiet, kamen etwa im Herbst 856 Ludwig II., L. und Karl zusammen. Hier erzwangen die optimates aus dem Reichsteil Karls, daß diesem die Provence mitsamt dem Dukat von Lyon überlassen, die von Lothar I. verfügte Teilung also in Geltung blieb.

    L. gebot über einen ansehnlichen Länderkomplex zwischen Alpen und Nordsee, von der Schelde und der Maas bis zur Rheinlinie, d. h. über einen Kernraum der alten Francia. Er übernahm die Kanzlei seines Vaters; 36 von ihm ausgestellte Diplome sind im Wortlaut erhalten, 11 weitere aus späteren Spuren zu erschließen. Als bedeutsame Begegnung mit dem geistigen Leben verdient Erwähnung, daß der in Lüttich lehrende Ire Sedulius Scotus seinen Fürstenspiegel Liber de rectoribus christianis ca. 855/59 L. gewidmet hat. L.s regnum war als Teilreich im System der karoling. Samtherrschaft nicht minder lebensfähig als West- und Ostfranken auch, vorausgesetzt daß es hier wie dort zu dynastischer Kontinuität kam. Die Sorge um diese dynastische Erbfolge wurde für L. das alles bestimmende Leitthema, politisch und persönlich. An einer Kontinuität einvernehmlicher Samtherrschaft mußte ihm dabei besonders gelegen sein. Ähnlich wie sein Vater es gehalten hatte, traf er sich alsbald erneut mit Ludwig dem Deutschen (Febr. 857 in Koblenz) und mit Karl dem Kahlen (1.3.857 in St. Quentin).

    Seit 857 wird deutlich, daß L. von der Unfruchtbarkeit Theutbergas überzeugt war und sich von ihr zu lösen suchte. Die Hartnäckigkeit, mit der er auf eine Legalisierung seiner Verbindung mit Waldrada drängte, legt die Vermutung nahe, daß er von ihr bereits in diesen Jahren den Sohn Hugo hatte. Es wurde ein menschlicher, rechtlicher und politisch-kirchlicher Konflikt mit sehr grundsätzlichen Akzenten. L. versuchte es zunächst mit einer Verstoßung Theutbergas, was er jedoch nur bei einer schweren Schuld der Königin wagen konnte. Daher wurde die Behauptung verbreitet, Theutberga habe sich der Unzucht mit ihrem Bruder Hukbert schuldig gemacht. Das bedeutete den Bruch mit Hukbert. Ihn suchte L. Anfang 858 durch eine militärische Aktion auszuschalten, aber das Unternehmen schlug fehl, doch erwirkte L. einen Erbvertrag mit seinem provenzalischen Bruder Karl, dem er dafür freilich burgund. Alpenland abtrat. Dagegen zwang ihn der Widerspruch im eigenen Lande, seine Eheangelegenheit gerichtlich prüfen zu lassen. Dabei siegte Theutberga durch ihren Vertreter im Gottesurteil des siedenden Wassers; L. mußte sie wieder als Gattin und Königin anerkennen (ca. Mai-Juli 858).

    Diese Angelegenheit trat dann für einige Zeit hinter Problemen der karoling. Samtherrschaft zurück. L. leistete seinem Oheim Karl dem Kahlen im Sommer 858 Hilfe gegen die Normannen, aber Karls schwankende Herrschaft in seinem von innen und außen erschütterten Westreich, ja das ganze Teilungswerk von 843 schien einzustürzen, als eine Gruppe des westfränk. Adels Ludwig d. D., den Senior der Dynastie, zum Eingreifen aufforderte und der Ostkönig 858 tief nach Westfranken vorstieß. In dieser gefährlichen Situation, die sich durch den eiligen Rückzug Ludwigs (15.1.859) noch keineswegs bereinigte, wirkte L. als Vermittler. Er machte zwar zunächst Miene, sich auf die Seite Ludwigs zu schlagen, den er im Dez. 858 in der Pfalz Attigny aufsuchte, aber|schon im Febr. 859 traf er sich (in der Pfalz Arcis-le-Ponsart b. Reims?) wieder mit Karl. Unter seiner aktiven Förderung bemühten sich die Bischöfe des West- und des Mittelreiches um eine Wiederherstellung wenn nicht der Einheit, so doch der Einigkeit. Es bedurfte aber noch wiederholter Zusammenkünfte und langwieriger Verhandlungen: Synode in Metz am 28.5.859; Synode in Savonnières bei Toul in Anwesenheit L.s, Karls d. K. und Karls von der Provence am 14.6.859; Begegnung Ludwigs, Karls d. K. und L.s auf einer Rheininsel bei Andernach, wohl im Herbst 859. Bei einer abermaligen Zusammenkunft dieser drei Könige kam dann im Juni 860 der Friede von Koblenz zustande, der das Vertragswerk von 843 noch einmal sanktionierte.

    Um in diesem Ordnungsgefüge auch seinem eigenen Mittelreich Rang und Platz zu sichern, hatte L. unterdessen die Bemühungen um eine Neuregelung seiner Ehe wieder aufgenommen. Seinem Bruder Ludwig II., den er Ende 859 in Italien aufsuchte, trat er die „transjuranischen“ Gebiete Hukberts ab, um ihn als Verbündeten zu gewinnen und ihm den Kampf gegen Hukbert zu überlassen. (Der Kaiser vertraute diese Länder dem westfränk. Welfen Konrad an; im Kampf mit ihm fand Hukbert, der zunächst im Westreich Karls Aufnahme und Ausstattung gefunden hatte, 864 den Tod.) In der Meinung, sich innerhalb des regnum Francorum allseitig politisch abgesichert zu haben, wagte L. es, seinen Eheprozeß vor ein geistliches Forum zu bringen.

    Unter der Führung der Erzbischöfe Gunther von Köln und Theutgaud von Trier tagte im Jan. 860 eine Aachener Synode, dann im Februar am selben Ort eine erneute Synode und Reichsversammlung. Vor diesen Gremien legte Theutberga ein mündliches, dann gar schriftliches Geständnis ab, daß sie von ihrem Bruder vergewaltigt worden und der Ehe unwürdig sei. Das Urteil lautete auf Verweisung der Königin in ein Kloster; die Fortsetzung der Ehe wurde untersagt. Aber noch im selben Jahre wurde der Kampf um L.s Ehe zu einer gesamtfränk. und gesamtkirchlichen Angelegenheit. EB Hinkmar von Reims, der eine Teilnahme an der zweiten Aachener Synode abgelehnt hatte, äußerte sich in einer ausführlichen Denkschrift (De divortio Lotharii). Er behauptete nicht schlechthin die Unschuld Theutbergas, kritisierte aber aufs schärfste das Verfahren und verlangte geistliche Sanktionen auch gegen L. als Ehebrecher. Hinkmar, als Verfasser der Annales Bertiniani (ab 861) zugleich wichtigster Chronist dieses Geschehens, ist es überhaupt gewesen, der für die Nachwelt ein sehr negatives Bild von L. und erst recht von Waldrada vermittelt hat, das in jüngerer Zeit – nicht zum wenigsten dank dem Begriff der Friedelehe – doch differenzierter gesehen wird. Hinkmars rechtlich-moralischer Protest hatte im übrigen auch eine politische Note, denn er war der Ratgeber Karls d. K., dessen Verhältnis zu L. sich sehr abkühlte (zumal um eben diese Zeit seine Tochter Judith mit ihrem Entführer, dem Grafen Balduin I. von Flandern, in L.s Reich Aufnahme fand), der überdies territoriale Zukunftsaussichten vor sich sah, wenn L.s kinderlose Ehe gültig blieb. Der Konflikt flammte zu gesteigerter Schärfe auf, da Theutberga aus ihrer Klosterhaft nach Westfranken floh, ihr Geständnis als erpreßt widerrief und an den Papst Nikolaus I. appellierte.

    L., inzwischen formell mit Ludwig von Ostfranken verbündet, dem er eine Anwartschaft auf das Elsaß zugesagt hatte und den er, wohl Ende 861 – in Gesellschaft Waldradas und Hugos – im Vogesenkloster Remiremont traf, suchte die Gefahr durch eine eigene Botschaft an den Papst abzufangen. Als eifriger Vermittler in L.s Sache nach allen Seiten wird von jetzt an der Bischof Adventius von Metz sichtbar.

    Eine dritte Aachener Synode erklärte am 29.4.862 Theutbergas Ehe für ungültig und erlaubte dem König eine neue Vermählung. L. ließ dies durch eine Gesandtschaft dem Papst mitteilen und traf dann in Mainz wieder mit Ludwig zusammen. Es folgte am 3.11.862 eine erneute Begegnung der drei Könige in Savonnières mit Verlautbarungen einer – in Wirklichkeit sehr vom Mißtrauen überschatteten – gesamtherrschaftlichen Eintracht. Hier mußte L. die Forderung Karls und des Papstes nach einer gesamtfränkischen Synode entgegennehmen, doch scheint er – des Rückhaltes an seinem (seiber söhnelosen) Bruder Ludwig II. und eines Einvernehmens mit dem ostfränk. Ludwig sicher – die Gefahr gering eingeschätzt zu haben. Vielleicht schon im Sommer, spätestens aber Ende 862 feierte er Vermählung mit Waldrada und ließ sie zur Königin krönen. In einer Urkunde vom 18.5.863 wird sie als coniunx zusammen mit dem Sohn Hugo namentlich erwähnt. Es wird deutlich, daß L., unter Ausnutzung der fließenden Grenzen zwischen Muntehe und Friedelehe, mittlerweile beanspruchte, von seinem Vater rechtsgültig mit Waldrada vermählt worden zu sein, also von vornherein in vollgültiger Muntehe gelebt zu haben, so daß die Vermählung mit Theutberga ungültig gewesen sei. Dieser neue Anspruch dokumentiert sich mit aller Deutlichkeit in der Benennung seiner Töchter: Gisela, Berta und Irmingard waren charakteristische Namen karoling. Prinzessinnen und Königinnen.

    L. schien nunmehr Erfolg zu haben. Er kämpfte Anfang 863 gegen die Normannen am Niederrhein und einigte sich nach dem Tode des Bruders Karl (24.1.863) mit Ludwig II. über eine Teilung der Rhoneländer, die er bis zur Grenze der Provence, also mit Lyon und Vienne, für seinen Reichsteil gewann. Unterdessen hatte Nikolaus I. im Nov. 862 die Bischöfe Radoald von Porto und Johannes von Cervia als Legaten abgeordnet. Sie sollten auf einer fränk. Synode über L.s Ehefrage zu Gericht sitzen. Dieses Konzil trat im Juni 863 in Metz zusammen, aber es war wieder der Kreis von Bischöfen, die nach den Entscheidungen von 860 und 862 nicht mehr zurück konnten und wollten, und selbst die päpstlichen Legaten ließen sich für die These von der Rechtsgültigkeit der Ehe mit Waldrada gewinnen.

    Die überaus heftige Reaktion Nikolaus' I. Ende Okt. 863 auf einer röm. Synode ist das berühmteste Ereignis des ganzen Konfliktes. Nicht nur, daß er die Entscheidung von Metz kassierte: In einer bis dahin und noch auf lange unerhörten Konsequenz aus dem Jurisdiktionsprimat sprach er die Exkommunikation und Absetzung der Erzbischöfe Gunther von Köln und Theutgaud von Trier aus, die nach Rom gekommen waren, um die Metzer Entscheidung vom Papst bestätigen zu lassen. L. und seine Bischöfe – ihnen voran Adventius von Metz –, die ihre Position mittlerweile als moralisch unhaltbar empfinden mußten, fügten sich dem Spruch des Papstes. (Der fries. Normannen wußte sich L. unterdessen – wie so oft auch Karl d. K. – nur durch eine hohe Tributzahlung zu erwehren.) Nikolaus berief auf den 1.11.864 nach Rom ein Konzil ein, sicherlich um dort die Entscheidung über L.s Ehe und die Bestrafung der beiden Metropoliten zu sanktionieren, aber die Karolingerkönige ließen den Besuch dieser Synode durch ihre Bischöfe nicht zu. Von einvernehmlicher Samtherrschaft war jedoch nicht mehr viel übrig. Während L. sich auf einer Begegnung in Orbe des Rückhaltes an seinem Bruder Ludwig II. versicherte, stattete Karl d. K. Theutberga mit dem Kloster Avenay (bei Reims) aus und nahm Kontakt mit Ludwig d. D. auf. Beide schlossen im Febr. 865 in Tusey (bei Toul) ein Bündnis und richteten strenge Vermahnungen an L., für den damit neue Gefahren heraufzogen.

    Nikolaus I. gedachte durch eine neue Legation die Situation zu bereinigen, zugleich aber einem politischen Mißbrauch seiner Autorität vorzubeugen. Der Bischof Arsenius von Orte überbrachte an Ludwig und Karl die Mahnung, die Integrität der Reiche Ludwigs II. und L.s zu respektieren, an L. aber, unter Androhung der Exkommunikation, das strikte Gebot, Theutberga wieder aufzunehmen und sich von Waldrada zu trennen (Ende Juni/Anf. Juli 865). In der Tat stellte Arsenius den Frieden zwischen den Königen wieder her und führte Theutberga zurück, ohne aber auf einer Kirchenbuße L.s für seinen Ehebruch zu bestehen. Am 15.8.865 nahm das Königspaar in Gondreville (bei Toul) unter Krone an einer vom Legaten zelebrierten Messe teil. Sechs Grafen und sechs Vasallen verbürgten sich eidlich für Recht und Ehre der Königin. Waldrada sollte im Gefolge des Legaten nach Rom verbracht werden. Damit hatten päpstl. Autorität und strenges Eherecht formal gesiegt.

    L. aber resignierte keineswegs. Er hielt an der Verbindung mit Waldrada fest, die aus der Obhut des Legaten entwich, von Pavia aus über die Alpen zurückkehrte, vom Papst aber am 2.2.866 exkommuniziert wurde. L. hatte Gunther von Köln formell als Erzkaplan und Erzbischof fallen gelassen, aber am 15.1.866 stellte er ihm als dem gubernator et rector der Kölner Kirche eine Urkunde aus, in deren Gebetspassus – ohne Namensnennung – von der proles, also Hugo, nicht aber von der coniunx die Rede war. Zwei Tage darauf erhielt Theutberga – als dilectissima nostra, nicht als coniunx bezeichnet – eine ausgiebige Schenkung, die fraglos als Abfindung gedacht war, denn vom Bemühen, sich aus dieser Ehe zu lösen, ließ L. nicht ab. Er näherte sich wieder Karl d. K., den er 866 und 867 traf, besprach sich im Nov. 866 in Trier mit Bischöfen, um den Prozeß wieder aufzurollen, und wandte sich wiederholt an den Papst. Aber Nikolaus I. blieb unerbittlich.

    Die unabwendbaren politischen Konsequenzen blieben nicht aus, obwohl L. sich weiterhin um Kontakte nach Ost und West bemühte. Seinem Sohn Hugo übertrug er in Frankfurt 867 die Herzogsgewalt im Elsaß unter dem Schutz Ludwigs d. D. Aber Dreierbegegnungen, Ende 866 und Anfang 867 geplant, kamen nicht mehr zustande. Stattdessen vereinbarten Ludwig und Karl, wahrscheinlich im selben Jahre 867, in Metz eine künftige Teilung der Reiche „ihrer Neffen“ – denn auch das Erbe Ludwigs II. in Italien war offen. Ohne Zusammenhang mit diesen Problemen steht zu 867 eine Nachricht über eine – angeblich erfolgreiche – Heerfahrt gegen die Normannen; dieser steten Bedrohung (die allerdings mehr auf dem Westreich lastete) konnte L. nur mit vereinzelten Stößen entgegentreten.

    Auf Nikolaus I. folgte der nachgiebigere Hadrian II. (867–72). L. schöpfte neue Hoffnung. Er nahm Verbindung zum neuen Papst auf und schickte Theutberga nach Rom, wo sie, offenbar seelisch zermürbt, selber den Wunsch auf Annullierung ihrer Ehe vorbrachte. Hadrian II. lehnte dieses Ansuchen ab, aber auf Verwendung des Kaisers Ludwig II. löste er Waldrada aus der Exkommunikation (Febr. 868) und gewährte L. die – von Nikolaus verweigerte – Erlaubnis, selber in Rom seine Sache vorzutragen. L. versicherte sich durch neuerliche Begegnungen des Einvernehmens mit beiden Oheimen und erneuerte die Schenkung an Theutberga (24.11.868), wagte es aber schon, in einer Urkunde vom 22.1.869 Waldrada als dilectissima nobis erwähnen zu lassen und traf sich zunächst in Benevent mit seinem Bruder Ludwig II. Der Papst empfing ihn im Juli, zuerst in Montecassino, dann im Lateran, und ließ auch Gunther von Köln wieder zur Laienkommunion zu. Er ordnete eine erneute Untersuchung an, über deren Ergebnis eine römische Synode am 1.3.870 befinden sollte.

    Der rasche Tod L.s setzte allem ein Ende und sanktionierte die Entscheidung von 865. Waldrada zog sich nach Remiremont zurück, Theutberga vermutlich nach St. Glodesindis in Metz. In weiblicher Deszendenz hat es doch noch eine Dynastie L.s. gegeben. Seiner Tochter Berta Sohn aus erster Ehe, Hugo von Arles und Vienne, ließ sich 926 zum König in Italien ausrufen († 948); mit seinem Sohn Lothar, dem ersten Gemahl der späteren Kaiserin Adelheid, erlosch 950 diese Linie. – L.s und Waldradas Sohn Hugo aber war ein Illegitimus ohne Erbrecht geblieben. Sein 880 einsetzender Versuch, das Reich des Vaters zu erkämpfen, endete 895 mit seiner Gefangennahme und Blendung. Aber auch über die Erbansprüche Ludwigs II. setzten sich die Oheime hinweg. Das regnum Lotharii wurde nach mancherlei Wechselfällen endgültig 925 dem Ostfränkisch-Deutschen Reich angegliedert. An diesen Ländern zwischen Rhein und Scheide aber blieb der Name L.s haften: Lotharicum regnum, Lotharingia, Lotharienses begegnen seit dem späten 9. und vollends seit dem 10. Jh. als gängige Bezeichnungen; auf den Süden reduziert, lebt der Landschaftsname „Lothringen“ bis heute fort.



    Name:
    nach ihm ist Lothringen benannt

    Begraben:
    im Kloster Sant'Antonino Piacenza

    Lothar heiratete von Arles, Teutberga in 855. Teutberga (Tochter von von Arles, Boso) wurde geboren um 835/840; gestorben am 25 Nov 875. [Familienblatt] [Familientafel]

    Familie/Ehepartner: Waldrada. Waldrada gestorben nach 869. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 113. von Lothringen, Hugo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 855/860; gestorben nach 900 in Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland.
    2. 114. von Lothringen, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 860/865; gestorben in 907.
    3. 115. von Lothringen, Berta  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 863; gestorben am 8 Mrz 925.
    4. 116. von Lothringen, Ermengard  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 895/898.

  10. 78.  von Franken, Rotrud Graphische Anzeige der Nachkommen (55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 835/837.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Nantes [44000],Loire-Atlantique,Pays de la Loire,Frankreich; Gräfin von Nantes

    Notizen:

    Rotrud Gräfin von Nantes
    835/37-
    Jüngere Tochter des Kaisers LOTHAR I. und der Irmingard von Tours, Tochter von Graf Hugo

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    IV. 7 a. ROTRUD
    Gemahl: ? Graf Otto
    Ergänzungen: Seite 112
    7. Rotrud
    Angelluis Lib. pontif. c. 171; S. S. rer. Langob. 338
    Ergänzung (Werner): * ca. 840. [IV a 11]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 450, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. 11
    Zu Rotrud gibt Brandenburg den einzigen Beleg, den wir zu ihr haben, über ihre Taufe durch Erzbischof Gregor von Ravenna (835-846), MG SS rer. Langob. 388. Es ist nicht zu erkennen, worauf sich seine Vermutung " = ? Graf Otto" stützt.

    Thiele, Andreas: Tafel 6, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

    ROTRUD oo LAMBERT II. MARKGRAF VON NANTES + 852

    Schwennicke Detlev: Tafel 4, "Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

    ROTRUD * Pavia 835/40, +
    oo um 850/51 LAMBERT, MARKGRAF DER BRETAGNE, GRAF VON NANTES (WIDONEN) + gefallen 1.V. 852

    Hlawitschka, Eduard: Seite 228-231,234,239, "Waren die Kaiser Wido und Lambert Nachkommen Karls des Großen?" in: Stirps Regia

    Seit langem ist bekannt, daß Kaiser LOTHAR I. eine Tochter Rotrud hatte. Agnellus hat uns in seinem nach und nach zwischen 830 und 846 entstandenen Liber pontificalis ecclesiae Ravennatis berichtet, daß Erzbischof Georg von Ravenna diese LOTHAR-Tochter bei einem Aufenthalt in Pavia getauft habe. Das kann nur zwischen 835 und 840 geschehen sein, da sich LOTHAR I. und sein Gemahlin Irmingard allein in jener Spanne öfters in Pavia aufhielten und im Sommer 840 Italien verließen, um fortan nur noch nördlich der Alpen zu bleiben.. H. Löwe setzt als Taufzeit Rotruds - ohne nähere Begründung, zumal diese Frage ja auch seine Forschungen nicht weiter betraf - "837/38" an; K. F. Werner vermutet: "ca 840". Doch weiteres über Rotrud ist bis jetzt nicht bekannt. Nahe liegt natürlich, daß sie, als ihre Eltern 840 in die Gebiete nördlich der Alpen zurückkehrten, nicht allein in Italien zurückgelassen wurde und daß sie folglich ihr weiteres Leben im nördlich der Alpen gelegenen Mittelreich verbrachte.
    Nun gibt uns aber eine Urkunde aus dem Kloster Tournus, die in diesem Zusammenhang meines Wissens noch nie betrachtet worden ist, einen weiteren Fingerzeig. Mit ihr schenkte ein Graf Witbert pro liberatione Lanberti genitoris mei necnon et Rutrudis genetricis meae et mea am 28. Januar 870 fundum Rodonoinem ... in comitatu Odornensi (= abgegangener Ort Saint-Evre am Rognon im Ornois cant. de Bettaincourt, dep. Haute-Marne) an das Marien- und Filibertuskloster in Tournus). Hier wird eine Rotrudis in angesehenen Familienverhältnissen erwähnt. Daß es sich bei Graf Witberts Mutter Rotrud in der Tat nicht um irgendeine beliebige Dame handelte, sondern gewiß um die soeben erwähnte LOTHAR-Tochter, und daß Witbert folglich in engen Beziehungen zum KAROLINGER-Geschlecht gestanden haben muß, scheint mir schon daraus hervorzugehen, daß er - noch bevor er bei der Zweckbestimmung der Schenkung die liberatio der Seelen seiner Eltern vermerkte - angab, er erhoffe sich damit die Befreiung von der eigenen Sündenverstrickung und nehme seine Schenkung besonders vor pro absolutione domni et senioris mei Hlotharii regis. Von diesem König Lothar, bei dem es sich nur um den wenig vorher, am 8. August 869 verstorbenen Lothar II. handeln kann, vermerkte Witbert außerdem, daß er ihm bona quaeque mercede sua largitus est und daß er ihm dabei unter anderem auch den fundus Rodonionis überlassen habe. Aber nicht nur dies allein: Witbert bekannte von König Lothar überdies: Qui mihi et pater extitit. Welchen Grund sollte aber Lothar II. gehabt haben, die Vaterstelle des jungen Witbert zu übernehmen, wenn nicht denjenigen, daß es sich bei ihm um seinen Verwandten, und zwar seinen Neffen, handelte, daß Witberts Mutter Rotrud seine Schwester war? Die Identifizierung der Witbert-Mutter Rotrud mit der gleichnamigen Tochter Kaiser LOTHARS I. bietet für diese Auffälligkeiten die überzeugendste Erklärung. Voraussetzung ist bei alledem freilich auch noch, daß Witbert - wenn König Lothar II. zeitweise an die Stelle seines Vaters getreten sein soll - seinen richtigen Vater, Lambert, noch vor der Erreichung seiner Volljährigkeit verlor.
    Auffällig ist aber auf alle Fälle das Auftauchen der Namen Lambert und Wido (eventuell auch Rampo) in dieser Reihe. Es zeigt uns - was schon aus dem Namen Lanbert in der Urkunde aus Tournus zu vermuten war -, daß der ältere Graf Witbert, der Gemahl der KAROLINGERIN Rotrud und Sohn jenes Lanbert, in "widonischen" Zusammenhängen zu sehen ist.
    Lambert II. von Nantes dürfte also der gesuchte Gemahl Rotruds, der Tochter Kaiser LOTHARS I., gewesen sein, zumal außerdem auch gar kein anderer Lambert in den widonischen Zusamenhängen der damaligen Zeit nachgewiesen werden kann. Dieser 852 getötete Mann kann sehr wohl eine ca. 835/37 geborene Tochter LOTHARS I. zur Frau genommen haben, so daß bei seinem Tode ein vorhandenes Kind in der Tat einen Beschützer brauchte. Ein Sohn Lamberts I. von Nantes war ja für eine Tochter LOTHARS I. gewiß auch eine standesgemäße Partie.

    um 850 oo Lambert II. Graf von Nantes -1.5.852 gefallen

    Kinder:
    - Witbert (Wicbert) um 850/51- 883 ermordet

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,112 - Hlawitschka, Eduard: Waren die Kaiser Wido und Lambert Nachkommen Karls des Großen?, in: Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 228-230,234,239,242-244 -Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 147 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 4 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 6 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 450 -

    Familie/Ehepartner: Lambert II.. Lambert gestorben am 1 Mai 852. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 117. Witbert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 850; gestorben in 883.

  11. 79.  von Franken, Karl Graphische Anzeige der Nachkommen (55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 840/845; gestorben am 24 Jan 863 in Lyon [69001],Métropole de Lyon,Rhône-Alpes,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 855-863; Franken-König

    Notizen:

    Karl Franken-König (855-863)
    845-24.1.863 St-Pierre (-les-Nonnains) bei Lyon
    Jüngster Sohn des Kaisers LOTHAR I. und der Irmingard von Tours, Tochter von Graf Hugo

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 971, Karl von der Provence, König in Burgund seit 855

    * um 840, + 25. Januar 863 St-Pierre (-les-Nonnains) bei Lyon

    Als jüngster Sohn Kaiser LOTHARS I. und der Kaiserin Irmingard erhielt er im September 855 bei der Teilung des Mittelreiches durch seinen Vater die provencalisch-burgundischen Rhonelande zugewiesen. Seine beiden älteren Brüder, Kaiser LUDWIG II., der auf Italien beschränkt blieb, und Lothar II., der die fränkischen Kernlande um Aachen und Metz erbte, protestierten zwar gegen diese Regelung, mußten sich aber auf einem Treffen im Spätsommer 856 in Orbe im Grenzgebiet der drei Reiche wegen der Haltung der provenzalischen Großen, die den Versuch Lothars II. vereitelten, Karl in ein Kloster zu stecken, fügen. Diese Großen, vor allem Graf Gerhard II., Dux von Vienne und Lyon, der in den etwa ein Dutzend überlieferten Urkunden Karls mehrfach als Intervenient und Erzieher Karls (nutritor; magister) begenet, regierten in der Folgezeit faktisch das Reich, da Karl (der 855 noch minderjährig gewesen sein könnte) wegen Epilepsie kaum regierungsfähig war. Immerhin ist er im Juni 859 auf dem Treffen von Savonnieres bei Toul zwischen KARL DEM KAHLEN und Lothar II. bezeugt, und noch im selben Jahr scheint er auch an den Treffen zwischen LUDWIG II. und Lothar II. im Italischen teilgenommen zu haben, wo das Einvernehmen zwischen den drei Brüdern bekräftigt wurde. Der Haltung der meisten provencalischen Großen war es 861 auch zu verdanken, daß KARL DER KAHLE, von oppositionellen Gruppen ins Reich seines Neffen gerufen, unverrichteter Dinge wieder abziehen mußte. Nach Karls frühem Tod wurde sein Reich unter seine Brüder aufgeteilt.

    Quellen und Literatur:
    Recueil de actes de Provence (855-928), ed. R. Poupardin, 1920, 1-27, 125f. - MGH DD Karol. III, ed. Th. Schieffer, 1966 - RII, 3/I, 1991 - Annales Bertiniani, ed. G. Waitz, 1883, (MGH SRG [in us. schol] [5] - R. Poupardin, Le royaume de Provence sous les Carolingiens (855-933?), 1901, 1-32 -

    Beim Tode seines Vaters erhielt der an Epilepsie leidende Karl ein Regnum in den Rhonelanden mit dem Schwerpunkt in der Provence. Karl, ein unfähiger und kränklicher Herrscher, war völlig von den Großen seines Gebietes abhängig. Da er kinderlos starb, teilten sich seine Brüder seinen Herrschaftsbereich.

    Hlawitschka Eduard: Seite 14,18, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Ganz eklatant wurde LOTHARS Preisgabe der alten Ideale, für die soviel Mühe, Kraft und Blut geopfert worden war, letztlich, als er im Angesicht seines Todes (855) nun selbst einen Reichsteil, das Mittelreich, unter seine Söhne zu teilen unternahm: LUDWIG II., der älteste, wurde auf Italien beschränkt; der jüngste Sohn, Karl, erhielt die Provence und einen Teil Burgunds; Lothar II. hingegen wurde von seinem Vater mit dem übrigen auch die Residenzstadt Aachen einschließenden Land - von den Alpen und Burgund bis zur Nordsee bedacht.
    Lothars II. Scheidungsbemühen war kein Erfolg beschieden, obgleich er hierfür sogar eine Verkleinerung seines Herrschafstbereiches im Süden, in Burgund, hinzunehmen bereit war, indem er seinem Bruder Karl von der Provence die Bistümer Belley und Tarantaise abtrat (858) udn seinem Bruder LUDWIG II. (von Italien) die Grafschaften und Bistümer Genf, Lausanne und Sitten überließ (859).

    Schieffer Rudolf: Seite 152,160, "Die Karolinger"

    In völliger Abkehr von den einst verfochtenen universalen Zielen teilte LOTHAR I. sein Reich unter den drei Söhnen auf. Für LUDWIG II., den Kaiser, blieb es bei Italien; Karl, der jüngste, erhielt ein Regnum in den Rhonelanden mit dem Schwerpunkt in der Provence, während Lothar II. die nördlichen Gebiete von den W-Alpen bis zur Nordsee empfing. LOTHARS Vermächtnis war nicht unumstritten, denn Kaiser LUDWIG II. erstrebte einen Gebietsanteil jenseits der Alpen, und auch Lothar II. wollte dem minderjährigen, an Epilepsie leidenden Bruder Karl kein gesondertes Teilreich einräumen.
    Immerhin gelang es, LUDWIG II. vom Ausgreifen über Italien hinaus abzuhalten, aber auch Lothar II. mußte dem Drängen der provencalischen Magnaten nachgeben, die mit Karl als nominellen König unter sich bleiben wollten und von Graf Gerhard von Vienne angeführt wurden. Auf einem Treffen bei Orbe (bei Lausanne), inmitten von Hukberts Gebiet, bekräftigten die drei königlichen Brüder im Herbst 856 die vom Vater gezogenen Grenzen.
    Der Gegenden jenseits des Jura entledigte sich Lothar II. daraufhin 859 überhaupt, indem er sie LUDWIG II. abtrat, ebenso wie er dem anderen Bruder Karl von der Provence gegen die Einsetzung zum Erben territoriale Zugeständnisse im Süden machte.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 10,12,13 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 373,400,431,450,460,470,490 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 165 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 14,18,85,87,90,146 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 103 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 208,223,239 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 147,152,155,160,163,176 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 442 -

    Gestorben:
    Abbaye de Saint-Pierre-les-Nonnains de Lyon


  12. 80.  von Franken, Karlmann Graphische Anzeige der Nachkommen (55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 853.

    Notizen:

    Karlmann
    Sohn des Kaisers LOTHAR I. und seiner Konkubine Doda

    Werner Karl Ferdinand: Seite 450, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 13
    853 ist das Geburtsjahr Karlmanns (Ann. Bert.); er wird nicht bloß "erwähnt" (so Brandenburg).

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 378 -


  13. 81.  von Aquitanien, Pippin II. Graphische Anzeige der Nachkommen (56.Pippin7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 823 in Aquitanien,Frankreich; gestorben in 865 in Senlis [60300],Oise, Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 838-864, Aquitanien,Frankreich; König von Aquitanien

    Notizen:

    Pippin II. König von Aquitanien (838-864)
    823 - 865 Senlis
    Ältester Sohn des Franken-Königs Pippin I. von Aquitanien und der Ringart von Madrie, Tochter von Graf Theudbert

    Lexikon des Mittelalters: Band VI Spalte 2170

    Pippin II., König von Aquitanien 838-848/64
    * um 823, + nach 864

    Nach Pippins I. Tod 838 versuchte Kaiser LUDWIG DER FROMME, die Nachfolge Pippins II. zu verhindern und Aquitanien seinem Sohn KARL zuzuweisen. Ein Feldzug des Kaisers brachte zwar nur Teilerfolge (839), doch wandten sich einige aquitanische Adlige KARL zu (unter anderem Pippins I. Kanzler Ebroin). In den Auseinandersetzungen der Kaisersöhne nach LUDWIGS Tod ergriff Pippin II. LOTHARS Partei, unterlag mit ihm 841 bei Fontenoy und blieb von den Verhandlungen der Brüder, die 843 zum Vertrag von Verdun führten, ausgeschlossen. Pippin II. konnte sich zunächst in Aquitanien behaupten und 844 KARL bei einem Vorstoß in den S besiegen. Trotz eines 845 in Fleury geschlossenen Friedensvertrags kam KARL 848 der Einladung aquitanischer Adliger nach und ließ sich in Orleans krönen; 849 drang er bis Limoges und Toulouse vor. Pippins II. Macht schwand, 852 wurde er an KARL ausgeliefert und in St-Medard/Soissons in Klosterhaft genommen. Als der ostfränkische Königssohn Ludwig der Jüngere 854 einen Aquitanienfeldzug unternahm, entkam Pippin aus der Haft und gewann Teile der aquitanischen Herrschaft zurück, wurde aber 855 erneut von KARL angegriffen, der seinen Sohn Karl das Kind in Limoges zum aquitanischen König erheben ließ. In die Defensive gedrängt und schließlich mit den Normannen im Bund, wurde Pippin II. 864 endgültig in Senlis in Klosterhaft genommen.

    Quellen:
    Recueil des actes de Pepin I et de Pepin II rois d'Aquitaine, ed. L. Levillain, 1926 - Ernold le Noir, Poeme sur Louis le Pieux et epitres au roi Pepin, ed. E. Farai, 1932 -

    Literatur:
    ADB XXVI, 164-168 - B. Simson, JDG L.d.Fr. I-II, 1874 - F. Lot-L.Halphen, Le regne de Charles le Chauve, I, 1909 - L. Auzias, L'Aquitaine carolingienne, 1937 - J. Martindale, The Kingdom of Aqitaine and the 'Dissolution of the Carolingian Fisc', Francia 11, 1983, 131-191 - R. Collins, Pippin I and the Kingdom of Aquitaine (Charlemagne's Heir, 1990), 363-389 - R. Schieffer, Die Karolinger, 1992, 114ff. -
    Pippin II. konnte sich nach dem Tode seines Vaters gegen den Willen LUDWIGS DES FROMMEN in Aquitanien behaupten. Da dieser Aquitanien seinem Sohn KARL vererbt hatte, kämpfte Pippin an der Seite seines Onkels LOTHAR I. 841 in der Schlacht bei Fontenoy, der ihn anschließend jedoch fallen ließ, um sich mit seinen siegreichen Brüdern Ludwig und KARL einigen zu können. Im Vertrag von Verdun (843) nicht bedacht, setzte er, gestützt auf zahlreichen Anhang, KARL DEM KAHLEN erfolgreich Widerstand entgegen. Im Jahre 844 besiegte er das Aufgebot König KARLS bei Angouleme, der ihm im Frühjahr 845 in einem in Fleury abgeschlossenen Friedensvertrag gegen ein allgemeines Ergebenheitsversprechen die Hoheit über fast ganz Aquitanien zugestand. Nach einem Sieg KARLS DES KAHLEN bei der Normannenabwehr (848) wurde er von vielen Großen zum König von Aquitanein gewählt. Pippin II. sah seinen Anhang schwinden und fiel 852 - wie schon 849 sein jüngerer Bruder Karl- in die Hände KARLS DES KAHLEN, der ihn im Kloster Saint-Medared in Soissons festsetzte. Als Anfang 854 Ludwig der Jüngere, von aquitanischen Großen herbeigerufen, bis in die Gegend von Limoges vorstieß, entkam Pippin II., vielleicht mit KARLS stillschweigender Duldung, aus seiner Haft und eilte nach Aquitanien, wo er den stärkeren Anhang als Ludwig mobilisierte und den ostfränkischen Vetter im Herbst 854 zum eiligen Rückzug nötigen konnte. Pippin verlor ohne die Aussicht auf Unterstützung durch andere KAROLINGER mehr und mehr an Boden und machte zuletzt im Bunde mit den Normannen das Land unsicher. Er unterlag 864 nach langen, wechselvollen Kämpfen seinem Onkel, wurde von Ramnulf von Poitou gefangengenommen und verschwand für immer im Kloster von Senlis.


    Literatur:
    Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 330 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 11,12 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 128,132,138,149,164,175,178,196,210,244,274,286,320,322,337,368,392,400,429,544 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 50 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 196,207,227,230,275 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 137,139-141,143,145,151-153,158 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 57,59,61 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 57,63 -

    Neue Deutsche Biographie - Pippin II.

    karolingischer König von Aquitanien (seit 838), * circa 823 wohl in Aquitanien, † nach 864 Senlis (?).

    Als älterer der beiden Söhne Pippins I. erhob P. gleich nach dem Tod des Vaters Anspruch auf Aquitanien, das der kaiserl. Großvater jedoch seinem jüngeren, mit P. gleichaltrigen Sohn Karl d. Kahlen zusprach. Der Konflikt zwischen dem Eintrittsrecht (von Söhnen) und dem Anwachsungsrecht (von Brüdern), zwei gleichermaßen in der fränk. Tradition verwurzelten Prinzipien, um den es hier ging, sollte P.s ganzes weiteres Leben überschatten, nachdem es Ludwig d. Frommen bei einem Feldzug 839/40 nur im Norden und Osten des Landes gelungen war, Karl Geltung zu verschaffen, während ein anderer Teil der Großen P. als König anerkannte. Schon 839 setzt die bis 848 reichende Serie seiner elf überlieferten Diplome mit der Intitulatio Aquitanorum rex ein. Durch seinen Gegensatz zu Karl wurde P. im blutigen Erbstreit der Söhne Ludwigs d. Frommen zum natürlichen Verbündeten Ks. Lothars, mit dem gemeinsam er in der Entscheidungsschlacht von Fontenoy (25.6.841) unterlag. Lothar ließ ihn daraufhin bei den Ausgleichsverhandlungen fallen und vereinbarte mit seinen Brüdern in Verdun (843) eine Dreiteilung des Reiches, die P.s Ansprüche mit Schweigen überging.

    Gleichwohl gab dieser sich keineswegs geschlagen und fügte im Sommer 844 Karl, der vergeblich Toulouse belagerte, eine empfindliche Niederlage bei Angoulême zu. Karl mußte 845 unter dem Druck normann. Angriffe auf Paris mit ihm in Fleury einen Friedensvertrag schließen, worin P. gegen ein allgemeines Ergebenheitsversprechen die Hoheit über den größten Teil Aquitaniens zugestanden wurde. Das Blatt begann sich erst zu wenden, als Karl 848 mehr Erfolg als P. bei der Normannenabwehr an der Westküste hatte und sein gesteigertes Ansehen beim aquitan. Adel nutzte, um sich in Orléans zum König des Landes ausrufen und durch Ebf. Wenilo von Sens (837/38-865) salben und krönen zu lassen. 849 konnte er ungehindert bis Limoges und Toulouse vordringen. R, dessen Anhang rapide schwand, wurde 852 – wie schon 849 sein jüngerer Bruder Karl – an Karl d. Kahlen ausgeliefert und in Saint-Médard in Soissons in Klosterhaft genommen. Von dort kam er frei (vielleicht mit stillschweigender Duldung Karls), als 854 der ostfränk. Königssohn Ludwig d. Jüngere in Aquitanien einfiel. Durch die stärkere Resonanz, die P. im Lande fand, konnte er diesen bald zum Rückzug nötigen, wurde aber weiterhin von Karl nicht anerkannt, der vielmehr 855 seinen zweiten Sohn Karl d. Kind zum König von Aquitanien erhob und in Limoges salben und krönen ließ, um P. den Boden zu entziehen. Auch danach gab dieser nicht auf, verlor aber mehr und mehr an Rückhalt, zudem – nach dem Scheitern Ludwigs d. Deutschen in Westfranken 858/59 – jede Aussicht auf Unterstützung durch andere Karolinger schwand. Zuletzt soll P. nur noch im Bunde mit den Normannen das Land unsicher gemacht und sogar deren Heidentum angenommen haben, bis er 864 in einen Hinterhalt geriet und auf der westfränk. Reichsversammlung von Pîtres als Landesverräter zum Tod verurteilt wurde. Er kam in Senlis in|strengen Gewahrsam; sein Ende ist unbekannt.

    Literatur
    ADB 26; L. Levillain, Recueil des actes de P. Ier et de P. II, 1926; L. Auzias, L'Aquitaine carolingienne (778-987), 1937; J. Martindale, Charles the Bald and the Government of the Kingdom of Aquitaine, in: M. T. Gibson u. J. L. Nelson (Hg.), Charles the Bald, Court and Kingdom, 21990, S. 115-38; R. Schieffer, Die Karolinger, 1992, 21997; B. Kasten, Königssöhne u. Königsherrschaft, 1997; Lex. MA.

    Geburt:
    wohl in Aquitanien


  14. 82.  von Aquitanien, Karl Graphische Anzeige der Nachkommen (56.Pippin7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 830; gestorben am 4 Jun 863; wurde beigesetzt in Mainz [55127],Mainz,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 856-863, Mainz [55127],Mainz,Rheinland-Pfalz,Deutschland; Erzbischof von Mainz

    Notizen:

    Karl Erzbischof von Mainz (856-863)
    - 863
    2. Sohn des Franken-Königs Pippin I. von Aquitanien und der Ringart von Madrie

    Werner Karl Ferdinand: Seite 450, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 15

    Zu Erzbischof Karl von Mainz siehe jetzt Th. Schieffer, Karl von Aquitanien, in: Universitas, Festschrift A. Stohr, Bd. 2, 1960,42ff.
    Anschließend an Pippin II. und Karl bringt Brandenburg zwei Töchter Pippins I. unbekannten Namens, Gattinnen der Grafen Gerhard und Rather. Wir sehen in ihnen Schwestern, und nicht Töchter Pippins I. (siehe oben III, 12 und 13), behandeln das Problem jedoch hier, wo der Brandenburg-Benutzer diese beiden KAROLINGERINNEN erwartet. Auszugehen ist von einer Nachricht der V. Hlud., c. 61, in der unter den Großen Aquitaniens, die sich nach Pippins I. Tod (838 XII 13) nicht auf die Seite Pippins II. schlugen, sondern zu Kaiser LUDWIG DEM FROMMEN und damit zu seinem Sohne KARL hielten, genannt werden ... Gerardus ...comes et gener quondam Pippini, necnon Ratherius similiter comes Pippini gener ... (MG SS 2,645). Zunächst können die Lebensdaten beider Grafen über Brandenburg, Anmerkung zu IV, 13-14, hinaus ergänzt werden. Beide fielen 841 VI 25 in der Schlacht bei Fontenoy, vgl. Lot-Halphen 35, Anm. 4, wo aus der (früher irrig erst ins 12. Jahrhundert datierten, in Wahrheit bis auf wenige Interpolationen dem Verfasser selbst zugehörigen) Fassung C des Ademar von Chabannes (diese Stelle fehlt in der Ausgabe von Chavanon, Paris 1897, wo sie Seite 133 stehen mußte; Chavanon gab die vermeintlich späte Fassung C nur auszugsweise im Textapparat wieder) zitiert wird: ... Et in supradicto praelio (Fontaneti) occisis Ratherio et Gerardo, qui uterque erat gener (Pipini) ... Der gleiche Text (ed. Chavanon 132, dort Fasung C in Anmerkung) hat uns die Einsetzung Ramnulfs, des Sohnes von Graf Gerhard, zum Grafen von Poitiers 839 überliefert: Et Ramnulfum, filium Girardi comitis Arvernis, nepotem Willelmi fratris Girardi, comititem Pictavis praefecit ... (sc. Hlud. imp.). Zu Gerhard kann man auch noch auf einen Brief des Abtes Lupus von Ferrieres vom 11. August 840 hinweisen (ed. L. Levillain, Loup de F., Correspondance 1, 1927, 98, nr. 17): Zu dieser Zeit, knapp ein Jahr vor seinem Tod, befehligt Gerhard, princeps quondam et carus Pipini regis ("der einst, am Hofe Pippins I., Freund und erster Ratgeber des Königs war") eine in Limoges stationierte Truppeneinheit, mit der KARL Aquitanien kontrollieren wollte. Rather war, wie schon Brandenburg vermutete, Graf von Limoges, vgl. R. de Lasteyrie, Etude sur les comtes et vicomtes de Limoges, Paris 1874,17-19.
    Brandenburg hat sich, wie viele andere, die chronologische Unwahrscheinlichkeit der Deutung, Gerhard und Rather hätten Töchter Pippins I. zur Frau gehabt, nicht klar gemacht. Eine Tochter Pippins I., der 822 heiratete, konnte frühestens 823 geboren sein und frühestens etwa 838 einen Sohn Gerhards zur Welt bringen. Zu dieser Zeit (839, siehe oben) wurde aber Gerhards Sohn Ramnulf gerade Graf von Poitiers. Der gleiche Ramnulf, in den Quellen gefeiert als erfahrener und tüchtiger Heerführer im Kampf gegen die Normannen, durch dessen Tod (zusammen mit Robert dem Tapferen) bei Brissarthe 866 die Reichsverteidigung schwer getroffen war, wäre zur Zeit seines Todes, nach der von Brandenburg gegebenen Deutung, höchstens 28 Jahre alt gewesen! Auzias 130 und eingehnder Rev. Hist. 173, 1934, 97f. hat gener Pippini richtig als "Schwager" und nicht als "Schwiegersohn" gedeutet (vgl. jetzt auch J.F. Niermeyer, Mediae Latinitatis Lexicon Minus, fasc. 5, Leiden 1960, 465, s.v. gener: Normaldeutung Schwager, Gatte der Schwester; daneben Bruder der Frau und Schwiegervater. Belege für die Normaldeutung gibt er aus Arbeo von Freising, Widukind und Thietmar). Mit dieser Deutung entfällt jede chronologische Schwierigkeit. LUDWIG DER FROMME, bis 814 als König in Aquitanien amtierend, hat ebenso, wie er seine Tochter Alpais dem in Aquitanien tätigen Grafen Bego zur Frau gab, noch zwei weitere Töchter an aquitanische Große, Rather von Limoges und Gerhard von Auvergne (Clermont), gegeben. Dieser Auffassung hat sich schon J. Dhondt, Etudes sur la naissance des princioautes territoriales e France, IX-X siecle, Brügge 1948, 194, angeschlossen.
    Karl wurde von seinem Onkel Ludwig dem Deutschen zum Erzbischof von Mainz ernannt.


    Literatur:
    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 130 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 128,288,321,368,390-392,410,521, 860 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 146,153 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 57,63 -

    Neue Deutsche Biographie - Karl von Aquitanien

    Erzbischof von Mainz, * circa 830, † 4.6.863, ⚰ Mainz, Sankt Alban

    Entgegen der Nachfolgeregelung von 817 (Ordinatio imperii) kämpfte Ludwigs des Frommen zweite Gemahlin Judith darum, auch ihrem Sohn Karl dem Kahlen einen Anteil an der Reichsherrschaft zu sichern. Ihrem Bemühen um die Herstellung persönlicher Bindungen innerhalb der Kaiserfamilie ist es fraglos zuzuschreiben, daß Karl zum Taufpaten des zweiten Sohnes Pippins von Aquitanien bestimmt wurde. Nach dem Tode Pippins aber schob der Kaiser das Nachfolgerecht seines Enkels Pippin II. beiseite und sprach Aquitanien mit weiteren gallischen Ländern seinem Sohn Karl dem Kahlen zu. Dabei blieb es auch 843 im Vertrag von Verdun.

    In Aquitanien aber behauptete sich Pippin II. über mehrere Jahre hin gegen Karl den Kahlen, zumal dieser sich 846 mit Lothar I. überwarf. Wohl um diese Zeit, also 846/47, begab sich K. – der damit erstmals in Erscheinung tritt – an den Hof Lothars, aber statt zugunsten Pippins einzugreifen, söhnte sich der Kaiser 849 mit Karl dem Kahlen aus, der daraufhin aus verstärkter Position den Kampf um Aquitanien wiederaufnehmen konnte. K. verließ den Hof Lothars, um zu seinem Bruder zurückzukehren, geriet jedoch in die Gefangenschaft Karls des Kahlen Im Juni 849 mußte er vor einer westfränkischen Reichsversammlung in Chartres seinen Eintritt in den Klerikerstand erklären, erhielt Weihen und Tonsur – womit er politisch ausgeschaltet war – und wurde nach Corbie in Klosterhaft gegeben. Auch Pippin II. unterlag schließlich, wurde 852 gefangengenommen und nach Soissons ins Kloster Sankt Médard verbracht. – Aquitanien war indes keineswegs befriedet, doch wandten sich die mißgestimmten Großen nicht wieder an Lothar, sondern an den ostfränkischen König Ludwig den Deutschen. Dessen Sohn Ludwig der Jüngere drang Anfang 854 mit Heeresmacht bis Limoges vor und brachte Karls des Kahlen Herrschaft in Gefahr. In diesem Augenblick entkam Pippin II. aus Soissons und kehrte nach Aquitanien zurück; die alten Anhänger liefen ihm wieder zu. Die Vermutung liegt nahe, daß dies mit dem – verzweifelten – Einverständnis Karls des K. geschah, dem es durch diese Kräfteverschiebung möglich wurde, Ludwig zum Abzug zu zwingen. Noch 854 gelang es aber auch K., der inzwischen zum Diakon geweiht worden war, aus Corbie zu fliehen. Er begab sich, vielleicht unmittelbar nach der Flucht, zu Ludwig dem Deutschen, der statt Lothar I. der entschiedene Widersacher Karls des K. geworden war. Während Pippin Anfang 856 in Aquitanien von neuem an Boden gewann und weithin wieder Anerkennung als König fand, wurde sein Bruder K. nach dem Willen des ostfränkischen Königs am 12.3.856 als Nachfolger des Hrabanus Maurus zum Erzbischof von Mainz erhoben.

    In den erzählenden und urkundlichen Quellen findet sich zwar kein Anzeichen dafür, daß K., des Königs Neffe, politischen Einfluß am ostfränkischen Hofe ausgeübt hätte, doch muß als sicher unterstellt werden, daß er Ludwig, an den sich 856 und 858 abermals aquitanisch- westfränkische Große wandten, im Entschluß zum Kampf gegen Karl den Kahlen nach Kräften bestärkte. Der Feldzug von 858/59 wurde jedoch ein Fehlschlag; der Friede von Koblenz setzte 860 der Westpolitik Ludwigs des Deutschen ein Ende. Pippin II. blieb seinem Schicksal überlassen; er geriet schließlich 864 wieder in Gefangenschaft und kam in strenge Haft nach Senlis. Die aquitanische Karolingerlinie war endgültig unterlegen.

    Über K. als Erzbischof liegen nur spärliche und zufällige Nachrichten vor, aus denen sich kein klares Bild ergibt. Er hielt um den 1.10.857 in Mainz eine Synode, die wohl als Provinzialkonzil zu verstehen ist; er überführte im Jahr 858 Heiligenreliquien nach Erfurt; er empfing vom Papst Nikolaus I. zwei Schreiben, die sich kasuistisch mit innerkirchlichen Fragen des Rechtes, der Zucht, der Buße befassen und 868 in die Kanones einer Wormser Synode eingegangen sind. Diese Zeugnisse erwecken durchaus den Eindruck, daß K. auf eine gewissenhafte Erfüllung seiner geistlichen Amtspflichten bedacht war. Sie ändern freilich nichts daran, daß dieser Karolingerprinz als Mainzer Erzbischof nur von der politischen Geschichte her zu verstehen ist, als eine teils aktive, teils passive Gestalt des noch gesamtfränkisch verflochtenen Zeitalters vor der Trennung von Deutschland und Frankreich.

    Literatur
    Th. Schieffer, K. v. A., Der Weg e. karoling. Prinzen auf d. Stuhl d. hl. Bonifatius, in: Universitas, Festschr. f. Bischof A. Stohr, II, 1960, S. 42-54 (Literatur). Die dort - in Übereinstimmung mit d. bisherigen Forschung - als unecht bezeichneten Schreiben Nikolaus’ I. (JE. + 2709. + 2710); MG Epp. VI 670 ff.) sind einer bevorstehenden Untersuchung von Wilfried Hartmann zufolge als authenthisch anzusehen. Epitaph in MGH Poetae IV 1037 n. 1 (späte Abschrift(en)).

    Begraben:
    Sankt Alban


  15. 83.  von Aquitanien, N Graphische Anzeige der Nachkommen (56.Pippin7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    oo Gerhard Graf von Poitou - wohl 863

    Bisher wurden keine weiteren Belege für diese Personen gefunden.


  16. 84.  von Chiemsee, Ermengard Graphische Anzeige der Nachkommen (59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 831 in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland; gestorben am 16 Jul 866 in Frauenchiemsee (Kloster),Bayern,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Bad Buchau [88422],Biberach,Baden-Württemberg,Deutschland
    • Titel/Amt/Status: 857-866, Frauenchiemsee (Kloster),Bayern,Deutschland; Äbtissin von Buchau und Chiemsee

    Notizen:

    Ermengard Äbtissin von Buchau und Chiemsee (857-866)
    -16.7.866
    2. Tochter des Königs Ludwig II. der Deutsche von O-Franken und der WELFIN Hemma, Tochter von Graf Welf

    Borgolte Michael: Seite 273, "Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie."

    In Grafschaft Utos in pago Bara lag Heidenhofen (Schwarzwald-Baar-Kreis), in dem Ludwig der Deutsche 857 auf Bitten seiner Tochter Irmingart mit Abt Folkwin von Reichenau zwei Hufen gegen vier Zinslaute in Saulgau eintauschte.

    Literatur:
    Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 273 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 123 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 69 -

    Neue Deutsche Biographie - Irmengard von Chiemsee

    Benediktinerin, * um 831 Regensburg, † 17.7.866 Frauenchiemsee.

    Die zweite Tochter des damaligen Regenten von Bayern wuchs in Regensburg auf und wurde wie ihre Schwestern frühzeitig für das Klosterleben bestimmt. Die einzige Urkunde, die den Namen I.s nennt, vom 28.4.857 (Württ. UB I 149 f.), berichtet von einem Tausch zwischen dem Abt der Reichenau und I. als der Vertreterin des Klosters Buchau am Federsee, das der König „seiner geliebten Tochter I. geschenkt hat“. I. darf wie ihre Schwestern Hildegard in Zürich und Berta in Schwarzach als Vorsteherin (Äbtissin) des königl. Klosters angesehen werden. In einem unbekannten Jahr kam sie in das Tassilokloster Chiemsee. Ihre Stellung als Äbtissin ist zwar erst in einer späteren, verunechteten Urkunde bezeugt, aber höchst wahrscheinlich. Ihr wäre dann die Einführung der benediktinischen Regel und vielleicht auch die bauliche Wiederherstellung der Abtei zuzuschreiben, auch wenn der zeitliche Ansatz der seit 1960 in der Kirche wie in der Torhalle aufgedeckten Fresken nicht gesichert ist. I. wird bereits um 1000 als Selige verehrt (Erhebung durch Abt Gerhard v. Seeon 1004). Der eigentliche Seligsprechungsprozeß wurde erst 1922 aufgenommen und fand 1928 mit der Anerkennung ihrer Verehrung durch Pius XI. seinen Abschluß.

    Literatur
    J. Schlecht, in: Hist.pol. Bll. 168, 1921, S. 125-48, 212-31; A. Zimmermann, Kalendarium Benedictinum II, 1934; H. Tüchle, Lebensraum u. Lebenskreis d. sel. I, 1966; I. Schuster, Die sel. I. v. Chiemsee, 1966; V. Milojčič, Bericht üb. d. Ausgrabungen in Frauenchiemsee, 2 Bde., 1966.



    Name:
    Irmengard

    Gestorben:
    17.7. NDB


  17. 85.  von Franken, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Gisela
    Tochter des Franken-Königs Ludwig II. der Deutsche und der WELFIN Hemma, Tochter von Graf Welf

    Werner Karl Ferdinand: Seite 451, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 20

    Die Vermutung von Brandenburg, Gisla sei "+ wohl jung", stützt sich nur darauf, daß von ihr keine Nachrichten über die Leitung von Abteien, wie für ihre Schwestern, vorliegen. Ebensogut kann Gisla jedoch vermählt gewesen sein. Um ein Beispiel möglicher Nachkommenschaft jener karolingischen Prinzessinnen, von denen wir nur den Namen kennen, zu geben, sei auf die KAROLINGER-Namen in der Nachkommenschaft des bairischen LUITPOLDINGERS Luitpold verwiesen: (Vgl. die Übersicht bei K. Reindel, Die bayerischen Luitpoldinger 893-989, 1953, p. VIII) Luitpolds Sohn heißt Arnulf; von den Kindern dieses bairischen Herzogs tragen Arnulf, Ludwig (!) und Judith Namen karolingischer Prinzen und Prinzessinnen; in der folgenden Generation begegnet der Name Gisla. Diese Namengebung war ohne karolingischen Abkunft keinesfalls möglich! Hat Kunigund, so wird man sich fragen dürfen, die Schwester der in Alemannien tätigen Grafen Erchanger und Berthold und Gattin Luitpolds, die bis dahin im Hause nicht vorkommenden KAROLINGER-Namen eingebracht? (Sie wurde bekanntlich nach Luitpolds Tod Gemahlin KONRADS I., des späteren Königs. Die Namen Judith und Gisla weisen auf die seit der Verbindung mit den WELFEN im KAROLINGER-Hause üblichen Frauennamen hin. Die Gattin Ludwigs des Deutschen, Hemma, Schwester der Kaiserin Judith, war eine WELFIN und nannte wie Judith eine ihrer Töchter Gisla. Die drei Namen Judith, Ludwig und Gisla könnten durchaus einen Hinweis auf die Herkunft der Luitpold-Gattin Kunigunde darstellen. War sie KAROLINGERIN durch die Mutter (die hier diskutierte Gisla oder eine andere Prinzessin), dann waren auch Erchanger und Berthold karolingischer Abkunft durch die Mutter, ein bemerkenswertes Faktum. Unsere Annahme scheitert nicht an dem Umstand, daß König ARNULF in seinem D 138 (ed. Kehr, Urkk. d. dt. Karol., Bd. 3) Luitpold im Jahre 895 nepos noster nennt, denn die hier angedeutete Vetternschaft bezieht sich nicht etwa auf karolingische Abkunft Luitpolds, sondern auf seine Verwandtschaft mit der Mutter König ARNULFS, Liutswind.


    ? oo Berchthold Pfalzgraf in Schwaben

    ? Kinder:

    - Kunigunde um 882-7.2.915?
    1. oo Liutpold Markgraf von Bayern - 4.7.907
    911 2. oo KONRAD I. König des Deutschen Reiches 882-23.12.918
    - Berchthold II. - 21.1.917
    - Erchanger - 21.1.917


  18. 86.  von Franken, Bertha Graphische Anzeige der Nachkommen (59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 833/839; gestorben am 26 Mrz 877 in Zürich [8000],Zürich,Schweiz.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 853-877, Münsterschwarzach [97359],Kitzingen,Bayern,Deutschland; Äbtissin von Münsterschwarzach
    • Titel/Amt/Status: 856-877, Zürich [8000],Zürich,Schweiz; Äbtissin von Zürich

    Notizen:

    Bertha
    Äbtissin von Schwarzach (853-877)
    Äbtissin von Zürich (856-877)
    -26.3.877
    Tochter des Königs Ludwig II. der Deutsche von O-Franken und der WELFIN Hemma, Tochter von Graf Welf

    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Seite 90, "Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000"

    Aber auch Ludwigs des Deutschen Tochter Hildegard, seit 853 gleichzeitig Äbtissin des Frauenklosters in Zürich, hatte das Kloster inne, nach ihren Tod König Ludwigs weitere Tochter Bertha. Erst nach Berthas Tod 877 konnte der Würzburger Bischof das Nonnenkloster Schwarzach einziehen.

    Borgolte Michael: Seite 25,99, "Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie."

    Ohne daß wir seine Funktion genau erfassen könnten, scheint Adalbert II. im Jahr 877 bei einem Rechtsgeschäft des Felix- und Regula-Klosters von Zürich beteiligt gewesen zu sein (UB Zürich I Nr 131). In Cham am Zuger See schenkte die Königs-Tochter Berta, die Äbtissin des Klosters, ad presentiam Adalberti comitis der monastischen Gemeinschaft Besitzungen im Elsaß, die sie von Lothar II. erhalten hatte (dazu Borgolte, Die Geschichte der Grafengewalt im Elsaß 33f.).
    Vom 27. Juni 889 datiert eine Züricher "Privaturkunde", die hier abschließend erörtert werden muß. Die von Ludwig dem Deutschen gegründete Frauenabtei SS. Felix und Regula, der zunächst die Königstöchter Hildegart und Berta und dann Richgard, die Tochter des elsässischen Grafen Ercangar und Gemahlin KARLS III., vorgestanden hatten, wurde nach dieser Quelle zum gegebenen Zeitpunkt von Eberhart comes cum advocatu suo Adalberto geleitet.

    Mühlbacher Engelbert: Band II Seite 299, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

    Im Frühjahr 869 brach Lothar nach Italien auf. Kurz vorher schenkte er noch Waldradas Bitte einer Tochter des deutschen Königs, Bertha, Äbtissin von St. Felix und Regula in Zürich, Güter im Elsaß, "damit sie die Festigung der Freundschaft zwischen ihm und ihren Eltern eifrig fördere."

    Literatur:
    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 90 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 25,99 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 216 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 674,863 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, Band II Seite 299 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 69 -

    Wikipedia - Bertha (Fraumünster)

    Bertha (* zwischen 833 und 839; † 26. März 877 in Zürich) war die jüngste von vier Töchtern Ludwigs des Deutschen und die zweite Äbtissin des Klosters Fraumünster. Sie war eine Urenkelin Kaiser Karls des Grossen und Enkelin Ludwigs des Frommen.

    Berta, Hildegard und der Hirsch mit dem leuchtenden Geweih, Fresko von Paul Bodmer im Kreuzgang des Fraumünsters.
    Leben und Wirken[Bearbeiten]
    Berthas Schwester Hildegard war von 841 bis ins Jahr 853 Äbtissin im Kloster Münsterschwarzach am Main. Aus dem Jahr 853 berichtet eine Legende, dass sie mit Bertha die Burg Baldern auf dem Albis bewohnt hätte, damit sich die beiden dort in Abgeschiedenheit von der Welt ganz Gott widmen könnten. Als sie an einem Tag nach Zürich gewandert seien, um dort in der Kapelle der Heiligen Felix und Regula zu beten, sei ihnen im Wald ein Hirsch mit leuchtendem Geweih begegnet und habe ihnen eine Stelle gezeigt, an der eine Kirche errichtet werden sollte. Ihr Vater Ludwig der Deutsche habe diesen göttlichen Auftrag befolgt. Historisch gesichert ist lediglich, dass er am 21. Juli 853 ein Kloster, das bereits an dieser Stelle existierte, unter dem Namen Fraumünster neu gründete und Hildegard zur Äbtissin machte. Bertha wurde daraufhin Äbtissin in Münsterschwarzach.
    856 oder 859 starb Hildegard, woraufhin Bertha zur Abtei Fraumünster überwechselte und dort das Amt der Äbtissin bekleidete. In ihre Amtszeit fiel die Fertigstellung der Abteikirche, die zwischen 871 und 876 von Bischof Gebhard I. von Konstanz eingeweiht wurde.
    In einer Urkunde vom 10. Februar 878 bestätigte Karl III., dass seine Schwester Bertha Äbtissin des Klosters Säckingen sei und seine Gemahlin Richardis ihr nachfolgen sollte.[1][2]
    1272 wurden Hildegard und Bertha im südlichen Querschiff des Fraumünsters neu bestattet.


  19. 87.  von Franken, Hildegard Graphische Anzeige der Nachkommen (59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 828; gestorben in 856/859.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Münsterschwarzach [97359],Kitzingen,Bayern,Deutschland; Äbtissin von Münsterschwarzach
    • Titel/Amt/Status: Zürich [8000],Zürich,Schweiz; Äbtissin von Zürich

    Notizen:

    Hildegard Äbtissin von Schwarzach und Zürich
    828-23.12.856
    Tochter des Königs Ludwig II. der Deutsche von O-Franken und der WELFIN Hemma, Tochter von Graf Welf

    Werner Karl Ferdinand: Seite 451, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 19-23

    Die Folge der Kinder Ludwigs des Deutschen nach der Ältesten, Hildegard, deren Geburtsjahr durch ihr Epitaph überliefert ist, und nach Karlmann war gegenüber Brandenburg, der zuerst die weiteren Söhne, dann die Töchter bringt, umzustellen. Schon Dümmler 2, 4526 Anm. 1 hat auf die Reihenfolge der Töchter im Verbrüderungsbuch aus St. Gallen (ed. Piper, MG Libr. confr. 2,11, col. 12) hingewiesen, die, nach Hildegard, lautet: Irmingart, Gisla; Berta. Ermengard und Gisla habe ich in dem gegebenen Spielraum zwischen Karlmann und Ludwig dem Jüngeren eingesetzt, die jüngste, Bertha, aber jedenfalls noch vor KARL III., dem wohl jüngsten Kinde Ludwigs des Deutschen.

    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Seite 90, "Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000"

    Aber auch Ludwigs des Deutschen Tochter Hildegard, seit 853 gleichzeitig Äbtissin des Frauenklosters in Zürich, hatte das Kloster inne, nach ihren Tod König Ludwigs weitere Tochter Bertha. Erst nach Berthas Tod 877 konnte der Würzburger Bischof das Nonnenkloster Schwarzach einziehen.

    Borgolte Michael: Seite 99, "Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie."

    Vom 27. Juni 889 datiert eine Züricher "Privaturkunde", die hier abschließend erörtert werden muß. Die von Ludwig dem Deutschen gegründete Frauenabtei SS. Felix und Regula, der zunächst die Königstöchter Hildegart und Berta und dann Richgard, die Tochter des elsässischen Grafen Ercangar und Gemahlin KARLS III., vorgestanden hatten, wurde nach dieser Quelle zum gegebenen Zeitpunkt von Eberhart comes cum advocatu suo Adalberto geleitet.

    Literatur:
    Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 99 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 123,216 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 863 - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 37,367,425,501- Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 69 -

    Wikipedia - Hildegard (Tochter Ludwigs des Deutschen)

    Hildegard (* 828; † 23. Dezember 856 oder 859) war eine Tochter des karolingischen Ostfrankenkönigs Ludwig der Deutsche und seiner Frau Hemma.
    Hildegard wurde ein Jahr nach der Heirat ihres Vaters mit der Grafentochter Hemma als sein erstes Kind geboren. Nach 844 wurde sie Äbtissin des Klosters Münsterschwarzach, das 780 als Eigenkloster des karolingischen Herrscherhauses gegründet worden war.

    Am 21. Juli 853 gründete Ludwig der Deutsche das Kloster Fraumünster in Zürich, das Hildegard als Äbtissin übernahm; Nachfolgerin in Münsterschwarzach wurde ihre jüngere Schwester Bertha. Von der Gründung des neuen Klosters berichtet eine Legende, dass die beiden Schwestern die Burg Baldern auf dem Albis bezogen hätten, um dort ein zurückgezogenes, gottgefälliges Leben zu führen. Bei einer ihrer Wanderungen nach Zürich, wo sie in der Felix und Regula geweihten Kapelle beten wollten, habe die beiden ein Hirsch mit leuchtendem Geweih den Weg durch den Wald geführt und ihnen schließlich eine Stelle gezeigt, an der sie eine Kirche errichten sollten. Ludwig der Deutsche sei dieser göttlichen Aufforderung gefolgt.
    Historisch gesichert ist lediglich, dass er ein an dieser Stelle bereits bestehendes Kloster neu gründete, ihm bei dieser Gelegenheit beträchtlichen Landbesitz sowie das Recht zu einer eigenen Gerichtsbarkeit verlieh und es an Hildegard überschrieb.
    Als Äbtissin von Fraumünster verstarb Hildegard am 23. Dezember 856 (nach anderen Angaben 859); auch hier folgte ihr Bertha nach.

    Literatur
    Gerhard Hartmann, Karl Schnith (Hrsg.): Die Kaiser. 1200 Jahre Europäische Geschichte. Marixverlag, Wiesbaden 2006, ISBN 3-86539-074-9, S. 70.
    Peter Vogelsanger: Zürich und sein Fraumünster. Eine elfhundertjährige Geschichte (853–1956). NZZ Libro, Zürich 1994, ISBN 3-85823-515-6.

    Gestorben:
    23.12.


  20. 88.  von Franken, Karlmann Graphische Anzeige der Nachkommen (59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 830; gestorben am 22 Sep 880 in Altötting [84503],Altötting,Bayern,Deutschland; wurde beigesetzt in Altötting [84503],Altötting,Bayern,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 877-879, Italien; König von Italien
    • Titel/Amt/Status: 876-880, Ostfrankenreich; Ostfränkischer König

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie - Karlmann

    ostfränkischer König, * circa 830, † 22.9. (kaum 22. 3.) 880 wohl (Alt)-Ötting, ⚰ (Alt)-Ötting.

    K., erstmals 842 und 847 erwähnt, erhielt 856 die Leitung der bayerischen marca orientalis im Donauraum. Er war dann in mancherlei Kämpfe verwickelt, deren Hintergrund, Zusammenhang und Verlauf im einzelnen nicht immer klar sind, bei denen aber sein Streben nach einem größeren und selbständigen Herrschaftsanteil deutlich zutage tritt. Dabei stand er seit 858 im Bunde mit dem Mährerherzog Rastislaw, ging 861 zum offenen Aufstand gegen den Vater über (der im gleichen Jahre K.s Schwiegervater Ernst absetzte) und beanspruchte (oder besetzte?) das bayerische Ostland bis zum Inn. Eine 862 in Regensburg zustande gekommene Aussöhnung war nicht von Dauer. 863 zog Ludwig gegen den Sohn zu Felde und nahm ihn in Haft, doch entwich K. 864 wieder in seine östlichen Marken. Ohne neuen Kampf führte Ludwig einen Ausgleich herbei, indem er K. 865 wieder als Markgrafen einsetzte und eine Erbteilung verfügte: das ostfränkische Kernland Bayern mit den vorgelagerten Marken und der Hoheit über die Slawenvölker wurde K. zugesprochen; Rhein- und Mainfranken, Thüringen und Sachsen sollten an Ludwig den Jüngeren, Alemannien mit Churrätien an Karl III. fallen. K.s Einvernehmen mit dem Vater hatte seither Bestand, während zu 866, 871 und 873 Auflehnungen seiner Brüder berichtet werden, die Erbteilung aber im März 872 zu Forchheim erneuert wurde.

    Unterdes gingen unter Beteiligung K.s, aber unter der Leitung Ludwigs des Deutschen, die Kämpfe mit Mähren weiter, ohne nachhaltigen Erfolg und sogar mit schweren Rückschlägen, bis der Sturz Rastislaws durch seinen Neffen Swatopluk-Zwentibold 870 einen völligen Umschwung auslöste. In dieser Phase freundschaftlicher Beziehungen zu Mähren wurde Swatopluk der Taufpate von K.s Enkel Zwentibold. Schon 871 aber wich das gute Einvernehmen neuem Kampf, dessen Ausbruch K. verschuldet haben soll, indem er Swatopluk unter dem Verdacht des Verrates gefangensetzte, aber wieder freilassen mußte. Nachdem das bayerische Heer sowohl 871 wie 872 geschlagen worden und K. 873 wiederum in Bedrängnis geraten war, ging Ludwig der Deutsche nach einer Beratung mit K. und Ludwig dem Jüngeren 874 in Forchheim einen Frieden ein, der dem Mährerfürsten unter nomineller Reichshoheit die faktische Unabhängigkeit zugestand. Die ostfränkische Politik hatte damit die Pflöcke zurückgesteckt, aber Bayern und seine Ostmark gewannen Ruhe an der Slawenfront.

    Nicht nur die militärischen Fehlschläge, auch andere politische Erwägungen dürften den ostfränkischen König zu defensiver Zurückhaltung an der Ostgrenze bestimmt haben. Ludwig der Deutsche hatte seinen westfränkischen Bruder Karl den Kahlen 870 gezwungen, ihm aus dem Erbe Lothars II. die Länder zwischen Rhein und Maas zu überlassen. Seitdem aber stellte die doppelte Nachfolge des söhnelosen Ludwig II. – im italischen Teilreich und im Kaisertum – das drängendste Problem dar. Ludwig der Deutsche traf sich 872 in Trient mit der Kaiserin Angilberga, 874 bei Verona mit dem Kaiser Ludwig selber und erwirkte eine Designation seines Sohnes K. zum Nachfolger im Königreich Italien und damit zum Anwärter auf die Kaiserwürde. Karl der Kahle dagegen hatte Verbindung mit dem Papst aufgenommen und wurde nach dem Tode Ludwigs II. (12.8.875) von Johann VIII. zur Kaiserkrönung nach Rom geladen. K. überschritt die Alpen, ließ sich aber|von Karl durch einen – angeblich betrügerischen – Waffenstillstand zum Abzug bestimmen. Karl empfing an Weihnachten 875 in Rom die Kaiserkrone und wurde im Februar 876 zu Pavia als Herrscher im regnum Italiae anerkannt. Als Ludwig der Deutsche, der zu einem Heereszug gegen Westfranken rüstete, am 28.8.876 gestorben war, rückte Karl auch in dem Ostteil Lotharingiens ein, aber Ludwig der Jüngere warf ihn am 8.10.876 bei Andernach zurück.

    Die drei Söhne Ludwigs traten als Könige die Nachfolge in Ostfranken an. Auf einer Zusammenkunft im Nördlinger Ries bestätigten sie durch einen in deutscher Sprache aufgezeichneten Eid (nicht erhalten) im November 876 die schon vom Vater verfügte Teilung. K. behielt Bayern mitsamt „Pannonien und Kärnten“ und der – freilich kaum mehr als fiktiven – Hoheit über Böhmen und Mähren. Er ließ sich (nicht im Titel, sondern) in der Datierung seiner beiden ersten auf uns gekommenen Urkunden (3.11.876; 24.2.877) als rex Bawariorum, im übrigen, wie die Karolinger überhaupt, einfach als rex bezeichnen. Er übergab die Verwaltung der Mark Kärnten seinem (nicht vollbürtigen) Sohn Arnulf und bestellte den ranghöchsten Kleriker seines Reichsteils, den Erzbischof Theotmar von Salzburg, zum Erzkapellan, auf dessen Namen teils der cancellarius Baldo, teils der notarius Madalwin vom 28.6.877 bis zum 11.8.879 die Urkunden beglaubigte. Es sind 28 Diplome im Text erhalten, 11 weitere als Deperdita feststellbar.

    Das wichtigste Ereignis in K.s Regierung ist die 2. Heerfahrt nach Italien, die er mit bayerischen und slawischen (wohl karantanischen) Truppen etwa im Spätsommer 877 antrat. Karl der Kahle, der mit Johann VIII. in Pavia weilte, um seinerseits in Italien einzugreifen, sah sich zu eiligem Rückzug gezwungen und starb am 6.10.877; damit war das westfränkische Kaisertum bereits erloschen. Mit einer Huldigung in Pavia trat K. die Herrschaft in Italien, an, urkundete vom 16.10.-22.11.877 an verschiedenen oberitalischen Plätzen und übermittelte dem Papst seine Absicht, zur Kaiserkrönung nach Rom zu ziehen. Er wurde jedoch von schwerer Krankheit befallen und kehrte eilig zurück; am 3.12.877 war er wieder in Ötting. Mit seinen Brüdern einigte er sich dahin, daß er auf einen Anteil am östlichen Lotharingien verzichtete, aber den Anspruch auf „Italien, Tuscien und Campanien“ sich allein vorbehielt. Er urkundete von den bayerischen Pfalzen, vor allem Ötting, aus auch weiterhin für italische Empfänger und blieb in Italien als regierender König anerkannt, auf den auch Johann VIII. noch lange seine Hoffnungen setzte, doch war er zu keiner Aktion mehr imstande, so daß der von mittelitalischen Fürsten und Sarazenen bedrängte Papst sich ebenso verzweifelt wie erfolglos um westfränkische Hilfe, dann um die Wahl eines anderen italischen Königs bemühte.

    Im Winter 878/79 wurde K. durch einen Schlaganfall vollends regierungsunfähig. Ludwig der Jüngere fand sich an seinem Krankenlager ein und ließ sich, um Arnulf auszuschließen, von den bayerischen Großen die Nachfolge zusichern. Im weiteren Verlauf des Jahres 879, sicherlich aber erst nach seiner letzten Urkunde vom 11.8.879, die für ein italisches Kloster erging, trat K. seinem Bruder Karl III., mit dem der Papst nach dem Fehlschlag seiner westfränkischen Pläne inzwischen Verbindung aufgenommen hatte, die Anrechte auf Italien ab.

    Als K.s Todestag wird in einer Urkunde seines Sohnes Arnulf (D. 64 vom 15.11.889) der 22. 9. erwähnt, was richtig sein muß, obgleich eine so gute Quelle wie die Annales Fuldenses den 22. 3. nennt, was möglicherweise auf eine voreilige oder mißverstandene Nachricht über den hoffnungslos Erkrankten zurückzuführen ist. Trotz des unglücklichen Ausgangs ist K. eine in doppelter Hinsicht historisch bemerkenswerte Gestalt: er ist aus der Geschichte Bayerns und der Vorgeschichte Österreichs nicht wegzudenken, und er hat eine Vorentscheidung darüber herbeigeführt, daß die Fortführung der karolingischen Italien- und Kaiserpolitik der ostfränkischen, nicht der westfränkischen Linie zufiel.

    Literatur
    Regg. Imp. I; MGH DD. Karol. Germ. I, (1934) XXXV-XLI, 285-330; mehrere Briefe Johanns VIII. an K. in: MG Epp. VII, 1928; E. Dümmler, Gesch. d. Ostfränk. Reiches, 3 Bde., 21887/88; P. Kehr, Die Kanzleien K.s und Ludwigs d. J., 1933; J. Fleckenstein, Die Hofkapelle d. dt. Könige I, 1959, S. 186 f.; K. Reindel und F. Prinz, in: M. Spindler (Hrsg.), Hdb. d. Bayer. Gesch. I, 1967, S. 195-202, 283-85 (Literatur) - siehe auch Literatur zu, zum, zur Karl d. Gr. u. Karolinger.



    Gestorben:
    Hof Oetting

    Familie/Ehepartner: N.. N. (Tochter von Ernst I. und Irmgard) gestorben in 879. [Familienblatt] [Familientafel]

    Familie/Ehepartner: Luitswinda. Luitswinda wurde geboren um 835; gestorben vor 9 Mrz 891. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 118. von Kärnten, Arnulf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 850; gestorben in 899 in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland; wurde beigesetzt in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland.

  21. 89.  von Franken, Ludwig III. Graphische Anzeige der Nachkommen (59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 835 in Bayern,Deutschland; gestorben am 20 Jan 882 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; wurde beigesetzt in Lorsch Kloster [64653],Bergstraße,Hessen,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 876-882, Ostfrankenreich; Ostfränkischer König

    Notizen:

    Ludwig III. der Jüngere Ostfränkischer König (876-882)
    um 835-20.1.882 Frankfurt Begraben: Lorsch

    2. Sohn des Ostfränkischen Königs Ludwig II. der Deutsche und der WELFIN Hemma, Tochter von Graf Welf

    Lexikon de Mittelalters: Band V Spalte 2174, Ludwig III. der Jüngere, ostfränkischer König

    + 20. Januar 882 Frankfurt/Main Begraben: Lorsch
    Sohn König Ludwigs des Deutschen und Hemmas
    oo Liutgard (LIUDOLFINGERIN)

    Vom Vater wurde Ludwig der Jüngere mit militärischen Operationen in W-Franken (854 Einladung des westfränkischen Adels, Vormarsch bis in den Raum Limoges) und an der Slavengrenze betraut und bei einer 865 vorgenommenen und 872 bestätigten Teilung des ostfränkischen Reiches unter Karlmann, KARL III. und Ludwig III. den Jüngeren mit der ostfränkischen Francia, Sachsen und Thüringen bedacht, trotz zeitweiser Aufstände 866, 871 und 873 gegen den Vater. Den Expansionsversuch KARLS DES KAHLEN nach Lotharingien nach Ludwigs des Deutschen Tod stoppte Ludwig der Jüngere am 8. Oktober 876 in der Schlacht bei Andernach. Ludwig III. der Jüngere und KARL III. profitierten von der Krankheit des ältesten Bruders Karlmann, der 878 seinen Anteil an Lotharingien aufgab und 879 Ludwig Bayern überließ. Nach seinem Eingreifen in westfränkische Nachfolgestreitigkeiten nach dem Tod Ludwigs des Stammlers, befördert von der Einladung westfränkischer Adliger um Gauzlin, erlangte Ludwig der Jüngere in den Verträgen von Verdun und Ribemont (879/80) das westliche Lotharingien; damit war, unter Rückgriff auf den Teilungsvertrag von Verdun 843, die künftige Grenze zwischen O- und W-Franken bestimmt. Während Ludwigs Herrschaft in Lotharingien durch Ansprüche Hugos gefährdet blieb, gelang ihn in O-Franken durch Bindungen zu führenden Adelsfamilien die Akzentuierung einer stärkeren königlichen Herrschaft, seit 881 durch zunehmende Krankheit freilich bedroht. Die seit 879 erneuerten Normanneneinfälle vermochte Ludwig III. der Jüngere nur zu Teil aufzuhalten: So gelang ihm in Thimeon (bei Charleroi) ein partieller Erfolg, und im gleichen Jahr vertrieb er die Normannen aus der königlichen Pfalz Nijmegen. Da Ludwig III. der Jüngere ohne Erben starb, kam es 882 zu einer Wiedervereinigung des ostfränkischen Reiches unter KARL III.

    Quellen:
    MGH DD Karol. dt. I -

    Literatur:
    HEG I, 608f., 616-620 - NDB XV, 328f. - P. Kehr, Die Kanzleien Karlmanns und L.s, 1933 - J. Fried, Kg. L. in seiner Zeit, Gesch.sbll. Krs. Bergstraße 16, 1983, 5-26 - C. Brühl, Dtl.-Frankreich. Die Geburt zweier Völker. 1990 -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 451, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 21

    Ludwig III. war nicht "König von Sachsen" (so Brandenburg), sondern in den von uns aufgeführten regna.
    Vgl. zum Einzelnen Eiten 160ff. und Dümmler. Für das Geburtsjahr (Brandenburg "etwa 830") darf man angesichts der ersten urkundlichen Erwähnung Ludwigs 847, der unehelichen Verbindung etwa 860 (der Sohn aus ihr, Hugo, fällt 880) und der späten Verlobung 865 eher an einen größeren Abstand vom älteren Bruder Karlmann denken. Brandenburg gibt das Datum von Liutgards Tod irrig mit 885 I 25 an. Es lautete 885 XI 30, vgl. Dümmler 3, 167.

    Rappmann Roland/Zettler Alfons: Seite 432, "Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter"

    LUDWIG DER JÜNGERE
    + 20.1. (?) 882

    Necr. B 20.1. "Ludouuicus rex", König im Ostfränkischen Reich 876-882

    Literatur:
    ADB 19 Seite 446ff.; BM² 1547-1576a; Werner, Nachkommen Seite 451 Nrn. 19, 21, 23 und Tafel Nr. IV/21; Biographisches Wörterbuch 2 Spalte 1714; Die Klostergemeinschaft von Fulda 2,1 Seite 314 K 17, Zum Todestag: Dümmler, Geschichte des Ostfränkischen Reiches 2 Seite 164 Anmerkung 1; BM² 1576a.

    Ludwig, Sohn König Ludwigs des Deutschen und dessen Gemahlin Hemma, war der Bruder König Karlmanns und Kaiser KARLS III. Seinen Herrschaftsschwerpunkt hatte er im nordwestlichen Teil des ostfränkischen Reiches. Sein Name gelangte wahrscheinlich mit den beiden genannten Brüdern und zwei weiteren Personen in das Reichenauer Verbrüderungsbuch, p.98A 1: "Charlomannus, Karolus, Hludouuicus, Gozpreth, Pernoldus". Ob er mit dem ebenfalls auf p. 98A 1 genannten "Hludouuicus iunior" gemeint ist, muß vorerst noch unklar bleiben.
    Ebenfalls im Unklaren liegt sein Todestag: Die Mehrzahl der Quellen gibt zwar den 20.1., andere jedoch den 21.1. oder gar den 20.8. oder 20.12. an.
    Ludwig fiel 854 in Aquitanien ein und empörte sich 865 und 871 gegen seinen Vater. Beim Tode desselben (876) wurde ihm O-Franken, Thüringen und Sachsen übertragen. Am 8.10.876 besiegte Ludwig III. KARL II. DEN KAHLEN bei Andernach, der die östliche Hälfte Lothringens zurückzuerobern versuchte. Nach dem Tode seines Bruders Karlmann (+ 22.3. 880) erbte Ludwig Bayern und erreichte nach erfolgreichen kriegerischen Aktionen im Vertrag von Ribmont (880) die Eingliederung des westlichen Teils von Lothringen in seinen Herrschaftsbereich.

    Hartmann Wilfried: Seite 74-76, „Ludwig III. der Jüngere“ in Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern, Hg. Karl Rudolf Schnith

    Ludwig der Jüngere war wahrscheinlich der bedeutendste unter den Söhnen Ludwigs des Deutschen, wenn wir auch ein Programm seiner Regierung und einen Plan seiner Absichten nur undeutlich erkennen können, weil ihn nur wenige Jahre als selbständiger Herrscher vergönnt waren. Dass er sich als eigentlicher Nachfolger seines Vaters verstand, können wir daraus ersehen, dass er den Erzkapellan und wichtigsten Berater Ludwigs des Deutschen, Erzbischof Liutbert von Mainz, übernahm. Auch die überstürzte Bestattung des verstorbenen Königs im Kloster Lorsch (zu dem Ludwig der Deutsche keine sonderlich enge Beziehung besessen hatte, das aber im Machtbereich Ludwigs des Jüngeren gelegen war) zeigt, dass Ludwig der Jüngere von Anfang an versuchte, einen Vorsprung gegenüber seinen Brüdern zu gewinnen.
    Ludwigs Machtstellung war aber gleich am Beginn seiner Regierung schwer bedroht, denn sein Onkel KARL DER KAHLE machte den Versuch, sich nach dem Tod Ludwigs des Deutschen unter Übergehung der Rechte von dessen Söhnen einen Teil des Reichs seines verstorbenen Bruders einzuverleiben. Es ging dabei in erster Linie um jene Hälfte von Lotharingien, die er 870 im Vertrag von Meersen Ludwig dem Deutschen hatte überlassen müssen; vielleicht wollte KARL DER KAHLE aber noch mehr, nämlich eine wirkliche Oberherrschaft über das ganze Frankenreich, die ihm aufgrund seines Kaisertitels zuzustehen schien. Für diesen weitergehenden Plan spricht eine Urkunde, die KARL in Köln ausstellte und in der er sich als Nachfolger seines Bruders ausgab.
    Ludwig der Jüngere versuchte einen Kampf zu vermeiden; und als sein Onkel Verhandlungen ablehnte, war er bestrebt, sein Recht vor seinem Heer durch ein Gottesurteil abzusichern: Vielleicht ist dieses vorsichtige Verhalten ein Beleg dafür, dass sich Ludwig der Treue seines Heeres nicht ganz sicher war. Er ließ jedenfalls je zehn seiner Leute dem Gottesurteil des heißen und kalten Wassers sowie des glühenden Eisens unterwerfen - mit positivem Erfolg, wie der Geschichtsschreiber betont. Damit waren die Krieger an seine gute und durch Gott legitimierte Sache gebunden.
    Die Schlacht bei Andernach (am 8.10.876), die Ludwig der Jüngere für sich entscheiden konnte, hat er mit einer merkwürdigen Taktik gewonnen: Er ließ seine Krieger weiße Gewänder anziehen; damit unterschieden sie sich von den Gegnern, wirkten aber wie ein Heer von Toten. Ein kleines und taktisch gut geführtes Heer, das auch noch den Vorteil der psychologischen Vorbereitung ausnützte, hat einen Sieg über ein größeres, aber zusammengewürfeltes Gefolgschaftsheer davongetragen. Die Schlacht bei Andernach war sicher keine nationale Auseinandersetzung zwischen Deutschen und Franzosen; der Sieg Ludwigs des Jüngeren war darin begründet, dass er - anders als sein Onkel - eine enge Beziehung zu seinen Kriegern hatte herstellen können.
    Nach dem Sieg über den westfränkischen Onkel versammelten sich die drei Söhne Ludwigs des Deutschen im Nördlinger Ries (November 876), um die bereits 865 und 872 festgelegte Aufteilung des Reiches noch einmal zu bestätigen und von ihren jeweiligen Gefolgsleuten durch Eide in der Volkssprache bekräftigen zu lassen. Auch hier zeigt es sich, dass die Könige nicht allein regieren konnten, sondern auf die Zustimmung ihrer Großen angewiesen waren.
    Am Ende des folgenden Jahres trafen sich die drei Brüder abermals; diesmal ging es um die Aufteilung des ostfränkischen Anteils an Lotharingien. Dieses wurde zwischen Ludwig dem Jüngeren und KARL III. aufgeteilt, nachdem Karlmann auf einen Anteil verzichtet hatte. Um das weitere Schicksal dieses Landes ging es auch im September 878, als sich Ludwig und sein Bruder KARL III. in Modern im Elsaß trafen.
    Auch im weiteren Verlauf von Ludwigs Regierung fallen die Versuche auf, die Beziehungen innerhalb des fränkischen Reiches durch Verträge zu regeln. Anfang November 878 schloß er mit seinem gleichnamigen westfränkischen Cousin Ludwig dem Stammler ein Freundschaftsabkommen (in Fouron bei Lüttich), in dem beide Herrscher sich verpflichteten, die Nachfolge ihrer jeweiligen Söhnen in ihren Reichen anzuerkennen. Sie verzichteten also darauf, unter Übergehung der Ansprüche der unmittelbaren Nachkommen des Cousins nach dessen Tod das Reich ihrerseits zu beanspruchen. Als Ludwig der Stammler bereits wenig später (am 10.4.879) starb, forderte aber eine Partei in W-Franken Ludwig den Jüngeren auf, die Nachfolge zu übernehmen. Ludwig drang bis Verdun vor, zog aber ab, als ihm die W-Hälfte Lotharingiens abgetreten wurde. Dieser Zugewinn wurde im Februar 880 in einem Vertrag bestätigt, den Ludwig und seine westfränkischen Vettern in Ribemont bei St. Quentin schlossen. Mit dem Vertrag von Ribemont hatte das ostfränkische Reich jene Grenze erreicht, die es im wesentlichen bis ins 14. Jahrhundert beibehalten sollte.
    Im Innern versuchte Ludwig der Jüngere, eher durch einen Ausgleich der Interessen zwischen Königtum und Adel als durch Konfrontation mit den mächtigen Familien zu regieren. Dass er sich darin von seinem Vater unterschied, kann recht gut an seinen engen Beziehungen zur Familie seiner Frau, den mächtigen LIUDOLFINGERN aus Sachsen, beobachtet werden. Diese Familie hatte unter Ludwig dem Deutschen dem Königtum ferngestanden; dieser König hatte überhaupt kaum Aktivitäten im sächsischen Raum entwickelt. Allerdings ist auch Ludwig der Jüngere nach dem Ausweis seiner Urkunden nie für längere Zeit über das mittelrheinische Kerngebiet seiner Herrschaft hinausgekommen; Sachsen oder die slawischen Grenzgebiete hat er nie aufgesucht. Nur Ende 879, als er das Reich seines älteren Bruders Karlmann seiner Herrschaft unterwarf, und noch einmal 881 ist er für kurze Zeit in der bayerischen Hauptstadt Regensburg nachweisbar. Bayern bleibt aber für Ludwig ein Randgebiet, in dem neben seinem Neffen ARNULF VON KÄRNTEN einige Adelsfamilien ihre Machtstellungen ausbauen konnten.
    Die wichtigste Aufgabe Ludwigs des Jüngeren war aber der Kampf gegen die Normannen, die - wahrscheinlich durch den Tod Ludwigs des Deutschen und KARLS DES KAHLEN veranlaßt - seit dem Sommer 879 ihre Angriffe gegen die Küsten des fränkischen Reiches intensivierten, aber auch gelegentlich weit ins Binnenland vorstießen. Im Februar 880 konnte Ludwig zwar einen Sieg gegen ein normannisches Heer erringen (bei Thimeon im Hennegau), aber hier fiel sein Friedelsohn Hugo nach hartem Kampf. Und im selben Monat erlitt ein sächsisches Heer unter dem Schwager des Königs aus liudolfingischen Haus, Brun, eine schwere Niederlage bei Hamburg; Brun selbst und zahlreiche andere sächsische Adelige fanden den Tod. Ehe es zu einem weiteren Kampf gegen die Normannen kam, ist Ludwig der Jüngere im Januar 882 gestorben. Einzelne militärische Erfolge gegen die Normannen konnten in jenen Jahren sowieso keinen Durchbruch erzielen und neue Einfälle auf Dauer verhindern. Denn auch nach dem im althochdeutschen Ludwigslied besungenen Sieg des westfränkischen Ludwigs III. (des Sohnes Ludwigs des Stammlers) in der Schlacht bei Saucourt (am 3.8.881) ließen die normannischen Angriffe nicht merklich nach.
    Wie bei seinem Bruder Karlmann fällt es auch bei Ludwig dem Jüngeren schwer, ein Gesamturteil über Persönlichkeit und Regierungsleistung zu fällen. In Reginos Chronik fehlt eine Charakteristik Ludwigs. Hinkmar von Reims hat in seinen Annalen sehr negativ über ihn geurteilt, indem er ihn einen rex inutilis, einen unfähigen König, nennt. Hinkmar hatte wohl nicht vergessen, dass Ludwig 879 versucht hatte, gegen den Vertrag von Fouron in W-Franken Gebietsgewinne zu erzielen, anstatt gegen die Normannen zu kämpfen.

    Konecny Silvia: Seite 140, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Mit größerer Sicherheit lassen sich zwei Eheverbindungen Ludwigs des Jüngeren feststellen, die beide zu Lebzeiten Ludwigs des Deutschen eingegangen wurden. Gerade hier zeigt es sich besonders deutlich, daß oppositionelle Adelsgruppen durch Eheverbindungen Einfluß auf einen Königssohn zu gewinnen suchten. Im Jahre 880 starb ein ansonsten nicht näher bekannter Konkubinennsohn Ludwigs des Jüngeren, der vermutlich etwa 860 geboren wurde. Die Verbindung mit dessen Mutter könnte wegen einer geplanten Ehe mit einer Tochter des Adalhard aufgelöst worden sein. Doch wäre es möglich, daß jener Konkubinensohn Ludwigs des Jüngeren aus einer Verbindung mit der Tochter des Adalhard entstammte, wovon man vielleicht fälschlich nur als Verlobung weiß. Jedenfalls hätte diese Bindung spätestens 865 anläßlich der Aussöhnung zwischen Ludwig dem Deutschen und seinem Sohn ein Ende gefunden. Vermutlich 869 ging Ludwig der Jüngere eine Vetrbindung mit Liutgard, der Tochter des sächsischen Grafen Liudolf, ein. Auch diese Ehe förderte wohl die Opposition Ludwigs des Jüngeren gegenüber dem Vater, was sich in einer Empörung des Jahres 871 ausdrückte. Dementsprechend ist auch keine Dotation Liutgards überliefert. Die Ehe mit der LIUDOLFINGERIN war politisch von höchster Bedeutung. Nach dem Tod Ludwigs des Deutschen bestimmte Liutgard ihren Gatten zu außerordentlich ehrgeizigen Plänen. Sie förderte die Beziehungen Ludwigs des Jüngeren zu der Gauzlin-Partei im westfränkischen Reich, was auf Verbindungen ihrer Sippe zum westfränkischen Adel hindeutet. Liutgard war jedenfalls die einzige Gattin eines ostfränkischen KAROLINGERS dieser Generation, die politische Aktivitäten entwickelte. Auch diese Ehe ging allem Anschein nach formlos in eine Vollehe über, was durch die rasche Abfolge der Ereignisse zwischen 875 und 881 gefördert worden sein mag. In diesem Zeitraum starben einschließlich Ludwig dem Jüngeren immerhin sechs karolingische Könige. Liutgards Stellung als Königin wurde von keiner Stelle bestritten, wozu nach dem Tod des einzigen Sohnes dieser Königin auch wenig Anlaß bestand.


    876/77 oo 1. Liutgard, Tochter des Herzogs Liudolf 840/50-30.11.885


    Kinder:

    - Ludwig um 877- November 879 Regensburg
    - Hildegard 878/81- nach 895

    Illegitim

    - Hugo 855/60- Febr. 880 gefallen


    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 13,19,25 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 161,163 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 124 - Borgolte Michael: Karl III. und Neudingen. Zum Problem der Nachflgeregelung Ludwigs des Deutschen. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins - Brühl Carlrichard: Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 355,358 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches, Gustav Lübbe Verlag Bergisch Gladbach 1994, Seite 108,114,223,312,356 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 61-64,68,69,71,73,106 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 328,364,368,407, 475,529,560,566,576,592-594,716,755,768,773,775,791-793,810,812,822,828,849,862; Band II Seite 34-38,61-64,68,70-72,81,95-99, 107,110,113,118-122,131-138,141,144,148,156,159,168-170 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 138,288,437 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 59 - Fried, Johannes: König Ludwig der Jüngere in seiner Zeit, in: Geschichtsblätter für den Kreis Bergstraße 16 (1983) S. 5-26 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 254,257,260,268 - Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 64,159,161,165,171 - Hlawitschka, Eduard: Die Widonen im Dukat von Spoleto, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 155-227 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 14,20-22,28,37,51,56,71,89,92,156,188,221,223,229-233,235-237,239 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 16,36-38,40,45 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 140 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963, Seite 126,129,132,163,165,170,176,189,236 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 167,171,421,426,430-433 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 225,227,243,251- Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 139,150,156,165,167,172-175,177-179,182, 185,190 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 63,67,69,71,73-77,80,83, 93,95,97,113 - Schulze, Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 75,127,136,138 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 440,442,444 -

    Neue Deutsche Biographie - Ludwig der Jüngere

    ostfränkischer König, * circa 835 wohl in Bayern, † 20.1.882 Frankfurt/Main, ⚰ Lorsch.

    L., über dessen Kindheit und Erziehung nichts bekannt ist, wird 847 erstmals erwähnt. Im Auftrage des Vaters führte er 848 eine Heerfahrt gegen die Böhmen und 854 das (mißglückte) Unternehmen nach Westfranken. In der Folgezeit – 857, 858, 862, 864 – taucht sein Name einige Male in der Umgebung des Vaters und bei Kämpfen mit Elbslawen auf, gegen die er auch 867 und 869 zu Felde zog. Bei der Erbteilung von 865 wurden ihm (Rhein- und Main-) Franken, Thüringen und Sachsen zugesprochen. Gegen den Vater, der anscheinend zu einer Bevorzugung des ältesten Sohnes Karlmann neigte, lehnte L. sich mehrmals auf; 866 und, gemeinsam mit dem jüngeren Bruder Karl, 871 und 873. Diese Konflikte, deren Hintergründe und Zusammenhänge für uns undeutlich bleiben, wurden stets wieder beigelegt; eine Forchheimer Reichsversammlung bestätigte 872 die Teilung, und sowohl 874 wie 875 begegnet L. von neuem in der Umgebung des Vaters. Ludwig d. Dt. starb am 28.8.876, als er sich zum Kampf mit seinem Bruder Karl d. Kahlen um das Erbe des Kaisers Ludwig II. anschickte. Karl, über Westfranken hinaus schon im Besitz der Kaiserwürde (seit 875), des regnum Italiae (seit 876) und der Westhälfte des regnum Lotharii (seit 870), sah die Gelegenheit gekommen, durch den Griff nach den linksrheinischen Ländern seine Vormachtstellung auszubauen. Er drang über Aachen bis Köln vor. Aber L. schlug ihn entscheidend am 8.10.876 bei Andernach und behauptete damit die Osthälfte des regnum Lotharii. Da Karl im nächsten Jahre vor L.s Bruder Karlmann auch aus Italien weichen mußte und auf dem Rückzug am 6.10.877 starb, hatten die Söhne Ludwigs d. Dt. die gesamtfränk. Hegemonial- und Kaiserpolitik der westlichen Karolingerlinie abgewehrt.

    Im Nördlinger Ries hatten sich unterdes die drei Brüder im Nov. 876 getroffen. Sie sanktionierten dort die bereits 865 und 872 festgelegte Teilung durch schriftlich fixierte Eide (theutonica lingua, Wortlaut jedoch nicht überliefert). Ende 877 einigten sie sich, nach einem Verzicht Karlmanns, auch auf eine (nicht näher bekannte) Teilung ihrer pars regni Lotharii nur zwischen L. und Karl III. L. residierte mit Vorzug in Frankfurt, wo er im Jan. 877 und im Mai 878 Reichsversammlungen hielt. Er übernahm Kanzlei (und Siegel) seines Vaters mit dem cancellarius Wolfher (der 880 wohl Bischof von Minden wurde; dann Arnolf) unter der nominellen Leitung des EB Liutbert von Mainz als archicappellanus. Es sind 24 Diplome L.s erhalten (dazu 4 spätere Fälschungen auf seinen Namen), bis 880 nach den Jahren in orientali Francia, zusätzlich aber auch nach den Inkarnationsjahren datiert. Zu den ersten Empfängern gehörte das Frauenstift Gandersheim, das ihm von seinen liudolfing. Schwägern Brun und Otto übereignet worden war. L. wußte überhaupt, und offenbar erfolgreicher als sein Vater, gute Kontakte zu führenden Hochadelsfamilien wie Babenbergern, Konradinern und selbst nach Westfranken hin zu pflegen, wodurch sich für ihn sogar Ansätze zu eigener großfränk. Politik ergaben.

    L. traf sich im Sept. 878 im nordelsäss. Modern mit seinem Bruder Karl III., wahrscheinlich zur Abgrenzung ihrer lotharing. Anteile, und schloß am 1./2.11.878 in Fouron (bei Lüttich) mit seinem westfränk. Vetter Ludwig d. Stammler ein Freundschaftsabkommen, in das auch die beiderseitige Anerkennung der Sohnesfolge einbezogen wurde. Als aber der Stammler schon am 10.4.879 starb, kam es im Westreich um die Nachfolge – beider Söhne oder des älteren, Ludwig III., allein – zu einem Machtkampf rivalisierender Adelsparteien. Eine Gruppe mit dem bisherigen Kanzler und Abt (von Saint-Denis) Gauzlin und dem welf. Grafen Konrad von Paris an der Spitze wandte sich – ähnlich den Vorgängen von 854, 856 und 858 unter Karl d. K.. – dem Ostfranken L. zu. Es waren Aktionen noch innerhalb des Gesamtreiches, bei denen noch keinem der Partner „nationale“ Impulse im neuzeitlichen Sinne unterstellt werden dürfen. L. rückte bis Verdun vor, ließ sich dort aber im Mai 879 von den Gegnern Gauzlins gegen die Abtretung der – in Meerssen 870 Karl d. Kahlen zuerkannten – Westhälfte Lotharingiens zum Abzug bewegen. Ein erneuter Griff L.s nach dem Westreich führte im Febr. 880 in Ribemont (bei Saint-Quentin) zu einer Begegnung mit den jungen Westkönigen und zu einem Vertrag, der L. im Besitz des ganzen regnum Lotharii bestätigte und den Weg zur Teilung des Westreichs ebnete (Amiens, März 880).

    Im Gesamtreich war 879 auch sonst manches in Bewegung gekommen. Der ob schwerer Krankheit regierungsunfähige Karlmann († 22.9.880) trat L. die Herrschaft in Bayern, dem jüngsten Bruder Karl die Ansprüche auf Italien und das Kaisertum ab. L. nahm, unter Ausschluß des auf Kärnten beschränkten Arnulf und mit Zustimmung der Großen, was rechtlich als eine „Wahl“ zu verstehen ist, Bayern in Besitz und urkundete seither, erstmals am 22.11.879 in Regensburg, auch für bayer. Empfänger; aus der Datierung verschwindet dann bald die Bezugnahme auf die orientalis Francia. Dagegen war das eben für L. gewonnene einstige Mittelreich keineswegs befriedet. Im Nordteil nahm Lothars II. Sohn Hugo 879 den Kampf um eine eigene Herrschaft auf, im Süden ließ sich der (dem Karolingerhause nur verschwägerte) Graf Boso von Vienne gar zum provenzal.-burgund. König ausrufen (15.10.879). Aber nicht nur dieser Usurpatoren mußten sich die Karolingerkönige erwehren. Im Sommer 879 begann mit der Landung der im „Großen Heer“ organisierten dän. Normannen an der flandrischen Küste die über drei Jahrzehnte hin nicht mehr abreißende Bedrängnis der küstennahen Reichsländer. Bei Thiméon (im Hennegau) erfocht L. 880 einen nur halben Abwehrsieg (bei dem sein Friedelsohn Hugo fiel), während sein Schwager Brun am 2.2.880 bei Hamburg in unglücklichem Kampf gegen ein anderes Dänenheer den Tod fand – eine militärische und zugleich politische Katastrophe, mit der die sächs.-fränk. Dänenmark verlorenging. In neuem Kampf erreichte L. Ende 880 den Abzug der Normannen aus der – von ihnen jedoch niedergebrannten – Pfalz Nimwegen. Eine ohne persönliche Beteiligung des bereits erkrankten L. im Juni 880 zu Gondreville (bei Toul) vereinbarte gemeinsame Aktion west- und ostfränkischer Verbände in Lotharingien hatte insofern Erfolg, als L. Anfang 881 die Unterwerfung Hugos entgegennehmen konnte. Aber dieser Friede war nicht von Dauer, und auch die Kämpfe mit Boso zogen sich ohne Entscheidung hin.

    Nachdem er sich in Gondreville mit dem Westkönig Ludwig III. getroffen und am 5.6.881 in Frankfurt geurkundet hatte (für Paderborn), verbrachte L. den Sommer in seinem neuen regnum Bayern, durch Krankheit immer mehr zur Untätigkeit gezwungen. An den schweren Normannenkämpfen dieses Jahres hatte er keinen Anteil mehr. Den im zeitgenössischen althochdeutschen Ludwigslied besungenen Sieg von Saucourt (bei Abbeville, 3.8.881) erfocht nicht er, sondern der Westfranke Ludwig III. L. selber kehrte Ende 881 nach Frankfurt zurück und urkundete dort noch am 17., 18. und 19.1.882.

    Da sein gleichnamiger legitimer Sohn 879 als kleines Kind tödlich verunglückt war, hinterließ L. keinen Erben. Das wieder zusammenwachsende Ostfränk. Reich fiel seinem Bruder Karl III. zu. L.s Herrschaft bezeichnet, trotz ihrer kurzen Dauer und abseits aller bewußten Intentionen, eine bedeutende Wegemarke im Wandel vom Ostfränkischen zum Deutschen Reich: durch die Abwehr Karls d. K. (876) und durch die Gewinnung der Schelde-Maas-Saône-Linie (879/80), die auf Jahrhunderte die Westgrenze des mittelalterlichen Reiches geblieben ist.

    Literatur
    ADB 19, S. 446; Regg. Imp. I; Ann. Bertiniani, Fuldenses, Vedastini, Regino (s. bei Ludwig d. Deutsch); MGH DD Karol. Germ. I, 1934; MG Capit. II S. 168 ff. (Vertrag von Fouron); MG Epist. VII (Briefe d. Papstes Johann VIII. an Ludwig); MG Formulae S. 412, Nr. 27 (Brief Ludwigs an Ludwig d. Stammler in d. Formelsammlung Notkers von Sankt Gallen, nicht unbedingt fingiert); - Dümmler, Parisot, Eiten, Fleckenstein, Werner, Löwe § 45 f., Schieffer § 76 f. (s. bei Ludwig d. Deutsch); W. Vogel, Die Normannen u. d. Fränk. Reich, 1906, S. 260-85; P. Kehr, Die Kanzleien Karlmanns u. L.s d. J., 1933; J. Prinz, Der Feldzug Karls d. K. an d. Rhein im Sept. 876, in: DA 33, 1977; K. F. Werner, Gauzlin v. St. Denis u. d. westfränk. Reichsteilung v. Amiens (März 880), ebd. 35, 1979; J. Fried, Kg. L. d. J. in s. Zeit, in: Gesch.bll. f. d. Kreis Bergstraße 16, 1983 (Gesamtbild, Literatur).

    Geburt:
    wohl in Bayern

    Ludwig heiratete von Sachsen, Liutgard um 876. Liutgard (Tochter von von Sachsen, Liudolf und Oda) wurde geboren in 840/850; gestorben in Nov 885 in Aschaffenburg [63739],Aschaffenburg (Stadt),Bayern,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 119. von Franken, Ludwig  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 877; gestorben in 879.
    2. 120. von Franken, Hildegard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 878/881; gestorben in 895/932.

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 121. von Franken, Hugo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 855/860; gestorben in Feb 880 in Charleroi [6000],Wallonien,Belgien; wurde beigesetzt in Lorsch Kloster [64653],Bergstraße,Hessen,Deutschland.

  22. 90.  von Franken, Karl III.von Franken, Karl III. Graphische Anzeige der Nachkommen (59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 839; gestorben am 13 Jan 888 in Neudingen [78166],Schwarzwald-Baar-Kreis,Baden-Württemberg,Deutschland; wurde beigesetzt in Reichenau [78479],Konstanz,Baden-Württemberg,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 12 Feb 881; römischer Kaiser
    • Titel/Amt/Status: 879-887, Italien; König von Italien
    • Titel/Amt/Status: 876-887, Ostfrankenreich; Ostfränkischer König

    Notizen:

    KARL III. DER DICKE
    Ostfränkischer König (876-887)
    König von Italien (879-887)
    römischer Kaiser seit 12.2.881
    839-13.1.888 Neudingen/Donau Begraben: Reichenau
    3. Sohn des Ostfränkischen Königs Ludwig II. der Deutsche und der WELFIN Hemma, Tochter von Graf Welf
    Urenkel von Kaiser KARL I. DEM GROSSEN

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 966

    KARL III. DER DICKE, Kaiser, fränkischer König
    * 839, + 13. Januar 888 Neudingen (Donau) Begraben: Reichenau

    In der 856 und 872 verfügten und nach Ludwigs des Deutschen Tod 876 beschworenen Teilung des ostfränkischen Reichs erhielt KARL DER DICKE zunächst Alemannien und Churrätien, profitierte aber von der politischen Expansion seiner Brüder Karlmann und Ludwig(der Jüngere) und ihrem frühen Tod. Nach Ausstattung seines illegitimen Sohnes ARNULF (VON KÄRNTEN) im östlichen Bayern trat Karlmann 877 die Herrschaft in Italien an, und Ludwig nutzte die Sukzessiionskrise im westfränkischen Reich 879 zum Erwerb des westlichen Lothringen im Vertrag von Ribemont (880). Nach dem Tod der Brüder 880 und 882 fielen ihre regna KARL DEM DICKEN zu, dem bereits am 12. Februar 881 die Erneuerung des Kaisertums geglückt war. Trotz vielfältiger Anstrengungen war er aber nicht zum effektiven Schutz des Papsttums in der Lage, das sich zunehmend der karolingischen Familie enfremdete.
    Nach dem erbenlosen Tod der beiden westfränkischen Könige Ludwig III. und Karlmann 882 und 884, die KARL DER DICKE zur Sicherung ihrer umstrittenen Legitimität nach dem Tod ihres Vaters Ludwigs II. des Stammlers 879 adoptiert hatte, lud der westfränkische Adel unter Umgehung des erst fünfjährigen Postumus Karl III. den Einfältigen KARL DEN DICKEN 885 als Herrscher nach W-Franken ein. Sieht man von dem niemals ganz beseitigten Königtum Bosos von Vienne (879-887) ab, war damit das fränkische Großreich erneut in einer Hand vereinigt. Freilich erwies sich die strukturelle Schwäche von KARLS Herrschaft angesichts massiver Normannenbedrohung seit 879, der KARL DER DICKE durch Tributzahlungen und zeitweise Anerkennung des getauften Normannen Gottfried in Friesland zu begegnen suchte. Zwar nahm er damit die im 10. Jh. erfolgreichen Praktiken seiner Nachfolger vorweg, aber die Zeitgenossen empfanden das Versagen des christlichen Herrschers angesichts heidnischer Bedrohung, während gleichzeitig regionale Potentaten wie Graf Odo von Paris erfolgreich die Normannenabwehr organisierten. Zu dieser Umformierung politischer Legitimation durch Ideoneität trat die fehlende Kraft zur Integration des Großreichs. In ihrer vorwiegend alemannischen Prägung konnte die Hofkapelle, der der einflußreiche Bischof Liutward von Vercelli vorstand, nicht mehr die unterschiedlichen Reichsteile repräsentieren, und die königlichen Urkunden mit ihren gesonderten Datierungen nach Kaiserjahren und denen der Herrschaft in O-Franken (Francia), W-Franken (Gallia) und Italien offenbarten diese Summierung sich langsam festigender Teilreiche.
    Geprägt durch zunehmenden körperlichen Verfall, suchte KARL DER DICKE seine Nachfolge vor allem gegen seinen illegitimen Neffen ARNULF zu sichern. Aber sowohl die mit päpstlicher Hilfe geplante Durchsetzung von KARLS illegitimen Sohn Bernhard 885 als auch die Adoption LUDWIGS, Sohn Bosos von Vienne und der Tochter Kaiser LUDWIGS II., aus der lotharingischen KAROLINGER-Linie 887 mißlangen. Der Sturz Liutwards von Vercelli, sein Parteiwechsel zu ARNULF und die zunehmende Umorientierung der ostfränkischen Aristokratie seit Juni 887 markieren das langsame Ende KARLS, von dem die Quellen ein widersprüchliches Bild geben: Ein gescheiterter Hoftag in Tribur wie ein Zug nach Frankfurt im November 887 zeigten dem Kaiser seine Chancenlosigkeit. Mit Duldung des zum König gewählten ARNULF verbrachte KARL DER DICKE seine letzten Wochen in Alemannien. Sein Ende dokumentiert das Scheitern des fränkischen Großreichs, in dessen regna sich Adelsgruppen ihre Könige "de suis visceribus" (Regino von Prüm) erwählten.

    Quellen und Literatur:
    MGH DD Karol. dt. II - HEG I, 618-621 - NDB XI, 181-184 - W. Vogel, Die Normannen und as Frk. Reich, 1906, 206ff. - P. Kehr, Die Kanzlei K.s, 1936 - J. Fleckenstein, Die Hofkapelle der dt. Kg.e, I, 1959, 189-198 - H. Keller, Zum Sturz K.s, DA 22, 1966, 333-384 - E. Hlawitschka, Lotharingien und das Reich an der Schwelle der dt. Gesch.,1968, 26ff. - M. Borgolte, K. und Neudingen, ZGO 125, 1977, 21-55 - E. Hlawitschka, Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit K.s, DA 34, 1978, 19-50 -
    Beim Tode seines Vaters 876 erhielt er Alemannien und Raetien als Erbe. Auf seinem ersten Italienzug 879 wurde er zum König der Langobarden gekrönt. Nach dem Tode seiner Brüder Karlmann (880) und Ludwig III. (882) übernahm er deren Gebiete und wurde damit Herrscher des gesamten ostfränkischen Reiches. Er schloß die Wikinger in Elsloo (Friesland) ein und erkaufte trotz günstiger militärischer Lage ihren Abzug, ohne künftige Einfälle verhindern zu können. Nach dem Tode der westfränkischen Könige Ludwig III. (882) und Karlmann (884), Enkel KARLS DES KAHLEN, bot der Adel KARL die westfränkische Krone an. Damit vereinigte KARL III. das Reich KARLS DES GROSSEN (außer Nieder-Burgund) noch einmal. Der Zerfall des Frankenreiches, bedingt durch dessen uneinheitliche Struktur, konnte aber nicht rückgängig gemacht werden. KARL besaß jedoch auch nicht die erforderliche Begabung, um ein so großes Reich zu regieren und er vermochte den inneren und äußeren Funktionen staatlicher Herrschaft nicht gerecht zu werden. Er unternahm ergebnislose Feldzüge nach Böhmen und Italien, während die Normannen die Maas, die Schelde und die Seine hinauffuhren. Der Kaiser erkaufte sogar mit Geld ihren Abzug aus der Pariser Gegend, was ihm die völlige Verachtung seiner Untertanen einbrachte und was schließlich dazu führte, dass man allgemein von ihm abfiel. Auf dem Reichstag zu Tribur (November 887) wurde der unfähige KARL zur Abdankung gezwungen und ARNULF VON KÄRNTEN zum ostfränkischen König erhoben. Der Kaiser starb im folgenden Jahr an seinem Zufluchtsort, dem Kloster Reichenau.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 451, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 23

    KARL III. wurde nicht 884 Kaiser, sondern 881 II 12. Auf diesem Versehen von Brandenburg ist darum zu insistieren, weil er zusammenfassend bemerkt "Herrscher des fränkischen Gesamtreiches, Kaiser 884". Die Inbesitznahme aller regna (das W-Reich erst 885) hat aber mit dem Erwerb der Kaiserwürde, deren Bedeutung inzwischen auf Italien und Rom beschränkt war, nichts zu tun.
    KARLS Absetzung durch die ostfränkischen Großen galt, was häufig nicht beachtet wird, nur für diese, nicht zum Beispiel für die W-Franken, deren Thron erst mit KARLS Tod vakant wird. Wichtig sind die Bemerkungen von E. Ewig (wie oben, Anm. zu IV,5), wonach erst die Absicht KARLS, LUDWIG III., den Sohn Bosos von Vienne und Enkel Kaiser LUDWIGS II., zum Nachfolger im Gesamtreich zu machen (diese Absicht darf als gesichert gelten), den Aufstand ARNULFS auslöste.
    Wir wissen sicher, daß KARLS Ehe mit Richardis kinderlos war - denn sonst hätte die Kaiserin 887 nicht erklären können (ganz unabhängig von der Richtigkeit dieser Angabe), ihre Ehe sei nie vollzogen worden (so schon Regino von Prüm, vgl. Dümmler 3,284). Da muß es überraschen, daß Brandenburg dem Kaiser einen ehelichen Sohn Karlmann, mit dem Vermerk "+ 876" zuschreibt (Brandenburg V,14). Er beruft sich dabei auf Dümmler 3,292, Anm. 3, von dem die Ann. Alaman. 876 zitiert werden ... Karolomannus filius Karoli (und andere) obierunt. Aber Dümmler bemerkt dazu im Obertext, es müsse dahingestellt bleiben, ob KARL III. außer Bernhard noch einen anderen unehelichen Sohn, Karlmann, gehabt habe. Doch können wir diesen vermeintlichen KAROLINGER ganz streichen. Dümmler hat nämlich denselben Beleg schon einmal 2,359, Anm. 1 verwendet (und verweist auch, was Brandenburg hätte beachten sollen, auf diesen Umstand), um den Tod von KARLS DES KAHLEN Sohn Karlmann zu datieren, der noch Anfang 876 gelebt habe, wie aus einer Urkunde Papst Johannes VIII. für Karlmanns Abtei S.-Medard de Soissons hervorgehe. Im Gegensatz zu Dümmlers unentschiedener Haltung in Bd. 3 seines Werkes müssen wir betonen, daß die Annalen ohne jeden Zweifel den Sohn KARLS DES KAHLEN gemeint haben. Für sie war "Karolomannus filius KAROLI" eine eindeutige Definition, denn es gab sonst keinen KARL, der einen Sohn dieses Namens hatte. Der westfränkische Karlmann ist auch tatsächlich 876 gestorben, denn kaum war sein Vater, KARL DER KAHLE, der ihn blenden ließ, Ende 877 gestorben und hatte sein Bruder Ludwig der Stammler, nach anfänglichen Schwierigkeiten, die Regierung anzutreten, da stiftete dieser am 8. Februar 878 ein Seelgedächtnis für Karlmann in dessen Kirche S.-Medard (HF 9,416f.; dort irrig zu 879 datiert). Zum Todesdatum der Richardis äußert sich Brandenburg nicht. Tag und Monat sind überliefert: IX 18, vgl. Dümmler 3,285. Die ebd. für den Terminus post des Todesjahres herangezogenen sogenannten Andlauer Statuten "von 892 oder 893" kommen nicht in Betracht, da sie eine Fälschung des 11. Jahrhunderts sind. Verfälscht, aber doch im Kern echt, wie der Herausgeber gezeigt hat, ist ein Diplom Ludwigs des Kindes von 906/09 für Andlau, ed. Th. Schieffer, MG, Die Urkk. d. dt. Karolinger 4, 1963, 200-203, nr. 68 (vgl. dort 202 zu den Andlauer Statuten und 200, Z. 25f. zum Datum). Hier wird Richardis als verstorben genannt und die Nachfolge der Ruuddrudis in der Leitung von Andlau geregelt. Erneute Bestätigung ist das Diplom Karls des Einfältigen von 912 II 3 (Lauer nr. 125), das, wie Schieffer ebd. gegen den Herausgeber Lauer zeigt, keine Fälschung ist, sondern nur interpoliert wurde.

    Rappmann Roland/Zettler Alfons: Seite 430, "Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter"

    KARL (III.) DER DICKE + 13.1.888

    necr. B 13.1. "Karolus imp.", König im Ostfränkischen Reich 876-887, in Italien 879-888, im W-Fränkischen Reich 885-888, Kaiser 881-888

    Literatur:
    Dümmler, Geschichte des Ostfränkischen Reiches 3; ADB 15 Seite 157-163; BM² 1576b-1765d; Kehr, Die Kanzlei Karls III.; Werner, Nachkommen Seite 451 f. Nrn. 19-23, 23 und Tafel IV/23; NDB II Seite 181-184; Biograph. Wörterbuch 2 Spalte 1397; Die Klostergemeinschaft von Fulda 2,1 Seite 315 K 24; Maurer, Sagen um Karl III.; Borgolte, Grafen Seite 160ff.; Schmid, Brüderschaften; Lexikon des Mittelalters 5 Spalte 968f. Zum Todestag: Dümmler, ebd. 3 Seite 289 Anm. 2; BM² 1765d.

    KARL, Sohn König Ludwigs des Deutschen und dessen Gemahlin Hemma, war der Bruder der Könige Karlmann und Ludwig der Jüngere und mit Richkart verheiratet. Von 859 bis 874 war er Rektor im Breisgau und im W der Bertoldsbaar; 864 erhielt er bei der Erbteilung Alemannien zugesprochen. Unter den KAROLINGERN war KARL III. sicherlich derjenige Herrscher, der Alemannien und dem Kloster Reichenau am engsten verbunden war; zu KARLS Verhältnis zu Alemannien vgl. zuletzt Borgolte, Karl III. und Neudingen Seite 20f. und die dort genannte Literatur. Beispielweise ging das bedeutende Brüderpaar Liutward und Chadolt, ersterer Bischof von Vercelli und Erzkapellan KARLS III., letzterer Bischof von Novara und Kapellan KARLS III., aus dem Reichenauer Konvent bzw. aus der Reichenauer Klosterschule hervor. Und Fleckenstein, Die Hofkapelle I Seite 190 geht sogar so weit, daß er behauptete, Liutward sei "die Schlüsselfigur der Kapelle KARLS III. wie seiner Herrschaft überhaupt" gewesen. Der Herrscher weilte am 13.1. 878 und am 22.4.884 auf der Bodenseeinsel, außerdem sind noch mehrere Urkunden des Kaisers für das Kloster erhalten; vgl. BM² 1583 bzw. 1681, Dümmler Seite 223 mit Anmerkung 4 und Beyerle, Von der Gründung Seite 112f., zu den Urkunden siehe Brandi, Urkundenfälschungen Seite 115f. KARL und seine Familie wurden in allen drei Gedenkbüchern der Bodenseeklöster mit Gedenkeinträgen bedacht worin nicht nur sein intensives Verhältnis zu Alemannien, sondern auch zur Reichenau deutlich wird; vgl. das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau p. 98 A1, das St. Galler Gedenkbuch p. 3D = Libri confrat. col. 12 und den Liber viventium Fabariensis p. 27 B 1-3 und p. 41A. Unsicher muß bleiben, ob die drei am Ende eines Eintrags im Liber memorialis von Remiremont unter anderem mit KARL III., den Bischöfen Liutwart und Chadolt genannten Personen mit Reichenauer Mönchen identisch sind und sich im Gefolge des KAROLINGERS aufgehalten haben, wie Beyerle, Von der Gründung Seite 112/1 behauptet; vgl. Liber memorialis von Remiremont 1 Seite 15 Nr. 2, 2 fol. 9r und dazu Tellenbach, Liturgische Gedenkbücher Seitze 396ff., Borgolte, Karl III. und Neudingen Seite 22 Anmerkung 9 und Seite 51f. Anmerkung 159, Hoffmann, Zur Geschichte Ottos des Großen Seite 45f. Anmerkung 8 und Becher, Das königliche Frauenkloster Seite 371f.
    Zu beachten ist dabei ein Paralleleintrag im Liber viventium Fabariensis 1 p. 27B 1-3. nach seinem Tod in Neudingen wurde KARL im Reichenauer Münster neben dem 799 verstorbenen Grafen Gerold beigesetzt. An seinem Todestag wurde jedes Jahr ein eigenes Hochamt gehalten; vgl. Brandi, Urkundenfälschungen Seite 26 bzw. Seite 121 Nr. 88 und neuerdings Zettler, Die frühen Klosterbauten Seite 105ff. KARLS Tod wurde in einigen Necrologien zum 12.1., in den meisten aber zum 13.1. vermerkt.

    Konecny Silvia: Seite 140, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    KARL III. ging ebenfalls zu Lebzeiten Ludwigs des Deutschen zwei Ehen ein. Einer dieser Verbindungen entstammte ein Sohn, den die Quellen "ex concubina natus" nennen, während die zweite allgemein anerkannte Ehe kinderlos blieb. Die erste Ehe schloß KARL III. vermutlich 862 mit einer Tochter des Erchanger, in der wohl die Mutter Bernhards, des einzigen Sohnes KARLS III., zu sehen ist. Als Datum des Eheschlusses fügt 862 sich zeitlich sehr gut zu einer ersten Phase der Opposition der Söhne gegen Ludwig den Deutschen, was deren Eheschlüsse bewirkt haben dürfte. Erchanger gehörte zu einem fränkischen Adelsgeschlecht, das vermutlich im "Ehestreit" Lothars II. eine beträchtliche Rolle spielte. Wahrscheinlich hing die militärische Hilfe, die Ludwig der Deutsche seinem Neffen Lothar 862 leistete, mit der Ehe KARLS III. zusammen. Dieser brauchte, wie die Quelle eigens betont, wegen seiner Heirat dem Vater keine Gefolgschaft für militärische Aktionen im Mittelreich zu leisten. Allgemein sieht man allerdings in der als Richgardis bekannten und kinderlosen Ehefrau KARLS III. die Tochter des Erchanger und hält Bernhard für den Sohn einer unbekannten Konkubine. Gegen diese Hypothese sprechen jedoch mehrere Indizien. Erstens war Bernhard ein häufiger ETICHONEN-Namen, zweitens gab Richgardis 887 die Dauer ihrer Ehe mit etwas mehr als 10 Jahren an, und drittens stimmt auch in ihrer Dotationsurkunde die Angabe der Indikation nicht mit dem Jahresdatum 862 überein. Richgardis nahm KARL III. vermutlich erst 873 zur Frau. Er scheint damit dem Wunsch seines Vaters nachgekommen zu sein, die Vollziehung der Ehe lehnte er jedoch mit diplomatischem Geschick ab. Er legte nämlich zwar 873 auf Wunsch seines Vaters einen Treueid ab, entschloß sich jedoch - wie allerdings nur die westfränkische Historiographie nicht ohne Schadenfreude zu berichten weiß - zu einem Keuschheitsgelübde. Damit blieb die Ehe, die der Vater veranlaßt hatte, wohl unvollzogen. Dies wird 887 durch eine Aussage der Richgardis in ihrem Eheprozeß ebenso bestätigt, wie durch deren Kinderlosigkeit. Im Jahre 881 versuchte KARL III. zunächst, seine ohnehin schwache Position nicht noch durch eine Eheaffaire zu verschlechtern, die von den politischen Gegnern zweifellos aufgegriffen worden wäre. So wurde Richgardis zur Kaiserin gekrönt, obwohl KARL III. die Verbindung mit ihr ursprünglich abgelehnt hatte. Die Ehe blieb jedoch auch nach 881 kinderlos und 887 unternahm KARL III. alle Anstrengungen, seine Ehe mit Richgardis zu lösen, vermutlich um seinen Sohn Bernhard zu legitimieren. In diesem Zusammenhang ist vielleicht auch jene sogenannte Dotationsurkunde der Richgardis zu beurteilen, die möglicherweise erst 873 ausgestellt wurde und neben der Vordatierung auch andere Spuren der Überarbeitung aufweist, die auf die Legitimierung eines etwa 862 geborenen Nachkommen KARLS III. abgezielt haben könnten. KARL III. war jedoch nicht mächtig genug, einen Anspruch Bernhards durchzusetzen.

    862 oo Richardis, Tochter des Grafen Erchanger -18.9.906/09 Andlau

    Kinder:
    Illegitim
    - Bernhard ca 876- 891/92

    Literatur:
    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 123,132,195 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 17-19,23,67,69 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 12,23,27,54,66,79,99,103,106-108,138,151,160-164,171,177,181,200, 227,231,257,263 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit.Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 73,76, 82,103,113,119,123-125,128,143,157,159-161,196,203,204,206,209,214,215,217,235,237,255 - Borgolte Michael: Karl III. und Neudingen. Zum Problem der Nachfolgeregelung Ludwigs des Deutschen, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins Band 125 (1977) Seite 21-55 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 551/Band II Seite 219/ Band III Seite 480 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 420 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 61,62,64,71,74,77-79,81,83-87, 106,114 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 475,560,716,754-756,768,773,775, 791-793, 812,821,825; Band II Seite 49, 61-63,71,82,91,100,103-105,107-114,128,144,146,160,175-189,198,201-210,215-223,225-229, 235-239,242,244-251,254,260,264,268-296, 319 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 16f - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. 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Die größte Zeitfälschung der Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite 366,390 - Jaeckel, Gerhard: Die deutschen Kaiser. Die Lebensgeschichten sämtlicher Monarchen von Karl dem Großen bis Wilhelm II., Weltbild Verlag Augsburg, Seite 37-38 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 141 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963,Seite 144,165,166,180, 181,189,248 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 95,152,167,170-172,228,245,262,271,367,373,395,405,419,421,426, 429-434,456,483,516 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 225,227,247,251-258,260,266,275,290 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 139,156, 165,167,175,178-190, 220 - Schieffer Rudolf: Karl III. und Arnolf. in Festschrift für Eduard Hlawitschka zum 65. Geburtstag. Verlag Michael Lassleben Kallmünz Opf. 1993 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 59,61,67,70,72, 74 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 38,64,69,71,75-80,83,93,95, 97,106 - Weinfurter Stefan: Die Salier und das Reich Band 1-3. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1991, Band I, Seite 551; Band II, Seite 219; Band III, Seite 480 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 444,446 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 53,73 - Wies Ernst W.: Karl der Große. Kaiser und Heiliger. Bechtle Verlag Esslingen 1986, Seite 284,304 -

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Unklar ist, inwieweit Karlmann, der am 22.9.880 wohl in Ötting die Augen schloß, noch selber dazu beigetragen hat, dass sein weithin nominell gebliebenes italienisches Königtum auf seinen jüngsten Bruder, den schwäbisch-elsässischen Teilherrscher KARL III., überging. Der historische Aufstieg dieses KAROLINGERS begann damit, dass ihn Papst Johannes VIII., enttäuscht in seinen Erwartungen eines westfränkischen Eingreifens, im Frühjahr 879 nach Italien einlud und Karlmann im August anscheinend letztmalig für ein italienisches Kloster urkundete. Von niemandem angefochten, überquerte KARL III. im Oktober die Alpen, fand in Pavia die Anerkennung der dort erschienenen Magnaten und zog weiter nach Ravenna, wo er vom Papst Anfang 880 eine Salbung zum König von Italien empfing und seinen Erzkanzler Liutward als neuen Bischof von Vercelli durchsetzte. Er hätte nach dem Wunsch Johannes VIII. den Weg gleich bis Rom verlängern und mit der Kaiserwürde die seit dem Tod LUDWIGS II. verwaiste Rolle eines Schutzherrn der römischen Kirche und Mittelitaliens übernehmen sollen, wollte sich aber vor weiteren Schritten zunächst innerhalb der Familie absprechen und kehrte daher in die Francia zurück, wo sich sein Bruder Ludwig der Jüngere soeben im Vertrag von Ribemont die W-Hälfte Lotharingiens gesichert hatte. Nicht mit ihm, von dem im Sommer 880 erstmals auch eine Erkrankung gemeldet wird, sondern mit den westfränkischen Neffen traf er sich im Juni zu einem Frankentag in Gondreville, von dem dann die gemeinsame Attacke gegen die Usurpatoren Hugound Boso ausging. Erst nach dem Abbruch der Belagerung von Vienne ließ er sich von Johannes bewegen, erneut nach Italien zu kommen, und nahm nun aus seiner Hand am 12.2.881 in Rom die Kaiserkrone entgegen. Nach dem Tode seines Bruders Ludwig der Jüngere kehrte er aus Italien zurück und empfing zunächst in Bayern, dann im Mai in Worms die Huldigung als nunmehr alleiniger Herr des mit Lotharingien und Italien vereinigten O-Frankenreiches. Unter dem Eindruck der jüngsten Normanneneinfälle strömte ihm ziemlich rasch eine große Streitmacht aus Franken, Bayern, Schwaben, Thüringern, Sachsen und anderen zum Kampf gegen die Normannen zu, die im Juli deren Hauptstützpunkt Asselt einzuschließen vermochte. Von der erwarteten Erstürmung sah der Kaiser jedoch bald ab und gewährte den Feinden freien Abzug und neue Zahlungen gegen die Zusicherung ihres Anführers Gottfried, sich taufen zu lassen, eine Lehnsherrschaft in Friesland zu übernehmen und durch Heirat mit Lothars II. Tochter Gisela (aus der nicht anerkannten Ehe mit Waldrada) in die karolingische Familie einzutreten. Das Verhalten KARLS III. entsprach wohl der Überlegung, durch Respektierung der faktischen Machtlage in Lotharingien, in die auch Giselas Bruder Hugo durch Überlassung der Einkünfte des Bistums Metz einbezogen wurde, eine notdürftige Befriedung herbei führen zu können, doch wurde dies, wie das entrüstete Echo in den zeitgenössischen Quellen zeigt, von dem maßgeblichen Kreisen kaum verstanden und eher als schmähliche Schwäche ausgelegt, die der Autorität des Kaisers Abbruch tat.
    Da man nach dem Tode des westfränkischen König Karlmanns, Karl, den Sohn Ludwigs des Stammlers von Adelheid nicht berücksichtigte, blieb allein der gerade in der Lombardei weilende KARL III. übrig, dem eine Gesandtschaft unter Graf Theoderich von Vermandois die Einladung zur Herrschaftsübernahme unterbreitete. Der Kaiser erschien im Juni 885 in Ponthion und nahm die Huldigung der bisherigen Untertanen Karlmanns entgegen. Innerhalb von nur 6 Jahren war ihm ohne sonderliche Mühe, als bloße Konsequenz dynastischen Erbrechts, die Vereinigung sämtlicher Reichsteile in seiner Hand gelungen.
    Am Willen, der gewaltigen Aufgabe Herr zu werden, hat es KARL III., der zwischen 879 und 886 zwölfmal die Alpen überquerte, nicht fehlen lassen. Die akutesten Sorgen bereiteten weiter die Normannen, die nach ihren Beutegewinnen in W-Franken 884 den Schwerpunkt wieder mehr östlich, in die Gegend von Löwen, verlagert hatten. Die Verbindung der Gruppe um Gottfried mit dem lothringischen Prätendenten Hugo war bereits vor KARLS III. Rückkehr zerschlagen worden. Gegen ein vermeintlich gefährliches Komplott beider Schwäger rückte nämlich Graf Heinrich vom Grabfeldgau, Stammvater der BABENBERGER und bewährter Heerführer schon Ludwigs des Jüngeren, im Mai 885 an den Niederrhein und ließ Gottfried mit vielen der Seinen während vorgetäuschter Verhandlungen umbringen, nachdem man zuvor seine Gattin Gisela, die Tochter Lothars II., in Sicherheit gebracht hatte (+ 907 als Äbtissin von Nivelles und Fosses); wenig später wurde auch Hugo, ihr Bruder, in Gondreville in einen Hinterhalt gelockt, überwältigt und geblendet, um seine Tage als Mönch im Kloster Prüm zu beschließen (+ nach 895). Der lotharingische Mannesstamm war damit ausgeschaltet, aber die Bedrohung durch die Normannen keineswegs überwunden, wenn auch deren Herrschaft in Friesland zusammenbrach. Als neues Ziel erkor ein großer Teil von ihnen den Seineraum und zumal die Stadt Paris, die seit Ende November 885 fast ein Jahr lang umzingelt wurde. Dass sie allen Angriffen standhielt, lag wesentlich an der Tatkraft des während der Belagerung gestorbenen Bischofs Gauzlin wie auch besonders des Pariser Grafen Odo, dessen unerschrockener Kampfesmut an seinen Vater Robert den Tapferen gemahnte. KARL III. dagegen wich monatelang der Konfrontation aus, erschien erst nach einem Italienzug im Oktober 886 vor Paris, wo der mit einer ostfränkischen Truppe vorausgeschickte BABENBERGER Graf Heinrich inzwischen gefallen war, und erreichte den Abzug der Feinde wie zuvor in Asselt nur durch eine Vereinbarung, die ihnen neue Lösegelder zusicherte und Burgund zur Überwinterung, de facto zur Plünderung freigab, - gemäß zeitgenössischem Kommentar ein "wahrhaft allzu erbärmlicher Ratschluß".
    Gerade weil KARL III. kaum noch imstande war, alle drängenden Probleme des ihm zugefallenen Großreiches selber resolut anzupacken, und weil er anders als seine Vorgänger auch keine Familienmitglieder mehr hatte, denen er Teile seiner Verantwortung delegieren konnte (abgesehen vom Neffen ARNULF, zu dem er Distanz hielt), verdient Aufmerksamkeit, auf wen sich der Kaiser bei seiner unverhofften Alleinherrschaft stützte und welche historischen Folgen das hatte. In seiner näheren Umgebung war der anfängliche Erzkapellan, Bischof Witgar von Augsburg, noch während des auf Schwaben begrenzten Regiments von Liutward überspielt worden, einem aus der Reichenau hervorgegangenen Kanzleinotar, dem seine Gegner später niedere Herkunft vorwarfen; er erscheint seit 878 bereits als Erzkanzler und war seither von überragendem Einfluß auf KARL, der ihn 880 mit dem Bistum Vercelli und nach dem Gewinn ganz O-Frankens 882 möglicherweise auch anstelle Liutberts von Mainz mit der Würde des Erzkapellans ausstattete. Gleich ihm waren es weiter "Alemannen, denen er vornehmlich die Führung seiner Herrschaft anvertraut hatte", wie ein rückblickender Annalist kritisch und durchaus konform mit dem Eindruck moderner Forschung vermerkte, wonach KARLS Hofkapelle trotz aller Ausweitung seiner Macht "weitgehend den Charakter der landschaftlich gebundenen Teilkapelle" beibehielt (J. Fleckenstein). Dieser räumlichen Isolierung in der Spitze steht die Bereitschaft des Kaisers gegenüber, ganze Reichsteile der Dominanz einzelner regionaler Machthaber zu überantworten. So verstärkte er in Italien das Gewicht BERENGARS VON FRIAUL, indem er ihn mit Strafmaßnahmen gegen den Rivalen WIDO II. von Spoleto beauftragte, und in W-Franken verhalf er dem ROBERTINER Odo zum weiteren Durchbruch, als er ihm zur Grafschaft Paris 886 nach dem Tode Hugos des Abtes auch noch dessen hinterlassene Hoheitsrechte in Neustrien und an der Loire hinzugab. In die Herrschaftsbildung des burgundisch-provenzalischen Raums griff er als Kaiser gar nicht erst ein, aber auch innerhalb O-Frankens hat er die Konsolidierung der liudolfingischen Macht in Sachsen durch Otto (den Erlauchten), den Bruder des gegen die Wikinger gefallenen Brun, zumindest nicht behindert, und das obgleich dieser Schwager Ludwigs des Jüngeren durch die Heirat mit einer Tochter des BABENBERGERS Heinrich bereits weitere Kreise zu ziehen begonnen hatte. Heinrichs Bruder Poppo festigte indessen seine Vorrangstellung in der thüringischen Mark gegen die Sorben.
    Um allen diesen selbstbewußten Gebietern, die zunehmend Fiskalgut und königliche Amtsträger in ihren Bann zogen, künftig überhaupt noch einen gemeinsamen Herrn überordnen zu können, bedurfte es dringend der einvernehmlichen Vorsorge für die Nachfolge des Kaisers, dessen Hoffnung auf einen legitimen Thronerben, einen "kleinen Ludwig oder Karl", wie ihn Notker von St. Gallen unbeirrbar kommen sah, vergeblich geblieben war. Nach dem Tod des westfränkischen Adoptivsohnes Karlmann hatte KARL 885 einen Versuch gemacht, seinen noch heranwachsenden außerehelichen Sohn Bernhard (von einer namentlich nicht bekannten Mutter) zum Erben einzusetzen, war aber am Einspruch von Bischöfen und mehr noch an der bedenklichen Tatsache gescheitert, dass der zur Sanktionierung des heiklen Beschlusses eingeladene Papst Hadrian III. (884-885) auf der Hinreise einen jähen Tod starb. Das Problem gewann neue Dringlichkeit, als der Kaiser im Winter 886/87 schwer erkrankte, so dass er, das Schicksal seiner Brüder vor Augen, durch einen Aderlaß während der Fastenzeit Linderung suchte. Um die allgemeine Besorgnis zu dämpfen, schien sich ihm ein unerwarteter Weg zu eröffnen, da der soeben verstorbene Boso von Vienne einen kleinen Sohn namens LUDWIG hinterlassen hatte, der als Enkel Kaiser LUDWIGS II. ein unanfechtbarer KAROLINGER in weiblicher Linie war. Ungeachtet des vergangenen Streits mit seinem Vater, lud ihn KARL mit der Mutter Irmingard zu sich und ihn nahm Ende Mai 887 in Kirchen (bei Lörrach) an Sohnes statt an, im Beisein Odos von Paris und womöglich auch BERENGARS VON FRIAUL, der kurz zuvor am Hof nachzuweisen ist. Die Entscheidung für einen vielleicht gerade Sechsjährigen war indes nichts als ein ungewisser Wechsel auf eine ferne Zukunft und brüskierte offen den erwachsenen und handlungsfähigen, wenngleich illegitimen Neffen ARNULF VON KÄRNTEN, der unter den ostfränkischen Großen längst viele Anhänger hatte. In der verbreiteten Mißstimmung kam es zu Geschehnissen, die "durch und durch rätselhaft und unheimlich" (G. Tellenbach) erscheinen. Noch in Kirchen ließ sich der Kaiser nötigen, seinen bis dahin allmächtigen Erzkanzler Liutward von Vercelli vom Hof zu verweisen und durch Erzbischof Liutbert von Mainz zu ersetzen, laut Reginos Chronik unter der Beschuldigung des Ehebruchs mit der Kaiserin Richgard. Während sich Liutward angeblich zu ARNULF begab (in dessen Umgebung er allerdings nie bezeugt ist), soll sich Richgard mit der Beteuerung gerechtfertigt haben, in 25 Ehejahren unberührt geblieben zu sein, trennte sich von ihrem kranken Gemahl und zog sich in das von ihr gegründete Kloster Andlau zurück. Dass dies geschah, um KARL eine neue Ehe und doch noch Nachwuchs zu ermöglichen, ist bloß eine vage Vermutung.
    Seine Autorität scheint seither heillos erschüttert gewesen zu sein. Als KARL III. im November zu einer ostfränkischen Reichsversammlung in Tribur erschien, erfuhr er, dass ARNULF mit bewaffneter Macht herannahe, offenbar um die Anerkennung seiner Ansprüche zu erzwingen. Der Kaiser wich noch ins nahe Frankfurt aus, bot dort aber ein solches Bild der Hinfälligkeit, dass sich auch seine bisherigen Getreuen binnen weniger Tage dem eingetroffenen Herausforderer zuwandten. Vom 17.11. datiert KARLS letzte, vom 27.11. ARNULFS erste Herrscherurkunde. Der von allen verlassene und somit gestürzte Kaiser bat sich einige Königshöfe in Schwaben aus und ist sehr bald auf einem von ihnen, in Neudingen an der oberen Donau, am 13.1.888 seinem Leiden erlegen. Auf der Reichenau trug man ihn zu Grabe.



    Neue Deutsche Biographie - Karl III.

    ostfränkischer König und Kaiser, * 839, † 13.1.888 Neudingen/Donau, ⚰ Reichenau, Mittelzell.

    Ludwigs des Deutschen jüngster Sohn K. wird von 857 an zuweilen – im ganzen siebenmal – als Mitunterfertiger von Königsurkunden genannt, die sich auf Alemannien beziehen, und begegnet 865 erstmals im Gefolge seines Vaters. In der Erbteilung vom gleichen Jahre sprach ihm Ludwig Alemannien mit Churrätien zu, während Bayern mit den vorgelagerten Marken und der Hoheit über die Slawenländer an Karlmann, Thüringen und Sachsen an Ludwig den Jüngeren fallen sollten. Wie seine Brüder übte K. seitdem offenbar eine gewisse Verwaltung seines künftigen Reichsteils aus, doch bleiben die Nachrichten spärlich, zusammenhanglos und unklar. K. war 869 an einem Heereszug gegen den Mährerfürsten Rastislaw beteiligt, lehnte sich aber 871 zusammen mit seinem Bruder Ludwig gegen den Vater auf, der angeblich Karlmann bevorzugte. Obgleich im März 872 zu Forchheim der Streit durch eine neue und genauere Fassung der Erbteilung beigelegt wurde, ist wieder von einer Verschwörung der Brüder K. und Ludwig die Rede, die am 26.1.873 in Frankfurt aufgedeckt worden sei, aber eine rasche Aussöhnung im Gefolge hatte, denn schon am 9.4.873 richtete Ludwig der Deutsche ein Mandat an K., und sowohl 873 wie 874 betraute er ihn mit politischen Missionen. Als nach dem Tode Kaiser Ludwigs II. (12.8.875) die offene Rivalität zwischen Ost- und Westfranken um die Nachfolge ausbrach, wurde K. von seinem Vater nach Italien (in den Mailänder Raum) entsandt, um den Zugriff Karls des Kahlen abzuwehren, aber das Unternehmen schlug völlig fehl und endete mit K. eiligem Abzug nach Bayern.

    Nach dem Tode Ludwigs des Deutschen (28.8.876) traten die 3 Söhne als Könige die Nachfolge in Ostfranken an. Auf einer Zusammenkunft im Nördlinger Ries bestätigten sie durch einen in deutscher Sprache aufgezeichneten (nicht erhaltenen) Eid im November 876 die schon vom Vater verfügte Teilung. K., in dessen Reichsteil es keinen Metropoliten gab, bestellte zunächst den Bischof Witgar von Augsburg zum Erzkapellan, doch stieg allmählich der aus der Reichenauer Schule stammende Kanzleinotar Liutward zum Leiter des Urkundenwesens als archicancellarius auf; er wurde Anfang 880 Bischof von Vercelli, erscheint seit 883 selber als Erzkapellan und war die bei weitem einflußreichste Persönlichkeit am Hofe K., der auch nach der Ausweitung seiner Herrschaft Alemannen in seinem Dienste bevorzugte. Unter seinen Kanzlisten und Kapellänen begegnen die in Sankt Gallen erzogenen Brüder Waldo und Salomon, später Bischöfe von Freising und von Konstanz. Es sind 172 Diplome K. im Text erhalten, etwa 30 weitere als Deperdita ermittelt.

    Soweit erkennbar, verbrachte K. die Jahre 877 und 878 meist in Schwaben, doch traf er sich im September 878 im nordelsässischen Modern mit seinem Bruder Ludwig, wahrscheinlich um die Teilung Lotharingiens zu regeln. Nicht K., sondern Karlmann hatte 877 den westfränkischen Karl den Kahlen zum Abzug aus Italien gezwungen, aber durch schwere Erkrankung war er regierungsunfähig geworden. Der den Übergriffen mittelitalischer Fürsten und der Sarazenengefahr ausgesetzte Papst Johann VIII., der vergeblich auf westfränkische Hilfe gehofft hatte, wandte sich seit dem Frühjahr 879 mehrmals an K., bot ihm die Kaiserkrone an und beschwor ihn, in Italien einzugreifen. Sein Drängen hatte zur Folge, daß Karlmann sich im August 879 bereitfand, den Herrschaftsanspruch auf Italien an K. abzutreten. Dieser erschien Ende Oktober in der Lombardei und nahm Anfang 880 in Ravenna die Huldigung der Großen und die päpstliche Salbung zum König von Italien entgegen. Zur Enttäuschung Johanns VIII. kehrte er jedoch im Mai 880 nach Ostfranken zurück, wo sein Bruder Ludwig inzwischen Bayern und das westliche Lotharingien an sich gebracht hatte. K. traf sich in Gondreville mit seinen westfränkischen Neffen (Söhnen Ludwigs d. Stammlers) Karlmann und Ludwig III. (Juni 880) und beteiligte sich am Kampf gegen den Usurpator Boso von Vienne, der 879 ein niederburgundisch-provenzalisches Königtum errichtet hatte. Unablässig vom Papst gedrängt, zog K. im November 880 wieder nach Italien und empfing am 12.2.881 in Rom die Kaiserkrone. Er blieb lange im Lande, stellte Urkunden aus, saß zu Gericht, hielt im Februar 882 mit dem Papst eine Reichsversammlung in Ravenna, aber einen wirksamen Schutz Roms brachte auch er nicht zustande.

    Unterdes war am 20.1.882 Ludwig der Jüngere gestorben. K. kehrte im Frühjahr zurück und nahm zuerst in Bayern, dann im Mai auf einer Wormser Reichsversammlung – offenbar ohne Widerstände – die Huldigung als alleiniger König von Ostfranken entgegen. Damit aber war ihm auch die Aufgabe des Wikingerkampfes zugefallen. Mit einem stattlichen Heeresaufgebot zog er im Sommer 882 vor das normannische Hauptquartier in Ascloha (wahrscheinlicher Asselt als Elsloo, beide bei Maastricht), ließ sich aber, wie es seit Jahrzehnten schon oft geschehen war, auf eine Abmachung ein, durch die er den Abzug der Normannen erkaufte; einen ihrer Anführer namens Gottfried setzte er in Friesland ein, wo im übrigen schon seit Jahrzehnten eine Normannenherrschaft bestand. Gottfried trat in den fränkischen Reichs- und Lehnsverband ein, nahm die Taufe und vermählte sich mit Gisela, der (nicht als vollbürtig geltenden) Tochter Lothars II. Indem K. auch mit ihrem Bruder Hugo ein Einvernehmen herstellte, hatte er eine gewisse Konsolidierung der Maas- und Mosellande erzielt. – Einen großen Teil des Jahres 883 verbrachte K. abermals in Italien. Er traf sich in Nonantola mit dem neuen Papst Marinus I. und sprach Sanktionen gegen Herzog Wido von Spoleto aus. Auf der Rückkehr hielt er sich vom 4.-6.12.883 in Sankt Gallen auf, wo er dem Dichter Notker die Anregung zur Aufzeichnung der anekdotenhaften Gesta Karoli Magni gab. Ohne Anteil K. wurde 884 bei Duisburg erfolgreich gegen die Normannen gekämpft, wurde die bayerische Ostmark dagegen durch innere und äußere Wirren erschüttert. Auf einer Zusammenkunft mit Swatopluk von Mähren schloß K. im Herbst 884 einen Frieden, der zwar mit einer formellen Huldigung des Mährerfürsten verbunden war, im übrigen aber die Reichsautorität kaum gefestigt haben dürfte. Ende 884 war der Kaiser wieder in Italien. Am 7.1.885 nahm er den im Vorjahr gemaßregelten Spoletiner wieder in Gnaden auf, was gleichfalls einer politisch-militärischen Beruhigung des Landes, kaum aber der kaiserlichen Autorität zugute kam.

    In Westfranken war unterdes am 5.8.882 Ludwig III., am 12.12.884 Karlmann gestorben. Da ihr Halbbruder, der fünfjährige Karl (III., „der Einfältige“), als nicht vollbürtig galt und das Königtum somit vakant war, entschlossen sich die Großen des unter der Normannenplage leidenden Westreichs, zwar erst nach einigen Monaten, aber anscheinend ohne Widerstand, K. auch als ihren König anzuerkennen. Von der Lombardei aus, wo ihn die formelle Einladung (ut veniat in Franciam) etwa im April 885 erreichte, begab sich K. ins westliche Lotharingien und nahm in Gondreville längeren Aufenthalt. Aber in eben diesem Reichslande hatte sich durch einen gemeinsamen Aufstand Hugos und seines normannischen Schwagers Gottfried eine neue Gefahr zusammengebraut, deren man sich nur noch durch heimtückische Gewalttat zu erwehren wußte: mit Wissen und Willen des Kaisers wurde Gottfried bei einer Verhandlung erschlagen, Hugo nach Gondreville gelockt, gefangengesetzt und geblendet (circa Mai 885). Damit waren sowohl die 40jährige Normannenherrschaft in Friesland wie die Karolingerlinie des einstigen Mittelreiches erloschen. K. nahm im Juni 885 in der Pfalz Ponthion die Huldigung der westfränkischen Großen entgegen. Abgesehen von der inzwischen sehr geschrumpften und nicht als legitim geltenden, freilich auch nicht beseitigten Herrschaft Bosos in Niederburgund war somit 885 das fränkisch-karolingische Gesamtreich wieder unter einem Kaiser vereinigt. Aber es war keine Rückkehr zu den politischen Konzeptionen Karls des Großen oder Ludwigs des Frommen, es war nur eine dynastische Zufalls- und Notlösung. Nicht regelmäßig, aber in wiederholten Fällen unterschied die Urkundendatierung K. seither nach Kaiser- und Königsjahren in Ostfranken, Italien und Westfranken – ein Anzeichen dafür, daß das wiedervereinigte Großreich nur noch eine Summe von Teilreichen war.

    Wenn es aber gelang, diese Gesamtheit an die nächste Generation weiterzugeben? Die dynastische Frage der Nachfolge konnte eben in dieser Situation eine unabsehbare Bedeutung gewinnen. Es gab keinen unbestritten legitimen, aber 3 unechte Sprossen des karolingischen Mannesstammes: den eben genannten westfränkischen Karl (III.), K. eigenen, gleichfalls noch sehr jungen Sohn Bernhard und seinen etwa 35jährigen Neffen Arnulf, den Sohn Karlmanns und Markgrafen in Kärnten. Diesem aber, der allein regierungsfähig war, wollte K. den Weg verlegen und stattdessen seinem Sohn Bernhard die Nachfolge sichern. Das freilich war – nach allem, was in Lotharingien und Westfranken vorausgegangen war, und angesichts strenger gewordener Grundsätze des Eherechtes – ein schwieriges Unterfangen. Im Sommer 885 nach Ostfranken zurückgekehrt, hielt K. daher eine Beratung in Frankfurt und gedachte sein Vorhaben mit Hilfe der päpstlichen Autorität durchzusetzen. Von K. eingeladen, trat Hadrian III. (seit 884) die Reise zum Kaiserhof an, wurde aber noch in Italien vom Tode ereilt (circa September 885); damit hatte sich K. Plan zerschlagen. Ohne sein Befragen wurde in Rom der Papst Stephan V. erhoben; erzürnt entsandte K. seinen Berater Liutward nach Rom, um den Gewählten abzusetzen, ließ sich aber durch den Nachweis ordnungsgemäßer Erhebung und Weihe beruhigen. Auch der neue Papst mahnte den Kaiser an seine Schutzpflicht, aber sein Zutrauen war so sehr gesunken, daß er bald auch mit den Griechen und mit Spoleto Verbindung aufnahm.

    Im gleichen Herbst 885 stieß ein großes Normannenheer die Seine aufwärts vor und begann im November mit der Belagerung der Inselstadt Paris, die von Graf Odo und Bischof Gauzlin mühsam verteidigt wurde. K. entsandte Anfang 886 ein ostfränkisches Aufgebot zum Schutz von Paris, begab sich indes selber nochmals über die Alpen, freilich wiederum nicht nach Rom, wohin er nur von neuem Liutward ausschickte. Ende März hielt er eine Reichsversammlung in Pavia, mußte aber bald zurückkehren, da die Normannennot einen neuen Höhepunkt erreicht hatte. In Paris war Bischof Gauzlin gestorben, das ostfränkische Entsatzheer hatte nichts ausgerichtet. K. holte zu einer großen Aktion aus und erschien im Herbst 886 mit einem starken Aufgebot vor Paris, wagte aber wieder keinen Kampf, sondern erkaufte die Aufhebung der Belagerung und gab den Normannen den Durchzug nach Burgund frei.

    Während des Winters 886/87, den er im Elsaß verbrachte, wurde K., längst kränkelnd, vollends von dem schweren Siechtum der ostfränkischen Spätkarolinger befallen. Die Frage seiner Regierungsunfähigkeit und der Nachfolge drängte zur Entscheidung. Nachdem inzwischen mit dem Tode Bosos (11.1.887) dessen usurpiertes Königtum erloschen war, fiel die Wahl K. – der zur Ausschließung Arnulfs entschlossen blieb – auf Bosos Sohn Ludwig, der durch seine Mutter Irmingard ein Enkel Kaiser Ludwigs II., freilich kaum älter als 4 Jahre war. Ihn lud K. nach Kirchen (bei Lörrach) zu sich und adoptierte ihn als Sohn und König (Mai 887). Aber die Mißstimmung der ostfränkischen Großen brach sich Bahn. Gleichfalls in Kirchen zwangen sie den Kaiser im Juni, seinen Erzkanzler Liutward von Vercelli zu entlassen und statt seiner EB Liutbert von Mainz zu bestellen. Liutward aber wandte sich zu Arnulf nach Bayern, während die Kaiserin Richardis sich von ihrem hoffnungslos erkrankten Gemahl trennte und in ihr Kloster Andlau eintrat. Die Einberufung einer ostfränkischen Reichsversammlung nach Tribur löste die Katastrophe K. aus. Vor Arnulf, der mit einem bayerisch-slawischen Aufgebot heranrückte, wich K. nach Frankfurt aus. Die versammelten Großen sagten sich von dem offenkundig regierungsunfähigen Kaiser los und riefen Arnulf zu ihrem König aus. K. fügte sich kampflos. Aus Frankfurt ist vom 17.11.887 seine letzte, vom 27.11.887 Arnulfs erste Urkunde datiert. Die Frage, wie die anderen Teilreiche auf diesen Umschwung in Ostfranken reagieren würden, stellte sich nicht, da K. bereits kaum 2 Monate später starb.

    Schon den Zeitgenossen erschien K. (dessen Beiname Crassus, „der Dicke“, erst seit dem 12. Jahrhundert vereinzelt begegnet und jedes historischen Wertes entbehrt) als alles andere denn eine starke Persönlichkeit. Ob dieses Urteil gerecht ist, steht dahin, denn der schon früh gesundheitlich labile Herrscher sah sich schrittweise vor geradezu übermenschliche Aufgaben gestellt. In einer Zeit, als die Teilreiche sich bereits in ein gewisses Eigenbewußtsein eingelebt hatten, erwies sich das karolingische Legitimitätsprinzip immer noch als so stark, daß ein Erbfolgezufall die verspätete nominelle Zusammenfassung eines Großreiches zustande kommen ließ, dessen zentrale Regierung und Verteidigung schlechthin unmöglich geworden waren. Diese inneren und äußeren Gegebenheiten trafen dann mit dem Abreißen der legitimen dynastischen Kontinuität zusammen, so daß der Sturz K. die endgültige Auflösung des fränkisch-karolingischen Großreiches zur Folge hatte und insofern einen Wendepunkt der europäischen Geschichte bedeutet. Dagegen ist es nicht übertrieben, in K. eine Schlüsselgestalt für die Entstehungsgeschichte des Deutschen Reiches zu sehen, denn der Erbfolgezufall, der ihm bis 882 die Königsgewalt in ganz Ostfranken zuspielte, kam früh genug, um ein Auseinanderleben der 3 ostfränkischen Reichsteile zu verhindern.

    Karl heiratete Richgard in Aug 862. Richgard (Tochter von Erchanger) wurde geboren um 840; gestorben in 906/909 in Andlau [67140],Bas-Rhin,Elsass,Frankreich; wurde beigesetzt in Andlau [67140],Bas-Rhin,Elsass,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 122. von Franken, Bernhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 876; gestorben in 891/892.

  23. 91.  von Auvergne, Ramnulf I. Graphische Anzeige der Nachkommen (60.(Tochter)7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 815; gestorben am 5 Jul 866 in Brissarthe [49330],Maine-et-Loire,Pays de la Loire,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Poitou,Frankreich; Graf von Poitou
    • Titel/Amt/Status: Poitiers [86000],Vienne,Poitou-Charentes,Frankreich; Laienabt von St-Hilaire-le-Grand zu Poitiers

    Notizen:

    Ramnulf I. Graf von Poitou
    Laienabt von St-Hilaire-le-Grand zu Poitiers
    815 - 5.7.866 bei Brissarthe
    Sohn des Grafen Gerhard von Auvergne (+ 25.6.841) und der Rotrud oder Hildegard, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DEM FROMMEN

    Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 428

    Ramnulf I., Graf von Poitou
    + 866 gefallen
    Sohn des Grafen Gerhard von Auvergne
    Nach vorherrschender Ansicht entstammte Ramnulf I. der 1. Ehe Gerhards mit einer Schwester Pippins I. von Aquitanien; damit wäre er ein Enkel Kaiser LUDWIGS DES FROMMEN, der ihm 839 die Grafschaft Poitou übertrug. Eine Zeitlang wurde er wohl von Bernhard, dem Bruder des Grafen Emenon und ‚fidelis‘ Pippins II., abgelöst. Nach Bernhards Tod (844) regierte Ramnulf I. unbestritten die Grafschaft; eine zeitgenössische Quelle nennt ihn gar 'dux'. Er hatte gegen Pippin II. zu kämpfen, den er schließlich in einen Hinterhalt lockte und an KARL DEN KAHLEN auslieferte (864). Seit 852 zu wiederholten Verteidigungskämpfen gegen die Normannen genötigt, fiel er als Gefährte Roberts des Tapferen in der Schlacht von Brissarthe. Ein (in seiner Echtheit umstrittenes) Diplom KARLS DES KAHLEN von 862 nennt Ramnulf I. als Laienabt von St-Hilaire-le-Grand zu Poitiers.
    Mit seiner Gemahlin, einer Tochter des Grafen Rorgo von Maine, hatte er drei Söhne:
    Ramnulf II.
    Ebulus
    Gauzbert

    Werner Karl Ferdinand: Seite 450, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 15
    Der gleiche Text (ed. Chavanon 132, dort Fassung C in Anmerkung) hat uns die Einsetzung Ramnulfs, des Sohnes von Graf Gerhard, zum Grafen von Poitiers 839 überliefert: Et Ramnulfum, filium Girardi comitis Arvernis, nepotem Willihelmi fratris Girardi, comitem Pictavis praefecit ... (sc. Hlud. imp.).
    Brandenburg hat sich, wie viele andere, die chronologische Unwahrscheinlichkeit der Deutung, Gerhard und Rather hätten Töchter Pippins I. zur Frau gehabt, nicht klar gemacht. Eine Tochter Pippins I., der 822 heiratete, konnte frühestens 823 geboren sein und frühestens etwa 838 einen Sohn Gerhards zur Welt bringen. Zu dieser Zeit (839 siehe oben) wurde aber Gerhards Sohn Ramnulf gerade Graf von Poitiers. Der gleiche Ramnulf, in den Quellen gefeiert als erfahrener und tüchtiger Heerführer im Kampf gegen die Normannen, durch dessen Tod (zusammen mit Robert dem Tapferen) bei Brissarthe 866 die Reichsverteidigung schwer getroffen war, wäre zur Zeit seines Todes, nach der von Brandenburg gegebenen Deutung höchstens 28 Jahre alt gewesen!
    Die Nachkommen Gerhards, Ramnulf I. und dessen Nachfahren (vgl. die folgenden Anmerkungen), bringt Brandenburg unter den nur "wahrscheinlichen" Deszendenten, wozu kein Grund besteht.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 450, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 16
    Zu Ramnulfs Eltern vgl. die vorherige Anmerkung.
    Die Verbindung Ramnulfs mit einer Tochter Roricos wird gestützt durch den Namen von Ramnulfs zweitem Sohn, Gauzbert (zum Namengut der RORGONIDEN Werner, KdG I, 138f.). Vieles spricht dafür, daß Ramnulf Bilechild, die bezeugte Tochter Roricos und Witwe des 844 im Kampf gegen die Bretonen und den Anführer Lambert von Nantes gefallenen Grafen Bernhard (Lot-Halphen 117; aus dieser Ehe ein Sohn Bernhard, der 865 Markgraf von Gothien wurde, Anmerkung Bert. ed. Grat 117), 944 oder bald danach geheiratet hat. Ademar von Chabannes III, 17, ed. Chavanon 133, nennt jenen (ersten) Gemahl der Bilechild Bernardus comes Pictavinus, und wir dürfen mit Dhondt 194f. annehmen, daß Ramnulf durch diese Ehe seine Herrschaft in Poitiers zusätzlich legitimierte: 839, als Emenco, seit 828 Graf von Poitiers wegen Untreue abgesetzt wurde, hatte Ramnulf als junger Mann die Grafschaft erhalten; bald darauf hat man sie jedoch jenem Bernhard, Emenos Bruder, gegeben, nach dessen Tod Ramnulf sie wieder erhielt, wobei er wahrscheinlich die Witwe seines Vorgängers heiratete.

    Thiele Andreas: Band II Teilband 1 Tafel 126, "Erzählende genealogische Stammtafeln"

    Abstammung so, wie oben aufgeführt, nicht sicher. Ramnulf ist auf jeden Fall, der Sohn eines Grafen Gerhard d'Auvergne und einer KAROLINGERIN.
    Ramnulf I. wurde Graf von Poitou genannt und wurde um 860 Herzog von Aquitanien. Wegen der Herzogswürde hatte er Kämpfe gegen die Häuser TOULOUSE und AUVERGNE und fiel in einer Schlacht.

    Dümmler Ernst: Band I Seite 545-547,591, "Geschichte des Ostfränkischen Reiches"

    Nicht lange indessen war es Pippin II. vergönnt, seine ehemaligen Untertanen mit heidnischer Verwüstung heimzusuchen: Im Beginne des Sommers (864) ward er inmitten seiner Gefährten von dem tapferen Grafen Ramnulf von Poitiers mit List gefangen und im Juni auf der Reichsversammlung zu Pistres dem Könige vorgeführt.
    Glücklicher als Graf Turpio von Angoumois kämpfte Graf Ramnulf von Poitou gegen die Heiden, mit denen er unseres Wissens zum erstenmal am 4. November 852 an einem sonst nicht bekannten Orte Briliacum schlug. Mit Robert dem Starken zusammen wird er als ein Mann von wunderbarer Macht und als rüstiger Kämpe gegen die Dänen gepriesen. An ihm besaß die fränkische Herrschaft in Aquitanien eine ihrer kräftigsten Stützen, wie er denn soeben durch die Gefangsetzung Pippins KARL einen sehr wesentlichen Dienst erwies.
    Als nämlich im Herbst 866 eine Schar von nur etwa 400 Loiredänen und Britten der Stadt Le Mans unter der Führung Hastings zu Pferde einen zweiten Besuch gemacht hatte [Der Tod Roberts und Ramnulfs wird kurz von Hinkmar erzählt, ausführlich von Regino a. 867.], wurden sie auf dem Rückwege bei Brissarthe von den Grafen Roert, Ramnulf, Gotfrid unf Heriveus angegriffen und in den Ort zusammengedrängt, wo die Mehrzahl von ihnen in einer steinernen Kirche Zuflucht fand. Bei einem Ausfalle aus derselben gelang es ihnen Robert, der unvorsichtig der Kühlung wegen Helm und Harnisch abgelegt, im Gewühle zu erschlagen, Ramnulf aber ward durch einen Pfeilschuß aus der Kirche so schwer getroffen, daß er drei Tage darauf starb

    Dümmler Ernst: Seite 3435, "Die Chronik des Abtes Regino von Prüm"

    867
    Die Nordmannen besetzten die Mündungen des Flusses Liger und fingen von neuem an, die namnetische, andegavische, pictavische und turonische Landschaft grausam zu verheeren; gegen diese führen Ruotbert, welcher die Mark verwaltete, und Herzog Ramnulf von Aquitanien [Seit 852 neben Robert als Kämpfer gegen die Normannen erwähnt.] die von ihnen gesammelten Mannschaften ins Treffen [Im Herbst 866 plünderten 400 Normannen die Stadt Le Mans, auf dem Rückmarsche von dort zur Loire wurden sie bei Brissarthe von dem fränkischen Heere angegriffen, wobei Robert seinen Tod fand.]. Jene, als sie sich von einem Heere verfolgt sahen, eilen in größter Hast ihre Flotte zu erreichen; doch da sie bemerkten, daß die Schar der Verfolger ihnen nahe sei und sie erkannten, daß Entkommen nicht mehr möglich wäre, dringen sie in einen Flecken ein, wo sie sich befestigen, so gut es die Zeit erlaubt. An diesem Orte befand sich aber eine sehr große aus Stein erbaute Kirche, in welche der größte Teil der Nordmannen nebst ihrem Füherer Namens Hasting sich hineinbegab. Routbert und Ramnulf mit ihren Genossen fallen über sie her und hauen unverweilt alle die nieder, welche sie außerhalb der Kirche auffanden. Als sie zur Kirche kommend, den Ort befestigt sahen und eine sehr bedeutende Schar von Heiden darin verborgen fanden, schlagen sie nach kurzer Beratung rings umher ihr Lager auf und errichten Zelte, damit sie am morgenden Tage durch Aufwerfung von Wällen und Anwendung von Maschinen die Feinde mit aller Kraft belagern könnten; denn schon neigte die Sonne zum Untergange. Ruotbert, der durch die starke Hitze in Schweiß geraten war, legte Helm und Harnisch ab, um sich ein wenig von der frischen Luft abzukühlen; und während alle mit der Aufschlagung des Lagers beschäftigt sind, stürzen plötzlich die Nordmannen aus ihrer Befestigung hervor und werfen sich unter gewaltigem Geschrei auf Ruotbert und seine Genossen. Doch wiewohl plötzliche und unvorhergesehene Zufälle auch die tapfersten Männer im Kriege in Verwirrung zu dringen pflegen, so ergreifen sie dennoch so schnell wie möglich ihre Waffen, nehmen den Feind mannhaft in Empfang und zwingen die Weichenden, in die Kirche zurückzukehren. Ruotbert, der ohne Helm und Panzer herbeieilte, wurde, da er allzu unvorsichtig kämpfte und noch dazu den Feinden nachsetzte, in der Pforte der Kirche selbst erschlagen; seinen schon leblosen Körper ziehen sie hinein. Ramnulf ferner, als er aus einiger Entfernung dem Ausgange der Sache zusah, wurde von einem Nordmann durch das Kirchenfenster mit einem Pfeilschuß tödlich verwundet, den er, von den Seinigen aus dem Treffen geführt, kaum drei Tage überlebte. Mit so schlimmen Mißgeschick wurde die Schlacht geliefert und beendigt; das Heer, das nach Verlust seines Hauptes zugleich von Verwirrung und Trauer erfüllt war, hebt die Belagerung in derselben Stunde auf und kehrt in die Heimat zurück; die Nordmannen lenken ihre Schritte jubelnd zu ihrer Flotte.

    um 845 oo 2. Bilechild von Maine, Tochter Rorikos II. und der Bilihildis

    1. oo Bernhard Markgraf von Gothien - 844
    Kinder:
    - Ramnulf II. Graf von Poitou 852-5.8.890
    - Gauzbert Graf von Poitou - 893
    - Ebalus Abt von S. Germain-des-Pres -2.10.892

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 34,35,54 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 545-547,590,591 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 232 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 224 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 450 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 440 -

    Gestorben:
    gefallen bei Brissarthe


  24. 92.  von Friaul, Unruoch Graphische Anzeige der Nachkommen (62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 840; gestorben am 1 Jul 874.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 866-874, Friaul,Italien; Herzog von Friaul

    Notizen:

    Unruoch Herzog von Friaul (866-874)
    840-1.7.874
    Ältester Sohn des Markgrafen Eberhards von Friaul aus dem Hause der UNRUOCHINGER und der Gisela, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DER FROMME

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen."

    IV. 25. UNRUOCH, Markgraf von Friaul 864/66
    * wohl vor 840, + nach 874 1. VII., vor 875
    Gemahlin:
    N.

    Anmerkungen: Seite 112
    IV. 25. Unruoch
    scheint vor 840 geboren zu sein, Poetae Lat. 3, 202 (N. 38).
    Im Testament seines Vaters erhielt er alle Besitzungen in Italien und Schwaben außer Balingen. Sonst Andr. Bergam. S. S. 3,235 und 237. Er war wohl 875 tot, da damals sein jüngerer Bruder BERENGAR an der Spitze der italienischen Großen erscheint. Ob Unruoch Nachkommen gehabt hat, steht nicht fest. G. Riezler, Geschichte des Hauses Fürstenberg und Fürstenberger Urkundenbuch I, 1f., möchte die 888 im Gau Hattenhuntare und im Sulichgau vorkommenden Grafen Berengar und Eberhard (U.B. St. Gallen 2, 270) für seine Söhne halten wegen der Namen und der Lage der Besitzungen, und weil eine alte Tradition das Haus URACH-FÜRSTENBERG von diesem Unruoch ableitet. Das ist nicht unmöglich, aber auch nicht nachweisbar. Jedenfalls sind die Zwischenglieder zwischen diesen beiden Grafen und den ersten sicheren Vorfahren des Hauses URACH nicht zu ermitteln oder auch nur zu vermuten. Ich sehe daher von der Aufnahme dieser Deszendenz ab. [IV 26]

    Ergänzung (Werner):
    * ca. 840, + 874 nach 1.VII., 866 Herzog in Friaul,

    Gemahlin:
    Ava, Tochter des Herzogs Liutfrid.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 452, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)" in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Band IV

    IV. 26.
    Schon Hirsch 87 hatte die von B. nicht näher bezeichnete Gattin Herzog Unruochs identifiziert: Ava, Tochter Herzog Liutfrids. Dieser ETICHONE war als Sohn Hugos von Tours Schwager Kaiser LOTHARS I., dem er in Italien diente, und Onkel Lothars II., unter dem er in Lotharingien eine beherrschende Rolle spielte. Vgl. zu ihm und seinem gleichnamigen Sohn, dem er die italienischen Ämter und Besitzungen überließ, Hlawitschka 221ff.

    Thiele, Andreas: Tafel 391, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

    UNRUOCH
    * um 840, + 874
    Unruoch folgte 866 dem Vater, erbte die schwäbischen Hausbesitzungen, unterstützte Kaiser LUDWIG II. gegen Benevent und besiegte die Sarazenen bei Capua.
    oo AVA, Tochter des ETICHONEN Herzog Liutfried, Nichte der Kaiserin Irmgard

    Decker-Hauff, Hansmartin: "Die Ottonen und Schwaben" in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 14

    Unruoch, wohl der älteste Sohn, erhält bei der Aufteilung des Besitzes seines Vaters alle Besitzungen in Italien und Schwaben, außer Balingen, welcher Ort mit seinen Zugehörenden der Tochter Judith zufällt. Sein Bruder BERENGAR erhält den Familienbesitz um Lüttich und Lille. Auch seine Schwester Heilwig dürfte noch einen schwäbischen Besitzkomplex geerbt haben.

    Zettler, Alfons: Seite 112, "Geschichte des Herzogtums Schwaben."

    Burchards Schwiegermutter Gisela ist nun nicht unter den erwähnten KAROLINGERINNEN zu suchen, sondern stammt fraglos aus dem Umkreis der UNROCHINGER. Eine genaue genealogische Einordnung gelingt zwar nicht, denn weder die Schwester Kaiser BERENGARS, die im Kindesalter ins Kloster Santa Giulia nach Brescia gegeben wurde, noch die Tochter BERENGARS, vermählt mit dem Markgrafen Adelbert von Ivrea, kommen in Frage. Zu berücksichtigen ist, daß die unruochingische Sippschaft weit verzweigt und über weite Teile des Frankenreiches verteilt war. So kommen Töchter von BERENGARS Brüdern Unruoch, Adalhart und Rudolf oder von seinen Schwestern Engeldrud, Judith und Heilwinch als Eltern in Frage [119 Zu den Nachkommen Eberhards von Friaul vgl. E. Hlawitschka, Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien, 774-962 (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte 8), Freiburg i. Br. 1960, Seite 276 Anm. 1. - A. Wolf, Über die Hintergründe der Erhebung Liudolfs von Schwaben, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germanist. Abt. 80, 1963, Seite 315-325, hier 319 (wiederabgedr. in: Otto der Große, hg. von H. Zimmermann, Darmstadt 1976, Seite 56-69, hier Seite 61), hält (im Anschluß an E. Kimpen, Zur Königsgenealogie der Karolinger- und Stauferzeit, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 103, 1955, Seite 35-115) Reginlind für eine Tochter Graf Unruochs II., des Bruders von König BERENGAR I.]. In diesem Zusammenhang ist auch die bekannte Geschichte von der Entführung einer der Töchter Graf Unruochs, des Bruders von BERENGAR, wahrscheinlich mit dem Namen Gisela, aus dem königlichen Nonnenkloster Santa Giulia in Brescia zu erinnern. Kaiser KARLS III. Erzkapellan Liutward, Bischof von Vercelli (+ 901), soll 886/87 gewaltsam in das Kloster eingedrungen sein und mit Hilfe von Freunden Unruochs Tochter, "die Verwandte des Kaisers", geraubt und seinem Neffen in die Ehe gegeben haben [120 Fuldaer Annalen ad a. 887 und Regensburger Fortsetzung ad a. 886; vgl. K. Schmid, Liutbert von Mainz und Liutward von Vercelli im Winter 879/80 in Italien, in: Geschichte, Wirtschaft, Gesellschaft. Festschrift für Clemens Bauer zum 75. Geburtstag, hg. von E. Hassinger/J. H. Müller/H. Ott, Berlin 1974, Seite 41-60; J.F. Böhmer/H. Zielinski, Regesta Imperii I/3,2, Köln/Weimar/Wien 1998, Nr. 853-854.].

    Bühler, Heinz: Seite 761, "Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze."

    Zunächst freilich gilt es die Lücke zu schließen zwischen LUDWIG DES FROMMEN Tochter Gisela (+ nach 874) und jener Gisela (911), die wir als Mutter der Herzogin Reginlind kennen. Eines der sieben Kinder Giselas und Eberhards von Friaul hat diese Lücke zu füllen. Es kommen in Betracht die Söhne Unruoch, BERENGAR, Adalhard und Rudolf sowie die Töchter Engeltrud, Judith und Heilwig. Auf sie wurde laut Testament von 863/64 das reiche Erbe der Eltern verteilt, jedoch so, daß fünf der sieben Geschwister ausschließlich mit Gütern in Westfranken und Flandern ausgestattet wurden [94 Paul Hirsch: Die Erhebung Berengars I. von Friaul zum König in Italien. Inaugural-Dissertation, Straßburg 1910 Seite 61f.]. Wir dürfen sie wohl ohne Bedenken ausschließen, da sie als Eltern der jüngeren Gisela und letztlich als Vorfahren der Kaiserin Gisela wie der ACHALMER kaum in Frage kommen.
    Dem ältesten Sohn Unruoch (II.) dagegen wurden alle Ländereien in Italien und nahezu alle Güter in Alemannien zugeteilt, praeter Balduinet et ea quae ad eam pertinere videntur - ausgenommen Balingen und die Güter, die dazu gehörten. Diesen aus dem alemannischen Besitz ausgeschiedenen Güterkomplex und dazu "Heliwsheim" (Hülst?) am Niederrhein erbte die Tochter Judith. Wenn ihr Erbteil den übrigen sechs Teilen gleichwertig war, dürfte Balingen mit Zugehör eine beachtliche Gütermasse dargestellt haben.
    Da der Hauptteil der alemannischen Güter an Unruoch gefallen war, hat Emil Kimpen ihn als das gesuchte Zwischenglied zwischen Gisela von Friaul und Gisela, der Mutter Reginlinds, angenommen [96 Kimpen, Königsgenealogie (wie Anm. 90) Seite 96.]. Das kann jedoch nicht richtig sein. Unruoch hatte auch die italienischen Güter erhalten, weil er dort in Nachfolge des Vaters die Markgrafschaft übernehmen sollte. Er starb aber schon zehn Jahre später und hinterließ nur eine Tochter, die in Brescia den Schleier nahm, aber später entführt wurde. Unruoch scheidet somit als Vater der jüngeren Gisela aus. Das Markgrafenamt ging an den zweiten Sohn BERENGAR über. Auf seine Unterstützung mag die jüngere Gisela, seine Nichte, gebaut haben, als sie - offenbar Witwe - infolge des mißglückten Aufstandes ihres Gegenschwiegers kompromittiert war und beim Papst in Rom Hilfe suchte. Das Erbteil, das Unruoch laut Testament erhalten hat, wurde unter die überlebenden Geschwister im wesentlichen wohl so verteilt, daß BERENGAR zum Markgrafenamt italienische Besitzungen erhielt.



    oo Ava, Tochter des ETICHONEN Herzogs Liutfrid, Nichte der Kaiserin Irmgard


    Kinder:

    - Gisela Nonne zu Brescia - nach 887



    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen. Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,112 - Bühler, Heinz: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze. Anton H. Konrad Verlag 1997 Seite 144/45,761,816/17 - Decker-Hauff, Hansmartin: Die Ottonen und Schwaben, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 14 (1955) - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig - Dümmler, Ernst: Die südöstlichen Marken der Reiches unter den Karolingern (795-907) AföG 10 1853 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 705 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 56,135,162,167, 171,173,223,276-277 - Hlawitschka Eduard: Stirps Regia. Forschungen zum Königtum und Führungsschichten im frühen Mittelalter. Ausgewählte Aufsätze. Festgabe zu seinem 60. Geburtstag. Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris Seite 335 - Jahrbücher von Fulda. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 262 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 391 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 452 -

    Familie/Ehepartner: von Tours, Ava. Ava (Tochter von von Tours, Liutfrid) wurde geboren um 840; gestorben nach 860. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 123. von Friaul, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 887.

  25. 93.  von Friaul, Ingeltrud Graphische Anzeige der Nachkommen (62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 837/840; gestorben am 2 Apr 870.

    Notizen:

    Ingeltrud (Angiltrud) von Friaul
    837/40-2.4.870
    Älteste Tochter des Markgrafen Eberhard von Friaul aus dem Hause der UNRUOCHINGER und der Gisela, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DER FROMME

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen."

    IV. 29. ENGELTRUD
    + nach 870 2. IV.
    Anmerkungen: Seite 113
    IV. 29. Engeltrud
    im Testament des Vaters, zuletzt 2. IV. 870, d'Achery, Spicil 2, 879. [IV 25]
    Korrektur (Wolf):
    + nach 870 2. IV. (statt *)

    Werner Karl Ferdinand: Seite 452, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)" in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Band IV

    III. 25
    Ingeltrud (Angiltrud) war das älteste Kind Eberhards, wenn man vom früh verstorbenen Bruder Eberhard absieht - vielleicht war sie sogar älter als dieser, was ein Reichenauer Eintrag anzudeuten scheint, vgl. Hirsch 61, Anm. 4 und die erneut zusammengestellten Belege bei K.A. Eckhardt, Genealogische Funde zur allgemeinen Geschichte ² 1963, 49f. (auch zur Altersfolge der übrigen Geschwister. Eckhardt möchte 50f. im BABENBERGER Heinrich nicht nur, wie allgemein angenommen, den Vater der Gattin Herzog Ottos von Sachsen und damit den Großvater König HEINRICHS I. sehen, sondern auch den Gemahl der Engeltrud, wobei er sich auf einen im Reichenauer Verbrüderungsbuch (ed. Piper, MG Libri confraternitatum 267, Sp. 396, nr. 15f.) stützt, der nebeneinander Heimerich und Engildrud nennt. Er will damit die vieldiskutierte Bemerkung des Agius in der Vita Hathumodae, MG SS 4, 167, derzufolge ein Bruder der Hathumod eine regnum neptem zur Frau habe, befriedigend erklären: Jener Bruder sei Herzog Otto von Sachsen und nicht etwa sein Bruder und Vorgänger Brun, und Ingeltrud, durch ihre Mutter Gisla eine Enkelin LUDWIGS DES FROMMEN, sie die Mutter der Gemahlin Herzog Ottos, demnach die Großmutter König HEINRICHS I. Träfe das zu, so wäre das gesamte ottonische Königshaus in die Liste der Nachkommen KARLS DES GROSSEN aufzunehmen. Man wird verstehen, wenn wir gezögert haben, das ohne weitere zwingende Nachweise in Erwägung zu ziehen. Es kommt aber auch ein, wie ich glaube, gewichtiger Einwand gegen die Vermutung Eckhardts hinzu: Er selbst zitiert Seite 50 jene Urkunde Gislas, der Tochter LUDWIGS DES FROMMEN, von, 870, in der sie sich in Cysoing, der unruochingischen Hausabtei, eine Grabstätte vorbehält ad quietem meam vel filiae meae Ingeltrudis. Wir wissen nichts über die Geschicke der Ingeltrud, die an diese Stelle, in der Urkunde einer Witwe, deren Grabstätte durch die Grablege ihres im Tode vorangegangenen Gatten Eberhard gegeben ist, läßt doch eher an eine unverheiratete Tochter denken, die hier als einzige genannt wird von Gislas vier Töchtern, als an die Gattin des ostfränkischen Grafen Heinrich, der zu dieser Zeit schon eine 15-jährige Tochter (Eckhardt 48), eben Hadwig, die künftige Mutter König HEINRICHS I., hätte haben müssen. Die übrigen Töchter Gislas kommen aus chronologischen Gründen bzw. weil ihre Ehemänner bzw. ihre Ehelosigkeit kennen, nach Eckhardts Auffassung für die ottonische Aszendenz nicht in Betracht. - B. vermerkt in der Tafel versehentlich zu Ingeltrud"* nach 870 2. IV.", statt "+ nach 870 2. IV.", wie er in der Anmerkung richtig bemerkt.
    Die Folge der jüneren Geschwister der Ingeltrud gebe ich, abweichend von B., nach ihrer Aufzählung in einer Urkunde ihrer Mutter Gisla (I. de Coussemaker, Cartulaire de 'abbaye de Cysoing, Lille 1884, 11 nr. 6, vgl. Hlawitschka 276, Anm. 1, Eckhardt 49): pro prole mea videlecet Hengeltrude, Hunroc, Berengario, Adelardo, Radulpho, Hellwich, Gilla, Iiudith.

    Thiele, Andreas: Tafel 391, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

    N (INGELTRUD?)
    Ehe nicht sicher, aber möglich (Besitz und Traditionen der Nachkommen)

    oo HEINRICH VON BABENBERG + 886
    Markgraf in Friesland, Herzog von Austrien und oberster kaiserlicher Feldherr der KAROLINGER
    Ist durch zwei Töchter Mitstammvater der OTTONEN und WELFEN

    Hlawitschka, Eduard: Seite 276, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    Deshalb folgte er auch nach dem Tode Eberhards (864 oder 866) in der Verwaltung von Friaul nach und steht im Testament seines Vaters in bevorzugter Stellung [1 Folgende Söhne und Töchter erwähnt Markgraf Eberhard in seinem Testament (Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoing Seite 1, nr. 1): Unroch, Berengarius, Adalardus, Rodulphus, Engeldrud, Judith, Heilvinch. - Unroch wird dabei als primogennitus bezeichnet. Der Name des in zartem Kindesalter verstorbenen Sohnes Eberhard ergibt sich aus einem Trostgedicht des Sedulius (MG Poet. Lat. III Seite 102, nr. 37); die Übergabe einer Tochter Gisela an das S. Juliakloster in Brescia ist der Eintragung Domnus Eberrardus dux tradidit filiam suam Gisla im Codece necrol.-liturg., ed. Valentini Seite 80 (= f. 43v. des Orig.) zu entnehmen; diese wird auch erwähnt in der Urkunde ihrer Mutter Gisela (Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoing Seite 11, nr. 6 - ohne Datum).].

    Zettler, Alfons: Seite 112, "Geschichte des Herzogtums Schwaben."

    Burchards Schwiegermutter Gisela ist nun nicht unter den erwähnten KAROLINGERINNEN zu suchen, sondern stammt fraglos aus dem Umkreis der UNROCHINGER. Eine genaue genealogische Einordnung gelingt zwar nicht, denn weder die Schwester Kaiser BERENGARS, die im Kindesalter ins Kloster Santa Giulia nach Brescia gegeben wurde, noch die Tochter BERENGARS, vermählt mit dem Markgrafen Adelbert von Ivrea, kommen in Frage. Zu berücksichtigen ist, daß die unruochingische Sippschaft weit verzweigt und über weite Teile des Frankenreiches verteilt war. So kommen Töchter von BERENGARS Brüdern Unruoch, Adalhart und Rudolf oder von seinen Schwestern Engeldrud, Judith und Heilwinch als Eltern in Frage [119 Zu den Nachkommen Eberhards von Friaul vgl. E. Hlawitschka, Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien, 774-962 (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte 8), Freiburg i. Br. 1960, Seite 276 Anm. 1. - A. Wolf, Über die Hintergründe der Erhebung Liudolfs von Schwaben, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germanist. Abt. 80, 1963, Seite 315-325, hier 319 (wiederabgedr. in: Otto der Große, hg. von H. Zimmermann, Darmstadt 1976, Seite 56-69, hier Seite 61), hält (im Anschluß an E. Kimpen, Zur Königsgenealogie der Karolinger- und Stauferzeit, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 103, 1955, Seite 35-115) Reginlind für eine Tochter Graf Unruochs II., des Bruders von König BERENGAR I.]. In diesem Zusammenhang ist auch die bekannte Geschichte von der Entführung einer der Töchter Graf Unruochs, des Bruders von BERENGAR, wahrscheinlich mit dem Namen Gisela, aus dem königlichen Nonnenkloster Santa Giulia in Brescia zu erinnern. Kaiser KARLS III. Erzkapellan Liutward, Bischof von Vercelli (+ 901), soll 886/87 gewaltsam in das Kloster eingedrungen sein und mit Hilfe von Freunden Unruochs Tochter, "die Verwandte des Kaisers", geraubt und seinem Neffen in die Ehe gegeben haben [120 Fuldaer Annalen ad a. 887 und Regensburger Fortsetzung ad a. 886; vgl. K. Schmid, Liutbert von Mainz und Liutward von Vercelli im Winter 879/80 in Italien, in: Geschichte, Wirtschaft, Gesellschaft. Festschrift für Clemens Bauer zum 75. Geburtstag, hg. von E. Hassinger/J. H. Müller/H. Ott, Berlin 1974, Seite 41-60; J.F. Böhmer/H. Zielinski, Regesta Imperii I/3,2, Köln/Weimar/Wien 1998, Nr. 853-854.].


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen. Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,113 - Bühler, Heinz: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze. Anton H. Konrad Verlag 1997 Seite 121,752/53,761 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 171,276 - Hlawitschka Eduard: Stirps Regia. Forschungen zum Königtum und Führungsschichten im frühen Mittelalter. Ausgewählte Aufsätze. Festgabe zu seinem 60. Geburtstag. Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris Seite 350,352 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 391 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band IV Seite 452 - Zettler, Alfons: Geschichte des Herzogtums Schwaben. Verlag W. Kohlhammer GmbH Stuttgart 2003 Seite 112 -


    Name:
    Angiltrud


  26. 94.  von Burc, Adalhard Graphische Anzeige der Nachkommen (62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 836; gestorben nach 874.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Cysoing [59830],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Laienabt von Cysoing

    Notizen:

    Adalhard "von Burc"
    Laienabt von Cysoing
    836- nach 874
    Jüngerer Sohn des Markgrafen Eberhard von Friaul aus dem Hause der UNRUOCHINGER und der Gisela, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DER FROMME

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen."

    IV. 27. ADALHARD
    * ..., + nach 874 1. VIII.
    Anmerkungen: Seite 113
    IV. 27. Adalhard
    erhielt im Testament des Vaters Cysoing. Zuletzt 1. VII. 874, d'Achery, Spicil 2, 878.

    Ergänzung (Werner):
    Inhaber der Hausabtei Cysoing. [IV 28]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 452, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben."

    IV. 28
    Das Datum der Urkunde, in der Adalhard zuletzt erwähnt wird, gibt B. auf der Tafel versehentlich mit 874 VIII 1, in der Anmerkung richtig 874 VII 1 an (= Coussemaker 10, nr. 5).

    Thiele, Andreas: Tafel 391, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

    ADALHARD
    + nach 874
    Adalhard erhielt 866 die niederländischen Besitzungen und die in der Baar und wurde Inhaber der Hausabtei Cyosoing.
    oo N.N.

    Jahrbücher von St. Vaast: Seite 295, in: Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VI

    Das Jahr 879.

    Im Jahre des Herrn 879 starb Graf Balduin, mit Zunamen der Gute, und wurde in dem Kloster Sithdiu begraben. Auch König Hludowich verfiel in schwere Krankheit, und am heiligen Charfreitag, im 33. Lebensjahr, in der zwölften Indiction, beschloß er sein Leben und wurde in der Kirche der heiligen Mutter Gottes, Maria, bestattet, welche sein Vater mit königlicher Pracht in seiner Pfalz Compendium hatte erbauen lassen. Nach seinem Tode aber entstand unter den Franken trauriger und verderblicher Zwiespalt. Denn Abt Hugo, der Treue eingedenk, welche er dem König Hludowich, seinem Vetter, geschworen hatte, wollte mit den ihm Gleichgesinnten dessen Söhne, Hludowich und Karlmann, in das väterliche Reich als Könige einsetzen; Abt Gozlin aber und Graf Chuonrad und viele andere, diesen Gleichgesinnte, riefen den obengenannten König Hludowich ins Reich.

    Während diese so in Streit mit einander lagen, kamen die Nortmannen, welche jenseits des Meeres wohnen, da sie von dieser Uneinigkeit Kunde erhalten hatten, auf ihren Schiffen in ungeheurer Menge über das Meer gefahren und verwüsteten um die Mitte des Monat Juli mit Feuer und Schwert, ohne
    Widerstand zu finden, die Stadt der Moriner, Tarvenna. Und als sie gesehen, wie gut ihnen der Anfang geglückt war, verheerten sie umherziehend das ganze Land der Menapier mit Feuer und Schwert. Darauf drangen sie in den Fluß Scaldus ein und richteten das ganze Land der Bracbansier durch Feuer und Schwert zu Grunde. Indem aber Hugo, der Sohn Hlothars, gegen sie die Waffen erhob, trug er unbedachtsam nicht wenig dazu bei, ihren Uebermuth noch zu erhöhen; denn er vollbrachte nichts Glückliches und Nützliches, sondern floh vielmehr schimpflich von dannen, nachdem von seinen Genossen die meisten getödtet und gefangen genommen worden waren. Unter den Gefangenen befand sich auch der Abt, Adalards Sohn.

    Hlawitschka Eduard: Seite 163, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert."

    Bejaht man diese Interpreatation - sie hat, soweit ich sehen, noch keinen Widerspruch erhalten [53 Ohne Widerspruch auch K.F. Werner, Untersuchungen zur Frühzeit des französischen Fürstentums I, in: Welt als Geschichte 18 (1958) Seite 275 Anm. 91. Gegen die ältere Deutung von C. v. Kalckstein, in dem ungenannten Abt sei der Abt Rudolf von St. Vaast zu sehen und dieser als Sohn des UNRUOCHINGERS Adalhard (Sohn Eberhards von Friaul) zu betrachten, vgl. schon P. Hirsch, Die Erhebung Berengars I. (1910) Seite 75 Anm. 3. Diese ältere Sicht ist indessen erst jüngst wieder eingegangen in den Notenapparat der von R. Rau besorgten Ausgabe der Annales Vedastini; Freiherr-vom-Stein-Gedächtnisausgabe VI, Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte II (1958) Seite 295 Anm. 2.] -, so hat man ein Zeugnis für die Herleitung Adalhards II. von dem berühmten Seneschall Adalhard gefunden.



    854 oo Swanaburc



    Kinder:

    - Berengar Graf der Hattenhuntare um 855- nach 892
    - Eberhard Graf im Sülichgau um 856- nach 889
    - Rudolf Abt
    - Adalhard
    - Ernst



    Literatur:
    Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986 Seite 66 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,113 - Decker-Hauff, Hansmartin: Die Ottonen und Schwaben, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 14 (1955) Seite 279 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969 Seite 163 - Jahrbücher von St. Vaast. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VI Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1972 Seite 294 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 391 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 452 -


  27. 95.  von Friaul, Eberhard Graphische Anzeige der Nachkommen (62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 837; gestorben vor 20 Jun 840.

    Notizen:

    Eberhard
    837- vor 20.6.840
    Ältester Sohn des Markgrafen Eberhard von Friaul aus dem Hause der UNRUOCHINGER und der Gisela, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DER FROMME

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen."

    IV. 24. EBERHARD
    + jung

    Anmerkungen: Seite 112
    IV. 24. Eberhard
    Epitaph Poetae Lat. 3, 201 (N. 37). - Zu den Kindern der Gisela überhaupt: Hofmeister, M.I.Ö.G. Ergb. 7., 325f. [IV 24]

    Werner Karl Ferdinand: Serite 452, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)" in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Band IV

    IV. 24
    Eberhard, der älteste Sohn Herzog Eberhards von Friaul, bald nach der Eheschließung mit Gisela geboren, starb noch vor dem Tod Kaiser LUDWIGS (840 VI 20), vgl. P. Hirsch, Die Erhebung Berengards I. von Friaul zum König von Italien, 1910, 61.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 276, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    Deshalb folgte er auch nach dem Tode Eberhards (864 oder 866) in der Verwaltung von Friaul nach und steht im Testament seines Vaters in bevorzugter Stellung [1 Folgende Söhne und Töchter erwähnt Markgraf Eberhard in seinem Testament (Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoing Seite 1, nr. 1): Unroch, Berengarius, Adalardus, Rodulphus, Engeldrud, Judith, Heilvinch. - Unroch wird dabei als primogennitus bezeichnet. Der Name des in zartem Kindesalter verstorbenen Sohnes Eberhard ergibt sich aus einem Trostgedicht des Sedulius (MG Poet. Lat. III Seite 102, nr. 37); die Übergabe einer Tochter Gisela an das S. Juliakloster in Brescia ist der Eintragung Domnus Eberrardus dux tradidit filiam suam Gisla im Codece necrol.-liturg., ed. Valentini Seite 80 (= f. 43v. des Orig.) zu entnehmen; diese wird auch erwähnt in der Urkunde ihrer Mutter Gisela (Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoing Seite 11, nr. 6 - ohne Datum).].


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen. Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,112 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 276 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band IVSeite 452 -


  28. 96.  von Friaul, Judith Graphische Anzeige der Nachkommen (62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 838; gestorben in 863.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ostfrankenreich; Gräfin von Ostfranken

    Notizen:

    Judith Gräfin von Ostfranken
    838 - 863
    Tochter des Markgrafen Eberhard von Friaul aus dem Hause der UNRUOCHINGER und der Gisela, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DEM FROMMEN

    Werner Karl Ferdinand: Seite 452, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    III. 32
    Vgl. unsere Bemerkungen zu IV, 30 hinsichtlich der Hypothesen über etwaige Eheverbindungen Judiths.
    Man hat vor allem an Adalbert II., HUNFRIDINGER und Graf im Thurgau gedacht, womit eine karolingische Abkunft Herzog Burchards von Schwaben gegeben wäre.
    Es ist wahrscheinlich, dass der Besitz Judiths um Balingen über ihre Tochter Hadwig an die LIUDOLFINGER gelangte. OTTO I. erschien 950 als Besitznachfolger des Grafen Adalhard in Burc. Die Kirche in Burc und ihre Zugehörden wurde vermutlich von Adalhards Kindern zurückerworben und ging durch Tausch in das Erbteil seiner Schwester (oder ihrer Nachkommen) über.


    852 oo 1. Heinrich Graf von Ostfranken 830 - 20.8.886


    Kinder:

    - Heinrich II. - 902
    - Adalhard - 902
    - Adalbert 854-9.9.906
    - Hadwig 953 - 24.12.903
    876 oo 2. Otto der Erlauchte Herzog von Sachsen ca. 830/40-30.11.912
    - Adellinde 855- nach 915
    oo Eticho I. Graf im Ammergau (WELFE) - um 907 gefallen

    Familie/Ehepartner: von Babenberg, Heinrich I.. Heinrich (Sohn von von Babenberg, Poppo I.) wurde geboren in 830; gestorben am 20 Aug 886 in Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 124. von Babenberg, Heinrich II.  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 902.
    2. 125. von Babenberg, Adalhard  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 902.
    3. 126. von Babenberg, Adalbert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 854; gestorben am 9 Sep 906 in Theres [97531],Haßberge,Bayern,Deutschland.
    4. 127. von Babenberg, Adellinde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 855; gestorben nach 915 in Bad Buchau [88422],Biberach,Baden-Württemberg,Deutschland.

  29. 97.  von Friaul, Heilwig Graphische Anzeige der Nachkommen (62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 839; gestorben in 895.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Dillingen [89407],Dillingen an der Donau,Bayern,Deutschland; Gräfin von Dillingen
    • Titel/Amt/Status: Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; Gräfin von Laon

    Notizen:

    Heilwig
    Gräfin von Dillingen
    Gräfin von Laon
    839 - 895
    Tochter des Markgrafen Eberhard von Friaul aus dem Hause dere UNRUOCHINGER und der Gisela, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DER FROMME

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen."

    IV. 30. HEILWICH
    + nach 863/64
    eine von ihnen (Judith oder Heilwich) war mit Hucbald verheiratet.

    Anmerkungen: Seite 113
    IV. 30. - 31.
    im Testament des Vaters 862/63. Judith erhielt dort Balingen. Über ihr Schicksal ist nichts bekannt. Der Versuch von E. Krüger (Die Abstammung König Heinrichs I. von den Karolingern, D. Z. f. Gw. 9, 28f.), Heilwig mit Hathui, der Mutter König HEINRICHS I. zu identifizieren scheitert an der Verschiedenheit der Namensform, dem Fehlen aller Verwandtschaftsbezeichnungen zwischen HEINRICH resp. seinen Nachkommen und den KAROLINGERN und dem völligen Schweigen der sächsischen Quellen, obwohl diese vornehme Abstammung, die nach der Ansicht mancher sogar HEINRICHS Anspruch auf die Königskrone begründet haben soll, damals unmöglich vergessen sein konnte. Jeder positive Stützpunkt für diese Hyothese fehlt; vgl. E. Dümmler,a.a.O. 319f. Judith soll nach einer Vermutung von Wüstenfeld, Forschungen zur deutschen Geschichte 3, 406, vor 873 vermählt gewesen sein mit dem Grafen Guido von Camerino. Auch das ist unhaltbar; siehe Hofmeister, Markgrafschaften 326. Dagegen soll sie nach von Dungern, Thronfolgerecht 69, die Gattin des Grafen Adalbert von Rhätien (+ 903/06), die Mutter des Grafen Burchard (+ 911) und damit die Stammutter des burchardingischen Hauses in Schwaben gewesen sein. Dafür fehlt jede positive Grundlage. Dagegen muß eine dieser Töchter mit einem gewissen Huchald vermählt gewesen sein, da nach Flod., Hist. Rem. S. Seite 13, 558, Hucboldus quidam, sororis hujus Rudolphi maritus nach dem Tode von Nr.28 Cysoiong beanspruchte.

    Ergänzungen (Werner):
    Heilwig, + nach ca. 895
    Gemahl:
    I. Graf Hugbald, + nach 890
    II. Rotgarius I. Graf von Laon, 921/25 Laienabt von St. Amand [IV 30]

    Ergänzung (Werner):
    Judith, + nach 863 IV. [IV 32]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)" in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Band IV
    IV. 30.


    Brandenburg weist in Anmerkungen zu B. IV., 30-31 mit Recht bloße Vermutungen über etwaige Eheverbindungen von Töchtern Eberhards zurück. Zu ihnen zählen auch die Hypothesen von Decker-Hauff, Die Ottonen und Schwaben, Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 14 (1955), bei dem sich Angaben über Reihenfolge, Alter und Eheverbindungen von UNRUOCHINGERN finden, die der Quellengrundlage entbehren vgl. kritisch auch G. Tellenbach (in Verbindung mit J. Fleckenstein und K. Schmid), Kritische Studien zur großfränkischen und alemannischen Adelsgeschichte, ebd. 15, 1956). Brandenburg läßt nur gelten, daß "eine dieser Töchter (Judith oder Heilwig) mit einem gewissen Hucbald vermählt gewesen sei", wegen eines Belegs bei Flodoard, SS 13, 558. Nun hat der leider von B. nicht herangezogene Hirsch, Berengar 80-84 schon 1910 dargetan, daß Heilwig/Heiliwich/Heilwidis in erster Ehe den Grafen Hucbold, in zweiter Ehe den Grafen Roger I. von Laon geheiratet hat. Vgl. dazu weiterführend Grierson im zitierten Aufsatz Rev. du Nord 24 (1938), 258f., sowie in der Studie L'origine des comtes d'Amiens, de Valois et de Vexin, le Moyen Age 49 (1939) 108-125. Graf Hucbald/Hucbold war einer der wichtigsten Parteigänger König Odos, in dessen Urkunden er bis etwa 890 als Intervenient erscheint (HF 9, 450f. von 889 XII 30, Chartres; Favre; la familie d'Evrard, a.a.O. 161, Anm. 5 Diplomfragment mit Intervention Hucboldo comite, undatiert, wohl 888/c892). Der Kanzer Odos, der spätere Erzbischof Heriveus von Reims, war ein Neffe Hucbalds (Flodoard SS 13, 575). Der zweite Gemahl, Rotger (Roger) I., Graf von Laon, war außerdem seit 921-925 Laienabt von S.-Amand und starb im Winter 926, Flodoard, Ann. 926, ed. Lauer 36, der ihn ausdrücklich Stiefvater des kurz zuvor verstorbenen Radulf, filius Heilvidis (aus deren erster Ehe mit Hucbold) nennt.

    Thiele, Andreas: Tafel 391, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

    HEILWIG
    oo HUCBALD, GRAF VON DILLINGEN + nach 890
    Sohn des ETICHONEN Herzog Liutfried

    Hlawitschka, Eduard: Seite 276, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    Deshalb folgte er auch nach dem Tode Eberhards (864 oder 866) in der Verwaltung von Friaul nach und steht im Testament seines Vaters in bevorzugter Stellung [1 Folgende Söhne und Töchter erwähnt Markgraf Eberhard in seinem Testament (Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoing Seite 1, nr. 1): Unroch, Berengarius, Adalardus, Rodulphus, Engeldrud, Judith, Heilvinch. - Unroch wird dabei als primogennitus bezeichnet. Der Name des in zartem Kindesalter verstorbenen Sohnes Eberhard ergibt sich aus einem Trostgedicht des Sedulius (MG Poet. Lat. III Seite 102, nr. 37); die Übergabe einer Tochter Gisela an das S. Juliakloster in Brescia ist der Eintragung Domnus Eberrardus dux tradidit filiam suam Gisla im Codece necrol.-liturg., ed. Valentini Seite 80 (= f. 43v. des Orig.) zu entnehmen; diese wird auch erwähnt in der Urkunde ihrer Mutter Gisela (Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoing Seite 11, nr. 6 - ohne Datum).].

    Bühler, Heinz: Seite 761, "Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze."

    Zunächst freilich gilt es die Lücke zu schließen zwischen LUDWIG DES FROMMEN Tochter Gisela (+ nach 874) und jener Gisela (911), die wir als Mutter der Herzogin Reginlind kennen. Eines der sieben Kinder Giselas und Eberhards von Friaul hat diese Lücke zu füllen. Es kommen in Betracht die Söhne Unruoch, BERENGAR, Adalhard und Rudolf sowie die Töchter Engeltrud, Judith und Heilwig. Auf sie wurde laut Testament von 863/64 das reiche Erbe der Eltern verteilt, jedoch so, daß fünf der sieben Geschwister ausschließlich mit Gütern in Westfranken und Flandern ausgestattet wurden [94 Paul Hirsch: Die Erhebung Berengars I. von Friaul zum König in Italien. Inaugural-Dissertation, Straßburg 1910 Seite 61f.]. Wir dürfen sie wohl ohne Bedenken ausschließen, da sie als Eltern der jüngeren Gisela und letztlich als Vorfahren der Kaiserin Gisela wie der ACHALMER kaum in Frage kommen.]



    853 1. oo Hucbald Graf von Dillingen, Sohn des ETICHONEN Herzog Liutfrid, - 890, Cousin von LUDWIG II.

    890 2. oo Roger I. Graf von Laon - 926


    Kinder:

    1. Ehe
    - Eberhard Graf von Dillingen
    Wohl Stammvater der Häuser DAGSBURG und HASBBURG
    - Hucbald Graf von Dillingen
    oo Dietbirg von Schwaben
    - Radulf de Gouy-en-Arrouaise - 926
    Graf von Ostervant, de Valois, du Vexin und d'Amiens Stammvater dieser Linie, später auch der Grafen von Mantes.

    2. Ehe
    - Roger II. Graf von Laon - 942
    - Radulfus Graf von Amiens - 926


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen. Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,113 - Bühler, Heinz: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze. Anton H. Konrad Verlag 1997 Seite 761,798 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 171,276 - Hlawitschka Eduard: Stirps Regia. Forschungen zum Königtum und Führungsschichten im frühen Mittelalter. Ausgewählte Aufsätze. Festgabe zu seinem 60. Geburtstag. Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris Seite 233,350 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 391 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band IV Seite 453 - Zettler, Alfons: Geschichte des Herzogtums Schwaben. Verlag W. Kohlhammer GmbH Stuttgart 2003 Seite 112 -


  30. 98.  von Friaul, Berengar I.von Friaul, Berengar I. Graphische Anzeige der Nachkommen (62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 840/845; gestorben am 7 Apr 924 in Verona [37000],Venetien,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: seit 915; Römischer Kaiser
    • Titel/Amt/Status: 888-924, Italien; König von Italien
    • Titel/Amt/Status: 873-924, Friaul,Italien; Markgraf von Friaul

    Notizen:

    Allgemeine Deutsche Biographie - Berengar I.

    Berengar I., Markgraf von Friaul, König von Italien und römischer Kaiser, † 924, aus fränkischem Adel, Sohn des Markgrafen Eberhard von Friaul und der Tochter Kaiser Ludwigs des Frommen, Gisela. In Italien aufgewachsen, aber auch in anderen Theilen des Frankenreiches, zumal in Schwaben begütert, folgte er seinem älteren Bruder Unruoch (zwischen 871 und 875) in der Verwaltung der Mark Friaul nach, deren Hauptort das heutige Cividale war, und that sich in den Kämpfen um den Besitz der italienischen Königskrone als ein Parteigänger der deutschen Karolinger hervor. Für Karl III. zog er namentlich gegen den aufsässigen Markgrafen Wido von Spoleto im J. 883 zu Felde. Nach der gewaltsamen Absetzung jenes schwachen und unfähigen Kaisers trat B. selbst als Bewerber um die Krone Italiens auf, die er durch die Wahl der Großen im Anfang Januar 888 zu Pavia erlangte. Alsbald aber fand er einen Nebenbuhler an seinem früheren Gegner Wido, der durch Zuzug aus dem westfränkischen Reiche, besonders aus Burgund unterstützt, seit dem Anfange des Sommers etwa ihm den Besitz der Herrschaft streitig machte. Eine blutige Schlacht bei Brescia im Herbste blieb unentschieden und führte nur zu einem Waffenstillstande; den drohenden Angriff des deutschen Königs Arnolf wandte B. dadurch ab, daß er ihm die Huldigung leistete; in einem zweiten heftigeren Zusammenstoße mit Wido aber, der inzwischen stärker gerüstet hatte, an der Trebbia unterlag er vollständig und mußte sich, während sein Widersacher die Königs- und sodann die Kaiserwürde antrat, damit begnügen, in den nordöstlichen Theilen der Lombardei den leeren königlichen Titel fortzuführen. Eine günstigere Wendung der Dinge konnte, nachdem Wido sogar schon seinen Sohn Lambert im J. 892 zum Kaiser hatte krönen lassen, nur durch das Eingreifen Arnolf's herbeigeführt werden, der zuerst seinen Sohn Zwentibald vorausschickte, dann im J. 894 selbst die Lombardei in Besitz nahm, auf halbem Wege nach dem Süden aber endlich wieder umkehrte. So blieb es wesentlich beim Alten, bis während der Romfahrt Arnolfs B. sich seinem Gegner Lambert, dem Erben Wido's, näherte und nach dem Abzuge der Deutschen, deren Macht sogleich zusammenstürzte, durch einen Vertrag zu Pavia im J. 896 den Nordosten Italiens bis zur Adda zu friedlichem Besitze von ihm empfing. Der frühzeitige Tod Lamberts, im October 898, brachte ihn ohne Kampf und Mühe an das Ziel seiner Wünsche, jedoch nur auf kürzeste Zeit. Im August 899 brach als ein neues und unbekanntes Schreckniß das wilde Reitervolk der Magyaren herein und verbreitete sich sengend und brennend durch die lombardische Ebene. Schon auf dem Rückzuge begriffen und von B. mit ganzer Macht verfolgt, stellten sie sich nothgedrungen an der Brenta am 24. Sept. zur Schlacht und trugen vorzüglich durch den innern Zwiespalt im Christenheere einen vollständigen Sieg davon, der ihnen zu noch ärgeren Verheerungen die Bahn öffnete und der Anfang einer langen Reihe von Unfällen wurde. Städte und Klöster eilten seitdem, sich durch Mauern gegen die ungarischen Angriffe zu decken. Den geschwächten Zustand des Landes benutzte der junge König Ludwig von Burgund, der Sohn Boso's und durch seine Mutter ein Enkel Kaiser Ludwigs II., um mit dem Beistande des reichen Markgrafen Adalbert von Tuscien im October 900 die italienische Königswürde, im Februar 902 sogar die römische Kaiserwürde zu erwerben. Nachdem er sich nur bis in den Sommer 902 behauptet hatte,|kehrte er 905 wieder und entriß seinem Gegner sogar das feste Verona, seinen sichersten Stützpunkt. Gerade hier aber wurde er von ihm überfallen, zum Gefangenen gemacht und grausam des Augenlichts beraubt, weil er durch seine Rückkehr einen früheren Eidschwur gebrochen hatte. Auf diesen jähen Sturz des burgundischen Kaisers folgten für B. die besten und friedlichsten Zeiten der eigenen Herrschaft, die ihre höhere Weihe und ihren Abschluß dadurch erhielt, daß endlich im J. 915 um den Anfang December Papst Johann X. ihn in Rom selbst mit der Kaiserkrone schmückte. An mancherlei Auflehnungen der unbotmäßigen Großen fehlte es aber auch fürder nicht und zumal dadurch wurde die Unsicherheit der Zustände genährt und gesteigert, daß dem Kaiser aus seinen beiden Ehen, mit Berthila und Anna, kein Sohn als Nachfolger erwuchs, vielmehr aus der ersteren zwei Töchter, von denen die eine, Bertha, sich dem geistlichen Stande widmete, die andere, Gisela, durch ihre Hand den Markgrafen Adalbert von Ivrea aus dem Lager Lamberts in das Berengars hinüberführte. Gerade dieser Schwiegersohn aber zeigte sich als eine der unzuverlässigsten Stützen, indem er im Bunde mit dem Pfalzgrafen Odalrich und andern hochgestellten Männern auf die Entthronung des Königs hinarbeitete. Gegen die Ungetreuen scheute sich dieser nicht, den Beistand des heidnischen Feindes, der Ungarn, zu erkaufen, die er schon im J. 900 für ihren Abzug bezahlt hatte, und durch diese die Empörung niederzuwerfen. Die Milde aber, mit welcher B. die Aufrührer schließlich begnadigte, trug ihm schlechte Früchte, denn dieselben riefen nunmehr den König Rudolf II. von Hochburgund aus dem welfischen Hause herbei, der zu Anfang des J. 922 allgemein anerkannt dem Kaiser fast nur noch Verona mit seiner Nachbarschaft übrig ließ. Bei dem Wankelmuthe der Italiener gelang es bald auch B. sich von seinem Falle wieder aufzuraffen: gestützt namentlich auf den Bischof Wido von Piacenza lieferte er am 17. Juli 923 dem Gegner eine Schlacht bei Fiorenzuola, in der 1500 Mann, eine für jene Zeit hohe Zahl, auf der Wahlstatt fielen. B. anfangs siegreich, erlitt durch einen Hinterhalt, den die Grafen Gariard und Bonifacius ihm gelegt hatten, eine völlige Niederlage und rettete verwundet kaum das nackte Leben nach Verona. Abermals nahm er, während sein Nebenbuhler herrschte, seine Zuflucht zu den Ungarn und trug daher eine Mitschuld, daß sie am 12. März 924 das reiche und blühende Pavia, die Hauptstadt des Reiches, mit Feuer und Schwert verwüsteten. Gleich darauf endete er selbst, durch eine bewaffnete Rotte der Veroneser unter der Führung seines Taufpathen Flambert niedergestoßen, das Leben am 7. April 924. Seine Erbschaft hinterließ er zunächst den Burgundern, bis später sein Enkel Berengar II., der Sohn seiner Tochter Gisela, dieselbe übernahm. — Die Machtstellung Berengars, welche sich niemals über das obere und mittlere Italien hinauserstreckte und auch in diesem an den Markgrafen von Tuscien eine Schranke fand, war eine wenig eingreifende und stützte sich vorzugsweise auf die Bischöfe, die er reich beschenkte, hie und da nach dem Beispiele Wido's sogar auch schon mit Hoheitsrechten begabte. Zu den von ihnen später fast durchweg geübten gräflichen Rechten wurde daher gerade in der Zeit dieser Thronstreitigkeiten der Grund gelegt. Ueber die persönlichen Eigenschaften Berengars wissen wir wenig oder nichts: seine kirchliche Frömmigkeit und seine Milde werden gerühmt, doch konnte er in einzelnen Fällen auch grausam auftreten. Mit großer Zähigkeit hielt er durch lange Jahre und unter den widrigsten Verhältnissen sein angemaßtes Recht auf die Krone fest, ohne jemals bei seinen Großen ausharrende Treue zu finden, aber auch er scheute sich nicht um seines Ehrgeizes willen selbst die ärgste Landplage seiner Unterthanen, die Ungarn, herbeizurufen und zu fördern. Daß das damalige Italien nicht unter einem selbstgewählten Herrscher auf eigenen Füßen zu stehen vermochte, sondern, um zum friedlichen Gedeihen|zu gelangen, der Anlehnung an eine stärkere Macht bedurfte, dafür gibt gerade Berengars vielbestrittene Regierung die glänzendsten Beweise. Trotz seiner sehr zweifelhaften Verdienste fand er in seinen letzten Lebensjahren einen Sänger, der die Kämpfe um den Thron und die Kaiserkrönung in heroischem Versmaße der Nachwelt überlieferte. —

    Literatur
    Einer vollständigen Geschichte Italiens in dieser Periode entbehren wir noch; Vorstudien zu einer solchen enthalten: Dümmler, Gesta Berengarii imperatoris, Halle 1871.



    Gestorben:
    ermordet


  31. 99.  von Friaul, Rudolf Graphische Anzeige der Nachkommen (62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 842; gestorben am 5 Jan 892; wurde beigesetzt in Arras [62000],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 874-892, Cysoing [59830],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Laienabt von Cysoing

    Notizen:

    Rudolf
    Laienabt von Cysoing (874-892)
    842-5.1.892 Begraben: Arras
    Jüngerer Sohn des Markgrafen Eberhard von Friaul aus dem Hause der UNRUOCHINGER und der Gisela, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DEM FROMMEN

    Lexikon des Mittelalters: Band VII Seite 1082

    Rudolf, Abt von St-Bertin und St-Vaast 883-892
    * nach 835 (?), + 5. Januar 892 Begraben: Arras
    Aus der fränkischen Familie der UNRUOCHINGER, Sohn Markgraf Eberhards von Friaul und Giselas, der Tochter Kaiser LUDWIGS I. DES FROMMEN, Bruder Kaiser BERENGARS I.

    Wurde 883 Abt von St-Bertin (St-Omer) und St-Vaast (Arras), die er wohl beide befestigen ließ; vielleicht erhielt er 864/66 auch die Abtei Cysoing. Falsch ist die Annahme, er habe St. Peter in Gent vorgestanden, sei Laienabt und Graf gewesen. Nach der Absetzung Kaiser KARLS III. wandte er sich 888 gemeinsam mit Erzbischof Fulco von Reims dem ostfränkischen König ARNULF zu. 890 organisierte er die Verteidigung von St-Vaast gegen die Normannen.

    Literatur:
    H. Sproemberg, Die Entstehung der Grafschaft Flandern, I, 1935, 45-53 [Neudruck: Derselbe, Mittelater und demokratische Geschichtsschreibung, 1971, 184-190] -

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen."

    IV. 28. RUDOLF
    * ..., + 892 5. I.

    Abt von Cysoing nach 874 (vielleicht = Rudolf, Abt von St. Vaast)

    Anmerkungen: Seite 113
    IV. 28. Rudolf
    Laienabt von Cysoing nach dem Tode von Nr. 27, Flod. S. S. 13, 558. Er war wahrscheinlich identisch mit dem 5. I. 892 + Abt Rudolf von St. Vaast; vgl. Ed. Favre la famille d'Evrard (Etudes dediesw a G.: Monod 158). [IV 29]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 452, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)" in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Band IV

    III. 29
    Die Identität des UNRUOCHINGERS Rudolf mit dem 892 I 5 verstorbenen Laienabt von S.-Vaastd'Arras, von B. auf der Tafel mit "vielleicht", in der Anmerkung als "wahrscheinlich" charakterisiert, ist gesichert, vgl. nach der schon von B. zitierten Studie von E. Favre, La fanilie d'Evrard, marquis de Frioul, dans le royaume france de 'Quest, in: Etudes d'histoire du Moyen Age dediees a G. Monod, Paris 1896, die Ausführungen von Ph. Grierson, La famille d'Evrard de Frioul, Revue du Nord 24 (1938), 241-266.

    Thiele, Andreas: Tafel 391, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

    RUDOLF, Abt von Cysoing und St. Vaast
    + 892

    Hlawitschka, Eduard: Seite 276, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    Deshalb folgte er auch nach dem Tode Eberhards (864 oder 866) in der Verwaltung von Friaul nach und steht im Testament seines Vaters in bevorzugter Stellung [1 Folgende Söhne und Töchter erwähnt Markgraf Eberhard in seinem Testament (Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoing Seite 1, nr. 1): Unroch, Berengarius, Adalardus, Rodulphus, Engeldrud, Judith, Heilvinch. - Unroch wird dabei als primogennitus bezeichnet. Der Name des in zartem Kindesalter verstorbenen Sohnes Eberhard ergibt sich aus einem Trostgedicht des Sedulius (MG Poet. Lat. III Seite 102, nr. 37); die Übergabe einer Tochter Gisela an das S. Juliakloster in Brescia ist der Eintragung Domnus Eberrardus dux tradidit filiam suam Gisla im Codece necrol.-liturg., ed. Valentini Seite 80 (= f. 43v. des Orig.) zu entnehmen; diese wird auch erwähnt in der Urkunde ihrer Mutter Gisela (Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoing Seite 11, nr. 6 - ohne Datum).].

    Zettler, Alfons: Seite 112, "Geschichte des Herzogtums Schwaben."

    Burchards Schwiegermutter Gisela ist nun nicht unter den erwähnten KAROLINGERINNEN zu suchen, sondern stammt fraglos aus dem Umkreis der UNROCHINGER. Eine genaue genealogische Einordnung gelingt zwar nicht, denn weder die Schwester Kaiser BERENGARS, die im Kindesalter ins Kloster Santa Giulia nach Brescia gegeben wurde, noch die Tochter BERENGARS, vermählt mit dem Markgrafen Adelbert von Ivrea, kommen in Frage. Zu berücksichtigen ist, daß die unruochingische Sippschaft weit verzweigt und über weite Teile des Frankenreiches verteilt war. So kommen Töchter von BERENGARS Brüdern Unruoch, Adalhart und Rudolf oder von seinen Schwestern Engeldrud, Judith und Heilwinch als Eltern in Frage [119 Zu den Nachkommen Eberhards von Friaul vgl. E. Hlawitschka, Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien, 774-962 (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte 8), Freiburg i. Br. 1960, Seite 276 Anm. 1. - A. Wolf, Über die Hintergründe der Erhebung Liudolfs von Schwaben, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germanist. Abt. 80, 1963, Seite 315-325, hier 319 (wiederabgedr. in: Otto der Große, hg. von H. Zimmermann, Darmstadt 1976, Seite 56-69, hier Seite 61), hält (im Anschluß an E. Kimpen, Zur Königsgenealogie der Karolinger- und Stauferzeit, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 103, 1955, Seite 35-115) Reginlind für eine Tochter Graf Unruochs II., des Bruders von König BERENGAR I.]. In diesem Zusammenhang ist auch die bekannte Geschichte von der Entführung einer der Töchter Graf Unruochs, des Bruders von BERENGAR, wahrscheinlich mit dem Namen Gisela, aus dem königlichen Nonnenkloster Santa Giulia in Brescia zu erinnern. Kaiser KARLS III. Erzkapellan Liutward, Bischof von Vercelli (+ 901), soll 886/87 gewaltsam in das Kloster eingedrungen sein und mit Hilfe von Freunden Unruochs Tochter, "die Verwandte des Kaisers", geraubt und seinem Neffen in die Ehe gegeben haben [120 Fuldaer Annalen ad a. 887 und Regensburger Fortsetzung ad a. 886; vgl. K. Schmid, Liutbert von Mainz und Liutward von Vercelli im Winter 879/80 in Italien, in: Geschichte, Wirtschaft, Gesellschaft. Festschrift für Clemens Bauer zum 75. Geburtstag, hg. von E. Hassinger/J. H. Müller/H. Ott, Berlin 1974, Seite 41-60; J.F. Böhmer/H. Zielinski, Regesta Imperii I/3,2, Köln/Weimar/Wien 1998, Nr. 853-854.].

    Bühler, Heinz: Seite 761, "Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze."

    Zunächst freilich gilt es die Lücke zu schließen zwischen LUDWIG DES FROMMEN Tochter Gisela (+ nach 874) und jener Gisela (911), die wir als Mutter der Herzogin Reginlind kennen. Eines der sieben Kinder Giselas und Eberhards von Friaul hat diese Lücke zu füllen. Es kommen in Betracht die Söhne Unruoch, BERENGAR, Adalhard und Rudolf sowie die Töchter Engeltrud, Judith und Heilwig. Auf sie wurde laut Testament von 863/64 das reiche Erbe der Eltern verteilt, jedoch so, daß fünf der sieben Geschwister ausschließlich mit Gütern in Westfranken und Flandern ausgestattet wurden [94 Paul Hirsch: Die Erhebung Berengars I. von Friaul zum König in Italien. Inaugural-Dissertation, Straßburg 1910 Seite 61f.]. Wir dürfen sie wohl ohne Bedenken ausschließen, da sie als Eltern der jüngeren Gisela und letztlich als Vorfahren der Kaiserin Gisela wie der ACHALMER kaum in Frage kommen.]



    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen. Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2 - Bühler, Heinz: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze. Anton H. Konrad Verlag 1997 Seite 761 - Jahrbücher von St. Vaast. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VI Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1972 Seite 294 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 391 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band IV Seite 452 - Zettler, Alfons: Geschichte des Herzogtums Schwaben. Verlag W. Kohlhammer GmbH Stuttgart 2003 Seite 112 -


  32. 100.  von Friaul, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 845; gestorben in 863.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Brescia [25100],Brescia,Lombardia,Italien; Nonne zu Brescia

    Notizen:

    Gisla Nonne zu Brescia
    845 - 863
    Jüngere Tochter des Markgrafen Eberhard von Friaul aus dem Hause der UNRUOCHINGER und der Gisela, Tochter von Kaiser LUDWIG I. DER FROMME

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen."

    IV. 32. GISELA
    + nach 863 IV.
    Nonne in Brescia

    Anmerkungen: Seite 113
    IV. 32. Gisela
    erwähnt im Testament des Vaters, aber nicht ausdrücklich als seine Tochter bezeichnet. Dagegen heißt es Muratori Antiqu. Italiae 5, 761: Eberhardus dux tradidit filiam suam Gislam, nämlich dem Kloster der hl. Julia in Brescia. Vielleicht war sie an der Erbschaft als Nonne beteiligt. [VI 31]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)" in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben

    IV. 31
    Zu dem einzigen Beleg, den B. für Gisla als Kind der Ehe Eberhard von Friaul-Gisla gibt, ist der oben Anm. IV, 25, letzter Satz, gegebene Beleg nachzutragen.

    Thiele, Andreas: Tafel 391, Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 -

    GISELA, Nonne in Brescia
    + 863

    Bühler, Heinz: Seite 760, "Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze."

    Lassen wir uns von dem Namen Gisela leiten, der - wie gesagt - im karolingischen Haus ganz besondere Bedeutung hatte, so stoßen wir zwei Generationen früher auf die gleichnamige Tochter LUDWIGS DES FROMMEN aus seiner zweiten Ehe mit der WELFIN Judith. Diese Gisela, die Schwester KARLS DES KAHLEN (+ 877), war mit dem Markgrafen Eberhard von Friaul (+ 864) vermählt. Sie hatte ihrerseits wieder eine Tochter Gisela, die als Nonne in Brescia um 863 starb. Vor nahezu dreißig Jahren hat Emil Kimpen jene Gisela, die Tochter LUDWIGS DES FROMMEN, völlig zu Recht als die Großmutter von Reginlinds Mutter Gisela angesprochen [91 Kimpen, Königsgenealogie (wie Anm. 90) Seite 49f. und Seite 69.]; er hat sich nur hinsichtlich des Zwischenglieds geirrt.

    Zettler, Alfons: Seite 110, "Geschichte des Herzogtums Schwaben."

    Mit dem Namen "Gisela" verhält es sich ganz ähnlich wie mit "Berta". Auch "Gisela" erfreute sich zunächst im karolingischen Herrscherhaus einiger Beliebtheit und ging durch die Vermählung des Markgrafen Eberhard von Friaul mit Gisela, der Tochter LUDWIGS DES FROMMEN, in die Sippschaft der UNRUOCHINGER, also des Kaisers BERENGAR I. über. Bei den UNRUOCHINGERN fand der Name quasi als Abstammungsnachweis von den KAROLINGERN derartigen Zuspruch, daß er in keiner folgenden Generation fehlt. Gisela hießen neben der besagten Tochter Kaiser LUDWIGS DES FROMMEN beispielsweise jeweils Töchter (und dementsprechend natürlich auch Schwester) Kaiser LOTHARS I. und Kaiser LUDWIGS II. VON ITALIEN. Zugespitzt könnte man sagen: der Name "Gisela" steht in jener Umbruchzeit des 9./10. Jahrhunderts in Italien geradezu für "Töchter des Kaisers"! Und deshalb hielten es die UNRUOCHINGER genauso wie ihre Vorgänger auf dem Thron Italiens. BERENGAR I. hatte die Kaiser-Tochter Gisela zur Mutter, seine Schwester Gisela ist gut bezeugt ebenso wie eine Tochter dieses Namens.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 276,306, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    Deshalb folgte er auch nach dem Tode Eberhards (864 oder 866) in der Verwaltung von Friaul nach und steht im Testament seines Vaters in bevorzugter Stellung [1 Folgende Söhne und Töchter erwähnt Markgraf Eberhard in seinem Testament (Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoing Seite 1, nr. 1): Unroch, Berengarius, Adalardus, Rodulphus, Engeldrud, Judith, Heilvinch. - Unroch wird dabei als primogennitus bezeichnet. Der Name des in zartem Kindesalter verstorbenen Sohnes Eberhard ergibt sich aus einem Trostgedicht des Sedulius (MG Poet. Lat. III Seite 102, nr. 37); die Übergabe einer Tochter Gisela an das S. Juliakloster in Brescia ist der Eintragung Domnus Eberrardus dux tradidit filiam suam Gisla im Codece necrol.-liturg., ed. Valentini Seite 80 (= f. 43v. des Orig.) zu entnehmen; diese wird auch erwähnt in der Urkunde ihrer Mutter Gisela (Coussemaker, Cartulaire de l'abbaye de Cysoing Seite 11, nr. 6 - ohne Datum).].
    Die im Testament der Kaiserin Angilberga noch genannte unica filia Ermengarda war 877 gerade zum Eintritt ins Kloster bestimmt, wenn auch wohl noch nicht tatsächlich eingetreten [31 Testament Angilbergas: - si Hermingarda unica mea filia religiosam vestem induerit ... Wegen dieses Tatbestandes ist auch eine klare Entscheidung darüber, ob aus Gründen des Muntrechts oder der Erbfolge zugestimmt wird, nicht zu liefern. Nonnen werden in der Erbverteilung nicht berücksichtigt, wie schon das Testament Eberhards von Friaul (siehe oben Seite 62, Anm. 34) zeigt, in dem die an das S. Giuliakloster tradierte Tochter gar nicht erst erwähnt wird. Zur Tochter Eberhards, Gisla, und der gleichnamigen Tochter LUDWIGS II. und Angilbergas vgl. Codice necrol.-liturg. di Brescia ed. Valentini, Seite 78ff. und E. Brandenburg, Die Nachkommen Karls des Großen.].

    Zettler, Alfons: Seite 112, "Geschichte des Herzogtums Schwaben."

    Burchards Schwiegermutter Gisela ist nun nicht unter den erwähnten KAROLINGERINNEN zu suchen, sondern stammt fraglos aus dem Umkreis der UNROCHINGER. Eine genaue genealogische Einordnung gelingt zwar nicht, denn weder die Schwester Kaiser BERENGARS, die im Kindesalter ins Kloster Santa Giulia nach Brescia gegeben wurde, noch die Tochter BERENGARS, vermählt mit dem Markgrafen Adelbert von Ivrea, kommen in Frage. Zu berücksichtigen ist, daß die unruochingische Sippschaft weit verzweigt und über weite Teile des Frankenreiches verteilt war.


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen. Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,113 - Bühler, Heinz: Adel, Klöster und Burgherren im alten Herzogtum Schwaben. Gesammelte Aufsätze. Anton H. Konrad Verlag 1997 Seite 760 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite
    276,306 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 391- Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band IV Seite 453 - Zettler, Alfons: Geschichte des Herzogtums Schwaben. Verlag W. Kohlhammer GmbH Stuttgart 2003 Seite 110 -


  33. 101.  von Franken, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Hasnon [59178],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Äbtissin von Hasnon

    Notizen:

    Ermentrud Äbtissin von Hasnon
    Tochter des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 38
    Zu Ermentrud, Hildegard und Gisla bemerkt Brandenburg IV, 38-40, man kenne sie als Töchter erster Ehe, nur aus Witgers Genealogie SS 9, 302. Doch wissen wir von Ermentrud, daß sie Äbtissin der Abtei Hasnon im Ostrevant (bei Douai) war, vgl. schon Voigt (1917) 40 und jetzt Tessier nr. 436.


  34. 102.  von Franken, Judith Graphische Anzeige der Nachkommen (63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 844; gestorben in 870.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Flandern,Belgien; Gräfin von Flandern
    • Titel/Amt/Status: Wessex,England; Königin von Wessex

    Notizen:

    Judith vom W-Frankenreich
    Königin von Wessex
    Gräfin von Flandern
    844 - 870
    Älteste Tochter des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 33
    Vgl. H. Sproemberg, Judith, Königin von England, Gräfin von Flandern, Rev. Belge d'Histoire et de Philologie 15 (1936).
    Judith vermählte sich nach dem Tode ihres 1. Gatten mit dessem Sohne. Die Geistlichkeit trennte jedoch bald das Paar und Judith lebte unter bischöflicher Aufsicht in Senlis, bis sie sich von Balduin von Flandern entführen ließ.

    Hlawitschka Eduard: Seite 226, "Lotharingien"

    Schon seine Prämisse, dass KARL DER KAHLE - gewarnt durch Lothars II. Beispiel - im eigenen Haus keinen ähnlichen Eheskandal herbeigeführt haben könne, erweist sich als nicht stichhaltig. Hat er doch gerade im Jahre 862, als Lothars II. Eheprozeß in vollstem Gange war, die dritte Ehe seiner Tochter Judith verhindern wollen, Judith sogar in heftiger Weise verfolgt und damit einen Skandal ausgelöst, nur da ihm ihr Erwählter, Graf Balduin von Flandern, nicht standesgemäß genug erschien. Dabei war diese Ehe, eingegangen von einer Witwe, die der väterlichen Zustimmung keineswegs mehr bedurfte, in keiner Weise anfechtbar. KARL wollte hier also gleichfalls eine andere Ehe, als die Tochter selbst wünschte, durchsetzen. Durch ihres Vaters Zorn und Hartnäckigkeit vertrieben, landeten Judith und Balduin bei Lothar II., schließlich bei Papst Nikolaus, der Ende 863 KARLS DES KAHLEN Zustimmung zu der Ehe zu erwirken wusste; eine Ausstattung Balduins zögerte KARL DER KAHLE jedoch noch über 866 hinaus.

    Konecny Silvia: Seite 154-155, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    In ähnlicher Weise verstimmt wie LOTHAR zeigte sich einige Jahre später KARL DER KAHLE als seine Tochter Judith von einem Adeligen seines Reiches entführt wurde, und das flüchtige Paar Aufnahme und Schutz bei Lothar II. fand. Daß auch sein Sohn Ludwig der Stammler von dieser Ehe gewußt hatte, mochte die Erregung des Herrschers noch gesteigert haben. Als schließlich sogar der Papst sich für den Entführer einsetzte, erkannte KARL DER KAHLE die Ehe seiner Tochter letztlich doch an. Sein Schwiegersohn Balduin aber war wenig später Graf von Flandern.
    KARL DER KAHLE verheiratete 856 als erster karolingischer Herrscher seine Tochter Judith mit einem ausländischen Fürsten, nämlich dem angelsächsischen König Aetehlwulf. Zu diesem Zeitpunkt setzten die Angriffe der Normannen an der westfränkischen Küste ein, denen Aetehlwulf in England 851 eine schwere Niederlage bereitet hatte. Die Ehe seiner Tochter Judith mit dem Normannenbesieger Aethelwulf könnte für KARL DEN KAHLEN einen Prestigegewinn bedeutet haben. Aethelwulf mag die Ehe angestrebt haben, weil die Verbindung mit einer KAROLINGERIN seinen universalen Anspruch gegenüber dem angelsächsischen Adel unterstützen konnte. Aethelwulf kehrte 856 von einer Pilgerfahrt nach Rom in sein Reich zurück. Seine Reise dürfte in enger Beziehung zu seiner Landespolitik gestanden sein. Aus Gründen, wie sie hier vorgelegen sein mögen, waren in der KAROLINGER-Zeit öfter Verlobungen mit Ausländern geschlossen worden, nie jedoch hatte man ein derartiges Projekt bisher realisiert. Auch KARL DER KAHLE dachte ursprünglich vielleicht nicht an die Verwirklichung des Eheprojektes, worauf der relativ lange Zeitraum, der zwischen der Verlobung und der Hochzeit Judiths und Aethelwulfs lag, hindeuten könnte. Anscheinend bestand jedoch der angelsächsische König auf der Ehe und traf Vorkehrungen für die Sicherheit Judiths im angelsächsischen Reich. Die Hochzeit fand am 1. Oktober 856 in Verberie statt. Während einer prächtigen Zeremonie wurde Judith gekrönt und zur Königin erhoben. Im angelsächsischen Reich wurde Judith zu Lebzeiten Aethelwulfs als Königin geachtet, was ja auch der Absicht dieses Eheschlusses entsprach. Darüberhinaus dürfte sich Judith auch an der Herrschaft Aethelwulfs sehr stark beteiligt haben, sodaß Aetehlbald, ein Sohn des Königs, nach dessen Tod die Einheirat bei der Stiefmutter für günstig hielt. Dies lief jedoch den Interssen vieler entgegen und stieß wohl vor allem auch bei der angelsächssichen Geistlichkeit, die die Ehe erst vermutlich gefördert hatte, auf Widerstand. Nach dem Tod ihres zweiten Gatten verließ Judith England. Sie lebte im Frankenreich zunächst neuerlich unter der Munt des Vaters und wurde schließlich von Balduin entführt..

    Ennen, Edith: Seite 60-63, "Frauen im Mittelalter"

    Noch in einen anderen, nicht ganz so bekannten Ehestreit hat Papst Nikolaus I. Partei ergriffen. Hier begegnet uns im schweren und glanzvollen Leben der karolingischen Prinzessin Judith, Königin von England und Gräfin von Flandern, ein Frauenschicksal, das die Realität der fränkischen Spätzeit spiegelt, den Widerstreit zwischen den Normen und den harten Forderungen der Politik, aber auch den Sieg treuer Gattenliebe und die Bedeutung ehelicher Verbindungen für die Stellung einer Dynastie und die kulturelle Entfaltung einer Landschaft. Wir verdanken Heinrich Sproemberg die wissenschaftliche Biographie der Judith.
    Sie war eine Tochter des westfränkischen Herrschers KARLS DES KAHLEN und wird erst anläßlich ihrer Verlobung erwähnt. Diese Verlobung mit Ethelwulf, Oberkönig der Angelsachsen, im Juli 856 war eine Haupt- und Staatsaktion. Ethelwulf war damals mindestens 50 Jahre alt, aber offensichtlich noch recht rüstig, er war Vater eines eben erst 6-jährigen Sohnes und besiegte die Normannen 851 in der Schlacht bei Ockley. Judith war 12 bis 13 Jahre alt, besaß damit gerade das kanonische Mindestalter für Frauen. Eine Erschwerung bei dem Ehebündnis war von Anfang an, daß Ethelwulf aus erster Ehe eine Schar von Söhnen besaß, deren ältester, Ethelbald, als sein Stellvertreter schon Regent in England war. Die zweite Heirat Ethelwulfs mit Judith hatte politische Hintergründe. KARL DEM KAHLEN gab die Freundschaft und verwandtschaftliche Verbindung mit dem angelsächsischen Oberkönig erwünschte Gelegenheit, sich gegenüber den fränkischen Nachbarkönigen und seinen eigenen Vasallen zu profilieren. Zwistigkeiten mit dem Bruder, Ludwig dem Deutschen, und der Ansturm der Normannen machten ihm zu schaffen. Seine Familie rücksichtslos seinen politischen Interessen dienstbar zu machen, war ihm selbstverständlich. Für Ethelwulf, der das vom Vater ererbte Oberkönigtum der Westsachsen gegenüber den Teilreichen behaupten mußte, bedeutete die eheliche Verbindung mit einer Urenkelin KARLS DES GROSSEN einen klaren Gewinn für sein Ansehen. Die Hochzeit wurde mit großer Pracht in Verberie an der Oise bei der Pfalz Senlis gefeiert unter Mitwirkung des Erzbischofs Hinkmar von Reims. Bei der Eheschließung wurde Judith nach fränkischem Brauch zur Königin der Westsachsen gekrönt. Die erhaltene lateinische Krönungspredigt Hinkmars belehrte Judith über ihre Pflichten als Frau und Herrscherin. Darauf folgte die Übergabe des Ringes, die besondere Formel zur Krönung und die Einsegnung der Königin. Dem glanzvollen Auftakt entsprach aber nicht der Empfang in England, wo sich Ethelwulf einer Verschwörung Ethelbalds mit den angelsächsischen Großen gegenübersah, der wohl die Sorge vor einer stärkeren Betonung der Königsgewalt nach karolingischem Muster zugrundelag. Es kam zu einer Reichsteilung. In seinem Testament sprach Ethelwulf seinem Sohn Ethelbald das Oberkönigtum und die Obergewalt über das ganze Reich zu. Judith, deren Königtum anerkannt wurde, kommt in diesem Testament nicht vor, sie war aber von ihrem Gatten mit bedeutendem Besitz in England bewidmet worden.
    Schon 855 starb Ethelwulf. Ethelbald ergriff die Regierung - und heiratete Judith. Diese Heirat zwischen Stiefmutter und Stiefsohn widersprach den kirchlichen Vorschriften und der weltlichen Gesetzgebung. Aber offenbar hat der westfränkische Hof aus politischen Gründen diese Ehe anerkannt, und die Kirche hat sie toleriert; älterer angelsächsischer Brauch hat sich dabei durchgesetzt. Die Initiative zur Eheschließung lag bei Ethelbald. Aber zweieinhalb Jahre nach der Hochzeit - 860 - starb auch er. Die kinderlose Witwe Judith kehrte nach Veräußerung ihres englischen Besitzes in Ehren nach Frankreich zurück. Sie wurde in der festen Stadt Senlis unter väterlichem und königlichen Schutz und Bewachung durch den Bischof samt ihrer Schatz verwahrt. Ihr blieb nur die Wahl, hier in strenger Haft zu leben oder einen Mann nach dem Befehl ihres Vaters anzunehmen.
    Nach zwei freudlosen Jahren nahte im Frühjahr 862 die Rettung: Es gelang ihr mit Ritter Balduin, der ihre Liebe gewonnen hatte, verkleidet in Nacht und Nebel aus Senlis zu entfliehen. Balduins Herkunft ist umstritten; so viel ist wohl sicher: Ein ebenbürtiger Partner für eine karolingische Prinzessin war er nicht. Allerdings war der Mangel an Königshäusern germanischen Geblüts schon immer eine Schwierigkeit für dei Verheiratung der karolingischen Prinzessinnen; deshalb hat man nicht unbedingt auf Ehepartnern aus der hohen Aristokratie bestanden. Aber diese Ehe Judiths paßte keineswegs in das politische Kalkül ihres Vaters. Vielleicht hatte Balduin im Gefolge von Judiths Bruder Ludwig den Zugang zu Judith gefunden; Ludwig stimmte der Heirat seiner Schwester mit Balduin zu. Die beiden jungen, aber schon mit dem Königstitel geschmückten Brüder Judiths, Ludwig der Stammler und Karl von Aquitanien, schlossen Ehe, die der Vater nicht anerkennen wollte. Die dritte Ehe Judiths besaß einen politischen Hintergrund: den Aufstand der Söhne und Großen gegen den autoritären KARL DEN KAHLEN. Diesmal aber hatte Judith aus Liebe geheiratet. Der wohl schon vorgewarnte königliche Vater sprengte durch seinen eiligen Marsch nach Senlis die Verschworenen auseinander, es gelang ihm aber nicht, das junge Paar zu ergreifen. Er berief ein Hofgericht, das Balduin wegen Frauenraubes - obwohl feststand, daß Judith ihm freiwillig gefolgt war - und Untreue verurteilte; Balduins Lehen wurden eingezogen. KARL rief auch die Kirche an; die am Hof weilenden Bischöfe exkommunizierten unter Anführung Hinkmars Balduin und Judith. Damit verfielen auch Judiths Ansprüche an das in Senlis deponierte englische Gold., Hinkmars unversöhnliche Feindseligkeit gegen das junge Paar entsprach seiner scharfen Verurteilung jeglichen Frauenraubes. Balduin und Judith flohen zunächst an den Hof des lothringischen Herrschers Lothar II., der die Schicksalsgenossen gerne aufnahm. Wahrscheinlich wurden sie hier getraut. KARL DER KAHLE forderte ihre Auslieferung. Balduin wußte, daß er mit seiner jungen Frau am Hof Lothars auf die Dauer nicht sicher war und tat einen kühnen Schachzug: Er floh mit Judith über die Alpen zur Kurie und appellierte an den Papst, "er vertraue mehr auf die Hilfe der Apostel Petrus und Paulus als auf den Schutz der Könige dieser Erde. Die Rechtslage war verwickelt. Die kirchenrechtliche Verurteilung Balduins setzte die gewaltsame Entführung voraus, von einer solchen war aber keine Rede. Nach fränkischem Recht unterstand Judith als Witwe nicht mehr der Muntgewalt des Vaters. Diese Frage war vom kirchlichen Standpunkt aus, der im Konsens der Brautleute den rechtskonstitutiven Akt der Ehe sah, nicht ausschlaggebend, wenn auch Judiths dritte Ehe keine dotierte Muntehe war. Aber Balduin hatte den Königsschutz gebrochen, unter dem Judith stand, und das Recht seines Lehsnherrn verletzt.
    Der Papst ging sehr vorsichtig vor. Politisch spielte seine Auseinandersetzung mit Hinkmar über die Grenzen der päpstlichen und erzbischöflichen Gewalt eine Rolle. Er nahm die Appellation Balduins an. Daß Judith sich vor ihm rückhaltlos für Balduin erklärte, hat sein Verhalten mitbestimmt. In einem Brief an KARL DEN KAHLEN betont er, daß Judith ihm mit eigenem Mund gesagt habe, daß sie Balduin über alles liebe und ihm freiwillig gefolgt sei. Er bat den König, Balduin zu verzeihen und ihn in Ganden wieder aufzunehmen, er fürchte, Balduin könne sich sonst mit den Normannen verbinden. Im Brief an die königliche Mutter Judiths betont er Balduins Schuld und reumütiges Bekenntnis. Er sieht sich als Vermittler in einem Familienkonflikt.
    Sene Rechtsauffassung geht aus einem Brief hervor, den er an KARL wegen der ebenfalls ohne väterliche Erlaubnis geschlossenen Heirat seines jüngeren Sohnes Karls von Aquitanien richtete. Er tadelte die Ehe wider den Willen des Vaters, lehnt es aber ausdrücklich ab, aus diesem Grund die Ehe aufzulösen. Der Fall Balduins lag ähnlich. Die Bischöfe bat er, beim König Fürsprache für Balduin einzulegen. Hinkmar willfahrte dieser Bitte nicht; ihm ist es zuzuschreiben, daß der König erst im Oktober 863 Judith vor sich kommen ließ, und zwar in Verbrie, wo ihre erste Hochzeit stattgefunden hatte. Balduin forderte unter Berufung auf den Papst sofortige Vornahme der offiziellen Eheschließung, die dann auch in Auxerre vorgenommen wurde. Aber noch drei Jahre nach der Hochzeit war Balduin vom König nicht ausgestattet worden. Der Papst mahnt den König, auch hierin das Seinige zu tun. Das Stichwort "dos" fällt zwar nicht, schließlich gehörte zur Verzeihung auch die Restituierung Balduins in seine Lehen, aber der Gedanke der Dosbestellung dürfte mit im Spiel gewesen sein. Der zähen Energie Balduins gelang es schließich, auch die Bewidmung mit Flandern zu erreichen.
    Über Judith hören wir nichts mehr. Sie hatte ihr Lebensglück gefunden. Ihre königliche Abkunft und ihre reiche Mitgift stärkten die Stellung ihres Gatten, dem auf diesem gefährdeten Außenüposten des westfränkischen Reiches in einem von Wasser und Wald beherrschten Gebiet, das der politischen Ordnung entbehrte, eine schwere Aufgabe gestellt war. Judiths enger Verbindung zum westfränkischen Hof war es auch zuzuschreiben, daß in diesem östlichsten Gebieten W-Frankens die karolingische Kultur eine dauernde und tiefe Wirkung gewann. Sie schenkte Balduin zwei Söhne, Balduin II., Nachfolger seines Vaters, und Rudolf, Graf von Cambrai. Bis 1127 blühte die flandrische Dynastie, deren Stammutter Judith war.

    1.10.856 1. oo Aethelwulf König von Wessex um 800 - 858
    858 2. oo Aethelbald, Sohn Aethelwulfs - 860
    862 3. oo Balduin I. Graf von Flandern - 879

    Kinder:
    3. Ehe
    - Balduin II. der Kahle 863-10.9.918
    - Rudolf Graf von Cambrai 865-17.6.896

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 396,478,484,505, 534,543 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 18 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 60-63,73,75,83,100,235,238 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 226,238 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 136,152,154,155 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, Seite 272 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 230,235 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,159,224 -

    Judith heiratete von Wessex, Aethelwulf am 1 Okt 856. Aethelwulf wurde geboren um 800; gestorben in 858. [Familienblatt] [Familientafel]

    Judith heiratete von Wessex, Aethelbald in 858. Aethelbald gestorben in 860. [Familienblatt] [Familientafel]

    Judith heiratete von Flandern, Balduin I. in 862. Balduin gestorben in 879. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 128. von Flandern, Balduin II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 863; gestorben am 10 Sep 918.
    2. 129. von Flandern, Rudolf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 865; gestorben am 17 Jun 896.

  35. 103.  von Frankreich, Ludwig II.von Frankreich, Ludwig II. Graphische Anzeige der Nachkommen (63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 1 Nov 846; gestorben am 10 Apr 879 in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 877-879, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig II. der Stammler
    König von Frankreich (877-879)
    1.11.846-10.4.879 Compiegne Begraben: Compiegne, S. Marien

    Ältester Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2172, Ludwig II. der Stammler, westfränkischer König

    * 1. November 846?, + 10. April 879 Compiegne Begraben: Compiegne, S. Marien
    Sohn KARLS DES KAHLEN

    856 mit einer Tochter Erispoes verlobt und in Neustrien, 867 nach dem Tod Karls des Kinds in Aquitanien als Unterkönig eingesetzt, wurde Ludwig II. der Stammler erst spät (Reimser Hoftag vermutlich 876) vom Vater als Erbe gefördert. Die 877 im Capitulare von Quierzy vor dem zweiten Italienzug KARLS festgelegten Regelungen einer Regierung Ludwigs II. gemeinsam mit dem Adel seiner Umgebung erwies sich bei KARLS Tod als wenig tragfähig. Erst energischer Widerstand der primores regni unter Führung der Äbte Gauzlin und Hugo gegen Ludwigs Vergabe von Grafschaften und Abteien und der Ausgleich mit RORGONIDEN und WELFEN ebneten den Weg für Ludwigs Krönung am 8. Dezember 877 in Compiegne durch Erzbischof Hinkmar von Reims. Das dabei errichtete Vertragsverhältnis (Kommendation des Adels, professio des Königs) und die Formen von Krönung und Weihe prägten die westfränkisch-französischen Herrschererhebung.
    Wegen wiederholter Krankheitsschübe kaum regierungsfähig, blieb Ludwig II. der Stammler auf den Konsens adliger Gruppen angewiesen. Papst Johannes VIII. erkannte Ludwigs mangelnde Idoneität für die Nachfolge im Kaisertum, sicherte aber die königliche Positiion durch eine Befestigungskrönung am 7. September 878 in Troyes; Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit von Ludwigs zweiter Ehe mit Adelheid verhinderten die Krönung der Königin. Im November 878 suchte Ludwig II. der Stammler den Ausgleich mit seinem ostfränkischen Vetter, Ludwig dem Jüngeren, über die Teilung Lotharingiens, Italiens und des burgundisch-provencalischen Raums (Treffen in Fouron); schwer erkrankt, designierte Ludwig II. der Stammler noch seinen Sohn Ludwig III. Die Entscheidung von Adel und Episkopat, die Legitimität der beiden Söhne aus erster Ehe mit Ansgard, Ludwigs III. und Karlmanns, anzuerkennen, erlaubte deren Herrschafstfolge und eine Reichsteilung, verstellte aber vorerst die Herrschaftsansprüche des als Postumus geborenen Karl aus zweiter Ehe.

    Quellen:
    Recueil des actes de L. II de Begue, Louis III et Carlomann II, rois de France, ed. R.-H. Bauthier u.a., 1978 -

    Literatur:
    P. E. Schramm, Der Kg. v. Frankreich, I, 1960², 53ff. - J. Fried, Boso von Vienne oder L.? Der Ks.kandidat Johannes VIII., DA 32, 1976, 193-208 - K.F. Werner, Hist. de France, I, 1984, 417f. - W. Kienast, Die frk. Vasallität, 1960, 414ff. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 34
    Brandenburg gibt das Geburtsjahr Ludwigs des Stammlers; wir kennen aber auch Tag und Monat aus einer Urkunde des Königs, HF 9,404, vgl. Eiten 178, Anm. 4. Zum Antritt des Königtums in Neustrien im Februar 856 vgl. Tessier nr. 182. Zur gleichzeitigen Verlobung mit der Tochter des Bretonen-Herzogs Erispoe und seiner Gattin Marmohec Tessier nr. 181.
    Vgl. zu Ludwig im übrigen Eiten 177-188, Werner, Untersuchungen 154ff. und die Ann. Bertin. Zu beachten ist die Krönung durch Papst Johannes VIII. auf dem Konzil von Troyes 878 IX 7, vgl. P. E. Schramm, Arch. f. Urk.forsch. 15 (1938), 16. Das bisher unbekannte Todesdatum der Ansgard überliefert ein zwischen 1400 und 1414 geschriebenes Necrologium aus ND de Reims, Vat. Ottob. lat. 2960, dort fol. 129 zu IV. Non. Nov. = XI 2: Ansgardis regina. (Aufschlußreich das regina, lange nach der Trennung ihrer Ehe mit Ludwig.
    Zur Familie der Ansgard Werner a.a.O.). Adelheid, die zweite Gattin, 901 XI 9 noch Intervenientin in einem D ihres Sohnes Karl III. (Lauer nr. 41), starb an einem 18. November. Auch dieses bisher unbekannte Datum fand ich in einer Handschrift der Vaticana, ein Nekrolog-Fragment Reg. lat. 863, fol. 32, dort zu XI 18 Adelaidis regina. Es ist sehr wohl möglich, daß schon der 18. November 901 der Todestag ist, denn die vorher recht häufigen Intervenienzen brechen plötzlich ab.
    Zum Datum der Ehe Adelheids vgl. C. Brühl, Hinkmariana, Deutsches Archiv 20 (1964), 55ff. und hier Exkurs 2, wo zugleich Adelheids Herkunft untersucht wird.
    Ludwig rebellierte mehrmals und erhielt 856 Neustrien (Soissons und Maine) und wurde von der Bretagne unterstützt. 866/67 zum König von Aquitanien erhoben, wurde er Exponent der aquitanischen Unabhängigkeitspartei. 877 in Compiegne zum König von Frankreich erhoben, mußte er der Kirche und den weltlichen Großen die Wahrung ihrer Rechte versprechen. Den weltlichen Großen gegenüber ohnmächtig, suchte er Anlehnung bei der Kirche, deren Einfluß immer größer wurde. Sein schneller Tod und der seiner Söhne, die außerdem minderjährig folgten, förderte entscheidend den Verfall der königlichen Macht, die Feudalisierungstendenz im ganzen Land und die Entwicklung zum Wahlkönigtum.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Der mit einem Sprachfehler behaftete älteste Sohn KARLS II. DES KAHLEN wurde 856 mit einer Tochter des Bretonen-Führers Erispoe verlobt und wurde mit einem Unterkönigtum im angrenzenden Neustrien ausgestattet. Im Jahre 862 ehelichte er unter dem Einfluß der aufständischen RORGONIDEN Ansgard, die Tochter des Grafen Harduin, wurde aber von Robert dem Tapferen bezwungen und von KARL DEM KAHLEN in die Grafschaft Meaux eingewiesen, doch hatte er zuvor auch noch eine wesentliche Rolle dabei gespielt, dass sich seine Schwester Judith, die bereits zwei kurze Ehen mit angelsächsischen Königen hinter sich hatte, durch den Grafen Balduin I. von Flandern entführen ließ, womit sich der Vater nur höchst widerwillig abfand. Im Jahre 867 vertraute ihm sein Vater das vakante aquitanische Regnum an. Im Mittelpunkt der Kapitulartien von Quierzy vom Juni 877 steht jedoch die Einsetzung Ludwigs des Stammlers zum Regenten unter Bedingungen, die von massivem "Mißtrauen des Vaters gegen den einzig möglichen Thronerben" (C. Brühl) diktiert scheinen. So wie KARL 872 den längst erwachsenen Sohn in seinem aquitanischen Regnum unter die Kuratel des Grafen Bernhard (Plantapilosa) von Autun, Sohn des einst hingerichteten Bernhard von Septimanien, ferner des gleichnamigen Grafen von Gothien sowie Bosos von Vienne gestellt hatte, unterwarf er auch jetzt Ludwigs Verfügungsgewalt und Bewegungsfreiheit allerhand einschränkenden Bestimmungen, hinter denen das Sicherheitsbedürfnis der tonangebenden Hofkreise um Hugo den Abt und den Erzkanzler Gauzlin zu erkennen. Dazu kam die Abneigung der Kaiserin Richilde, die nach zwei im Säuglingsalter verstorbenen Söhnen weiterhin KARL einen Erben und damit eine dynastische Alternative zu Ludwig hoffte schenken zu können. Falls die Darstellung des Chronisten Regino zutrifft, Ludwig sei von seinem Vater zur Lösung der (von diesem seit jeher mißbilligten) Ehe mit Ansgard und zur Neuvermählung mit jener Adelheid veranlaßt worden, die seit 878 an seiner Seite bezeugt ist, dürfte dies am ehesten um diese Zeit geschehen sein, da Adelheids Vater, der Pfalzgraf Adalhard, ein Urenkel LUDWIGS DES FROMMEN (über dessen Tochter Alpais), gerade in dem Interimsregiment von 877 an führender Stelle erscheint.
    Nach dem Tode seines Vaters in Italien führte zwar kein Weg an KARLS DES KAHLEN einzig überlebendem Sohn Ludwig dem Stammler vorbei, doch begegnete der 31-jährige Thronerbe wie zuletzt beim Vater, so auch in den führenden Hofkreisen um seine Stiefmutter Richilde, den Erzkanzler Gauzlin und den Pfalzgrafen Adalhard massiven Vorbehalten, die in seiner körperlichen Behinderung und mehr noch in seinem von Jugend an glücklosen politischen Agieren begründet waren. Den Versuch Ludwigs, sich im Herbst 877 durch rasche Neuvergabe großer Lehen einen zuverlässigem Anhang zu schaffen, wußten seine mächtigen Gegner sogleich zu vereiteln. Sie gedachten den künftigen König, wenn er denn unvermeidlich war, offenbar dauerhaft unter jener Kuratel zu halten, die KARL DER KAHLE im Sommer beim Abgang nach Italien verordnet hatte, und sahen dafür eine gute Gewähr in Ludwigs Ehe mit Adelheid, Adalhards Tochter, die spätestens jetzt, nach Trennung von der bisherigen Gattin Ansgard, geschlossen wurde und den heranwachsenden Söhnen Ludwig und Karlmann im nachhinein die Vollbürtigkeit nahm. Erst als Ergebnis längerer Verhandlungen kam es zur Übergabe der Insignien und am 8.12.877 zur Weihe und Krönung Ludwigs in Compiegne, die noch einmal Hinkmar vornahm. Aus diesem Anlaß entwickelte der Erzbischof das unter KARL DEM KAHLEN mehrfach erprobte, "Gottes Erbarmen und die Wahl des Volkes" betonende Zeremoniell derart fort, wie es dann für die gesamte weitere Geschichte des französischen Königtums verbindlich blieb, doch verfehlte er die gegebene Situation mit seiner gleichzeitigen Denkschrift an Ludwig, worin er ein kraftvolles Eingreifen gegen die Normannen bei tunlichster Schonung der Besitzungen von Kirche und Adel verlangte. In Wahrheit kam der neue König kaum zur Entfaltung, denn bereits auf einem Feldzug, den er im Frühsommer 878 im Schlepptau Hugos des Abtes gegen die Normannen an der unteren Loire und zugleich gegen Hugos Widersacher aus dem RORGONIDEN-Haus unternahm, erkrankte Ludwig lebensgefährlich und mußte es hinnehmen, dass sich Markgraf Bernhard von Gothien, ein enger Verwandter der Angegriffenen, mit weiter Resonanz im S gegen ihn erhob, während im N Unsicherheit über das Verhalten der ostfränkischen Vettern bestand.
    Dazu kam die gespannte Lage in Italien und die Erwartungen, die der Papst in seiner Bedrängnis durch Sarazenen, innerrömische Gegner sowie die Markgrafen Lambert von Spoleto und Adalbert von Tuszien trotz allem in den Erben KARLS DES KAHLEN setzte. Johannes VIII. floh im Mai 878 über See in die Provence, wo er von Graf Boso von Vienne, dem Schwiegersohn Kaiser LUDWIGS II. und Bruder der Königin Richilde, ehrenvoll empfangen wurde, und ließ sich von ihm weiter in die Francia geleiten mit dem Ziel, dort auf einer großen Synode unter Beteiligung aller KAROLINGER selber neuen Rückhalt zu gewinnen und die bedrohte Stabilität von Reich und Kirche zu festigen, doch erschienen auf der Versammlung, die im August und September in Troyes stattfand, nur die westfränkischen Bischöfe und deren eben wieder genesener König. Ludwig der Stammler erlangte vom Papst eine weitere, bestätigende Krönung, die freilich seiner zweiten Gattin Adelheid wegen des unkanonischen Charakters ihrer Ehe versagt blieb, setzte auch eine Verurteilung seiner politischen Gegner durch - neben Bernhards von Gothien und Hugos, des unglücklichen Friedelsohnes Lothars II. mit Waldrada, der nun in der Maasgegend von sich reden machte - blieb aber zurückhaltend gegenüber dem Angebot Johannes' VIII., das faktisch herrenlose Italien in Besitz zu nehmen und in Rom zur Kaiserwürde aufzusteigen. Anders als vordem Pippinund KARL DER GROSSE, deren Versprechungen an die römische Kirche der Papst beschwörend in Troyes verlesen ließ, war dieser späte Nachfahre unter dem Druck näherliegender Gefahren und familiärer Rivalen kaum mehr imstande, eine Politik großen Stils ins Auge zu fassen. Im Schutz Bosos, den Johannes VIII. adoptiert hatte, und der in Italien vielleicht eine ähnliche Platzhalterrolle wie 876 für KARL übernehmen sollte, trat der Papst die Heimreise an, auf der ihn Boso jedoch in Pavia wieder verließ.
    Sofern Ludwig der Stammler ernstlich eine Wiederaufnahme der Kaiserpolitik seines Vaters vorschwebte, hätte er einen Grund mehr gehabt, sich den Rücken frei zu halten durch eine Übereinkunft mit den O-Franken, bei denen Ludwig der Jüngere mittlerweile die anteiligen Rechte des schwer kranken Bruders Karlmann an der O-Hälfte Lotharingiens übernommen hatte. Er war daher der Partner, mit dem sich der westfränkische König am 1./2.11.879 in Fouron, im alten Kerngebiet zwischen Lüttich und Aachen, traf, um bei prinzipiellem Vorbehalt seiner Optionen in Italien gegenseitige Freundschaft und Hilfe zu vereinbaren, die Teilungsgrenze von Meersen (870) zu bekräftigen und gegebenenfalls die unbehinderte Sukzession der jeweiligen Söhne zuzusichern, nämlich auf ostfränkischer Seite eines erst im Vorjahr geborenen kleinen Ludwig, auf Seiten desStammlers ausdrücklich Ludwigs und Karlmanns, der Söhne der verstoßenen Ansgard, "und weiterer, die Gottes Güte schenken werde". Das hier anklingende Zukunftsproblem sollte schneller akut werden als gedacht, denn schon im folgenden Frühjahr erkrankte Ludwig der Stammler während einer Strafexpedition gegen Bernhard von Gothien erneut und starb am 10.4.879 in Compiegne, wohin er zurückgebracht worden war und wo er nun sein Grab fand.
    Der Tod des Königs, der seine Witwe Adelheid schwanger zurückließ, stürzte das W-Reich in eine tiefe Krise. Dass man die Niederkunft nicht abwartete, aber auch nicht im Sinne der jüngsten Abmachungen die Nachfolge der vorhandenen Söhne reibungslos vonstatten gehen ließ, lag an den Zerwürfnissen unter den Großen, die durch Ludwigs schwankende Haltung ihnen gegenüber genährt worden waren und jetzt zur Entladung kamen. Dem Erzkanzler Gauzlin, einem RORGONIDEN, der sich beim Thronwechsel von 877 zu seinen übrigen Abteien auch Saint-Denis verschafft und den König noch maßgeblich in Fouron beraten hatte, wurde Anfang 879 das Hofamt entzogen, als sein welfischer Gegenspieler, Hugo der Abt mit Machtbasis in Neustrien, bei Ludwig zu beherrschendem Einfluß gelangt war. Zusammen mit anderen Magnaten, darunter Boso von Vienne, war es Hugo, der den todkranken König dazu bestimmte, allein den ältesten Sohn Ansgards, den höchstens 16-jährigen Ludwig III., durch Zusendung der Insignien als nächsten König vorzusehen, was der tonangebenden Gruppe auch weiterhin eine ungeschmälerte Präponderanz sichern sollte.

    Konecny Silvia: Seite 142, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Auf eine Ehe Ludwigs des Stammlers reagierte KARL DER KAHLE weniger heftig als auf jene Karls von Aquitanien. Auch der älteste Sohn des Herrschers ging gegen den Willen des Vaters oder zumindest ohne dessen Zustimmung eine Ehe mit Ansgard ein.
    Diese entstammte dem Geschlecht der ROBERTINER, mit denen sich KARL DER KAHLE wohl arrangieren mußte. Erst Jahre später zog er den Sohn wieder ganz auf seine Seite, indem er dessen Ehe mit Adelheid veranlaßte, die wie Ermengard dem Geschlecht der ADALHARDE entstammte. Als deren Vorherrschaft im westfränkischen Reich von jener der BOSONEN abgelöst worden war, wurde die Legitimität aller Nachkommen Ludwigs des Stammlers mit dem Hinweis auf die Unrechtmäßigkeit seiner beiden Eheverbindungen bestriiten. Angriffe dieser Art trugen wohl dazu bei, daß der Krönungsordo der westfränkischen Königin gerade unter Ludwig dem Stammler volle Ausbildung fand. Ihm kam wohl eine propagandistische Funktion zu. Adelheid verstand es trotz der Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihrer königlichen Stellung glänzend, die Interessen ihres Sohnes, Karls des Einfältigen, zu wahren, an dessen Königserhebung im Jahre 893 sie wesentlichen Anteil hatte. Insofern ist Adelheid durchaus dem Typus der politisch aktiven Königswitwe zuzurechnen. Ihre Bemühungen für Karl den Einfältigen sind durchaus einer verwandtschaftlichen Regierung vergleichbar, zumindest was den Grad faktischer Machtausübung und diplomatischen Geschickes betrifft.

    862 1. oo Ansgard von Burgund, Tochter des Grafen Harduin - 2.11.879
    875 2. oo Adelheid, Tochter des Grafen Adalhard von Paris 855/60-9.11.901

    Kinder:
    1. Ehe
    - Ludwig III. 863/65-5.8.882
    - Karlmann 866-12.12.884
    - Gisela - 884
    oo Robert Graf von Troyes - 886
    - Hildegard

    2. Ehe
    - Karl III. der Einfältige 17.9.879-7.10.929
    - Ermentrud
    oo ? Reginar I. Langhals - 915

    Literatur:
    Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 358,359 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 48,66,67,104 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 392,402,428,464,470,479,480,483,507,597,758,797,825; Band II Seite 115,128,133,138,144-147,151-155, 162,182,199-201,206 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 16f - Ehlers Joachim/ Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 16,19,23 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 61,255,287 - Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 54,68,70,92,116,138,146,154,168,171 - Hlawitschka, Eduard: Die Widonen im Dukat von Spoleto, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 155-227 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 20-23,27-29,32,34,61,85,89-91,121, 129,177,195,208,217,221-237,239,244 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 230,234,244,249,252,254,259,272,356 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,154,158,168,171-174,176,178,181,183,188,191,203, 212,224 - Schmid, Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 426,442 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58,73,75, 78,80,85,95 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 443, 447 -

    Begraben:
    Compiegne, S. Marien

    Ludwig heiratete von Burgund, Ansgard in 862. Ansgard gestorben nach 879. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 130. von Frankreich, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben vor Nov 884.
    2. 131. von Frankreich, Hildegard  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 132. von Frankreich, Ludwig III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 863; gestorben am 5 Aug 882 in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.
    4. 133. von Frankreich, Karlmann  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 866; gestorben am 12 Dez 884; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Ludwig heiratete von Friaul, Adelheid in 875. Adelheid (Tochter von von Paris, Adalhard) wurde geboren um 855/860; gestorben am 9 Nov 901 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 134. von Frankreich, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 875.
    2. 135. von Frankreich, Karl III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 17 Sep 879; gestorben am 7 Okt 929 in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich.

  36. 104.  von Aquitanien, Karl Graphische Anzeige der Nachkommen (63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 847/848; gestorben am 29 Sep 866 in Buzancais [36500],Indre,Centre-Val de Loire,Frankreich; wurde beigesetzt in Bourges [18000],Cher,Centre-Val de Loire,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Aquitanien,Frankreich; König von Aquitanien

    Notizen:

    Karl das Kind
    König von Aquitanien
    847/48-29.9.866 bei Buzancais (dep. Indre) durch Unfall
    Begraben: Bourges, St-Sulpice
    2. Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 969 Karl das Kind, KAROLINGER, König von Aquitanien

    * 847/48, + 29. September 866 bei Buzancais (dep. Indre)
    Begraben: Bourges, St-Sulpice
    Sohn KARLS DES KAHLEN und der Ermentrud

    Karl starb durch Krankheit (wohl Epilepsie) bei Buzancais (dep. Indre). Um der Sonderrolle Aquitaniens Rechnung zu tragen, ließ KARL DER KAHLE Karl Mitte Oktober 855 in Limoges zum aquitanischen König erheben; er blieb jedoch der Oberherrschaft seines Vaters unterworfen (keine eigene Kanzlei). Mit dessen Hilfe mußte er sich im Innern gegen Aufstände, vor allem gegen den 848 als aquitanischen König abgesetzten Pippin II., zur Wehr setzen. Als er 862 die Witwe des Grafen Humbert (von Bourges?) heiratete, fiel er beim Vater, der seine Zustimmung verweigerte, in Ungnade. Er wurde nach Compiegne gebracht und erst 865 auf Wunsch der aquitanischen Großen wiedereingesetzt.

    Literatur:
    DBF VIII, 543f. - G. Eiten, Das Unterkgtm. im Reich der Merovinger udn Karolinger, 1907, 165-176 - L. Auzias, L'Aquitaine carolingienne, 1937, 281ff. - J. Martindale, Charles the Bald and the Government of the Kingdom of Aquitaine (Charles the Bald: Court and Kingdom, hg. M. Gibson-J. Nelson 1981), 109, 114f. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 451, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 35
    Zu König Karl von Aquitanien ("Karl der Jüngere") siehe die, wie stets, ausgezeichnete Zusammenstellungen von Eiten, 165-176. Ebd. 176, Anm. 3 die Belege für Karolus minor.

    Kaum 15-jährig verband sich Karl mit der Witwe des Grafen Humbert, was der Vater als Rebellion betrachtete. Er marschierte daraufhin 863 in Aquitanien ein, setzte den Sohn ab und inhaftierte ihn Compiegne. 865 von seinem Vater erneut als König von Aquitanien eingesetzt, litt er bereits schwer an den Folgen eines Jagdunfalls, dem er 866 erlag.
    Konecny Silvia: Seite 142 "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Nur zwei von den Söhnen KARLS DES KAHLEN gingen Eheverbindungen ein, während zwei weitere männliche Nachkommen dieses Herrschers schon in früher Jugend zu einem geistlichen Leben bestimmt wurden. Der gleichnamige Sohn des Herrschers starb vier Jahre nach einem Eheschluß, hinter dem oppositionelle aquitanische Adelige standen. Karl wurde bald nach seiner Heirat von seiner Gattin getrennt und kehrte erst kurz vor seinem Tod wieder nach Aquitanien zurück. Mit dieser Heirat trat überdies erstmals seit der Generation der Söhne Pippins II. wieder eine Witwenheirat auf, die soviel wie die Einheirat in einen fremden Machtbereich bedeutete und damit eine Annäherung der königlichen Eheformen an jene des Adels ankündigte. Im 10. Jahrhundert wurde dieser Typus der Einheirat von den westfränkischen KAROLINGERN mehrmals verwirklicht, während KARL DER KAHLE gegen die Ehe seines Sohnes vehement auftrat.

    862 oo 2. Ansgard, Witwe des Grafen Humbert von Bourges

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 369,392,396,405, 480,483,505,507,543,547,559,588,758 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 61-62 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 213,231,237 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,158 - Schniith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 440 -

    Gestorben:
    Unfall

    Begraben:
    St-Sulpice

    Karl heiratete Ansgard in 862. [Familienblatt] [Familientafel]


  37. 105.  von Franken, Karlmann Graphische Anzeige der Nachkommen (63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 850; gestorben in 876.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 22 Jan 866-873, Auxerre [89000],Yonne,Burgund,Frankreich; Abt von St. Germain d'Auxerre

    Notizen:

    Karlmann
    Abt von St. Germain d'Auxerre (22.1.866-873)
    um 850 - 876
    3. Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 36
    Den Tod Karlmanns datiert Brandenburg in seiner Anm. B. IV, 36 auf "bald nach" der Blendung von 873, auf der Tafel mit "874". Zum richtigen Todesjahr 876 vgl. Dümmler 2, 359, sowie oben IV, 23, Absatz 2.

    Um weitere Erbteilungen zu vermeiden, wurde Karlmann von seinem Vater als erster ehelich geborener KAROLINGER zum Eintritt ins Kloster gezwungen. Nach dem Tode seines Bruders Lothar (+ 14.12. 865) wurde Karlmann, Abt von S. Medard, von seinem Vater zu dessen Nachfolger als Abt von St. Germain d'Auxerre bestimmt. Der Vorrang seines Bruders Ludwig der Stammler scheint ab 870 den früh ins Kloster gegebenen und inzwischen mit mehreren Abteien ausgestatteten Königssohn Karlmann zum Aufstand getrieben zu haben, der jedoch trotz einiger hochmögender Mitverschworener KARL kaum ernstlich gefährden konnte und 873 mit Karlmanns Bestrafung durch Blendung sein düsteres Ende fand (+ 876).

    Mühlbacher Engelbert: Band II Seite 334-336, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

    Viel schlimmer war es gleichzeitig dem westfränkischen Prinzen Karlmann ergangen, der gegen seinen Vater in offenem Aufruhr gestanden war. Als dieser seiner habhaft geworden war, verurteilte er ihn zu Senlis zu strenger Haft, während er dessen S Spießgesellen gegen Ableistung des Treueids begnadigte. Nach mehr als Jahresfrist ließ er, da bei der allgemeinen Unzufriedenheit dem gefangenen Prinzen noch immer die Sympathien vieler sich zuwandten, über ihn abermals zu Senlis Gericht halten. Er selbst überreichte der dort versammelten Synode eine Klageschrift gegen den eigenen Sohn. Wie er es verlangte, entsetzten die Bischöfe Karlmann seiner geistlichen Würde und gestanden ihm nur noch die Laienkommunion zu. Damit wurde Karlmann der Vorrechte des geistlichen Standes, welche ihn der weltlichen Strafgewalt entzogen, verlustig; der Degradierte konnte vor ein weltliches Gericht gestellt und an Leib und Leben gestraft, er konnte, wie sein Vater beabsichtigte, unschädlich gemacht werden. Ein Anlaß fand sich bald. Karlmann und seine Freunde folgerten aus seiner Absetzung, daß er, nunmehr wieder ganz Laie geworden, in sein volles Erbrecht eintrete und den königlichen Thron besteigen könne. Seine alten Anhänger sammelten sich, sie warben neue Genossen und planten, Karlmann aus dem Gefängnis zu befreien und, wie es hieß, auf den Thron zu erheben. Karlmann, der an dieser Bewegung nicht persönlich beteiligt sein konnte, da er immer in Haft geblieben war, wurde abermals vor Gericht gestellt. Sogar seine frühere Empörung wurde in die Anklage einbezogen. Unter Zustimmung aller Anwesenden erklärte man es als eine Staatsnotwendigkeit, daß der Prinz, der eigentlich der Todesstrafe verfallen sei, geblendet werde, "damit er Gelegenheit und Zeit zur Reue habe und ihm die Möglichkeit genommen werde, noch Ärgeres, wie er es sinne, anzurichten, damit die wahnwitzige Hoffnung der Friedensstörer auf ihn vereitelt werde und die Kirche Gottes und die Christenheit im Reich außer der Befeindung durch die Heiden nicht auch durch einen verruchten Aufstand in Verwirrung gebracht werden könne." In herzloser Grausamkeit ließ KARL DER KAHLE die Blendung an seinem Sohn vollziehen, dem er aus politischen Rücksichten den geistlichen Stand, ein verfehltes und verbittertes Leben aufgezwängt, den er damit selbst auf Abwege gedrängt hatte. Es ist ein scheußliches Bild, um so greulicher, wenn man ihm das Verhalten seines Bruders, des deutschen Königigs, gegen seine Söhne, die doch dasselbe verschuldet hatten, gegenüberstellt, der sich der höheren Pflicht bewußt blieb, auch unbotmäßigen Söhnen gegenüber Vater zu sein. Der geblendete Karlmann wurde in das Kloster Corbie in Gewahrsam gebracht. Unterstützt von Adalhard, dem Bruder seiner Mutter, gelang es ihm, auf deutschen Boden zu entfliehen. Der deutsche König nahm seinen unglücklichen Neffen auf. Er übergab ihn dem Erzbischof Liutbert und wies ihm das St. Albanskloster bei Mainz zum Aufenthalt an. Dann verlieh er ihm das Kloster Echternach und hier ist Karlmann, kein gutes Andenken hinterlassend, nach wenigen Jahren gestorben.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 588-590,718,723, 758-761,766,769,772,794-797; Band II Seite 691 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 27,228 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, Band II Seite 334 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,159 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58,67,95 -


  38. 106.  von Franken, Lothar Graphische Anzeige der Nachkommen (63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 850; gestorben am 14 Dez 865.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 22 Feb 863-865, Auxerre [89000],Yonne,Burgund,Frankreich; Abt von St. Germain d' Auxerre

    Notizen:

    Lothar Abt von St. Germain d' Auxerre (22.2.863-865)
    um 850-14.12.865
    Jüngerer Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 37
    Brandenburg nennt Lothar nur "Abt in St. Germain", weil die Ann. Bertin. 865 nur vom monasterium S. Germani sprechen. Es handelt sich nicht etwa um S.-Germain-des-Pres, sondern um Saint-Germain-d'Auxerre, vgl. Tessier nr. 288.

    Lothar galt wegen angeborener Gebrechen von vornherein für herrschaftsunfähig und wurde in jungen Jahren ins Kloster gegeben. Nach den über ihn erhaltenen Zeugnissen machte er verständlicherweise nicht den Eindruck eines tatkräftigen Abtes. Nacch den Mitteilungen des Hericus war Lothar als Kind in S. Germain in die Schule gegeben worden. 861 ließ KARL den Sohn in Reome zum Kleriker machen. 863 erscheint Lotharals Abt und Tauschpartner der Germanusmönche. Ein Jahr später erwirkte Lothar mit seiner Mutter die große Besitzbestätigung KARLS für S. Germain in Pitres. Noch vor seinem Tod erbat Lothar von seinem Vater eine Schenkung für die Abtei und sorgte dabei für sein Totengedächtnis vor. Die geistigen Interessen und Fähigkeiten des jungen Abtes Lothar sind jedoch von zuständiger Seite ins hellste Licht gestellt worden. Lothar sei "an Jahren ein Kind gewesen, dem Geist nach ein Liebender der Weisheit, durch seine eingeborene Veranlagung und das Schaffen seines Fleißes vor allen Sterblichen seines Alters kostbar.

    Riche Pierre: Seite 230,237, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Der vierte, Lothar, lahmte von Geburt an und war deswegen zum Eintritt in ein Kloster bestimmt.
    Als kurz nach einander seine beiden Söhne Lothar (+ 865) und Karl das Kind (+ 866) starben, war er tief betroffen.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 465 Anm. 72,590 Anm. 80,758,885 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 230,237 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,159 -


  39. 107.  von Franken, Rothild Graphische Anzeige der Nachkommen (63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 871; gestorben in 928/929.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Chelles [77500],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; Äbtissin von Chelles
    • Titel/Amt/Status: Maine,Pays de la Loire,Frankreich; Gräfin von Maine

    Notizen:

    Rothild
    Gräfin von Maine
    Äbtissin von Chelles
    871-22.5.928/29
    Einzige Tochter des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 2. Ehe mit der Richilde, Tochter von Graf Buin

    Werner Karl Ferdinand: Seite 454, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"
    IV. Generation 42


    Die Lebensdaten der Rothild (verbunden mit dem Nachweis, daß es sich bei ihr um eine Tochter KARLS DES KAHLEN aus seiner zweiten Ehe mit Richildis handelt sowie um die "Stamm-Mutter" der späteren Grafen von Maine) behandelt Exkurs 1.
    V. Generation 39-40
    Zu diesen Kindern der Rothild, Tochter KARLS DES KAHLEN, vgl. Exkurs 1 und Werner; Unters. 279-283 ("Zur Geschichte der Grafen von Maine im 10. Jahrhundert").

    Rothild war bis 922 Äbtissin von Chelles und wurde von Karl III., ihrem Neffen abgesetzt, was die Rebellion der ROBERTINER bewirkte (Schwiegmutter Hugos des Großen).
    Karls Entschluß von 922, seiner eigenen Tante Rothild, einer Tochter Kaiser KARLS DES KAHLEN, die ehrwürdige karolingische Abtei Chelles wegzunehmen, um sie Hagano zu übertragen, kann nicht allein aus der bloßen Absicht zur Förderung des Vertrauten erklärt werden. Rothilds Tochter Judith war nämlich mit Hugo Magnus verheiratet, so dass Rothilds Verlust zum Verlust gegen die ROBERTINER wurde.

    Konecny Silvia: Seite 151, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Nur Ermengard, die Tochter LUDWIGS II., und Rothild, eine Tochter KARLS DES KAHLEN, sind sowohl als Äbtissinnen als auch als Ehefrauen fränkischer Großer bezeugt. Ermengard wurde von LUDWIG II. zur Nachfolgerin Angilbergas im Besitz der Abtei in Brescia bestimmt. 879 wurde neben Angilberga erstmals auch Ermengard als Äbtissin bezeichnet. Wann Rothild ihre Abtei erhielt, ist ungewiß. Vermutlich hat noch KARL DER KAHLE selbst die Abtei seiner Tochter übertragen.Ermengardwie Rothild heirateten erst nach dem Tode ihrer Väter, die Wahl der Gatten traf in beiden Fällen vermütlich die mütterliche Verwandtschaft. Die Äbtissinnenwürde dieser KAROLINGERINNEN könnte darauf hindeuten, daß ihre Ehen den Typus der sogenannten Erbtochterehe repräsentieren. Der umfangreiche Besitz an Abteien könnte die unabhängige Stellung dieser KAROLINGERINNEN als Ehefrauen sichergestellt haben. Im Fall Ermengard kann von einer Erbtochterehe auch insofern gesprochen werden, als die Kaisertochter für ihren Söhn auch Erbansprüche auf die Herrschaftsnachfolge nach LUDWIG II. erhob.

    Schwager, Helmut: Seite 70,132,133,235,246, "Graf Heribert II. von Soissons"

    Die Konfiskation des karolingischen Hausklosters Chelles bei Paris durch den westfränkischen König nach dem 21. April 922 (= Ostern), der die Abtei seiner Tante Rothilde (+ 928), der Schwiegermutter des ROBERTINERS Graf Hugo (+ 956) [Rothilde (+ 928) war die Tochter Kaiser KARLS DES KAHLEN (+ 877) und der Kaiserin Richilde (+ 910/14) sowie Gattin Graf Rotgers I. von Maine (+ vor 900), von dem sie die Tochter NN. (+ vor 926) hatte, welche Graf Hugo der Große ehelichte; genauer zu Rothilde: Konecny, Frauen, 151/153; Werner, Nachkommen, in: KdGr 4, Tafel (IV, 42) und 422-428 (Exkurs I) sowie Stammtafel 10 dieser Arbeit], nahm und sie an Graf Hagano übergab, löste erneut einen verheerenden Aufstand aus.
    Dabei war es um den Besitz der 928 verstorbenen KAROLINGERIN Rothilde [Das genaue Todesdatum Rothildes, der 22. Mai, ist aus den Obituaires de Saint-Germein-des-Pres, de Saint-Denis et d'Argenteuil, in: Obituaires de la province de Sens 1, ed. M Molinier, XX, 254,312 und 345 zu entnehmen, weswegen Kalckstein, Capetinger, 179 mit dem 22. März 929 falsch liegt! Lauer, Robert, 58 geht ebenso fälschlich vom 22. Mai des Jahres 925 aus, denn nach Flodoard, Ann., a 929, 43 ist die KAROLINGERIIN Rothilde erst kürzlich verstorben: ... nuper defunctae ..., was auf das Jahr 928 hinweisen würde und worauf auch meiner Meinung nach die Anfang 929 ausbrechenden militärischen Auseinandersetzungen um ihr Erbe hindeuten! Zu den Problemen um die KAROLINGERIN Rothilde (+ 928) siehe jedoch genauer den Exkurs I in: Werner, Nachkommen, in: KdGr 4, 422-428! Außerdem: Voigt, Klosterpolitik, 133 mit Anm. 2; Marlot, Reims 2 715; Colliette, Vermandois 1, 442; Kienast, Frankreich 1, 55; Ducange, Amiens, 84; Werner, Origines, 458; Werner, Westfranken, 743; Lemaire, Saint-Quentin, 279.], Äbtissin des Klosters Chelles, Tante König Karls III. und Schwiegermutter Markgraf Hugos, gegangen.
    Doch muß es in dieser Zeit zu heftigeren Streitigkeiten zwischen Graf Heribert II. und seinem robertinischen Schwiegervater gekommen sein, denn als kurz nach Ostern (= 21. April) 922 König Karl III. seiner Tante Rothilde (+ 928), der Schwiegermumutter des ROBERTINERS Graf Hugo der Große, das karolingische Hauskloster Chelles wegnahm, wahrscheinlich um die ROBERTINER zu disziplinieren, und diese, dies als "casus belli" betrachtend, daraufhin einen westfränkischen Fürstentag nach Fimes an der Vesle beriefen, der auch prompt den Sturz Graf Hagnos, dann die Absetzung des westfränkischen Königs beschloß, war Graf Heribert II. erstaunlicherweise nicht zugegen.
    Denn Anfang 929 entbrannte der Streit um den Besitz der bereits im Jahre 928 verstorbenen KAROLINGERIN Rothilde, der Tante Karls III. und ehemaligen Schwiegermutter Markgraf Hugos von Neustrien, die das alte und reiche Kloster Chelles als Äbtisssin besessen hatte. Bevor nun der ROBERTINER die Erbschaft antreten konnte, besetzte jedoch Graf Boso (+ 935) in geheimen Übereinkommen mit seinem Bruder König Rudolf Chelles und seine Domänen. In den aufflackernden Streit mischte sich jetzt auch Graf Heribert II. ein, und bald kam es zu heftigen Kämpfen. Schließlich erobert Markgraf Hugo das karolingische Hauskloster im April 929, während sich sein Schwager Graf Heribert II. sich an Bosos Hauptfestung Vitry-en-Perthois schadlos hielt.

    890 1. oo Rotger I.Graf von Maine -31.10.900
    2. oo Hugo Graf von Bourges

    Kinder:
    1. Ehe
    - Judith + vor 926
    914 oo 1. Hugo der Große Herzog von Franzien 895-16./17.6.9576
    - Hugo I. Graf von Maine 890/95- 939/955

    2. Ehe
    - Richilde
    oo Theobald der Ältere Graf von Tours-Chartes - 940

    Literatur:
    Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 22 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie v vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 151,152 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 203 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 9,70,132,133,235,246,281,407 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf, Seite 422-428, 454 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 482 -

    Rothild heiratete von Maine, Rotger I. in 890. Rotger gestorben am 31 Okt 900. [Familienblatt] [Familientafel]

    Rothild heiratete von Bourges, Hugo nach 900. [Familienblatt] [Familientafel]


  40. 108.  von Orleans, Irmintrudvon Orleans, Irmintrud Graphische Anzeige der Nachkommen (66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 27 Sep 830; gestorben am 6 Okt 869 in Hasnon [59178],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Königin von Frankreich

    Notizen:

    Irmintrud von Orleans Königin von Frankreich
    27.9.830-6.10.869 St. Denis
    Tochter des Grafen Odo von Orleans und der Ingeltrud von Fezensac, Tochter von Graf Leuthard

    Treffer Gerd: Seite 47-49 "Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)"

    Irmintrud - 25 Jahre Eheleid* 825, + Oktober 869
    Abtei Hasnon

    Erste Gemahlin KARLS II. DES KAHLEN (* 823; König: 843-877; Kaiser 875) Heirat: 14. Dezember 847

    Als Irmintrud KARL heiratete, ist der König des W-Reiches - die "außenpolitische" Lage zunächst einmal stabilisert. Dennoch ist KARLS Aufgabe keineswegs einfach. Fünf Jahre lang muß er kämpfen, um örtliche Partikularismen und allzu unabhängig sich gebärdende Herren unterzuordnen. Seine Hauptstadt hat er in Orleans aufgeschlagen, eine zentrale Lage, die es ihm gestattet, jeden Punkt seines Königreiches rasch zu erreichen, wann immer seine Anwesenheit nötig ist. KARL sichert die Einheit seines Reiches durch eine umfassende Gesetzgebung. Gleichwohl wird sein Königtum fest umgrenzt von der hohen Geistlichkeit, deren bedeutendster Vertreter Hinkmar von Reims ist.
    Am 14. Dezember 847 ehelicht KARL die 22-jährige Irmintrud - die Tochter Odos, des Grafen von Orleans. Zu ihren Vorfahren zählen Karl Martell, Pippin der Kurze und Desiderius, der Langobarden-König. Sie ist Königin eines Landes, in dem Hungersnoot, in dem Angst herrscht, denn die Normannen aus Jütland fahren im Frühjahr die Flüsse hinauf, verbreiten Angst und Schrecken, greifen die Klöster an, plündern und nehmen Geiseln. Schon 845 sind sie bis Paris gekommen und KARL hat ihrem Anführer die sagenhafte Summe von 7.000 Silbertalern bezahlen müssen. Das hat den Appetit der fürchterlichen Krieger nur gesteigert.856 plündern sie um Paris herum alles, was nicht niet- und nagelfest ist, dringen aber noch nicht in die Stadt selbst ein. Zehn Jahre lang kann man regelmäßig mit ihrem Einfall rechnen. Erst nach 866 hören die Normanneneinfälle auf - die Krieger aus dem Norden fallen jetzt über England her.
    In diesen Abwehrkämpfen ist KARL gezwungen, starke Gefolgsleute heranzuziehen, das heißt, den Herren größere Autonomie zu gewähren - er bestätigt ihnen gar die Erblichkeit ihrer Ämter, was sie mächtig macht, sich aber eines Tages gegen seine Nachfolger richten wird. Irmintrud wird ihren Mann aber auch im Streit mit seinen Neffen sehen: mit Pippin II. zunächst, der zu Recht seine Ansprüche auf Aquitanien anmeldet. Das Problem mit Lothar II. wird noch folgen. Die Bretonen ihrerseits fühlen sich seinem Reich nicht zugehörig, und neue Konflikte brechen auf.
    Vor diesem beunruhigenden Hintergrund bringt Irmintrud mehrere Kinder zur Welt. Sie alle werden dem Königspaar nichts als Ärger und Kummer bereiten: Da ist zunächst Judith. Aus politischen Gründen wird sie mit einem angelsächsischen Prinzen verlobt. Vom Grafen Baudouin von Flandern entführt, rettet sie sich in den Schutz des Feindes ihrer Eltern, ihres Cousins Lothar II. Sohn Karl wird mit 17 Jahren verwundet werden, was eine Art geistiger Behinderung auslöst. In seinem Streit mit Pippin II. um Aquitanien bedient sich König KARL seiner und macht ihn zum König von Aquitanien. Der undankbare Sohn aber läßt sich von Pippin beeinflussen und rebelliert 864 gegen die väterliche Autorität. Er unterwirft sich zwar wieder - stirbt aber schon 867. Lothar ist körperlich behindert, wird Mönch und stirbt vor seiner Volljährigkeit. Karlmann, verschlagen und gewalttätig, steht seinem Vater in einer Dauerrevolte gegenüber. KARL wird ihn grausam züchtigen. Der schlimmste von allen aber ist der älteste SohnLudwig. Mit 16 Jahren greift er 862 gegen den Vater zu den Waffen. Die königlichen Truppen bringen ihn wieder zur Vernunft.
    Zu all diesen Belastungen für das Königspaar kommt ein weiterer Familienzwisct, allerdings von außen: Lothar II. - seit 855 König im Nachbarreich - der Sohn von KARLSHalbbruder, ist in einen lebhaften Scheidungsstreit verwickelt, bei dem sich König und Königin auf den entgegengesetzten Seiten engagieren. Die Geschichte ist auf Jahre hinaus eine Staatsaffäre, die den ganzen Okzident beschäftigt. Begonnen hat sie 857: Lothar II. will seine Frau Thurtberga wegen Sterilität verstoßen und seine Mätresse Waltrade heiraten. Vier Synoden zwischen 860 und 863 werden sich damit befassen. Jedesmal ist der Druck Lothars auf die Bischöfe stark genug, daß das Ergebnis zu seinen Gunsten ausfällt. 863 ist Papst Nikolaus I. gezwungen, die Entscheidungen der Metzer Synde auszusetzen und seinen Willen zu erzwingen. Irmintrud steht fest auf seiten Thurtbergas,KARList für die Argumente seines Neffen nicht unzugänglich und wird schließlich vom Papst zur Ordnung gerufen.
    Die Spannungen zwischen den königlichen Eheleuten sind so stark, daß sie sich nach 25 Jahren gemeinsamen Lebens trennen. Die Königin zieht sich in die Abtei von Hasnon bei Valenciennes zurück. Sie verfolgt die politischen Geschehnisse nur mehr aus der Ferne. [KARL DER KAHLE dringt in Lotharingien ein und läßt sich am 9. September 869 von Hinkmar, dem Erzbischof von Reims, in Metz salben.]. Dort stirbt sie zwei Jahre später, am 6. Oktober 869, im Alter von 47 Jahren.

    Konecny Silvia: Seite 135, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    KARL DER KAHLE ging seine Ehe mit Ermentrud erst nach dem Tod LUDWIGS DES FROMMEN Ende 842 ein. Ermentrud war eine Tochter des Grafen Odo von Orleans und verwandt mit Adalhard, einem der mächtigsten Adeligen im Reich KARLS DES KAHLEN. Die Ehe mimit ihr wurde in einer Phase des Krieges geschlossen, in der die Brüder einen Ausgleich anstrebten, und tatsächlich zählten ja die ADALHARDE zu jenen Adelssippen, die in allen Reichsteilen Einfluß hatten und deshalb einen Friedensschluß nicht nur selbst wünschten, sondern gewiß auch fördern konnten. Es besteht kaum ein Zweifel, daß die Verbindung KARLS DES KAHLEN mit Ermentrud seit 842 als Vollehe galt, besonders weil damit angesichts der bedrängten Lage KARLS ein außerordentlich wichtiges Bündnis besiegelt wurde. Gekrönt wurde Ermentrud anscheinend nicht, und auch zum Jahre 848 ist eine Teilnahme der Königin an der Weihe KARLS DES KAHLEN nicht überliefert. Erst zum Jahre 866 berichten die Quellen von einer Krönung Ermentruds.
    Allerdings würde sowohl die Krönung Judiths, einer Tochter KARLS DES KAHLEN, anläßlich von deren Eheschließung mit dem angelsächsischen König Aethelwulf, als auch KARLSHaltung im "Ehestreit" die Vermutung nahelegen, daß der Krönung Ermentruds im Jahre 866 eine ähnliche Zeremonie bereits vorausgegangen war. Jedenfalls unterblieb das Sakramentale nicht, weil es für die Königin noch nicht üblich war, sondern allenfalls wegen der Störung des guten Einvernehmens zwischen KARL DEM KAHLEN und den ADALHARDEN. Die Krönung von 866 scheint hingegen die Annäherung zwischen KARL DEM KAHLEN und den ADALHARDEN bekräftigt zu haben. Als Akt der Rechtsetzung für eine Vollehe geschah das Ereignis - bedenkt man KARLS DES KAHLEN Engagement im "Ehestreit" Lothars II. - zu einem politisch höchst bemerkenswerten Datum. Hinzu kommt noch in Anbetracht der Existenz von Erben KARLS merkwürdige Motivation für die Krönungszeremonie Ermengards. Deren Krönungsordo drückte nämlich vor allem die Hoffnung auf Nachkommenschaft aus. KARLS Wunsch nach einem neuen Erben deutet auf das erwähnte neuerliche Einvernehmen hin. Für eine solche Politik hatten sich die älteren Söhne KARLS DES KAHLEN sicher schon disqualifiziert. Das Bündnis von 866 scheiterte unter anderem vermutlich auch, weil Ermentrud starb.

    Schieffer Rudolf: Seite 145,159 "Die Karolinger"

    Bedachtsam war auch die Wahl der Gattin, die der 19-jährige König Ende 842 ehelichte, denn sie fiel auf Irmintrud, die Tochter des 834 gegen LOTHAR gefallenen Grafen Odo von Orleans und Nichte des einflußreichen Seneschalks Adalhard, "weil er (d(durch diese Heirat) den größten Teil des Volkes für sich zu gewinnen glaubte" (wie Nithard duchaus kritisch anmerkte). Jedenfalls gebar Irmintrud nach einer Tochter Judith 846 den Stammhalter Ludwig, dem in kurzem Abstand noch drei weitere Söhne Karl, Karlmann und Lothar, folgten.
    Daß schon 865 auch der seit Geburt schwächliche Sohn Lothar, zuletzt nomineller Abt von Saint-Germain in Auxerre, und anscheinend um dieselbe Zeit Zwillingssöhne im Kindesalter verstorben waren, mag den besorgten KARL bewogen haben, seiner etwtwa 36-jährigen Gattin Irmintrud 866 in Soissons eine feierliche Salbung und Krönung durch die Bischöfe mit Gebetsbitte um weitere Nachkommenschaft zuteil werden zu lassen, doch hinderte ihn dies keineswegs, kurz darauf deren Bruder als Aufrührer mit dem Tode zu bestrafen.

    Riche Pierre: Seite 200,237 , "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Zur gleichen Zeit befestigt KARL DER KAHLE seine Stellung im W-Frankenreich durch die Eheschließung mit Ermentrud, der Tochter des Grafen Odo von Orleans (13. Dezember 842). Odo entstammt einem mittelrheinischen Geschlecht, das zweifellos mit der Familie von KARLS DES GROSSEN Schwager Gerold verwandt war.
    Als kurz nacheinander seine beiden Söhne Lothar (+ 865) und Karl das Kind (+ 866) starben, war er tief betroffen. Er suchte die Aussöhnung mit seiner Gemahlin Ermentrud, die er in Saint-Medard feierlich zur Königin salben ließ. Aber unmittelbar nach der Zeremonie verschwor sich Wilhelm, der Bruder Ermentruds, gegen den König, und KARL ließ ihn enthaupten. Ein Jahr später trennten sich die Ehegatten, Ermentrud zog sich in ein Kloster zurück.

    13.12.842 oo 1. KARL II. DER KAHLE 13.6.823 - 6.10.877
    Kinder:
    1. Ehe
    - Judith 844- 870
    1.10.856 1. oo Aethelwulf König von Wessex - 858
    858 2. oo Aethelbald König von Wessex - 860
    862 3. oo Balduin I. Graf von Flandern - 879
    - Ludwig II. der Stammler 846-10.4.879
    - Karl König von Aquitanien 847/48-29.9.866 durch Unfall
    - Karlmann Abt von St. Germain d'Auxerre (22.1.866-876) - 876
    - Lothar Abt von St. Germain d' Auxerre um 850-25.12.865
    - Ermentrud Äbtissin von Hasnon

    Literatur:
    Black-Veldtrup Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 1995, Seite 103,156 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 181,422,505,533, 575,590,592,724,758; Band II Seite 670, 690 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C. H. Beck München 1994, Seite 48 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 163,167,171 - Hlawitschka Eduard: Studien zur Äbtissinnenreihe von Remiremont. Buchdruckerei und Verlag Karl Funk, Saarbrücken 1963, Seite 37 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 135-136 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 200,237 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,159,163 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 61,64 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996, Seite 47,50, 53 -

    Name:
    (Ermentrud)

    Gestorben:
    Abtei Hasnon

    Begraben:
    Abteikirche Saint-Denis

    Irmintrud heiratete von Franken, Karl II. am 13 Dez 842. Karl (Sohn von von Franken, Ludwig I. und Judith) wurde geboren am 13 Jun 823 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; gestorben am 6 Okt 877 in Avrieux [73500],Savoie,Rhône-Alpes,Frankreich; wurde beigesetzt in Nantua [01130],Ain,Rhône-Alpes,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 136. von Franken, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 137. von Franken, Judith  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 844; gestorben in 870.
    3. 138. von Frankreich, Ludwig II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 1 Nov 846; gestorben am 10 Apr 879 in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich.
    4. 139. von Aquitanien, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 847/848; gestorben am 29 Sep 866 in Buzancais [36500],Indre,Centre-Val de Loire,Frankreich; wurde beigesetzt in Bourges [18000],Cher,Centre-Val de Loire,Frankreich.
    5. 140. von Franken, Karlmann  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 850; gestorben in 876.
    6. 141. von Franken, Lothar  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 850; gestorben am 14 Dez 865.


Generation: 9

  1. 109.  von Vermandois, Heribert I. Graphische Anzeige der Nachkommen (69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 840; gestorben in 900/907.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich; Abt von Saint-Crépin
    • Titel/Amt/Status: Madrie (Grafschaft),Eure,Haute-Normandie,Frankreich; Graf von Madrie
    • Titel/Amt/Status: Meaux [77100],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; Graf von Meaux und Ormois
    • Titel/Amt/Status: 886/898-907, Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich; Graf von Soissons
    • Titel/Amt/Status: 896-907, Vermandois (Grafschaft),Picardie,Frankreich; Graf von Vermandois

    Notizen:

    Heribert I.
    Graf von Vermandois (896-907)
    Graf von Soissons (886/98-907)
    Graf von Meaux, Madrie und Ormois
    Abt von S. Crepin
    um 840-6.11.900/07 ermordet
    Sohn des Grafen Pippin I.; Urenkel des Kaisers KARL DER GROSSE

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 2154

    Heribert I., Graf von Vermandois
    + 6. November 900/06
    Enkel Bernhards von Italien, Sohn Graf Pippins und vermutlich einer Dame aus dem Hochadel des Pariser Raums, war als KAROLINGER im Mannesstamm eng mit den Führungsschichten Neustriens und der Francia verwandt

    Begründer des Hauses VERMANDOIS

    Vergleichbar mit anderen Herrschaftsbildungen in W-Franken (ROBERTINER in Neustrien, Rudolf in Burgund, Balduin in Flandern), vollzog sich der Aufstieg der „VERMANDOIS“ im späten 9. Jh. Zwischen 886 und 898 erwarb Heribert die Grafschaft Soissons und die Laienabbiate von St-Crepin und St. Medard/Soissons. Enge Bindungen zu König Odo verschafften ihm 888/89 die Grafschaften Meaux (mit Chateau-Thierry) und Merezais, eventuell auch Beauvais, Vexin und Senlis, die Heribert zur Abwehr der Normannen zusammenfaßte. 893 in Opposition zu Odo, waren Heribert I. und sein Bruder Pippin neben Erzbischof Fulco von Reims maßgeblich an der Erhebung Karls III. beteiligt. Ein erneuter Parteiwechsel zu Odo brachte den Erwerb der Grafschaft Vermandois und des Laienabbiats von St-Quentin 896. Während seiner Auseinandersetzungen mit den Grafen von Flandern wurde Heribert zwischen 900 und 906 erschlagen.

    Brandenburg Erich: Tafel 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    V. Generation 3.
    Heribert I. Graf (wohl von Vermandois) 893
    * ca. 840, + nach 900, vor 908 ermordet
    Gemahlin: N

    Anmerkungen: Seite 114, V. 3. Heribert I.

    Das Geburtsjahr kann nur schätzungsweise angegeben werden. 877 und 892 wie bei Nr. 2. Er erscheint nie ausdrücklich als Graf von Vermandois, war aber wohl sicher schon im Besitz dieser später von seinen Nachkommen verwalteten Grafschaft. Er wurde ermordet von einem Dienstmann des Grafen Balduin von Flandern, Regino 818, S. S. 1, 567. Der Zeitpunkt ist ungewiß. Heribert kommt zuletzt vor im Sommer 900, Ann. Vedast., S. S. 1, 531; er muß 908 tot gewesen sein, da Regino, der in diesem Jahr seine Chronik vollendete, seinen Tod erwähnt. Meist wird 902 als sein Todesjahr angenommen, ich kenne aber keinen Grund dafür. [V 3]

    * Ergänzung (Werner): * ca. 850, + 6. XI. 900/07 (ermordet)

    886/98 Graf von Soissons und Abt von St. Crepin, 888/89 Graf von Meaux, Madrie, 896 Graf von Vermandois.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 455, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 1

    Regino nennt zu 818 (ed. Kurze 73) als ältesten Sohn Pippins, des Sohnes König Bernhards von Italien, Bernhardus, vor seinen Brüdern Pippin und Heribert. Zu 893 I 28, der Erhebung Karls III. als Gegen-König in Reims (ed. 140f) erwähnt er nebeneinander die Brüder und Grafen Heribert und Pippin. Es ist möglich, daß Bernhard zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebte. Die Aufstellungen von Guiseppe Pochettino, I Pippinidi in Italia (sec. VIII-XII), Archivio storico lombardo, Serie sesta 54 (19227) 1-43 sind zu unsicher, um berücksichtigt werden zu können. Er unterstellt für Bernhard, er habe in Italien weitergelebt und dort Nachkommen gehabt. Dabei stützt er sich lediglich auf Vorkommen des (verbreiteten) Namens Bernhard: Kein einziger Pippin oder Heribert (Leitname der Familie von Bernhards Mutter, vgl. Werner, Unters. 101f.) begegnet unter diesen vermeintlichen Nachkommen. Dagegen könnte Bernhard durchaus identisch sein mit dem Grafen dieses Namens, der ND de Laon als Testamentsvollstrecker KARLS DES KAHLEN einen Codex überbrachte, siehe E. Bourgeois, Le capitulaire de Kiersy-sur-Oise, Paris 1885,23.

    Thiele Andreas: Band II, Teilband 1 Tafel 32, "Erzählende genealogische Stammtafeln"

    Heribert I. baute sich nach und nach im Raum Paris eine überragende Machtposition auf als treue Stütze des königlichen Vetters KARL II. DER KAHLE. Er wurde Graf von Beauvais, Senlis, Madrie, Chartres und Teilen von Artois und beherrschte damit die gesamte Ile de France. Wie die ROBERTINER stützte er sich auf markgräfliche Rechte im Kampf gegen die Normannen, schlug sie 885/86 bei Paris zurück und baute Schloß Chateau-Thierry als Zentrum aus. Er bekämpfte besonders die Grafen von Flandern wegen Peronne und St. Quentin, ermordete 896 den Grafen Rudolf und wurde von dessem Bruder ermordet. Heribert wählte 893 zusammen mit Erzbischof Fulco von Reims Karl III. mit, fiel 896 von ihm ab und erkannte ihn 898 endgültig an. Er war Laienabt von St. Quentin, Peronne, St. Medard und St. Crepin und neben dem Herzog von Burgund der mächtigste französische Kronvasall seiner Epoche.

    Schwager Helmut: Seite 24,26-31, 'Graf Heribert II.'

    Heribert I. und sein Bruder Pippin tauchten in der engsten Umgebung Kaiser KARLS II. DES KAHLEN auf; und zwar sandte sie der westfränkische Herrscher im September 877 auf seinem zweiten Italienzug mit seinem Notar Audacher und dem Grafen Goiraam nach Oberitalien, um Papst Johannes VIII. das Geleit nach Pavia zu geben. Der Autor der Annales Bertiniani, Erzbischof Hincmar von Reims, nennt dabei beide HERIBERTINER ohne Rangbezeichnung, weswegen sie anscheinend lediglich am Hofe KARLS DES KAHLEN lebten und damals noch keine Grafen gewesen sind.

    b) Graf Heribert als Begründer der heribertinischen Machtstellung in der Francia

    Der weitere Aufstieg der HERIBERTINER im nördlichen Gallien vollzog sich erst in den Wirren, in die das W-Fränkische Reich nach dem unerwartet frühen Tod von KARLS DES KAHLEN Sohn König Ludwig II. der Stammler (+ 879) stürzte. Frühestens Ende 886 gelang es Heribert I., die Grafschaft Soissons nebst dem Kloster Saint-Crepin in Soissons zu erhalten, zumindest hat man von seinem Vorgänger Graf (H)erich, der am 25. Oktober 886 eine Urkunde für das Kloster Saint-Crepin ausfertigen ließ, seieitdem nichts mehr gehört. Sicher bestätigt wird Graf Heriberts I. Herrschaft im Soissonnais jedoch erst am 17. Mai 898 durch eine Urkunde König Karls III. für das Kloster Saint-Crepin! Um die Jahrhundertwende 888/89 wurde Graf Heribert I. weiteter mit der Grafschaft Meaux belehnt, nachdem deren bisheriger Graf Tetbert im Sommer 888 im Kampf mit den Normannen vor Meaux gefallen war. Zur Grafschaft Meaux gehörten noch das Omois mit der wichtigen Festung Chateau-Thierry und das Queudoisis. Graf Heribert I. erhielt diese Grafschaft bereits als Anhänger des 1. nicht-karolingischen westfränkischen Königs, des ROBERTINERS/KAPETINGERS Odo, des Sohnes Markgraf Roberts des Tapferen von Neustrien. Zusammen mit seinem Bruder Pippin, der in dieser Zeit eine Grafschaft nördlich von Paris, wahrscheinlich Senlis, erhalten hatte, begannen beide nun mit dem Aufbau der heribertinischen Machtposition im östlichen N-Gallien als Leiter der Normannenabwehr an der Oise unnd der unteren Seine. Ungefähr zur gleichen Zeit wird Graf Heribert I. auch die Grafschaft Merezais/Madrie erhalten haben, wozu noch wichtiger Besitz im Vexin kam, dergestalt stabilisierte sich der Machtkomplex der HERIBERTINER. Noch am 30. Dezember 889 erschien Graf Heribert I. als Intervenient in einer Urkunde König Odos; doch bald geriet der HERIBERTINER in zunehmenden Konflikt mit dem westfränkischen König, der einerseits versuchte, die steigende Macht der westfränkischen Aristokratie zu begrenzen und andererseits selbst eine hemmungslose robertinische Hausmachtpolitik betrieb. Im Jahre 892 verbanden sich Graf Heribert I. und sein Bruder Graf Pippin von Senlis mit Erzbischof Fulco von Reims und anderen westfränkischen Gegnern des ROBERTINERS König Odo und erhoben am 28. Januar 893 zu Reims den KAROLINGER Karl III. den Einfältigen, dritten Sohn König Ludwigs II. des Stammlers, zum Gegen-König im W-Fränkischen Reich. Deshalb rückte König Odo mit großer militärischer Übermacht heran und drängte die Aufrührer bereits 894 in die Defensive. Zur Jahreswende 894/95 mußten Graf Heribert I. und seine Freunde sogar die Francia verlassen und in die Burgundia fliehen. Als ihnen König Zwentibold von Lothringen zu Hilfe kam, brachte ihnen dies nur wenig Nutzen. Denn gerade die Intervention der Lothringer spaltete das Lager König Karls III. endgültig: Graf Balduin II. von Flandern und sein Bruder Graf Rudolf (+ 896) verbündeten sich mit ihnen und trieben Expansionspolitik auf eigene Faust, die ihnen Peronne und das befestigte Kloster Saint-Quentin einbrachte. Währenddessen versuchten Graf Heribert I. und andere Aufständische eine Fühlungnahme mit König Odo, nachdem dieser dem HERIBERTINER die meisten Burgen abgenommen hatte. Als zur Jahreswende 895/96 Graf Rudolf die Verhandlungen mit den ROBERTINERN torpedierte, unterwarfen sich die HERIBERTINER, später sogar Erzbischof Fulco von Reims, der Coronator König Karls III., dem legitimen westfränkischen König Odo. Der KAROLINGER Karl der Einfältige war daraufhin gezwungen, nach Lothringen zu fliehen. Währenddessen rückte König Odo, unterstützt von Graf Heribert I., auf Saint-Quentin vor, das er mit der Abtei Saint-Quentin-en-Vermandois eroberte u und nebst Peronne an den wieder getreuen HERIBERTINER gab. Der erboste Graf Rudolf fiel darauf plündernd in die Besitzungen der Abtei ein, worauf er von Graf Heribert I. gestellt und in einem Gefecht am 28. Juni 896 erschlagen wurde. Tatsächlich war der HERIBERTINER erst seitdem Graf von Vermandois, wie er allerdings nie genannt worden ist. Dies trifft auch auf seinen Sohn Graf Heribert II. zu, der vor allem von Flodoard und Richer nie derart tituliert worden ist, weswegen jeder Versuch, Saint-Quentin und Vermandois als Kern der heribertinischen Besitzungen hinstellen und deswegen von einem Hause "VERMANDOIS" sprechen zu wollen, zum Scheitern verurteilt ist. Wie dem auch sei, als es im Jahre 897 zu einem Friedensschluß und einer Reichsteilung zwischen König Odo und König Karl III. kam, vermittelte der ROBERTINER zwischen dem HERIBERTINER und dem KAROLINGER. Inzwischen tobten aber heftige Kämpfe im NO um Peronne zwischen Graf Heribert I. und dem rachedürstenden Grafen Balduin II. von Flandern. Diese Auseinandersetzungen setzten sich auch im Jahre 898 fort, als der KAROLINGER Karl III. alleiniger König des W-Fränkischen Reiches wurde. Er entriß 899 dem Grafen Balduin II. die Abtei Saint-Vaast bei Arras und gab sie seinem Erzkanzler Erzbischof Fulco von Reims. Dieser jedoch tauschte sie bei Graf Alkmar von Artois (+ ca. 920) gegen die wichtige Abtei Saint-Medard bei Soissons ein. Die Folge war nun eine abgrundtiefe Feindschaft zwischen Erzbischof Fulco und Graf Heribert I. einerseits und Graf Balduin II. von Flandern andererseits. Als Ergebnis dieser Antipathie wurde Erzbischof Fulco von Reims am 17. Juni 900 durch Winemar und andere flämische Vasallen Balduins II. ermordet. Dies nützte aber Graf Heribert I. sofort aus und okkupierte die Abtei Saint-Medard bei Soissons, die nun bis 1048 seiner Familie gehören sollte. Allerdings erbte der HERIBERTINER auch die alte Todfeindschaft, die schließlich im Zeitraum von 900 bis 906 aan einem unbekannten Zeitpunkt zur Ermordung Graf Heriberts I. durch Balduin und andere Vasallen Graf Balduins II. führte. Beim Tode des HERIBERTINERS und der Herrschaftsübernahme durch seinen einzigen Sohn Heribert II. waren die heribertinischen Besitzungen in der Francia bereits zu einem solchen Machtkomplex geworden, daß ihnen nur noch die ROBERTINER um Paris sowie die BALDUINE in Flandern an politischer und militärischer Macht gleichkamen. Daher mußte zwischen ihnen die Entscheidung im Kampf um die Vormacht in der Francia fallen! Graf Heribert II. trat jedenfalls bestens ausgerüstet in diese Auseinandersetzung ein!



    oo Adele von Meaux, Erb-Tochter des Grafen Theutbert


    Kinder:

    - Heribert II. Graf von Vermandois 880-23.2.943
    - Beatrix 880- nach 3.931
    895 oo 2. Robert I. Herzog von Neustrien um 860-15.6.923
    - Kunigunde - nach 943
    oo Udo IV. Graf von der Wetterau - 12.12.949


    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 8,104 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 53,383,433,517 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 Seite 117,205,247 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 277, 293 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 193,199,224 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 5,22,24,26-31,36,63/64,68,85,233,318,336,359,398,406 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 455 -

    Gestorben:
    6.11.900/07 ermordet

    Familie/Ehepartner: von Meaux, Adele. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 142. von Vermandois, Heribert II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 880; gestorben am 23 Feb 943 in Saint-Quentin [02100],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Quentin [02100],Aisne,Picardie,Frankreich.
    2. 143. von Vermadois-Meaux, Beatrix  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 880; gestorben nach 26 Mrz 931.
    3. 144. von Vermandois, Kunigunde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 890; gestorben nach 943.

  2. 110.  Pippin Graphische Anzeige der Nachkommen (69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 845; gestorben nach 28 Jan 893.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Senlis [60300],Oise, Picardie,Frankreich; Graf nördlich von Paris (Senlis)

    Notizen:

    Pippin Graf nördlich von Paris (Senlis)
    845-28.1.893
    Sohn des Grafen Pippin I.

    Brandenburg Erich: Tafel 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    V. Generation 2.
    Pippin, Graf (von Senlis)
    + nach 893

    Anmerkungen: Seite 114
    V. 2. Pippin
    Regino a.a.O.; Ann. Bert. 877, S. S.503; Regino 892, S. S. 1, 605.
    An letzterer Stelle wird er als Graf bezeichnet.
    Kalckstein, Französ. Königtum 80, vermutet, er sei Graf von Senlis gewesen. [V 2]
    * E (We): * 845, + nach 28.I.893, 877 am Hof KARLS II., dann Graf nördlich von Paris.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 455, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 1.
    Regino nennt zu 818 (ed. Kurze 73) als ältesten Sohn Pippins, des Sohnes König Bernhards von Italien, Bernhardus, vor seinen Brüdern Pippin und Heribert. Zu 893 I 28, der Erhebung Karls III. als Gegenkönig in Reims (ed. 140f) erwähnt er nebeneinander die Brüder und Grafen Heribert und Pippin. Es ist möglich, daß Bernhard zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebte. Die Aufstellungen von Guiseppe Pochettino, I Pippinidi in Italia (sec. VIII-XII), Archivio storico lombardo, Serie sesta 54 (192727) 1-43 sind zu unsicher, um berücksichtigt werden zu können. Er unterstellt für Bernhard, er habe in Italien weitergelebt und dort Nachkommen gehabt. Dabei stützt er sich lediglich auf Vorkommen des (verbreiteten) Namens Bernhard: Kein einziger Pippin oder Heribert (Leitname der Familie von Bernhards Mutter, vgl. Werner, Unters. 101f.) begegnet unter diesen vermeintlichen Nachkommen. Dagegen könnte Bernhard durchaus identisch sein mit dem Grafen dieses Namens, der ND de Laon als Testamentsvollstrecker KARLS DES KAHLEN einen Codex überbrachte, siehe E. Bourgeois, Le capitulaire de Kiersy-sur-Oise, Paris 1885,23.

    Schwager Helmut: Seite 24,26-28,36,64,397,401'Heribert II.'

    Pippin und sein Bruder Heribert I. tauchten in der engsten Umgebung Kaiser KARLS II. DES KAHLEN auf, und zwar sandte sie der westfränkische Herrscher im September des Jahres 877 auf seinem zweiten Italienzug mit seinem Notar Audacher und dem Grarafen Goiram nach O-Italien, um Papst Johannes VIII. das Ehrengeleit zu geben. Der Autor der Annales Bertiniani, Erzbischof Hincmar von Reims, nennte dabei beide HERIBERTINER ohne Rangbezeichnung, weswegen sie anscheindend lediglich am Hofe KARLS DES KAHLEN lebten und damals noch keine Grafen gewesen sind.
    Im Jahre 892 verbanden sich Graf Pippin von Senlis und sein Bruder Graf Heribert I. mit Erzbischof Fulco von Reims und anderen westfränkischen Gegnern des ROBERTINERS König Odo und erhoben am 28. Januar 893 zu Reims den KAROLINGER Karl III. den Einfältigen zum Gegenkönig im W-Fränkischen Reich.

    oo N.N.

    Kinder: oder Kinder seines Bruders Bernhard

    - Bernhard Graf von Beauvais (936-949) 880- nach 10.11.949
    - Bernhard Graf von Senlis 880- 945

    Literatur:
    Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 24,26-28,36,64,397,401 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 455 -


  3. 111.  Bernhard Graphische Anzeige der Nachkommen (69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 845; gestorben am 28 Jan 893.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; Graf unweit Laon

    Notizen:

    Bernhard Graf unweit von Laon
    845-28.1.893
    Sohn des Grafen Pippin I.

    Brandenburg Erich: Tafel 1,"Die Nachkommen Karls des Großen"

    V. Generation 1.

    Bernhard + ohne Nachkommen
    Anmerkungen: Seite 114
    V. 1. Bernhard
    Ältester Bruder, Regino 818, S. S 1, 567. Weiteres ist über ihn nicht bekannt. [V 1]
    * E (We): * ca. 845, 877/78 Graf bei Laon (?)

    Werner Karl Ferdinand: Seite 455, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 1

    Regino nennt zu 818 (ed. Kurze 73) als ältesten Sohn Pippins, des Sohnes König Bernhards von Italien, Bernhardus, vor seinen Brüdern Pippin und Heribert. Zu 893 I 28, der Erhebung Karls III. als Gegenkönig in Reims (ed. 140f) erwähnt er nebeneinander die Brüder und Grafen Heribert und Pippin. Es ist möglich, daß Bernhard zu diesem Zeitpunkt nicht mehr lebte. Die Aufstellungen von Guiseppe Pochettino, I Pippinidi in Italia (sec. VIII-XII), Archivio storico lombardo, Serie sesta 54 (192727) 1-43 sind zu unsicher, um berücksichtigt werden zu können. Er unterstellt für Bernhard, er habe in Italien weitergelebt und dort Nachkommen gehabt. Dabei stützt er sich lediglich auf Vorkommen des (verbreiteten) Namens Bernhard: Kein einziger Pippin oder Heribert (Leitname der Familie von Bernhards Mutter, vgl. Werner, Unters. 101f.) begegnet unter diesen vermeintlichen Nachkommen. Dagegen könnte Bernhard durchaus identisch sein mit dem Grafen dieses Namens, der ND de Laon als Testamentsvollstrecker KARLS DES KAHLEN einen Codex überbrachte, siehe E. Bourgeois, Le capitulaire de Kiersy-sur-Oise, Paris 1885,23.

    Schwager Helmut: Seite 26, 40, 'Heribert II.'

    Ihr älterer Bruder Bernhard (+ nach 877/78), von dem sonst nichts bekannt ist, dürfte zu dieser Zeit (877) längst seinem Vater in dessen Grafschaften gefolgt sein. K. F. Werner identifiziert jedenfalls einen Grafen Bernhard nahe Laon, der 877/79 als Testamentsvollstrecker Kaiser KARLS DES KAHLEN der Abtei Notre-Dame in Laon einen Codex überbrachte, mit dem HERIBERTINER Bernhard. Falls diese Identifikation stimmt, und dies sicher mit größerem Recht, als Versuche, Graf Bernhard in Italien zu lokalisieren, verschwand dieser Graf Bernhard auf jeden Fall danach im Dunkel der Geschichte.

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 V,1 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 26,401 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 455 -


  4. 112.  von Paris, Bego II. Graphische Anzeige der Nachkommen (71.Eberhard8, 53.Alpais7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben nach 861.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Graf von Paris

    Notizen:

    Bego II. Graf von Paris
    - nach 861 23.IV.
    Sohn des Grafen Eberhard

    Brandenburg Erich: Tafel I, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    V. Generation 16.

    Bego II. Graf von Paris + nach 861 23. IV.

    Sohn des Grafen Eberhard
    Nach K.F. Werner, Die Nachkommen Karls des Großen Exkurs II Seite 429 handelt sich bei dem Diplom des Jahres 861 um eine Fälschung des 11. Jahrunderts. Einen Grafen Bego II. gab es nicht!

    Name:
    ?

    Gestorben:
    23.IV.


  5. 113.  von Lothringen, Hugo Graphische Anzeige der Nachkommen (77.Lothar8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 855/860; gestorben nach 900 in Prüm [54595],Bitburg-Prüm,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Elsass,Frankreich; Herzog im Elsaß
    • Titel/Amt/Status: Lothringen,Frankreich; Thronprätendent in Lothringen

    Notizen:

    Hugo Herzog im Elsaß
    855/60- nach 900 Prüm
    Einziger Sohn des Franken-Königs Lothar II. und der Friedelfrau Waldrada

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 159

    Hugo, karolingischer Thronprätendent in Lotharingien
    + nach 895 in Prümer Klosterhaft
    Sohn König Lothars II. und der Waldrada

    Seit 857 versuchte Lothar, dieser Friedelehe (gegen seine kinderlose Ehe mit Theudberga) Anerkennung und Hugo die Thronfolge im Mittelreich zu verschaffen, übertrug ihm 867 den Dukat des Elsaß und unterstellte ihm dem Schutz Ludwig desDeutschen, der im Zuge seiner Teilungsvereinbarung mit KARL DEM KAHLEN (Meerssen, 87) Hugos Ansprüche aber überging. In Verfolgung des ihm vom Vater zuerkannten Ziels versuchte Hugo erstmals 877, sich das Erbe gewaltsam zu verschaffen, blieb aber trotz Unterstützung durch den lothringischen Adel letzlich erfolglos. Mit Kaiser KARL III. unter dem Druck der Normannengefahr zeitweise im Einvernehmen, trachtete Hugo 885, während eines Italienaufenthaltes des Kaisers, erneut nach der lotharingischen Krone, wurde in Gondreville gefangengesetzt und geblendet.

    Literatur:
    NDB X, 15; XV, 216ff. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 455, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 13

    Friderada war die Gemahlin des Bernarius (Bernhar), eines der führenden Anhänger Hugos im Kampf um das lothringische Königtum, den Hugo erschlagen ließ, um Friderada zu heiraten, Regino zu 883.
    Hugo wurde 867 von seinem Vater ganz wie ein legitimer Thronerbe mit einer Unterherrschaft über das Elsaß ausgestattet. Bei dessen Tode 869 war ihm als illegitim gebliebenem Sohn das Erbe verwehrt worden und er versuchte nun, sich im einstigen Reich seines Vaters und Großvaters Geltung zu verschaffen, wofür er 878 in Troyes durch Papst Johannes VII. gebannt wurde. Gegen Hugo zog Ludwig der Jüngere 879 und zogen 880 Ludwig III. und Karlmann von W-Franken sowie der ostfränkische KARL III.durchaus erfolgreich zu Felde, doch ohne seiner habhaft zu werden. Deshalb versuchte ihn Ludwig der Jüngere 881 durch eine Ausstattung mit mehreren Grafschaften und Abteien, darunter Lobbes, abzufinden, aber Hugo entzog sich dem Frieden bald wieder in der begründeten Voraussicht, für seine Ambitionen stets genügend bewaffnete Unterstützung in unzufriedenen Kreisen finden zu können. Durch die Heirat seiner Schwester Bertha mit dem Grafen Theotbald von Arles, der ihn auch militärisch unterstützte und ausgerechnet ein Neffe Theutbergas, der Nebenbuhlerin seiner Mutter Waldrada war, schlug Hugo zudem eine familiäre Brücke zu den BOSONIDEN, deren Oberhaupt, Boso von Vienne, mit seinem schon erwähnten Griff nach der Königswürde die Kreise der KAROLINGER nicht minder nachhaltig störte. Hugo wurde 882 in den Frieden, den Kaiser KARL III. mit dem Normannenführer Gottfried, der Hugos Schwester Gisela zur Frau bekam, abschloß, mit einbezogen und ihm wurden die Einkünfte des Bistums Metz übertragen. Nachdem sein Schwager Gottfried im Mai 885 am Niederrhein während vorgetäuschter Verhandlungen von Graf Heinrich vom Grabfeldgau ermordet worden war, wurde Hugo wenig später von diesem in Gondreville in einen Hinterhalt gelockt, überwältigt und geblendet, um seine Tage als Mönch im Kloster Prüm zu beschließen. Der lothringische Mannesstamm war damit ausgeschaltet, aber die Bedrohung durch die Normannen keineswegs überwunden.

    Vollmer Franz: Seite 168, "Die Etichonen"

    Dieser Hugo, der Sohn Lothars II. und Waldradas, erhält 867 "ducatum Elisatium", später auch verschiedene Grafschaften und Abteien, stößt aber bei seinen wiederholten Versuchen, das jetzt zwischen Ost- und Westreich aufgeteilte ehemalige Herrschaftsgebiet seines Vaters Lothar II. wiederzugewinnen, auf gemeinsame Gegenaktionen der legitimen KAROLINGER-Herrscher. 885 wird Hugo durch List gefangengenommen, geblendet und verschwindet als Mönch hinter Klostermauern.

    Konecny Silvia: Seite 130, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Hugo, der als illegitimer Sohn Lothars II. galt, wurde für die Kaiserwürde nicht in Betracht gezogen. Boso selbst scheint sich bezüglich der Erbfolge im Kaisertum mit dem Papst auf einen gemeinsamen Rechtsstandpunkt geeinigt zu haben, der eine Senioratserbfolge vorsah, die als Anrecht auch in weiblicher Linie vererbt werden konnte. Die Erbfolge eines "illegitimen" Sohnes hingegen dürfte dieser Standpunkt ausgeschlossen haben. Hugo, der Sohn Lothars II., zählte selbst zu den Verbündeten Bosos; ein allfälliger Anspruch Hugos auf die Kaiserwürde, der eigentlich nahegelegen wäre, verlautete aber nirgends.

    Schieffer Rudolf: Seite 180,183, "Die Karolinger"

    Von der erwarteten Erstürmung sah der Kaiser jedoch bald ab und gewährte den Feinden freien Abzug und neue Zahlungen gegen die Zusicherung ihres Anführers Gottfried, sich taufen zu lassen, eine Lehnsherrschaft in Friesland zu übernehmen und durch Heirat mit Lothars Tochter Gisela (aus der nicht anerkannten Ehe mit Waldrada) in die karolingische Familie einzutreten. Das Verhalten KARLS III. entsprang wohl der Überlegung, durch Respektierung der faktischen Machtlage in Lotharingien, in die auch Giselas Bruder Hugo durch Überlassung der Einkünfte des Bistums Metz einbezogen wurde, eine notdürftige Befriedung herbeiführen zu können.
    Gegen ein vermeintlich gefährliches Komplott beider Schwäger rückte nämlich Graf Heinrich vom Grabfeldgau, Stammvater der BABENBERGER und bewährter Heerführer schon Ludwigs des Jüngeren im Mai 885 an den Niederrhein und ließ Gottfried mit vielen der Seinen während vorgetäuschter Verhandlungen umbringen, nachdem man zuvor seine Gattin Gisela, die Tochter Lothars II., in Sicherheit gebracht hatte ( + 907 als Äbtissin von Nivelles und Fosses), wenig später wurde auch Hugo, ihr Bruder, in Gondreville in einen Hinterhalt gelockt, überwältigt zund geblendet, um seine Tage als Mönch im Kloster Prüm zu beschließen. (+ nach 895).

    Hlawitschka Eduard: Seite 18,22, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Lothars Bemühen war fortan, die Scheidung von Theutberga und die Erhebung der Friedelehe mit Waldrada zur rechtsgültigen Munthe zu erwirken - samt aller kirchlichen und weltlichen Folgen für seinen und Waldradas Sohn Hugo. Die Frage der Vollbürtigkeit und Erbberechtigung Hugos - auch hinsichtlich der väterlichen Herrschaft - war nunmehr das Kardinalproblem, an dessen Lösung die Weiterexistenz des regnum Lotharii sich entschied.
    Es gelabg aber - wie angedeutet - nicht, Waldarada und Hugo zu legitimieren und damit die Voraussetzung für das Entstehen einer lotharischen Dynastie - und das bedeutete damals zugleich auch die Vorbedingung für den dauernden Bestand Lotharingiens als einer politischen Existenz - zu schaffen. Lothar II. muß sich wenigstens 867 über die schlechten Aussichten, die Anerkennung Walderadas und Nachfolge Hugos doch noch zu erreichen, selbst im klaren gewesen zu sein [Damals verlieh er nämlich das Elsaß als Herzogtum seinem Sohne Hugo, das er für den Todesfall an Ludwig den Deutschen vergabt hatte (vgl. Anm. 39) und empfahl diesen dem Schutze Ludwigs; Ann. Bertin. ad 867, MG SS rer. Germ., ed. Germ., ed. G. Waitz (1883) Seite 87).] .
    Gerade Lotharingien trug ihm schwerste Aufgaben ein. Es war der Bereich, in dem sich die Normannen ihre ersten festen Stützpunkte gesichert hatten. Von dort her drohte also die Gefahr dauernder Plündereien und Überfälle. Seit 878 war dort aber auch Hugo, der vom Erbe ausgeschlossene Sohn Lothars II. und Walderadas, durch Unruhestiften hervorgetreten und hatte seit 879 offen die Herrschaft im regnum patris sui an sich zu reißen versucht. Er war damit auf den Widerstand der Söhne Ludwigs des Stammlers vom W-Reich und auch des ostfränkischen Ludwigs des Jüngeren gestoßen. 880 im offenen Kampf besiegt, hatte er sich Ludwig dem Jüngeren unterwerfen müsasen, war aber bald darauf - seine Pläne nicht aufgebend - nach Burgung entflohen. Auf KARL kam damit nach Ludwigs des Jüngeren Tode (+ 882) die Lösung dieser Aufgabe zu. Er versuchte es erst in Güte durch Verleihung besonderer Rechte. Doch Hugo sammelte eine ihm hörige Gefolgschaft unzufriedener und zwielichtiger Elemente um sich; auch einige angesehene Grafen, die auf eine Erneuerung der Eigenexistenz Lotharingiens hoffen mochten, schlossen sich ihm an; 883 verbündete er sich gar mit des Reiches Gegnern, den Normannen, mit deren Hilfe er sich das verlorengegangene Erbe zu sichern hoffte. 885 endlich gelang es KARL III., Hugo in Gondreville mit einiger Tücke - eine Art Burgfrieden ausnützend - festnehmen und blenden zu lassen. Die unmittelbare Gefahr war beseitigt.


    882 oo 2. Friderada, Witwe des Bernar



    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 75,76,78,81 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 450,478, 603; Band II Seite 87,130,144,151,207,238-240,242 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 162 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 18,22, 27,29,48,68,151,166, 231 - Hlawitschka, Eduard: Waren die Kaiser Wido und Lambert Nachkommen Karls des Großen?, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 227-247 - Lebe Reinhard: Ein Königreich als Mitgift. Heiratspolitik in der Geschichte. Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1998 Seite 37 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 37 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 223,251,253,269 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 160,162,172,175-180, 183 -

    Neue Deutsche Biographie - Hugo

    elsässischer Herzog, Thronprätendent in Lothringen, * vor 863, † nach 895 Kloster Prüm.

    Als Lothar II. den Kampf um die Annullierung seiner kinderlosen Ehe mit Theutberga und um die Erhebung seiner Verbindung mit Waldrada zur rechtsgültigen Muntehe gescheitert sah, übergab er 867 seinem Sohn H., auf dessen Legitimierung und Erbfolge er gehofft hatte, das Hzgt. Elsaß und stellte ihn und sein Reich unter den Schutz Ludwigs des Deutschen. Nicht nur die strengere Handhabung der Ausschließung illegitimer Söhne vom Nachfolgerecht, zu der die karolingische Gesetzgebung unter kirchlichem Einfluß seit 817 fortgeschritten war, sondern auch die Minderjährigkeit H.s beim Tod seines Vaters 869 bewirkten, daß Karl der Kahle und Ludwig der Deutsche den Sohn ihres Neffen beiseiteschoben und im Vertrag zu Meersen das Mittelreich unter sich teilten. Nach dem Tod Karls des Kahlen 877 unternahm H. den ersten Versuch, sich die Erbschaft im Land seines Vaters mit Waffengewalt zu verschaffen; dieser endete – nach einem Ermahnungsschreiben des EB Hinkmar von Reims – mit der Exkommunikation H.s durch das Konzil von Troyes (878). Unterstützt von einem Teil der Großen Lothringens, deren Ziel die Erneuerung der Sonderexistenz des Mittelreiches war, ergriff er 879 beim Tod Ludwigs des Stammlers und bei den darauffolgenden westfränk. Thronwirren erneut die Gelegenheit, seine Ansprüche auf Lothringen durchzusetzen, so daß auf Ludwig den Jüngeren zugleich mit den im Vertrag zu Ribémont erworbenen bisher westfränk. Teilen des Mittelreichs die Aufgabe zukam, den Kampf mit H. auszutragen. Er bot H. eine dem Königssohn angemessene Ausstattung mit mehreren Grafschaften und Abteien an, aber dieser war nicht bereit, sich abfinden zu lassen; vor dem Heer Ludwigs floh er zu Boso von Burgund. Karl III., der bei seinem Regierungsantritt in Ostfranken (882) dem bedrohlichen Vordringen der Normannen gegenüberstand, war auf eine Verständigung mit H. angewiesen: Er überließ ihm die Einkünfte des vakanten Bistums Metz und willigte bei den Verhandlungen mit den Normannen in Asselt, in deren Verlauf H. eine nicht recht greifbar werdende Schlüsselposition zukam, in die Heirat der Schwester H.s, Gisla, mit dem Dänenheerführer Gottfried ein. Daß diese Heirat nicht erst 883 mit „hochverräterischen“ Absichten gegen Karl III. zwischen H. und Gottfried vereinbart wurde, sondern bereits zu den Bedingungen des Vertrags von Asselt gehörte und ebenso wie die politische Einbeziehung Gottfrieds in das karoling. Lehns- und Herrschaftssystem die Verhältnisse in Lothringen stabilisieren sollte, kann nach neuen Forschungen (Buisson; Keller) als sicher gelten; bis 884 dauerte das Einvernehmen zwischen H. und dem Kaiser an. 885 erneuerte H. jedoch, die Abwesenheit Karls in Italien nutzend, seinen Griff nach dem lothring. Königtum, wobei er sich der Hilfe Gottfrieds, als Herzog von Friesland jetzt der mächtigste Große seines Reiches, bediente. Bei den von Karl angebotenen Verhandlungen wurde Gottfried zu Herispich erschlagen, H. in Gondreville gefangengesetzt und geblendet. Er kam in Klosterhaft, zuerst nach Fulda, später nach St. Gallen und von dort nach Prüm, wo er als Mönch zu einem unbekannten Zeitpunkt starb.

    Literatur
    ADB XIII; E. Dümmler, Gesch. d. ostfränk. Reiches II u. III, 21887/88; R. Parisot, Le royaume de Lorraine sous les carolingiens, 1899, S. 443 ff.; W. Sickel, Das Thronfolgerecht d. unehel. Karolinger, in: ZSRG 24, 1903; W. Vogel, Die Normannen u. d. fränk. Reich, 1906, S. 291 ff.; L. Buisson, Formen normann. Staatsbildung, in: Vorträge u. Forschungen V, 1960, S. 122 ff.; H. Keller, Zum Sturz Karls d. Dritten, in: DA 22, 1966; E. Hlawitschka, Lotharingien u. d. Reich an d. Schwelle d. dt. Gesch., 1968, S. 17 ff.


  6. 114.  von Lothringen, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (77.Lothar8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 860/865; gestorben in 907.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Fosses-la-Ville [5070],Wallonien,Belgien; Äbtissin von Fosses
    • Titel/Amt/Status: Nivelles [1400],Wallonien,Belgien; Äbtissin von Nivelles
    • Titel/Amt/Status: Friesland,Niederlande; Herzogin von Friesland

    Notizen:

    Gisela
    Äbtissin von Nivelles und Fosses
    Herzogin von Friesland
    860/65-26.10./21.5.907
    Tochter des Franken-Königs Lothars II. und der Friedelfrau Waldrada

    Werner Karl Ferdinand: Seite 455, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 14

    Brandenburg gibt den Tod der Gisla"+ nach 908 I 18" an. Sie starb aber 907 vor X 26 (siehe D Ludwig IV., nr. 55, ed. Th. Schieffer, in dem sie 907X 26 als verstorben erwähnt wird), nachdem sie zuletzt im Diplom König Karls III. von 907 V 21 (Lauer 57) als Intervenientin auftritt. Ihr Gemahl Gottfried war nicht bloß "normannischer Heerführer", sondern hatte einen erheblichen Teil Frieslands als dux von Kaiser KARL III. zu Lehen, bis ihn 885 VI KARLS Heerführer, der BABENBERGER Heinrich, beseitigen ließ.
    Vgl. zu Gisla auch Hoebank, L'Abbaye de Nivelles, 1951, 109ff.

    Schieffer Rudolf: Seite 180,183, "Die Karolinger"

    Von der erwarteten Erstürmung sah der Kaiser jedoch bald ab und gewährte den Feinden freien Abzug und neue Zahlungen gegen die Zusicherung ihres Anführers Gottfried, sich taufen zu lassen, eine Lehnsherrschaft in Friesland zu übernehmen und durch Heirat mit Lothars Tochter Gisela (aus der nicht anerkannten Ehe mit Waldrada) in die karolingische Familie einzutreten. Das Verhalten KARLS III. entsprang wohl der Überlegung, durch Respektierung der faktischen Machtlage in Lotharingien, in die auch Giselas Bruder Hugo durch Überlassung der Einkünfte des Bistums Metz einbezogen wurde, eine notdürftige Befriedung herbeiführen zu können.
    Gegen ein vermeintlich gefährliches Komplott beider Schwäger rückte nämlich Graf Heinrich vom Grabfeldgau, Stammvater der BABENBERGER und bewährter Heerführer schon Ludwigs des Jüngeren im Mai 885 an den Niederrhein und ließ Gottfried mit vielen der Seinen während vorgetäuschter Verhandlungen umbringen, nachdem man zuvor seine Gattin Gisela, die Tochter Lothars II., in Sicherheit gebracht hatte( + 907 als Äbtissin von Nivelles und Fosses), wenig später wurde auch Hugo, ihr Bruder, in Gondreville in einen Hinterhalt gelockt, überwältigt zund geblendet, um seine Tage als Mönch im Kloster Prüm zu beschließen. (+ nach 895).

    Konecny Silvia: Seite 66 Anm. 10,152,154, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Später war LOTHARS I. [Richtig: Lothars II.] Tochter Gisla dort Äbtissin, nachdem sie die ihr von KARL III. übertragene Abtei Fosse mit Nivelle vertauscht hatte [BM² 2046, 2048,1971, 20239].
    Nur Gisla, eine Tochter Lothars II., erhielt ihre Abtei Fosse wohl nicht von ihrem Vater, sondern vermutlich von KARL III., der seine Verwandte auf diese Weise vielleicht für eine politische Unterstützung gegen die Normannen belohnen wollte.
    Eine zweite ausländische Ehe ging Gisela, eine Tochter Lothars II., ein. Es ist nicht ganz klar, auf wessen Anregung die Heirat zustande kam, da die Historiographen sie sowohl im Sinne der Bündnispolitik KARLS III. als auch Hugos, der Bruders Gislas, verstehen. Möglicherweise war diese Ehe auch Ausdruck eines Friedensschlusses und kurzfristig hergestellten Konsenses zwischen KARL III. und Hugo einerseits und dem Kaiser und den Normannen andererseits. Bald scheint sich Hugo um ein Bündnid mit dem Schwager gegen KARL III. bemüht zu haben, während dieser offensichtlich bestrebt war, Einfluß auf Gisla zu nehmen. Für letzteres spricht vor allem der Umstand, daß Gisla später als Besitzerin der Abtei Fosse aufscheint, Hugo hingegen wegens einer normannischen Verbindung geblendet wurde.


    882 oo Gottfried von Dänemark, Herzog in Friesland - 885


    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 75,80 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 450; Band II Seite 207,225,239,241, 143,542,547 - Hlawitschka Eduard: Studien zur Äbtissinnenreihe von Remiremont. Buchdruckerei und Verlag Karl Funk, Saarbrücken 1963, Seite 15 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 152,155 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 180,183 -

    Gisela heiratete von Friesland, Gottfried II in 885. Gottfried gestorben in Jun 885 in Rijnwaarden [6910],Gelderland,Niederlande . [Familienblatt] [Familientafel]


  7. 115.  von Lothringen, Berta Graphische Anzeige der Nachkommen (77.Lothar8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 863; gestorben am 8 Mrz 925.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Arles (Grafschaft),Bouches-du-Rhône,Provence-Alpes-Côte d’Azur,Frankreich; Gräfin von Arles
    • Titel/Amt/Status: Tuszien,Italien; Markgräfin von Tuszien

    Notizen:

    Berta von Lotharingien
    Gräfin von Arles
    Markgräfin von Tuszien
    863-8.3.925
    Illegitime Tochter des Königs Lothar II. von Lotharingien von seiner Konkubine Walderada
    Bertha wurde 915 Regentin und besaß bis zuletzt großen Einfluß.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 168, "Die Widonen im Dukat von Spoleto" in Stirps Regia

    Widos Gemahlin Ita kann damit nicht eine Tochter Kaiser LOTHARS I. gewesen sein, wie man das noch vor etwa 25 Jahren zur Erklärung des rasanten Aufstegs der WIDONEN in Italien für höchstwahrscheinlich hielt. Ita kann übrigens auch schon deswegen keine Tochter LOTHARS I. gewesen sein, weil dann ihr Enkel, der Herzog Adalbert II. von Tuszien, in Berta, einer Tochter König Lothars II., eine zu nahe Verwandte gegen alle kirchlichen Ehegesetze der damaligen Zeit geehelicht haben müßte.

    Hlawitschka Eduard: Seite 29, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    In der Nachkommenschaft Kaiser LOTHARS I. existierte, da Lothar II. und Waldradas Sohn Hugo 885 geblendet und regierungsunfähig gemacht worden war und die beiden damals erst wenige Jahre alten Söhne von Hugos Schwester Berta gleichfalls mit dem Makel Waldradas behaftet und für das Nachfolgeproblem nicht in Betracht zu ziehen waren, auch nur noch ein in Frage kommender Knabe: nämlich LUDWIG, ein Sohn des Usurpators Boso von der Provence und Irmingards.

    Kimpen Emil: Seite 40, "Zur Königsgenealogie der Karolinger- bis Stauferzeit"

    Beider Sohn Markgraf Adalbert II. der Reiche (+ um 915), der zweite Gatte von König Lothars II. Tochter Bertha (+ 925), ist urkundlich als "nepos" Kaiser WIDOS bezeugt und hatte zwei offensichtlich zu Ehren der gekrönten WIDONEN wie auch der Betonung eigener Thronansprüche benannte Söhne Wido und Lambert..

    Konecny Silvia: Seite 153, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Aber auch die Ehe Bertas, einer Tochter Lothars II., mit Theotbald von Arles, die vielleicht auf Betreiben von deren Bruder Hugo zustande kam, diente weitgehend adeliger Bündnispolitik [Theotbald zählte 883 zu den Verbündeten von Bertas Bruder Hugo, Regino, Chronicon a. 883; Seite 264.].

    Riche Pierre: Seite 264,266, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Der mächtigste Fürst Italiens war damals der Markgraf von Tuszien, Adalbert II. dives, der mit Lothars II. und Waldarads Tochter Bertha verheiratet war und sich deshalb als Verwandter der KAROLINGER fühlte. Er rief im Jahre 905 LUDWIG erneut nach Italien.
    Auch Hugo von Arles ließ sich von der italienischen Krone verlocken, besonders weil seine Mutter Bertha in zweiter Ehe Adalbert II. von Tuszien geheiratet hatte.

    Schieffer Rudolf: Seite 175, "Die Karolinger"

    Deshalb versuchten ihn Ludwig der Jüngere 881 durch eine Ausstattung mit mehreren Grafschaften und Abteien, darunter Lobbes, abzufinden, aber Hugo entzog sich dem Frieden bald wieder in der begründeten Voraussicht, für seine Ambitionen stets genügend bewaffnete Unterstützung in unzufriedenen Kreisen finden zu können. Durch die Heirat seiner Schwester Bertha mit dem Grafen Theotbald von Arles, der ihn auch militärisch unterstützte und ausgerechnet ein Neffe Theutbergas, der Nebenbuhlerin seiner Mutter Waldrada, war, schlug Hugo zudem eine familiäre Brücke zu den BOSONIDEN.


    1. oo Theotbald Graf von Arles - um 895

    895/98 2. oo Adalbert II. der Reiche Markgraf von Tuszien - 17.8.915


    Kinder:

    1. Ehe
    - Boso III. Graf von Arles 885 - 935
    - Theutberga
    oo Werner Graf von Troyes - 6.8.924
    - Hugo der Böse König von Italien 880-10.4.947

    2. Ehe
    - Lambert Herzog von Lucca 897 - 958
    - Wido Markgraf von Tuszien 896 - 928/29
    - Ermengard 901 - 29.2.931
    915 oo Adalbert I. Markgraf von Ivrea - 923


    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 450; Band II Seite 131,377 - Hlawitschka, Eduard: Die Widonen im Dukat von Spoleto. in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 155-227 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 29 - Hlawitschka, Eduard: Waren die Kaiser Wido und Lambert Nachkommen Karls des Großen?, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 227-247 - Kimpen Emil: Zur Königsgenealogie der Karolinger- bis Stauferzeit. - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 153 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 264, 266 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 175,195 -

    Berta heiratete von Arles, Theotbald um 880. Theotbald (Sohn von von Arles, Hugbert) wurde geboren um 850; gestorben um 895. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 145. von Arles, Boso III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 885; gestorben nach 938.
    2. 146. von Arles, Theutberga  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 880/885; gestorben vor 948.
    3. 147. von Italien, Hugo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 880; gestorben am 10 Apr 947 in Arles [13200],Bouches-du-Rhône,Provence-Alpes-Côte d’Azur,Frankreich.

    Berta heiratete von Tuszien, Adalbert II. in 895/898. Adalbert wurde geboren um 875; gestorben am 17 Aug 915; wurde beigesetzt in Lucca [55100],Toskana,Italien. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 148. von Tuszien, Lambert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 897; gestorben in 958.
    2. 149. von Lucca, Wido  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 896; gestorben in 929.
    3. 150. von Lucca, Ermengard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 901; gestorben in Feb 931.

  8. 116.  von Lothringen, Ermengard Graphische Anzeige der Nachkommen (77.Lothar8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben nach 895/898.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Nonne

    Notizen:

    Ermengard Nonne
    -6.8. nach 895/98
    Tochter des Franken-Königs Lothar II. von der Walderada

    Werner Karl Ferdinand: Seite 455, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 16

    Zu Ermengard, der Schwester der Markgräfin Bertha von Tuscien, gibt Brandenburg nur den Namen.
    Ihr Todestag, VIII Id. Aug. = VIII 6 ist jedoch durch ein Epitaph in der Kirche S. Iustina in Lucca überliefert, aus dem hervorgeht, daß die dicata Deo, famula Christ war, MG Poet. lat. 4, 1007.
    Vgl. die dort vom Herausgeber genannte Literatur; Hofmeister, Markgrafsch. 392, Anm. 3. Lucca, die Residenz des Markgrafen von Toskana, als Ort des Epitaphs läßt vermuten, daß Ermengard erst nach c 895/98, dem Datum der Ehe ihrer Schwester Bertha mit dem Markgrafen Adalbert von Tuscien (siehe Tafel, V,15), starb.

    Gestorben:
    6.8.


  9. 117.  Witbert Graphische Anzeige der Nachkommen (78.Rotrud8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 850; gestorben in 883.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Lothringen,Frankreich; Graf in Lothringen

    Notizen:

    Witbert (Wicbert) Graf in Lothringen
    um 850 - 883 ermordet
    Einziger Sohn des Grafen Lambert II. von Nantes und der Rotrud von Lothringen, Tochter von Kaiser LOTHAR I.

    Thiele, Andreas: Tafel 389, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

    LAMBERT II. + 852 gefallen
    oo um 850 ROTRUD VON LOTHRINGEN Tochter des römisch-fränkischen Kaiser LOTHAR I.
    Der einzige Sohn, Graf Witbert (Wibert) wird von seinem ehemaligen Mündel und Cousin Herzog Hugo von Elsaß um 892 ermordet.

    Dümmler Ernst: Seite 204,207, "Geschichte des Ostfränkischen Reiches."

    882
    Unter der Vermittlung des Bischofs Liutward und des trugvollen Grafen Wikbert, die von der Volksstimme beide der Bestechung beschuldigt wurden [14 Hinkmar a.a.O.: interventione quorudam; Ann. Fuld. P. IV 882: quidam ex consilariis augusti nomine Liutwardus pseudoepiscopus ... iuncto sibi Wicberto comite fraudulentissimo imperatorem adiit et ab expugnatione hostium pecunia corruptus deduxit (Als KARL DER KAHLE im Jahre 845 die Normannen abkaufte, geschah es auch princibus tamen quibusdam, ut fadebur, muneribus laesis nach Aimoin), vielleicht derselbe Graf Wikbert, den der Bastard Hugo später tötete (Regino 883).], erschien im kaiserlichen Lager der Seekönig Gotfrid, um mit KARL, der ihn als Freund empfing, über den Frieden zu verhandeln.
    Der verwilderte Königssohn, hierdurch nur in seinen Absichten bestärkt, fuhr daher fort in wüster und gewalttätiger Weise in Lothringen zu schalten. Seine eigenen Anhänger fühlten sich vor den Ausbrüchen seiner wilden Leidenschaft nicht sicher [20 Regino, über Hugo besodners gut unterrichtet, meldet a. 883 Einiges über ihn, was sich nicht genau unter bestimmte Jahre einreihen läßt.]: so ließ er einmal, wir wissen nicht weshalb, den Grafen Wikbert töten, der ihm von Kindesbeinen an hold gewesen, wenige Tage darauf ward auf seinen Befehl der edle Bernar, ein ihm ergebener Mann meuchlings ermordet.

    oo N.N.
    Kinder:
    - Witbert - nach 896

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Seite 204,207 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 Seite 151,166 - Hlawitschka, Eduard: Waren die Kaiser Wido und Lambert Nachkommen Karls des Großen?, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris Seite 229-236,240,554,558 - Jahrbücher von Fulda. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 Seite 116 - Regino Chronik. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 a. 883 Seite 265 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 389 -

    Gestorben:
    ermordet


  10. 118.  von Kärnten, Arnulfvon Kärnten, Arnulf Graphische Anzeige der Nachkommen (88.Karlmann8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 850; gestorben in 899 in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland; wurde beigesetzt in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: seit 22 Feb 896; römischer Kaiser
    • Titel/Amt/Status: 894-899, Italien; König von Italien
    • Titel/Amt/Status: 880-899, Kärnten,Österreich; Markgraf von Kärnten
    • Titel/Amt/Status: 887-899, Ostfrankenreich; Ostfränkischer König

    Notizen:

    Spätmittelalterliches Porträt Kaiser Arnulfs aus einer Handschrift des 1387 abgeschlossenen Liber Augustalis des Benvenuto de Rambaldis

    spätmittelalterliches Porträt Kaiser Arnolfs



    ARNULF
    Ostfränkischer König(887-899)
    römischer Kaiser seit 22.2.896
    König von Italien (894-899)
    Markgraf von Kärnten (880-899)
    um 850-29.11.oder 8.12.899 Regensburg Begraben: Regensburg, St. Emmeram

    Illegitimer Sohn des Ostfränkischen Königs Karlmann und der Luitswinda, einer Schwester des nordgauischen Grafen Ernst; Enkel von König Ludwig II. dem Deutschen

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1013, ARNULF "VON KÄRNTEN", ostfränkischer König

    um 850-8.12.899
    Außerehelicher Sohn König Karlmann und der Liutwind, offenbar einer LUITPOLDINGERIN.
    Er war mit Uta (Oda) verheiratet..

    Söhne:
    Ludwig das Kind
    Zwentibold
    Ratold

    Wie sein Vater Karlmann ist auch ARNULF durch die politische und militärische "Schule" als Befehlshaber in den südöstlichen Marken gegangen. Nach der Enthebung unsicherer Grenzgrafen in Karantanien setzte König Karlmann nach 876 seinen außerehelichen Sohn ARNULF dort als Amtsträger ein. ARNULF konnte rasch seinen Machtbereich zumindest auf Unterpannonien ausdehnen; seine Versuche, auch die Grenzgrafschaften im (nördlichen) Donauraum unter Kontrolle zu bringen, scheiterte dagegen. ARNULF versuchte nicht, nach dem Tode seines Vaters (880) zur Macht zu kommen. Er lernte früh, politisch abzuwarten. 882 befehligte er den bayerischen Heerbann gegen die Normannen. Anschließend baute er sich mit Hilfe mächtiger Parteigänger im Südosten eine offenbar unabhängige Stellung aus. 885 schloß er eigenmächtig Frieden mit den Mährern.
    Als der kranke Kaiser KARL III. politisch immer schwächer wurde, griff ARNULF rasch zu, verband sich 887 mit dem abgesetzten Erzkanzler Liutward zum Sturze KARLS. Entscheidend war aber die Mehrheit der Großen des ostfränkischen Reiches, die auf den Reichsversammlungen von Tribur und Frankfurt vom Kaiser abfielen und zu ARNULF, dem illegitimen, aber doch letzten aktiven KAROLINGER, überliefen, der mit einem bayerischen und slavischen Heeresaufgebot gegen KARLeilte. In Forchheim erfolgte dann die förmliche Wahl und Huldigung durch die Großen.
    ARNULF hat sich kurz nach seinem "Staatsstreich" und seiner Wahl nach seinem Kernland Bayern zurückgezogen, offensichtlich, um seine Herrschaft von dieser alten Machtbasis aus zu festigen. Von dieser Situation her erklärt sich, dass er nicht sofort Huldigungsgebote an alle Teile des fränkischen Gesamtreichs sandte, dass er nicht eingriff bei der Entstehung von Kleinkönigreichen außerhalb seines ostfränkischen Reichsteils und dass er 888 die von den westfränkischen Bischöfen und Großen angebotene Königswahl ablehnte, ja sogar noch 890 die päpstliche Einladung nach Italien. 888 machte er aber bereits seine Oberherrschaft in Lotharingien und Oberitalien geltend. Die neuen Herrscher (mit Ausnahme WIDOS VON SPOLETO) suchten freilich bei ihm die Anerkennung ihrer Herrschaft, so dass ARNULF seine Oberhoheit in lehnsrechtlicher Form durchsetzen konnte.
    ARNULF, der sich im Osten eine fast königliche Stellung aufgebaut hatte, lernte in der großen WILHEMINER-Fehde wohl zum ersten Male die politische Taktik des vorsichtigen und geschickten Verhaltens gegenüber den mächtigen Großen. In seiner bayerischen Königslandschaft wählte er vor allem zwei - offenbar mit ihm verwandte - Personen zu seinen Favoriten: Luitpold und Sigihard. Deren Familien konnten in der Folgezeit Bayerns Geschichte entscheidend prägen. Vor allem Luitpold rückte jeweils in die wichtigen Positionen abgesetzter, weil konspirierender Grenzgrafen ein. In ähnlicher Weise favorisierte ARNULF in O-Franken die KONRADINER und schwächte die BABENBERGER. Trotz der realistischen und sehr dynamischen Politik ARNULFS kam den Großen des Reiches auf den Reichsversammlungen entscheidende Bedeutung zu, vor allem in der Nachfolgefrage des Königsamts. Das zeigt sich schon bei seiner Wahl, aber noch mehr bei der seines Nachfolgers. Als ARNULFS Gattin Uta ihm noch keinen Thronfolger geboren hatte, legte der König 889 der Reichsversammlung in Forchheim die Bitte vor, seine beiden außerehelichen Söhne Zwentibold und Ratold als seine Nachfolger anzuerkennen. Erst nach langem Ringen ließen sich die Großen auf einen Kompromiß ein. Gerade hier und bei der Apanagierung von ARNULFS Söhnen wird deutlich, dass die Großen ihren Mitregierungsanspruch in voller Stärke zum Ausdruck bringen konnten und geradezu korporativ dem König gleichberechtigt gegenübertraten. Am Ende der Regierung ARNULFS hatte die Reichsversammlung sogar die Möglichkeit, über Mitglieder der königlichen Familie Recht zu sprechen, wie der Prozeß gegen die Königin Uta 899 beweist.
    ARNULF konnte sich seit der Synode von Frankfurt 888 stark auf die Bischofskirche stützen. Die Synode von Tribur von 895 betonte besonders die sakrale Stellung des Königs. Freilich widersetzten sich die bayerischen Bischöfe, als ARNULF seinem Kanzler und ehemaligen Bischof von Neutra, Wiching, auf den Passauer Bischofsstuhl setzte.
    Allein ein Drittel der Urkunden ARNULFS wurden in Regensburg ausgestellt, wo sich ARNULF eine neue Pfalz erbauen ließ und mindestens vier Reichsversammlungen abhielt. Zahlreiche Herrschaftsaufenthalte ARNULFS sind hier bezeugt (jährlich, darunter vier Winteraufenthalte und fünf Osterfeste). In dieser Wahl des Kernlandes spiegelt sich nicht nur seine eigene Vergangenheit, sondern auch die Betonung der Tradition Ludwigs des Deutschen und die Priorität der SO-Politik, aber auch das feine Gespür ARNULFS für politische Realitäten.
    Neben den machtpolitischen Gegebenheiten im Innern seines Reiches hatte ARNULF vor allem mit schon "traditionellen" äußeren Gegnern und Gefahren zu rechnen: Normannen und Slaven. Bereits 891 siegte er glänzend über die eindringenden Normannen bei Löwen an der Dyle (heute Belgien). Durch seine ganze Regierungszeit zieht eine sehr stark aktive Ostpolitik, besonders gegen das erstarkte Großmährische Reich Svatopluks. Erst nach Svatopluks Tod 894 erkannten dessen Söhne die Oberhoheit ARNULFS wieder an. Auch die Böhmen, Sorben und Abodriten akzeptierten seine Oberherrschaft.
    Als die Ungarngefahr drohte, verlieh ARNULF dem slavischen dux Brazlav die Anwartschaft auf Unterpannonien, um eine solide Grenzwacht gegen den neuen Feind zu schaffen, dem er 892 wohl noch verkannt hatte; denn beim Feldzug gegen Svatopluk hatte er selbst die Ungarn zu Hilfe gerufen, die mit ihm gegen den Mährer kämpften.
    Dem durch Adelskämpfe und Normanneneinfälle geschüttelten Westen suchte ARNULF durch Praktiken, die schon sein Vater und Großvater im Südosten angewandt hatten, zu festigen. Nach Beseitigung des lothringischen Großen, Graf Megingaud (+ 892), erhielt ARNULFS Sohn Zwentibold dessen Lehen und Ämter; 895 konnte Zwentibold schließlich - nach anfänglichen Widerstand der Großen - zum König von Lotharingien gekrönt werden, was einer neuen Reichsteilung nahekam. Zwentibold fügte sich freilich letztlich der Autorität seines Vaters.
    Erst 894 folgte ARNULF dem Hilferuf des von Kaiser WIDO bedrängten Papstes nach Italien, der ihm die italienische Königskrone einbrachte. Erst 896 konnte ARNULF in einem zweiten Zug Rom erobern und die Kaiserkrone erlangen. Während der Verfolgung der WIDONEN schwer erkrankt, mußte er auf seine universalen Ziele verzichten und nach Bayern zurückkehren, wo er sich nicht mehr erholte.
    ARNULFS Regierungszeit ist geprägt durch den Zerfall des fränkischen Gesamtreiches und die Entstehung eines kräftigen ostfränkischen Sonderbewußtseins, das schließlich zur Entstehung des deutschen Reiches führte.

    Quellen und Literatur:
    K. Reindel, Die bayer. Luitpoldinger 893-989, 1953, s. v. - Dümmler III - G. Tellenbach, Kgtm. und Stämme in der Werdezeit des dt. Reichs, 1939 - H. Appelt, A. v. Kärnten und das Karolingerreich (Kärnten in europ. Schau, 1960) - Die Entstehung des dt. Reiches, hg. H. Kämpf (WdF I, 1963) [Beitr. V. E. Klebel, W. Schlesinger, G. Tellenbach, M. Linzel] - H. Keller, Zum Sturz Karls III., DA 22, 1968 - E. Hlawitschka, Lotharingien und das Reich an der Schwelle der dt. Geschichte, 1968 - P. Schmid, Regensburg, Stadt der Kg.e und die bayer. Hzg.e im MA, 1977.

    Bosl’s Bayerische Biographie: Seite 27

    ARNULF VON KÄRNTEN, ostfränkischer König, Kaiser
    * vor 850, + 8.12.899 Regensburg Begraben: Regensburg, St. Emmeram

    Vater:
    König Karlmann (+ 880)
    Mutter:
    Luitswind (+ vor 891)

    1. oo unbekannt
    2. oo Ellinrat
    3. oo Uta

    Erhielt von seinem Vater 876 die Markgrafschaft Kärnten und Pannonien.
    887 König.
    Sieg über die Normannen bei Löwen (891).
    Kampf gegen Swatopluk von Mähren (+ 894)
    896 in Rom zum Kaiser gekrönt.
    Otto von Freising schrieb: Von allen Städten seines Reiches liebte ARNULF am meisten Regensburg, die Hauptstadt Bayerns“. 59 von insgesamt 176 Urkunden stellte ARNULF in Regensburg aus. Eine Schenkungen für das Kloster St. Emmeram.

    Literatur:
    NDB 1; BWB 1; LThK 1; S. Rösch, Caroli Magni Progenies, 1977; G. Tellenbach, Z. Gesch. Kaiser Arnulfs in: HZ 165, 1942
    Nach dem Tode seines Vaters fiel ARNULF das Herzogtum Kärnten zu. Auf dem Reichstag zu Tribur im Jahre 887 zwang der ostfränkische Adel den unfähigen KARL III. zur Abdankung und erhob ARNULF VON KÄRNTEN zum König. ARNULF versuchte, eine Oberhoheit über die anderen Reichsteile auszuüben und karolingische Reichspolitik zu treiben. Im Jahre 888 wurde er von Odo, König des westfränkischen Reiches, König Rudolf I. von Hochburgund und König BERENGAR I. VON ITALIEN als oberster Lehnsherr anerkannt. Im Oktober 891 besiegte ARNULF bei Löwen an der Dyle die Normannen, die seitdem nicht mehr ins ostfränkische Reich einfielen. Den Herzog Swatopluk von Mähren, der sich weigerte, dem König die Kaiser KARL III. geleistete Huldigung zu erneuern, vermochte er nicht zu unterwerfen. Im Jahre 894 unternahm ARNULF seinen ersten Zug nach Italien, als dessen König er anerkannt wurde. ARNULF folgte einem Hilfeersuchen des Papstes Formosus, der 892/93 gezwungen wurde, WIDO VON SPOLETO und seinen Sohn LAMBERT zum Kaiser zu krönen. Auf seinem zweiten Italienzug im Jahre 896 wurde ARNULF von Papst Formosus zum Kaiser gekrönt. Es gelang ihm jedoch nicht, LAMBERT zu überwinden und sich in Italien durchzusetzen. 897 ließ ARNULF die ostfränkischen Großen seinem Sohn Ludwig den Treueid leisten, um die Erbfolge zu sichern. Wenig später erlitt er einen Schlaganfall, der ihn für den Rest seines Lebens regierungsunfähig machte. Nach seiner Rückkehr aus Italien hielt er sich meist in Bayern auf.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 456, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 20

    Zu den Konkubinen ARNULFS "VON KÄRNTEN" vgl. Dümmler 3, 480.
    Daten und Identifizierung ergeben sich aus dem, was wir über ARNULFS uneheliche Kinder wissen: Auf die Mutter Zwentibolds und die Mutter Ratolds folgte die Mutter Ellinrata gleichen Namens. Ist ARNULFS Tochter identisch mit der Tochter, die vor 893 von Graf Engelschalk entführt wurde, dann liegt ihr Geburtsdatum bei etwa 870/75.
    Erst sehr viel später ging ARNULF eine legitime Verbindung mit der KONRADINERIN Oda ein. Wir haben Anlaß anzunehmen, daß dies kurz vor einer Erhebung zum König Ende 888 geschah, und die mächtige Partei der KONRADINER in Franken und Lothringen für den Prätendenten aus Baiern gewinnen half.
    In den Urkunden ihres Sohnes Ludwig (MG Die Urkk. d. dt.Karol. 4, ed. Th. Schieffer) begegnet Oda mehrfach, DD 12,26, 28, jedoch nicht als Intervenientin, sondern nur als erwähnte Vorbesitzerin wertvollen Besitzes (so der Königshöfe Brixen, Velden und Föhring), den Ludwig vergabt. Keine dieser Erwähnungen, die letzte 903 XI 30, spricht von ihr als einer Toten. Im Juni 899 hatte sich Oda gegen die Anklage des Ehebruchs verteidigen müssen, Dümmler 3, 462. Da sie nicht beim Sohn weilt, darf man annehmen, daß sie sich in ihre fränkische Heimat zurückgezogen hat. (Brandenburg gibt als Todesdatum "nach 899 VI" an).

    Hartmann Wilfried: Seite 81-89, „Kaiser Arnulf von Kärnten (887-899)“ in Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern, Hg. Karl Rudolf Schnith

    Die Absetzung des kranken und regierungsunfähigen KARLS III. durch eine Gruppe einflußreicher Adeliger des ostfränkischen Reiches bedeutete keine endgültige Absage an den karolingischen Reichsgedanken, denn sonst hätten die Verschwörer nicht erneut einen KAROLINGER zum König erhoben. Da von den Söhnen Ludwigs des Deutschen keiner einen legitimen Nachkommen hinterlassen hatte (der Sohn Ludwigs des Jüngeren war im Alter von zwei Jahren einem Unfall zum Opfer gefallen), griff man auf den ältesten illegitimen Sproß eines der Ludwigs-Söhne zurück, und das war ARNULF, der Sohn Karlmanns. Sein Vater hatte ihn bei seinem Aufstieg zum Königtum zum Präfekten der östlichen Grenzmarken erhoben; in die Geschichte ist er als ARNULF "VON KÄRNTEN" eingegangen. Im Südosten lag auch die Machtbasis ARNULFS, der bereits auf dem Feldzug gegen die Normannen im Jahr 882 als Anführer des bayerischen Aufgebots erscheint und 884/85 gegenüber dem Mähren-Fürst Zwentibold-Swatopluk eine eigenständige Politik treiben kann, die von den Intentionen Kaiser KARLS III.deutlich abweicht. Sein Herrschaftszentrum blieb auch nach seiner Wahl zum König Bayern; vor allem Regensburg war seine bevorzugte Residenz, die Pfalzen Ötting und Ranshofen, wo sich schon sein Vater Karlmann und sein Großvater Ludwig der Deutsche als bayerische Könige gern aufgehalten hatten, wurden auch von ihm häufig besucht. Der zweite Schwerpunkt seiner Herrschaft aber war Frankfurt, das auch schon unter Ludwig dem Deutschen und Ludwig dem Jüngeren der wichtigste Aufenthaltsort im eigentlichen Kern des ostfränkischen Reiches, im Gebiet um den Mittelrhein und den unteren Main gewesen war. Dazu kommen als weitere wichtige Pfalzen in dieser Region Tribur, Ingelheim und Worms, ebenfalls aus den Zeiten der Vorgänger bekannte Aufenthaltsorte.
    Diese beiden Schwerpunkte seiner Herrschaft hat ARNULF nur selten für längere Zeit verlassen; immerhin machte er im Jahr 899 einen Versuch, durch einen Zug nach Sachsen in diesem sonst von seinen Vorgängern vernachlässigten Gebiet die königlichen Herrschaftsansprüche zur Geltung zu bringen. Und aus den Urkunden ARNULFS geht hervor, dass auch Empfänger aus Schwaben und Lotharingien daran interessiert waren, ihre Privilegien und Besitztümer durch den König bestätigt zu erhalten, obwohl er diese Regionen nicht persönlich aufgesucht hat.
    Bei der Erhebung ARNULFS zum König im November 887 waren die lotharingischen Großen zwar beteiligt gewesen, aber die Herrschaft über Lotharingien konnte erst durch zwei Kriegszüge in den Jahren 891 und 893 durchgesetzt werden. Anscheinend hatte eine mächtige Adelsgruppe in diesem Gebiet beabsichtigt, einen anderen KAROLINGER zu ihrem König zu erheben. Auf der Synode von Metz im Jahr 893 erscheint ARNULF dann als der Herrscher, für den die Kirche Lotharingiens betet; damit war die Unterwerfung dieses Gebiets äußerlich abgeschlossen. Synoden spielten auch sonst für die Sicherung der Herrschaft ARNULFS eine zentrale Rolle: Gleich am Beginn seiner Regierung hat Erzbischof Liutbert von Mainz versucht, auf einer Mainzer Synode seine angeschlagene Position (er war noch 887 zum wichtigsten Ratgeber KARLS III. avanciert und hatte bei der Absetzung dieses Kaisers beiseite gestanden) zu verbessern. Die Beschlüsse dieses Konzils, das nach 20 Jahren zum erstenmal wieder einen beträchtlichen Teil des ostfränkischen Episkopats versammelte, enthielten Bestimmungen, durch die der König geschützt und ermahnt werden sollte. Sie zogen Kanones westgotischer Konzilien heran, um den König durch Androhung kirchlicher Strafen vor Anschlägen zu schützen, und sie zitierten Texte Isidors von Sevilla, um dem König die Pflichten eines christlichen Königs vor Augen zu führen. Ob es Liutbert von Mainz gelungen ist, auch bei ARNULF eine einflußreiche Stellung zu erhalten, wird nicht deutlich; er ist bereits 889 verstorben (am 17.2.). Das Amt des Erzkapellans, das er unter Ludwig dem Deutschen, Ludwig dem Jüngeren und zuletzt auch unter KARL III. innehatte, wurde weder ihm noch seinem Nachfolger auf dem Mainzer Stuhl übertragen; ARNULF hatte es an den bayerischen Metropoliten, Erzbischof Theotmar von Salzburg, übergeben.
    Einen Höhepunkt königlicher Macht stellte die Synode und Reichsversammlung von Tribur im Jahr 895 dar, auf der nebeneinander die weltlichen Großen und die Bischöfe tagten. Dabei versuchten die Bischöfe, die hoch-karolingischen Traditionen wiederzubeleben und ein gemeinsames Vorgehen weltlicher und kirchlicher Amtsträger gegen Verbrecher zu erreichen. Die Zerrüttung der Verhältnisse zeigt sich darin, dass - wie schon in Metz 893 - wichtige Kanones erlassen werden mußten, um den tätlichen Angriffen von Laien auf Kleriker zu wehren, die damals anscheinend stärker als in früheren Jahren bedroht oder gar erschlagen wurden, wenn sie versuchten, die kirchlichen Vorschriften auf dem Gebiet des Eherechts durchzusetzen.
    Zweifellos strebte ARNULF ein gutes Einvernehmen mit der Kirche an, aber man darf deshalb in ihm keinen Herrscher sehen, der sich in erster Linie auf die Kirche stützte. Dagegen spricht bereits, dass er auf eine Salbung verzichtete. Weiterhin können als Helfer des Königs sowohl geistliche als auch weltliche Große namhaft gemacht werden. In den einzelnen Regionen des Reichs war die Situation allerdings unterschiedlich: In Schwaben waren es vor allem geistliche Amtsträger, die ARNULF stützten, so Abt Hatto von Reichenau und Bischof Salomo III. von Konstanz, während die weltlichen Großen anscheinend den Tagen KARLS III. nachtrauerten, in denen Alemannien im Zentrum des Reichs gestanden hatte. So erklärt sich wohl auch, dass der Aufstandsversuch von KARLS III. Friedelsohn Bernhard von einigen Adeligen in Rätien und in Alemannien unterstützt wurde. Anders war die Lage in Sachsen und in Franken, wo die wichtigsten Familien, die KONRADINER in Franken und die LIUDOLFINGER in Sachsen, an die Zeiten Ludwigs des Jüngeren anknüpfend ein enges Verhältnis zum König suchten, um in ihren Regionen möglichst freie Hand zu haben. Diese Politik war bei den LIUDOLFINGERN erfolgreicher als bei den KONRADINERN, denn Sachsen lag an der Peripherie des Reiches, Franken aber bildete seinen Schwerpunkt.
    Gewisse Schwierigkeiten hatte ARNULF anscheinend auch in seinem bayerischen Kerngebiet, wie sich in der Affäre des Markgrafen Engelschalk von Pannonien zeigte. Als dieser nämlich zur Steigerung seiner Machtposition eine uneheliche Tochter ARNULFS entführte, mußte er zuerst nach Mähren flüchten, ehe er sich mit ARNULF aussöhnen konnte. Seine bayerischen Standesgenossen waren aber nicht bereit, eine Sonderstellung Engelschalks zu dulden. Sie hielten daher 893 ohne Wissen des Königs in der königlichen Pfalz zu Regensburg eine Gerichtsversammlung ab, auf der Engelschalk verurteilt und geblendet wurde. Zwei Jahre später kam es zu einer noch gefährlicheren Situation, weil sich der mächtige Markgraf Engildeo, der auch Graf im Nordgau war, mit Hildegard, der Tochter Ludwigs des Jüngeren, verband. Die genaueren Hintergründe und Vorgänge werden zwar aus den Quellen nicht deutlich, wir wissen nur, dass Engildeo seine Grafschaften verlor und auch Hildegard - zumindest vorläufig - ihre Erbschaft entzogen wurde.
    Schon kurz nach Erlangung der ostfränkischen Königswürde erhielt ARNULF auch die Möglichkeit, weitere Teile des Frankenreichs seiner Oberhoheit zu unterwerfen. In W-Franken war nach dem Tode KARLS III. im Januar 888 mit dem Grafen Odo von Paris ein Nicht-KAROLINGER König geworden; Karl, der nachgeborene Sohn des 879 verstorbenen Ludwigs des Stammlers, kam als Herrscher (noch) nicht in Frage. Auf dem Reichstag von Frankfurt, den ARNULF im Sommer 888 einberufen hatte, erschienen auch westfränkische Große, unter Führung des Erzbischofs Fulco von Reims, und forderten ARNULF auf, die westfränkische Krone anzunehmen. ARNULF ließ sich darauf jedoch nicht ein, sondern schloß ein Abkommen mit König Odo, der durch einen Sieg über die Normannen seine Stellung gefestigt hatte. Odo nahm die formale Oberhoheit des Ostfrankenkönigs hin und ließ sich am 13.11.888 noch einmal in Reims krönen mit einer Krone, die ihm ARNULF übersandt hatte. Die Erfahrung KARLS III. hatten ARNULF wohl zu der Einsicht veranlaßt, dass das großfränkische Reich durch einen einzelnen Herrscher in einer Zeit schwerer äußerer Bedrohungen nicht zu regieren war.
    Daher anerkannte ARNULF auch das Königtum des WELFEN Rudolf in Hochburgund. Und als ihm 888 in Italien der dort zum König erhobene BERENGAR VON FRIAUL entgegentrat, begnügte sich ARNULF vorläufig ebenfalls mit der Anerkennung einer Oberhoheit. 890 wurde in Valence LUDWIG VON DER PROVENCE, den einst KARL III. zu seinem Nachfolger erkoren hatte, zum König der Provence erhoben; die Gegenwart von Abgesandten König ARNULFS bezeugt, dass dieser auch hier eine Oberherrschaft beanspruchte.
    Wie die Vorgänger Ludwig der Jüngere und KARL III. stand auch ARNULF vor der schwierigen Aufgabe, den Kampf gegen die Normannen zu führen, der nicht siegreich abgeschlossen werden konnte, weil die Franken keine Flotte besaßen und sich die Normannen daher auch im Fall einer Niederlage in ihre Stützpunkte in Dänemark oder England zurückziehen konnten. Ein Kriegszug der Ostfranken im Juni 891 endete mit einer schweren Niederlage gegen die Normannen; die Anführer des ostfränkischen Heeres, Erzbischof Sunderold von Mainz und ein Graf Arnulf, fanden dabei den Tod. Im Herbst 891 mußte König ARNULF persönlich ins Feld ziehen; dazu wurden die Franken und die Alemannen aufgeboten. Die Alemannen sollen, wie es heißt, "unter dem Vorwand der Krankheit", umgekehrt sein, die Franken marschierten weiter. Mitte Oktober kam es an der Dyle bei Löwen zur Schlacht; die Franken stiegen zur Überraschung der Normannen unter Führung des Königs vom Pferd und griffen die Befestigungen zu Fuß an. Der Sieg war vollständig; zwei normannische Anführer, Gottfried und Siegfried, waren gefallen und eine große Anzahl von Feldzeichen konnten erobert werden. Noch nach Jahrhunderten wurde dieser Sieg in Löwen festlich begangen (allerdings fälschlicherweise am 1.9.). Dieser Sieg bedeutete zwar noch nicht das Ende der normannischen Angriffe auf dem Festland; Anfang 892 brach noch einmal eine normannische Schar bis zum Kloster Prüm in der Eifel durch, wo die Mönche und die unabhängigen Bauern erschlagen wurden, soweit sie nicht in die Wälder geflohen waren. Mit diesem Streifzug waren aber die Invasionen der Normannen auf dem Festland beendet; sie wandten sich jetzt endgültig den Britischen Inseln zu.
    Bereits im Jahr 890 hatte sich der Papst an ARNULF gewandt und ihn dazu aufgefordert, nach Rom zu kommen, wo er ihn zum Kaiser krönen werde. ARNULF hatte damals abgelehnt, weil er in seinem Reich dringende Aufgaben zu bewältigen habe. Anfang 894 hielt ARNULF die Zeit für gekommen, auch Italien seiner Herrschaft zu unterwerfen. Er führte ein starkes Heer in die Lombardei, eroberte Bergamo und ließ zur Abschreckung für die regionalen Machthaber den dortigen Grafen Ambrosius vor dem Stadttor an einem Baum aufhängen. Auf seinem weiteren Zug durch Oberitalien stellte sich ihm niemand mehr entgegen. Zwei Jahre später unternahm ARNULF einen weiteren Italienzug, um in Rom die Kaiserkrone zu holen. Dies erwies sich als schwieriges Unternehmen, denn Papst Formosus hatte bereits den Herzog Wido von Spoleto und dessen Sohn LAMBERT zu Kaisern gekrönt. Weil er aber mit deren Politik nicht zufrieden war, suchte er jetzt einen mächtigen Verbündeten im ostfränkischen König. Um Ende Februar 896 zum Kaiser gekrönt zu werden, mußte ARNULF sich den Zugang zu St. Peter mit Waffengewalt erkämpfen, so wie dies in späteren Jahrhunderten immer wieder deutsche Könige tun mußten, die erst gegen den heftigen Widerstand des lokalen Adels und der Römer zur Stätte der Kaiserkrönung vordringen konnten. Noch auf dem Italienzug erlitt ARNULF einen ersten Anfall seiner Krankheit; er kehrte also - wie knapp 20 Jahre zuvor sein Vater Karlmann - als kranker Mann aus Italien zurück. Dort hatte er seinen kleinen illegitimen Sohn Ratold zurückgelassen, der aber nur kurze Zeit als Platzhalter fungieren konnte.
    Noch vor seinem Italienzug hatte ARNULF seinen älteren Sohn Zwentibold, den ihm wohl 870/71 eine Konkubine geboren hatte, zum König von Lotharingien gemacht (895). Dies war ihm erst im zweiten Anlauf gelungen; im Jahr zuvor waren die lotharingischen Großen noch nicht bereit gewesen, Zwentibolds Königtum zu akzeptieren. Um das Selbständigkeitsstreben der Lotharingier zu befriedigen, durfte Zwentibold eine eigene Kanzlei für sein Reich einrichten. Es gelang ihm aber während seiner ganzen Regierung nur begrenzt, sich gegen bestimmte Teile des Adels zu behaupten.
    Nachdem Zwentibold in Lotharingien etabliert war, gelang es ARNULF auch, auf einer Reichsversammlung des Jahres 897 die Nachfolge seines ehelichen Sohnes Ludwig in O-Franken durchzusetzen.
    In seinen letzten Jahren war ARNULF nur noch beschränkt regierungsfähig. Seine Krankheit verschlimmerte sich, und im Juni 899 erfolgte ein schwerer Schlaganfall, nach dem der Kaiser völlig gelähmt und kaum mehr instande war, sein Amt zu führen. Im Juli 899 konnte er in Regensburg noch einmal eine Reichsversammlung abhalten, zu größeren Unternehmungen war er aber nicht mehr fähig.
    Wie schwach ARNULF geworden war, zeigt sich darin, dass er nicht einmal mehr die Bischöfe seines Stammlandes Bayern in der Hand hatte. Sie versagten sich nämlich 899 seinem Wunsch, seinen langjährigen Kanzler, den Alemannen Wiching, der zum Bischof von Neitra in Mähren geweiht worden war, als Bischof von Passau zu akzeptieren. Sie hatten zwar hier das Kirchenrecht eindeutig auf ihrer Seite, aber dass sie sich auf dieses unwidersprochen berufen konnten, beweist ARNULFS Machtlosigkeit.
    Die Geschichtsschreiber des 10. Jahrhunderts bewerten die Regierung ARNULFS mit Zurückhaltung, zuweilen sogar mit Haß; so gibt ihm Liutprand von Cremona die Schuld dafür, dass die Ungarn seit 900 so große Verwüstungen im ostfränkischen Reich und in Italien anrichteten. Nun hatte ARNULF tatsächlich die Ungarn als Bundesgenossen gegen die Mährer herbeigerufen, mit denen schon sein Großvater und sein Vater gekämpft hatten. ARNULF hatte versucht, sich mit dem Mährer-Fürsten Swatopluk-Zwentibold zu arrangieren; daher hatte er seinem Sohn den Namen Zwentibold gegeben. Die Gegensätze zwischen ARNULF und dem Mährer verschärften sich, weil ARNULF die Oberhoheit des fränkischen Reiches durchsetzen wollte. Bei seinem Kriegszug im Jahr 892 kämpften Ungarn als Bundesgenossen mit. Für den Zug von 893 wurde die Bundesgenossenschaft der Bulgaren gewonnen; ARNULF versuchte also, das Großmährische Reich, das neben dem heutigen Mähren und der Slowakei auch große Teile Pannoniens umfaßte, von zwei Seiten anzugreifen. Besiegen konnte er aber dieses Reich nicht; es erlag erst dem Ansturm der Ungarn.
    Bei Widukind von Corvey steht zu lesen, dass ARNULF den Ungarn, die KARL DER GROSSE hinter einem großen Wall eingeschlossen hatte, den Weg ins Reich freigegeben habe, indem er diesen Wall niedergerissen habe. Die Ungarn hätten wahrscheinlich auch ohne das Bündnis mit ARNULF ihren Weg nach Westen gefunden; dass das Reich diesen Raubzügen so hilflos ausgeliefert war, hing damit zusammen, dass ARNULFS Nachfolger als König ein unmündiges Kind war.
    Wenigstens in seiner Hauptstadt Regensburg, wo ARNULF ja auch seine letzte Ruhestätte fand, blieb sein Gedächtnis lebendig; noch im Spätmittelalter fanden an seinem Todestag Armenspeisungen im Kloster St. Emmeram statt.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Mit dem Sturz und Tod Kaiser KARLS III. brach 887/88 der bis auf Karl Martell zurückgehende Mannesstamm unehelich geborener KAROLINGER ab. Die Herrschaft des Geschlechts wäre wohl vollkommen erloschen, wenn nicht ein illegitimer Deszendent der ostfränkischen Linie, ARNULF, bis dahin Markgraf in Kärnten, durch seine Rebellion aktiv diese Wendung herbeigeführt hätte. Da er seine politischen Ziele jedoch entsprechend dem Kreis seiner Frankfurter "Wähler", auf das Regnum seines Großvaters Ludwigs des Deutschen, also auf O-Franken (samt Lotharingien), einschränkte, gab er zugleich den Weg frei zur Auflösung des großfränkischen Reichsverbandes, der von der Dynastie aufgebaut und bis zuletzt von ihr ausschließlich regiert worden war.
    Das Hervortreten neuer Könige hatte sich unter KARL III. schon länger angebahnt und konnte daher im Winter 887/88 ziemlich rasch vonstatten gehen. Der Regensburger Fortsetzer der Fuldaer Annalen, der noch herablassend von den "vielen Kleinkönigen (reguli) in Europa" spricht, nennt als ersten BERENGAR VON FRIAUL, den Enkel LUDWIGS DES FROMMEN, der sich im Januar 888 in Pavia zum König des italienischen Regnums krönen ließ, und gleich danach den WELFEN Rudolf, der den Dukat um den Genfer See beherrschte, aber bei seiner Königserhebung in Saint-Maurice d'Agaune die Erneuerung des Lothar-Reiches ins Auge faßte. In W-Franken nutzte der ROBERTINER seine überlegene Machtstellung von der Seine bis zur Loire wie auch seinen frischen Kriegsruhm als Verteidiger von Paris, um Ende Februar oder Anfang März in Compiegne die Krone zu nehmen, wohl nur wenige Tage bevor in Langres Markgraf Wido II. von Spoleto, eingedenk der alten Verbindungen seines Geschlechts zum Westen, desgleichen tat. Allerdings räumte er vor Odo schnell das Feld und verfolgte seine Ambitionen in Italien weiter, während im aquitanischen Süden Graf Ramnulf von Poitiers, nach dem Tode des Bernhard Plantapilosa (885/86) der Mächtigste weit und breit, zeitweilig ebenfalls seine Verselbständigung als König betrieb, sich dann aber doch Odo unterwarf (+ 890); an seinem Hof hütete er im übrigen den 8-jährigen Karl, Ludwigs des Stammlers postumen Sohn, der vorerst freilich von keiner Seite ins Spiel gebracht wurde.
    König ARNULF VON O-FRANKEN, der KAROLINGER, ließ dies alles unbeteiligt geschehen. Erst im Juni 888 empfing er in Frankfurt eine Gruppe westfränkischer Gegner Odos unter dem Erzbischof Fulco von Reims, die zunächst WIDO angehangen hatten und nun ihm die Herrschaft bei ihnen antrugen. ARNULF ging nicht darauf ein und erkannte vielmehr Odo an, auf den ja auch KARL III. im Westen vertraut hatte. Der ROBERTINER fand sich gestärkt durch einen eben errungenen Normannensieg in Worms zur Huldigung ein und erhielt bald darauf von ARNULF eine Krone, mit der er, nunmehr in Reims, abermals gekrönt wurde, was seine inneren Widersacher einstweilen zum Schweigen brachte. Anders verhielt sich ARNULF gegenüber Rudolf, dessen Ehrgeiz auf Lotharingien, ausgedrückt in einer Königskrönung während des Sommers in Toul, er nicht hinzunehmen gewillt war. Durch einen Aufmarsch im Elsaß nötigte er den WELFEN zum Rückzug und zum Erscheinen im Oktober in Regensburg, wo er ihm die Königsherrschaft allein für den westlichen Alpenraum zugestand. In Italien setzte ARNULF, wiederum wie KARL III., auf BERENGAR, zu dem er Ende 888 bei der Begegnung in Trient persönliche Beziehungen aufnahm, ohne indes verhindern zu können, dass BERENGAR bald schon eine schwere Niederlage gegen den aus W-Franken zurückgekehrten WIDO erlitt und im Kampf um das Regnum südlich der Alpen fürs erste das Nachsehen hatte. Alles in allem zeigt ARNULFS Umgang mit Odo, Rudolf und BERENGAR, dass der KAROLINGER eine gewisse Oberhoheit in Anspruch nahm, die sich schon aus dem relativen Übergewicht seiner ostfränkisch-lotharingischen Position ergab, aber, wohl unter dem Eindruck des Scheiterns KARLS III., keine großfränkische Restaurationspolitik betrieb. W-Franken und Italien scheint der "schon als eigene traditionsbehaftete und geschichtsfähige Einheiten" (E. Hlawitschka) respektiert zu haben, doch fand er sich nur mühsam mit Rudolfs (hoch-)burgundischer Reichsbildung ab. Um deren Expansion vorzubeugen, förderte er sogar die Wiederaufrichtung des (nieder-)burgundisch-provenzalischen Königtums der BOSONIDEN durch den jungen LUDWIG, den Adoptivsohn KARLS III., der 890 in Valence unter Berufung auf eine von KARL verliehene regia dignitas und auf ARNULFS Einverständnis erhoben und gesalbt wurde.
    Innerhalb O-Frankens fehlte es nicht an geschichtsbewußten Stimmen, die in dem Namen des etwa 40-jährigen, nicht zur Herrschaft geborenen Königs den heiligen Arnulf von Metzwiedererkannten und von ihm wie von dem einstigen Stammvater der KAROLINGER den Beginn einer neuen Blüte erhofften. ARNULF, als König anscheinend erst seit kurzem mit Oda aus dem in der Lahngegend verwurzelten Geschlecht der KONRADINER vermählt, konnte indes lediglich zwei Söhne aus früheren, kirchlich nicht anerkannten Verbindungen vorweisen, den gerade erwachsenen Zwentibold und einen noch ganz kleinen Ratbod, deren Erbrecht ihm die ostfränkischen Großen 889 in Forchheim unter der Voraussetzung zusicherten, dass ihm kein legitimer Sprößling von Oda beschieden sein würde. Vermutlich gegen diesen Beschluß entfachte Bernhard, der außereheliche Sohn KARLS III., 890/91 in Schwaben und Churrätien einen Aufstand, bei dessen Niederschlagung er getötet wurde. Nachwirkungen der Konfrontation mit dem kaiserlichen Oheim sind auch sonst in der inneren Politik ARNULFS zu spüren, der das Zentrum der Macht wieder nach Bayern verlegte und anstelle Liutberts von Mainz (+ 889) auf den Erzkapellan seines Vaters Karlmann, den Erzbischof Theotmar von Salzburg zurückgriff. 892 sorgte er für den Sturz des von KARL III. geförderten BABENBERGERS Poppo in der Sorbenmark und ließ dafür die konradinischen Verwandten seiner Gattin, Graf Konrad den Älteren sowie dessen Bruder Rudolf als Bischof von Würzburg, in Mainfranken und Thüringen zu vorherrschendem Einfluß gelangen, ähnlich wie er 895 den in Bayern seit langem dominierenden Grafen Engildeo, der mit Hildegard, einer Tochter Ludwigs des Jüngeren, im Bunde stand, durch Liutpold ersetzte, vermutlich einen eigenen Verwandten über seine Mutter Liutswind. Zusätzliche Autorität gewann ARNULF durch glückliche Entwicklungen an den äußeren Grenzen, denn nach einem vielbeachteten Sieg über die Normannen am Fluß Dyle bei Löwen (891) kam ihm zugute, dass sich diese Feinde bald endgültig von seinem Teilreich abkehrten, und im SO erlebte er 894 den Tod des bis zuletzt erfolglos kämpfenden Swatopluk, womit ein rascher, durch das von Osten neuerdings hervorbrechende Reitervolk der Ungarn noch beschleunigter Machtverfall des Mährerreiches einsetzte. Als die Königin Oda im Herbst 893 einen Sohn zur Welt brachte, der den Namen des Urgroßvaters LUDWIG erhielt, schien die Konsolidierung der KAROLINGER-Herrschaft im reduzierten Rahmen O-Franken-Lotharingiens vollends gelungen. Dringlicher waren dem ostfränkischen Herrscher die Beinträchtigungen seiner Hegemonie, die von König Rudolf und den WIDONEN ausgingen, und die Chancen für den eigenen Nachwuchs, die aus der Bekämpfung erwachsen konnten. Jedenfalls ging der lästige WELFE in Hochburgund fühlbar gestärkt durch die Erfolge WIDOS, der nach der Abdrängung BERENGARS in den Raum von Verona bis Friaul als Herr über den größten Teil Italiens auch den widerstrebenden Papst Stephan V. (885-891) dazu gebracht hatte, ihn als ersten Nicht-KAROLINGER am 21.2.891 zum Kaiser zu krönen, und mit der Erhebung seines heranwachsenden Sohnes LAMBERT zum Mitkönig (Mai 891) und sogar dessen Kaiserkrönung durch Stephans Nachfolger Formosus (891-896) im April 892 in Ravenna die langfristige dynastische Sicherung seiner (ganz "fränkisch" gedachten) Herrschaft erreicht zu haben schien. Dagegen war ARNULF bereit, seine anfängliche Selbstbescheidenheit aufzugeben, wozu ihn auch Hilfsgesuche des Papstes und BERENGARS ermunterten. 893 schickte er Zwentibold, seinen Ältesten vor, der bis Pavia zog, aber nicht viel gegen WIDO ausrichtete; Anfang 894 folgte er selbst, nahm in einer "Entscheidungsschlacht" (J. Jarnut) die Stadt Bergamo ein und verschaffte sich in ganz Oberitalien Geltung (in unklarem Verhältnis zu den Rechten König BERENGARS), brach dann aber die weitere Verfolgung WIDOS ab und kehrte auf dem Umweg einer Strafexpedition durch Rudolfs burgundisches Kernland heim.
    Gegen den schwer zu packenden WELFEN waren ein erneuter Feldzug Zwentibolds und eine Zusammenkunft ARNULFS mit LUDWIG von der Provence im Sommer 894 gerichtet, zu einem guten Teil aber auch ARNULFS Plan, den Erstgeborenen, der seit der Geburt Ludwigs des Kindes seine Thronfolgerecht in O-Franken eingebüßt hatte, mit einem gesonderten Regnum auszustatten, das außer dem eigentlichen Lotharingien auch Burgund umfassen sollte. Nachdem die Großen dies, bemerkenswerterweise, 894 in Worms noch abgelehnt hatten, setzte sich ARNULF im Mai 895 an gleicher Stätte durch und ließ Zwentibold in Gegenwart Odos von West-Franken zum König in Burgundia et omni Hlotharico regno salben und krönen. Erst danach wandte er sich wieder Italien zu, wo inzwischen Kaiser WIDO verstorben war und seit Ende 894 dessen Witwe Ageltrude mit dem jungen Kaiser LAMBERT das Regiment führte. Anders als noch 894 pochte ARNULF diesmal auf Herrscherrechte auch südlich der Alpen, was ihn schnell mit BERENGAR entzweite, und drang im Winter 895/96 bis Rom vor, wo er sich den Einzug gegen Ageltrude erkämpfen mußte. Papst Formosus verlieh ihm am 15./22.2.896 ohne Rücksicht auf den geflohenen LAMBERT die Kaiserkrone und erwartete von ihm weiteres Einschreiten gegen das widonische Spoleto, aber da holte ARNULF das Verhängnis der Spät-KAROLINGER ein: Er erlitt wie sein Vater Karlmann einen Schlaganfall mit schweren Lähmungen, der eine sofortige Rückkehr nach Bayern gebot und bereits 897 eine Ausdehnung des Treueids der ostfränkischen Großen auch auf den 4-jährigen Sohn Ludwigratsam machte. In Mailand ließ ARNULF seinen außerehelichen Sohn Ratold zurück, dem er eine künftige Rolle in Italien zugedacht haben mag, doch war das karolingische Zeitalter in der Geschichte dieses Landes unwiederbringlich zu Ende. Kaiser LAMBERT (+ 898) und BERENGAR teilten sich noch 896 vertraglich die Herrschaft.

    Decker-Hauff Hansmartin: Seite 347, "Die Ottonen und Schwaben"

    Wenn ARNULF den jungen WELFEN Heinrich dadurch an sich band, dass er ihm eine seiner Töchter zur Frau gab, dann dürfen wir in den reichen bayerischen Lehen eher eine Form der Ausstattung anläßlich der Heirat mit Atha sehen. Heiratsfähige Töchter aber hatte ARNULF damals nur aus seiner seit etwa 870/75 andauernden ungesetzlichen Verbindung mit Ellenratha, während aus der kurz vor 888 geschlossenen Ehe mit der sehr jungen Oda noch keine erwachsenen Töchter vorhanden, vielleicht überhaupt noch keine Kinder geboren waren.
    Atha, Heinrichs Gattin und ARNULFS mögliche Tochter, trägt einen Namen, der nur in der Kurzform erhalten ist. Die Vollform ist nicht überliefert; man hat sie später in Weingarten latinisiert und zu Beata ergänzt. Dass dies ausgeschlossen ist, hat schon Krieg erwiesen. Sollte die Kurzform Atha auf irgendeine Weise mit Ellinratha zusammengehören, dem Namen, den sowohl ARNULFS Gefährtin als auch eine Tochter aus dieser Verbindung trugen? Oder ist am Ende Atha "von Hohenwarth" überhaupt identisch mit ARNULFS bereits bekannter Tochter Ellinrata?
    Diese nicht vollblütige KAROLINGERIN verlor ihren Gatten, den zwielichtigen Markgrafen Engilschalk von der Ostmark, gerade in den Jahren, in denen wir Heinrich mit dem goldenen Wagen erstmals am Kaiserhof vermuten dürfen. Ellinratha hatte sich seinerseits von Engilschalk entführen lassen, dann aber eine Aussöhnung zwischen ihrem Gatten und ihrem Vater erreicht. Engilschalk wurde von den vielen Feinden, denen er sich durch seinen Übermut verhaßt gemacht hatte, verfolgt und mitten in der Regensburger KAROLINGER-Pfalz ergriffen, geblendet und getötet. ARNULFS Rolle ist dabei bis heute dunkel. Engilschalks Untergang fällt ins Frühjahr 893, so dass die Heirat Heinrichs mit Atha-Ellinratha etwa ab Ende 893/Anfang 894 stattgefunden haben könnte. 914 hat Ellinratha noch gelebt, denn sie wird in einer Urkunde ihrer Mutter, der matrona Ellinratha, erwähnt.

    Konecny Silvia: Seite 143, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Das Eheverhalten der letzten KAROLINGER ähnelte in zunehmendem Maße jenem des Adels. Dies wird im W insbesondere durch das Auftreten von Einheiraten karolingischer Könige in den Machtbereich fürstlicher Witwen deutlich. Auch exterritoriale Heiraten zeigen, daß ein universaler Herrschaftsanspruch nur noch in geringem Maße bestand und die letzten Exponenten des karolingischen Geschlechtes durchaus als Herrscher kleinräumiger Bereiche handelten, die mit gleichwertigen Partnern Bündnispolitik betrieben. Daher bildeten exterritoriale Heiraten eine erstrebenswerte Alternative zu Eheverbindungen mit dem fränkischen Adel, für den die Ehe mit dem Königshaus in keiner Weise mehr einen einseitigen Gunstbeweis bedeutete.
    Die Ehen ARNULFS waren vor allem eine Bündnispolitik mit dem fränkischen Adel. Sie wurden weitgehend durch die Auseinandersetzungen dieses Adels untereinander bestimmt, die ARNULF zu seinem Vorteil zu nützen suchte. Jedenfalls scheint er mehrere Verbindungen eingegangen zu sein, worauf unter anderem Schenkungsurkunden hindeuten, die als eine Versorgung von Ehepartnerinnen aufgefaßt werden könnten. In einigen dieser Fälle handelte es sich vermutlich um Verbindungen von geringerer Bedeutung. Von solchen unterschieden sich jedoch mit ziemlicher Sicherheit die Ehen ARNULFS, denen Ratold und Zwentiboldentstammten, denn diese wurden 889 für eine Herrschaftsnachfolge in Betracht gezogen Die Bezeichnung der Mütter Ratolds und Zwentibolds als Konkubinen bezog sich gewiß nicht auf den sozialen Status der Frauen, sondern wollte wohl nur die Verbindung ARNULFS mit diesen von der legitien Ehe mit Uota unterscheiden. So drückte der 889 gebrauchte Konkubinenbegriff vor allem ein kurzfristiges Doninieren der konradinischen Gruppe aus, der Uota entstammte. Eine Vorrangstellung der KONRADINER hing wog mit der Ausweitung von ARNULFS Macht nach dem W zusammen. Aber auch gegenüber Uota bestand wiederholt eine starke Opposition. Deshalb ist es nicht sicher, ob Uota durchweg als legitime Ehefrau galt.
    Eine erste Ehe ging ARNULF vermutlich noch zu Lebzeiten Karlmanns ein, jedoch möglicherweise ohne ausdrückliche Zustimmung seines Vaters. Dieser ersten Verbindung entstammte Zwentibold. Nach dem Tod Karlmanns mag sie zunächst durchaus als Vollehe gegolten haben. An dem ältesten Sohn ARNULFS vertrat der gleichnamige Mährer-Fürst Zwentibold Patenstelle, was darauf hindeuten könnte, daß die erste Gattin ARNULFS einem Geschlecht entstammte, das im Grenzbereich tätig war und Kontakte zu den Mährern hatte. Ob zwei weitere Nachkommen ARNULFS, Ellinratund Ratold, ebenfalls aus dieser ersten Ehe des Herrschers entstammten, und dessen erste Gattin daher in jener älteren Ellinrat zu sehen ist, die eine Urkunde als Mutter der gleichnamigen ARNULFS-Tochter bezeugt, kann nicht eindeutig entschieden werden. Möglicherweise trifft auch jene Quellennachricht zu, die Zwentibold und Ratold verschiedenen Müttern zuschreibt. Somit bleibt es unklar, ob ARNULFS erste Ehe wegen seiner Verbindung mit Uota gelöst wurde, oder ob dies schon wegen einer Ehe mit der Mutter des Ratold geschah. letzten Endes wäre - ob nun neben der Verbindung mit Uotanur jene Ellinrat oder mehrere bestanden - auch Polygamie denkbar, zumindest in dem Sinne, daß einzelne Verbindungen der politischen Situation entsprechend vernachlässigt und später wieder aufgenommen wurden. Damit wäre eine Variante der Polygamie gegeben, die einer politisch mächtigen und annähernd gleichwertigen Gruppierung des Adels rechnung trug.
    ARNULF heiratete Uota um 888. In diesem Jahr einigte er sich nämlich mit dem Adel über die Herrschaftsnachfolge Zwentibolds und Ratolds, sofern die "legitime" Gattin Uota, keinen Sohn gebären würde. Eine Regelung dieser Art bedeutete gewiß einen Kompromiß, auch wenn Uota "legitme" Gattin und später sogar Königin genannt wurde. Bezeichnenderweise erfolgte jedoch keine Krönung Uotas, obwohl ARNULF wie KARL III. Anspruch auf die Gesamtherrschaft über das Frankenreich erhob, ja nicht einmal eine Dotation Uotasist überliefert. Auf dem Italienzug des Jahres 896 aber begleitete Ratold den Kaiser, nicht etwa Uota und deren Sohn Ludwig. Möglicherweise war ARNULF die müterliche Sippe Ratolds im lombardischen Grenzgebiet nützlicher als die KONRADINER. Auch Zwentibold erhielt trotz der Geburt Ludwigs des Kindes die Königswürde im Jahre 895 zugesprochen. Zusätzlich festigte 897 die Ehe mit einer LIUTPOLDINGERIN (Richtig ist: LIUDOLFINGERIN) die Stellung des ältesten ARNULF-Sohnes, zu der der Vater seine Zustimmung gab. Während des Siechtums ARNULFS war Uota besonders starken Anfechtungen ausgesetzt, 899 wurde ihr Ehebruch vorgeworfen. Vermutlich gelang es Uota nach dem Tod ARNULFS nicht, vormundschaftlich für ihren unmündigen Sohn zu regieren. Daß Ludwig das Kind dennoch die Königswürde innehatte, war kaum ausschließlich Verdienst der Mutter. Der unmündige König wurde vor allem vonn den ehemaligen Ratgebern ARNULFS vorgeschoben.


    888 oo KONRADINERIN Oda um 873- 903

    Kinder:

    - Ludwig IV. 893-24.9.911
    - Glismut - 26.4.924
    oo Konrad der Ältere von Fritzlar ca 855-27.2.906

    Illegitim

    - Zwentibold 870/71-13.8.900
    - Ratold Ahnherr der Grafen von Meran 889-

    von Ellinrat - 24.5.nach 914

    - Ellinrat - 24.5.nach 914
    oo Engelschalk II. Markgraf der Ostmark - Frühjahr 893

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 14,22 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 23 Anm. 49,41 Anm. 4, 96,168 - Bauer Dieter R./Histand Rudolf/ Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 55,71,300 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 18-21,24,42,44,63,68 - Borgolte Michael: Karl III. und Neudingen. Zum Problem der Nachflgeregelung Ludwigs des Deutschen. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins - Boshof Egon: Die Salier. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 7,156 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 358,359,360,361,362,363,400,416 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I, Seite 142,144,147, 510,551/Band II Seite 114,127,188,469/ Band III Seite 12,480,486, 499 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches, Gustav Lübbe Verlag Bergisch Gladbach 1994, Seite 111,120,122,152,156, 180,193,205,268,356,392,394 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 70,85,87,88,94,95,98-100,104-109,111, 113 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865, Band II Seite 65,98,120,141,199,203,227-229,245-247,284,288,299,378,419,471,478, 479,678-680 - Eberhard Winfried: Westmitteleuropa Ostmitteleuropa. Vergleiche und Beziehungen. Festschrift für Ferdinand Seibt zum 65. Geburtstag. R. Oldenbourg Verlag München 1992 Seite 275, 285-289 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 18-20,23,60 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller, Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 13,15,18-21, 26 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 352,486,488 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C. H. Beck München 1994, Seite 59 - Giese, Wolfgang: Der Stamm der Sachsen und das Reich in ottonischer und salischer Zeit. Franz Steiner Verlag Wiesbaden 1979, Seite 18,69,87 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 30,81,265 - Gregorovius Ferdinand: Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter. dtv-Bibliothek 1978 Band I Seite 564,567,568, 569,575 - Hartmann, Wilfried: Kaiser Arnulf von Kärnten (887-899), in Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern, Hg. 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Die Lebensgeschichten sämtlicher Monarchen von Karl dem Großen bis Wilhelm II., Weltbild Verlag Augsburg, Seite 38-40 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 143-145 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann BöhlausNachf./Graz -Wien - Köln 1963, Seite 145, 152,153,166-168,180,181,183,187,189,190,206,212,217,218,220,223, 236,237,242,245,248,249,251 - Mitteis Heinrich: Der Staat des hohen Mittelalters. Hermann Böhlaus Nachfolger Weimar 1974, Seite 94 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Pohl, Walter: Die Welt der Babenberger. Schleier, Kreuz und Schwert, hg. von Brigitta Vacha, Verlag Styria, Seite 43,78,92 - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 140,181,271,300,414, 423,426,431,441,465,470,480,483,514,516 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 257,260,263,267-271,279,291,395,408 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 156,167,177,179,182,184,186-196,225 - Schieffer Rudolf: Karl III. und Arnolf. in Festschrift für Eduard Hlawitschka zum 65. Geburtstag. Verlag Michael Lassleben Kallmünz Opf. 1993 - Schmid Alois: Das Bild des Bayernherzogs Arnulf (907-937) in der deutschen Geschichtsschreibung von seinen Zeitgenossen bis zu Wilhelm von Giesebrecht. Verlag Michael Lassleben Kallmünz 1976, Seite 24,34,53,58,59,60,65,68,71,78,81,89, 115,116,154,167,194,231 - Schmid Karl: Reich und Kirche vor dem Investiturstreit. Gerd Tellenabch zum 80. Geburtstag. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1985, Seite 4,7,11-14 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 72-76,78-81,99,117 - Schneidmüller Bernd/Weinfurter Stefan: Otto III. Heinrich II. Eine Wende? Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 72,241A,395 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 64,76,79,81-89,91,95,104,106,117,172 - Schulze Hans K: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 121,136 - Weinfurter Stefan: Die Salier und das Reich Band 1-3. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1991 Band I Seite 142,144,147, 510,551/Band II Seite 114,127,188,469;Band III Seite 12,480,486,499 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 45,78 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 279,285 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 447,475 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 19,53,57,73 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989 Seite 28,121 -



    Neue Deutsche Biographie - Arnulf

    ostfränkischer König, Kaiser, * wohl vor 850, † 8.12.899 Regensburg (dort auch begraben).

    Nach der Teilung des ostfränkischen Reiches 876 übergab König Karlmann, dem mit Bayern auch die südöstlichen Marken zugefallen waren, seinem einzigen, illegitimen Sohn A. Kärnten und Pannonien. Beim Tode des Vaters, der 878 auch Italien hinzugewonnen hatte, erlangte er die Nachfolge nicht, die ihm Karlmann wenigstens in Bayern zugedacht zu haben scheint. Hier verdrängte ihn sein Oheim Ludwig (der Jüngere), Italien fiel dem anderen Oheim Karl III. zu. Widerstand leistete A. nicht, und so wurden ihm die Marken belassen, auch als Karl III. alleiniger Herr des ostfränkischen (882) und schließlich des fränkischen Gesamtreiches (885) wurde. Hier hat A. sich eine ansehnliche Machtstellung geschaffen, die sich auch auf die slavische Bevölkerung stützen konnte. Er wurde Prätendent einer Bewegung des ostfränkischen Adels, die auf Entthronung des infolge Krankheit untüchtigen Karl III. zielte. Das Maß seines Anteils bei dessen Absetzung ist umstritten. Ende November 887 durch Wahl der Großen zum König erhoben, machte er keine Anstalten, seine Herrschaft auch auf den Westen des Reiches auszudehnen, sondern ließ es widerspruchslos geschahen, daß hier ein Zerfall in Kleinkönigreiche eintrat. Die ihm 888 von einem Teil der westfränkischen Bischöfe und Adligen angebotene Königswahl lehnte er ab. Nur Lothringen suchte er mit Erfolg für das Ostreich zu sichern (888), und auch in Oberitalien, das er wohl als Erbe des Vaters betrachtete, machte er eine Oberherrschaft geltend (888). Doch behielt Italien eine Sonderstellung unter eigenem König, und auch Lothringen sah sich A. genötigt, diese Sonderstellung einzuräumen: Hier wurde 895 sein illegitimer Sohn Zwentibold zum Unterkönig mit sehr selbständiger Gewalt erhoben und gesalbt, nachdem 894 der gleiche Versuch am Widerstand der lothringischen Großen gescheitert war. Die Frage, ob im Verhalten A.s eine Tendenz auf Isolierung des östlichen Reichsteils, des späteren Deutschen Reichs zu erkennen ist, ist umstritten, dürfte aber zu bejahen sein. Der großfränkische Einheitsgedanke wirkte insofern nach, als alle Kleinkönige nach und nach seine formale Oberherrschaft anerkannten, doch geschah dies im Grunde ohne sein Zutun.

    Die Kernstellung von A.s Herrschaft blieb stets Bayern, wo Regensburg eine Art Reichshauptstadt war; daneben traten Frankfurt und Forchheim hervor. Er war ein tatkräftiger Herrscher, der eine aktive Ostpolitik trieb, in unaufhörlicher Auseinandersetzung mit dem großmährischen Reiche des Svatopluk und seiner Söhne. Fäden spannten sich zu den Bulgaren und bis nach Byzanz. Zum ersten Male treten die Ungarn in den deutschen Gesichtskreis. Abotriten, Sorben und vor allem Böhmen erkannten A.s Oberherrschaft an. Die Normannen schlug er nach anfänglicher Niederlage an der Dyle entscheidend (891); seit 892 sind sie nicht mehr ins ostfränkische Reich eingefallen. Im Inneren hatte er mit dem Widerstand des Adels, der ihn erhoben hatte, zu kämpfen. Es gelang ihm nicht, die Nachfolge seiner illegitimen Söhne Zwentibold und Ratold durchzusetzen (891), die eine Reichsteilung erfordert hätte. Erst 893 wurde ein legitimer Thronerbe Ludwig (das Kind) geboren, dessen Nachfolge keine Schwierigkeiten machte (Treueid 897). A. hat sich in zunehmendem Maße auf die Bischöfe gestützt (Hatto von Mainz, Salomo von Konstanz, Waldo von Freising, vor allem Wiching von Neitra). Deutlich erkennen läßt dies die glänzende Synode von Tribur (895) im Vergleich mit der Synode von Mainz (888); damals war der Kirche noch längst nicht eine so bevorzugte Stellung eingeräumt. Diese (freilich bestrittene) Kirchenpolitik A.s, die als Vorspiel zur Kirchenpolitik Ottos des Großen angesehen worden ist, bereitete die spätere Herrschaft der Bischöfe im ostfränkischen Reiche vor (Synode von Hohenaltheim 916).

    Vermutlich ist auch seine spätere Italienpolitik, die im Einvernehmen mit dem Papsttum betrieben wurde, von den Bischöfen beeinflußt worden, vor allem von Wiching, der der Vertrauensmann Roms im Missionsgebiet des Method in Mähren gewesen war. Noch 890 lehnte A. das Hilfegesuch Stephans V. ab, das über Svatopluk wohl durch Vermittlung Wichings an ihn gerichtet worden war. 893/94 aber leistete er einem ebensolchen des Papstes Formosus Folge; Wiching wurde damals sein Kanzler. Der Zug blieb erfolglos; der anfangs erhobene Anspruch auf unmittelbare Beherrschung des italienischen Königreichs wurde zunächst wieder aufgegeben. Aber ein zweiter Zug 895 führte zur Erstürmung Roms und zur Kaiserkrönung durch Formosus. Den Plan einer Hinwendung zu universalen Zielen läßt die Rückaufschrift einer Bleibulle aus dieser Zeit erkennen: Renovatio regni Francorum. Aber er wurde nicht weiter verfolgt; schwere Erkrankung (paralysis) A.s machte das Errungene zunichte. Er mußte nach Deutschland zurückkehren, wo er den Rest seiner Regierung als ein gebrochener Mann, jedoch nicht untätig, vorzugsweise in Bayern verbrachte. – A.s Persönlichkeit ist bei aller Tatkraft gekennzeichnet durch die vorsichtige Zurückhaltung, die er in der Verfolgung politischer Ziele übte. Ansprüche erhob er nur insoweit, als er sie realisieren konnte. Seine Regierungszeit ist für die Herauslösung des späteren deutschen Reiches aus dem fränkischen Gesamtreich entscheidend geworden. Eine Quelle des 11. Jahrhunderts drückt dies so aus: „Hier wurde die Teilung vollzogen zwischen den deutschen (teutonici) und den romanischen (latini) Franken“ (MG SS III, S. 214).

    Literatur
    ADB I; E. Dümmler, Gesch. d. ostfränk. Reiches III, 21888; E. Mühlbacher, Dt. Gesch. unter d. Karolingern, 1896, S. 619-42; S. Riezler, Gesch. Baierns I/1, 21927, S. 404-16; A. Jaksch, Gesch. Kärntens bis 1338, Bd. 1, 1928, S. 104-15; J. Schur, Königtum u. Kirche im ostfränk. Reiche v. Tode Ludwigs d. Dt. bis Konrad I., 1931, S. 44 ff.; G. Tellenbach, Königtum u. Stämme in d. Werdezeit d. dt. Reichs, = Qu. u. Stud. z. Verfassungsgesch. d. dt. Reiches in MA u. Neuzeit VII/4, 1939, S. 31 ff.; ders., Zur Gesch. Kaiser A.s, in: HZ 165, 1942, S. 229-45; ders., Wann ist d. dt. Reich entstanden?, in: DA 6, 1943, S. 23 ff.; H. Zatschek, Wie das erste Reich d. Deutschen entstand, = Qu. u. F aus d. Gebiet d. Gesch., hrsg. v. d. hist. Komm. d. dt. Ges. d. Wiss. u. Künste Prag 16, Prag 1940, S. 219-51; W. Schlesinger, Kaiser A. u. d. Entstehung d. dt. Staates u. Volkes, in: HZ 163, 1941, S. 457-70; ders., Die Anfänge d. dt. Königswahl, in: ZSRG 66, 1948, S. 391 ff.; M. Lintzel, Die Anfänge d. dt. Reiches, 1942, S. 72-91; ders., Zur Stellung d. ostfränk. Aristokratie beim Sturze Karls III. u. der Entstehung d. Stammesherzogtümer, in: HZ 166, 1942, S. 457-72; H. Mitteis, Die Krise d. dt. Königswahlrechts, 1950, S. 29 ff.; LThK.



    Gestorben:
    29.11.oder 8.12.899

    Arnulf heiratete Oda in 888. Oda (Tochter von im Lahngau, Berengar) wurde geboren um 873; gestorben in 903; wurde beigesetzt in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 151. Ludwig IV.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 893 in Altötting [84503],Altötting,Bayern,Deutschland; gestorben in Sep 911 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; wurde beigesetzt in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland.
    2. 152. Glismut  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 865; gestorben am 26 Apr 924.

    Arnulf heiratete Ellinrat in 870/875. Ellinrat gestorben nach 914. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 153. Ellinrat  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 875; gestorben nach 914.

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 154. von Lothringen, Zwentibold  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 870/871; gestorben am 13 Aug 900; wurde beigesetzt in Echt-Susteren [6100],Limburg,Niederlande.
    2. 155. Ratold  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 889.

  11. 119.  von Franken, Ludwig Graphische Anzeige der Nachkommen (89.Ludwig8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 877; gestorben in 879.

  12. 120.  von Franken, Hildegard Graphische Anzeige der Nachkommen (89.Ludwig8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 878/881; gestorben in 895/932.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Frauenchiemsee (Kloster),Bayern,Deutschland; Nonne im Kloster Frauenchiemsee

    Notizen:

    Hildegard
    878/81-3.3. nach 895/vor 931/32
    Tochter des ostfränkischen Königs Ludwig III. der Jüngere und der Liutgard von Sachsen, Tochter von Herzog Liudolf


    Althoff Gerd: Seite 363, "Adels- und Königsfamilien Im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    K 5
    Lü: 3.3. Hilligard reg. Tochter Ludwigs des Jüngeren

    Es handelt sich um die Tochter Ludwigs des Jüngeren und der LIUDOLFIONGERIN Liudgard, die zum gleichen Tag auch in das Necrolog von Aschaffenburg eingetragen wurde (Hildegardis abb[atissa] regis filia obiit) und sich auch in der Abschrift eines ottonischen Familiennecrologs im Verbrüderungsbuch von St. Gallen aus dem Jahre 931/32 findet; vgl. Althoff, Unerkannte Zeugnisse vom Totengedenken der Liudolfinger; S. 401.
    Der Titel regina gibt sich also entweder als verderbte Form eines ursprünglichen regis filia o. ä. zu erkennen oder er spiegelt die Vorstellung, daß alle Mitglieder der Königsfamilie "königsmäßig" seien; vgl. dazu die Angaben in K 4.
    Hildegard spielte eine nicht unbedeutende politische Rolle in der Regierungszeit ARNULFS VON KÄRNTEN, an dessen Erhebung sie beteiligt gewesen sein soll; vgl. Dümmler, Geschichte des Ostfränkischen Reiches 3, S. 301 und 393f.
    Ihr Todesjahr ist unbekannt, liegt auf Grund der St. Galler Necrologabschrift jedoch vor 931/ 32.
    Der Eintrag Hildegards steht in Zusammenhang mit einer ganzen Reihe von Personen aus dem Verwandtenkreis der Königin Mathilde im Lüneburger Necrolog.
    Zu der Auswertung dieser Nennungen im Hinblick auf die Frühgeschichte des billungischen Geschlechts siehe oben S. 68

    Glocker Winfrid: Seite 268, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    III, 8 Hildegard
    * c 875/80, + III 3 nach 895, vor 931/32

    895 wegen Verschwörung ins Kloster Chiemsee verbannt und Besitz konfisziert, dann (vor 899) teilweise restituiert.

    Hildegard ist als Tochter König Ludwigs des Jüngeren bei Regino a. 894, Seite 142, und in der Regensburger Fortsetzung der Fuldaer Annalen a. 895, Seite 125, bezeugt.
    Die Abstammung Hildegards von Liutgard kann durch kein Quellenzeugnis belegt werden, ist aber äußerst wahrscheinlich, da der Todestag Hildegards in die Gandersheimer Memorialüberlieferung aufgenommen wurde, die uns über die Nekrologliste im St. Gallener Verbrüderungsbuch zugänglich ist; vgl. Althoff, Zeugnisse Seite 401 (Nr. 15 mit Anm. 6).
    Der Todestag Hildegards ist uns aus dem (späten) Aschaffenburger Nekrolog bekannt; vgl. Hofmeister, Überlieferung Seite 274, und Büttner, Mainlande Seite 202f.

    Hlawitschka Eduard: Seite 56 Anm. 95, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Übrigens ist auch durchaus nicht erweisbar, daß mit dem Regierungsantritt ARNULFS größere Umschichtungen im Adel Hand in Hand gingen, was nahe läge, hätte ein bisheriger (niederer) Stammesadel einen älteren Hochadel verdrängt. Weder auf den Bischofsstühlen, noch in den Grafschaften gibt es mit dem Regierungsbeginn ARNULFS auffallende Änderungen. Daß in Tribur-Frankfurt die bisher in den Rechtsgeschäften mittätige hohen Adelsgruppe versammelt war und zu entscheiden hatte, sieht man wohl auch an der einzigen Person, von der man etwas über einen Anteil am Sturze KARLS III. weiß: es war Hildigard (Tochter König Ludwigs des Jüngeren) ..., cuius maxime molimine deiscto Karolo (ARNULFUS) rex factus fuerat (Herimann. Aug. Chron. ad 895, MG SS V Seite 119). Pro merito bone fidelitatis et servitutis gab ARNULF auch am 9. Februar 888 cuidam neptis nostrae Hiltigardae vasallo nomine Uuigant Güter in der Buchonia (MG DD Arnulf Seite 22f. nr 14).

    Reindel Kurt: Seite 1-5, "Die bayerischen Luitpoldinger von 893-989"

    893-895

    Graf Luitpold besucht mit Hildegard, der Tochter König Ludwigs des Jüngeren, die Reliquien der heiligen Walburg im Frauenkloster Monheim nördlich Donauwörth
    Die erste Erwähnung in den Quellen zeigt den Grafen Luitpold bei einer frommen Handlung. Zusammen mit Hildegard, der Tochter König Ludwigs des Jüngeren besucht er das Frauenkloster Monheim. Zu seiner Freude werden ein Stummer und ein Lahmer geheilt. Die Zeit des Besuches im Kloster muß zwischen 893 und 895 liegen, zwischen der Übertragung eines Teiles der Reliquien der heiligen Walburg aus Eichstätt nach Monheim und der Verweisung Hildegards ins Kloster Frauenchiemsee. Gegen die Annahme von Hormayr's ³, der Besuch sei erst nach ihrer Entlassung aus der haft erfolgt, spricht die Entstehungszeit des Werkes. Wolfhard von Herriden (+ 902) schrieb auf Grund der Übertragung der Reliquien ein Werk über die Wunder der heiligen Walburg. In II 6 heißt es: Anno igitur preterito, quo famis acerrimae tabes indediae squalore languentes multos tam in urbibus quam in vicis protraxit ad necem. Diese Hungersnot erwähnen die Ann. Fuldense und die Ann. Alemannici zu 895. Ist das Werk also demnach 896 entstanden, so ist bei dem Besuch Hildegards und Luitpolds, der quodam tempore stattgefunden habe, wohl eher in die Zeit von 893-895 zu denken als an 896. Dies wäre ein Beweis dafür, daß Luitpold, der hier zudem venerabilis heißt, schon eine Grafschaft besaß, ehe er Engildeo im Jahre 895 ablöste. Die hauptsächlichj aus dieser Stelle abgeleitete Vermutung, daß Engildeo und Hildegard Gatten und Luitpold ihr Sohn gewesen sei, wurde bereits von Dümmler überzeugend widerlegt.

    895

    Vor dem 5. Mai 895 erfolgte die Absetzung des Grafen Engildeo, an dessen Stelle Luitpold berufen wurde. In seinen Sturz wurde auch Hildegard, die Tochter König Ludwigs des Jüngeren verwickelt
    Die Absetzung des Markgrafen Engildeo, in dessen Prozeß auch die bereits erwähnte Hildegard verwickelt wurde, war für Luitpold der Beginn seines Aufstiegs. Diese drei Personen müssen in einem merkwürdigen, nicht klar erkennbaren Verhältnis zueiannder gestanden haben. Engildeo, der mächtigste Mann in Bayern nach dem König und Hildegard, die maßgeblichen Anteil an der Erhebung ARNULFS hatte, werden auch in einer Urkunde vom 5. Mai 895 gemeinsam erwähnt. Andererseits scheint auch Luitpold Hildegard gut gekannt zu haben, wie ihr Besuch in Monheim beweist. Trotz ihrer Verdienste um den König wurden Engildeo und Hildegard gestürzt. Hildegard, die von Aventin mit ihrer Mutter Liutgard verwechselt wird, wurde in das Kloster Frauencjiemsee verbannt, später aber wieder begnadigt. Sie erhielt sogar den größten Teil ihrer Güter zurück.

    Althoff Gerd: Seite 97, "Unerforschte Quellen aus quellenarmer Zeit. Necrologabschriften aus Sachsen im Reichenauer Verbrüderungsbuch" in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 131 Band

    Hildegard war durch ihre Mutter Liutgard mit der Familie HEINRICHS I. verwandt. Sie begegnet in mehreren Memorialquellen, so in der Necrologabschrift aus Gandersheim, ferner im Lüneburger Necrolog, in einem Trierer und einem Aschaffenburger Necrolog.

    Mühlbacher Engelbert: Seite 426, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

    Ebenso rasch wurde ein anderer Putsch niedergeschlagen, den seine Base Hildegard, die Tochter Ludwigs III., und der mächtigste Mann Bayerns, Engildeo, Graf in der böhmischen Mark, im Nord- unf Donaugau und zu Regensburg, anzuzetteln versuchten (895). Wir kennen den Anlaß dieser Verschwörung nicht, wir erfahren nur aus einer Urkunde, daß das Eigengut Hildegards und die Lehen Engildeos wegen hochverräterischer Umtriebe im offenen Gericht " nach Rat und Urteil der Franken, Bayern, Sachsen und Alemannen" als verfallen erklärt und eingezogen wurden. Hildegard ward in das Kloster Frauenwörth in Chiemsee verwiesen, aber bald wieder begnadigt.


    Literatur:
    Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 68,138,225,363 K 5 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 106 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 166,301,392 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 III,8 Seite 268 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 56 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963, Seite 170,236 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Reindel, Kurt: Die bayerischen Luitpoldinger von 893-989, 1953, Seite 1-5 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 190 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 80,85 -

    Gestorben:
    3.3. nach 895/vor 931/32


  13. 121.  von Franken, Hugo Graphische Anzeige der Nachkommen (89.Ludwig8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 855/860; gestorben in Feb 880 in Charleroi [6000],Wallonien,Belgien; wurde beigesetzt in Lorsch Kloster [64653],Bergstraße,Hessen,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ostfrankenreich; Ostfränkischer Prinz

    Notizen:

    Hugo Ostfränkischer Prinz
    855/60- Febr. 880 gefallen bei Thimeon Begraben: Kloster Lorsch

    Illegitimer Sohn des ostfränkischen Königs Ludwig III. der Jüngere

    Werner Karl Ferdinand: Seite 456, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 21-23

    Die Reihenfolge der Kinder Ludwigs III., des Jüngeren, war nach ihren annähernden Geburtsjahren zu ordnen. Hugos Geburtsdatum dürfte bei etwa 855/60 liegen, nicht um 850 (Brandenburg), wie sich aus dem etwas späteren Ansatz für die Geburt des Vaters (IV, 21) ergibt. Eine Eheverbindung der Hildegard mit dem Grafen Engildeo, von Brandenburg mit Fragezeichen vermerkt, ist nicht bezeugt.

    Hlawitschka Eduard: Seite 232, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Er selbst erklärte sich damals bereit, im Falle des Todes Ludwigs des Jüngeren für die Thronrechte des gleichnamigen Sohnes desselben einzutreten. Da aber Ludwigs des Jüngeren Friedelsohn Hugo hierbei nicht berührt wird, hob Ludwig der Stammler für sich also auf zwei nacheinander bestehende gültige Rechtsehen ab.

    Schnith Karl Rudolf: Seite 76,78,80, "Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern".

    Im Februar 880 konnte Ludwig zwar einen Sieg gegen ein normannisches Heer erringen (bei Thimeon im Hennegau), aber hier fiel sein Friedelsohn Hugo nach hartem Kampf.

    Mühlbacher Engelbert: Band II Seite 375, Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

    Bei Thuin an der Sambre stößt man auf die Normannen. Sie wollen gerade beutebeladen zu ihren Schiffen zurückkehren. Die deutschen Truppen werfen sich auf dieselben. Ein wütender Kampf entspinnt sich. Der größte Teil der Normannen - wie man erzählte, 5.000 Mann - wird niedergehauen, der Rest flüchtet nach Thuin und verschanzt sich hier. Hugo, ein außerehelicher Sohn des deutschen Königs, ein schöner und tapferer Jüngling, fällt, unvorsichtig vordringend, schwer verwundet in dei Hände der Feinde. Sein Vater wähnt ihn noch retten zu können, er will ihn um jeden Preis retten. Er läßt die Verfolgung einstellen, er beginnt um die Auslieferung seines Sohnes zu unterhandeln. Doch dieser hatte schon sein Leben ausgehaucht.


    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 68 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 135,166 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 232 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 179 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 76,78,80 -

    Gestorben:
    gefallen bei Thimeon (bei Charleroi)


  14. 122.  von Franken, Bernhard Graphische Anzeige der Nachkommen (90.Karl8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 876; gestorben in 891/892.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ostfrankenreich; Ostfränkischer Prinz

    Notizen:

    Bernhard Ostfränkischer Prinz
    ca 876- 891/92 erschlagen
    Illegitimer Sohn des Kaisers KARL III. DER DICKE

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1983

    Bernhard
    * ca. 876, + 891/92
    Außerehelicher Sohn Kaiser KARLS III.

    In der Regelung der karolingischen Thronfolge hatte Bernhard von vornherein einen schweren Stand gegenüber seinem gleichfalls unehelich geborenen Vetter ARNULF VON KÄRNTEN. So scheiterte 885 ein Plan des Kaisers, Bernhard mit päpstlicher Hilfe Anerkennung als Thronfolger zu verschaffen. Nach dem Sturz KARLS III. und der Erhebung ARNULFS zum ostfränkischen König 887 hat Bernhard seine Ansprüche nicht aufgegeben. Vermutlich wegen der Nachfolgeregelung für ARNULF Söhne empörte sich Bernhard zusammen mit Abt Bernhard von St. Gallen und Graf Ulrich von Linz- und Argengau gegen den König. 890 konnte er sich durch Flucht aus Rätien (zu WIDO VON ITALIEN?) der Verfolgung entziehen, doch gelang ein Jahr später ARNULF die Niederwerfung des Aufstands; Bernhard wurde von Markgraf Rudolf von Rätien getötet.

    Literatur:
    Dümmler² - W. Sicker, Das Thronfolgerecht der unehelichen Karolinger, ZRGGermAbt 24, 1903, 110-147 - H. Keller, Zum Sturz Karls III., DA 22, 1966 - E. Hlawitschka, Lotharingien und das Reich an der Schwelle der dt. Gesch. (MGH Schr. 21), 1968 - M. Borgolte, Karl III. und Neudingen, ZGO 125, 1977 - E. Hlawitschka, Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Ks. Karls III., DA 34, 1978 -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 456, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 24

    Bernhard ist der einzige (uneheliche) Sohn Kaiser KARLS III. Brandenburg hat B. V,14 einen ehelichen Sohn Karlmann eingefügt, der nie existierte, vgl. dazu unsere Anmerkung zu IV,23.
    Sein Vater beabsichtigte ihn mit Hilfe des Papstes legitimieren zu lassen. Obwohl Bernhard damals noch recht jung war, scheiterte der Plan daran, dass Papst Hadrian III. im September 885 noch auf der Reise ins Frankenreich starb.

    Schieffer Rudolf: Seite 179,185,190, "Die Karolinger "

    Statt ihrer präsentierte sich die Zukunft der Dynastie in Gestalt mehrerer Bastarde, von denen eine reibungslose Thronfolge kaum zu erwarten war: ARNOLF VON KÄRNTEN, dem Friedelsohn des verstorbenen Karlmann, Bernhard, einem Illegitimus des Kaisers selbst, sowie Karl, dem kleinen postumen Stiefbruder der westfränkischen Könige, um ganz zu schweigen von dem "Aufrührer" Hugo, der den lotharischen Mannesstamm fortsetzte.
    Nach dem Tod des westfränkischen Adoptivsohns Karlmann hatte KARL III. 885 einen Versuch gemacht, seinen noch heranwachsenden außerehelichen Sohn Bernhard (von einer namentlich nicht bekannten Mutter) zum Erben einzusetzen, war aber am Einspruch von Bischöfen und mehr noch an der bedenklichen Tatsache gescheitert, daß der zur Sanktionierung des heiklen Beschlusses eingeladene Papst Hadrian III. (884-885) auf der Hinreise eines jähen Todes starb.
    ARNOLF, als König anscheinend erst seit kurzem mit Oda aus dem in der Lahngegend verwurzelten Geschlecht der KONRADINER vermählt, konnte indes lediglich zwei Söhne aus früheren, kirchlich nicht anerkannten Verbindungen vorweisen, den gerade erwachsenen Zwentibold und einen noch ganz kleinen Ratold, deren Erbrecht ihm die ostfränkischen Großen 889 in Forchheim unter der Voraussetzung zusicherten, daß ihm kein legitimer Sprößling von Oda beschieden sein würde. Vermutlich gegen diesen Beschluß entfachte Bernhard, der außereheliche Sohn KARLS III., 890/81 in Schwaben und Churrätien einen Aufstand, bei dessen Niederschlagung er getötet wurde.

    Stälin Paul Friedrich: Seite 124, "Geschichte Württembergs"

    Ohne Zweifel um sich den Besitz Schwabens zu verschaffen, erhob sich gegen den neuen Herrscher im Jahre 890 in der Bodenseegegend ein natürlicher Sohn des verstorbenen Kaisers, Bernhard, welcher wohl die von seinem Vater angewiesenen Güter in Schwaben geerbt hatte. Er trat in Verbindung mit dem Linz- und Argengaugrafen Ulrich und dem Abte Bernhard von St. Gallen, mußte jedoch fliehen und wurde im Winter 891 auf 892 von Markgraf Rudolf von Rätien aus dem Wege geräumt, während Abt Bernhard seine Abtei und Ulrich einen Teil seiner Eigengüter in Schwaben und im Elsaß verlor.

    Hlawitschka Eduard: Seite 27-30,99,107, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    KARL selbst hatte nur einen illegitimen Sohn, Bernhard, den ihm eine Konkubine niederer Herkunft geboren hatte [Zu Bernhards Abstammung vgl. Regino, Chron. ad 887, MG SS rer. Germ. Seite 128: ex pellice; Ann. Fuldens. ad 885 Seite 103: ex concubina. - Wenn E. Brandenburg, Die Nachkommen Karls d. Gr. (1935) Tafel 1, (V, 14a), KARL III. noch einen Sohn Karlmann zuweist, den ihm sogar Richgardis geboren haben soll und der freilich schon 876 verstorben sei, so verträgt sich dies in keiner Weise mit der Tatsache, daß Richgardis sich 887 erbot, ihre Jungfräulichkeit zu erweisen ( Regino, Chron. ad. 887 Seite 127). Vgl. auch den bis 881 nicht in Erfüllung gegangenen Wunsch Notkers des Stammlers nach ehelicher Nachkommenschaft des Kaisers; siehe unten Anm. 9. Mit dem 876 verstorbenen Karlomannus filius KAROLI der Ann. Alamannici ist vielmehr KARLS DES KAHLEN Sohn Karlmann gemeint; vgl. schon E. Dümmler, Gesch. d. ostfränk. Reiches II. Seite 359 Anm 1.]. Diesen gedachte er im Spätsommer oder Herbst 885 als haeredem regni post se constituere; et hoc, quia per se pose fieri dubitavit, per pontificem Romanum quasi apostolica auctoritate perficere disposuit. Aber dieser Plan schlug nach ausgiebigen am Hof abgehaltenen Beratungen, bei denen sich harter Widerstand von seiten der Bischöfe erhob [Die Ann. Fuld. sagen: Voluit (imperator) enim, ut fama vulgabat, quosdam episcopos inrationabilter deponere et Bernhartum filium suum es concubina heredem regni post se constituere. Die Zusammenhänge liegen hier offen auf der Hand. Warum sollte KARL wohl auch sonst an die Absetzung mehrerer Bischöfe zugleich denken? W. Schlesinger; Die Anfänge d. dt. Königswahl Seite 391 Anm. 45 (bzw. Wege I Seite 326 Anm. 45), bezweifelt dies, - meiens Erachtens zu Unrecht.], fehl: Der Papst, dem eine ähnliche legitimierende Rolle zugedacht war wie beim Thron- und Dynastiewechsel von 751 und der offenbar den im W-Reich seit KARL DEM KAHLEN spürbarer in den Vordergrund getretenen Krönungs- und Weihebrauch auch im Osten einführen sollte, starb auf dem Wege nach Frankfurt bzw. Mainz, wo dieser Akt stattfinden sollte.
    Jedoch in KARL III. hatte ARNULF einen mißgünstigen Onkel beschieden, der von vornherein seinen eigenen Sohn Bernhard als Nachfolger zu sehen gewünscht hatte und der ARNULF deswegen auch stets in seiner Wirksamkeit zu beschränken gewesen war.
    Bedenklich gegen diese Verbesserung muß vor allem stimmen, daß gerade im Sommer 890 Bernhard, der Sohn Kaiser KARLS III., von Rätien aus seinen Aufstandsversuch unternahm, wo er 891 schließlich auch erschlagen wurde; vgl. unten Seite 108. Eine Absendung des Churer Bischofs nach Valence, auch wenn dieser nicht mit Bernhard sympathisiert haben sollte - was gar nicht einmal feststeht -, konnte sich wohl ARNULF in deiser Situation kaum leisten.
    Das Scheitern dieser burgundisch-provencalischen Pläne muß für ARNULF um so bedauerlicher gewesen sein, als er schon im Sommer 890 im eigenen südwestlichen Herrschaftsgebiet, in Alemannien, einen Aufstand niederzuwerfen hatte, nämlich eine Erhebung Bernhards, des unehelichen Sohnes KARLS III. [BM² nr. 1847a; E. Dümmler, Gesch. d. ostfränk. Reiches III² Seite 341f. - Nach B. Berthold, Die Kirchenpolitik der deutschen Könige von Arnulf v. Kärnten bis zu Heinrich I. (Diss. Masch. Halle 1944) Seite 11ff., habe dieser Aufstand des Jahres 890 in Schwaben ARNULF bewogen, sich gegen den weltlichen Adel mehr und mehr auf die Kirche zu stützen, was schließlich - besonders für die Jahre 893 bis 895 - zu einem ganz engen Bündnis ARNULFS mit der Geistlichkeit (gegen den weltlichen Adel) geführt habe. Was man von einer solchen Ansicht zu halten hat, ist bereits von G. Tellenbach, Zur Geschichte Kaiser Arnulfs, in: HZ 165 (1942) Seite 239ff. (= Wege d. Forschung I Seite 145ff.), gegen J. Schur, Königtum und Kirche im ostfränkischen Reich vom Tode Ludwigs d. D. bis Konrad I. (1931) Seite 44f., dessen Thesen B. Berthold im wesentlichen zu rechtfertigen sucht, dargelegt worden. Ihre Argumente sind gegenüber G. Tellenbach jedenfalls nicht durchschlagend]. Alemannien blieb dadurch ein für seine Herrschaft unsicheres Land, zumal Bernhard zu entfliehen vermochte. Im Septenmber 891 konnte schließlich der aufständische Bernhard, der vielleicht eine Zeitlang bei Rudolf von Hochburgund oder auch bei WIDO VON ITALIEN Zuflucht gefunden hatte [Beachtlich ist immerhin, daß die Ann. Alamann. ad. 890, MG SS I Seite 52, in dunkler Kürze melden: Berenhart filius KAROLI vix de Retia evasit und daß der spätmittelalterliche Kompilator Gobelinus Person (1358-1421), dem heute verlorene Quellen zur Verfügung gestanden haben müssen, schreib: Postqiam ARNULFUS electus erat in regem, Bernhardus filius KAROLI GROSSI fugit in Italien ad WITTONEM, cui pars Italie commissa fuerat. Vgl. hierzu K. A. Kehr, Ein verschollenes karolingisches Annalenwerk, in: NA 28 (1903) Seite 330f.], vom Grafen Rudolf von Rätien aus dem Wege geräumt werden.

    Schieffer Rudolf: Seite 138,142, "Karl III. und Arnolf" in: Festschrift für Eduard Hlawitschka zum 65. Geburtstag

    Als sich diese Hoffnungen durch den Tod der jungen Könige (882/84) zerschlagen hatten und neben KARL überhaupt kein ehelich geborener Anwärter aus der stirps regia übrig zu sein schien, richteten sich die Pläne des Kaisers 885 zeitweilig auf den eigenen, illegitimen Sohn Bernhard, der im Vergleich mit ARNOLF jedoch den empfindlichen Mangel hatte, noch nicht erwachsen und überdies von einer namenlosen Mutter eindeutig während der Ehe KARLS mit Richgard zur Welt gebracht worden zu sein. So mag ein Teil der Widerstände, an denen das Vorhaben bald scheiterte, bereits in diesen Defiziten seinen Grund gehabt haben.
    Sein illegitimer Sohn Bernhard, der schon 885 als Nachfolgekandidat überspielt worden war, stand 890 im Mittelpunkt eines in den Zielen unklaren Aufstandes, zu dem sich geistliche und weltliche Große in Schwaben gegen ARNOLF verbanden. Mit Namen genannt sind Abt Bernhard von St. Gallen, der sein Amt vor Jahren vom alten Kaiser persönlich empfangen hatte und es nun als Rebell gegen den Nachfolger einbüßte, ferner ein Priester Isanrich, der enteignet wurde, sowie Udalrich, als Inhaber mehrerer alemannischer Grafschaften und Sohn eines nepos Ludwigs des Deutschen einer der Mächtigsten im Lande.
    Zu denen, die aus der Entwicklung Gewinn zogen, gehörte, soweit wir sehen, auch der rätische dux Rudolf, der den unglücklichen Prätendenten Bernhard gewiß mit Billigung ARNOLFS umbrachte,als er im Winter 891/92 nach zeitweiliger Flucht wieder im Alpenraum auftauchte. Rudolf entstammte dem WELFEN-Hause.

    Literatur:
    Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 226,263,265 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 196,205,256 - Borgolte Michael: Karl III. und Neudingen. Zum Problem der Nachflgeregelung Ludwigs des Deutschen. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 245-247,289,293,341-343 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 27-30,33,38,40, 53,68,99, 107,123,209 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 426,483 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 179,185,190 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 72,117 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 78,80,84 -

    Gestorben:
    erschlagen


  15. 123.  von Friaul, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (92.Unruoch8, 62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben nach 887.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Brescia [25100],Brescia,Lombardia,Italien; Nonne

    Notizen:

    Gisela von Friaul
    Nonne in Brescia
    - nach 887
    Tochter des Herzogs Unruoch von Friaul aus dem Hause der UNRUOCHINGER und der ETICHONIN Ava, Tochter von Graf Liutfrid I.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 277, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    Über die Zeit seines Todes ist nichts bekannt. Wenn BERENGAR 874/75 ihm im Amt nachfolgte, so ist er wohl in diesen Jahren schon verstorben gewesen. Ob er außer der einen Tochter, die im (S. Julia)Kloster in Brescia lebte und 887 auf Betreiben des einflußreichen Erzkanzlers KARLS III., Liutward für dessen Neffen von einigen Männern entführt wurde [5 Ann. Fuldens. ad. 887, Seite 105. - Dazu E. Dümmler, Geschichte des ostfränkischen Reiches III² Seite 276.], noch weitere Nachkommenschaft hatte, ist unbekannt.

    Zettler, Alfons: Seite 112, "Geschichte des Herzogtums Schwaben."

    In diesem Zusammenhang ist auch die bekannte Geschichte von der Entführung einer der Töchter Graf Unruochs, des Bruders von BERENGAR, wahrscheinlich mit dem Namen Gisela, aus dem königlichen Nonnenkloster Santa Giulia in Brescia zu erinnern. Kaiser KARLS III. Erzkapellan Liutward, Bischof von Vercelli (+ 901), soll 886/87 gewaltsam in das Kloster eingedrungen sein und mit Hilfe von Freunden Unruochs Tochter, "die Verwandte des Kaisers", geraubt und seinem Neffen in die Ehe gegeben haben [120 Fuldaer Annalen ad a. 887 und Regensburger Fortsetzung ad a. 886; vgl. K. Schmid, Liutbert von Mainz und Liutward von Vercelli im Winter 879/80 in Italien, in: Geschichte, Wirtschaft, Gesellschaft. Festschrift für Clemens Bauer zum 75. Geburtstag, hg. von E. Hassinger/J. H. Müller/H. Ott, Berlin 1974, Seite 41-60; J.F. Böhmer/H. Zielinski, Regesta Imperii I/3,2, Köln/Weimar/Wien 1998, Nr. 853-854.].

    Mühlbacher Engelbert: Band II Seite 408, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern."

    Den Anlaß dazu gab der Erzkanzler Liutward. Man warf ihm auch vor, daß er ungeahndet Mädchen aus den edelsten Familien Deutschlands und Italiens entführen ließ, um seinen Verwandten glänzende Partien zu verschaffen. Eine derartige Gewalttat hatte sich erst kürzlich abgespielt. Liutward hatte aus dem Nonnenkloster S. Salvatore in Brescia, das Töchter aus den vornehmsten Familien des Landes aufnahm und vielfach auch Prinzessinnen als Apanage diente, eine Tochter des Grafen Unruoch von Friaul, von mütterlicher Seite eine Enkelin [Richtig: Urenkelin] LUDWIGS DES FROMMEN und somit eine nahe Verwandte des Kaisers, entführen lassen, um sie seinem Neffen zu vermählen. Doch dieser war, da, wie der Annalist berichtet, Gott die inbrünstige Bitte der zurückgebliebenen Nonnen, die ihrem heiligen Ort angetane Schmach zu rächen, sogleich erhörte, in der Brautnacht eines plötzlichen Todes gestorben. Der Oheim der Entführten, Markgraf BERENGAR, hatte die Freveltat faustrechtlich geahndet, er hatte Vercelli, Liutwards Bischofssitz, überfallen und reiche Beute heimgebracht.


    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 276 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 277 - Jahrbücher von Fulda. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 Seite 105 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion Band II Seite 408 - Zettler, Alfons: Geschichte des Herzogtums Schwaben. Verlag W. Kohlhammer GmbH Stuttgart 2003 Seite 112 -


  16. 124.  von Babenberg, Heinrich II. Graphische Anzeige der Nachkommen (96.Judith8, 62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben in 902.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Graf

    Notizen:

    Heinrich II. Graf
    + 902 gefallen
    Sohn des Markgrafen Heinrich I. von Babenberg aus seiner 1. Ehe mit der Judith von Friaul, Tochter von Markgraf Eberhard

    Heinrich II. fiel 902 in einer Schlacht gegen die KONRADINER, die von ARNULF von Kärnten unterstützten Feinde seines Hauses. Seine und seines Bruder Adalberts Güter wurden 903 auf einer Reichsversammlung zu Forchheim konfisziert und dem Bischof Rudolf von Würzburg übergeben.

    Störmer Wilhelm: "Früher Adel"

    Da die BABENBERGER dem Königtum ARNULFS fernblieben, ließ der König die in Hessen begüterten KONRADINER in den ostfälischen Verwaltungsbereich der BABENBERGER durch Schenkungen und Verteilung der Grafschaft im Volkfeld hineinwachsen ließ. Die Besetzung des Bistums Würzburg durch den jüngsten KONRADINER Rudolf 892 war der Höhepunkt der die KONRADINER bevorzugenden Politik Kaiser ARNULFS. Die BABENBERGER begannen denn auch ihre Fehde mit dem Bischof von Würzburg. Sie führte spätestens 902 zu großen Verwüstungen des Herrschaftsgebietes der Würzburger Domkirche durch die BABENBERGER Heinrich und Adalhard, worauf der KONRADINER-Bischof seine Brüder Eberhard und Gebhard 902 zu Hilfe rief. Die BABENBERGER sammelten sich in ihrer Burg Babenberg und brachen aus dieser im entscheidenden Augenblick hervor. In der Schlacht fiel je ein Vertreter beider Familien; der BABENBERGER Adalhard, der in Gefangenschaft geriet, wurde aber von dem KONRADINER Gebhard kurzerhand enthauptet. Jetzt mischte sich der König Ludwig das Kind ein, stellte sich auf die Seite der KONRADINER und richtete über die BABENBERGER, deren Güter - vermutlich Reichslehen - zumindest teilweise konfisziert wurden. Erst 906 erfahren wir wieder von der Fehde, als Adalbert sein Heer in die Wetterau gegen Konrad siegreich führte und beutebeladen nach Babenberg zurückkehrte. Auch hier mischte sich die Reichsgewalt wieder ein. Ludwig das Kind berief eine Reichsversammlung nach Tribur - er brauchte also die Hilfe und den Konsens der Großen - , um ihm einen politischen Prozess zu machen. Immerhin wurde dem BABENBERGER die Möglichkeit gegeben, sich zu rechtfertigen. Adalbert aber blieb aus, wahrscheinlich weil ihm die Situation zu gefährlich schien, vielleicht auch, weil er sich in einer "legalen Fehde" dünkte. Das bedeutete nun, dass ein Reichsheer gegen ihn aufgeboten wurde und die BABENBERGER-Burg Theres belagerte, in der sich Adalbert verschanzt hatte. Durch eine List, bei der sich auch der bayerische Markgraf Luitpold beteiligte, wurde er bewogen, die Burg zu öffnen und gnadeflehend in das Lager des Königs zu gehen, wo er gefangengenommen wurde. Nach einem neuen Prozess wurde auch er enthauptet. Die Fehde ist deshalb so wichtig, weil in sie der König - so ferne er nicht eine Marionette der Großen war - aktiv eingriff, nicht weil er die Partei der KONRADINER ergriff, sondern weil er einen politischen Prozess machte und den "Reichsgegner" - notgedrungen durch B Beschluss der Großen - zu vernichten suchte. Die Reichsgewalt siegte hier also über die adelige Fehde. Regino von Prüm sagt über die Konfiskationen, dass die "facultates et possessiones" des BABENBERGERS Adalbert dem Fiskus übergeben und in Form königlicher Geschenke an die Großen, das heißt an die Gegner der BABENBERGER, verteilt worden seien.

    Dümmler Ernst: Seite 109,115, "Die Chronik des Abtes Regino von Prüm"

    897
    Um dieselbe Zeit entsteht zwischen dem Bischof Rudolf von Wirziburg und den Söhnen des Herzogs Heinrich, Adalbert, Adalhard und Heinrich, aus kleinen und sehr geringfügigen Ursachen ein gewaltiger Hader der Zwietracht und ein Streit voll unversöhnlichen Hasses und wie aus einem ganz geringen Funken eine ungeheure Feuersbrunst erregt wird, so vergrößert er sich, von Tag zu Tag zunehmend, ins Unermeßliche. Und während die über den Adel ihres Blutes, über die zahlreiche Menge ihrer Verwandten, über die Größe ihrer irdischen Macht sich über Gebühr erheben, fallen sie sich in gegenseitigen Metzeleien an, unzählige gehen auf beiden Seiten durch das Schwert zu Grunde, Verstümmelungen an Händen und Füßen werden verübt; die ihnen untertänigen Landschaften werden durch Raub und Feuersbrunst von Grund ais verwüstet.
    902
    Adalbert mit seinen Brüdern Adalhard und Heinrich sammelte eine starke Mannschaft und brach aus der Feste, die Babenberg [Babenberg (Bamberg)] geheißen wird, gegen die Brüder Eberhard, Gebehard und Ruodulf hervor, deren wir kurz zuvor gedachten, um ihnen eine Schlacht zu liefern. Jene halten seinen Angriff mannhaft aus, durchbrechen die Schlachtreihe mit dem Schwerte, strecken alle nieder, die ihnen begegnen und lassen nicht eher ab, als bis sie die Schar der Gegner gezwungen, die Flucht zu ergreifen; in diesem Strauße wurde Heinrich erschlagen, Adalhard gefangengenommen und nachmals auf Befehl Gebehards enthauptet. Auch Eberhard fiel in dem Treffen von vielen Wunden durchbohrt, worauf er nach Beendigung des Kampfes unter den Leichen der Erschlagenen von den Seinigen aufgefunden und nach Hause geschafft wird; nach dem Verlaufe weniger Tage stirbt er gleichfalls.

    Dümmler Ernst: Band II Seite 520,522, "Geschichte des Ostfränkischen Reiches"

    Von einer Beteiligung der Söhne des abgesetzten Markgrafen Poppo an dem Kampfe der beiden Familien miteinander, ist jedoch nichts bekannt, als Gegner standen sich vielmehr nur die vier konradinischen Brüder auf der einen, die drei Söhne des im Jahre 886 vor Paris gefallenen Heinrich, Adalbert, Adalhart und Heinrich auf der anderen Seite gegenüber. Wir finden die letzteren sogar mit Egino verbündet, dem Sohne jenes Grafen Egino, der einst ein so erbitterter Feind ihres Oheims Poppo gewesen war.
    Schon unter der Regierung ARNOLFS, in dessen Urkunden Adalbert oder seine Brüder nicht ein einziges Mal erwähnt werden, soll der Zwiespalt zwischen diesen und dem sehr beschränkten, nur durch Hofgunst erhobenen Bischof Rudolf von Wirzburg, Konrarads jüngerer Bruder zum Ausbruche gekommen sein, doch führte ihre Entzweiung, die durch die Lage der Grafschaften der BABENBERGER inmitten des Wirzburger Sprengels immer neue Nahrung erhalten mußte, damals noch zu keiner Störung des öffentlichen Friedens, oder zu einem Eingreifen der Reichsgewealt. Aus geringfügigen Anlässen entsprang diese Todfeindschaft: die wahre Ursache des Streites lag darin, daß so wie keine der beiden Familien der anderen an Adel des Blutes nachzustehen glaubte, auch keine der andern einen Vorrang an Macht willig einräumen wollte. Und allerdinga war es hohe Zeit, daß die BABENBERGER gegen ihre Nebenbuhler zu den Waffen griffen, wofern sie nicht von ihnen, die in Gemeinschaft mit dem Erzbischof Hatto den jungen König ganz in ihrer Hand hatten, völlig überflügelt werden wollten.
    Die lange schon m Verborgenen glimmende zwietracht schlug im Jahre 902 in helle Flammen auf [Ob dies Jahr das richtige, möchte man nach dem Zeugnisse des in der Zeitrechnung so ungenauen Regino noch bezweifeln, da die Ann. Alamann. (Scr. I, 54) zum Jahr 900 melden: Adalhart et Heimrich frater eius et Eberhardus bello occisi suunt, dagegen Ann. Hildesh. (Lamberti) 903 (Scr. III. 50): Eberhart et Adalhart atque Heinric occisi sunt; für das Jahr 902 scheint mir aber auch die nachher anzzuführende Urkunde Ludwigs B. 1191 zu sprechen.]. Adalbert, im Bunde mit seinen Brüdern sammelte ein stattliches Heer, mit dem er von seiner Burg Babenberg aus gegen die nicht minder gerüsteten Brüder Eberhard, Gebhard und Rudolf ins Feld rückte, um mit ihnen seine Kräfte zu messen. Diese hielten mannhaft stand, durchbrachen die feindlichen Reihen mit dem Schwerte und ruhten nach vielem Blutvergießen nicht eher, als bis sie die BABENBERGER in die Flucht geschlagen. Der jüngste von ihnen, Heinrich, wurde in dem harten Strauße erschlagen, Adalhard geriet in Gefangenschaft, aber auch Eberhard ward von den Seinigen auf dem Schlachtfelde von vielen Wunden durchbohrt aufgefunden und nach Hause geschafft, wo er gleichfalls nach wenigen Tagen starb. Zur Sühne wahrscheinlich für diesen schmerzlichen Verlust fiel auf Gebhards Befehl das Haupt des gefangenen Adalhard und Adalbert blieb als Rächer dieses Frevels und seiner getöteten Brüder übrig.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 109,115 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 520,522 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 40 -

    Gestorben:
    gefallen


  17. 125.  von Babenberg, Adalhard Graphische Anzeige der Nachkommen (96.Judith8, 62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben in 902.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Graf

    Notizen:

    Adalhard Graf
    + 902 hingerichtet
    Sohn des Markgrafen Heinrich I. von Babenberg und der Judith von Friaul, Tochter von Markgraf Eberhard

    Adalhard geriet bei der 902 gegen die KONRADINER verlorenen Schlacht in Gefangenschaft und wurde, als der in der Schlacht tödlich verwundete KONRADINER Eberhard starb, von dessen Bruder Gebhard enthauptet.

    Dümmler Ernst: Seite 109,115, "Die Chronik des Abtes Regino von Prüm"

    897
    Um dieselbe Zeit entsteht zwischen dem Bischof Rudolf von Wirziburg und den Söhnen des Herzogs Heinrich, Adalbert, Adalhard und Heinrich, aus kleinen und sehr geringfügigen Ursachen ein gewaltiger Hader der Zwietracht und ein Streit voll unversöhnlichen Hasses und wie aus einem ganz geringen Funken eine ungeheure Feuersbrunst erregt wird, so vergrößert er sich, von Tag zu Tag zunehmend, ins Unermeßliche. Und während die über den Adel ihres Blutes, über die zahlreiche Menge ihrer Verwandten, über die Größe ihrer irdischen Macht sich über Gebühr erheben, fallen sie sich in gegenseitigen Metzeleien an, unzählige gehen auf beiden Seiten durch das Schwert zu Grunde, Verstümmelungen an Händen und Füßen werden verübt; die ihnen untertänigen Landschaften werden durch Raub und Feuersbrunst von Grund ais verwüstet.
    902
    Adalbert mit seinen Brüdern Adalhard und Heinrich sammelte eine starke Mannschaft und brach aus der Feste, die Babenberg [Babenberg (Bamberg)] geheißen wird, gegen die Brüder Eberhard, Gebehard und Ruodulf hervor, deren wir kurz zuvor gedachten, um ihnen eine Schlacht zu liefern. Jene halten seinen Angriff mannhaft aus, durchbrechen die Schlachtreihe mit dem Schwerte, strecken alle nieder, die ihnen begegnen und lassen nicht eher ab, als bis sie die Schar der Gegner gezwungen, die Flucht zu ergreifen; in diesem Strauße wurde Heinrich erschlagen, Adalhard gefangengenommen und nachmals auf Befehl Gebehards enthauptet. Auch Eberhard fiel in dem Treffen von vielen Wunden durchbohrt, worauf er nach Beendigung des Kampfes unter den Leichen der Erschlagenen von den Seinigen aufgefunden und nach Hause geschafft wird; nach dem Verlaufe weniger Tage stirbt er gleichfalls.

    Dümmler Ernst: Band II Seite 520,522, "Geschichte des Ostfränkischen Reiches"

    Von einer Beteiligung der Söhne des abgesetzten Markgrafen Poppo an dem Kampfe der beiden Familien miteinander, ist jedoch nichts bekannt, als Gegner standen sich vielmehr nur die vier konradinischen Brüder auf der einen, die drei Söhne des im Jahre 886 vor Paris gefallenen Heinrich, Adalbert, Adalhart und Heinrich auf der anderen Seite gegenüber. Wir finden die letzteren sogar mit Egino verbündet, dem Sohne jenes Grafen Egino, der einst ein so erbitterter Feind ihres Oheims Poppo gewesen war.
    Schon unter der Regerung ARNOLFS, in dessen Urkunden Adalbert oder seine Brüder nicht ein einziges Mal erwähnt werden, soll der Zwiespalt zwischen diesen und dem sehr beschränkten, nur durch Hofgunst erhobenen Bischof Rudolf von Wirzburg, Konrads jüngerer Bruder zum Ausbruche gekommen sein, doch führte ihre Entzweiung, die durch die Lage der Grafschaften der BABENBERGER inmitten des Wirzburger Sprengels immer neue Nahrung erhalten mußte, damals noch zu keiner Störung des öffentlichen Friedens, oder zu einem Eingreifen der Reichsgewealt. Aus geringfügigen Anlässen entsprang diese Todfeindschaft: die wahre Ursache des Streites lag darin, daß so wie keine der beiden Familien der anderen an Adel des Blutes nachzustehen glaubte, a auch keine der andern einen Vorrang an Macht willig einräumen wollte. Und allerdings war es hohe Zeit, daß die BABENBERGER gegen ihre Nebenbuhler zu den Waffen griffen, wofern sie nicht von ihnen, die in Gemeinschaft mit dem Erzbischof Hatto den jungen König ganz in ihrer Hand hatten, völlig überflügelt werden wollten.
    Die lange schon m Verborgenen glimmende Zwietracht schlug im Jahre 902 in helle Flammen auf [Ob dies Jahr das richtige, möchte man nach dem Zeugnisse des in der Zeitrechnung so ungenauen Regino noch bezweifeln, da die Ann. Alamann. (Scr. I, 54) zum Jahr 900 melden: Adalhart et Heimrich frater eius et Eberhardus bello occisi suunt, dagegen Ann. Hildesh. (Lamberti) 903 (Scr. III. 50): Eberhart et Adalhart atque Heinric occisi sunt; für das Jahr 902 scheint mir aber auch die nachher anznzuführende Urkunde Ludwigs B.1191 zu sprechen.]. Adalbert, im Bunde mit seinen Brüdern sammelte ein stattliches Heer, mit dem er von seiner Burg Babenberg aus gegen die nicht minder gerüsteten Brüder Eberhard, Gebhard und Rudolf ins Feld rückte, um mit ihnen seine Kräfte zu messen. Diese hielten mannhaft stand, durchbrachen die feindlichen Reihen mit dem Schwerte und ruhten nach vielem Blutvergießen nicht eher, als bis sie die BABENBERGER in die Flucht geschlagen. Der jüngste von ihnen, Heinrich, wurde in dem harten Strauße erschlagen, Adalhard geriet in Gefangenschaft, aber auch Eberhard ward von den Seinigen auf dem Schlachtfelde von vielen Wunden durchbohrt aufgefunden und nach Hause geschafft, wo er gleichfalls nach wenigen Tagen starb. Zur Sühne wahrscheinlich für diesen schmerzlichen Verlust fiel auf Gebhards Befehl das Haupt des gefangenen Adalhard und Adalbert blieb als Rächer dieses Frevels und seiner getöteten Brüder übrig.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 109,115 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 520,522 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 40 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 268 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 93,105 -

    Gestorben:
    hingerichtet


  18. 126.  von Babenberg, Adalbert Graphische Anzeige der Nachkommen (96.Judith8, 62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 854; gestorben am 9 Sep 906 in Theres [97531],Haßberge,Bayern,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ostfrankenreich; Fränkischer Pfalzgraf

    Notizen:

    Adalbert Fränkischer Pfalzgraf

    854 † 9.9.906 hingerichtet Burg Theres am Main
    Sohn des Markgrafen Heinrich I. von Babenberg aus dem Hause der ÄLTEREN BABENBERGER aus seiner 1. Ehe mit der Judith von Friaul, Tochter von Markgraf Eberhard

    Bosl’s Bayerische Biographie: Seite 4

    Adalbert, ostfränkischer Graf
    † 9.9.906 Theres (heute Obertheres)
    Vater:
    Heinrich, Heerführer Kaiser KARLS III. († 886)
    Mutter:
    (sagenhaft) Baba, Schwester König HEINRICHS I.
    oo Brunhilde von Schwaben

    Aus dem Hause der sogenannten älteren BABENBERGER (POPPONEN).
    Inhaber der Grafschaften im Grabfeld, Gozfeld, Tullifeld, Saalegau, Volkfeld und vielleicht auch im Iffgau.
    Gegenspieler der hessisch-rheinfränkischen KONRADINER im Kampf um herzogartige Stellung in Franken.
    897 Beginn des Entscheidungskampfes zwischen beiden Familien.
    903 Verlust einiger Güter durch Fürstenspruch zu Forchheim.
    906 Sieg bei Fritzlar; Tod Konrads, des Vaters König KONRADS I.
    906 in Vollzug der Reichsacht enthauptet.
    Ausgang der Fehde entschied Ost-Frankens Charakter als Königsland.

    Literatur:
    NDB 1, ADB 1; Lex. D. dt. Gesch.

    Klauser Heinrich: Seite 13, "Lexikon deutscher Herrscher und Fürstenhäuser"

    Adalbert von Babenberg
    † 9.9.906

    Vielleicht ein Vorfahre der österreichischen BABENBERGER.
    Adalbert war einer der bedeutendsten Vertreter im Kampf zwischen den KONRADINERN und BABENBERGERN um die Vormacht in Rhein- und Mainfranken. Er überfiel 906 bei Fritzlar seine Gegner aus dem Hinterhalt und tötete seinen Widersacher Konrad. Daraufhin wurde er von einem königlichen Heer in seiner Burg Theres (heute Obertheres bei Haßfurt) überwältigt und enthauptet.

    Althoff Gerd: Seite 413, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 114 Me: 9.9. Adelbertus com † 906 'BABENBERGER'

    Es handelt sich um den Angehörigen der "alten BABENBERGER", der 906 wegen Hochverrats während der Babenberger Fehde hingerichtet wurde; vgl. Dümmler, Geschichte des ostfränkischen Reiches 3, Seite 542.
    Zur Verwandtschaft der LIUDOLFINGER mit den BABENBERGERN vgl. zuletzt Hlawitschka, Zur Herkunft der Liudolfinger, Seite 140.
    Adalbert gehört zu dem Personenkreis aus der Zeit, in der das Merseburger Necrolog noch kein eigenständiges ottonisches Familiengedenken, sondern übernahmen aus älteren Vorlagen spiegelt; vgl. dazu oben Seite 190.
    Zur Frage, ob sein Vater Heinrich († 886) am 28.8. ins Merseburger Necrolog eingetragen ist, vgl. Kommentar H 31.
    Allg. NDB 1, S. 42; FW G 8; Geldner, Neue Beiträge zur Geschichte der alten Babenberger, S. 15-20.

    Schwennicke, Detlef: Tafel 54, "Europäische Stammtafeln. Stammtafeln zur Geschichte der Europäischen Staaten. Neue Folge Band III Teilband 1, Herzogs- und Grafenhäuser des Heiligen Römischen Reiches und andere europäische Fürstenhäuser"

    ADALBERT
    † hingerichtet 9.VI.906
    Graf 888

    Thiele, Andreas: Tafel 8, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

    ADALBERT VON BABENBERG
    † 906 hingerichtet

    Adalbert, Graf in Bayern und Franken, war das Haupt der BABENBERGER im Kampf gegen die KONRADINER. Er wurde von Bischof Rudolf von Würzburg hingerichtet (vgl. Konradiner I dazu). Adalbert oder einer der Brüder hatten Nachkommen über einen Sohn Heinrich.
    Die Enkel: Heinrich, ab 956 Erzbischof von Trier († 964) und Poppo, königlicher Kanzler, Bischof von Würzburg 941-961. Möglicher Enkel auch Markgraf Berthold I. in Bayern († 980, vgl. dazu Andechs I)
    Nach der Niederlage von 902 wurde auf der Reichsversammlung von Forchheim Gericht über die BABENBERGER gehalten und die Güter Adalhards und Heinrichs eingezogen. Von diesen schenkte König Ludwig Prosselsheim und Frickenhausen mit allen Zubehör im Volkfeld, Iffigau, Grabfelde und Badnachgau an den Bischof Rudolf von Würzburg als Ersatz für die Verwüstungen in seinem Bistum. Sein Bruder Konrad erhielt den Gau Gozfeld und das gräfliche Amt der getöteten BABENBERGER. Adalbert setzte den Kampf gegen die KONRADINER fort. Er verjagte noch im Jahre 903 Bischof Rudolf aus seinem Bistum Würzburg und verwüstete die Besitzungen der Würzburger Kirche mit großer Grausamkeit. Die Witwe des Grafen Eberhard und ihre Söhne nötigte er, ihre Erbgüter wie ihre Lehen zu verlassen und sich hinter den Spessart zurückzuziehen. Das ganze östliche Franken scheint sich demnach trotz König und Reichstag in seiner Gewalt befunden zu haben. Aus den Jahren 904 und 905 ist nichts vom Einschreiten der Reichsgewalt gegen Adalbert bekannt. Im Februar 906 unternahm er einen Einbruch in das Gebiet der KONRADINER, als der jüngere Konrad in Lothringen weilte. Er machte zuerst mit seinen Truppen eine Scheinbewegung gegen Gebhard, der in der Wetterau stand, die ihren Zweck, diesen zu erschrecken und festzuhalten, Konrad aber in Sicherheit zu wiegen, vollständig erreichte; dann wandte er sich so schnell wie möglich gegen diesen um, der ihn bei Fritzlar in Hessen mit einer zahlreichen Schar von Reiterei und Fußvolk erwartete.
    Am 27. Februar 906 errang er über den Grafen Konrad, der sein Heer in drei Haufen geteilt hatte, einen vollständigen Sieg, da dessen Fußvolk und die Sachsen des Hessengaus bald die Flucht ergriffen. Nach diesem Sieg brachte er durch eine dreitägige Verwüstung der hessischen Landschaft in einer rechtssymbolischen Handlung die Besitzergreifung von Konrads Gebiet zum Ausdruck. Mit der Kriegsbeute und unermesslichem Raube kehrte er nebst seinen Gefährten nach Babenberg zurück. Adalbert wurde zum Juli auf den Reichstag nach Tribur zur Verantwortung vorgeladen. Da er auf diese Ladung nicht erschien, wurde gegen ihn ein schwäbisch-fränkisches Heer aufgeboten, an dessen Spitze König Ludwig den hartnäckigen Empörer in der Burg Theres am Main belagerte. Noch während der Belagerung fiel der fränkische Graf Egino vom Badnachgau, bisher sein unzertrennlicher Gefährte auf allen seinen Zügen von ihm ab und ging mit seinen Leuten ins königliche Lager über. Da die Einschließung sich in die Länge zog und seine Besitzungen rings umher verwüstet wurden, fand er sich zu Unterhandlungen bereit, die dahin führten, dass der BABENBERGER die Tore seiner Burg öffnete, freiwillig und in geringer Begleitung sich zum König begab und als Schutzflehender seine Verzeihung für alle von ihm verübten Frevel erbat, indem er Besserung gelobte. Einige der Seinen aber verklagten ihn bei Ludwig, dass seine Unterwerfung nicht aufrichtig gemeint sei und dass er die Absicht hege, nach aufgehobener Belagerung zu seinen Raubzügen zurückzukehren. Infolge dieser Anzeige wurde er in Gewahrsam gebracht, mit gefesselten Händen dem Heere vorgeführt und durch das Gericht der großen Vasallen als Hochverräter zum Tode verurteilt. Alle seine Güter und Lehen wurden für die Krone eingezogen und durch königliche Verordnung an andere vornehme Männer verteilt. Am 9. September 906 wurde Adalbert enthauptet.
    Mit ihm erlosch der Hauptstamm der BABENBERGER.

    Lechner Karl: Seite 40,44, "Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-1246"

    Otto von Freising lässt sein väterliches Geschlecht von einem nobilissimus Francorum comes abstammen, führt es aber nur bis in die erste Hälfte des 11. Jahrhunderts, auf Markgraf Adalbert (1018-1055) zurück. Er sagt dazu, dass dieser von jenem fränkischen Grafen Adalbert abstamme, der 906 hingerichtet wurde. Es handelt sich um einen Angehörigen jenes fränkischen Hochadels-Geschlechts, das nach ihrem Hauptsitz auf dem Domberg zu Bamberg als die "alten BABENBERGER" bezeichnet wird. Sie werden oft nach ihrem Stammvater Poppo († um 842) POPPONEN genannt; freilich führt diesen Leitnamen nur der jüngere Zweig des Geschlechtes, von dem später die Grafen von Henneberg abstammen [9 Vgl. dazu zuletzt F. Geldner, Neue Beiträge zur Geschichte der „Alten Babenberger". Bamberger Studien zur fränkischen und deutschen Geschichte H. 1 (1971). Die Aufstellungen sind für die älteren Glieder nicht durchaus gesichert. Der Sohn eines der drei letzten männlichen Nachkommen der die angebliche Verbindung zu den österreichischen BABENBERGERN bringt, bleibt rein hypothetisch.].
    K. Reindel hat übrigens die österreichischen BABENBERGER seinen LIUTPOLDINGERN nicht zugezählt. Entscheidend für die Ableitung Markgraf Liutpolds wie auch Bertholds vom altbabenbergischen (popponischen) Haus war die Annahme, daß sie als „Brüder", wie man überwiegend noch heute meint, von einem fränkischen Grafen Heinrich abstammen, der von 912 bis 934 in Königsurkunden aufscheint. Er wurde als Sohn des 906 hingerichteten „altbabenbergischen" Adalbert angesehen, wodurch der Name „Heinrich" auch auf die Söhne beider „Brüder" Berthold und Liutpold gekommen sei [12 So zuletzt sehr entschieden F. Geldner (wie Anm. 9). Ähnlich schon in seinem Aufsatz von 1962 (Zum Babenberger Problem, in HJb 81, 1-21). In modifizierter Form (Abkunft von einer Tochter des letzten ALT-BABENBERGERS Adalbert - oder einem verwandten Geschlecht!) haben sich schon früher F. Stein, A. Huber (MIZSG 2, 1881, 374 ff.), K. Uhlirz (JbbDR unter Otto II., 1902, 228f.), Guttenberg, Territorienbildung Obermain, für die Ableitung der „österreichischen" von den fränkischen BABENBERGERN ausgesprochen.]. Seit dem 14. Jahrhundert nahmen österreichische Quellen in Weiterführung Ottos von Freiring die Herleitung der österreichschen Markgrafen von einem nobilissimo comite Babenbergensi de genere Francorum an 13. Wir haben aber nur geringe Belege dafür, daß die österreichischen „BABENBERGER" am Ober-Main Besitz hatten: 1018 wird zum Beispiel ein Hof in Zeil im Volkfeld durch den österreichischen Markgrafen Adalbert an Kaiser HEINRICH II. geschenkt. Auch die Besitzungen der SCHWEINFURTER deckten sich durchaus nicht mit denen der alten BABENBERGER vor 906. Darauf hat schon Friedrich Stein, selbst ein Franke, seit 1872 in immer neuen Aufstellungen hingewiesen. Er hat daher die Abkunft der „jüngeren BABENBERGER" wohl aus Ost-Franken, aber von einem anderen, allerdings verwandten Geschlecht angenommen, und als Vater der beiden „Brüder" (!) Berthold von Schweinfurt und Liutpold von Österreich einen Grafen Heinrich angenommen. eben jenen, den Geldner für einen Sohn Adalberts hielt. Ob an der Ausstattung des Klosters Kastl in der Ober-Pfalz, das aus der Erbschaft der ausgestorbenen SCHWEINFURTER Linie (1057) gegründet wurde, auch die österreichischen BABENBERGER beteiligt waren, ist unsicher. Der Name Heinrich bei den SCHWEUINFURTERN und den österreichischen „BABENBERGERN" ist auch auf andere Weise zu erklären, als durch die Abstammung von einem nicht recht faßbaren Grafen Heinrich als Sohn des 906 hingerichteten Grafen Adalbert. Der Name „Adalbert" aber tritt erst spät, beim jüngsten der vielen Söhne des österreichischen Markgrafen Liutpold auf.
    Wir halten es für wahrscheinlich, dass durch eine Tochter der fränkischen "alten BABENBERGER" (vermutlich des 906 hingerichteten Adalbert) eine Verbindung zwischen den beiden Häusern eingetreten ist, so dass etwa Herzog Arnulf von Bayern mit einer solchen Frau (in 2. Ehe?) verheiratet war. Damit würde auch der Name Poppo bei einem Sohn Markgraf Liutpolds erklärt sein. In dieses Haus würde aber auch die Annahme Tyrollers führen, dass der Großvater der Gattin Markgraf Liutpolds, Graf Ernst III. von Sualafeld, mit einer Tochter des 906 hingerichteten POPPONEN Adalbert verheiratet war.


    Quellen:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 109,115,117-120 - Hermann von Reichenau: Chronicon. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 628,630 - Liudprands von Cremona: Werke in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Band VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 292,302-306 - Regino Chronik. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 Seite 304,312,316 - Widukinds Sachsengeschichte. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte Band VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 18,50,52 -


    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 190,413 G 114 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 22,30 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 25, 30 - DEUTSCHE FÜRSTEN DES MITTELALTERS. Fünfundzwanzig Lebensbilder. Edition Leipzig 1995 Seite 46 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches, Gustav Lübbe Verlag Bergisch Gladbach 1994, Seite 119,130,193 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 520-524,537,565, 582 - Faußner, Hans Constantin: Zur Frühzeit der Babenberger in Bayern und Herkunft der Wittelsbacher, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990 Seite 10 - Fuchs Franz/Schmid Peter: Kaiser Arnolf. Das ostfränkische Reich am Ende des 9. Jahrhunderts. Verlag C.H.Beck München 2002 Seite 342 - Geldner, Ferdinand: Zum Babenberger-Problem, in: Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft 81, 1961 Seite 1-211 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 Seite 191 - Hlawitschka, Eduard: Zur Herkunft der Liudolfinger und zu einigen Corveyer Geschichtsquelle, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka Verlag Peter Lang Frankfurt am Main Seite 313-377 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 40,65,147 - Lechner, Karl: Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-1246, Böhlau Verlag Köln 1985 Seite 40,44,313 A. 12 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 549,551,560,573,591,598-600,602,604-606 - Pohl Walter: Die Welt der Babenberger. Schleier, Kreuz und Schwert, hg. von Brigitta Vacha, Verlag Styria, Seite 43-47,55 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 268 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 197 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 93,105 - Schwennicke, Detlef: Europäische Stammtafeln. Stammtafeln zur Geschichte der Europäischen Staaten. Neue Folge Band III Teilband 1, Herzogs- und Grafenhäuser des Heiligen Römischen Reiches und andere europäische Fürstenhäuser, Verlag von J.A. Stargardt Marburg 1984 Tafel 54 - Spindler Max: Handbuch der bayerischen Geschichte. Erster Band. Das alte Bayern. Das Stammesherzogtum bis zum Ausgang des 12. Jahrhunderts. C. H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung München Seite 208 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 8 - Weller Tobias: Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert. Rheinisches Archiv. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 2004 Seite 326 -

    Neue Deutsche Biographie - Adalbert

    ostfränkischer Graf, † 9.9.906.

    Als Inhaber der väterlichen Grafschaften im Grabfeld, Tullifeld, Saalegau, anfangs auch im Volkfeld, waren die Söhne des ostfränkischen Grafen Heinrich die natürlichen Gegenspieler der von König Arnulf und König Ludwig begünstigten hessisch-rheinfränkischen Konradiner im Kampfe um eine herzogartige Stellung in Franken. A.s Stützpunkt war die 902 erstmals genannte Burg Babenberg auf dem heutigen Domberg zu Bamberg. Als A. damals in die 897 „aus geringfügigen Gründen“ (Regino von Prüm) ausgebrochene Fehde seiner Brüder mit den Konradinern, vor allem dem Bischof von Würzburg, eingriff, begann der Entscheidungskampf zwischen den beiden Familien. Bei einem Ausfall aus Bamberg kam Heinrich ums Leben, der gefangene Adalhard wurde von den Konradinern hingerichtet, ein Fürstenspruch zu Forchheim (903) entzog den beiden ihre Güter. A., persönlich noch nicht betroffen, setzte nun jahrelang den erbitterten Kampf in blitzartigen Überfällen fort, verjagte Bischof Rudolf aus Würzburg, seine Konradinischen Brüder aus dem Spessart, verheerte ihre Besitzungen und bedrohte die Wetterau. Sein Sieg bei Fritzlar (906) kostete dem älteren Konrad, Vater des nachmaligen Königs, das Leben. Der Ladung vor einen Reichstag nach Tribur leistete er keine Folge, ja, er brachte auch dem königlichen Heer, das die Reichsacht an ihm vollstrecken sollte, eine Niederlage bei. In Theres am Main belagert, ließ er sich, angeblich durch hinterlistige Versprechungen des Erzbischofs Hatto von Mainz, bewegen, die Gnade des Königs zu suchen, wurde aber in dessen Abwesenheit enthauptet. Bamberg fiel an König Ludwig. Im Grabfeld behauptete sich die nicht an der Fehde beteiligte Linie seines Oheims Poppo (spätere Grafen von Henneberg?). Da die Konradiner auf Rheinfranken beschränkt blieben, entschied sich mit dem Ausgang der Fehde der Charakter Ostfrankens als Königsland. A.s Kühnheit lebte in Volksliedern fort, die österreichischen „Babenberger“ betrachteten ihn wohl zu Unrecht als ihren Ahnherrn.

    Literatur
    ADB I (unter Adelbert); F. Stein, Gesch. d. Kg.s Konrad I., 1872; E. Dümmler, Gesch. d. ostfränk. Reiches III, 21888; E. v. Guttenberg, Die Regg. d. Bischöfe u. d. Domkapitels v. Bamberg, 1. Lieferung, 1932 (weitere Literatur).



    Gestorben:
    Burg Theres am Main, hingerichtet


  19. 127.  von Babenberg, Adellinde Graphische Anzeige der Nachkommen (96.Judith8, 62.Gisela7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 855; gestorben nach 915 in Bad Buchau [88422],Biberach,Baden-Württemberg,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Oberammergau [82487],Garmisch-Partenkirchen,Bayern,Deutschland; Gräfin im Ammergau

    Notizen:

    Adellinde von Babenberg Gräfin im Ammergau
    um 855- nach 915 Kloster Buchau
    Tochter des Markgrafen Heinrich I. von Babenberg

    Thiele, Andreas: Tafel 28, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

    ETICHO I. (ATO)
    + wohl 907 (gefallen)
    oo ADELLINDE VON BABENBERG + nach 915
    Tochter des Markgrafen Heinrich von Friesland, Nachkommin Kaiser KARLS DES GROSSEN (vgl. Robertiner), Schwester der Mutter des deutschen Königs HEINRICH I. VON SACHSEN (siehe Ottonen)
    Sie ist hochangesheen und reist um 910 nach Jerusalem.

    Hermann von Reichenau: Seite 628, "Chronicon." in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI

    902. Die Ungarn greifen die Mährer an, werden in einem treffen besiegt und wenden sich zur Flucht. Im selben Jahr werden Beringer, Reginolf und Gerhard, leibliche Brüder edler Abkunft, Söhne des Grafen Ato und der Adelinde, von Feinden umringt und erschlagen, nicht weit von dem Nonnenkloster Buchau [1 903-904] im alamannischen Erichgau, das ihre Mutter um diese Zeit in frommem Eifer zur Ehre der heiligen Märtyrer Cornelius und Cyprian erbaut hatte; das geschah, als sie ihre Schwester, die Nonne war, heimlich von dort entführten, um sie zu vermählen; sie wurden von ihrer Mutter bei dem Kloster begraben. Dort wurde nach ihrem glücklichen Ende auch diese selbst beigesetzt, die sich nach ihrer Rückkehr von der Wallfahrt nach Jerusalem unsd anderen heiligen Orten ganz dem göttlichen Dienst und der Sorge für das Seelenheil gewidmet hatte; vorher war noch ihre gleichnamige Tochter, die Nonne war, daselbst als Äbtissin eingesetzt worden.

    Decker-Hauff Hansmartin: "Die Ottonen und Schwaben"

    Adellinde bestattete ihre 902 gefallenen Söhne in der Plankental-Kapelle bei Kappel, widmete sich frommen Werken, pilgerte 910 nach Jerusalem und starb schließlich im Stift Buchau, wo inzwischen ihre Tochter Adellinde Äbtissin geworden war. Sie war hoch angesehen und erschien am 24.5.914 in einer Urkunde KONRADS I. als matrona Adalonna, die bei einem Tauschgeschäft zwischen der matrona Ellinrath, ihrer gleichnamigen Tochter und dem Bistum Regensburg als Kontrahent erwähnt wurde. Sie heißt im Mai 914 noch matrona, lebte also damals noch nicht im Stift Buchau, in dem sie nach späterer Tradition als Chorfrau gestorben sein soll.

    Borgolte Michael: Seite 63, "Die Grafen Alemanniens"

    Der Reichenauer Chronist Hermann der Lahme berichtet zum Jahr 902, dass Beringer, Reginolf und Gerhard, nobiles germani fratres, filii Atonis comitis et Adellindae, nicht weit von dem durch ihre Mutter erbauten Frauenkloster Buchau erschlagen wurden, als sie ihre dort weilende Schwester heimlich zur Heirat hinwegführen wollten. Die Mutter hat, wie Hermann weiter schreibt, die drei Söhne nahe bei dem Kloster begraben. Nachdem Adallind darauf causa orationis eine Pilgerreise nach Jerusalem unternommen hatte, sei sie nach ihrer Rückkehr gestorben und in Buchau bestattet worden; dort aber war zuvor ihre gleichnamige Tochter als Äbtissin eingesetzt worden (Herimanni Augiensis Chronicon 111, vgl. Annales Alamannici ad a. 903, in: Lendi, Untersuchungen 186; Chronicon Suevicum Universale 86). In der Schilderung des Chronicon steht die Gründerin von Buchau im Mittelpunkt; Adallinds Gatte, Graf Ato, wird dagegen nur nebenbei als Vater der getöteten Brüder erwähnt. Man hat den Eindruck, dass Adallind sich bereits vor der Katastrophe zusammen mit ihrer Tochter in das Kloster zurückgezogen hatte, also um 902 wohl bereits verwitwet war. Indessen fehlen zur Prüfung dieser Vermutung urkundliche Zeugnisse.
    Sechs Angehörige von Atos Familie werden durch Hermanns Bericht namentlich bekannt. Es ist der Forschung gelungen, diese und noch andere Verwandte in einigen Einträgen in den Gedenkbüchern von St. Gallen (pag. 6), Reichenau (102C1) und Remiremont (21rA2) sowie im Evangeliar von Cividale (122) nachzuweisen (Schmid 292-295). Atos teht in diesen Personenverzeichnissen immer mit seiner Gemahlin Adallind zusammen. Lediglich in einem weiteren Reichenauer Eintrag (104C1) ist die Namengruppierung nicht so eindeutig. Da aufgrund der Liste von Remiremont angenommen werden kann, dass ein Hatto und ein anderer Ato zu den Angehörigen Atos gehörte, scheint mir nicht ganz sicher zu sein, dass der Ato des zweiten Eintrags von Reichenau auch Ato bezeichnet hat (anders Schmid 294).
    Ato, der zusammen mit seiner Familie im Gedenkbuch des Frauenklosters Remiremont in engster Nachbarschaft einer Mönchsliste aus Schienen eingeschrieben wurde, gilt als Verwandter Atos (I). Während ihn Decker-Hauff (334, 337) als Enkel des mutmaßlichen Erbauers von Kloster Schienen ansah, hielt ihn Tellenbach (186,189, vgl. Schmid 295, Borst 73) eher für dessen Sohn. Zu den Angehörigen Atos und Adallinds darf nach Schmid (303f., vgl. Borst, Pfalz Bodman 204) auch der Erzbischof Hatto von Mainz gezählt werden. Als dieser nämlich Abt von Reichenau war (888-913), ging Schienen in den Besitz des Inselklosters über. Die These Decker-Hauffs, Ato sei mit dem WELFEN Eticho identisch gewesen, wurde von Tellenbach und Fleckenstein widerlegt (s. a. Art. Heinrich). Nach einer älteren Forschungsmeinung (Baumann, Zur schwäbischen Grafengeschichte; Jänichen 115 und Tafel 2), die auf bloßen Vermutungen beruht, gehörte Ato dagegen dem Geschlecht der ALAHOLFINGER-BERTOLDE an.
    Das Geschehen um Adallind von Buchau hat außer Hermann den Lahmen noch andere Nachlebende beschäftigt (vgl. Borst 80f.). In der Zimmerischen Chronik wird berichtet, dass Otho, diser loblich grave (...) sampt zwaien seinen sönen, graven Beringern und graven Reginaldo, auch andern rittern und knechten von den Hungern, so der zeit mit macht aus irem land zogen und das ganz Bayerland, auch ain großen thail in Schwaben verderbt und verbrennt heben, jämerlich erschlagen worden sei (Zimmerische Chronik 124). Die Nachricht, die sich offensichtlich auf Ato bezieht, steht im Hinblick auf Beringer und seinen Bruder mit Hermann dem Lahmen in Widerspruch. Der Chronist, der Ato im übrigen in die Zeit KARLS DES GROSSEN setzt und Adallind zu einer Schwester der Kaiserin Hildegart macht (ebd. 23), verdient deshalb kaum Vertrauen. Aus der Quelle darf man sicher nicht, wie Decker-Hauff (350), schließen, dass Atonach 902 "im Kampf gegen die Ungarn gefallen" sei.

    Schmid Karl: Seite 472,572, "Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter"

    Andererseits hat man für die Daterung der im Liber vitae von Remiremont überlieferten Konventsliste des Abtes Lantbert einen sicheren Anhaltspunkt: Die gleichfalls von einer Hand geschrieben Namenreihe bringt am Anfang der zweiten Kolumne eine Laiengruppe, die sich eindeutig als die aus anderen Quellen bekannten Familie des Grafen Ato und seiner Gemahlin Adallind zu erkennen gibt. Drei Söhne Atos und Adallinds, Beringer, Reginolf und Gerhard, versuchten - nach Hermann dem Lahmen im Jahr 902, nach den Annales Alamannici 903 - ihre Schwester Adallind aus dem Stift Buchau zu entführen. Sie wurden dabei erschlagen. Da die jüngere Adallind zu diesem Zeitpunkt wohl nicht älter als 25 Jahre gewesen sein wird, ist die Liste von Remiremont, die den Namen der jüngeren Adallind enthält, in die Zeit zwischen 880 und 890 zu datieren.
    In dieser Konventsliste sind es nicht die Männernamen, die zunächst befremden, sondern die Namen von Frauen, da wir ja einen Mönchskonvent vor uns haben. Mitten in der Liste tauchen sie auf: Adallind, Adallind. Zu ihnen gehören die beiden davor sowie wenigstens die beiden danach stehenden Männernamen. Die Namenfolge Ato, Ato, Adallind, Adallind, Peringer, Kerhart ist nicht von Schienener Mönchen, sondern von Laien. Über die Personen, die diese Namen trugen, berichtet Hermann der Lahme zum Jahre 902 folgendes: Beringer, Reginolf et Gerhard, nobiles germani fratres, filii Atonis comitis et Adellindae, seien nicht weit vom Frauenkloster Buchau im Eritgau von Feinden überfallen und erschlagen worden, als sie ihre Schwester Adallind, um sie zu vermählen, heimlich aus dem von ihrer Mutter erbauten Kloster entführten. Die Mutter habe ihre getöteten Söhne im Bereich des Klosters beisetzen lassen, wo sie später selbst bestattet worden sei, nachdem sie ihre Tochter Adallind als Äbtissin in Buchau eingesetzt und eine Wallfahrt ins Heilige Land gemacht habe. Diese Geschichte, in der die inmitten der Mönche von Schienen genannten Angehörigen der Familie des Grafen Ato vorkommen - die Mutter Adallind, die Tochter Adallind und die Söhne Beringer und Kerhart - erspart uns einen umständlichen Identifizierungsbeweis.



    um 870 oo Eticho I. (Ato) Graf im Ammergau um 849- wohl 4.7.907


    Kinder:

    - Reginolf - 902 gefallen
    - Gerhard - 902 gefallen
    - Berengar - 902 gefallen
    - Heinrich mit dem goldenen Wagen - um 934
    - Adellinde Äbtissin von Buchau um 880-
    - Ato (Eticho)
    Nachkommen in Italien


    Literatur:
    Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986 Seite 62-64 - Decker-Hauff, Hansmartin: Die Ottonen und Schwaben - Hermann von Reichenau: Chronicon. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 628 - Schmid Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 472,572 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 28 -

    Gestorben:
    Kloster Buchau

    Adellinde heiratete Eticho I. um 870. Eticho wurde geboren um 849; gestorben am 4 Jul 907. [Familienblatt] [Familientafel]


  20. 128.  von Flandern, Balduin II. Graphische Anzeige der Nachkommen (102.Judith8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 863; gestorben am 10 Sep 918.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 879-918, Flandern,Belgien; Graf von Flandern

    Notizen:

    Balduin II. der Kahle Graf von Flandern (879-918)
    863-10.9.918
    Ältester Sohn des Grafen Balduin I. Eisenarm von Flandern und der Judith, Tochter von Kaiser KARL II. DEM KAHLEN

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    V. 20 c. BALDUIN II., Graf und Markgraf von Flandern
    * wohl ca. 865, + 918 vielleicht 10. IX..

    Gemahlin:
    884
    Elftrude, Tochter König Alfreds von England + 929 7. VII.
    Anmerkungen: Seite 115
    V. 20. Balduin II.
    Vanderkindere I, 285f. Vermählung 884, Chron. S. Bavonis de Smet 1, 497 [V c 31];
    Ergänzung: (Werner): Konk. N.N.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    BALDUIN II. "DER KAHLE" + 918
    Balduin II. der Kahle folgte 879 seinem Vater als Graf von Flandern und verfolgte zeitlebens eine rücksichtslose, eigennützige Territorialpolitik, wobei er mehrmals die Fronten wechselte. Er war zeitweise Parteigänger von König Zwentibold von Lothringen, zum anderen der ROBERTINER und auch der französischen KAROLINGER. Er gewann Boulogne und Arras, verlor 899 die Abtei St. Vlaast an den Erzbischof Fulko von Reims und ermordete ihn 900. Er ermordete auch seinen großen politischen Gegenspieler, den Grafen Heribert von Vermandois und befestigte Brügge, Ypern und St. Omer gegen die Normannen. Er konnte deren Eindringen in die Normandie nicht verhindern und wurde in der Folgezeit deren Hauptgegner. Unter seiner Regierung entwickelte sich Flandern zu einem starken, mehrere alte Grafschaften umfassenden Lehnsfürstentum, das sich dem schwachen französischen Königtum rücksichtslos entzog.

    oo 884 ELFTRUDE VON ENGLAND + 929
    Tochter des Königs Alfreds I. des Großen von Wessex

    Schwager Helmut: Seite 29-31, „Graf Heribert II. von Vermandois“
    Als ihnen König Zwentibold von Lothringen zu Hilfe kam, brachte ihnen dies nur wenig Nutzen. Denn gerade die Intervention der Lothringer spaltete das Lager Karls III. endgültig: Graf Balduin II. von Flandern (879-918) und sein Bruder Graf Rudolf (+ 896) verbündeten sich mit ihnen und trieben Expansionspolitik auf eigene Faust, die ihnen Peronne und das befestigte Kloster Saint-Quentin einbrachte. Währenddessen versuchten Graf Heribert I. und andere Aufständische eine Fühlungnahme mit König Odo, nachdem dieser dem HERIBERTINER die meisten Burgen abgenommen hatte. Als zur Jahreswende 895/96 Graf Rudolf die Verhandlungen mit dem ROBERTINER torpedierte, unterwarfen sich die HERIBERTINER dem legitimen westfränkischen König Odo. Der KAROLINGER Karl der Einfältige war daraufhin gezwungen, nach Lothringen zu fliehen. Währenddessen rückte König Odo, unterstützt von Graf Heribert I., auf Saint-Quentin vor, das er mit der Abtei Saint-Quentin-en-Vermandois eroberte und nebst Peronne an den wiedergetreuen HERIBERTINER gab. Der erboste Graf Rudolf fiel daraufhin plündern in die Besitzungen der Abtei ein, worauf er von Graf Heribert I. gestellt und in einem Gefecht am 28. Juni 896 erschlagen wurde.
    Inzwischen tobten aber heftige Kämpfe im Nordosten um Peronne zwischen Graf Heribert I. und dem rachedürstenden Grafen Balduin II. von Flandern. Diese Auseinandersetzungen setzten sich auch im Jahre 898 fort, als der KAROLINGER Karl III. alleiniger König des Westfränkischen Reiches wurde. Er entriss dem Grafen Balduin II. die Abtei Saint-Vaast bei Arras und gab sie seinem Erzkanzler Erzbischof Fulco von Reims. Dieser jedoch tauschte sie bei Graf Alkmar von Artois (+ ca. 920) gegen die wichtige Abtei Saint-Medard bei Soissons ein. Die Folge war nun eine abgrundtiefe Feindschaft zwischen Erzbischof Fulco und Graf Heribert I. einerseits und Graf Balduin II. von Flandern andererseits. Als Ergebnis dieser Antipathie wurde Erzbischof Fulco von Reims am 17. Juni 900 durch Winemar und andere flämische Vasallen Balduins II. ermordet. Dies nützte aber Graf Heribert I. sofort aus und okkupierte die Abtei Saint-Medard bei Soissons, die nun bis 1048 seiner Familie gehören sollte. Allerdings erbte der HERIBERTINER auch die alte Todfeindschaft, die schließlich im Zeitraum von 900 bis 906 an einem unbekannten Zeitpunkt zur Ermordung Graf Heriberts I. durch Balduin und andere Vasallen Graf Balduins II. führte.
    Zum Prinzipat Flandern des 10. Jahrhunderts gehörten schließlich die Grafschaften Flandern (mit dem Waasland und den Gebieten um Gent, Kortrijk und Cassel), Therouanne, Boulogne-sur-Mer, Tournai und das Melentois sowie die Klöster Saint-Pierre und Saint-Bavon in Gent, Saint-Bertin, Saint-Amand bei Saint Omer und Saint-Vaast vor Arras.

    Offergeld Thilo: Seite 412,414,420,424,439,444,448, "Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter."

    Wie andere Abtrünnige vor ihnen, wandten sich auch Fulko und die Seinen nun nach O-Franken und hofften, König ARNOLF als Thronkandidaten gegen Odo gewinnen zu können. Obwohl sie offenbar zunächst Odo einen Treueid geleistet hatten, begaben sich die Anführer der Opposition, außer Fulko selbst vor allem Balduin von Flandern und dessen Verwandter, Abt Rudolf von Saint-Bertin und Saint-Vaast, im Mai/Juni 888 zu ARNOLF, trafen in Worms mit ihm zusammen und luden ihn vergeblich zur Herrschaftsübernahme ein.
    Schon vorher war freilich Balduin von Flandern aus Fulkos Partei ausgeschieden und hatte sich angesichts der sich abzeichnenden Überlegenheit Odos diesem wieder angeschlossen.
    Besonders in Aquitanien, wo die oben bereits erwähnte Verleihung des Poitou an den Königsbruder Robert gleich zwei konkurrierende Parteien brüskiert hatte, und in Flandern, wo Odo nach dem Tode Abt Rudolfs dessen Verwandtem Graf Balduin die Verleihung der Klöster Saint-Bertin und Saint-Vaast verweigerte, kam es zu offener Rebellion der betroffenen Adelsfamilien. Odo ging mit teilweiser brutaler Härte gegen die Empörer vor, doch konnte er seine Autorität dadurch nicht entscheidend festigen.
    Auch Graf Balduin von Flandern, über seine Mutter Judith ein Enkel KARLS DES KAHLEN, dürfte als erbitterter Feind Odos die Erhebung Karls wenigstens gebilligt, wenn nicht unterstützt haben [Zwar waren auch Balduins Beziehungen zu Fulko wegen dessen Abtsnachfolge in dem von Balduin beanspruchten Saint-Bertin sehr gespannt, doch hat Fulko immerhin die angedrohte Exkommunikation Balduins zweimal augeschoben, offensichtlich mit der Absicht, den mächtigen Grafen im Lager der Opposition nicht ganz zu entfremden.].
    Zwentibold belagerte daraufhin zusammen mit Karl dem Einfältigen das befestigte Laon, doch als der erhoffte schnelle Erfolg ausblieb, sahen führende Große aus Karls Partei ihre Interessen schon wieder gefährdet: Balduin von Flandern ging zusammen mit seinem Bruder Rudolf und dem Grafen Reginar zu Zwentibold über; es kursierten sogar Gerüchte, Karl solle ermordet werden.
    Zwar blieben die führenden Großen des Reiches mit Ausnahme Heriberts zunächst noch fern, doch Balduin versicherte durch Boten seine Ergebenheit, und nachdem Odos Bruder Robert dem neuen König gehuldigt hatte, erschienen auch Wilhelm der Fromme und Richard von Autun bei Karl und leisteten ihm den Treueid.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 464, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Graf Balduin II. von Flandern suchte im Jahr 900 um jeden Preis die wichtigsten Berater des jungen Königs Karl III. (des "Einfältigen") für sich zu gewinnen. Das waren nach wie vor Erzbischof Fulco von Reims und Graf Heribert, die gleichen Männer, die 893 für Karls Königswahl gesorgt hatten. Balduin ging es darum, vom König wieder als Laienabt von Saint-Vaast in Arras eingesetzt zu werden. Der Erzbischof und der Graf lehnten ab, weil es ihren eigenen Interessen in der Region zuwider lief. Balduins Abgesandter Winemar unternahm einen letzten Versuch direkt bei Fulco, blieb aber ebenfalls erfolglos. Daraufhin ließ der ergrimmte Flame den Erzbischof ermorden (17. Juni 900). Heribert, der seinerseits im Jahr 896 Balduins Bruder Rudolf im Kampf getötet hatte, wurde wenig später ebenfalls durch Leute des Grafen von Flandern umgebracht.

    Riche Pierre: Seite 276, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Im Norden W-Frankens war Flandern genauso den normannischen Angriffen ausgesetzt. Der Tod Graf Balduin I. Eisenarm 879 fiel zusammen mit einer skandinavischen Großoffensive. Sein Nachfolger, Balduin II., ließ deshalb in Saint-Omer, Brügge, Gent, Kortrijk Holzbefestigungen errichten, außerdem zog er Ländereien an sich, die von königlichen und kirchlichen Amtsträgern aufgegeben worden waren. Obwohl er ein Enkel KARLS DES KAHLEN war, erhob er 888 keinen Anspruch auf die Krone, verweigerte aber Odo die Anerkennung. Hauptziel war für ihn die Ausdehnung seiner Grafschaft nach Süden. Ihm gelang die Erwerbung des Artois und des reichen Klosters Saint-Vaast, das seit 879 der UNRUOCHINGER Rudolf besessen hatte, der Sohn des Markgrafen Eberhard von Friaul, und danach an Erzbischof Fulco von Reims gegeben wurde, den Balduin II. deswegen im Jahr 900 ermorden ließ. Am Oberlauf der Somme stieß er auf Graf Heribert I. von Vermandois, der ebenfalls von den KAROLINGERN abstammte: Der auf Befehl LUDWIGS DES FROMMEN geblendete König Bernhard von Italien hatte einen Sohn Pippin, der einige Grafschaften im Somme-Gebiet besaß. Bernhards Enkel Heribert I. verfügte über Saint-Quentin und Peronne. Balduin II. räumte dieses Hindernis aus dem Weg, indem er Heribert I. um 907 ermorden ließ. Schließlich zielte der Graf von Flandern auch noch auf den Erwerb des Unterlaufs der Canche, um so über See Beziehungen zu England anknüpfen zu können. Er begründete bereits das englisch-flandrische Bündnis durch seine Ehe mit einer Tochter König Alfreds der Großen von Wessex. Sein Sohn Arnulf I. erbte 918 eine bedeutende Grafschaft, der eine glänzende Geschichte bestimmt war.

    884 oo Aelfthryd von Wessex, Tochter des Königs Alfred um 870-7.6.929

    Kinder:
    - Arnulf I. 885/90-27.3.965
    - Adalolf Graf von Boulogne 890-13.11.933
    - Ealswid
    - Ermentrud

    Illegitim
    - Albert Bischof von Paris - 977

    Literatur:
    Alvermann, Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel 3,4 - Annalen von St. Vaast Seite 316,318,322,324,328-334 - Annalista Saxo: Reichschronik ad a.1002 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,115 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 320,322,382, 409,433,435,517 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 18 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 32 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 63 - Leo Heinrich: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten, Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 10-12 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 412,414,420,424,439,444,448,451,455,456,464 - Pognon Edmond: Hugo Capet König von Frankreich. Dr. Riedeler Verlag Stuttgart 1966 Seite 80 - Regino Chronik. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 Seite 182,312 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 276,289 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 199 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 29-31,357,364,385,395 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 464 -

    Balduin heiratete von Wessex, Aelfthryd in 884. Aelfthryd wurde geboren um 872; gestorben am 7 Jun 929. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 156. von Flandern, Arnulf I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 885/890; gestorben am 27 Mrz 965.
    2. 157. von Boulogne, Adalolf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 890; gestorben am 13 Nov 933.
    3. 158. von Flandern, Ealswid  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 159. von Flandern, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 160. von Flandern, Albert  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 977.

  21. 129.  von Flandern, Rudolf Graphische Anzeige der Nachkommen (102.Judith8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 865; gestorben am 17 Jun 896.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Cambrai [59400],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Cambrai

    Notizen:

    Rudolf von Flandern Graf von Cambrai
    865-17.6.896
    Jüngerer Sohn des Grafen Balduin I. Eisenarm von Flandern und der Judith, Tochter von Kaiser KARL II. DEM KAHLEN

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    V. 21 c. RUDOLF, Graf von Cambray?
    * ..., + 896 17. VI.
    Gemahlin: N.
    Anmerkungen: Seite 115
    V. 21. Rudolf

    Bruder Balduins, Ann. Vedast. 895, S. S. 2, 207.
    Als Graf von Cambray wird er erst in späten Nachrichten bezeichnet (zuerst wohl S. S. 25, 769).
    Todestag Ann. Blandin., S. S. 5, 24.
    Er wird häufig verwechselt mit IV. 28. und mit Rudolf von Gouy, vgl. Vanderkindere, a.a.O. [Vc 32]

    Ergänzung: (Werner):
    * 865, Graf nach 892 im Besitz von Arras und St. Quentin
    Gemahlin: N.N.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993

    RUDOLF + 896 ermordet
    Graf von Cambrai

    Rudolf besetzte Peronne und St. Quentin während der französischen Thronkriege, huldigte dem König Zwentibold von Lothringen und wurde 896 von Vermandois verjagt. Er plünderte aus Wut die Abtei St. Quentin und wurde von Graf Heribert I. ermordet.
    Rudolf wird im französischen Feudalepos sehr verklärt.
    oo N.N.

    Schwager Helmut: Seite 29-31, „Graf Heribert II. von Vermandois“

    Als ihnen König Zwentibold von Lothringen zu Hilfe kam, brachte ihnen dies nur wenig Nutzen. Denn gerade die Intervention der Lothringer spaltete das Lager Karls III. endgültig: Graf Balduin II. von Flandern (879-918) nd sein Bruder Graf Rudolf (+ 896) verbündeten sich mit ihnen und trieben Expansionspolitik auf eigene Faust, die ihnen Peronne und das befestigte Kloster Saint-Quentin einbrachte. Währenddessen versuchten Graf Heribert I. und andere Aufständische eine Fühlungnahme mit König Odo, nachdem dieser dem HERIBERTINER die meisten Burgen abgenommen hatte. Als zur Jahreswende 895/96 Graf Rudolf die Verhandlungen mit dem ROBERTINER torpedierte, unterwarfen sich die HERIBERTINER dem legitimen westfränkischen König Odo. Der KAROLINGER Karl der Einfältige war daraufhin gezwungen, nach Lothringen zu fliehen. Währenddessen rückte König Odo, unterstützt von Graf Heribert I., auf Saint-Quentin vor, das er mit der Abtei Saint-Quentin-en-Vermandois eroberte und nebst Peronne an den wieder getreuen HERIBERTINER gab. Der erboste Graf Rudolf fiel daraufhin plündernd in die Besitzungen der Abtei ein, worauf er von Graf Heribert I. gestellt und in einem Gefecht am 28. Juni 896 erschlagen wurde.

    oo N.N.
    Kinder:
    - Tochter
    oo Isaak Graf von Cambrai - 946/48

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,115 - Leo Heinrich Dr.: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten. Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 9-10 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 439-442,451,455 - Regino Chronik. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 29-31 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 -


  22. 130.  von Frankreich, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben vor Nov 884.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Troyes [10000],Aube,Champagne-Ardenne,Frankreich; Gräfin von Troyes

    Notizen:

    Gisela Gräfin von Troyes
    - vor XI 884

    Tochter des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard von Burgund, Tochter von Graf Harduin

    Werner Karl Ferdinand: Seite 456, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 36
    Brandenburg, Anmerkung zu V,24, meinte: "Eine weitere angebliche Tochter Gisela, die mit einem Grafen Robert von Troyes vermählt gewesen sein soll, ist zu streichen. Sie fehlt bei Witger (in dessen Genealogie SS 9,302) und der angebliche Graf Robert von Troyes hat nie existiert."
    Brandenburg beruft sich dazu auf das veraltete, wenn auch leider noch nicht ersetzte Werk von H. D'Arbois de Jubainville, Histoire des ducs et des comtes de Champagne, Bd. 1, Paris 1859.
    Nun ist aber ebenso die Existenz des Grafen Robert von Troyes wie die seiner karolingischen Gemahlin Gisla über jeden Zweifel erhaben. Robert intervenierte mehrfach in Urkunden König Karlmanns, des Bruders der Gisla, deren eine datiert ist, 882 XI 17, während duie anderen zwischen 880 III und 884 XII 12, dem Tode Karlmanns liegen. In einer dieser Urkunden genehmigt der König eine Schenkung aus dem Grafschaftsgut von Troyes auf Bitten des Grafen Robert ... pro eremittendis culpis Gislae sororis nostrae, eiusque (sc. Roberti) uxoris ... Es handelt sich bei diesen Urkunden um Auszüge aus dem verlorenen Chartular der Abtei Montieramey, östlich von Troyes, die von A. Duchesne kopiert, in der Collection Baluze, t. 39 (Biblioth. Nationale) überliefert sind und durch A. Giry, Etudes carolingiennes, in: Etudes d'hist. du Moyen Age, dediees a G. Monod, Paris 1896, ediert wurden. Ob aus der oben zitierten Stelle und aus den dort ebenfalls vorkommenden Worten ...illuster fidelis noster Rotbertus comes ... ut pro anima uxoris eius ... (Giry, nr. 17 = Coll.Baluze 39, fol. 237) geschlossen werden soll, daß Gisla zu diesem Zeitpunkt (880/84) schon verstorben war, ist nicht ohne weiteres klar. Es kommen solche Formulierungen auch bei noch lebenden Angehörigen vor, doch schließen die Stifter dann meist noch andere Verwandte und sich selbst ein. Die ausdrückliche Beziehung auf Gisla veranlaßt mich dazu, in der Urkunde einen Terminus ante für ihren Tod zu sehen. Graf Robert von Troyes begegnet zuerst in einem Diplomfragment KARLS DES KAHLEN von 876 vor X 25 (Tessier nr. 416). Zu dieser Zeit war noch Roberts älterer Bruder Odo Graf von Troyes, vgl. ebd. Tessier 2, 430, Anm. 1. Diese beiden Brüder, die Arbois irrig mit einem anderen Bruderpaar Odo-Robert, dem späteren König Odo und dem Herzog und dann Gegen-König Robert, identifizierte, sind in Wahrheit Söhne des Grafen Odo von Chateaudun, dann von Troyes, einem nahen Verwandten Roberts des Tapferen, des Vaters der beiden erwähnten Könige. (Vgl. Werner, Unters. 152ff., dort Anm. 35 sowqie Seite 111, Anm. 90) Graf Robert von Troyes ist endlich identisch mit dem Rotbertus Faretratus, über dessen Taten im Kampf gegen die Normannen Abbo von S.-Germain-des-Pres in seinem Bella Parisiacae urbia (ed. H. Waqet, Paris 1942, 48ff.) lib. I, Vers 441ff. berichtet. Er fiel im Februar 886. Da auf ihn in Troyes sein Neffe Adelhelm folgte und Gisla, wie wir sahen, früh verstarb, ist anzunehmen, daß die Ehe kinderlos blieb.

    Familie/Ehepartner: von Troyes, Robert. Robert gestorben in Feb 886. [Familienblatt] [Familientafel]


  23. 131.  von Frankreich, Hildegard Graphische Anzeige der Nachkommen (103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  24. 132.  von Frankreich, Ludwig III. Graphische Anzeige der Nachkommen (103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 863; gestorben am 5 Aug 882 in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 879-882, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig III. König von Frankreich (879-882)
    um 863-5.8.882 St. Denis Begraben: St-Denis

    Ältester Sohn des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard von Burgund, Tochter von Graf Harduin

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2176

    Ludwig III., westfränkischer König 879-882
    + 5. August 882 St-Denis Begraben: St-Denis
    Sohn König Ludwigs II. und Ansgards

    Führende Adelsgruppen unter Hugo Abbas und Gauzlin ermöglichten nach dem Tod Ludwigs II. die Nachfolge der Söhne Ludwig III. und Karlmann. Der Weihe im September 879 durch Erzbischof Ansegis von Sens in Ferrieres folgten Verträge mit König Ludwig dem Jüngeren (Abtretung des westlichen Lotharingien, Ribemont) und im März 880 eine Reichsteilung in Amiens (Ludwig III. erhielt Franzien und Neustrien, Karlmann den Süden) zur Sicherung des durch Ansprüche Hugos und Bosos von Vienne gefährdeten Königtums. In seiner kurzen Regierung konnte Ludwig III. die Normanneneinfälle im Sieg von Saucourt (3. August 881) nur zeitweise abwehren.

    Quellen:
    Recueil des actes de Louis II le Begue, L. III et Carloman II, rois de France, ed. R.-H. Bauthier u. a., 1978 -

    Literatur:
    K. F. Werner, Gauzlin v. St. Denis und die westfrk. Reichsteilungen v. Amiens (März 88), DA 35, 1979, 395-462 - Ders., Hist. de France, I, 1984, 417-419 -
    Ludwig III. wurde auf Vorschlag Hugos des Abtes von seinem Vater entgegen dem fränkischen Teilungsprinzip als alleiniger König vorgesehen, wogegen die Gruppe um Gauzlin von Saint-Denis mit Hilfe des O-Franken-Königs Ludwigs des Jüngeren durchsetzen konnte, dass Ludwig gemeinsam mit seinem Bruder Karlmann zum König erhoben wurde. Zur gleichen Zeit wurde in Burgund der Graf Boso von Vienne von den Großen zum König ausgerufen, was praktisch die Lostrennung dieses Gebietes bedeutete. Im Vertrag von Ribmont (880) mußte Ludwig auf den W-Teil Lothringens verzichten. Am 3.8.881 besiegte Ludwig III. die Normannen bei Sancourt (Pikardie).

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Gegen die von Hugo dem Abt beim König durchgesetzte alleinige Nachfolge Ludwigs III. gingen sogleich nach Eintreten des Erbfalls Gauzlin von Saint-Denis sowie der welfische Graf Konrad von Paris, ein Vetter Hugos des Abtes, mit weiteren Repräsentanten der Franci vor, indem sie Ludwig denn Jüngeren von O-Franken auf den Plan riefen und mit ihm in Verdun zusammentrafen. Ihr Angebot an den - nach Karlmanns Erkrankung - ältesten handlungsfähigen und vollbürtigen KAROLINGER, auch bei ihnen die Herrschaft zu übernehmen, stand in der Tradition solcher "Einladungen" seit den 850-er Jahren und bezweckte anstelle der angebahnten Sulzession konkret, "entweder eine gewaltsame andere Lösung zu erzwingen oder aber Hugo den Abt und seine Partei zum Nachgeben, zum Herausgeben eines der beiden Prinzen, zu bewegen" (K.F. Werner). Eine spezifische Loyalität gegenüber dem westfränkischen Zweig des Hauses oder legitimistische Vorbehalte gegenüber den Sprößlingen einer aufgelösten Ehe waren offenbar kein Thema.
    Der Schachzug zeitigte in der Tat Wirkung: Noch im Mai 879 ließ Hugo Ludwig dem Jüngeren, um ihn von weiterem Vormarsch abzuhalten, die Abtretung der in Meersen erworbenen W-Hälfte Lotharingiens und die Nachfolge beider westfränkisher Thronerben, also auch des 13-jährigen Karlmann, zusichern. Mit der Ausführung hatte er es nach Ludwigs Abzug weniger eilig, doch kam es im September immerhin zur Krönung der jungen Könige im Kloster Ferrieres durch Erzbischof Ansegis von Sens, kaum zufällig eben in den Tagen, da die Königin Adelheid am 17.9. den postumen Sohn des Stammlers zur Welt brachte, der nach dem kaiserlichen Großvater KARL genannt wurde. Dessen ungeachtet hielt Hugo der Abt weiter an seinem faktischen Regiment übber ein ungeteiltes W-Franken fest, provozierte den Bruch mit dem ehrgeizigen Boso von Vienne, der sich im Oktober selbst zum König der Rhonelande aufschwang (nun mit Hinweis auf die fehlende Legitimität der Ansgard-Söhne), und forderte schließlich doch noch den Einmarsch Ludwigs des Jüngeren heraus, dessen Heer, verstärkt um die Gefolgsleute Gauzlins, dem seinen im Januar 880 bei Saint-Quentin gegenüberstand. Erst durch diese Zuspitzung fand man zur verbindlichen Form der Einigung, nämlich dem Vertrag von Ribemont (Oise) im Februar, der ganz Lotharingien dem O-Frankenreich zuschlug und den Gegnern Hugos die Machtbeteiligung im W gewährte; seine Konsequenz war die im März in Amiens vollzogene Reichsteilung, bei der Ludwig III. (mit Gauzlin als restituiertem Erzkanzler) die Francia und Nesutrien erhielt, während Karlmann (mit Hugo dem Abt als "Beschützer" und Feldherrn) Burgund, Aquitanien und Gothien zufielen. Die Art, wie sich beide Parteien gegenseitig einen eigenen lenkbaren König abgenötigt hatten, unterschied sich kaum noch vom Umgang der fränkischen Großen des 7. Jahrhunderts mit den späten MEROWINGERN.
    Die Niederringung unerwünschter Konkurrenten im Inneren band jahrelang politische und militärische Energien, die den KAROLINGERN bei der Abwehr eines neuen, alles zuvor Dagewesene übertreffenden Ansturms der Normannen fehlten. Nach einem angelsächsischen Defensiverfolg durch Alfred den Großen (878) setzte die inzwischen zum "Großen Heer" vereinigte Hauptmasse der Feinde im Sommer 879 nach Flandern über, verwüstete den gesamten Schelderaum und richtete sich in Gent als festem Ausgangspunkt auch für winterliche Überfälle ein. Die Konfrontation der westlichen und der östlichen Franken bei Saint-Quentin im Februar 880 spielte sich daher gewissermaßen unter den Augen der Wikinger ab und schlug nach der Einigung augenblicklich um in einen gemeinsamen Aufmarsch gegen die Nordmänner, wodurch eine beutebeladene Gruppe auf dem Rückweg zu ihren Schiffen bei Thimeon in der Nähe von Charleroi gestellt und unter Führung Ludwigs des Jüngeren bezwungen werden konnten. Die Aktion blieb indes einmalig, denn durchweg gingen die Teilkönige und Teilreiche zur Bekämpfung der Eindringlinge weiterhin getrennte Wege. In W-Franken zogen es beide Könige im Sommer 880 vor, gegen Hugo und Boso einzuschreiten, und überließen dem Erzkanzler Gauzlin ein Kontingent zur Verteidigung des N, mit dem er jedoch an der Schelde scheiterte. Neue schwere Verheerungen bis weit ins ungeschützte Landesinnere waren die Folge und bewogen 881 König Ludwig III. zu einer eigenen Anstrengung: Bei Saucourt unweit der Somme-Mündung führte er Anfang August gegen ein größeres Normannenheer einen Überraschungsschlag, bei dem er sich auch durch persönliche Tapferkeit auszeichnete. Der Erfolg war alles andere als kriegsentscheidend, doch zeigt seine zeitgenössische Verherrlichung im volkssprachigen Ludwigslied was mit beherztem Vorgehen gegen die beutegierigen Heiden an königlichem Prestige zu gewinnen war.
    Am 5.8.882 kam der junge, unvermählte König infolge eines Unfalls, den er in Tours erlitt, wie berichtet wird, bei der scherzhaften Verfolgung einer Adelstochter zu Tode.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 66,67,75 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 15,20,61 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 23,25,86 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 262 - Fried Johannes: König Ludwig der Jüngere in seiner Zeit. Zum 1100. Todestag des Königs. Vortrag, gehalten in Lorsch am 18. November 1982 - Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 21,28,29,35,61,90-92,208,221-225,227,229,230-237 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 57 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 249,252,360 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 159,171,173-178,180,182,225 -


  25. 133.  von Frankreich, Karlmann Graphische Anzeige der Nachkommen (103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 866; gestorben am 12 Dez 884; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 879-884, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Karlmann König von Frankreich (879-884)
    866-12.12.884 Begraben: St-Denis

    Jüngerer Sohn des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard von Burgund, Tochter von Graf Harduin

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 997

    Karlmann, westfränkischer König 879-884
    + 6./12. Dezember 884 Begraben: St-Denis

    Beim Tode Ludwigs des Stammlers stellte sich die Frage der legitimen Nachfolge: Gegen Ludwigs Söhne aus erster, auf Geheiß des Vaters später gelöster Ehe mit Ansgard, Ludwig und Karlmann, lud eine Partei um den Kanzler, Abt Gauzlin, den ostfränkischen König Ludwig den Jüngeren ein, die Herrschaft im Westen zu übernehmen, während Erzbischof Hinkmar von Reims und der Laien-Abt Hugo nach erfolgreichen Verhandlungen mit Ludwig in Verdun die Nachfolge der Königssöhne durchsetzen konnte, die im September 879 in Ferrieres von Erzbischof Ansegis von Sens gesalbt wurden. Ein zweiter Einfall Ludwigs des Jüngeren wurde mit dem Verzicht auf Lotharingien im Vertrag von Ribemont im Februar 880 abgewehrt. Auf Drängen Gauzlins teilten die Brüder im März 880 in Amiens das Reich: Der ältere Ludwig erhielt den Norden, Karlmann, der mit einer Tochter Bosos verlobt war, den Süden (Burgund, Aqitanien und Gotien). In der Folgezeit gab es aber immer wieder gemeinsame Aktionen. Nach der Abwehr der ostfränkischen Ansprüche war die Regierungszeit Ludwigs und Karlmanns durch zwei Gefahren bedroht: durch die Normannen im N-Teil sowie durch Usurpatoren, im Reich Karlmanns vor allen den Grafen Boso von der Provence, der sich am 15. Oktober 879 zum König krönen ließ und trotz mancher Bemühungen nicht bezwungen werden konnte. Nach dem Tode Ludwigs am 5. August 882 wurde Karlmann in einer förmlichen Erhebung am 9. September 882 in Quierzy König im gesamten W-Reich. Karlmanns letzte Regierungsjahre sind durch - letztlich erfolglose - Kämpfe gegen die in N-Frankreich wütenden Normannen geprägt, die er schließlich gegen Zahlung eines hohen Tributs, der vor allem die Kirchen belastete, zum Abzug überreden konnte, die nach seinem Tod jedoch zurückkehrten. Der durch einen Jagdunfall verursachte Tod des erst 18-jährigen Königs machte den Weg frei für die letzte Wiedervereinigung des gesamtfränkischen Reiches unter KARL III. Die kurze Regierungszeit des jugendlichen Königs fiel in eine für die Entwicklung des fränkischen Reiches symptomatischen Umbruchperiode.

    Urkunden:
    Recueil des actes de Louis II le Begue, Louis III et Carloman II, rois de France (877-884), ed. R.-H. Bautier u.a., 1978 -

    Literatur:
    Dümmler ²3, 88ff. u.ö. - K. F. Werner, Gauzlin v. St. Denis und die westfrk. Reichsteilung von Amiens (März 880), DA 35, 1979, 395-462. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 456, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 33-34

    Zur effektiven Aufteilung des W-Reichs zwischen den beiden Brüdern Ludwig III. und Karlmann zu Amiens im März 880 vgl. Werner, KdG 1,140. Zur Verlobung Karlmanns bietet Brandenburg nicht hier (B. V,23), wohl aber B VI,5 die richtigen Angaben.
    Zum Todesdatum vgl. Ann.Bert. 878, ed. Grat 228f. Neben Engelberga kann auch eine andere Tochter Bosos unbekannten Namens als Verlobte Karlmanns in Betracht kommen, siehe unten Anmerkung zu VI,10.

    Karlmann wurde durch die Intrigen einer Adelsgruppe zum Mitkönig seines Bruders Ludwigs III. erhoben. Nach dessen Tode am 5.8.882 vereinigte er das W-Reich in seiner Hand und trat am 9.9. in Quierzy die Herrschaft an. Er besaß gute Herrscheranlagen und wurde wie vorher sein Bruder vom berühmten Abt Hugo von Tours gelenkt. Er starb durch einen Jagdunfall. Nach Karlmanns Tode boten die Großen des Landes dem ostfränkischen König KARL III. DEM DICKEN auch die westfränkische Krone an.

    Schieffer Rudolf:, "Die Karolinger"

    Gegner der erzwungenen Reichsteilung von 880 atmeten auf, darunter der alte Hinkmar von Reims, der für den neuen König sogleich seine Schrift über Hofordnung und Reichsverwaltung unter KARL DEM GROSSEN in Erinnerung an die Zeit "der Größe und der Einheit des Reiches" anfertigte. Die Gruppe um Gauzlin von Saint-Denis dagegen, die auf Ludwig III. gesetzt hatte und in der kurz zuvor an die Stelle des verstorbenen WELFEN Konrad als Graf von Paris Odo, der herangewachsene Sohn Roberts des Tapferen, getreten war, mußte einen merklichen Rückschlag im Wettstreit mit dem bei Karlmann dominierenden Hugo dem Abt hinnehmen, wußte sich aber doch insoweit zu behaupten, dass Gauzlin 884 zum Bischof von Paris aufstieg. Ohnehin verschaffte sich unter Karlmann die Normanneplage im Westen immer wieder den Vorrang vor den inneren Positionskämpfen, da nach der Übereinkunft mit KARL III. in Asselt bloß ein Teil des feindlichen Heeres unter Gottfried im Gebiet der Rheinmündung Fuß faßte, ein weiterer mit dem Anführer Siegfried jedoch vom Hennegau bis tief in die Champagne ausschwärmte und neben anderen auch Erzbischof Hinkmar zur Flucht aus Reims trieb, auf der er am 21./23.12.882 in Epernay gestorben ist. Gegen immer neue Plünderungen im gesamten Norden W-Frankens half schließlich 884 nach gemeinsamen Entschluß der Großen nur wieder ein horrender Tribut, den vornehmlich die Kirchen und ihre Schatzkammern aufzubringen hatten.
    Um den rundum in die Defensive geratenen, teilweise bereits schrumpfenden Reichsgefüge neue Thronkämpfe zu ersparen und wieder eine längerfristige Perspektive zu eröffnen, griffen die beiden regierenden KAROLINGER den schon früher von Hinkmar zur Sprache gebrachten Gedanken an eine feste Rechtsbeziehung zwischen der östlichen und der westlichen Linie ihres Hauses auf, indem zu einem unbekannten Zeitpunkt, wohl 883/84, der kinderlose KARL III. den vaterlosen Karlmann adoptierte, also zum künftigen Erben des Gesamtreiches einsetzte. Die damit verbundene Erwartung, der junge westfränkische König werde den 27 Jahre älteren, vielleicht bereits kränkelnden Kaiser überleben, erfüllte sich indes nicht, denn in abermaliger Steigerung des Verhängnisses kam Karlmann am 6.12.884 durch ein Unglück auf der Jagd zu Tode und mußte, 18-jährig bei seinem Bruder Ludwig III. in Saint-Denis begraben werden.

    Mühlbacher Engelbert: Seite 397, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

    Um das Maß voll zu machen, wurde der junge König noch durch einen frühzeitigen Tod hinweggerafft. König Karlmann wurde auf der Jagd schwer am Bein verwundet, wie es anfangs hieß, durch einen Eber, wie später verlautete, durch unseligen Zufall von einem Jagdgenossen, und erlag nach sechs Tagen, am 12. Dezember 884, kaum 18 Jahre alt, der Verletzung.

    11.9.878 oo 1. Engelberga, Tochter Herzog Bosos von Provence , 877- nach 1. 917

    Literatur:
    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 229 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 90,115,122,128,133,144-147,182, 201,209-211,230-234 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 16,20,61 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 17,23,25,86 - Fried Johannes: König Ludwig der Jüngere in seiner Zeit. Zum 1100. Todestag des Königs. Vortrag, gehalten in Lorsch am 18. November 1982 - Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seitze 162 - Hlawitschka, Eduard: Die Widonen im Dukat von Spoleto, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 155-227 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 21,28,29,35,61,85,90-92,95,208,221,223-225,227,229,230-237,244 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion Seite 397 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 249,252,254 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 159,171,173-178,180-183,185 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 68,69 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 78,80 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 444 -

    Karlmann heiratete von Provence, Engelberga am 11 Sep 878. Engelberga wurde geboren in 877; gestorben nach Jan 917. [Familienblatt] [Familientafel]


  26. 134.  von Frankreich, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 875.

    Notizen:

    Ermentrud Gräfin von Hennegau
    um 875-
    Einzige Tochter des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 2. Ehe mit der Adelheid, Tochter von Graf Adalhard von Paris

    Werner Karl Ferdinand: Seite 457, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 37
    Mit Recht betont Brandenburg B V,25 die Authentizität der Nachrichten über Ermentrud, die Schwester Karls des Einfältigen, und ihre Nachkommen aus der Ehe mit einem uns unbekannten Gatten, siehe unten VI, 36; VII, 63.

    Hlawitschka Eduard: Seite 177,227, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Nun hat aber auch H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus (1941) Seite 10f., ältere Vermutungen erhärtet, daß nämlich Reginar vor seiner Ehe mit Albrada, aus der Herzog Giselbert von Lothringen und sein Bruder Reginar II. stammten, mit Ermentrude, einer Tochter König Ludwigs des Stammlers und Schwester Karls des Einfältigen, verheiratet war. Zugkräftigstes Argument ist dabei die Wiederkehr der Namen Giselbert und Reginar bei den Enkeln und Urenkeln jener Ermentrude. Eine solche Nahehe am Ende des 9. Jahrhunderts wäre zwar nicht unvorstellbar, doch sie ist - innerhalb der für das 9. Jahrhundert so allgemein bekannten genealogischen Zusammenhänge - auch nicht gerade wahrscheinlich ist. Die Quellen, die Karl den Einfältigen und Reginar I. nebeneinander nennen, bezeichnen sie jedenfalls nicht als Schwäger. Man wird einen anderen Zusammenhang vermuten dürfen. Da nämlich Giselbert vom Maasgau selbst einen Bruder Reginar gehabt zu haben scheint (C. Knetsch, a.a.O. Seite 12), der von 864-870 als Graf und Laienabt von Echternach erscheint, könnte es ebensogut sein, daß Ermentrud mit einem Sohn dieses älteren Reginar verheiratet gewesen ist, daß also das auffällige Namengut durch jenen in die Nachkommenschaft Ermentruds vermittelt wurde. Karl der Einfältige und Reginar I. scheinen also nur im weiteren Sinne miteinander verschwägert gewesen zu sein.
    Daß die zweite Gemahlin, Adelheid, 879 zum ersten Mal schwanger war, was für eine noch nicht lange bestehende Ehe spreche, ist gewiß nicht zutreffend, da Karl der Einfältige, Ludwigs des Stammlers Sohn, gemäß dem Zeugnis des um 950 schreibenden Witger (MG SS IX Seite 393) noch eine Vollschwester (ex Adelheidis regina) namens Irmintrud hatte; und diese Irmintrud ist auch durch Genealogien, die die Abstammung der Kaiserin Kunigunde (Gemahlin HEINRICHS II.) von den KAROLINGERN nachweisen (MG SS II Seite 314) gesichert.

    oo ? Reginar I. Langhals - 915
    Kinder:
    - Kunigunde
    1. oo Wigerich Pfalzgraf von Lothringen - um 912
    um 920 2. oo Richwin Graf von Verdun -15.11.924 ermordet

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 69,70, 92,116,138,146 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 177,227 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 457 -

    Familie/Ehepartner: N.. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 161. von Verdun, Kunigunde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 890/895; gestorben nach 923.

  27. 135.  von Frankreich, Karl III.von Frankreich, Karl III. Graphische Anzeige der Nachkommen (103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 17 Sep 879; gestorben am 7 Okt 929 in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 893-929, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie Karl III.

    westfränkischer König, * 17.9.879, † 7.10.929 Péronne, ⚰ Péronne, Saint-Fursy.

    Der nach dem Tode des Vaters geborene Karolingersproß erhielt den Namen des kaiserlichen Großvaters Karl des Kahlen. Der damit bekundete Legitimitätsanspruch galt jedoch als zweifelhaft, denn Ludwig der Stammler hatte sich nach der Trennung von seiner|1. Gemahlin Ansgard (der Mutter Ludwigs III. u. Karlmanns) zu deren Lebzeiten mit Adelheid vermählt. Von eigener Regierungsfähigkeit ohnehin noch weit entfernt, wurde K. daher 879 und 884 bei der Regelung der westfränkischen Erbfolge übergangen. Auch nach dem Tode des Kaisers Karl III. (888), als die Nachfolge abermals offen war, verlautet nichts von Bemühungen um eine Erhebung K., vielmehr setzte sich, mit nachträglicher Anerkennung durch den ostfränkischen Karolinger Arnulf, der Robertiner Odo von Paris als westfränkischer König durch. Dieser betrieb eine robuste Ämter-, Besitz- und Familienpolitik, rief damit aber eine vielfältige Gegnerschaft auf den Plan, deren Programm die Rückkehr zur karolingischen Legitimität wurde. EB Fulko von Reims und Graf Heribert I. von Soissons ergriffen die Führung und riefen K. zum König aus; am 28.1.893 wurde er in Reims von Fulko gekrönt. Weitere Großvasallen schlossen sich ihm an, König Arnulf nahm K. durch Fulkos Vermittlung im Mai 894 in Worms auf und erkannte ihn durch Belehnung an, aber im Kampf mit Odo geriet K. bald in hoffnungslose Unterlegenheit, so daß er zeitweilig gar ein Bündnis mit den Normannen erwog. Nachdem Arnulf im Mai 895, wiederum in Worms, Odo empfangen hatte, bedeutete es nicht mehr viel, daß Arnulfs eben in Lotharingien eingesetzter Sohn Zwentibold im Sommer des gleichen Jahres für K. in einen Kampf um Laon eingriff; er mußte bald wieder abziehen. K. Anhänger wandten sich wieder Odo zu – auch Heribert, der 896 die Grafschaft Vermandois gewann († 900/07), schließlich auch Fulko von Reims – so daß K. nach Lotharingien ausweichen mußte, wo er sich, etwa im Februar 896 und wieder in Begleitung Fulkos, in dem Vogesenkloster Remiremont mit dem italischen Kaiser Lambert und dem burgundischen König Rudolf I. traf und dann wieder am 25.7.896 in Gondreville (bei Toul) urkundete. Offensichtlich abermals durch Fulkos Vermittlung kam 897 ein Ausgleich zustande, indem K. sich bei Odo einfand und ihn als König anerkannte; er wurde dafür mit „einem Teil des väterlichen regnum “ ausgestattet – hier ist an den Reimser Raum, etwa Laon zu denken, um das sich im 10. Jahrhundert der karolingische Besitz gruppierte – und von Odo, der keinen Sohn hatte, zum Nachfolger designiert.

    Nach dem Tode Odos (1.1.898) wurde K. in der Tat auf einer Reichsversammlung in Reims mit allgemeiner Zustimmung zum König erhoben. Die bis dahin, soweit sich nach dem Überlieferungsstande urteilen läßt, sehr spärliche Urkundenausstellung wird jetzt kontinuierlich, mit doppelter Zählung der Königsjahre: von 893 und, mit dem Vermerk redintegrante, von 898 an. Neben im ganzen 110 bekannten Diplomen K. sind 13 Deperdita ermittelt worden. K. Erzkanzler – wenn auch nur gelegentlich mit dem ausdrücklichen Titel archicancellarius – wurde zunächst EB Fulko von Reims, unter dem der aus dem Dienste Odos übernommene Notar Herivaeus das Urkundengeschäft besorgte. Dieser folgte 900 auf Fulko als Erzbischof, während die nominelle Leitung der Kanzlei dem Bischof Ascherik von Paris und erst nach dessen Tod (910) dem EB Herivaeus zufiel.

    Es verwundert, daß die Robertiner selber 897/98 die Hand zur erneuten karolingischen Restauration liehen, denn der söhnelose Odo hatte einen sehr aktiven Bruder Robert, den er mit seinen bisherigen Grafschaften ausgestattet und als marchio in Neustrien eingesetzt hatte. Man darf ihnen vielleicht die Berechnung unterstellen, daß die Abschirmung durch ein sozusagen neutrales Königtum den weiteren Ausbau ihrer Hausmacht in Rivalität mit den anderen Magnaten eher erleichtern würde. Jedenfalls nahm K. es hin, daß das bedeutende weltliche und geistliche Königsgut des Pariser Raumes nicht etwa ihm selber heimfiel, sondern an Robert überging. K. duldete und sanktionierte in solcher Weise die – vorerst freilich noch fluktuierende – Ausformung starker Mittelgewalten, der großen französischen Lehnsfürstentümer. Unmittelbare Hoheit über die Grafen und die Bischofskirchen behielt der karolingische König nur in der östlichen Francia zwischen Seine und Maas. Diese Schrumpfung der Königsgewalt war jedoch mit einer relativen Stabilisierung verbunden, durch die K. einen allmählich bedeutender werdenden Aktionsspielraum gewann. Seine besondere Aufmerksamkeit richtete sich sogleich auf Lotharingien. Schon 898 folgte er einer Aufforderung des Haspen- und Hennegaugrafen Reginar und anderer mit Zwentibold überworfener Großen: er drang über Aachen bis Nimwegen vor, traf in der Gegend von Prüm auf Zwentibold, zog aber ohne Kampf wieder ab. Eine Zusammenkunft in Sankt Goar, an der – in Abwesenheit Zwentibolds – auch Beauftragte K. teilnahmen, stellte 899 den Frieden wieder her, bereitete aber auch den Rückfall Lotharingiens an Ostfranken vor, der im Jahre darauf realisiert wurde; K. Griff nach der Stammheimat seiner Dynastie war mißlungen.

    Über das nächste Jahrzehnt sind wir im einzelnen wenig unterrichtet. Die Urkunden|weisen den König weiterhin im nördlichen Westfranken nach und vermitteln den Gesamteindruck relativer Stetigkeit. Die Geschicke des Westreiches blieben noch immer von der Wikingerfrage überschattet, doch sind als markante Ereignisse nur ein Überfall auf Tours (903) und ein Raubzug nach Burgund (910) bekannt. Mit der gebotenen Vorsicht darf aus dem Mangel an sonstigen Nachrichten und aus dem folgenden Geschehen auf eine gewisse Beruhigung, auf eine Konsolidierung der Abwehr geschlossen werden, aber ein persönlicher Anteil K. läßt sich dabei nicht ausmachen. Dann aber brachte das Jahr 911 einschneidende Wendungen. Ein großes Aufgebot westfränkischer Fürsten – von K. selber ist auch jetzt nicht die Rede – entsetzte die von den Seine-Normannen bedrängte Stadt Chartres und brachte ihnen schwere Verluste bei. Ihr Anführer Rollo fand sich nun bereit, die Taufe zu nehmen und seine Herrschaft mitsamt der normannischen Landnahme durch den Eintritt in den fränkischen Reichsverband legalisieren zu lassen. Mit K. ging er (ungesicherter, aber nicht schlechthin unglaubwürdiger späterer Tradition zufolge in Saint-Clair-sur-Epte) ein „Bündnis“ ein und übernahm als Graf von Rouen den Schutz der nördlichen Reichslande. Für Westfranken war damit das Zeitalter der Wikingereinfälle zu Ende, war der Grund gelegt zu einem neuen künftigen Lehnsfürstentum. Noch stärkere unmittelbare Tragweite kam dem Umschwung zu, der sich gleichzeitig in Lotharingien einspielte. Seit der Rückgliederung dieses Landes an Ostfranken (900) hatte hier ein leidliches Einvernehmen zwischen Reginar als dem mächtigsten einheimischen Magnaten und dem von der karolingischen Regierung Ludwigs des Kindes bestellten konradinischen Amtsherzog Gebhard vorgehalten. Dieser aber war 910 im Ungarnkampf gefallen, und Reginars Verhältnis zu dem weiterhin konradinisch beeinflußten ostfränkischen Königshof scheint sich dann sehr zugespitzt zu haben. Vielleicht schon im Sommer 911, jedenfalls aber als sich nach dem Tode Ludwigs des Kindes und dem Aussterben der östlichen Karolingerlinie (24.9.911) die Königswahl des Konradiners Konrad I. abzeichnete (die dann gegen den 10.11. in Forchheim erfolgte), wiederholte der lotharingische Adel, fraglos wieder unter der Führung Reginars, den Schritt von 898 und rief K. ins Land. Zum 1.11.911 läßt eine beiläufige annalistische Notiz die Herrschaft des westlichen – nunmehr einzigen – Karolingers in den Ländern um Maas und Mosel beginnen.

    Ob bei dieser Schwenkung Reginars und seiner Anhänger tatsächlich oder nur scheinbar ein karolingischer Legitimismus im Spiel war, steht dahin, K. selber aber berief sich mit Nachdruck auf sein Erbrecht an dem fränkisch-karolingischen Kernland um Metz und Aachen. Vom 20.12.911 an begegnet in seinen Urkunden als drittes Datierungselement die Zählung largiore hereditate indepta, und während die karolingischen Teilkönige sich seit langem mit der einfachen Bezeichnung rex begnügt hatten, griff K. nunmehr, wenn auch noch nicht regelmäßig, auf den alten vollen Titel rex Francorum zurück, den seine Nachfolger dann beibehalten haben. Dieser Kanzleistil hat auf seine Art dazu beigetragen, daß der Frankenname endgültig mit dem Westreich verbunden geblieben ist.

    Am 1.1.912 urkundete K. in Metz. In Lotharingien, vor allem in altkarolingischen Pfalzen wie Diedenhofen und Herstal, nahm er seither oft, sogar mit Vorzug, Residenz; er ist 912, 913, 915, 916, 919 jeweils für längere Zeit im Lande nachzuweisen. Für Konrad I. bedeutete der Verlust der Maas- und Mosellande über den politischen Rückschlag hinaus eine schwere Einbuße an Besitz- und Machtpositionen seiner Familie, aber nach 3 erfolglosen Vorstößen über den Rhein (912 u. 913) mußte er sich mit der veränderten Lage abfinden. Dem Grafen Reginar gewährte K. den Rang eines marchio und erkannte ihn somit als einen seiner großen Lehnsfürsten an. Aber auch Reginars Widersacher, EB Ratbod von Trier, zog er als Erzkapellan an sich und räumte ihm das Vorrecht ein, neben der weiterhin dem Reimser EB Herivaeus unterstehenden Königskanzlei als archicancellarius die lotharingische Sonderkanzlei fortzuführen, die bis in die Zeiten Zwentibolds zurückreichte und sich auch unter Ludwig dem Kinde behauptet hatte. Diese relative Harmonie und Stabilität hielt jedoch nicht vor. Unverkennbar gedachte K. Lotharingien zu jener Bastion direkter Königsherrschaft auszubauen, die ihm im Westreich fehlte, um sich stärker als bisher gegen die Lehnsfürsten durchzusetzen. Ratbod und Reginar starben 915. Der neue EB Ruotger von Trier behielt den Titel des summus concellarius, aber das Urkundengeschäft blieb, ohne Trierer Sonderkanzlei, auf die Königskanzlei konzentriert. Dem Sohn Reginars, Giselbert, verweigerte K. die Fortsetzung oder gar Ausweitung einer herzoglichen Gewalt. Statt dessen begegnet in K. Umgebung seit dieser Zeit ein lotharingischer fidelis namens Hagano, vielleicht ein Verwandter der Königin Frederun, aber nicht selber fürstlichen Ranges, dessen Erhebung zum Grafen, dessen steigender Einfluß als Berater des Königs den Zorn des lotharingischen und erst recht des westfränkischen Hochadels wachrief. Überdies verschoben sich die bisherigen Spannungen und Beziehungen 918/19 durch den Tod Konrads I. und den Übergang der ostfränkischen Königswürde an den sächsischen Liudolfinger Heinrich I., der, anders als die Konradiner, in keiner Weise mit der lotharingischen Aristokratie unter der Führung Giselberts verfeindet war.

    Der Gegensatz führte dazu, daß K. 919 durch einen Spruch des Hofgerichts die Abtei Maastricht Giselbert entzog und sie dem getreuen EB Ruotger von Trier übertrug, der seither allein als Erzkanzler K. genannt wird. Der Unmut über Hagano, dessen Entlassung K. auf einer Reichsversammlung in Soissons verweigerte, löste dann 920 einen allgemeinen Abfall von K. aus; Giselbert ließ sich von lotharingischen Anhängern bereits zum selbständigen princeps ausrufen. Doch ging die Krise vorüber, indem EB Herivaeus von Reims K. in seinen Schutz nahm und nach 7 Monaten einen Ausgleich zustande brachte. Auch bei einer Machtprobe um die Besetzung des Bistums Lüttich vermochte K. 920/21 seinen Kandidaten gegen die Pläne Giselberts durchzusetzen. Dieser Streit zog weite Kreise: Papst Johann X. erklärte in einem Schreiben (das dann, losgelöst vom Anlaß, als Ausdruck frühmittelalterlichen Rechtsdenkens Berühmtheit gewonnen hat), niemanden als dem König (das heißt nicht etwa einem Herzog) stehe die Vergabe eines Bistums zu. Dieses Schreiben war an den EB Hermann I. von Köln gerichtet, der auf Geheiß Heinrichs I. als Metropolit den Lütticher Kandidaten Giselberts geweiht hatte. Der neue ostfränkische König sächsischen Stammes hatte also im Zusammengehen mit Giselbert, in offenem Gegensatze zu K., in die lotharingischen Dinge eingegriffen – die Wiederherstellung des Ostfränkischen Reiches im alten Umfang zeichnet sich als sein politisches Ziel ab. K. dagegen, wieder fest im Sattel, wagte im September 920 einen Vorstoß in den Wormsgau, wohl in der Absicht, die linksrheinische Ausbuchtung Ostfrankens um Mainz in seine Herrschaft einzubeziehen, mußte aber ohne Erfolg wieder abziehen. Durch weitere Widerstände in Lotharingien behindert, vereinbarte er mit Heinrich I. einen Waffenstillstand bis zum Martinitag 921. Vor Ablauf dieser Frist trafen sich die beiden Könige auf einem Rheinschiff bei Bonn und schlossen am 7.11.921 einen (im Wortlaut erhaltenen) Vertrag, durch den der rex Francorum occidentalium und der rex Francorum orientalium mit stattlichem beiderseitigem Gefolge einander Anerkennung und Freundschaft zusagten. Auf weiteres Eingreifen in Lotharingien hatte Heinrich damit verzichtet.

    K. mochte glauben, nunmehr freie Hand zu haben. Er stattete Hagano mit dem karolingischen Hauskloster Chelles (bei Meaux) aus und entzog es seiner Tante Rothild, einer Tochter Karls des Kahlen. Hugo (der spätere Herzog von Francien), der Sohn Roberts von Neustrien und Schwiegersohn Rothilds, gab daraufhin das Signal zu einem allgemeinen Aufstand gegen K.; auch Giselbert beteiligte sich daran, doch hatte K. unter den Lotharienses noch die zuverlässigsten Getreuen. Robert wurde am 30.6.922 in Reims zum König erhoben und, wie vor Jahren sein Bruder Odo, vom EB Walter von Sens gekrönt. EB Herivaeus von Reims starb 3 Tage darauf. Es kam zu hin und her wogenden Kämpfen in Westfranken und Lotharingien. In einem Gefecht bei Soissons fand König Robert I. am 15.6.923 den Tod, aber K., der sich auch bei den Normannen und angeblich bei Heinrich um Hilfe bemüht hatte, wurde geschlagen. Seine Gegner riefen Rudolf von Burgund, den Sohn Richards und Schwiegersohn des gefallenen Robert, zum neuen König aus; er wurde am 23.7.923 in Soissons gekrönt, wiederum vom EB Walter von Sens. K., dessen letzte auf uns gekommene Urkunde vom 29.7.923 aus Compiègne datiert ist, wurde von dem Grafen Heribert II. von Vermandois zu Verhandlungen nach Saint-Quentin gelockt, gefangengenommen und nach Château-Thierry, im nächsten Jahre nach Péronne in Haft gegeben. Die Königin Eadgifu-Ogiva flüchtete mit ihrem Sohn Ludwig (IV.) nach England.

    Der Sturz K. beendete den letzten, ohnehin nur schwachen Anlauf zu karolingischer Hegemonialpolitik und machte den Weg frei für die Rückgliederung des gewissermaßen herrenlos gewordenen Lotharingien an Ostfranken, wie sie im Zusammenspiel Giselberts und Heinrichs I. 923/25 realisiert wurde und das Deutsche Reich des Mittelalters abgerundet hat. Auch als Stammvater einer neuen und letzten, nur noch westlichen Karolingerlinie steht K. an einer Wegscheide französischer und deutscher Geschichte, aber der nicht eben ruhmvolle Ausgang seiner Herrschaft und Regierung scheint sein Andenken in seltsamer Weise belastet zu haben. Der Fortsetzer Reginos (Adalbert, um 960) nennt ihn einen vir hebetis ingenii, bei Thietmar von Merseburg (um 1010) heißt er gar ab incolis Karl Sot id est stolidus ironice dictus, kurz vor 1000 liest man in den Miracula s. Apri aus Toul erstmals a suis cognominatus simplex, was seither häufig belegt ist, möglicherweise aber ursprünglich soviel wie „schlicht, gutmütig“ bedeuten sollte, zumal Richer, gleichfalls kurz vor 1000, sich in solchem Sinne ausdrückt (ingenio bono simplicique). Die Bezeichnung „Charles le Simple, K. der Einfältige“ ist üblich geworden, wird in der Wissenschaft jedoch nur mit Vorbehalt verwandt.

    Genealogie-Mittelalter Karl III. der Einfältige

    König von Frankreich (893-929)
    17.9.879-7.10.929 Peronne Begraben: Kirche St-Fursy/Peronne

    Einziger und nachgeborener Sohn des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 2. Ehe mit der Adelheid, Tochter von Graf Adalhard

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 966, Karl III. der Einfältige, westfränkischer König 893/98-923

    * 17. September 879, + 7. Oktober 929 Peronne Begraben: St-Fursy/Peronne

    Als Postumus nach Ludwigs II. Tode aus dessen in ihrer Legitimität angefochtenen zweiten Ehe wurde Karl der Einfältige bei den Nachfolgeregelungen im westfränkischen Reich 879-888 übergangen. Gegen den robertinischen König Odo wählte eine Adelspartei um Erzbischof Fulco von Reims und Graf Heribert I. Karl den Einfältigen am 28. Januar 893 (Todestag KARLS DES GROSSEN) in Reims zum König. Trotz zeitweiliger Anerkennung durch ARNULF von Kärnten konnte sich Karl III. erst nach Odos Tod 898 durchsetzen. Die Herrschaftskontinuität blieb durch Übernahme von Odos Kanzler Heriveus gewahrt, aber Karl der Einfältige mußte eine erhebliche Schmälerung königlicher Macht hinnehmen. Wichtige königliche Güter waren an Odos Bruder, Robert von Neustrien, gelangt; in den regna übte Karl der Einfältige nur noch über Stellvertreter, vornehme Adlige, die als marchiones über die Grafschaften traten (Neustrien, Burgund, Aquitanien, Lotharingien), Herrschaft aus. In dieses, das Reich stabilisierende Miteinander von König und Fürsten konnte 911 auch ein Normannenverband unter Rollo integriert werden.
    Einen Ersatz für den Machtverlust schien Karl der Einfältige in Lotharingien, der karolingischen Stammlandschaft, zu finden. Nach erstem Scheitern 898 gelang 911, beim Tod des letzten ostfränkischen KAROLINGERS, Ludwig IV., die Eroberung, gesichert durch enge Bindungen zum lothringischen Adel. Als jetzt einziger karolingischer König griff Karl III. der Einfältige gezielt auf die legitimierende Kraft fränkischer Tradition zurück. Seite dem Erwerb Lotharingiens nannte er sich wie die frühen KAROLINGER in den Urkunden 'rex Francorum' und 'vir illuster' und ahmte Monogramm und Siegel KARLS DES GROSSEN und KARLS DES KAHLEN nach. Der übersteigerte Anspruch auf Herrschaft über alle Franken, wenn auch real auf die Francia zwischen Rhein und Seine reduziert, und die ezielte Förderung des Lothringers Hagano auf Kosten des hohen Adels lösten das konsensuale Miteinander von König und Fürstenauf. Selbst ein im Vertrag von Bonn 921 erzielter Ausgleich mit dem ostfränkischen König HEINRICH I. vermochte Karl nicht mehr in Franzien zu stützen. Der seit 920 ausbrechende Widerstand führte zur Königswahl Roberts (I.) von Neustrien (20. Juni 922). Auch Roberts Tod in der Schlacht von Soissons (15. Juni 923) rettete Karl den Einfältigen nicht mehr; nach der Krönung von Roberts Schwager Rudolf von Burgund (13. Juli 923) geriet Karl der Einfältige in Gefangenschaft Heriberts II. von Vermandois, in der er starb. Nur die Flucht seiner zweiten Gattin Edgiva mit dem Sohn Ludwig IV. nach England sicherte den Fortbestand der karolingischen Familie. Das Scheitern fand seinen Reflex in (späteren) Benennungen 'simplex' oder 'stultus'. Gleichwohl muß Karl der Einfältige als Bewahrer fränkisch-karolingischer Tradition für das westfränkisch-französische Königtum gelten.

    Literatur:
    HEG I, 735-745 - A. Eckel, Charles le Simple, 1899 - Recueil des actes de Charles III le Simple ..., ed. P. Lauer, 1940-1949 [dazu J. de Font-Reaulx, Ann. Univ. Grenoble, sect. lettr.-droit 19, 1943, 29-43] - E. Hlawitschka, Lotharingien und das Reich an der Schwelle der dt. Gesch., 1968 - H. Wolfram, Intitulatio II, 1973, 115ff. - B. Schneidmüller, Die 'Einfältigkeit' K.s III. v. Westfranken als frühma. Herrschertugend SchZG 28, 1978, 62-66 - Ders., Karol. Tradition und frühes frz. Kgtm., 1979, 121-138 - J. Ehlers, Die Anfänge der frz. Gesch., HZ 240, 1985, 1-44 - E. Freise, Die 'Genealogia Arnulfi comitis' des Priesters Witger, FMASt 23, 1989, 203-243 - K. F. Werner, Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000, 1989, 475ff. - NDB XI, 184-188. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 457, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 38
    Zu den Regierungsjahren Karls III. in seinen verschiedenen Teilreichen vgl. die Ausgabe seiner Urkunden durch Ph. Lauer, Recueil des actes de Charles III le Simple, roi de France, Paris 1940-1949, S. LXXXIVff.
    Von Karls erster Gemahlin wußte schon Brandenburg V,26, daß sie die Schwester Bischof Bovos von Chalons war. Wir verdanken K.A. Eckhardt, Genealogische Funde zur allgemeinden Geschichte ²1963, den meines Erachtens schlüssigen Nachweis, daß Friderun eine Tochter des Grafen Theodericus/Dietrich und eine Schwester der Mathilde war, der zweiten Gattin HEINRICHS I (ebd. 24-29), eine Erkenntnis, die auch für das Verständnis der politischen Geschichte zu Beginn des 10. Jahrhunderts von großer Bedeutung ist. Das Todesdatum der Friderun zitiert Eckhardt nach dem alten genealogischen Werk des Pere Anselme (ebd. 27); es ist uns in den Diplomen ihres Gemahls, Karls III., vielfach bezeugt, vgl. nr. 87, 917 II 14 als Terminus ante, nr. 94 für den Todestag, II 10. Das Datum der Eheschließung ergibt sich aus nr. 56, 907 IV 19 unmittelbar nach der Hochzeit ausgestellt. In ihrer zehnjährigen Ehe schenkte Frederun dem Gemahl sechs Töchter (siehe unten VI,41-46), aber keinen Nachfolger. Karls Sohn Ludwig IV. stammt aus Karls zweiter Ehe mit der angelsächsischen Prinzessin Eadgifu/Ogiva, und ebendarum konnte dieser sich mit Gerberga, der Tochter HEINRICHS I. und der Mathilde, ohne verbotenen Verwandtschaftsgrad vermählen, denn er war mit der ersten Gattin seines Vaters, Frederun, nicht blutsverwandt. - Zur Wegnahme von ND de Laon und des Fiskus Attigny, den Ogiva innehatte, weil er dem abgesetzten Gatten, Karl III., von König Rudolf als Alterssitz verliehen worden war, durch ihren Sohn Ludwig IV., als Ogiva 951 den Grafen Heribert heiratete, siehe Flodoard, Ann 951, Lauer 132.

    Da Karl III. beim Tode seines Bruders Karlmann erst 5 Jahre alt war, wählte der westfränkische Adel erst KARL III. DEN DICKEN und später den Grafen Odo von Paris zum König. 893 wurde Karl von einer adligen Gegenpartei unter Führung des Erzbischofs Fulko von Reims und Heriberts II. von Vermandois, der später ein erbitterter Gegner wurde, zum Gegenkönig erhoben und gekrönt. Nach dem Tode Odos (+ 1.1.898) wurde er allgemein als König anerkannt. Während seiner Regierung wurde auch in den fränkischen Kerngebieten zwischen Loire und Maas, in "Francien", die Entwicklung eigener Lehnsfürstentümer erkennbar. 911 einigte sich Karl im Vertrag von Saint-Clair-sur-Epte mit Rollo, dem Anführer einer Normannenschar, die sich im Gebiet der Seinemündung fest angesiedelt hatte. Rollo trat zum Christentum über und erklärte sich bereit, Vasall des Königs zu werden. Dafür wurden ihm mehrere Grafschaften im Gebiet von Rouen zugestanden, die den Kern des Herzogtums Normandie bildeten. Wenn auch nach 911 die Überfälle normannischer Scharen nicht sofort aufhörten, so leitete die Einigung mit Rollo doch das Ende der langen Periode ständiger, weitreichender Plünderungszüge der Normannen ein. Einen außenpolitischen Erfolg erzielte König Karl, als im Jahre 911 im ostfränkischen Reich mit Ludwig dem Kinde der dortige Zweig der KAROLINGER ausstarb und die Großen Lothringens den westfränkischen KAROLINGER Karl anerkannten. Karl führte seit diesem Jahr den Titel "Rex Francorum" (König der Franken), während er sich bisher wie die anderen fränkischen Könige seit 843 einfach "Rex" genannt hatte. Offensichtlich wollte Karl, der jetzt der einzige König aus karolingischen Geschlecht war, mit diesem vollen Titel seinen Anspruch auf Lothringen untermauern und zugleich wohl auch einen Vorrang gegenüber den anderen Herrschern im Bereich des ehemaligen großfränkischen Reiches zum Ausdruck bringen. Doch bereits 925 ging Lothringen an den deutschen König HEINRICH I. verloren. Bedenklich für die Position des Königs war vor allem die Tatsache, dass nicht nur die Herzogtümer Aquitanien und Burgund sowie andere Randgebiete wie Flandern und die Normandie seiner Kontrolle entglitten, sondern auch im Kerngebiet der karolingischen Macht, im neustrischen Gebiet zwischen Loire und Seine, Robert die Wirksamkeit des Königtums einengte. Im Jahre 922 erhob sich unter Führung Roberts von Neustrien eine starke Adelsfraktion gegen den König. Der Erzbischof von Sens krönte in Reims Robert zum König. In der entscheidenden Schlacht zwischen den beiden Königen am 15.6.923 bei Soissons siegten zwar die Aufständischen, doch ihr Führer, der Gegenkönig Robert, wurde getötet. Die revoltierende Adelsfraktion erhob nun Herzog Rudolf von Burgund zum König. Der Graf Heribert von Vermandois lockte Karl kurz darauf in eine Falle und Karl blieb bis zu seinem Tode in der Gefangenschaft des Grafen, der seinen Gefangenen als Druckmittel gegen König Rudolf von Burgund benutzte und ihn nach 6-jähriger Gefangenschaft umbrachte.

    Schneidmüller, Bernd: Seite 23-35, "Karl III. der Einfältige"

    in Ehlers/Müller/Schneidmüller "Die französischen Könige des Mittelalters"

    KARL III. ("DER EINFÄLTIGE") 893/98-923/29
    Karl III.
    geb. 17.9.879; + 7.10.929 Peronne Bestattung in St-Fursy/Peronne

    Eltern: König Ludwig II. "der Stammler" (877-879) und Adelheid
    Halbbrüder: König Ludwig III. (879-882) und König Karlmann (879-884)

    Eheschließungen und Kinder:

    1.) 907 Frederun, sächsische Adlige (+ 10.2.916/17)
    6 Töchter

    2. ) 917-919 Eadgifu/Otgiva, Tochter König Edwards I. von Wessex (zuletzt erwähnt 951 bei 2. Eheschließung mit Graf Heribert III. von Vermandois)

    1 Sohn (König Ludwig IV., geb. 920/21, König 936-954)

    28.1.893 Königswahl, Salbung und Krönung in Reims
    Januar 898 Nach dem Tod König Odos allgemeine Anerkennung als König im westfränkischen Reich, erster (erfolgloser) Eroberungszug nach Lotharingien
    911 Vertrag und Landzuweisung an die Normannen unter Rollo; Erwerb Lotharingiens
    seit 920/21 Spannungen im Verhältnis mit dem westfränkischen Adel
    7.11.921 Vertrag mit König HEINRICH I. von O-Franken bei Bonn
    922 Kämpfe mit dem westfränkischen Adel
    29.6.922 Wahl Roberts I. (von Neustrien) in Reims zum König
    15.6.923 Schlacht bei Soissons, Niederlage Karls III., Tod König Roberts I.
    13.7.923 Wahl Rudolfs von Burgund zum König
    Ende 923 (?) Gefangennahme Karls III. durch Graf Heribert II. von Vermandois, Einkerkerung in
    Chateau-Thierry. Flucht der Gattin und des Sohnes nach England
    928 Zeitweilige Freilassung. Erneute Einkerkerung in Peronne.

    Karl III. ("der Einfältige") ist vielleicht der einzige mittelalterliche Herrscher, der sein Königtum mehrfach gewann und verlor. Seine Regierungsjahre können darum kaum eindeutig angegeben werden, Zeichen für eine Herrschaft in Wandel und Krise, eine Herrschaft, der zwar lange Dauer, jedoch keine Selbstverständlichkeit beschieden war. Im Zerfall überkommener Legitimations-, Denk- und Handlungsmuster trat die wenn auch von den Umständen erzwungene Konzentration politischen Handelns auf den Westen und die Mitte des ehemaligen fränkischen Großreichs ebenso zutage wie das Festhalten an karolingischen Traditionen. Dass die fränkisch-karolingische Prägung dem mittelalterlichen Frankreich überliefert wurde, ist zu einem guten Teil Karls Königtum und Herrschaftsverständnis zuzurechnen, das darum nicht allein aus seinem schließlichen Scheitern zu begreifen ist.
    Den Nachgeborenen galt Karl als simplex, als einfältig (französisch "Charles le Simple"), und das hat sein Bild in der Geschichte geprägt. Doch die Handlungsspielräume des Königtums an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert waren begrenzt: In seiner durchaus stringent angelegten Politik blieb der karolingische König in einen rapiden Wandel eingebunden, der die politischen Gewichte noch weiter zugunsten des Adels verschob und zur hierarchischen Gliederung der aristokratischen Gesellschaft wie zur Neuformierung von Reich und Herrschaft führte. Hinzu traten der endgültige Zerfall der überlebten Einheit der fränkischen Volkes und Reiches wie die anhaltende Bedrohung durch Normannen und Ungarn. Bei dem Versuch einer Würdigung von Leben und Handeln Karls sind besonders diese Rahmenbedingungen zu bedenken. Aus ihnen lassen sich nämlich das konsequente Legitimationsdenken und die Betonung der karolingischen Tradition erklären.
    Legitimation der Herkunft

    Zweimal wurde Karl bei der Thronfolge im westfränkischen Reich übergangen, zweimal wurde er zum Herrscher erhoben, zweimal wurde ihn aus den Reihen des Adels ein "Gegen"-König gewählt, mindestens zweimal wurde Karl eingekerkert. Diese Hinweise markieren Turbulenzen in einem Herrscherleben, das von Anfang an nicht gewöhnlich verlief.
    Karl wurde erst nach dem Tod des Vaters geboren (daher der Beiname postumus, der Nachgeborene). Dass wir Karls Geburtstag, den 17. September 879, aus einer Erwähnung in einer Königsurkunde (vom 28. Mai 917 für St-Denis) kennen, ist eher eine Ausnahme in jener Zeit, für die der Todestag den Eintritt in die Ewigkeit und damit die eigentliche "Geburt" des Christen markierte.
    Karls Vater, der KAROLINGER Ludwig II. ("der Stammler"), starb am 10. April 879 in Compiegne, seine Nachfolge war schwierig. Seit Jahrzehnten schon besaßen mächtige Adelsverbände Anteil an der Herrschaft im westfränkischen Reich und entschieden folglich auch bei den Nachfolgeregelungen im Königtum mit. Nach der zeitweiligen Ausschaltung der mächtigen ROBERTINER 866 ragten zwei Gruppierungen hervor, die westfränkischen WELFEN unter Hugo Abbas und die RORGONIDEN unter Gauzlin. Diese beiden adligen Herren vereinigten mehrere Grafschaften und geistliche Herrschaftsrechte über Klöster und Bischofskirchen in ihren Händen.
    KARL II. ("DER KAHLE", 843-877), der Vater Ludwigs II., hatte seinem durch Krankheitsschübe wiederholt in den Regierungsgeschäften behinderten Sohn bewußt adlige Begleiter an die Seite gestellt. Sie gewannen erheblichen Einfluß auf Ludwigs kurzes Königtum (877-879) und entschieden über die Nachfolge, die durch zwei Ehen des Königs kompliziert war.
    Zur Anwendung kam das seit Jahrhunderten praktizierte Thronfolgerecht der merowingischen und karolingischen Könige, deren Reich unter alle in legitimer Ehe gezeugten regierungsfähigen Söhne aufgeteilt wurde. Legitimität der Ehe und Regierungsfähigkeit (Idoneität) der Söhne wurden aber 879 kontrovers diskutiert.
    Ludwig hatte nämlich seine erste Gattin Ansgard, die ihm die beiden Söhen Ludwig und Karlmann geboren hatte, auf Geheiß des Vaters verstoßen und in den 70-er Jahren des 9. Jahrhunderts zu Lebzeiten der ersten Gemahlin Karls Mutter Adelheid geheiratet, deren Herkunft aus einer bedeutenden Familie des westfränkischen Reiches inzwischen wahrscheinlich gemacht werden konnte.
    Nach kirchlichem Eherecht ergaben sich darum Probleme, da nur eine Eheschließung gültig und allein die Nachkommenschaft aus dieser Verbindung legitim sein konnte. 869 erst hatte das konsequente Beharren der westfränkischen Bischöfe auf diesem Prinzip zum Ende des Königtums im lotharingischen Mittelreich geführt, als König Lothar II. die Legitimität einer "zweiten" Ehe zu Lebzeiten der 1. Gemahlin nicht plausibel zu machen vermochte. In W-Franken entschied man 10 Jahre später nicht konsequent nach kirchenrechtlichen Kriterien, sondern pragmatisch, wenn auch keineswegs einhellig. Gauzlin als Haupt der RORGONIDEN suchte den Kontakt mit den ostfränkischen KAROLINGERN, Hugo Abbas als Haupt der WELFEN setzte schließlich im September 879 die Nachfolge der Söhne Ludwigs II. aus seiner ersten Verbindung mit Ansgard durch. Eine Teilung des westfränkischen Reichs unter Ludwig III. (879-882) und Karlmann (879-884) im März 880 in Amiens eröffnete die Möglichkeit einer Scheidung der welfischen und rorgonidischen Einflußzonen.
    Die Niederkunft Königin Adelheids mit Karl, dem man den Namen der berühmten karolingischen Kaiser gab, gewann keine Bedeutung, schien doch durch die Krönung der älteren Söhne ohnehin die Gültigkeit der zweiten Verbindung in Zweifel zu stehen. Der über 5 Monate nach dem Tod seines Vaters geborene Karl ging darum 879 ebenso leer aus wie bei der Nachfolge seiner früh verstorbenen Halbbrüder Ludwig III. und Karlmann 882 und 884.
    Auf Karl setzte eine westfränkische Adelspartei erst viele Jahre später, Zeugnis für die Relativität von Rechtsansprüchen angesichts politischer Zwänge. Karls Gegner mochten ihm seine "illegitime" Geburt als "Bastard" vorwerfen; spätere Genealogen betonten seine Herkunft aus der Verbindung seines Vaters mit einer "Königin", während die älteren Halbbrüder mit einer sogenannten Königin oder gar einer Konkubine gezeugt worden seien. So entschied die Geschichte schließlich über die Rechtmäßigkeit königlicher Herkunft, die dem Kind im Jahr der Geburt wie auch 884/85 bestritten worden war. Damals lud der westfränkische Adel wegen des "Fehlens" eines eigenen Königskandidaten den ostfränkischen KAROLINGER KARL III. ("DEN DICKEN"), gestorben 888), zur Übernahme der Herrschaft im Westen ein.
    Das fränkische Großreich war so fast vollständig wieder unter einem Kaiser vereint. Seine Regierungszeit legte angesichts äußerer Gefahren und mangelnder Integrationsfähigkeit der zunehmend selbständig werdenden Teile freilich die Grenzen politischer Raumerfassung und effektiver Herrschaft schonungslos bloß. Das wiederholte Versagen des kranken Kaisers bei der Normannenabwehr machte den Zeitgenossen die Notwendigkeit einer Regionalisierung der Reichsverteidigung auf die Fürstentümer deutlich und prägte politische Legitimität um. Zum Königtum schien man nicht mehr allein durch bloße Geburt aus karolingischer Familie berechtigt zu sein, nötig war vielmehr effektives Regierungshandeln.
    Beim endgültigen Zerfall des fränkischen Großreichs 888, ausgelöst durch den "Staatsstreich" des illegitimen ostfränkischen KAROLINGERS ARNULF von Kärnten gegen seinen kaiserlichen Onkel KARL DEN DICKEN 887, erhoben adlige Herren der fränkischen Teilreiche mit Ausnahme O-Frankens Könige aus ihren Reichen, die ihre Tatkraft unter Beweis gestellt hatten und an Macht ihren Standesgenossen wenig überlegen waren. Wie schon 884/85 schien dem westfränkischen Adel der nunmahr 8-jährige Karl 887/88 den Herausforderungen des Königtums nicht gewachsen. Eine solche karolingische Kandidatur wurde ganz offensichtlich nicht diskutiert, wie überhaupt über Karls Schicksal in diesen Jahren der Kindheit nur Unsicheres bekannt ist. So setzte sich im ROBERTINER Odo (888-898) erstmals ein Nicht-KAROLINGER im westfränkischen Reich durch.
    Einen ernsthaften Gegner mochte Odo in Karl nicht erblickt haben, über dessen Verbleib wir 889 endlich sichere Kunde erhalten. Als Odo nämlich im Zuge der Festigung seines Königtums nach Aquitanien reiste, traf er dort Graf Ramnulf II. von Poitiers, an dessen Hof sich Karl aufhielt. Ramnulf schwor seinem neuen König Treue und sicherte ihm zu, dass er von dem Knaben nichts befürchten habe.

    Legitimation der Königswahl

    Das unglückliche Verhalten Odos bei der Normannabwehr, sein Versuch, auf Kosten adliger Interessen die königliche Stellung in Aquitanien auszuweiten, und die gezielte Beförderung seines Bruders Robert führten geistliche und adlige Herren zusammen, die dem robertinischen Königtum feindlich gegenüberstanden. Zu ihnen zählten neben Erzbischof Fulco von Reims die vor allem im NO der Francia begüterten Grafen Heribert und Pippin, selbst aus karolingischer Familie stammend, der ebensfalls mit dem karolingischen Haus verwandte Bischof Anskerik von Paris und die Söhne des Grafen Gauzlin von Maine. Auf einer Reimser Synode wählten sie am 28. Januar 893 den jetzt 13-jährigen Karl zum König. Die Situation war durchaus günstig, der Erhebungsakt sorgfältig inszeniert. Den jungen KAROLINGER setzte man auf den "väterlichen Thron", ein Akt, der Odos Königtum als Usurpation verwarf. Gezielt hatte man dafür den Todestag KARLS DES GROSSEN gewählt, den man fast überall im Frankenreich liturgisch feierte. Seinem gleichnamigen Ururgroßenkel sollte dieser Rückbezug legitimierende Kraft verleihen, und von daher gewinnt die wiederholt zu beobachtende Orientierung an karolingischen Vorbildern durch KARL III. bereits für den Erhebungsakt ihre Bedeutung. Durch Weihe und Krönung unterstrich Erzbischof Fulco von Reims zudem den Reimser Anspruch auf das 888 vom Erzbischof von Sens ausgeübte Recht, den westfränkischen König zu krönen.
    Ebenso rasch, wie der Reimser Oberhirte Anhänger für seinen Kandidaten zu gewinnen suchte, wollte die karolingische Partei die Entscheidung mit den Waffen erzwingen, doch vermochte sich Odo in Aquitanien zu behaupten und im Sommer sogar nach N vorzustossen. Da die kriegerischen Auseinandersetzungen nicht über die Rechtmäßigkeit des Königtums entschieden, propagierte Fulco mit diplomatischem Geschick das karolingische Erbrecht Karls in Briefen an Papst Formosus, an den ostfränkischen KAROLINGER König ARNULF und an den italienischen Kaiser WIDO.
    Odo und Karl erkannten durch wiederholte Hilfegesuche die Schiedsrichterrolle ARNULFS durchaus an und empfingen von ihm gerne bestätigende Zeichen ihrer Macht. Freilich ließ ARNULF, indem er zunächst Karl, dann Odo akzeptierte, letzte Konsequenz vermissen. Das wechselnde Kriegsglück begünstigte zwar Odo, ließ ihn aber nicht zum strahlenden Sieger werden. Die politische Ausweglosigkeit war jedenfalls nicht durch ostfränkische Parteinahmen zu überwinden, die allenfalls als zusätzliche Festigung der Ansprüche auf das Königtum seitens des KAROLINGERS oder des ROBERTINERS ins Feld geführt wurden. Deutlich tritt darum die zunehmende Autonomie des westfränkischen Reiches, seine endgültige Lösung aus dem fränkischen Großreichsverband zutage.
    Immerhin fand Karl in politisch auswegloser Lage Rückhalt im ehemaligen lotharingischen Mittelreich als der karolingischen Stammlandschaft schlechthin, demARNULF im Unterkönigtum seines Sohnes Zwentibolddie Eigenständigkeit bewahrt hatte. Damals kamen erste persönliche Bindungen zu Adelsverbänden zustande, die später für Karls Königtum bedeutsam werden sollten. Aus der Memorialüberlieferung des Klosters Remiremont wissen wir, dass sich dort im Februar 896 Karl III. und Fulco von Reims mit führende Herren anderer fränkischer Reiche trafen, darunter der italienische Kaiser LAMBERT von Spoleto und König Rudolf I. von Hochburgund.
    Doch solche Kontakte vermochten nicht zu vertuschen, dass Karl im westfränkischen Reich nicht über den nötigen Rückhalt verfügte, gegen Odo zunehmend in die Defensive geriet und seine letzten Anhänger mehr und mehr verlor. Um so erstaunlicher mutet ein Abkommen der beiden Rivalen über das Königtum von 897 an, in dem Odos Vorherrschaft zwar akzeptiert, Karl aber ein Landgebiet um Laon und vor allem die Aussicht auf die alleinige Königswürde nach Odos Tod zugewiesen wurde. Zu dieser Zeit besaß Odo keinen männlichen Nachkommen mehr, und sein Bruder, der marchio Robert von Neustrien, durfte sich anscheinend keine Hoffnung auf die Nachfolge im Königtum, wohl aber auf die Erbschaft der reichen robertinischen Güter und Rechte machen.
    Odo hielt sich an diese Abmachung und empfahl seinen Anhängern vor seinem Tod im Januar 898 Karl als König, der seinerseits die bestehende robertinische Macht im Reich akzeptierte. Der 5-jährige Streit um den westfränkischen Thron war damit zugunsten des Schwächeren entschieden, der den Erfolg sogleich zur Erweiterung der traditionsbezogenen Legitimität seiner Herrschaft nutzte.

    Legitimation der "Unordnung"

    Die Durchsetzung eines allgemein akzeptierten karolingischen Königtums in W-Franken konnte nicht über den tiefgreifenden Wandel königlicher Herrschaft hinwegtäuschen. Immer deutlicher trat im Laufe des 9. Jahrhunderts der adlige Anspruch auf Teilhabe an den Regierungsgeschäften hervor, immer klarer wurden die Möglichkeiten der Monarchie, auf alle Regionen des Reiches zuzugreifen, eingeschränkt. Karl III. hatte seine Königswahl einer Adelsgruppierung in N-Frankreich verdankt, und er erkaufte seine unangefochtene Herrschaft seit 898 schließlich mit der Anerkennung der Machtpositionen seines ärgsten Rivalen Robert vor allem in Neustrien, im Gebiet zwischen Seine und Loire. Schon König Odo hatte Roberts Stellung durch einen neuen Titel, den eines marchio (Markgrafen), zum Ausdruck gebracht, und Karl griff diese Würde in seinen Urkunden auf.
    Damit kam zum Ausdruck, dass in den einzelnen Landschaften des westfränkischen Reiches, in Neustrien zuerst, dann in Aquitanien und in Burgund, schließlich seit 911 in Lotharingien, Adlige über ihre gräfliche Standesgruppe hinaus - und in ein besonderes Verhältnis zum König eintraten. Der Herrscher wurde zwar im ganzen Reich von Flandern bis in den Pyrenäenraum formal als oberster Herr anerkannt, blieb aber in seiner wirklichen Herrschaft ganz auf sein Königsgut in der Francia, in N-Frankreich zwischen Loire oder Seine und der Reichsgrenze nach Osten, beschränkt. Den direkten Bezug sowohl zum größeren Teil seines Reiches als auch zur Masse des Adels in den verschiedenen regna des westfränkischen Reiches hatte der König verloren. Er herrschte nur noch in der Francia, nicht mehr in den anderen regna Burgund, Aquitanien, Gothien und Gascogne, zu denen noch die Bretagne, die Normandie und Flandern traten. Diese regna - der Begriff ist nur unvollkommen mit "Königreiche" zu übersetzen - bildeten bis ins hohe Mittelalter die Bausteine des westfränkischen Reiches und führten für Jahrzehnte, bisweilen für Jahrhunderte ein Eigenleben fern monarchischer Einflußnahme.
    Eine solche politische Realität an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert verleitete die ältere Geschichtsschreibung, die mit der Idee vom organisierten Lehnswesen mit festen Hierarchien und königlicher Spitze auf die staatliche Ordnung schaute, zur Feststellung einer "feudalen Anarchie", einer "Unordnung" im Staat auf Grund adliger Eigenexistenz. Wir wissen heute besser, dass gerade die Vielfalt adliger Herrschaft und ihre Akzeptanz durch den König wie auch die Schichtung der adligen Gesellschaft in marchiones (Markgrafen) und deren gräfliche Vasallen die öffentliche Ordnung bewahrten und stabilisierten. Freilich wurde diese Ordnung nicht von einer zentralen Königsgewalt, sondern nur vom Mit- und gelegentlich Gegeneinander königlicher und adliger Herrschaft gewährleistet.
    Karl akzeptierte die ohnehin eingetretene Über- und Unterordnung in der Adelsgesellschaft und brachte das in der Bezeichnung einzelner mächtiger Herrschaftsträger in den regna seines Reiches als marchiones zum Ausdruck, wobei der "Markgrafen"- noch lange mit dem Grafentitel(comes) konkurrierte (Robert von Neustrien, Wilhelm I. von Aquitanien, Richard von Burgund, nach 911 Reginar [Lotharingien]). Doch wird man sich hüten, hier sogleich ein grundlegend neues Verfassungssystem im Sinne eines Dualismus von König und marchiones zu erblicken; dafür sind unsere Quellen zu dürftig. Feststellen können wir allerdings das Bemühen von Königtum und Adel, dem eingetretenen Wandel der politischen Verhältnisse durch neue "Namen" und Verhaltensmuster Rechnung zu tragen.
    Der König hatte den größten Teil des älteren reichen karolingischen Krongutes eingebüßt und blieb auf bescheidene Ländereien in der Francia wie auch seine Herrschaftsrechte über Teile der Kirche beschänkt. Besonders häufig hielt sich Karl in Laon, Compiegne, Attigny, Verberie und Ponthion auf. Aber ihm verblieb sein monarchischer Anspruch als oberster Herr im Reich mit seinen regna und zunächst auch noch die Kraft, die vermeintliche "Unordnung" im Verfassungswandel mitzugestalten und damit zu legitimieren.
    Legitimation der Herrschaft

    Anfang 898 konnte Karl III. auf seinem Reimser Hoftag die allgemeine Anerkennung seines Königtums feiern. Von Odo hatte er dessen Kanzler Heriveus übernommen und damit die Kontinuität der Reichsverwaltung gewährleistet. In der Urkundenausstellung spiegelte sich in besonderem Maß das traditionsbezogene Selbstverständnis des karolingischen Herrschers, der sich in seinen Diplomen wiederholt auf berühmte karolingische Vorfahren wie Pippin, KARL DEM GROSSEN und LUDWIG DEN FROMMEN bezog. Sein Monogramm näherte sich dem KARLS DES GROSSEN und KARLS DES KAHLEN an, seine Regierungsjahre wurden seit 898 nicht nur von der Wahl von 893 an, sondern auch von der Wiedererlangung des allgemeinen Königtums im Januar 898 gezählt.
    Zur Durchsetzung im westfränkischen Reich trat sogleich der Versuch äußerer Expansion. Von seinem Verwandten, dem lotharingischen Grafen Reginar Langhals, gerufen, zog Karl 898 gegen König Zwentibold nach Aachen und Nimwegen, vermochte aber Lotharingien noch nicht unter seine Gewalt zu bringen. Dafür sicherte er seinen Einfluß auf den wichtigsten erzbischöflichen Sitz im westfränkischen Reich, als er nach der Ermordung Fulcos von Reims den Kanzler Heriveus als Nachfolger durchsetzen konnte, der ihm bis zum Tod (922) ergeben bieb. Die unter Heriveus' Vorsitz tagende Provinzialsynode in Trosly formulierte 909 nicht nur Reformideen in der Tradition der westfränkischen Synoden des 9. Jahrhundert, sondern forderte auch den Gehorsam gegenüber dem König, der wiederholt Herrschaftsrechte über Bischofskirchen geltend machte (zum Beispiel beim Streit um die Besetzung des Bistums Lüttich 920/21).
    Über Karls Herrschaft bis 911 ist wenig bekannt. Erst 907 heiratete der letzte westfränkische KAROLINGER-Sproß Frederun, eine Dame aus vornehmen sächsischen Adel (gestorben 10. Februar 916/17; verwandt mit der späteren ostfränkischen Königin Mathilde), die ihrem Mann 6 Töchter zur Welt brachte. Wie die Ereignisse im ostfränkischen Reich beim Tod des letzten KAROLINGERS Ludwig (dem Kind) 911 gezeigt hatten, bedeutete das Fehlen eines Thronfolgers eine ernste Bedrohung für Königtum und Familie; seit 911 war Karl schließlich der einzige verbliebene karolingischeHerrscher. Sprößlinge aus einer Verbindung mit einer Konkubine vermochten die Nachfolge im Königsamt nicht zu gewährleisten, und so mußte das königliche Haus alle Hoffnung auf die zwischen 917 und 919 geschlossene 2. Ehe des etwa 40-jährigen Königs mit der Angelsächsin Eadgifu/Otgiva setzen, der Tochter König Edwards I. von Wessex. Sie brachte 910/21 endlich den ersehnten Thronfolger Ludwig (IV). zur Welt, der seiner Familie nach allerlei Turbulenzen wenigstens noch für drei Generationen den westfränkischen Königsthron sicherte.
    In doppelter Hinsicht bildete das Jahr 911 den Höhepunkt von Karls Herrschaft, auch wenn sowohl die Chronologie als auch die Handlungsmotive der Beteiligten auf Grund der dürftigen Quellenüberlieferung vielfach im dunkeln blieben. Zum einen gelang Robert von Neustrien und Richard von Burgund im Bund mit dem Bischof von Chartres am 20. Juli 911 ein entscheidender Normannensieg, der von der späteren normannischen Tradition zum Wendepunkt der eigenen Volksgeschichte stilisiert wurde. Offenkundig überließ man damals einem normannischen Verband unter seinem Führer Rollo das Gebiet um Rouen und einige Gaue am rechten unteren Lauf der Seine in einem Vertrag auf Dauer, Basis für die Konsolidierung normannischer Siedlung, Christianisierung und Einbindung in den fränkischen Herrschaftsverband. Wie das Bündnis im einzelnen aussah, ob sich Karl mit Rollo traf, wo dies geschah (in St-Clair-sur-Epte?), ob Rollo vom ROBERTINER aus der Taufe gehoben wurde und dafür eine Königstochter als Belohnung erhielt, kann nicht der zeitgenössischen Überlieferung, sondern nur normannischen Traditionen des 11. Jahrhunderts entnommen werden und erfordern darum kritische Zurückhaltung. Unstrittig ist jedenfalls, dass die Abmachungen von 911 Aussichten auf die allmähliche Lösung der drückendsten Bedrohung des westfränkischen Reiches verhießen und dass der zunächst unbeteilgte König die Früchte dauerhafter Bemühungen vor allem seines robertinischen Lehnsmannes erntete.
    Wenig später fiel dem KAROLINGER ein zweites Geschenk zu, als sich ihm - wie schon 898 - Teile des lotharingischen Adels unter Graf Reginar Langhals zuwandten, um ihn als König ins Land zu rufen. Für die Beurteilung der Vorgänge wäre die genaue Kenntnis der Chronologie nötig, doch ist der Ablauf der Ereignisse leider nicht exakt zu rekonstruieren. Zu vermuten bleibe, dass die Adelsaktion zwar in Verbindung mit dem Tod des letzten ostfränkischen KAROLINGER-Königs Ludwig am 24. September 911 stehen könnte, jedoch schon vor der Königswahl des ersten Nicht-KAROLINGERS, KONRADS I., im November 911 in Forchheim stattfand. Der Entschluß wäre darum eher als "Königsverlassung" Ludwigs (des Kindes) denn als starre Orientierung an karolingischer Legitimität in der Opposition zu KONRAD I. zu bewerten, wie er in der älteren Forschung vielfach gesehen wurde; sie bescheinigte dem lotharingischen Adel unbedingte Treue zum karolingischen Haus.
    Karl jedenfalls trat seine lothringische Herrschaft dem Ausweis seiner eigenen Urkunden zufolge zwischen dem 10. Oktober und dem 27. November 911 an und begriff diese Erweiterung als Sieg des karolingischen Erbrechts. Schon in seiner ersten Urkunde für einen lotharingischen Empfänger vom 20. Dezember 911 äußerte sich das neuherrscherliche Selbstbewußtsein eindrucksvoll, wenn fortan zusätzlich zu den Herrschaftsjahren von der Wahl 893 und der Wiedererlangung 898 auch vom Antritt einer vergrößerten Erbschaft (larrgiore vero hereditate indepta) datiert wurde. Wie schon die ersten karolingischen Könige Pippin und KARL DER GROSSE führte Karl III. 911/12 zeitweise den altertümlichen Rangtitel vir inluster oder vir illustris. Traditionsbildend wurde der ebenfalls auf früh-karolingische Vorbilder zurückgehende Entschluß des Königs, sich den offiziellen Titel eines Königs der Franken, rex Francorum, zuzulegen. Obwohl in der Folge bisweilen noch der einfache Königstitel rex begegnet, bildet rex Francorum fortan den offiziellen Titel der westfränkisch-französischen Könige bis in die Neuzeit hinein, seit dem 13. Jahrhundert auch mit roi de France übersetzt. Damit sicherten sich der Westen des ehemaligen Großreichs und seine Herrscher den Anspruch auf die Fortführung und Bewahrung fränkischer Traditionen.
    Es ist umstritten, ob Karl seit Dezember 911 in seiner Intitulatio den Anspruch auf Herrschaft über alle Franken erhob oder ob der Titel Indiz für eine "Regionalisierung" der fränkischen Trdition auf den Raum zwischen Rhein und Loire ist. Für 911 scheint die erste Vermutung wahrscheinlicher, geschichtsmächtig wurde freilich später die Konzentration auf die Francia, jenes Landes zwischen Maas und Loire. Kaum in Lothringen angekommen (1. Januar 912 in Metz), suchte der KAROLINGER auch die Franken im Reich KONRADS I. unter seine Herrschaft zu bringen und in den Bahnen seiner karolingischen Vorfahren zu regieren. Damit hatte er freilich seine Kräfte überspannt und konnte die seit Jahrzehnten eingetretene Sonderung der fränkischen Reiche nicht ünberwinden. Immerhin gelang die Verteidigung der lotharingischen "Erbschaft" 912/13 gegen Feldzüge KONRADS I.
    Dem KAROLINGER war mit Lotharingien eine Landschaft zugefallen, die mit reichem Königsgut (vor allem die Pfalzen in Aachen, Diedenhofen und Herstal) ausgestattet war und fortan gleichberechtigt neben den Aktionsraum der Monarchie in der Francia trat. Die innere Konsolidierung gelang zunächst durch die Anerkennung einer Sonderrolle Reginars als marchio. Zudem griff Karl seit 913 auf die Tradition einer Sonderkanzlei unter Erzbischof Ratbod von Trier als Erzkanzler und Erzkaplan zurück, die zeitweise neben die westfränkische Kanzlei unter Erzbischof Heriveus von Reims trat. Als Reginar und Ratbod 915 starben, wurden Karls Pläne zur Integration seiner Herrschaftsgebiete in Franzien und Lotharingien deutlicher, indem die lotharingische mit der westfränkischen Kanzlei verschmolzen wurde. Beständigen Konfliktstoff gab fortan die Zurücksetzung von Reginars Sohn Giselbert, da dem König an einer Machtkonzentration in der Hand eines lotharingischen Adligen nicht gelegen sein konnte. 919 kam es zum offenen Bruch. Lotharingische Adlige wählten Giselbert zu ihrem Herrscher, ohne dass das regnum allerdings einen eigenständigen Weg zwischen O- und W-Franken gehen konnte. Später, nach Karls Sturz, sollte Giselbert den Anschluß Lotharingiens ans ostfränkische Reich HEINRICHS I. beteiben und dort endlich die Anerkennung als Herzog finden.
    Legitimation in der Krise

    Immerhin gelang bis 919/20 die Konsolidierung, vor allem durch die Abhaltung von Hoftagen, zu denen Karl die bedeutenden Adelsverbände zusammenrufen konnte. 920 machte sich die wachsenden Unzufriedenheit aber auf einem Hoftag in Soissons Luft, als man vom König die Trennung von seinem Vertrauten Hagano forderte. An Rang war er den Fürsten unterlegen, erfuhr aber gleichwohl die besondere Aufmerksamkeit und Förderung des KAROLINGERS. Dieses für die mittelalterliche Standesgesellschaft nicht untypische Ringen um Königsnähe, Einfluß bei Hof und Beachtung von Ritualen des öffentlichen Verkehrs sollte zum Anlaß von Karls Untergang werden. Freilich darf man diesen nicht aus dem bloßen Umgang mit einem "Günstling" deuten, sondern aus Verschiebungen im Miteinander von Königtum und Adel, aus der Behauptung adliger teilhabe an der Königsherrschaft einerseits und andererseits aus den offensiven Versuchen zur Schaffung einer autonomen monarchischen Sphäre bei Hof und im Reich, basierend auf den politischen Erfolgen Karls im zweiten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts.
    Äußere Ereignisse hielten die Entscheidung noch auf. Das Ende von KONRADS I. Königtum in O-Franken 918 und die Wahl des ersten nichtfränkischen Königs, des LIUDOLFINGERS HEINRICH I., 919 suchte Karl erneut für sein Konzept einer Herrschaft über alle Franken zu nutzen. Der Feldzug in den Wormsgau 920 mißlang allerdings vollkommen, eine bis zum 11. November 921 geschlossene Waffenruhe zwang zum Ausgleich mit dem neuen ostfränkischen König. Anfang November kamen die Könige mit illustrem Gefolge bei Bonn am Rhein zusammen, musterten sich von den Flußufern ausgiebig und trafen sich schließlich unter strenger Beachtung protokollarischer Gleichrangigkeit aam 7. November 921 auf einem Boot in der Flußmitte. Der dort ausgehandelte Freundschaftsbund, in einer westfränkischen Kanzleiausfertigung eher schlecht überliefert, gewährt uns wichtige Kunde von den Spielregeln politischer Öffentlichkeit, darüber hinaus aber auch, dass Karl III. das Königtum seines Amtskollegen als (fast?) gleichwertig anerkennen mußte. Dem Vertrag schlossen nämlich die Könige der W- und der O-Franken (rex Francorum orientalium und rex Francorum occidentalium), ein einmaliges Zeugnis dafür, dass der legitimationsbewußte KAROLINGER einen Sachsen an fränkischen Traditionen teilhaben lassen mußte.
    Immerhin hatte Karl im Bonner Vertrag seine O-Grenze gesichert und konnte nun ohne äußere Bedrohung den Kampf mit dem führenden Adel der Francia aufnehmen. Bis zum Sommer 921 hatte sich Robert von Neustrien als getreuer Gefolgsmann des Königs erwiesen, der den ROBERTINER wiederum förderte und schon 914 die geplante Erbfolge von Roberts Sohn Hugo (Magnus) im väterlichen Herrschaftsbereich sanktioniert hatte. Karls Entschluß von 922, seiner eigenen Tante Rothild, einer Tochter Kaiser KARLS DES KAHLEN, die ehrwürdige karolingische Abtei Chelles wegzunehmen, um sie Hagano zu übertragen, kann nicht allein aus der bloßen Absicht zur Förderung des Vertrauten erklärt werden. Rothilds Tochter Judith war nämlich mit Hugo Magnus verheiratet, so dass Rothilds Verlust zum Verlust gegen die ROBERTINER wurde.
    Hugo Magnus nahm im April 922 den Kampf auf und brachte zusammen mit seinem Vater Robert in der Folge einen ansehnlichen Adelsbund gegen den König zusammen, dem neben Roberts Schwiegersohn Rudolf von Burgund auch Graf Heribert II. von Vermandois beitrat. Am 29. Juni 922 erhob die robertinische Partei Robert in Reims zum König. Anfang 923 sicherte sich der neue Herrscher bei einer Zusammenkunft mit dem ostfränkischen König durch einen Freundschaftsbund nach außen, doch wahrte der LIUDOLFINGER in den folgenden Auseinandersetzungen zunächst strikte Neutralität.
    Mehrfach wich Karl der direkten Konfrontation nach Lotharingien aus, suchte schließlich aber am 15. Juni 923 bei Soissons die militärische Entscheidung. In dieser verlustreichen Schlacht kam Robert I. ums Leben, jedoch wurde Karl III. von Hugo Magnus und Heribert II. von Vermandois besiegt und flüchtete sich nach Lotharingien. Der westfränkische Adel wählte schon am 13. Juli 923 in Rudolf von Burgund, dem Schwiegersohn des gefallenen Herrschers, einen neuen König.
    Karls Schicksal war besiegelt, als er einer Einladung Heriberts II. von Vermandois nach St-Quentin zu vermeintlichen Bündnisverhandlungen folgte und, von seinem früheren Lehnsmann verräterisch in Haft genommen, in Chateau-Thierry eingekerkert wurde. Dass Heribert perfide handelte, betonen alle Quellen, doch nützt solche Sympathie dem gefangenen KAROLINGER ebenso wenig wie jene Urkunde fern seiner eigentlichen Stammlande in S-Frankreich, die die Gefangenschaft des Königs und den Verrat des Adels in den Datumszeilen erwähnen. Wenigstens konnte sich Karls Gemahlin Eadgifu mit dem kleinen Thronfolger Ludwig in den Wirren zu ihrer Familie nach Wessex retten, wo sie am Hof des Bruders, König Aethelstan (924-939), verblieb. Zunächst spielte der verbliebene junge KAROLINGER Ludwig bei den Verhandlungen über den Königsthron ebenso wie sein Vater Jahrzehnte zuvor keine Rolle.
    Wie tief Karl durch die Einkerkerung gesunken war, erwies sich in einer Episode 927/ 28, als Graf Heribert II. bei Auseinandersetzungen mit König Rudolf von Burgund den KAROLINGER kurzzeitig in Freiheit ließ, ihm huldigte, ein Bündnis mit den Normannen zustande brachte und den "König" nach Reims führte. Nachdem Heribert aber den karolingischen Hauptort Laon von Rudolf erlangt und sich mit dem König wieder ausgesöhnt hatte, wurde Karl III. ein zweites Mal in Peronne eingekerkert, dieses Mal endgültig. Am 7. Oktober 929 ist er gestorben und wurde dort in St-Fursy/Peronne bestattet.
    Nachgeborene bezeichneten Karl als "einfältig" (simplex), was sowohl positiv im Sinne der Lauterkeit (Richer von Reims) als auch negativ als Dummheit (Thietmar von Merseburg) gewertet werden konnte. Sein Herrschaft wird man freilich nicht allein aus dem Scheitern beurteilen dürfen. Sie offenbart den Versuch, bei gewandelten Verfassungsverhältnissen die Idee des karolingischen Königtums zu bewahren und sich die Exklusivität fränkischer Tradition zu sichern. Zumindest die Kontinuität des fränkisch-französischen Reichs- und Herrschaftsbewußtseins ist zu einem guten Teil der Herrschaft Karls III. zu danken, der seinen Amtsnachfolgern den offiziellen Königstitel rex Francorum, König der Franken und später der Franzosen, weitergab.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Nach dem Tode König Karlmanns griffen die Großen des W-Reiches nicht auf den kleinen Karl, Ludwigs des Stammlers Sohn von Adelheid zurück, der sich mit seiner Mutter damals oder wenig später in der Obhut des Grafen Ramnulf II. von Poitiers befand; gegen ihn sprach wohl nicht nur, dass man ihn nach der Anerkennung seiner verstorbenen Stiefbrüder als illegitim betrachten mußte, sondern auch, dass die Entscheidung für ein 5-jähriges Kind eine vormundschaftliche Regierung von solcher Dauer erfordert hätte, wie sie in der karolingischen Geschichte bis dahin stets vermieden worden war.
    Karl mit dem späteren, an sich positiv gemeinten Beinamen "der Einfältige" wurde auf Betreiben des Erzbischofs Fulco von Reims und des Grafen Heribert von Soissons und Meaux am 28.1.893, also am Jahrestag von KARLS DES GROSSEN Tod, in Reims feierlich gekrönt und fand als (Gegen-)König auf Anhieb starke Resonanz, die bis ins westfränkische Burgund und nach Aquitanien reichte, aber nicht von Dauer war. Er traf im Mai 894 in Worms mit König ARNULF zusammen, wo dieser den Vetter (zweiten Grades) als Lehnsmann annahm und seine politischen Ziele zu unterstützen versprach. Doch ließ er bald davon ab, als Karl nach seiner Rückkehr gegen den wieder erstarkenden Odo weiter rapide an Boden verlor und aus der Francia ins westliche Burgund ausweichen mußte. Darauf erneuerte ARNULF im Mai 895 in Worms das Bündnis mit Odo.
    Im Sommer 895 griff Zwentibold von Lothringen zu seinen Gunsten in W-Franken ein, so dass es 897 durch die tätige Vermittlung Fulcos von Reims zu einem Ausgleich zwischen Odo und Karl dem Einfältigen kam: Der siegreiche ROBERTINER, der ohne legitime Erben geblieben war, einigte sich mit dem unterlegenen KAROLINGER auf gegenseitige Anerkennung ihres Königtums, gestand ihm ein beschränktes Hoheitsgebiet (wohl um Laon) und nach seinem Tode die Anwartschaft auf das ganze W-Reich (vor dem eigenen Bruder Robert) zu, ließ sich dafür aber die beträchtlichen Machtpositionen seiner Familie von dem bisherigen Rivalen garantieren. Nach dem Tode König Odos am 1.1.898 folgte ihm Karl reibungslos.
    Im Unterschied zu Ludwig dem Kind war Karl der Einfältige, als er im Januar 898 nach Odos Tod auf einer Reichsversammlung in Reims sein unangefochtenes Königtum in W-Franken antrat, immerhin ein 18-jähriger und die folgenden zweieinhalb Jahrzehnte hindurch Herr seiner politischen Entschlüsse, aber auch er hatte sich von vornherein schweren Hypotheken zu beugen, die seine Entfaltung hemmten und an denen er trotz zeitweiliger Erfolge schließlich gescheitert ist. Robert, der Bruder des verstorbenen Königs, ließ ihm ja nur deshalb den Vortritt, weil er gemäß früherer Absprache darauf bauen durften, nicht bloß den Hausbesitz seiner Vorfahren, sondern auch die Gesamtheit der von Odo übertragenen Hoheitsrechte in Neustrien und im Pariser Becken und sogar die dortigen Pfalzen, Fiskalgüter und Reichsabteien zu behalten. Diese Mediatisierung aller königlichen Rechte in Neustrien, die Karl sogar Saint-Denis entzog, verschob die Gewichte zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN entscheidend. Sie fand ihren förmlichen Ausdruck in Roberts Bezeichnung als marchio und ging in der Sache weiter als die Machtkonzentration in den Händen des zeitgleichen duces in O-Franken, weil sie in etwa flächendeckenden Charakter annahm und neben den Grafschaften auch die Bischofssitze dem König entwand. Sie war zudem durchaus nichts Einmaliges, sondern holte nun auf fränkischem Boden nach, was sich schon länger im aquitanischen Süden abgezeichnet hatte.
    Selbst im engeren Bereich der östlichen Francia zwischen Seine und Maas, der dem wiederbelebten karolingischen Königtum allein noch verblieb, gab es fühlbare Konkurrenz durch die aufsteigende Macht des Grafen Balduin II. von Flandern (+ 918), der 900 ungestraft die Ermordung des Erzbischofs Fulco von Reims, Karls Erzkanzler, ins Werk setzte, und durch den Grafen Heribert I. von Vermandois, der in der Champagne seine Herrschaft ausbreitete, bis er vor 907 ebenfalls Balduins Nachstellungen zum Opfer fiel. Inmitten dieser regionalen Gebieter, die ihm alle durch formellen Lehnseid unterstellt, tatsächlich aber mit ihren Vasallenaufgeboten überlegen waren, blieb Karl nichts anderes übrig, als die großen Lehnsfürstentümer (Prinzipate) zu respektieren, behutsam ihre Rivalitäten zu steuern und sich selber wenigstens einen Kernbereich unmittelbarer Autorität im Raum um Reims und Laon zu erhalten, wobei die Erzbischöfe von Reims seine wichtigsten Partner wurden. An ein aktives Bemühen um Lotharingien, wo er gleich 898 auf Reginars Seite eingegriffen hatte, konnte Karl jahrelang nicht denken, doch dürfte seine 907 geschlossene Ehe mit der vornehmen Sächsin Frederun, vielleicht aus der Familie der späteren Königin Mathilde, ein fortwährendes Interesse am O-Reich und eine Aversion gegen die in Lotharingien damals waltenden KONRADINER anzeigen. Da Frederun bis 917 nacheinander sechs Töchter zur Welt brachte, war sie indes nicht imstande, Karls Getreuen neue Zuversicht in die herrschaftliche Zukunft der alten stirps regia zu vermitteln.
    Erst 911 kam Karls Politik in ein neues Fahrwasser. Im Verhältnis zu den Normannen, die in W-Franken nicht mehr mit der Wucht früherer Jahrzehnte, aber doch weiterhin Raubzüge unternahmen und dabei nun von den marchiones und sonstigen Magnaten, so gut es ging, in die Schranken gewiesen wurden, trat eine Wende zum besseren ein, als nach dem Scheitern ihrer Belagerung von Chartres eine starke Gruppe unter Führung Rollos dazu gebracht werden konnte, das Christentum anzunehmen und eine Niederlassung an der unteren Seine als Grafschaft Rouen zum Schutz des reiches legalisieren zu lassen. Karl der Einfältige, an den vorherigen, von Robert von Neustrien und Richard von Burgund angeführten Kämpfen offenbar unbeteiligt, trat in Erscheinung, als es etwa im September 911, vielleicht in Saint-Clair-sur-Epte, darum ging, diese Vereinbarung förmlich abzuschließen und Rollo mit dem Gebiet zu belehnen, aus dem die spätere Normandie hervorgegangen ist. Damals dürften bereits die Umwälzungen absehbar gewesen sein, die sich kurz darauf ergaben, denn noch vor dem Tod des ostfränkischen Königs Ludwig am 24.9., dem die Bestattung in Regensburg folgte, hatten sich "die Führer der Lotharingier", einer einzelnen, vielerörterten Annalennotiz zufolge, von dem glücklosen jungen Herrscher "getrennt". Ob diese Entscheidung, hinter der fraglos der 911 wieder in den Vordergrund getretene Reginar stand, unmittelbar die Hinwendung zum einzigen anderen KAROLINGER, dem westfränkischen König Karl, einschloß, weiß man nicht, aber jedenfalls bot sich ein solcher Schritt an, als nach dem Hinscheiden des erbenlosen, nur 18 Jahre alt gewordenen Ludwigfeststand, dass die ostfränkische Linie Ludwigs des Deutschen erloschen war, und die führenden Männer seiner Umgebung sich daran machten, ihr Regiment auch ohne einen KAROLINGER fortzuführen, indem sie den Mächtigsten der Ihren zum Nachfolger erkoren. Wenige Tage bevor in Forchheim KONRAD DER JÜNGERE, das Haupt der KONRADINER, von "Franken, Sachsen, Alemannen und Bayern" zum 1. nicht-karolingischen König O-Frankens gewählt und anschließend gesalbt worden ist, trat Karl der Einfältige am 1.11.911 die Herrschaft über die Heimat seiner frühesten Vorfahren an.
    Karl der Einfältige fühlte sich bereits am 20.12.911 in der ersten nach KONRADS Wahl ausgestellten Urkunde veranlaßt, neben der zusätzlichen Jahreszählung "seit dem Erwerb des vergrößerten Erbes" auch die Selbstbezeichnung rex Francorum anstelle des bis dahin gebräuchlichen Königstitels ohne Bereichsangabe einzuführen. Die betonte "Gleichsetzung von fränkisch und karolingisch" (J. Ehlers) sollte nach außen wie nach innen wirken und dem fortan alleinigen Herrscher aus KARLS Geblüt einiges wettzumachen helfen, was ihm an realen Machtmitteln abging. In der Tat gelang es ihm 912 und 913, dreimalige Vorstöße KONRADS I. zur Rückgewinnung des regnum Lotharii abzuweisen, ohne dass sich im Lande eine "konradinische Partei" geregt hätte. Karl nahm nun sogar bevorzugt in Metz und Diedenhofen, in Herstal und Aachen Aufenthalt, ließ seinen Verbündeten Reginar, reich mit Kirchenbesitz ausgestattet, wie die Gebieter über Neustrien, Aquitanien und Burgund als marchio gelten, faßte aber doch bald immer deutlicher ins Auge, Lotharingien zur Erweiterung seiner schmalen Machtbasis in W-Franken zu nutzen. So erlosch nach dem Tod Erzbischofs Radbods von Trier (915) allmählich die gesonderte lotharingische Königskanzlei, die auf Zwentibolds Zeit zurückging, und als im selben Jahr auch Reginar starb, verweigerte Karl dessen Sohn Giselbert die Vorrangstellung des Vaters. Exponent dieser neuen, selbstbewußten Politik scheint der seit 916 in der Umgebung des Königs zunehmend genannte Hagano gewesen zu sein, ein lotharingischer Getreuer von angeblich geringer Herkunft, dessen Aufstieg zum Grafen und zum maßgeblichen Berater Karls den Ärger der bis dahin führenden Kreise vornehmlich in W-Franken weckte.
    Karl der Einfältige mag sich 918/19 bereits auf dem Wege zu einer Hegemonie über die nicht-karolingischen Könige gesehen haben, zumal angesichts der schweren Krise, in die die ostfränkische Monarchie durch den fehlgeschlagenen Versuch KONRADS I. (+ 918) geraten war, sich in karolingischer Manier die Mittelgewalten botmäßig zu machen und zu halten. Gleichwohl agierte auch Karl jederzeit auf schwankendem Grund, nicht bloß weil er immer noch ohne Sohn war und darum Freund und Feind als der letzte KAROLINGER erscheinen mußte, nach dessen Ende auch im Westen über das Königtum neu zu verfügen sein würde. Er beeilte sich, nach dem Tod seiner sächsischen Gemahlin Frederun (917) eine neue Ehe einzugehen, wobei sich seine Wahl wiederum nicht am westfränkischen Hochadel orientierte, sondern erstmals in der karolingischen Familiengeschichte auf eine Ausländerin fiel: Eadgifu, die Tochter des angelsächsischen Königs Eduards des Älteren von Wessex. Im Verhältnis zu den eigenen marchiones und sonstigen Großvasallen, unter denen um 920 eine neue Generation nach vorne drängte, hatte Karl ohnehin die für sein politisches Überleben entscheidende Balance früherer Jahre verloren, wie schlagartig zutage trat, als 919 sein Aufruf zur Heerfolge gegen die bis nach W-Franken vorgedrungenen Ungarn nahezu ungehört verhallte. In Lotharingien wurde seine Lage dadurch erschwert, dass östlich des Rheins durch die Wahl des liudolfingischen Sachsen-Herzogs Heinrich, des Sohnes Ottos des Erlauchten, zum König der "Franken und Sachsen" im Mai 919 eine ganz neue Konstellation eingetreten war, die auf die Großen an Maas und Mosel einladender wirkte als das konradinische Regiment der Vergangenheit. Während sich Giselbert nun völlig mit Karl dem Einfältigen überwarf, traten, wie berichtet wird, "fast alle" Großen W-Frankens mit Robert von Neustrien an der Spitze Anfang 920 in Soissons ihrem König gegenüber, seinen Günstling Hagano zu entlassen, das heißt seine resolute Politik der letzten Jahre aufzugeben, und als er dies verweigerte, sagten sie ihm die Treue auf. Der drohenden Beugehaft seiner Magnaten entging Karl nur, indem er sich für 7 Monate in den Schutz des ihm noch ergebenen Erzbischofs Heriveus von Reims begab. Diese Zeit nutzte Giselbert, um sich von seinem lotharingischen Anhang "unter Abkehr von König Karl" zum princeps, also wohl einem Herrscher aus eigenem Recht, proklamieren zu lassen.
    Gegen die kaum verhüllte Absetzung hat sich Karl der Einfältige noch einmal energisch aufgebäumt. Als ihm die Unterhandlungen des Erzbischofs Heriveus zu erneuter Anerkennung oder besser Duldung verholfen hatte, wandte er sich zunächst gegen Giselbert, beendete dessen Sezession und setzte auch in der Machtprobe um die Neubesetzung des Lütticher Bischofsstuhls den eigenen Kandidaten gegen den von Giselbert bestimmten und bereits vom Kölner Erzbischof Hermann auf Druck König HEINRICHS I. geweihten Rivalen durch, wobei er sogar den Papst zu seinen Gunsten einschaltete. Um sich auch bei dem sächsischen König, dem augenscheinlichen Schutzherrn Giselberts, Geltung zu verschaffen, drang Karl im September 920 mit Heeresmacht in die Gegend von Worms vor, mußte aber vor der dortigen Gegenwehr zurückweichen. Mit HEINRICH I. konnte er 921 einen befristeten Waffenstillstand vereinbaren, und kurz vor dessen Ende traf er ihn am 7.11. bei Bonn, um auf einem mitten im Rhein verankerten Schiff einen Freundschaftsvertrag abzuschließen. Schon durch die Wahl des Ortes kam zum Ausdruck, dass Karl die Anerkennung der Rheingrenze, also der Zugehörigkeit Lotharingiens zu seiner Machtsphäre, erreichte, während HEINRICHS Erfolg in der expliziten Gleichrangigkeit der Partner bestand, also in der Respektierung seines erst zwei Jahre alten, noch keineswegs überalls im Reiche KONRADS I. durchgesetzten "fränkischen Königtums" durch den Erben des KAROLINGER-Geschlechts.
    Nach dieser vermeintlichen Sicherung des regnum Lotharii gedachte Karl der Einfältige, überdies gestärkt durch die Geburt des langersehnten Stammhalters (vor September 921), der nach dem Großvater Ludwig benannt wurde, 922 unbeirrt auch in W-Franken wieder die Zügel in die Hand zu bekommen. Über den Versuch, die Königsabtei Chelles seiner Tante Rothild zu entziehen, um sie Hagano geben zu können, kam es endgültig zum Eklat: Hugo, der Sohn Roberts von Neustrien, soll es gewesen sein, der die Truppen der erbosten Großvasallen, darunter nun auch des Erzbischofs von Reims, sammelte und Karl nach Lothringen abdrängte, so dass am 30.6.922 Robert, der Bruder Odos, in Reims zum (Gegen-)König erhoben werden konnte. Anders als 888 erfolgte der zweite Griff der ROBERTINERnach der Krone W-Frankens in offener Konfrontation mit einem KAROLINGER und ging unmittelbar in eine bewaffnete Auseinandersetzung von einjähriger Dauer über, bei der sich Karl der Einfältige hauptsächlich auf lotharingische Gefolgsleute stützte. Robert I. sicherte sich durch einen Freundschaftspakt, den HEINRICH I. Anfang 923 nahe der Ruhrmündung unbedenklich auch mit ihm nach dem Muster des Bonner Vertrages schloß. In der Schlacht der beiden westfränkischen Könige am 15.6.923 fand Robert den Tod, doch sein Sohn Hugo erstritt zusammen mit Graf Heribert II. von Vermandois den Sieg, indem er Karl und sein Heer in die Flucht schlug. Dennoch fiel das Königtum nicht ihm zu, dem Erben der ausgedehnten ROBERTINER-Macht (deren Übernahme ihm übrigens schon vor 914 von Karl zugesichert worden war), sondern in bewußter Abkehr vom Geblütsgedanken Rudolf, dem Sohn und Nachfolger Richards (+ 921) als marchio in Burgund, der zugleich Schwiegersohn des gefallenen Robert war. Er wurde in einem abermaligen Dynastiewechsel (zu den BOSONIDEN) am 13.7. in Soissons zum König gewählt und gesalbt. Zu neuen Kämpfen kam es nicht mehr, denn der geschlagene Karl der Einfältige ließ sich schon wenige Wochen später durch ein Täuschungsmanöver Heriberts von Vermandois überlisten und wurde dessen Gefangener, während die Königin Eadgifu mit ihrem kleinen Sohn zum Bruder Athelstan von Wessex in die englische Heimat floh.
    Heribert lieferte seine Beute nicht an den neuen König Rudolf aus, sondern hielt den gestürzten KAROLINGER, für den sich in den Quellen der Zeit kaum Mitleid regt, zunächst in Chateau-Thierry, dann in Peronne in eigenem Gewahrsam, um ihn als politisches Faustpfand zu gebrauchen. 925 erzwang er die Wahl seines 5-jährigen Sohnes Hugo zum Erzbischof von Reims und seine eigene Einsetzung zum Verwalter des Reimser Kirchenbesitzes, und als ihm 927 Rudolf die wertvolle Grafschaft Laon zu verweigern wagte, holte Heribert Karl den Einfältigen aus der Haft hervor und erkannte ihn im Bunde mit den Normannen unter Rollos Sohn Wilhelm I. als rechtmäßigen König an, ohne ihm indes seine Bewegungsfreiheit zurückzugeben. Es soll sogar zu einer Begegnung beider Könige in Reims gekommen sein, bei der Karl die Pfalz Arttigny als eine Art Abfindung zugestanden wurde, doch nachdem Heribert 929 seinen Willen auch in Laon bekommen hatte, scheint davon keine Rede mehr gewesen zu sein. Jedenfalls ist klar bezeugt, dass Karl am 7.10.919 in Peronne, am Ort seiner Gefangenschaft, gestorben und dort auch bestattet ist. Das triste Ende markiert bis zur äußersten Konsequenz die Vergeblichkeit des Versuchs, allein mit dem karolingischen Namen noch einmal eine wirksame Zentralgewalt gegen die Großen zu etablieren, darf aber nicht darüber täuschen, dass Karl der Einfältige gerade im Wechselspiel mit den Gegenkräften, deren er nicht mehr Herr wurde, den geschichtlichen Weg des werdenden Frankreich wesentlich bestimmt hat.



    Schwager Helmut: Seite 67-96, „Graf Heribert II. von Soissons.“

    a) Der Karolinger König Karl III. der Einfältige (893/98-923)

    Die Beziehungen Heriberts II. zu dem westfränkischen König, der in der ersten Hälfte der heribertinischen Herrschaft, das heißt den mindestens 15 Jahren von 900/06 bis 921, das Reich regierte, nämlich dem KAROLINGER Karl III. dem Einfältigen, sind für diese Zeit bis heute weitgehend im Dunkel der Geschichte geschrieben! Der schon mehrfach beklagte bedauerliche Mangel an erzählenden Quellen sowie Urkunden aus dieser Zeit läßt uns praktisch nur Raum für Spekulationen! Als frühestes Zeugnis sowohl der Existenz Graf Heriberts II. als auch seiner Erwähnung im Zusammenhang mit dem westfränkischen König kann erst die Urkunde Karls III. vom 6. November 907 angesehen werden, in der der KAROLINGER die Schenkung eines gewissen Odilo aus Brugny in der Grafschaft Omois für das Kloster Saint-Medard bei Soissons bestätigte. Dabei wurde ein "comes Heribertus" als Abt von Saint-Medard genannt, wobei es sich hier - betrachtet man die Jahreszahl - meines Erachtens eindeutig um Graf Heribert II. handeln muß, der die Abtei von seinem ermordeten Vater Graf Heribert I. geerbt hatte. Jedoch dürfte dies kaum etwas konkret über die heribertinisch-karolingischen Beziehungen aussagen, da der HERIBERTINER in dieser Urkunde anscheinend lediglich als zuständiger Graf von Omois und Laien-Abt von Saint-Medard erwähnt wurde. Viel wichtiger erscheint mir, dass um diese Zeit, ca. 907/10, Graf Heribert II. die ROBERTINERIN NN (+ nach 931), eine Tochter Markgraf Roberts von Neustrien, heiratete. Diese Ehe des HERIBERTINERS bedeutete aber eine politische Option für die ROBERTINER, die schon damals wiederholt mit dem karolingischen König zerstritten waren. Daher erstaunt es nicht, wenn von freundschaftlichen Kontakten zwischen dem König und dem HERIBERTINER in den folgenden Jahren nicht die Rede ist. Zwar erschien Graf Heribert II. in einer Urkunde König Karls III. vom 14. März 918 für die Abtei Saint-Germain-des-Pres, die auf Veranlassung Markgraf Roberts von Neustrien ausgestellt wurde. Doch figurierten Roberts heribertinischer Schwiegersohn und Bischof Abbo von Soissons (+ 937) hierbei als Zeugen in der Grafschaft des ROBERTINERS!
    Als schließlich Anfang des Jahres 920 der langerwartete Krieg zwischen König Karl III. und der westfränkischen Aristokratie, die sich an der überragenden Stellung des lothringischen Emporkömmlings Hagano ( + nach 922) bei Hofe stieß, losbrach, befand sich Graf Heribert II. natürlich im Lager des westfränkischen Hochadels an der Seite Markgraf Roberts! Der bedrängte westfränkische König geriet kurzfristig sogar in Gefangenschaft seiner Großen, aus der ihn nur der Einsatz des Erzbischofs Heriveus von Reims (+ 922) rettete, der ihn 7 Monate lang in seiner Bischofsstadt Reims beherbergte. Währenddessen tobten in der engeren Francia die Kämpfe beider Parteien, wobei angeblich Graf Heribert II. das Kloster Corbie geplündert haben soll; erst nach langen Verhandlungen führte der Reimser Erzbischof ein "Versöhnung" beider Gruppen herbei, die jedoch brüchig blieb.
    Dies zeigte sich bereits im Jahr 922, als der westfränkische Adel, nachdem König Karl III. am 17. März 922 den königlichen Kanzler Gauzlin (+ 962) zum Bischof von Tours gemacht und das vakante Kanzleramt an den lothringischen Kleriker Hagano, wahrscheinlich einen Verwandten seines Günstlings Hagano, gegeben hatte, erneut unruhig wurde.
    Die Konfiskation des karolingischen Hausklosters Chelles bei Paris durch den westfränkischen König nach dem 21. April 922 ( = Ostern), der die Abtei seiner Tante Rothilde (+ 928) [Rothilde war die Tochter Kaiser KARLS II. DES KAHLEN und der Kaiserin Richilde (+ 910/14) sowie Gattin Graf Rotgers I. von Maine (+ vor 900), von dem sie die Tochter NN (+ vor 926) hatte, welche Graf Hugo der Große ehelichte.], der Schwiegermutter des ROBERTINERS Graf Hugo, nahm und sie an Graf Hagano übergab, löste erneut einen verheerenden Aufstand aus!
    Die Großen Franziens verschworen sich mit den ROBERTINERN an der Spitze, wobei sie den Sturz Graf Haganos verlangten. An diesem gefährlichen Aufstand beteiligten sich neben den ROBERTINERN auch Roberts Schwiegersohn Herzog Rudolf von Burgund und dessen Bruder Graf Hugo der Schwarze von Varais (+ 952), ja offensichtlich selbst der bereits damals todkranke Erzbischof Herveus von Reims, wie später die feindselige Reaktion des KAROLINGERS gegen Reimser Kirchengut zeigen sollte. Eigenartigerweise ist hierbei von Roberts zweitem Schwiegersohn Graf Heribert II. nirgends die Rede. Stattdessen meldet der Reimser Geschichtsschreiber Flodoard (+ 966) überraschenderweise, dass sich der HERIBERTINER mit König Karl III. und dessen Günstling Hagano in Laon an der Aisne befunden hätte, von wo aus aus sie im April 922 beim Anmarsch der aufständischen Großen gemeinsam über die Maas nach Lothringen geflohen wären, um dort neue Truppen auszuheben. Dieses Verhalten Graf Heriberts II. widerspricht nun aber meines Erachtens vollständig seiner Politik sowohl vor dem Jahre 922 als auch danach, und so könnte man Zweifel an dieser Nachricht hegen, noch dazu, nachdem Flodoard die einzige Quelle hierfür ist! Andererseits ist der Reimser Kleriker die zuverlässigste Quelle für die Geschichte des W-Fränkischen Reiches im 10. Jahrhundert, und zudem spricht das Verhalten König Karls III. im Jahre 923, als sich der KAROLINGER bedenkenlos zu einer Unterredung mit Graf Heribert II., der ihm einen Seitenwechsel angedeutet hatte, bereitfand, dafür, dass vorher zumindest zeitweise schon bessere Beziehungen zwischen beiden Fürsten bestanden haben müssen! So ist anzunehmen, dass der HERIBERTINER die Auseinandersetzung nach dem Osterfest 922 entweder für eine rein karolingisch-robertinische "Familien"-Angelegenheit gehalten hat, in die er sich zunächst nicht einmischte, oder wahrscheinlicher, dass ein heribertinisch-robertinischer Zwist aus Rivalitätsgründen den Grafen kurzfristig an die Seite des Königs gebracht hat. Jedenfalls fielen der KAROLINGER und seine Anhänger - darunter Graf Heribert II. und Graf Theoderich I. von Holland (+ ca. 940) - mit einem neuen lothringischen Heer in die Güter der Reimser Kirche ein und brannten sie nieder; schließlich eroberten sie die Burg Omont südlich von Mezieres. Plünderungen und Brandschatzungen beider Seiten verwüsteten nun das Remois, Laonnais und Soissonnais. Kurz nach dem 31. Mai 922 tauchten die Lothringer schließlich an der Marne auf, wobei Epernay von den Leuten Graf Haganos geplündert wurde. Das königliche Heer lagerte nahe der Stadt Tours-sur-Marne, oberhalb von Epernay, während die aufständischen Großen unter Führung Markgraf Roberts von Neustrien und Herzog Rudolfs von Burgund drei Meilen vom königlichen Lager entfernt unterhalb von Epernay ihr Lager augschlugen. Eine Woche lang wurde dann in Abwesenheit des Königs und Graf Hagano verhandelt. Auf Seiten des KAROLINGERS standen damals noch sein gewesener Schwager Bischof Bovo II. von Chalons-sur-Marne (+ 947), der Erzkanzler Erzbischof Rotger von Trier, Bischof Stephan von Cambrai (+ 934), Bischof Balderich von Utrecht (+ 977); unter den weltlichen Großen dürften sich noch Graf Heribert II., Graf Theoderich I. von Holland, Graf Erchanger von Boulogne, Graf Walcher von Friesland, Graf Isaak von Cambrai (+ 947), Graf Adalhelm von Artois (+ 932) und der brabantische Graf Rudolf von Gouy (+ 926) befunden haben.
    Nach dem Scheitern der Verhandlungen griff König Karl III. am 9. Juni 922, einem Pfingstsonntag, die Stadt Reims an, wurde aber zurückgeschlagen.
    Da traf die Nachricht vom Verlust der wichtigen karolingischen Feste Laon ein - Graf Hagano verlor dabei seinen Bruder und seine Schätze -, worauf beide Parteien ihre Heere dorthin verlagerten. Hier begann aber ein Teil der Lothringer den KAROLINGER zu verlassen, so dass sich König Karl III. immer weiter vor den nachstoßenden westfränkischen Großen zurückziehen mußte. Beim Flüßchen Ailette in der Grafschaft Laon wechselten Mitte Juni 922 erneut viele Große, darunter anscheinend auch Graf Heribert II., ins Lager Markgraf Roberts. So blieb dem westfränkischen König zuletzt nichts anderes übrig, als mit seinem getreuen Grafen Hagano zum zweitenmal über die Maas zu ziehen, wahrscheinlich zu seinem Anhänger, dem MATFRIDINGER Bischof Richer von Lüttich (920-945); jedenfalls hielt er sich am 15. Juni im holländischen Bladel auf. Diese Abwesenheit des KAROLINGERS in Lothringen benutzten nun die westfränkischen Aristokraten zum entscheidenden Schlag gegen ihn: Am 29./30. Juni 922 wählten die Großen der Francia und der Burgundia, darunter auch Graf Heribert II., den ROBERTINER Markgraf Robert von Neustrien im Kloster Saint-Remi bei Reims zum westfränkischen König, was eine Herrscherverlassung gegenüber dem KAROLINGER bedeutete. Drei Tage später, am 2. Juli 922, starb der schwerkranke Erzbischof Heriveus von Reims, dessen Nachfolger Seulf (+ 925) durch König Robert I. (922/23) bestimmt wurde, wodurch nun auch das Erzbistum Reims dem KAROLINGER endgültig verlorenging. Ende des 922 zeichnete sich somit bereits ein deutliches Übergewicht der aufständischen westfränkischen Adligen ab, zu denne der skrupellose Pragmatiker Graf Heribert II. noch rechtzeitig gefunden hatte.
    Doch Anfang des Jahres 923 stellte der abgesetzte KAROLINGER in Lothringen ein neues Heer auf, worunter sich erneut Graf Theoderich I. von Holland befand. Unter Bruch eines bestehenden Waffenstillstandes fiel König Karl III., von Lüttich durch den Haspengau eilend und die Maas überschreitend, in die Francia ein und marschierte über Attigny gegen Soissons, wo sich Graf Heribert II. und König Robert I. aufhielten. Am 15. Juni 923, einen Sonntag, überschritten die Lothringer die Aisne und griffen die W-Franken überraschend an, woraus sich in der Nähe des heribertinischen Klosters Saint-Medard bei Soissons die Entscheidungsschlacht entwickelte. Nach schweren Verlusten auf beiden Seiten fiel König Robert I., angeblich durch den Standardenträger des KAROLINGERS Graf Fulbert getötet. Ein Sieg König Karls III. schien damit erstmalig möglich, als ein Entsatzheer der westfränkischen Aufrührer unter dem Kommando Graf Heriberts II. und Graf Hugos des Großen, Sohn des getöteten Königs Robert I., auftauchte und die Lothringer in die Flucht schlug! Damit war der KAROLINGER von seinen westfränkischen Vasallen besiegt worden; trotz des Todes König Roberts I. blieben sie nämlich im Aufstand, und Versuche des nun truppenlosen Karls III., sie wiederzugewinnen, so vor allem Graf Heribert II. und Erzbischof Seulf von Reims, schlugen fehl. Daraufhin rief der verzweifelte KAROLINGER die Normannen zu Hilfe; doch blieben Graf Rollo von Rouen und seine Seine-Normannen neutral, lediglich die Loire-Normannen unter ihrem Seekönig Rögnwald/Ragnold (+ 925/30) waren sofort bereit zu kämpfen. Als jedoch die westfränkischen Kronvasallen die Oise blockierten, mußte sich der total isolierte König Karl III. zum drittenmal hinter die Maas nach Lothringen zurückziehen. Diese Abwesenheit benützten aber wiederum die westfränkischen Großen, um sich unter Mitwirkung Graf Heriberts II. und Markgraf Hugos von Neustrien am 13. Juli 923 in Saint-Medard zu Soissons in dem BOSONIDEN Herzog Rudolf von Burgund (923-936) einen neuen König zu geben. Allerdings war seine Wahl offensichtlich das Werk einer Minderheit, was an der Tatsache erkennbar ist, daß in der Francia die Herzogtümer Normandie und Bretagne, in der Aquitania das Herzogtum Aquitanien, die Grafschaft Poitou und die Spanische Mark König Karl III. treu blieben, doch ohne ihn tatsächlich mit Waffengewalt zu unterstützen. Überhaupt führte diese politische Situation des Jahres 923 zu einer wachsenden Autonomie der westfränkischen Aristokraten, die sich ihre Parteinahme von beiden Königen teuer bezahen ließen. Dennoch war es von beiden der truppenlose König Karl III., der im August 923 praktisch am Ende war, vor allem nachdem sein verzweifelter Versuch, vom ostfränkisch-deutschen König HEINRICH I. (919-936) Hilfe zu erhalten, nur mit nichtssagenden Freundlichkeiten beantwortet worden war. Der KAROLINGER war im Innern wie nach außen total isoliert, als, wie aus heiterem Himmel, sich sein heribertinischer Blutsverwandter Graf Heribert II. mit einem Verhandlungsangebot an ihn wandte - nach K. F. Werner ein abgesprochenes Täuschungsmanöver zwischen König Rudolf und dem HERIBERTINER [Diese Theorie äußert Werner, Westfranken, 741, ohne dafür konkrete Belege oder einen zwingenden Gedankengang vorweisen zu können! Die Gefangennahme des KAROLINGERS sollte nämlich die Lage König Rudolfs keineswegs entscheidend verbessern, befand er sich doch von nun an im erpresserischen Griff seines Schwagers Graf Heribert II.] -, und König Karl III. "der Einfältige" begierig nach dem trügerischen Strohhalm griff. Denn Graf Heribert II. hielt selbst nach der totalen Entmachtung des KAROLINGERS sein politisches Ziel, nämlich den Aufstieg seines Hauses zu einer der Mittelgewalten/regna des W-Fränkischen Reiches zu bewerkstelligen, zwar für nähergerückt, aber noch lange nicht erreicht, weswegen er sich neuen Ufern zuwandte - unter anderem den Reimser Kirchengütern - wobei er glaubte, den für ihn nun ungefährlichen Karl III. als politisches Faustpfand gegen seine Schwäger König Rudolf und Markgraf Hugo von Neustrien benützen zu können. Jedenfalls sandte Graf Heribert II. seinen nichtsahnenden Vetter Graf Bernhard von Senlis (+ nach 945) mit einer Verhandlungsdelegation zu König Karl III. und deutete seine Bereitschaft zum Parteiwechsel an. Der KAROLINGER, völlig am Ende mit seinen politischen Möglichkeiten, kam nach einem Sicherheitseide Graf Bernhards ohne große Eskorte, weswegen man ihn dennoch nicht pauschal "den Einfältigen" nennen sollte. Denn erstens war Graf Heribert II. ein früherer Verbündeter, dazu karolingischer Abkunft und mit anderen Interessen als König Rudolf versehen. So betrachtete war ein Absprung des HERIBERTINERS durchaus möglich, und, wie schon gesagt, die Handlungsweise Karls III. keineswegs a priori töricht. Jedenfalls traf sich der KAROLINGER Anfang August 923, zusammen mit Graf Bernhard von Senlis und der Gesandtschaft reisend, in Saint-Quentin mit Graf Heribert II., der ihn sofort von seiner Leibgarde trennte, ihn gefangennehmen und unter Bewachung im Turm seiner Festung Chateau-Thierry inhaftieren ließ. Die Begleitung wurde anschließend einfach weggeschickt. Karls III. Gattin Eadgyfu (+ nach 951) dagegen gelang mit ihrem Sohn Ludwig IV. (+ 954) gerade noch die Flucht nach England zu ihrem Vater, dem angelsächsischen König Edward dem Älteren (+ 924). Dieses hinterhältige Verhalten Graf Heriberts II. gegen seinen legitimen Oberlehnsherrn hinterließ ein starkes Echo in zahlreichen abendländischen Quellen. Zwar übten viele Chronisten Kritik an diesem Akt treuloser Hinterlist, doch keiner der westfränkischen Adligen war wirklich bereit, für den KAROLINGER einzustehen, den viele von ihnen ja schließlich selbst abgesetzt hatten! Schon die Zeitgenossen verglichen das Schicksal König Karls III. mit dem seines Ahnen KaiserLUDWIGS I. DES FROMMEN, der ähnliche Demütigungen erdulden mußte.
    Jedenfalls war der abgesetzte König Karl III. seit 923 in der Festung Chateau-Thierry inhaftiert und zwar nicht im Kerker, wie mancherorts übertreibend berichtet wird, sondern sicherlich in akzeptabler Umgebung, denn Garf Heribert wollte den KAROLINGERja nicht umbringen oder verschwinden lassen; der HERIBERTINER brauchte stattdessen einen lebenden Karl III., um mit dessen bloßer Existenz politischen Druck ausüben zu können.
    Der vorerst zufriedene HERIBERTINER behielt daher Karl III. weiter in Gefangenschaft, verlegte ihn aber nach einem Brand der Festung Chateau-Thierry im Sommer des jahres 924 in die neue heribertinische Hauptfestung Peronne, wo der KAROLINGER die nächsten Jahre verbrachte.
    Wichtiger wurde für Karl III. dagegen der sich abzeichnende Bruch zwischen Graf Heribert II. und König Rudolf infolge des Streitfalles um die Grafschaft Laon. Ende des Jahres 926 war nämlich Graf Rotger I. von Laon, ein getreuer Anhänger des BOSONIDEN, gestorben. Als König Rudolf Rotger II. (926-942), den königstreuen Sohn Rotgers I., zum Grafen einsetzte, brach Graf Heribert II. mit ihm und griff zu den Waffen. Zum äußersten entschlossen, griff Graf Heribert II. in dieser Situation auf den seit 4 Jahren inhaftierten KAROLINGER zurück. Er ließ Karl III. von der Burg Peronne nach Saint-Quentin bringen und dort erneut zum westfränkischen König proklamieren. Während König Rudolf vorerst im Herzogtum Burgund und in der Aquitania seine Positionen festigte, warb Graf Heribert II. in der Francia für den wiedereingesetzten KAROLINGER und griff erneut Laon an, wurde aber von den Söhnen des verstorbenen Grafen Rotger im Verein mit der energischen Königin Emma (+ 934) zurückgeschlagen. In dieser Situation wandte sich Graf Heribert II. an die letzten Verbündeten Karls III. in der Francia, die Normannen. Diese sahen sofort ihre Chance, kündigten ihren Frieden mit König Rudolf und eroberten das 925 verlorengegangene Eu zurück. Dort trafen sich schließlich Ende des Jaheres 927 Graf Rollo von Rouen (+ 928/31) und sein Sohn Wilhelm I. Langschwert (+ 942) mit Graf Heribert II. und dem KAROLINGER-König Karl III., wobei die Normannen dem KAROLINGER den Lehnseid leisteten und ein Bündnis mit Graf Heribert II. schlossen.
    Anfang des Jahres 928 kam es unter Vermittlung Markgraf Hugos zwischen Graf Heribert II. und König Rudolf an der Oise zu einer Unterredung, bei der ein Arrangement ausgehandelt wurde. Danach stellte der HERIBERTINER Geiseln und versprach auf einem königlichen Hoftag vor Ostern 928 zu erscheinen. Der BOSONIDE brachte dagegen bereits damals die Möglichkeit ins Spiel, Graf Heribert II. den Besitz von Laon für ein Fallenlassen Karls III. zu konzidieren. Doch wurde eine Entscheidung vorerst vertagt. Jedenfalls begab sich der HERIBERTINER mit Karl III. nach Reims, von wo aus er einen Brief an Papst Johannes X. (+ 928) richtete, der ihn schon seit Jahren bedrängte, den rechtmäßigen westfränkischen König freizuassen Graf Heribert II. stellte sich in diesem Schriftstück zynisch als den alleinigen Verteidiger des wahren westfränkischen Königs hin, den er nun wieder eingesetzt habe. Doch kam es in der Fastenzeit, das heißt im März/April des jahres 928, dann tatsächlich zu der verabredeten Begegnung zwischen Graf Heribert II. und König Rudolf. Der HERIBERTINER durfte anschließend Laon in Besitz nehmen, einen Erfolg, den er wiederum nur der städigen Drohung mit Karl III. verdankte. Doch Graf Heribert pokerte noch viel höher, indem er mit Markgraf Hugo von Neustrien zu Graf Rollo nach Rouen zog, wo es zu einem großen Fürsten-Treffen mit anderen westfränkischen Grafen und Bischöfen kam, deren Namen aber unbekannt geblieben sind. Die versammelten Großen der Francia erkannten den mitgeführten KAROLINGER Karl III. erneut als ihren legitimen westfränkischen König an und schlossen ein Bündnis. Der Normannen-Fürst Wilhelm I., Rollos Sohn, leistete dabei dem KAROLINGER wiederum als erster westfränkischer Aristokrat den Lehnseid. Damit stand Graf Heribert II. auf dem Höhepunkt seiner Macht; er übte die eindeutige Hegemonie über die Francia aus! Doch bald schon sollte sich dei Lage ändern. Noch im Jahre 928 kam es nämlich im Herzogtum Lothringen zu einem bedrohlichen Aufstand Graf Bosos (+ 935), eines Bruders König Rudolfs, und anderer Unzufriedener gegen die ostfränkisch-deutsche Herrschaft. Verhandlungen König HEINRICHS I. mit Graf Boso bewirkten schließlich eine Beruhigung der Situation und eine allgemeine Versöhnung, die aber für Graf Heribert II. negative Konsequenzen haben sollte. Denn als der HERIBERTINER mit seinem robertinischen Schwager Markgraf Hugo nach Maastricht kam, um bei König HEINRICH I. zugunsten König Karls III. zu intervenieren, lehnte dieser überraschenderweise ab.
    Daher nahm Graf Heribert II. als Pragmatiker einen politischen Kurswechsel vor, der ihn noch Ende des Jahres 928 wieder an König Rudolf heranbrachte. Gegen eine erneute Treueidleistung des HERIBERTINERS bestätigte ihm der BOSONIDE den Besitz von Laon und machte ihm Aussichten auf Apanagen für seine Söhne. Das Opfer dieses Friedens war natürlich der KAROLINGER Karl III., der nun in Reims tatsächlich erneut inhaftiert wurde. Nach einem Provence-Feldzug noch im Jahre 928 begaben sich sodann Graf Heribert II. und König Rudolf ebenfalls nach Reims, wo sich der BOSONIDE mit seinem ehemaligen obersten Lehsnherrn traf und dem KAROLINGER dabei für dessen Lebensunterhalt die königlichen Fisci Attigny und vielleicht auch Ponthion-sur-l'Ornain zuwies. Karl III. akzeptierte die "Geschenke" des nunmehrigen westfränkischen Königs, womit er faktisch stillschweigend und ohne Formalitäten abdankte. Für König Rudolf erbrachte dieser Akt politischer Klugheit die Anerkennung auch durch weitere aktive Anhänger des KAROLINGERS! König Karl III. allerdings hatte von diesem allgemeinen Friedensschluß persönlich wenig; es ist zwar unbekannt, welchen Status der KAROLINGER im Jahre 929 bei Graf Heribert II. genoß, doch dürfte der HERIBERTINER König Rudolfs Tat ignoriert und den KAROLINGER wieder in Peronne inhaftiert haben. Jedenfalls starb Karl III. "der Einfältige" nach 6-jähriger Gefangenschaft am 7. Oktober 929 auf der Burg Peronne in der Gewalt Graf Heriberts II. und wurde in der Kirche Saint-Fursy zu Peronne begraben.

    Konecny Silvia: Seite 145, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Deutlicher noch als bei ARNULF, hinter dessen Ehen eine heftig umstrittene Bündnispolitik des Adels stand, trat die Annäherung des königlichen Eheverhaltens an das des Adels im westfränkischen Reich zutage. Die Ehen Karls des Einfältigen unterschieden sich von denen ARNULFS allerdings insofern, als der westfränkische KAROLINGER auf eine Gesamtherrschaft in seinem Reich faktisch völlig verzichtete und eine feste Position in Lothringen anstrebte. Damit war eine Annäherung an die übrigen westfränkischen Principes gegeben. Karl der Einfältige wurde bei der Wahl seiner Ehepartnerinnen zumindest teilweise von dieser Politik bestimmt.
    Karl wurde als Vierzehnjähriger zum König gekrönt. Eine erste Verbindung ging er wohl unter der Ägide der FULCONEN ein, die seinen Herrschaftsanspruch vor allem unterstützt hatten. Auf Grund der politischen Entwicklung verlor jedoch die erste nicht näher bekannte Verbindung Karls des Einfältigen an Bedeutung, und jene Söhne, die ihr entstammten, blieben als Konkubinsöhne von einem Herrschaftsanspruch ausgeschaltet. Auch die FULCONEN förderten sie nicht, sondern unterstützten Ludwig den Überseeischen. Dieser hatte im Frankenreich keine mütterliche Verwandtschaft und eignete sich deshalb wohl besser zu einem Schattenkönig als selbst ein Kandidat aus den eigenen Reihen. Die Verbindung Karls des Einfältigen mit Friderun, die einem elsässischen Geschlecht entstammte (Richtig wohl eher sächsisches Geschlecht [IMMEDINGER]), sollte Karls Versuche unterstützen, sich im lothringischen Gebiet einen eigenen Herrschaftsbereich aufzubauen. Wie wichtig die Ehe mit Friderun war, wird an deren zahlreichen Anniversarien deutlich, die bezeugen, daß Karl die Bindungen zur Sippe seiner Gemahlin auch nach deren Tod pflegte. Friderun aber gebar keinen Sohn, und daher hatte Karl keine Möglichkeit, eine Fortsetzung seiner elsässischen Politik anzubahnen.
    Nach Frideruns Tod heiratete Karl die angelsächsische Prinzessin Eadgivu. Es handelt sich um eine der wenigen Ausländerehen in karolingischer Zeit. Die Verbindung sollte wohl ein Bündnis gegen die Normannen darstellen. Nach dem Tod ihres Gatten kehrte Eadgivu gemeinsam mit ihrem Sohn, Ludwig dem Überseeischen, nach England zurück. Ludwig wurde schließlich von den ROBERTINERN zurückberufen und zum König erhoben. Die Legitimitätsfrage stand bei seiner Herrschaftsübernahme nicht im Vordergrund. Zwar wird eine Krönung Eadgivus nicht erwähnt, der Krönungsbrauch ist jedoch bei den letzten westfränkischen KAROLINGERN so häufig bezeugt, daß diese durchaus anzunehmen ist. Überdies wurde Eadgivu auch Königin genannt. Möglicherweise dotierte Karl der Einfältige seine angelsächsische Gemahlin noch zusätzlich, wie dies im Falle Frideruns deutlich bezeugt ist. Von einer Sonderform der Ausländerehe, die sich rechtlich von der Vollehe unterschied, kann hier jedenfalls nicht mehr die Rede sein.

    13.4.907 1. oo Frederuna von Hamaland, Tochter des Grafen Dietrich, um 887 -10.2.917
    919 2. oo 1. Aethgiva (Eadgifu) von Wessex, Tochter des Königs Eduard I., 905-26.12.956
    ( 951 2. oo Heribert III. der Alte Graf von Soissons 910/15-29.1.993 )

    Kinder:
    1. Ehe
    - Irmintrud 908/09-
    oo Gottfried Pfalzgraf von Lothringen - 950
    - Frederuna
    - Adelheid
    - Gisela - 919
    912 oo Robert I. Herzog von der Normandie - 931
    - Rotrud
    - Hildegard

    2. Ehe
    - Ludwig IV. der Überseeische 10.9.920/21-10.9.954

    Illegitim
    - Arnulf
    - Drogo
    - Roriko Bischof von Laon (948-976) -20.12.976
    - Alpais

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite15,47-51,90 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 20,23,24-26,28,37,39 Anm. 1, 40,43,48,49,51,54 Anm. 61, 56,57 Anm.78,61,63,69,72,74 Anm.170,82,86,93,96, 118,169,170 - Bauer Dieter R./Histand Rudolf/ Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 175,283 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 11,20,27,35-39,42,49,54 - Black-Veldtrup Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 1995, Seite 103,104 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 105, 119,183,204,209,331,334,354,357,360,365,374,402 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 66,104,105,107,108,110-112,115 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 123,235,317,382-386,405,433-435,467-469,569-571,576,590,672 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 16,19-24,45, - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 8,13,19, 22-35,36-43,45,48,52,54,58 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 289,292,315 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 20,24,29,35,187,259, 271,273 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 68-70,75-102,145,155, 166 - Hlawitschka, Eduard: Herzog Giselbert von Lothringen und das Kloster Remiremont, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 377- 421 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 22,28,48,66,82,103-105,115-122,124,127-142,146-155,161-163,169,171-181,183,189,194-205, 212,214,216,218,227,231,235,240,247 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite16,19,43,48-51,59,74-77,96,108,110 - Illig Heribert: Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite 61,140, 264,334,344,366 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 145-146 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 249,254, 271,279,288-294,299,348,375,407,414 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 174,179,183,188,191,193-195,198-207,209,211,220 - Schmid Karl: Reich und Kirche vor dem Investiturstreit. Gerd Tellenabch zum 80. Geburtstag. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1985, Seite 4-5,7,12-13,55 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 72,74,79 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 80,85,92,95,105,115 - Schulze, Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 117,121,141,148-154,153 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 5-408 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996, Seite 54,58, 60,62,65 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 447,464-468,470,473,475-484,488,492,501,521 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 73,77,81 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 48,54,122,124 -



    Name:
    (der Einfältige im Sinne von: der Geradlinige)

    Begraben:
    Kirche St-Fursy

    Karl heiratete Frederuna am 13 Apr 907. Frederuna wurde geboren um 887; gestorben am 10 Feb 917. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 162. von Frankreich, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 908/909.
    2. 163. von Frankreich, Frederuna  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 164. von Frankreich, Adelheid  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 165. von Frankreich, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 919.
    5. 166. von Frankreich, Rotrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    6. 167. von Frankreich, Hildegard  Graphische Anzeige der Nachkommen

    Karl heiratete von Wessex, Aethgiva in 919. Aethgiva wurde geboren in 905; gestorben am 26 Dez 956. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 168. von Frankreich, Ludwig IV.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 920/921; gestorben am 10 Sep 954 in Sens [89100],Yonne,Burgund,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 169. Roriko  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 920; gestorben am 20 Dez 976; wurde beigesetzt in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.
    2. 170. Arnulf  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 171. Drogo  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 172. Alpais  Graphische Anzeige der Nachkommen

  28. 136.  von Franken, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Hasnon [59178],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Äbtissin von Hasnon

    Notizen:

    Ermentrud Äbtissin von Hasnon
    Tochter des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 38
    Zu Ermentrud, Hildegard und Gisla bemerkt Brandenburg IV, 38-40, man kenne sie als Töchter erster Ehe, nur aus Witgers Genealogie SS 9, 302. Doch wissen wir von Ermentrud, daß sie Äbtissin der Abtei Hasnon im Ostrevant (bei Douai) war, vgl. schon Voigt (1917) 40 und jetzt Tessier nr. 436.


  29. 137.  von Franken, Judith Graphische Anzeige der Nachkommen (108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 844; gestorben in 870.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Flandern,Belgien; Gräfin von Flandern
    • Titel/Amt/Status: Wessex,England; Königin von Wessex

    Notizen:

    Judith vom W-Frankenreich
    Königin von Wessex
    Gräfin von Flandern
    844 - 870
    Älteste Tochter des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 33
    Vgl. H. Sproemberg, Judith, Königin von England, Gräfin von Flandern, Rev. Belge d'Histoire et de Philologie 15 (1936).
    Judith vermählte sich nach dem Tode ihres 1. Gatten mit dessem Sohne. Die Geistlichkeit trennte jedoch bald das Paar und Judith lebte unter bischöflicher Aufsicht in Senlis, bis sie sich von Balduin von Flandern entführen ließ.

    Hlawitschka Eduard: Seite 226, "Lotharingien"

    Schon seine Prämisse, dass KARL DER KAHLE - gewarnt durch Lothars II. Beispiel - im eigenen Haus keinen ähnlichen Eheskandal herbeigeführt haben könne, erweist sich als nicht stichhaltig. Hat er doch gerade im Jahre 862, als Lothars II. Eheprozeß in vollstem Gange war, die dritte Ehe seiner Tochter Judith verhindern wollen, Judith sogar in heftiger Weise verfolgt und damit einen Skandal ausgelöst, nur da ihm ihr Erwählter, Graf Balduin von Flandern, nicht standesgemäß genug erschien. Dabei war diese Ehe, eingegangen von einer Witwe, die der väterlichen Zustimmung keineswegs mehr bedurfte, in keiner Weise anfechtbar. KARL wollte hier also gleichfalls eine andere Ehe, als die Tochter selbst wünschte, durchsetzen. Durch ihres Vaters Zorn und Hartnäckigkeit vertrieben, landeten Judith und Balduin bei Lothar II., schließlich bei Papst Nikolaus, der Ende 863 KARLS DES KAHLEN Zustimmung zu der Ehe zu erwirken wusste; eine Ausstattung Balduins zögerte KARL DER KAHLE jedoch noch über 866 hinaus.

    Konecny Silvia: Seite 154-155, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    In ähnlicher Weise verstimmt wie LOTHAR zeigte sich einige Jahre später KARL DER KAHLE als seine Tochter Judith von einem Adeligen seines Reiches entführt wurde, und das flüchtige Paar Aufnahme und Schutz bei Lothar II. fand. Daß auch sein Sohn Ludwig der Stammler von dieser Ehe gewußt hatte, mochte die Erregung des Herrschers noch gesteigert haben. Als schließlich sogar der Papst sich für den Entführer einsetzte, erkannte KARL DER KAHLE die Ehe seiner Tochter letztlich doch an. Sein Schwiegersohn Balduin aber war wenig später Graf von Flandern.
    KARL DER KAHLE verheiratete 856 als erster karolingischer Herrscher seine Tochter Judith mit einem ausländischen Fürsten, nämlich dem angelsächsischen König Aetehlwulf. Zu diesem Zeitpunkt setzten die Angriffe der Normannen an der westfränkischen Küste ein, denen Aetehlwulf in England 851 eine schwere Niederlage bereitet hatte. Die Ehe seiner Tochter Judith mit dem Normannenbesieger Aethelwulf könnte für KARL DEN KAHLEN einen Prestigegewinn bedeutet haben. Aethelwulf mag die Ehe angestrebt haben, weil die Verbindung mit einer KAROLINGERIN seinen universalen Anspruch gegenüber dem angelsächsischen Adel unterstützen konnte. Aethelwulf kehrte 856 von einer Pilgerfahrt nach Rom in sein Reich zurück. Seine Reise dürfte in enger Beziehung zu seiner Landespolitik gestanden sein. Aus Gründen, wie sie hier vorgelegen sein mögen, waren in der KAROLINGER-Zeit öfter Verlobungen mit Ausländern geschlossen worden, nie jedoch hatte man ein derartiges Projekt bisher realisiert. Auch KARL DER KAHLE dachte ursprünglich vielleicht nicht an die Verwirklichung des Eheprojektes, worauf der relativ lange Zeitraum, der zwischen der Verlobung und der Hochzeit Judiths und Aethelwulfs lag, hindeuten könnte. Anscheinend bestand jedoch der angelsächsische König auf der Ehe und traf Vorkehrungen für die Sicherheit Judiths im angelsächsischen Reich. Die Hochzeit fand am 1. Oktober 856 in Verberie statt. Während einer prächtigen Zeremonie wurde Judith gekrönt und zur Königin erhoben. Im angelsächsischen Reich wurde Judith zu Lebzeiten Aethelwulfs als Königin geachtet, was ja auch der Absicht dieses Eheschlusses entsprach. Darüberhinaus dürfte sich Judith auch an der Herrschaft Aethelwulfs sehr stark beteiligt haben, sodaß Aetehlbald, ein Sohn des Königs, nach dessen Tod die Einheirat bei der Stiefmutter für günstig hielt. Dies lief jedoch den Interssen vieler entgegen und stieß wohl vor allem auch bei der angelsächssichen Geistlichkeit, die die Ehe erst vermutlich gefördert hatte, auf Widerstand. Nach dem Tod ihres zweiten Gatten verließ Judith England. Sie lebte im Frankenreich zunächst neuerlich unter der Munt des Vaters und wurde schließlich von Balduin entführt..

    Ennen, Edith: Seite 60-63, "Frauen im Mittelalter"

    Noch in einen anderen, nicht ganz so bekannten Ehestreit hat Papst Nikolaus I. Partei ergriffen. Hier begegnet uns im schweren und glanzvollen Leben der karolingischen Prinzessin Judith, Königin von England und Gräfin von Flandern, ein Frauenschicksal, das die Realität der fränkischen Spätzeit spiegelt, den Widerstreit zwischen den Normen und den harten Forderungen der Politik, aber auch den Sieg treuer Gattenliebe und die Bedeutung ehelicher Verbindungen für die Stellung einer Dynastie und die kulturelle Entfaltung einer Landschaft. Wir verdanken Heinrich Sproemberg die wissenschaftliche Biographie der Judith.
    Sie war eine Tochter des westfränkischen Herrschers KARLS DES KAHLEN und wird erst anläßlich ihrer Verlobung erwähnt. Diese Verlobung mit Ethelwulf, Oberkönig der Angelsachsen, im Juli 856 war eine Haupt- und Staatsaktion. Ethelwulf war damals mindestens 50 Jahre alt, aber offensichtlich noch recht rüstig, er war Vater eines eben erst 6-jährigen Sohnes und besiegte die Normannen 851 in der Schlacht bei Ockley. Judith war 12 bis 13 Jahre alt, besaß damit gerade das kanonische Mindestalter für Frauen. Eine Erschwerung bei dem Ehebündnis war von Anfang an, daß Ethelwulf aus erster Ehe eine Schar von Söhnen besaß, deren ältester, Ethelbald, als sein Stellvertreter schon Regent in England war. Die zweite Heirat Ethelwulfs mit Judith hatte politische Hintergründe. KARL DEM KAHLEN gab die Freundschaft und verwandtschaftliche Verbindung mit dem angelsächsischen Oberkönig erwünschte Gelegenheit, sich gegenüber den fränkischen Nachbarkönigen und seinen eigenen Vasallen zu profilieren. Zwistigkeiten mit dem Bruder, Ludwig dem Deutschen, und der Ansturm der Normannen machten ihm zu schaffen. Seine Familie rücksichtslos seinen politischen Interessen dienstbar zu machen, war ihm selbstverständlich. Für Ethelwulf, der das vom Vater ererbte Oberkönigtum der Westsachsen gegenüber den Teilreichen behaupten mußte, bedeutete die eheliche Verbindung mit einer Urenkelin KARLS DES GROSSEN einen klaren Gewinn für sein Ansehen. Die Hochzeit wurde mit großer Pracht in Verberie an der Oise bei der Pfalz Senlis gefeiert unter Mitwirkung des Erzbischofs Hinkmar von Reims. Bei der Eheschließung wurde Judith nach fränkischem Brauch zur Königin der Westsachsen gekrönt. Die erhaltene lateinische Krönungspredigt Hinkmars belehrte Judith über ihre Pflichten als Frau und Herrscherin. Darauf folgte die Übergabe des Ringes, die besondere Formel zur Krönung und die Einsegnung der Königin. Dem glanzvollen Auftakt entsprach aber nicht der Empfang in England, wo sich Ethelwulf einer Verschwörung Ethelbalds mit den angelsächsischen Großen gegenübersah, der wohl die Sorge vor einer stärkeren Betonung der Königsgewalt nach karolingischem Muster zugrundelag. Es kam zu einer Reichsteilung. In seinem Testament sprach Ethelwulf seinem Sohn Ethelbald das Oberkönigtum und die Obergewalt über das ganze Reich zu. Judith, deren Königtum anerkannt wurde, kommt in diesem Testament nicht vor, sie war aber von ihrem Gatten mit bedeutendem Besitz in England bewidmet worden.
    Schon 855 starb Ethelwulf. Ethelbald ergriff die Regierung - und heiratete Judith. Diese Heirat zwischen Stiefmutter und Stiefsohn widersprach den kirchlichen Vorschriften und der weltlichen Gesetzgebung. Aber offenbar hat der westfränkische Hof aus politischen Gründen diese Ehe anerkannt, und die Kirche hat sie toleriert; älterer angelsächsischer Brauch hat sich dabei durchgesetzt. Die Initiative zur Eheschließung lag bei Ethelbald. Aber zweieinhalb Jahre nach der Hochzeit - 860 - starb auch er. Die kinderlose Witwe Judith kehrte nach Veräußerung ihres englischen Besitzes in Ehren nach Frankreich zurück. Sie wurde in der festen Stadt Senlis unter väterlichem und königlichen Schutz und Bewachung durch den Bischof samt ihrer Schatz verwahrt. Ihr blieb nur die Wahl, hier in strenger Haft zu leben oder einen Mann nach dem Befehl ihres Vaters anzunehmen.
    Nach zwei freudlosen Jahren nahte im Frühjahr 862 die Rettung: Es gelang ihr mit Ritter Balduin, der ihre Liebe gewonnen hatte, verkleidet in Nacht und Nebel aus Senlis zu entfliehen. Balduins Herkunft ist umstritten; so viel ist wohl sicher: Ein ebenbürtiger Partner für eine karolingische Prinzessin war er nicht. Allerdings war der Mangel an Königshäusern germanischen Geblüts schon immer eine Schwierigkeit für dei Verheiratung der karolingischen Prinzessinnen; deshalb hat man nicht unbedingt auf Ehepartnern aus der hohen Aristokratie bestanden. Aber diese Ehe Judiths paßte keineswegs in das politische Kalkül ihres Vaters. Vielleicht hatte Balduin im Gefolge von Judiths Bruder Ludwig den Zugang zu Judith gefunden; Ludwig stimmte der Heirat seiner Schwester mit Balduin zu. Die beiden jungen, aber schon mit dem Königstitel geschmückten Brüder Judiths, Ludwig der Stammler und Karl von Aquitanien, schlossen Ehe, die der Vater nicht anerkennen wollte. Die dritte Ehe Judiths besaß einen politischen Hintergrund: den Aufstand der Söhne und Großen gegen den autoritären KARL DEN KAHLEN. Diesmal aber hatte Judith aus Liebe geheiratet. Der wohl schon vorgewarnte königliche Vater sprengte durch seinen eiligen Marsch nach Senlis die Verschworenen auseinander, es gelang ihm aber nicht, das junge Paar zu ergreifen. Er berief ein Hofgericht, das Balduin wegen Frauenraubes - obwohl feststand, daß Judith ihm freiwillig gefolgt war - und Untreue verurteilte; Balduins Lehen wurden eingezogen. KARL rief auch die Kirche an; die am Hof weilenden Bischöfe exkommunizierten unter Anführung Hinkmars Balduin und Judith. Damit verfielen auch Judiths Ansprüche an das in Senlis deponierte englische Gold., Hinkmars unversöhnliche Feindseligkeit gegen das junge Paar entsprach seiner scharfen Verurteilung jeglichen Frauenraubes. Balduin und Judith flohen zunächst an den Hof des lothringischen Herrschers Lothar II., der die Schicksalsgenossen gerne aufnahm. Wahrscheinlich wurden sie hier getraut. KARL DER KAHLE forderte ihre Auslieferung. Balduin wußte, daß er mit seiner jungen Frau am Hof Lothars auf die Dauer nicht sicher war und tat einen kühnen Schachzug: Er floh mit Judith über die Alpen zur Kurie und appellierte an den Papst, "er vertraue mehr auf die Hilfe der Apostel Petrus und Paulus als auf den Schutz der Könige dieser Erde. Die Rechtslage war verwickelt. Die kirchenrechtliche Verurteilung Balduins setzte die gewaltsame Entführung voraus, von einer solchen war aber keine Rede. Nach fränkischem Recht unterstand Judith als Witwe nicht mehr der Muntgewalt des Vaters. Diese Frage war vom kirchlichen Standpunkt aus, der im Konsens der Brautleute den rechtskonstitutiven Akt der Ehe sah, nicht ausschlaggebend, wenn auch Judiths dritte Ehe keine dotierte Muntehe war. Aber Balduin hatte den Königsschutz gebrochen, unter dem Judith stand, und das Recht seines Lehsnherrn verletzt.
    Der Papst ging sehr vorsichtig vor. Politisch spielte seine Auseinandersetzung mit Hinkmar über die Grenzen der päpstlichen und erzbischöflichen Gewalt eine Rolle. Er nahm die Appellation Balduins an. Daß Judith sich vor ihm rückhaltlos für Balduin erklärte, hat sein Verhalten mitbestimmt. In einem Brief an KARL DEN KAHLEN betont er, daß Judith ihm mit eigenem Mund gesagt habe, daß sie Balduin über alles liebe und ihm freiwillig gefolgt sei. Er bat den König, Balduin zu verzeihen und ihn in Ganden wieder aufzunehmen, er fürchte, Balduin könne sich sonst mit den Normannen verbinden. Im Brief an die königliche Mutter Judiths betont er Balduins Schuld und reumütiges Bekenntnis. Er sieht sich als Vermittler in einem Familienkonflikt.
    Sene Rechtsauffassung geht aus einem Brief hervor, den er an KARL wegen der ebenfalls ohne väterliche Erlaubnis geschlossenen Heirat seines jüngeren Sohnes Karls von Aquitanien richtete. Er tadelte die Ehe wider den Willen des Vaters, lehnt es aber ausdrücklich ab, aus diesem Grund die Ehe aufzulösen. Der Fall Balduins lag ähnlich. Die Bischöfe bat er, beim König Fürsprache für Balduin einzulegen. Hinkmar willfahrte dieser Bitte nicht; ihm ist es zuzuschreiben, daß der König erst im Oktober 863 Judith vor sich kommen ließ, und zwar in Verbrie, wo ihre erste Hochzeit stattgefunden hatte. Balduin forderte unter Berufung auf den Papst sofortige Vornahme der offiziellen Eheschließung, die dann auch in Auxerre vorgenommen wurde. Aber noch drei Jahre nach der Hochzeit war Balduin vom König nicht ausgestattet worden. Der Papst mahnt den König, auch hierin das Seinige zu tun. Das Stichwort "dos" fällt zwar nicht, schließlich gehörte zur Verzeihung auch die Restituierung Balduins in seine Lehen, aber der Gedanke der Dosbestellung dürfte mit im Spiel gewesen sein. Der zähen Energie Balduins gelang es schließich, auch die Bewidmung mit Flandern zu erreichen.
    Über Judith hören wir nichts mehr. Sie hatte ihr Lebensglück gefunden. Ihre königliche Abkunft und ihre reiche Mitgift stärkten die Stellung ihres Gatten, dem auf diesem gefährdeten Außenüposten des westfränkischen Reiches in einem von Wasser und Wald beherrschten Gebiet, das der politischen Ordnung entbehrte, eine schwere Aufgabe gestellt war. Judiths enger Verbindung zum westfränkischen Hof war es auch zuzuschreiben, daß in diesem östlichsten Gebieten W-Frankens die karolingische Kultur eine dauernde und tiefe Wirkung gewann. Sie schenkte Balduin zwei Söhne, Balduin II., Nachfolger seines Vaters, und Rudolf, Graf von Cambrai. Bis 1127 blühte die flandrische Dynastie, deren Stammutter Judith war.

    1.10.856 1. oo Aethelwulf König von Wessex um 800 - 858
    858 2. oo Aethelbald, Sohn Aethelwulfs - 860
    862 3. oo Balduin I. Graf von Flandern - 879

    Kinder:
    3. Ehe
    - Balduin II. der Kahle 863-10.9.918
    - Rudolf Graf von Cambrai 865-17.6.896

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 396,478,484,505, 534,543 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 18 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 60-63,73,75,83,100,235,238 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 226,238 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 136,152,154,155 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, Seite 272 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 230,235 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,159,224 -

    Judith heiratete von Wessex, Aethelwulf am 1 Okt 856. Aethelwulf wurde geboren um 800; gestorben in 858. [Familienblatt] [Familientafel]

    Judith heiratete von Wessex, Aethelbald in 858. Aethelbald gestorben in 860. [Familienblatt] [Familientafel]

    Judith heiratete von Flandern, Balduin I. in 862. Balduin gestorben in 879. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 173. von Flandern, Balduin II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 863; gestorben am 10 Sep 918.
    2. 174. von Flandern, Rudolf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 865; gestorben am 17 Jun 896.

  30. 138.  von Frankreich, Ludwig II.von Frankreich, Ludwig II. Graphische Anzeige der Nachkommen (108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 1 Nov 846; gestorben am 10 Apr 879 in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Compiegne [60200],Oise,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 877-879, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig II. der Stammler
    König von Frankreich (877-879)
    1.11.846-10.4.879 Compiegne Begraben: Compiegne, S. Marien

    Ältester Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2172, Ludwig II. der Stammler, westfränkischer König

    * 1. November 846?, + 10. April 879 Compiegne Begraben: Compiegne, S. Marien
    Sohn KARLS DES KAHLEN

    856 mit einer Tochter Erispoes verlobt und in Neustrien, 867 nach dem Tod Karls des Kinds in Aquitanien als Unterkönig eingesetzt, wurde Ludwig II. der Stammler erst spät (Reimser Hoftag vermutlich 876) vom Vater als Erbe gefördert. Die 877 im Capitulare von Quierzy vor dem zweiten Italienzug KARLS festgelegten Regelungen einer Regierung Ludwigs II. gemeinsam mit dem Adel seiner Umgebung erwies sich bei KARLS Tod als wenig tragfähig. Erst energischer Widerstand der primores regni unter Führung der Äbte Gauzlin und Hugo gegen Ludwigs Vergabe von Grafschaften und Abteien und der Ausgleich mit RORGONIDEN und WELFEN ebneten den Weg für Ludwigs Krönung am 8. Dezember 877 in Compiegne durch Erzbischof Hinkmar von Reims. Das dabei errichtete Vertragsverhältnis (Kommendation des Adels, professio des Königs) und die Formen von Krönung und Weihe prägten die westfränkisch-französischen Herrschererhebung.
    Wegen wiederholter Krankheitsschübe kaum regierungsfähig, blieb Ludwig II. der Stammler auf den Konsens adliger Gruppen angewiesen. Papst Johannes VIII. erkannte Ludwigs mangelnde Idoneität für die Nachfolge im Kaisertum, sicherte aber die königliche Positiion durch eine Befestigungskrönung am 7. September 878 in Troyes; Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit von Ludwigs zweiter Ehe mit Adelheid verhinderten die Krönung der Königin. Im November 878 suchte Ludwig II. der Stammler den Ausgleich mit seinem ostfränkischen Vetter, Ludwig dem Jüngeren, über die Teilung Lotharingiens, Italiens und des burgundisch-provencalischen Raums (Treffen in Fouron); schwer erkrankt, designierte Ludwig II. der Stammler noch seinen Sohn Ludwig III. Die Entscheidung von Adel und Episkopat, die Legitimität der beiden Söhne aus erster Ehe mit Ansgard, Ludwigs III. und Karlmanns, anzuerkennen, erlaubte deren Herrschafstfolge und eine Reichsteilung, verstellte aber vorerst die Herrschaftsansprüche des als Postumus geborenen Karl aus zweiter Ehe.

    Quellen:
    Recueil des actes de L. II de Begue, Louis III et Carlomann II, rois de France, ed. R.-H. Bauthier u.a., 1978 -

    Literatur:
    P. E. Schramm, Der Kg. v. Frankreich, I, 1960², 53ff. - J. Fried, Boso von Vienne oder L.? Der Ks.kandidat Johannes VIII., DA 32, 1976, 193-208 - K.F. Werner, Hist. de France, I, 1984, 417f. - W. Kienast, Die frk. Vasallität, 1960, 414ff. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 34
    Brandenburg gibt das Geburtsjahr Ludwigs des Stammlers; wir kennen aber auch Tag und Monat aus einer Urkunde des Königs, HF 9,404, vgl. Eiten 178, Anm. 4. Zum Antritt des Königtums in Neustrien im Februar 856 vgl. Tessier nr. 182. Zur gleichzeitigen Verlobung mit der Tochter des Bretonen-Herzogs Erispoe und seiner Gattin Marmohec Tessier nr. 181.
    Vgl. zu Ludwig im übrigen Eiten 177-188, Werner, Untersuchungen 154ff. und die Ann. Bertin. Zu beachten ist die Krönung durch Papst Johannes VIII. auf dem Konzil von Troyes 878 IX 7, vgl. P. E. Schramm, Arch. f. Urk.forsch. 15 (1938), 16. Das bisher unbekannte Todesdatum der Ansgard überliefert ein zwischen 1400 und 1414 geschriebenes Necrologium aus ND de Reims, Vat. Ottob. lat. 2960, dort fol. 129 zu IV. Non. Nov. = XI 2: Ansgardis regina. (Aufschlußreich das regina, lange nach der Trennung ihrer Ehe mit Ludwig.
    Zur Familie der Ansgard Werner a.a.O.). Adelheid, die zweite Gattin, 901 XI 9 noch Intervenientin in einem D ihres Sohnes Karl III. (Lauer nr. 41), starb an einem 18. November. Auch dieses bisher unbekannte Datum fand ich in einer Handschrift der Vaticana, ein Nekrolog-Fragment Reg. lat. 863, fol. 32, dort zu XI 18 Adelaidis regina. Es ist sehr wohl möglich, daß schon der 18. November 901 der Todestag ist, denn die vorher recht häufigen Intervenienzen brechen plötzlich ab.
    Zum Datum der Ehe Adelheids vgl. C. Brühl, Hinkmariana, Deutsches Archiv 20 (1964), 55ff. und hier Exkurs 2, wo zugleich Adelheids Herkunft untersucht wird.
    Ludwig rebellierte mehrmals und erhielt 856 Neustrien (Soissons und Maine) und wurde von der Bretagne unterstützt. 866/67 zum König von Aquitanien erhoben, wurde er Exponent der aquitanischen Unabhängigkeitspartei. 877 in Compiegne zum König von Frankreich erhoben, mußte er der Kirche und den weltlichen Großen die Wahrung ihrer Rechte versprechen. Den weltlichen Großen gegenüber ohnmächtig, suchte er Anlehnung bei der Kirche, deren Einfluß immer größer wurde. Sein schneller Tod und der seiner Söhne, die außerdem minderjährig folgten, förderte entscheidend den Verfall der königlichen Macht, die Feudalisierungstendenz im ganzen Land und die Entwicklung zum Wahlkönigtum.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Der mit einem Sprachfehler behaftete älteste Sohn KARLS II. DES KAHLEN wurde 856 mit einer Tochter des Bretonen-Führers Erispoe verlobt und wurde mit einem Unterkönigtum im angrenzenden Neustrien ausgestattet. Im Jahre 862 ehelichte er unter dem Einfluß der aufständischen RORGONIDEN Ansgard, die Tochter des Grafen Harduin, wurde aber von Robert dem Tapferen bezwungen und von KARL DEM KAHLEN in die Grafschaft Meaux eingewiesen, doch hatte er zuvor auch noch eine wesentliche Rolle dabei gespielt, dass sich seine Schwester Judith, die bereits zwei kurze Ehen mit angelsächsischen Königen hinter sich hatte, durch den Grafen Balduin I. von Flandern entführen ließ, womit sich der Vater nur höchst widerwillig abfand. Im Jahre 867 vertraute ihm sein Vater das vakante aquitanische Regnum an. Im Mittelpunkt der Kapitulartien von Quierzy vom Juni 877 steht jedoch die Einsetzung Ludwigs des Stammlers zum Regenten unter Bedingungen, die von massivem "Mißtrauen des Vaters gegen den einzig möglichen Thronerben" (C. Brühl) diktiert scheinen. So wie KARL 872 den längst erwachsenen Sohn in seinem aquitanischen Regnum unter die Kuratel des Grafen Bernhard (Plantapilosa) von Autun, Sohn des einst hingerichteten Bernhard von Septimanien, ferner des gleichnamigen Grafen von Gothien sowie Bosos von Vienne gestellt hatte, unterwarf er auch jetzt Ludwigs Verfügungsgewalt und Bewegungsfreiheit allerhand einschränkenden Bestimmungen, hinter denen das Sicherheitsbedürfnis der tonangebenden Hofkreise um Hugo den Abt und den Erzkanzler Gauzlin zu erkennen. Dazu kam die Abneigung der Kaiserin Richilde, die nach zwei im Säuglingsalter verstorbenen Söhnen weiterhin KARL einen Erben und damit eine dynastische Alternative zu Ludwig hoffte schenken zu können. Falls die Darstellung des Chronisten Regino zutrifft, Ludwig sei von seinem Vater zur Lösung der (von diesem seit jeher mißbilligten) Ehe mit Ansgard und zur Neuvermählung mit jener Adelheid veranlaßt worden, die seit 878 an seiner Seite bezeugt ist, dürfte dies am ehesten um diese Zeit geschehen sein, da Adelheids Vater, der Pfalzgraf Adalhard, ein Urenkel LUDWIGS DES FROMMEN (über dessen Tochter Alpais), gerade in dem Interimsregiment von 877 an führender Stelle erscheint.
    Nach dem Tode seines Vaters in Italien führte zwar kein Weg an KARLS DES KAHLEN einzig überlebendem Sohn Ludwig dem Stammler vorbei, doch begegnete der 31-jährige Thronerbe wie zuletzt beim Vater, so auch in den führenden Hofkreisen um seine Stiefmutter Richilde, den Erzkanzler Gauzlin und den Pfalzgrafen Adalhard massiven Vorbehalten, die in seiner körperlichen Behinderung und mehr noch in seinem von Jugend an glücklosen politischen Agieren begründet waren. Den Versuch Ludwigs, sich im Herbst 877 durch rasche Neuvergabe großer Lehen einen zuverlässigem Anhang zu schaffen, wußten seine mächtigen Gegner sogleich zu vereiteln. Sie gedachten den künftigen König, wenn er denn unvermeidlich war, offenbar dauerhaft unter jener Kuratel zu halten, die KARL DER KAHLE im Sommer beim Abgang nach Italien verordnet hatte, und sahen dafür eine gute Gewähr in Ludwigs Ehe mit Adelheid, Adalhards Tochter, die spätestens jetzt, nach Trennung von der bisherigen Gattin Ansgard, geschlossen wurde und den heranwachsenden Söhnen Ludwig und Karlmann im nachhinein die Vollbürtigkeit nahm. Erst als Ergebnis längerer Verhandlungen kam es zur Übergabe der Insignien und am 8.12.877 zur Weihe und Krönung Ludwigs in Compiegne, die noch einmal Hinkmar vornahm. Aus diesem Anlaß entwickelte der Erzbischof das unter KARL DEM KAHLEN mehrfach erprobte, "Gottes Erbarmen und die Wahl des Volkes" betonende Zeremoniell derart fort, wie es dann für die gesamte weitere Geschichte des französischen Königtums verbindlich blieb, doch verfehlte er die gegebene Situation mit seiner gleichzeitigen Denkschrift an Ludwig, worin er ein kraftvolles Eingreifen gegen die Normannen bei tunlichster Schonung der Besitzungen von Kirche und Adel verlangte. In Wahrheit kam der neue König kaum zur Entfaltung, denn bereits auf einem Feldzug, den er im Frühsommer 878 im Schlepptau Hugos des Abtes gegen die Normannen an der unteren Loire und zugleich gegen Hugos Widersacher aus dem RORGONIDEN-Haus unternahm, erkrankte Ludwig lebensgefährlich und mußte es hinnehmen, dass sich Markgraf Bernhard von Gothien, ein enger Verwandter der Angegriffenen, mit weiter Resonanz im S gegen ihn erhob, während im N Unsicherheit über das Verhalten der ostfränkischen Vettern bestand.
    Dazu kam die gespannte Lage in Italien und die Erwartungen, die der Papst in seiner Bedrängnis durch Sarazenen, innerrömische Gegner sowie die Markgrafen Lambert von Spoleto und Adalbert von Tuszien trotz allem in den Erben KARLS DES KAHLEN setzte. Johannes VIII. floh im Mai 878 über See in die Provence, wo er von Graf Boso von Vienne, dem Schwiegersohn Kaiser LUDWIGS II. und Bruder der Königin Richilde, ehrenvoll empfangen wurde, und ließ sich von ihm weiter in die Francia geleiten mit dem Ziel, dort auf einer großen Synode unter Beteiligung aller KAROLINGER selber neuen Rückhalt zu gewinnen und die bedrohte Stabilität von Reich und Kirche zu festigen, doch erschienen auf der Versammlung, die im August und September in Troyes stattfand, nur die westfränkischen Bischöfe und deren eben wieder genesener König. Ludwig der Stammler erlangte vom Papst eine weitere, bestätigende Krönung, die freilich seiner zweiten Gattin Adelheid wegen des unkanonischen Charakters ihrer Ehe versagt blieb, setzte auch eine Verurteilung seiner politischen Gegner durch - neben Bernhards von Gothien und Hugos, des unglücklichen Friedelsohnes Lothars II. mit Waldrada, der nun in der Maasgegend von sich reden machte - blieb aber zurückhaltend gegenüber dem Angebot Johannes' VIII., das faktisch herrenlose Italien in Besitz zu nehmen und in Rom zur Kaiserwürde aufzusteigen. Anders als vordem Pippinund KARL DER GROSSE, deren Versprechungen an die römische Kirche der Papst beschwörend in Troyes verlesen ließ, war dieser späte Nachfahre unter dem Druck näherliegender Gefahren und familiärer Rivalen kaum mehr imstande, eine Politik großen Stils ins Auge zu fassen. Im Schutz Bosos, den Johannes VIII. adoptiert hatte, und der in Italien vielleicht eine ähnliche Platzhalterrolle wie 876 für KARL übernehmen sollte, trat der Papst die Heimreise an, auf der ihn Boso jedoch in Pavia wieder verließ.
    Sofern Ludwig der Stammler ernstlich eine Wiederaufnahme der Kaiserpolitik seines Vaters vorschwebte, hätte er einen Grund mehr gehabt, sich den Rücken frei zu halten durch eine Übereinkunft mit den O-Franken, bei denen Ludwig der Jüngere mittlerweile die anteiligen Rechte des schwer kranken Bruders Karlmann an der O-Hälfte Lotharingiens übernommen hatte. Er war daher der Partner, mit dem sich der westfränkische König am 1./2.11.879 in Fouron, im alten Kerngebiet zwischen Lüttich und Aachen, traf, um bei prinzipiellem Vorbehalt seiner Optionen in Italien gegenseitige Freundschaft und Hilfe zu vereinbaren, die Teilungsgrenze von Meersen (870) zu bekräftigen und gegebenenfalls die unbehinderte Sukzession der jeweiligen Söhne zuzusichern, nämlich auf ostfränkischer Seite eines erst im Vorjahr geborenen kleinen Ludwig, auf Seiten desStammlers ausdrücklich Ludwigs und Karlmanns, der Söhne der verstoßenen Ansgard, "und weiterer, die Gottes Güte schenken werde". Das hier anklingende Zukunftsproblem sollte schneller akut werden als gedacht, denn schon im folgenden Frühjahr erkrankte Ludwig der Stammler während einer Strafexpedition gegen Bernhard von Gothien erneut und starb am 10.4.879 in Compiegne, wohin er zurückgebracht worden war und wo er nun sein Grab fand.
    Der Tod des Königs, der seine Witwe Adelheid schwanger zurückließ, stürzte das W-Reich in eine tiefe Krise. Dass man die Niederkunft nicht abwartete, aber auch nicht im Sinne der jüngsten Abmachungen die Nachfolge der vorhandenen Söhne reibungslos vonstatten gehen ließ, lag an den Zerwürfnissen unter den Großen, die durch Ludwigs schwankende Haltung ihnen gegenüber genährt worden waren und jetzt zur Entladung kamen. Dem Erzkanzler Gauzlin, einem RORGONIDEN, der sich beim Thronwechsel von 877 zu seinen übrigen Abteien auch Saint-Denis verschafft und den König noch maßgeblich in Fouron beraten hatte, wurde Anfang 879 das Hofamt entzogen, als sein welfischer Gegenspieler, Hugo der Abt mit Machtbasis in Neustrien, bei Ludwig zu beherrschendem Einfluß gelangt war. Zusammen mit anderen Magnaten, darunter Boso von Vienne, war es Hugo, der den todkranken König dazu bestimmte, allein den ältesten Sohn Ansgards, den höchstens 16-jährigen Ludwig III., durch Zusendung der Insignien als nächsten König vorzusehen, was der tonangebenden Gruppe auch weiterhin eine ungeschmälerte Präponderanz sichern sollte.

    Konecny Silvia: Seite 142, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Auf eine Ehe Ludwigs des Stammlers reagierte KARL DER KAHLE weniger heftig als auf jene Karls von Aquitanien. Auch der älteste Sohn des Herrschers ging gegen den Willen des Vaters oder zumindest ohne dessen Zustimmung eine Ehe mit Ansgard ein.
    Diese entstammte dem Geschlecht der ROBERTINER, mit denen sich KARL DER KAHLE wohl arrangieren mußte. Erst Jahre später zog er den Sohn wieder ganz auf seine Seite, indem er dessen Ehe mit Adelheid veranlaßte, die wie Ermengard dem Geschlecht der ADALHARDE entstammte. Als deren Vorherrschaft im westfränkischen Reich von jener der BOSONEN abgelöst worden war, wurde die Legitimität aller Nachkommen Ludwigs des Stammlers mit dem Hinweis auf die Unrechtmäßigkeit seiner beiden Eheverbindungen bestriiten. Angriffe dieser Art trugen wohl dazu bei, daß der Krönungsordo der westfränkischen Königin gerade unter Ludwig dem Stammler volle Ausbildung fand. Ihm kam wohl eine propagandistische Funktion zu. Adelheid verstand es trotz der Zweifel an der Rechtmäßigkeit ihrer königlichen Stellung glänzend, die Interessen ihres Sohnes, Karls des Einfältigen, zu wahren, an dessen Königserhebung im Jahre 893 sie wesentlichen Anteil hatte. Insofern ist Adelheid durchaus dem Typus der politisch aktiven Königswitwe zuzurechnen. Ihre Bemühungen für Karl den Einfältigen sind durchaus einer verwandtschaftlichen Regierung vergleichbar, zumindest was den Grad faktischer Machtausübung und diplomatischen Geschickes betrifft.

    862 1. oo Ansgard von Burgund, Tochter des Grafen Harduin - 2.11.879
    875 2. oo Adelheid, Tochter des Grafen Adalhard von Paris 855/60-9.11.901

    Kinder:
    1. Ehe
    - Ludwig III. 863/65-5.8.882
    - Karlmann 866-12.12.884
    - Gisela - 884
    oo Robert Graf von Troyes - 886
    - Hildegard

    2. Ehe
    - Karl III. der Einfältige 17.9.879-7.10.929
    - Ermentrud
    oo ? Reginar I. Langhals - 915

    Literatur:
    Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 358,359 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 48,66,67,104 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 392,402,428,464,470,479,480,483,507,597,758,797,825; Band II Seite 115,128,133,138,144-147,151-155, 162,182,199-201,206 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 16f - Ehlers Joachim/ Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 16,19,23 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 61,255,287 - Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 54,68,70,92,116,138,146,154,168,171 - Hlawitschka, Eduard: Die Widonen im Dukat von Spoleto, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 155-227 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 20-23,27-29,32,34,61,85,89-91,121, 129,177,195,208,217,221-237,239,244 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 230,234,244,249,252,254,259,272,356 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,154,158,168,171-174,176,178,181,183,188,191,203, 212,224 - Schmid, Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 426,442 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58,73,75, 78,80,85,95 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 443, 447 -

    Begraben:
    Compiegne, S. Marien

    Ludwig heiratete von Burgund, Ansgard in 862. Ansgard gestorben nach 879. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 175. von Frankreich, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben vor Nov 884.
    2. 176. von Frankreich, Hildegard  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 177. von Frankreich, Ludwig III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 863; gestorben am 5 Aug 882 in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.
    4. 178. von Frankreich, Karlmann  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 866; gestorben am 12 Dez 884; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Ludwig heiratete von Friaul, Adelheid in 875. Adelheid (Tochter von von Paris, Adalhard) wurde geboren um 855/860; gestorben am 9 Nov 901 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 179. von Frankreich, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 875.
    2. 180. von Frankreich, Karl III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 17 Sep 879; gestorben am 7 Okt 929 in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich.

  31. 139.  von Aquitanien, Karl Graphische Anzeige der Nachkommen (108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 847/848; gestorben am 29 Sep 866 in Buzancais [36500],Indre,Centre-Val de Loire,Frankreich; wurde beigesetzt in Bourges [18000],Cher,Centre-Val de Loire,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Aquitanien,Frankreich; König von Aquitanien

    Notizen:

    Karl das Kind
    König von Aquitanien
    847/48-29.9.866 bei Buzancais (dep. Indre) durch Unfall
    Begraben: Bourges, St-Sulpice
    2. Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 969 Karl das Kind, KAROLINGER, König von Aquitanien

    * 847/48, + 29. September 866 bei Buzancais (dep. Indre)
    Begraben: Bourges, St-Sulpice
    Sohn KARLS DES KAHLEN und der Ermentrud

    Karl starb durch Krankheit (wohl Epilepsie) bei Buzancais (dep. Indre). Um der Sonderrolle Aquitaniens Rechnung zu tragen, ließ KARL DER KAHLE Karl Mitte Oktober 855 in Limoges zum aquitanischen König erheben; er blieb jedoch der Oberherrschaft seines Vaters unterworfen (keine eigene Kanzlei). Mit dessen Hilfe mußte er sich im Innern gegen Aufstände, vor allem gegen den 848 als aquitanischen König abgesetzten Pippin II., zur Wehr setzen. Als er 862 die Witwe des Grafen Humbert (von Bourges?) heiratete, fiel er beim Vater, der seine Zustimmung verweigerte, in Ungnade. Er wurde nach Compiegne gebracht und erst 865 auf Wunsch der aquitanischen Großen wiedereingesetzt.

    Literatur:
    DBF VIII, 543f. - G. Eiten, Das Unterkgtm. im Reich der Merovinger udn Karolinger, 1907, 165-176 - L. Auzias, L'Aquitaine carolingienne, 1937, 281ff. - J. Martindale, Charles the Bald and the Government of the Kingdom of Aquitaine (Charles the Bald: Court and Kingdom, hg. M. Gibson-J. Nelson 1981), 109, 114f. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 451, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 35
    Zu König Karl von Aquitanien ("Karl der Jüngere") siehe die, wie stets, ausgezeichnete Zusammenstellungen von Eiten, 165-176. Ebd. 176, Anm. 3 die Belege für Karolus minor.

    Kaum 15-jährig verband sich Karl mit der Witwe des Grafen Humbert, was der Vater als Rebellion betrachtete. Er marschierte daraufhin 863 in Aquitanien ein, setzte den Sohn ab und inhaftierte ihn Compiegne. 865 von seinem Vater erneut als König von Aquitanien eingesetzt, litt er bereits schwer an den Folgen eines Jagdunfalls, dem er 866 erlag.
    Konecny Silvia: Seite 142 "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Nur zwei von den Söhnen KARLS DES KAHLEN gingen Eheverbindungen ein, während zwei weitere männliche Nachkommen dieses Herrschers schon in früher Jugend zu einem geistlichen Leben bestimmt wurden. Der gleichnamige Sohn des Herrschers starb vier Jahre nach einem Eheschluß, hinter dem oppositionelle aquitanische Adelige standen. Karl wurde bald nach seiner Heirat von seiner Gattin getrennt und kehrte erst kurz vor seinem Tod wieder nach Aquitanien zurück. Mit dieser Heirat trat überdies erstmals seit der Generation der Söhne Pippins II. wieder eine Witwenheirat auf, die soviel wie die Einheirat in einen fremden Machtbereich bedeutete und damit eine Annäherung der königlichen Eheformen an jene des Adels ankündigte. Im 10. Jahrhundert wurde dieser Typus der Einheirat von den westfränkischen KAROLINGERN mehrmals verwirklicht, während KARL DER KAHLE gegen die Ehe seines Sohnes vehement auftrat.

    862 oo 2. Ansgard, Witwe des Grafen Humbert von Bourges

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 369,392,396,405, 480,483,505,507,543,547,559,588,758 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 61-62 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 213,231,237 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,158 - Schniith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 440 -

    Gestorben:
    Unfall

    Begraben:
    St-Sulpice

    Karl heiratete Ansgard in 862. [Familienblatt] [Familientafel]


  32. 140.  von Franken, Karlmann Graphische Anzeige der Nachkommen (108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 850; gestorben in 876.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 22 Jan 866-873, Auxerre [89000],Yonne,Burgund,Frankreich; Abt von St. Germain d'Auxerre

    Notizen:

    Karlmann
    Abt von St. Germain d'Auxerre (22.1.866-873)
    um 850 - 876
    3. Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 36
    Den Tod Karlmanns datiert Brandenburg in seiner Anm. B. IV, 36 auf "bald nach" der Blendung von 873, auf der Tafel mit "874". Zum richtigen Todesjahr 876 vgl. Dümmler 2, 359, sowie oben IV, 23, Absatz 2.

    Um weitere Erbteilungen zu vermeiden, wurde Karlmann von seinem Vater als erster ehelich geborener KAROLINGER zum Eintritt ins Kloster gezwungen. Nach dem Tode seines Bruders Lothar (+ 14.12. 865) wurde Karlmann, Abt von S. Medard, von seinem Vater zu dessen Nachfolger als Abt von St. Germain d'Auxerre bestimmt. Der Vorrang seines Bruders Ludwig der Stammler scheint ab 870 den früh ins Kloster gegebenen und inzwischen mit mehreren Abteien ausgestatteten Königssohn Karlmann zum Aufstand getrieben zu haben, der jedoch trotz einiger hochmögender Mitverschworener KARL kaum ernstlich gefährden konnte und 873 mit Karlmanns Bestrafung durch Blendung sein düsteres Ende fand (+ 876).

    Mühlbacher Engelbert: Band II Seite 334-336, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

    Viel schlimmer war es gleichzeitig dem westfränkischen Prinzen Karlmann ergangen, der gegen seinen Vater in offenem Aufruhr gestanden war. Als dieser seiner habhaft geworden war, verurteilte er ihn zu Senlis zu strenger Haft, während er dessen S Spießgesellen gegen Ableistung des Treueids begnadigte. Nach mehr als Jahresfrist ließ er, da bei der allgemeinen Unzufriedenheit dem gefangenen Prinzen noch immer die Sympathien vieler sich zuwandten, über ihn abermals zu Senlis Gericht halten. Er selbst überreichte der dort versammelten Synode eine Klageschrift gegen den eigenen Sohn. Wie er es verlangte, entsetzten die Bischöfe Karlmann seiner geistlichen Würde und gestanden ihm nur noch die Laienkommunion zu. Damit wurde Karlmann der Vorrechte des geistlichen Standes, welche ihn der weltlichen Strafgewalt entzogen, verlustig; der Degradierte konnte vor ein weltliches Gericht gestellt und an Leib und Leben gestraft, er konnte, wie sein Vater beabsichtigte, unschädlich gemacht werden. Ein Anlaß fand sich bald. Karlmann und seine Freunde folgerten aus seiner Absetzung, daß er, nunmehr wieder ganz Laie geworden, in sein volles Erbrecht eintrete und den königlichen Thron besteigen könne. Seine alten Anhänger sammelten sich, sie warben neue Genossen und planten, Karlmann aus dem Gefängnis zu befreien und, wie es hieß, auf den Thron zu erheben. Karlmann, der an dieser Bewegung nicht persönlich beteiligt sein konnte, da er immer in Haft geblieben war, wurde abermals vor Gericht gestellt. Sogar seine frühere Empörung wurde in die Anklage einbezogen. Unter Zustimmung aller Anwesenden erklärte man es als eine Staatsnotwendigkeit, daß der Prinz, der eigentlich der Todesstrafe verfallen sei, geblendet werde, "damit er Gelegenheit und Zeit zur Reue habe und ihm die Möglichkeit genommen werde, noch Ärgeres, wie er es sinne, anzurichten, damit die wahnwitzige Hoffnung der Friedensstörer auf ihn vereitelt werde und die Kirche Gottes und die Christenheit im Reich außer der Befeindung durch die Heiden nicht auch durch einen verruchten Aufstand in Verwirrung gebracht werden könne." In herzloser Grausamkeit ließ KARL DER KAHLE die Blendung an seinem Sohn vollziehen, dem er aus politischen Rücksichten den geistlichen Stand, ein verfehltes und verbittertes Leben aufgezwängt, den er damit selbst auf Abwege gedrängt hatte. Es ist ein scheußliches Bild, um so greulicher, wenn man ihm das Verhalten seines Bruders, des deutschen Königigs, gegen seine Söhne, die doch dasselbe verschuldet hatten, gegenüberstellt, der sich der höheren Pflicht bewußt blieb, auch unbotmäßigen Söhnen gegenüber Vater zu sein. Der geblendete Karlmann wurde in das Kloster Corbie in Gewahrsam gebracht. Unterstützt von Adalhard, dem Bruder seiner Mutter, gelang es ihm, auf deutschen Boden zu entfliehen. Der deutsche König nahm seinen unglücklichen Neffen auf. Er übergab ihn dem Erzbischof Liutbert und wies ihm das St. Albanskloster bei Mainz zum Aufenthalt an. Dann verlieh er ihm das Kloster Echternach und hier ist Karlmann, kein gutes Andenken hinterlassend, nach wenigen Jahren gestorben.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 588-590,718,723, 758-761,766,769,772,794-797; Band II Seite 691 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 27,228 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion, Band II Seite 334 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,159 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 58,67,95 -


  33. 141.  von Franken, Lothar Graphische Anzeige der Nachkommen (108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 850; gestorben am 14 Dez 865.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 22 Feb 863-865, Auxerre [89000],Yonne,Burgund,Frankreich; Abt von St. Germain d' Auxerre

    Notizen:

    Lothar Abt von St. Germain d' Auxerre (22.2.863-865)
    um 850-14.12.865
    Jüngerer Sohn des Kaisers KARL II. DER KAHLE aus seiner 1. Ehe mit der Irmintrud von Orleans, Tochter von Graf Odo

    Werner Karl Ferdinand: Seite 453, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    IV. Generation 37
    Brandenburg nennt Lothar nur "Abt in St. Germain", weil die Ann. Bertin. 865 nur vom monasterium S. Germani sprechen. Es handelt sich nicht etwa um S.-Germain-des-Pres, sondern um Saint-Germain-d'Auxerre, vgl. Tessier nr. 288.

    Lothar galt wegen angeborener Gebrechen von vornherein für herrschaftsunfähig und wurde in jungen Jahren ins Kloster gegeben. Nach den über ihn erhaltenen Zeugnissen machte er verständlicherweise nicht den Eindruck eines tatkräftigen Abtes. Nacch den Mitteilungen des Hericus war Lothar als Kind in S. Germain in die Schule gegeben worden. 861 ließ KARL den Sohn in Reome zum Kleriker machen. 863 erscheint Lotharals Abt und Tauschpartner der Germanusmönche. Ein Jahr später erwirkte Lothar mit seiner Mutter die große Besitzbestätigung KARLS für S. Germain in Pitres. Noch vor seinem Tod erbat Lothar von seinem Vater eine Schenkung für die Abtei und sorgte dabei für sein Totengedächtnis vor. Die geistigen Interessen und Fähigkeiten des jungen Abtes Lothar sind jedoch von zuständiger Seite ins hellste Licht gestellt worden. Lothar sei "an Jahren ein Kind gewesen, dem Geist nach ein Liebender der Weisheit, durch seine eingeborene Veranlagung und das Schaffen seines Fleißes vor allen Sterblichen seines Alters kostbar.

    Riche Pierre: Seite 230,237, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Der vierte, Lothar, lahmte von Geburt an und war deswegen zum Eintritt in ein Kloster bestimmt.
    Als kurz nach einander seine beiden Söhne Lothar (+ 865) und Karl das Kind (+ 866) starben, war er tief betroffen.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band I Seite 465 Anm. 72,590 Anm. 80,758,885 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 230,237 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 145,152,159 -



Generation: 10

  1. 142.  von Vermandois, Heribert II. Graphische Anzeige der Nachkommen (109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 880; gestorben am 23 Feb 943 in Saint-Quentin [02100],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Quentin [02100],Aisne,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich; Abt von Saint Crepin und Saint Médard
    • Titel/Amt/Status: Meaux [77100],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; Graf von Meaux
    • Titel/Amt/Status: Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich; Graf von Soissons
    • Titel/Amt/Status: 902-943, Vermandois (Grafschaft),Picardie,Frankreich; Graf von Vermandois

    Notizen:

    Heribert II. Graf von Vermandois (902-943)
    Graf von Meaux und Soissons
    Abt von S. Crepin und S. Medard
    880-23.2.943 St. Quentin Begraben: St. Quentin
    Sohn des Grafen Heribert I. von Vermandois und der Adela von Meaux, Erb-Tochter von Graf Theudbert
    Als Urenkel Bernhards von Italien von karolingischer Herkunft.

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 2154

    Heribert II., Graf von Vermandois
    + 23. Februar 943 Begraben: St. Quentin

    Die vom Vater begründete Vormacht in der Francia sicherte Heribert II. einen besonderen Rang in den Auseinandersetzungen um das westfränkische Königtum. Bezeugt als Graf von Meaux, Vermandois und Soissons (später verloren) wie als Laienabt von St-Crepin und St-Medard, vielleicht auch in anderen Grafschaften Erbe des Vaters, sicherte Heribert II. seine Macht durch ein doppeltes Ehebündnis mit den ROBERTINERN. Deren Kampf mit den KAROLINGERN prägte die wechselhafte Geschichte Heriberts II. nach 923: Sein „Verrat“ führte zur Gefangennahme und Einkerkerung Karls III., aber auch zur Nutzung des abgesetzten Königs als Faustpfand gegen König Rudolf von Burgund (923-936). Nach Auseinandersetzungen mit Flandern im Norden verlagerte Heribert II. seine Expansion nach Osten auf Kosten des Erzbistums Reims: Hier ließ er 925 seinen 5-jährigen Sohn Hugo zum Erzbischof erheben und sich Reimser Kirchenlehen ausliefern (der Streit um Hugo wurde erst 946 durch Absetzung beigelegt). Damit hatte Heribert II. sein Ziel, in der Francia die erster Stelle nach dem König einzunehmen, fast erreicht, zusätzlich gesichert durch Kommendationen an die ostfränkischen Könige HEINRICH I. und OTTO I. Erst Heriberts Ausgriff auf Laon, die letzte Bastion des Königtums in der Francia, führte zu wechselvollen Kämpfen. Die Furcht vor Heriberts Vormacht bewegte 936 den ROBERTINER Hugo den Großen zur Königserhebung des KAROLINGERS Ludwig IV., der sich bald in Laon wie in Reims durchsetzeen sollte und damit die alten Rivalen Heribert II. und Hugo einte und in ein Bündnis mit OTTO I. trieb (Kommendation 940 in Attigny). Trotz einer vereitelten Königskandidatur von 936 hatte Heribert II. sein Haus als dritte, eigenständige Kraft im westfränkischen Reich erwiesen, die durch seinen Tod 943 und durch Erbstreitigkeiten der Söhne, die erst 946 die Nachfolge regelten, an Bedeutung verlor.

    Brandenburg Erich: Tafel 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. Generation 3.
    Heribert II, Graf von Vermandois
    * ca. 880/90, + 943
    Gemahlin: N. (wohl Tochter des Gegen-Königs Robert I. von Frankreich)

    Anmerkungen: Seite 116, Heribert II.

    kommt urkundlich zuerst 30.V.914 vor, Mabille, Chron. d'Anjou XCVIII; er erhielt außer Vermandois die Grafschaft Troyes (Champagne), wahrscheinlich 937 (Lot, Hugues Capet 328) und starb wohl Anfang des Jahres 943; vgl. die Zusammenstellung der verschiedenen Berichte über seinen Tod bei Lauer, Louis de Outremer Seite 292f.
    Die Geburtszeit ist nur ganz ungefähr zu vermuten.
    Seine Gemahlin, deren Name unbekannt ist (der Name Hildebrande erscheint erst in ganz späten Nachrichten), war doch mit größter Wahrscheinlichkeit eine Tochter des Königs Robert I. von Frankreich und Schwester Hugos des Großen von Francien. Zusammenstellung der Zeugnisse bei Arbois de Jubainville, Comtes de Champ. I, 76f.; vgl. Manteyer, Orig. de la maison de Savoye 456. Am wichtigsten: Folcvini cartul. Sithieux n. 70 (ed. Guerard): "Hugonem jamdicti Rotberti regis filium, illinc Heribertum ejusdem generum"; Flodoard S. S. 446 nennt Hugo den avunculus Heriberts, und Witger, Gen. S. Arnulphi S. S. 5, 302f. nennt Heriberts II.Tochter "duorum Francorum regum, Odonis scilicet et Roberti neptem". Da auch das Erscheinen der capetingischen Namen Eudes (Odo), Hugo und Robert in Heriberts Deszendenz diese Angaben bekräftigt, scheint mir zu einem Zweifel kein Grund vorhanden. Dagegen taucht die Angabe, daß auch König Robert I. mit einer Schwester Heriberts II. oder I. (angeblich Beatrix genant) vermählt gewesen sein soll, die sich vielfach in neueren Werken findet (zum Beispiel von Behr, Geneal. der in Europa regierenden Fürstenhäuser, Tafel 179), erst zwei Jahrhunderte später auf und ist schon deshalb zu verwerfen, weil sonst Heribert II. die Tochter seiner Schwester oder Tante geheiratet haben würde, was nach den kirchlichen Vorschriften völlig ausgeschlossen war. [VI 3]

    * Ergänzung (Werner): + 23.II.943, 900/07 Graf von Meaux, Soissons, Vermandois, Abt von St. Crepin und St. Medard
    Gemahlin: vor 907 Adela, Tochter des Herzogs Robert von Neustrien (siehe VI 3 a).

    Werner Karl Ferdinand: Seite 458, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 3
    Zu Heribert II. Werner Untersuchung 100,106ff (ebd. Anm. 82 zum Todestag, der bei Brandenburg fehlt), mit dem Nachweis, daß er die Grafschaft Troyes noch nicht besaß - sie wurde erst von seinem Sohn Robert erworben. Über die von Heribert I. ererbten Grafschaften ebd. 94ff. Brandenburg, der die erste urkundliche Erwähnung Heriberts als Laienabt von S-Medard de Soissons, der alten KAROLINGER-Abtei, nicht kannte (907 XI 6, Receuil des actes de Charles III le Simple, ed. Ph. Lauer, nr. 58), bejaht mit Recht die Ehe Heriberts mit einer ROBERTINERIN, einer Schwester Hugos des Großen, und nennt dazu entsprechende Belege. Ihr Name war ihm unbekannt, zu Recht wies er die spätere Tradition einer "Hildebrande" zurück. Ich glaube jene ROBERTINERIN zu erkennen in Adela comitissa, die im Diplom Karls III. von 907 V 21 (ed. Lauer, nr. 57) unmittelbar zusammen mit ihrem Vater, Robert, dem späteren König, genannt wird, vor dann folgenden anderen Grafen! (Die Intervenientenliste nennt zunächst die Königin, Frederun, und eine andere Angehörige der karolingischen Familie, die Äbtissin Gisla, dann ... venerandi comitis Rotberti et Adele comitisse, dann die anderen Grafen). Diese Annhame ist um so berechtigter, als der Rechtsakakt, um den es geht, die Schenkung der Abtei Rebais in der Grafschaft Meaux (deren Graf Heribert war) an die Pariser Kirche, eben den Grafen Heribert II. angeht, in dessen Abwesenheit für ihn seine Gattin, die Tochter Roberts, auftritt. Durch die von uns erschlossene Gattin Heriberts II. kam der Name Adela in das Haus VERMANDOIS. Schon in der nächsten Generation kommt er über Heriberts II. Tochter Adela ins Haus FLANDERN. Vgl. auch Werner, Unters. 96, Anm. 35.

    Thiele Andreas: Band II, Teilband 1 Tafel 32 ,"Erzählende genealogische Stammtafeln"

    Heribert II. folgte seinem Vater um 907 und baute seine Macht weiter aus; er wurde unter anderem Lehensherr der Grafen von Montdidier, der Herren von Breteuil und Le Puiset. Jahrelang kämpfte er gemeinsam mit den ROBERTINERN gegen die Normannen, die letztlich in der Normandie als Vasallen anerkannt wurden. 923 nahm er König Karl III. den Einfältigen gefangen. Heribert, der in jenen Jahren im Gebiet zwischen Seine und Maas ein großes Lehnsfürstentum in seiner Hand vereinigte, war vorübergehend einer der mächtigsten Feudalherren N-Frankreichs. 925 erzwang er die Einsetzung seines 5-jährigen Sohnes Hugo zum Erzbischof von Reims und durch die Verfügung über das außerordentlich reiche Gebiet von Reims bedeutete eine deutliche Ausweitung seiner Macht. 926 kam es zum Bruch mit König Rudolf und 927 erkannte er wieder Karl den Einfältigen als König an, ohne ihn aus seinen Händen zu entlassen. 931 in Bedrängnis geraten, leistete er dem deutschen König HEINRICH I. eine vasallische Huldigung, die er 940 OTTO I. erneuerte. 934 kam unter Vermittlung HEINRICHS I. ein Waffenstillstand mit König Rudolf zustande. Durch die Rivalität zwischen Heribert und Hugo dem Großen von Franzien konnte 936 ein KAROLINGER auf den Thron zurückkehren. Nach seinem Tode zerfiel sein Herrschaftsbereich rasch.

    Diwald Helmut:, "Heinrich der Erste"

    Heribert II. und Hugo von Franzien besetzten nach der Schlacht bei Soissons (15.6.923) mit frischen Truppen das Schlachtfeld und zwangen so König Karl, ohne Beute abzuziehen.
    König Karl wurde kurz nach der Wahl Rudolfs von Burgund zum König das Opfer einer typischen Infamie. Graf Heribert von Vermandois sandte eine Abordnung zu Karl, beteuerte ihm, dass er mit der Wahl nicht einverstanden sei. Er habe sich heftig widersetzt, sei aber von den Verschworenen überstimmt worden. Jetzt wisse er einen Rat, wie sich dieses schändliche Gegenkönigtum beseitigen ließe. Er schlug dem König ein Gespräch vor; beide Seiten sollten freilich nur mit kleinstem Gefolge kommen, damit wegen der langjährigen Verfeindung nicht unversehens blutiger Kampf ausbreche. Damit der König sich aber durch ein verständliches Mißtrauen nicht von der Zusammenkunft abhalten lasse, solle er sich von den Überbringern der Botschaft durch feierliche Eide seine Sicherheit garantieren lassen. Karl stimmte zu, nahm die Eidschwüre der Gesandten entgegen und stellte sich in den ersten Augusttagen in Saint-Quentin ein, der Hauptstadt der Grafschaft Vermandois. Graf Heribert empfing den König überaus zuvorkommend, sie umarmten und küßten sich und führten ein langes vertrauliches Gespräch. Auf ein Zeichen brach eine Rotte Schwerbewaffneter aus einem Versteck. Karl wurde umzingelt und mit einigen seiner Begleiter gefangengenommen. Bei der Gegenwehr verloren etliche seiner Gefolgschaft das Leben, die übrigen konnten entfliehen. Karl wurde zunächst nach Peronne gebracht, der zweiten großen Stadt der Grafschaft. Wenig später brachte man ihn in den Kerker auf der alten fränkischen Festung Chateau-Thierry, die zu Beginn des 8. Jahrhunderts auf einer Bergkuppe hoch über der Marne errichtet worden war.

    Schwager Helmut: 'Heribert II.'

    Erbe der Machtstellung seines Vaters, wurde Graf Heribert II., eine für den Untergang der westfränkischen KAROLINGER entscheidende Gestalt. Besonders Graf Heribert II. versuchte durch eine expansive Politik, welche nach W (unter anderem Beauvais, Amiens), nach S (unter anderem Troyes), vor allem aber nach O (unter anderem Reims, Laon, Perthois) gerichtet war und welche in erster Linie zu Lasten der karolingischen Herrscher ging, die heribertinische Machtsphäre in der Francia auszudehnen, wobei er zweitweise großen Erfolg aufzuweisen hatte, unter anderem eroberte er 931 für eine gewisse Zeit die Grafschaft Artois, gewann 928 kurzzeitig die Grafschaft Vienne im südlichen Gallien, besaß seit 918 Güter im Merezais und Vexin, besetzte 926 Laon und Pierrepont und verwaltete vor allem seit 925 zeitweise die temporalia des Reimser Erzstiftes, wenn auch nie unangefochten. Darunter befanden sich Coucy, Vitry-en-Perthois, Omont, Epernay, Chatillon-sur-Marne, dazu Mouzon und Douzy im lothringischen Dormois. Doch verlor Graf Heribert II. in den heftigen Kämpfen mit den westfränkischen Königen Rudolf und Ludwig IV. sowie seinem robertinischen Schwager Herzog Hugo der Große von Franzien einiges an Boden, so etwa 932/33 die Grafschaft Soissons. Graf von Troyes ist der HERIBERTINER allerdings niemals gewesen, obwohl dies öfters behauptet wurde.

    II. Die Herrschaft Graf Heriberts II. von Soissons, Omois, Meaux und Vermandois (900/06-943)

    Im folgenden soll versucht werden, die Beziehungen Graf Heriberts II. zu seinen Nachbarn darzustellen. Insbesondere wird dabei das Hauptaugenmerk auf das westfränkische Königtum mit dem KAROLINGER Karl III. dem Einfältigen, dem BOSONIDEN Rudolf und dem KAROLINGER Ludwig IV. dem Überseeischen zu richten sein. Ähnlich bedeutsam erwies sich für den HERIBERTINER jedoch auch die Politik der verwandten, gleichwohl rivalisierenden ROBERTINER/ KAPETINGER Markgraf Robert von Neustrien - kurzzeitig westfränkischer Gegenkönig als Robert I. (922/23) - und Herzog Hugo der Große von Franzien sowie die Haltung der im O benachbarten ostfränkisch-deutschen Könige aus der Dynastie der LIUDOLFINGER/OTTONEN HEINRICH I. und OTTO I. DER GROSSE, weswegen ihnen ebenso unsere Aufmerksamkeit gelten muß. Eine besondere Untersuchung soll sodann den Beziehungen Graf Heriberts II. zur westfränkisch-französischen Kirche gelten, wobei vor allem Heriberts II. Rolle als Administrator des Erzbistums Reims und seine Funktion als Laienabt mehrerer heribertinischer Klöster gewürdigt werden soll. Danach wird das politisch-geographische Umfeld der heribertinischen Machtkonzentration im NO des W-Fränkischen Reiches abgetastet werden. Der östliche Nachbar, das ostfränkisch-deutsche Herzogtum Lothringen mit seinen Herzögen Giselbert (915/28-939) und Otto von Verdun (940-944), wird dabei eine wichtige Rolle spielen. Auch der N der Gallia mit den Normannen-Fürsten Graf Rollo/Robert I. von Rouen (911-928/31) und Wilhelm I. Langschwert (928/31-942) sowie Graf Arnulf I. (dem Großen/dem Alten) von Flandern (918-965) muß sodann in die Untersuchung einbezogen werden. Schließlich werden die Beziehungen Graf Heriberts II. zum S der einstigen Gallia, vor allem zum Herzogtum Burgund, zu den Königreichen Hoch-Burgund und Nieder-Burgund/Provence sowie zum Herzogtum Aquitanien, zu behandeln sein. Einige kurze Bemerkungen zum Verhältnis Graf Heriberts II. zu den robertinischen Vasallen der westlichen Francia (= das ehemalige merowingische Neustrien), wie zum Beispiel den Grafen von Anjou oder Chartres-Tours, werden das Bild der Herrschaft Graf Heriberts II. machtmäßig abrunden.

    1. Graf Heribert und das westfränkisch-französische Königtum

    Das Verhältnis Heriberts II. zum westfränkischen Königtum stellte jahrelang den Hauptkristallisationspunkt der Politik der engeren Francia (= westfränkisches Gebiet zwischen der Seine und der Schelde) dar. Besonders galt dies für Könige aus dem westfränkischen Zweig der KAROLINGER-Dynastie, deren verbliebene Restbesitzungen sich hauptsächlich in dieser Gegend befanden. Doch auch für einen westfränkischen König aus dem im Herzogtum Burgund herrschenden BOSONIDEN war, wenn er tatsächlich König des gesamten W-Fränkischen Reiches bleiben wollte, das Behaupten der restlichen Krondomäne in der engeren Francia ein unbedingtes Muß! Da aber Graf Heribert II. gerade in diesem Gebiet von seinen Familienbesitzungen aus die Expansion nach S und besonders O vorantrieb, mußte es unweigerlich zum Zusammenstoß mit dem westfränkischen Königtum - gleich welchen Hauses - kommen.

    a) Der Karolinger König Karl III. der Einfältige (893/98-923)

    Die Beziehungen Heriberts II. zu dem westfränkischen König, der in der ersten Hälfte der heribertinischen Herrschaft, das heißt den mindestens 15 Jahren von 900/06 bis 921, das Reich regierte, nämlich dem KAROLINGER Karl III. dem Einfältigen, sind für diese Zeit bis heute weitgehend im Dunkel der Geschichte geschrieben! Der schon mehrfach beklagte bedauerliche Mangel an erzählenden Quellen sowie Urkunden aus dieser Zeit läßt uns praktisch nur Raum für Spekulationen! Als frühestes Zeugnnis sowohl der Existenz Graf Heriberts II. als auch seiner Erwähnung im Zusammenhang mit dem westfränkischen König kann erst die Urkunde Karls III. vom 6. November 907 angesehen werden, in der der KAROLINGER die Schenkung eines gewissen Odilo aus Brugny in der Grafschaft Omois für das Kloster Saint-Medard bei Soissons bestätigte. Dabei wurde ein "comes Heribertus" als Abt von Saint-Medard genannt, wobei es sich hier - betrachtet man die Jahreszahl - meines Erachtens eindeutig um Graf Heribert II. handeln muß, der die Abtei von seinem ermordeten Vater Graf Heribert I. geerbt hatte. Jedoch dürfte dies kaum etwas konkret über die heribertinisch-karolingischen Beziehungen aussagen, da der Heribertiner in dieser Urkunde anscheinend lediglich als zuständiger Graf von Omois und Laien-Abt von Saint-Medard erwähnt wurde. Viel wichtiger erscheint mir, dass um diese Zeit, ca. 907/10, Graf Heribert II. die ROBERTINERIN NN (+ nach 931), eine Tochter Markgraf Roberts von Neustrien, heiratete. Diese Ehe des HERIBERTINERS bedeutete aber eine politische Option für die ROBERTINER, die schon damals wiederholt mit dem karolingischen König zerstritten waren. Daher erstaunt es nicht, wenn von freundschaftlichen Kontakten zwischen dem König und dem HERIBERTINER in den folgenden Jahren nicht die Rede ist. Zwar erschien Graf Heribert II. in einer Urkunde König Karls III. vom 14. März 918 für die Abtei Saint-Germain-des-Pres, die auf Veranlassung Markgraf Roberts von Neustrien ausgestellt wurde. Doch figurierten Roberts heribertinischer Schwiegersohn und Bischof Abbo von Soissons (+ 937) hierbei als zeugen in der Grafschaft des ROBERTINERS!
    Als schließlich Anfang des Jahres 920 der langerwartete Krieg zwischen König Karl III. und der westfränkischen Aristokratie, die sich an der überragenden Stellung des lothringischen Emporkömmlings Hagano ( + nach 922) bei Hofe stieß, losbrach, bbefand sich Graf Heribert II. natürlich im Lager des westfränkischen Hochadels an der Seite Markgraf Roberts! Der bedrängte westfränkische König geriet kurzfristig sogar in Gefangenschaft seiner Großen, aus der ihn nur der Einsatz des Erzbischofofs Heriveus von Reims (+ 922) rettete, der ihn 7 Monate lang in seiner Bischofsstadt Reims beherbergte. Währenddessen tobten in der engeren Francia die Kämpfe beider Parteien, wobei angeblich Graf Heribert II. das Kloster Corbie geplündert haben soll; erst nach langen Verhandlungen führte der Reimser Erzbischof ein "Versöhnung" beider Gruppen herbei, die jedoch brüchig blieb.
    Dies zeigte sich bereits im Jahr 922, als der westfränkische Adel, nachdem König Karl III. am 17. März 922 den königlichen Kanzler Gauzlin (+ 962) zum Bischof von Tours gemacht und das vakante Kanzleramt an den lothringischen Kleriker Hagano, wahrscheinlich einen Verwandten seines Günstlings Hagano, gegeben hatte, erneut unruhig wurde.
    Die Konfiskation des karolingischen Hausklosters Chelles bei Paris durch den westfränkischen König nach dem 21. April 922 ( = Ostern), der die Abtei seiner Tante Rothilde (+ 928) [Rothilde war die Tochter Kaiser KARLS II. DES KAHLEN und der Kaiserin Richilde (+ 910/14) sowie Gattin Graf Rotgers I. von Maine (+ vor 900), von dem sie die Tochter NN (+ vor 926) hatte, welche Graf Hugo der Große ehelichte.], der Schwiegermutter des ROBERTINERS Graf Hugo, nahm und sie an Graf Hagano übergab, löste erneut einen verheerenden Aufstand aus!
    Die Großen Franziens verschworen sich mit den ROBERTINERN an der Spitze, wobei sie den Sturz Graf Haganos verlangten. An diesem gefährlichen Aufstand beteiligten sich neben den ROBERTINERN auch Roberts Schwiegersohn Herzog Rudolf von Burgund und dessen Bruder Graf Hugo der Schwarze von Varais (+ 952), ja offensichtlich selbst der bereits damals todkranke Erzbischof Herveus von Reims, wie später die feindselige Reaktion des KAROLINGERS gegen Reimser Kirchengut zeigen sollte. Eigenartigerweise ist hierbei von Roberts zweitem Schwiegersohn Graf Heribert II. nirgends die Rede. Stattdessen meldet der Reimser Geschichtsschreiber Flodoard (+ 966) überraschenderweise, dass sich der HERIBERTINER mit König Karl III. und dessen Günstling Hagano in Laon an der Aisne befunden hätte, von wo aus sie im April 922 beim Anmarsch der aufständischen Großen gemeinsam über die Maas nach Lothringen geflohen wären, um dort neue Truppen auszuheben. Dieses Verhalten Graf Heriberts II. widererspricht nun aber meines Erachtens vollständig seiner Politik sowohl vor dem Jahre 922 als auch danach, und so könnte man Zweifel an dieser Nachricht hegen, noch dazu, nachdem Flodoard die einzige Quelle hierfür ist! Andererseits ist der Reimseser Kleriker die zuverlässigste Quelle für die Geschichte des W-Fränkischen Reiches im 10. Jahrhundert, und zudem spricht das Verhalten König Karls III. im Jahre 923, als sich der KAROLINGER bedenkenlos zu einer Unterredung mit Graf Heribert II.., der ihm einen Seitenwechsel angedeutet hatte, bereitfand, dafür, dass vorher zumindest zeitweise schon bessere Beziehungen zwischen beiden Fürsten bestanden haben müssen! So ist anzunehmen, dass der HERIBERTINER die Auseinandersetzung nach dem Osterfest 922 entweder für eine rein karolingisch-robertinische "Familien"-Angelegenheit gehalten hat, in die er sich zunächst nicht einmischte, oder wahrscheinlicher, dass ein heribertinisch-robertinischer Zwist aus Rivalitätsgründen den Grafen kurzfristig an die Seite des Königs gebracht hat. Jedenfalls fielen der KAROLINGER und seine Anhänger - darunter Graf Heribert II. und Graf Theoderich I. von Holland (+ ca. 940) - mit einem neuen lothringischen Heer in die Güter der Reimser Kirche ein und brannten sie nieder; schließlich eroberten sie die Burg Omont südlich von Mezieres. Plünderungen und Brandschatzungen beider Seiten verwüsteten nun das Remois, Laonnais und Soissonnais. Kurz nach dem 31. Mai 922 tauchten die Lothriinger schließlich an der Marne auf, wobei Epernay von den Leuten Graf Haganos geplündert wurde. Das königliche Heer lagerte nahe der Stadt Tours-sur-Marne, oberhalb von Epernay, während die aufständischen Großen unter Führung Markgraf Roberts von Neustrien und Herzog Rudolfs von Burgund drei Meilen vom königlichen Lager entfernt unterhalb von Epernay ihr Lager augschlugen. Eine Woche lang wurde dann in Abwesenheit des Königs und Graf Hagano verhandelt. Auf Seiten des KAROLINGERS standen damals noch sein gewesener Schwager Bischof Bovo II. von Chalons-sur-Marne (+ 947), der Erzkanzler Erzbischof Rotger von Trier, Bischof Stephan von Cambrai (+ 934), Bischof Balderich von Utrecht (+ 977); unter den weltlichen Großen dürften sich noch Graf Heribert II., Graf Theoderich I. von Holland, Graf Erchanger von Boulogne, Graf Walcher von Friesland, Graf Isaak von Cambrai (+ 947), Graf Adalhelm von Artois (+ 932) und der brabantische Graf Rudolf von Gouy (+ 926) befunden haben.
    Nach dem Scheitern der Verhandlungen griff König Karl III. am 9. Juni 922, einem Pfingstsonntag, die Stadt Reims an, wurde aber zurückgeschlagen.
    Da traf die Nachricht vom Verlust der wichtigen karolingischen Feste Laon ein - Graf Hagano verlor dabei seinen Bruder und seine Schätze -, worauf beide Parteien ihre Heere dorthin verlagerten. Hier begann aber ein Teil der Lothringer den KAROLINGER zu verlassen, so dass sich König Karl III. immer weiter vor den nachstoßenden westfränkischen Großen zurückziehen mußte. Beim Flüßchen Ailette in der Grafschaft Laon wechselten Mitte Juni 922 erneut viele Große, darunter anscheinend auch Graf Heribert II., ins Lager Markgraf Roberts. So blieb dem westfränkischen König zuletzt nichts anderes übrig, als mit seinem getreuen Grafen Hagano zum zweitenmal über die Maas zu ziehen, wahrscheinlich zu seinem Anhänger, dem MATFRIDINGER Bischof Richer von Lüttich (920-945); jedenfalls hielt er sich am 15. Juni im holländischen Bladel auf. Diese Abwesenheit des KAROLINGERS in Lothringen benutzten nun die westfränkischen Aristokraten zum entscheidenden Schlag gegen ihn: Am 29./30. Juni 922 wählten die Großen der Francia und der Burgundia, darunter auch Graf Heribert II., den ROBERTINER Markgraf Robert von Neustrien im Kloster Saint-Remi bei Reims zum westfränkischen König, was eine Herrscherverlassung gegenüber dem KAROLINGER bedeutete. 3 Tage später, am 2. Juli 922, starb der schwerkranke Erzbischof Heriveus von Reims, dessen Nachfolger Seulf (+ 925) durch König Robert I. (922/23) bestimmt wurde

    907 oo Adela von Neustrien, Tochter des Herzogs Robert, 887- nach 3.931

    Kinder:
    - Odo Graf von Vienne und Amiens 910- nach 19.6.946
    - Adela Erbin von Artois 910/15- 960
    934 oo Arnulf I. Graf von Flandern, 895/900-27.3.964
    - Heribert III. der Alte 910/15-29.1.993
    - Robert Graf von Meaux und Troyes 910/15-19./29.8.967
    - Adalbert I. Graf von Vermandois ca. 915-8.9.987
    - Ledgard 915/20-27.5.978
    940 1. oo Wilhelm I. Herzog der Normandie um 900-17.12.942
    943/45 2. oo Theobald I. Graf von Blois - 16.1.975
    - Hugo Erzbischof von Reims (925-946) 920 - 962 Meaux

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 50,65,89 - Barth Rüdiger E: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 54-103 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 22,48 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 23,26,34,36,40-45,47, 49-54,58 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 23,27-29,32,38,42 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 191989 Seite 34-37,65 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 77,96,101, 120,124-128,139 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 293,299,305, 321 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 203,206-210 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Sttaufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 116,119, 128,130 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 5-409 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 458 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 483,488,493-496,516,526 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 50,64,104,114,121,123 -

    Heribert heiratete von Neustrien, Adele in 907. Adele (Tochter von von Neustrien, Robert I. und Aelia) wurde geboren in 887; gestorben nach Mrz 931. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 181. von Vermandois, Odo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 910; gestorben am 19 Jun 946.
    2. 182. von Vermandois, Adela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 910/915; gestorben in 960.
    3. 183. von Soissons, Heribert III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 910/915; gestorben am 29 Jan 993.
    4. 184. von Vermandois, Robert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 910/915; gestorben in Aug 967.
    5. 185. von Vermandois, Adalbert I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915; gestorben am 8 Sep 987.
    6. 186. von Vermandois, Liutgard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915; gestorben am 27 Mai 978.
    7. 187. von Vermandois, Hugo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 920; gestorben in 962 in Meaux [77100],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich.

  2. 143.  von Vermadois-Meaux, Beatrix Graphische Anzeige der Nachkommen (109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 880; gestorben nach 26 Mrz 931.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Frankreich; Königin von Frankreich

    Notizen:

    Beatrix von Vermadois-Meaux
    Königin von Frankreich
    880- nach 26.3.931
    Tochter des Grafen Heribert I. von Vermandois und der Adele von Meaux, Erb-Tochter von Graf Theutbert
    Nach Helmut Schwager ist ein heribertinischer Vater abzulehnen

    Treffer Gerd: Seite 62-63 "Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)"

    Beatrix von Vermandois - die Witwe des Usurpators
    * um 870 , + um 930 Heirat: um 893
    Gemahlin Roberts I. (König 922-923)

    Beatrice ist die Frau Roberts von Blois. Er hat sich im Kampf gegen die Normannen ausgezeichnet. Karl der Einfältige ernennt ihn zum Marquis (sein Bruder Odo hatte von KARL DEM DICKEN für ähnliche Verdienste den Titel eines Grafen von Paris erhalten). Mit erwa 23 Jahren hat sie Robert geheiratet, für den die Ehe einflußreiche Verbindungen schafft. Beatrice ist die Tochter jenes großen Lehnsherren Herbert von Vermandois, der sein Gesetz den Gebieten nördlich der Seine diktiert, dem König die Stirn bietet (und ihn schließlich auch gefangensetzen wird - um seinem Haus den Weg frei zu machen). [Der Autor macht hier ihren Vater, Heribert I. und ihren Bruder, Heribert II., zu einer Person.] Mütterlicherseits entstammt sie dem Geschlecht der Grafen von Elsaß und Paris.
    Im Gegensatz zu Roberts erster Frau, Adele von Maine, die ohne Nachkommenschaft starb, hat Beatrice drei Kinder: Emma, Liutgard und Hugues (den Großen, der der Vater von Hugues Capet sein wird) [In der Fachliteratur wird allgemein davon ausgegangen, daß nur Hugo der Große aus der Ehe Roberts mit Beatrix stammt.]. Wie ihr Vater ist auch Beatrice dem regierenden König Karl III. feindlich gesonnen und stärkt die Hausmacht ihres Mannes, indem sie Emma 921 mit Raoul, dem Sohn des mächtigen Herzogs Richard von Burgund vermählt. Dies wird der Auftakt einer Serie sich überstürzender Ereignisse. Am 22. Juni 922 wird Karl der Einfältige, dem man vorwirft, er vernachlässige das westliche Reich zugunsten Lothringens, von den Großen abgesetzt. Zum Wahlkönigtum zurückkehrend, das natürlich ihre Macht stärkt, wählen sie am 29. Juni in Reims Herberts Schwiegersohn, Beatrices Mann. Als Robert I. läßt er sich am folgenden Tag von Gautier, dem notorischen Königsmacher salben. Herbert von Vermandois allerdings stellt sich nun auf die Seite des legitimen Königs.
    Beatrice wird nur kurze Zeit den begehrten Titel einer Königin von Frankreich tragen. Der KAROLINGER Karl sichert sich in Lothringen Unterstützung. Vor Soissons kommt es zur großen Auseinandersetzung. Am 15. Juni 923 wird Robert im Kampf getötet. Beatrice ist nun Witwe. Durch ihre Tochter Emma entrinnt sie allerdings dem Schicksal, von der Geschichte gänzlich vergessen zu werden. Sie bleibt durchaus eine einflußreiche Persönlichkeit und begabte Intrigantin. Nach Roberts Tod wird Gautier nämlich umgehend Raoul, Beatrices Schwiegersohn, zum König weihen. Von nun an wird es für den legitimen König schwierig. Er steht allein gegen eine Koalition mächtiger Barone; er schickt Otgive - oder Edwige - und ihren Sohn Ludwig in den Schutz seines Schwiegervaters Eduard I., König von Wessex, nach "Übersee". Der Kampf flammt wieder auf. Es folgt Verrat: Herbert bietet Karl erneut seine Hilfe an. Der König kommt zu ihm nach Saint-Quentin. Herbert läßt ihn im Turm von Chateau-Thierrry gefangensetzen. Selbst seine Freunde sind entsetzt. Herbert argumentiert, es handle sich weniger um einen Angriff auf die königliche Person, denn um einen Familienstreit: Der Vorfahr Karls III., Ludwig der Stamler, hätte Bernhard von Italien, seinen Vorfahr, verraten [Richtig ist, daß Karls III. Vorfahr LUDWIG DER FROMME Bernhard von Italien blenden ließ und dieser an den Folgen der grausamen Prozedur starb.]. Die Argumente konnten niemanden täuschen.Das Unglück des Königs begünstigt zu deutlich das Glück seines Schwiegersohnes.
    Herbert hat also den König gefangengesetzt. Seine Tochter Beatrice ist zufrieden. Seine Enkelin Emma kann einen neuen König von Frankreich zur Welt bringen. Der mächtige Clan der VERMANDOIS schickt sich an, an die Stelle der KAROLINGER zu treten [Die VERMANDOIS oder HERIBERTINER waren KAROLINGER im Mannesstamm.]. Die Königin-Mutter Beatrice lebt noch einige Jahre von ihrem zweifellos beträchtlichen Besitz, ehe sie mit rund 60 Lebensjahren stirbt.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 458 Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)

    VI. Generation 4

    Daß derselbe Herzog Robert, dessen Tochter, wie wir in der vorigen Anmerkung sahen, Heribert II., ehelichte, seinerseits eine Schwester Heriberts II. namens Beatrix geheiratet haben soll, diese Annahme verwarf Brandenburg aus zwei Gründen (Anmerkung zu Brandenburg VI, 3). Einmal, "weil sonst Heribert II. die Tochter seiner Schwester der Tante geheiratet haben würde, was nach den kirchlichen Vorschriften völlig ausgeschlossen war", zum anderen, weil die Nachricht, die das behaupte, "erst zwei Jahrhunderte später" auftrete. Damit, und mit den Worten, diese vermutete Gattin Roberts sei "angeblich Beatrix genannt" gewesen, beging Brandenburg allerdings eine erhebliche Ungenauigkeit. Daß die Mutter Hugos des Großen, des Sohnes Roberts, Beatrix hieß, ist nicht nur zeitgenössisch, sondern sogar urkundlich bezeugt. Am 26. März 931 urkundet Hugo in Tours für Sankt-Martin, HF 9, 719f. ...in eleemosyna domni et genitoris nostri Rotbertii quondam regis ac genetricis nostrae Beatricis atque nostra ... Aus der Formulierung (quondam beim Vater, domna bei der Mutter) dürfen wir entnehmen, daß Beatrix damals noch lebte, denn Hugo schenkt auch für sein eigenes Seelenheil. Beatrix wird noch in einer anderen Urkunde als Gattin Roberts und Mutter Hugos erwähnt (Vat. Reg. lat. 982, fol. 34 verso, ed. A. Vidier, Le Moyen Age 20 (1907) 289ff.) ... Hanc ...villam Willelmus comes Rotberto vice fratrum (S. Aignan d'Orleans) reddiderat comiti, et Rotbertus ... pro remedio anime suae etr anime uxoris suae Be.(sic) atque pro incolumitate filii sui Hugonis concessit ... Die Ehe Roberts mit Beatrix ist also gesichert. Hugo der Große hat eine Tochter, die künftige Herzogin von Ober-Lothringen, nach seiner Mutter Beatrix genannt, und einen unehelichen Sohn, künftigen Bischof von Auxerre, nach dem Vater seiner Mutter, also dem eigenen Großvater, Heribert (siehe unten VIII, 10 und 15, ferner Werner a.a.O.). Die Lösung des vermeintlich unüberwindlichen Verwandtschaftsproblem ist aber nun nicht nur theoretisch möglich - nämlich durch die Annahme; Herzog Robert habe aus seiner ersten Ehe jene Tochter (Adela) gehabt, die er Heribert II. zur Frau gab, und habe in zweiter Ehe Heriberts Schwester Beatrix geheeiratet - sondern die dazu passende Annahme findet ihre Bestätigung: Eine andere Tochter Roberts, Hemma, die als Gattin Rudolfs, Sohn Herzog Richards von Burgund, zeitweise westfränkische Königin war, ist tatsächlich nicht nur erheblich älter als ihr Bruder (asu zweiter Ehe) Hugo gewesen, sondern war in der Tat seine Halbschwester: Beide hatten nur den Vater, nicht aber die Mutter gemeinsam. In einer Urkunde, die bei Martene, Thesaur. anecd. 1,67 gedruckt ist, die ich aber nach der Kopie von Baluze, Bibl. Nat., Coll. Baluze 76, fol. 322 zitiere, und zu der ich das genaue Datum, 932 IV 15 Tours, aus dem Aufzeichnungen von Dom Lesueur, Bibl. Nat., ms. lat. 13898, fol.196 verso und der Kopie in Bibl. Nat., Collection Housseau, n nr. 164, ermittelt habe, (für alles Nähere verweise ich auf die von mir vorbereiteten Regesten der ROBERTINER-Urkunden) sprechen die Kanoniker von Saint-Martin de Tours von Emma, der sie eine Prekarie verleihen, als gloriosae reginae domae Immae domni Roberti regis filiae sororis suae (sc. Hugonis), als der Tochter Roberts und dadurch Schwester Hugos und dann von Hugo ut ipse germanae suae domnae Immae reginae successor existat. "Germana" aber bezeichnet die Schwester vom gleichen Vater. Ende 934 ist Emma schon gestorben (Flodoard 934).
    Durch die Ehe Roberts mit Beatrix sind alle ROBERTINER/KAPETINGER, die von beider Sohn Hugo dem Großen abstammen, Nachkommen KARLS DES GROSSEN. Es ergeben sich entsprechend erhebliche Unterschiede von der achten Generation an, gegenüber der Tafel von Brandenburg.

    Schwager, Helmut: Seite 57,233,406-409, "Graf Heribert II. von Soissons"

    Roberts Gattin Beatrix (+ nach 931) dürfte dem ROBERTINER bereits vor 893 mehrere Güter im Berry, so zum Beispiel Chatillon-sur-Loire (mit den Kirchen Saint-Firmin, Saint-Brisson und Saint-Martin-sur-Ocre) eingebracht haben.
    In diesem Zusammenhang soll auch noch darauf hingewiesen werden, daß eine zum Jahre 895 behauptete Verheiratung von Heriberts II. angeblicher Schwester Beatrix mit dem ROBERTINER Markgraf Robert von Neustrien meines Erachtens nicht zu beweisen ist, was im Exkurs IV näher ausgeführt werden wird.

    4. War Königin Beatrix, die Gattin des westrfränkischen Königs Robert I., eine HERIBERTINERIN?

    Bekannte Historiker der westfränkischen Geschichte im Mittelalter wie zum Beispiel F. Lot, H. d'Arbois de Jubainville, C. von Kalckstein, Ph. Lauer, M. Bur oder K.F. Werner, treten eindeutig dafür ein, daß König Roberts I. Gattin Beatrix (+ nach 931) eine Tochter Graf Heriberts I. (+ 900/06) und Schwester Graf Heriberts II. gewesen sei. Doch können sie kaum quellenmäßige Belege dafür erbringen! Lediglich Kalckstein erwähnt eine fehlerhafte Urkunde Kaiser BERENGARS I. von Italien (+ 924) vom 15. Februar 915 für die Abtei Saint-Martin in Tours, in der dieser Markgraf Robert von Neustrien (+ 923) als "propinquus noster" bezeichnet wird. Kalckstein sieht diese Verwandtschaft mit Vorbehalt durch die Ehe von Beatrix, einer Ururenkelin König Pippins von Italien, mit König Robert I. als gegeben an. Dies kann jedoch meiner Meinung nach nicht zutreffen, da es sonst schon längst Bezeichnungen wie "propinquus noster" auch in Urkunden König Karls III. mit Markgraf Robert von Neustrien als Intervenienten hätte geben müssen, zumal dieser ja noch näher mit ihm verwandt gewesen wäre als der ferne KAROLINGER-Nachkomme in Italien. Tatsächlich taucht eine solche Verwandtschaftstitulierung, nämlich "consanguineus" nur in einer Urkunde Karls III. vom 28. Mai 917 aus Attigny für Markgraf Robert auf. Nun bedeutete "consanguinitas" allerdings eine weit engere Verwandtschaft (= Blutsverwandtschaft) als dies durch eine angeheiratete karolinger-blütige Beatrix von Vermandois gegeben ist (höchstens "propinquitas")! Dies gilt ebenso, wenn man diese "consanguinitas" auf Roberts Sohn Hugo den Großen bezieht, der um 917 mit einer karolinger-blütigen Tochter von Karls III. Tante Rothilde (N.N. von Maine (+ vor 926) verlobt, um 920 dann in erster Ehe verheiratet gewesen ist. Eine "consanguinitas" zwischen König Karl III. und Markgraf Robert von Neustrien müßte daher über ihre Eltern (Robert dem Tapferen, dessen Gattin oder Ludwig II. bzw. dessen Gattin Adelheid) konstruiert werden, was bisher nicht gelungen ist.
    K.F. Werner versucht sodann Beatrix (von Vermandois) als Mutter Herzog Hugos des Großen von Franzien zu erweisen, indem er eine Urkunde des ROBERTINERS vom 26. März 931 aus Tours für die Abtei Saint-Martin zitiert. Darin schenkte der ROBERTINER auch für das Seelenheil seiner anscheinend noch lebenden Mutter Beatrix. Doch ist hier nirgends von ihrer genauen Filiation die Rede, weswegen das Diplom in dieser Frage keine Beweiskraft besitzt.
    Tatsächlich gibt es meiner Ansicht nach nur zwei quellenmäßige Belege aus der Burgundia, die für eine Abstammung der Gattin König Roberts I. von den HERIBERTINERN sprechen, wobei freilich der Name Beatrix nicht fällt, nämlich die Historia Francorum Senonensis und das Chronicon Sancti Petri Vivi Senonensis des Mönches Clarius von Saint-Pierre-le-Vif (+ nach 1124). Die Historia wurde allerdings erst 150 Jahre nach den Ereignissen erstellt und ist wegen zahlreicher Verdrehungen und Entstellungen von nur sehr mittelmäßiger Bedeutung. Denn diese Quelle ist eindeutig gegen die robertinisch-kapetingischen Herrscher der damaligen Zeit gerichtet, indem sie die KAROLINGER-Könige der Vergangenheit bewußt positiv heraushebt. Daher wird nnatürlich Graf Heribert II. als Hochverräter geschildert und seine robertinische Verwandtschaft dabei mitdiskreditiert, was mit Sicherheit die Absicht des Chronisten gewesen ist. Was Clarius Chronicon Sancti Petri Vivi Senonensis angeht, so folgt sie hier wortwörtlich der Historia Francorum Senonensis und stammt zudem aus dem 12. Jahrhundert. Beiden Quellen ist schließlich gemeinsam, daß die Ereignisse des Jahres 923 vollig falsch interpretieren! Sie sehen den KAROLINGER-König Karl IIII. nämlich - entgegen allen anderen Chronisten - als klaren Sieger der Schlacht von Soissons an, der lediglich durch die Hinterlist Graf Heriberts II. zu Fall gekommen sei. Auch die Wahl König Rudolfs als seines Nachfolgers sei von dem KAROLINGER mitbewirkt worden!
    Auf jeden Fall stehen diese beiden dubiosen Quellen allein, weswegen E. Brandenburg [Brandenburg, Nachkommen, 88 (Anmerkungen zu VI,3] Beatrix heribertinische Herkunft auch ablehnt! Er weist dazu besonders auf die im anderen Fall unkanonische Verbindung Graf Heriberts II. mit seiner eigenen Nicht hin. Dies Problem der verbotenen Verwandtenehe löst Werner, indem er Heriberts II. robertinische Gattin N.N. - nach ihm Adela - aus der ersten Ehe König Roberts I. abstammen läßt, während Roberts I. Nachfolger Hugo der Große aus dessen zweiter Ehe mit Beatrix (von Vermandois) stamme. Mit Hilfe dieser geschickten Konstruktion hebelt K.F. Werner in der Tat Brandenburgs Bedenken aus, kann damit jedoch weiterhin nicht - wie schon oben geesagt - die Abstammung der Beatrix aus dem heribertinischen Hause belegen! Auch der Hinweis Werners, daß Herzog Hugo der Große von Franzien einen illegitimen Sohn, nämlich Bischof Heribert von Auxerre (+ 996) gehabt habe, hilft hier nicht weiterr. Denn illegitime Söhne von Hochadeligen wurden damals eher nach der Mutterseite, also hier deer Familie der Konkubine Raingarda benannt. Außerdem kann ja Graf Heribert II. ohne weiteres von seinem Schwager Herzog Hugo dem Großen von Franzien in einer Phase des gemeinsamen Kampfes gegen den KAROLINGER-König als Taufpate für seinen illegitimen Sohn auserkoren worden sein, ohne daß der HERIBERTINER mit dem späteren Bischof Heribert von Auxerre blutsmäßig verwandt gewesen ist. Gravierend ist meiner Meinung nach weiterhin, daß zwar der ROBERTINER Hugo der Große in den Quellen als "gener" Heriberts II. und "avunculus" seiner Söhne bezeichnet wird, dagegen nie als "nepos" Heriberts II.; ebensowenig erscheint sein Vater König Robert I. als "gener" Heriberts II.
    Als letzten Einwand gegen Werners These ist jedoch die einfache Tatsache zu nennen, daß eine heribertinische Gattin König Roberts I. Sohn Hugo den Großen und damit den Enkel Hugo Capet (+ 996), der 987 die KAROLINGER als westfränkisch-französiscche Könige ablöste, zu KAROLINGER-blütigen gemacht hätte. Damit hätte aber im Jahre 987 kein Dynastiewechsel in W-Franken/Frankreich stattgefunden, sondern der karolingischen Hauptlinie wäre lediglich eine "Seitzenlinie" gefolgt. Dem widerspricht aber die offene Kritik französischer Geschichtsschreiber des 11. Jahrhunderts an der Legitimität der KAPETINGER, die erst unter König Philipp II. August von Frankreich (+ 1223) mittels des "reditus regni Francorum ad stirpem Karoli" diesen Makel überwinden konnten. Diese Probleme der KAPETINGER wären aber meiner Ansicht nach völlig unmöglich gewesen, wenn sie wirklich KAROLINGER-Blut in den Adern gehabt hätten; iund wieso haben dann im 12. Jahrhundert königliche Genealogen verzweifelt versucht, die KAROLINGER-Blütigkeit der französsichen KAPETINGER-Könige über ihre angeheirateten Gattinnen zu bewesien, wenn ihnen die heribertinische Mutter Hugos des Großen dies viel leichter gemacht hätte? Doch wird im 12. Jahrhundert in den kapetingischen Genealogien nirgends eine Beatrix (von Vermandois) erwähnt. So steht zwar fest, daß König Roberts I. Gattin Beatrix hieß, daß sie aber eine Schwester Graf Heriberts II. war, ist mit Sicherheit abzulehnen!

    893 oo 2. Robert I. von Neustrien König von Frankreich
    postum 866-15.6.923

    Kinder:
    Hugo der Große
    895-16.6.956

    Literatur:
    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 36 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 62 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/ Opf. 1994 Seite 7,57,233,244 mit Anm. 928,402,406-409 -

    Beatrix heiratete von Neustrien, Robert I. in 893. Robert (Sohn von Robert und von Tours, Adelheid) wurde geboren um 866; gestorben am 15 Jun 923 in Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 188. von Franzien, Hugo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 895; gestorben in Jun 956 in Dourdan [91410],Essonne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

  3. 144.  von Vermandois, Kunigunde Graphische Anzeige der Nachkommen (109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 890; gestorben nach 943.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Wetterau,Hessen,Deutschland; Gräfin in der Wetterau

    Notizen:

    Kunigunde von Vermandois
    Gräfin in der Wetterau
    um 890- nach 943

    Tochter des Grafen Heribert I. von Vermandois und der Adele von Meaux, Erb-Tochter des Grafen Theutbert
    Johannes Fried nennt im Stammbaum der KONRADINER (bei Brandenburg, Nachkommen Seite 92) die Tochter Heriberts Adela von Vermandois, während Jackman ihren Namen mit Kunigunde angibt

    Brandenburg Erich: Tafel 1, "Die Nachkommen Karls des Großen", VI. Generation 4.

    N. (Tochter)
    Gemahl: vor 920 Udo Graf in der Wetterau (KONRADINER) + 949 12.XII.

    Anmerkungen: Seite 116,VI. 4. Tochter

    Vgl. Arbois de Jubainville 1, 107f; Kalckstein 182; Flodoard 946, S. S. 3, 393.
    Da Udos Sohn Gebhard nach Widukind 2,11 (S.S. 3, 440) 938 im Kampf getötet wurde, also doch wohl mindestens etwa 18 Jahre alt war, muß die Ehe vor 920 geschlossen sein, aber auch nicht viel früher, da Udo vom Cont. Regin. 910 (S. S. 1, 614) beim Tode seines Vaters noch als puer bezeichnet wird.

    * Ergänzung:
    Nach neueren Forschungen, die Donald C. Jackman: The Konradiner: A study in genealogical methodology, in der Reihe JUS COMMUNE, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte, Frankfurt am Main, Sonderhefte, - Studien zur Europäischen Rechtsgeschichte -, Band 47, Frankfurt am Main 1990, veröffentlich hat, ergeben sich für die Stammfolge der KONRADINER und somit der Abstammung einiger Zweige von KARL DEM GROSSEN, grundlegenden und weitreichend Änderungen. Vor Abschluß der wissenschaftlichen Diskussion der Ergebnisse von Jackmann wird daher einstweilen auf die völlige Übernahme seiner Forschungsergebnisse verzichtet.

    Ergänzung (Jackman): vermutlich Kunigunde von Vermandois. [VI 5]

    915 oo Udo IV. Graf von der Wetterau
    895/900-12.12.949

    Kinder:
    - Gebhard III. ca 918/20- 938 vor Belecke
    - Konrad Herzog von Schwaben ca 925/30-20.8.997
    - Udo II. Graf der Wetterau ca 920/25-14.7.982
    - Heribert Graf Kinzinggau ca 930- 992
    - Judith ca. 925-16.10.973
    959 oo Heinrich I. Graf von Stade -9.5.975/76
    - Hugo Graf im Einrichgau

    Kinder: Nach Jackmann/Fried
    - Gebhard - 938
    - Udo [= Otto?] Bischof von Straßburg (950-965) -26.8.965
    - Otto ?

    Kunigunde heiratete von der Wetterau, Udo I. in 915. Udo (Sohn von im Lahngau, Gebhard II. und Ida) wurde geboren in 895/900; gestorben am 12 Dez 949; wurde beigesetzt in Wetzlar [35576],Lahn-Dill-Kreis,Hessen,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 189. im Einrichgau, Hugo  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 190. von der Wetterau, Gebhard III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 918/920; gestorben in 938 in Belecke [59581],Soest,Nordrhein-Westfalen,Deutschland.
    3. 191. von der Wetterau, Udo II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 920/925; gestorben am 14 Jul 982 in Cotrone [88900],Kalabrien,Italien.
    4. 192. von Schwaben, Konrad  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 915/920; gestorben am 20 Aug 997.
    5. 193. von Rheinfranken, Judith  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 925; gestorben vor 973.
    6. 194. von der Wetterau, Heribert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 925; gestorben in 992.

  4. 145.  von Arles, Boso III. Graphische Anzeige der Nachkommen (115.Berta9, 77.Lothar8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 885; gestorben nach 938.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Tuszien,Italien; Markgraf von Tuszien
    • Titel/Amt/Status: 926-931, Arles (Grafschaft),Bouches-du-Rhône,Provence-Alpes-Côte d’Azur,Frankreich; Graf von Arles
    • Titel/Amt/Status: 911-931, Avignon [84000],Vaucluse,Provence-Alpes-Côte d’Azur,Frankreich; Graf von Avignon

    Notizen:

    Boso III.
    Graf von Avignon (911-931)
    Graf von Arles (926-931)
    Markgraf von Tuszien
    885- nach 938
    Jüngerer Sohn des Grafen Theotbald von Arles und der Berta, illegitime Tochter von König Lothar II. von Lothringen

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 8 a. BOSO, Graf von Avignon 911-931, Graf von Arles 926-931,Markgraf von Toscana vor 931 17. X., abgesetzt 936
    * (ca. 885)
    Gemahlin:
    Willa, vielleicht Tochter Rudolfs I. von Hoch-Burgund

    Anmerkungen: Seite 117
    VI. 8. Boso
    Geburtszeit nur schätzungsweise bestimmbar. Über ihn Hofmeister, M. I. Ö. G. Ergb. 7, 405f.: Eine Stelle bei Liudprand (3, 47): Boso denique es eodem patre regis Hugonis frater könnte die Annahme nahelegen, daß nicht die KAROLINGERIN Bertha, sondern eine andere, sonst gänzlich unbekannte Mutter gewesen sei. Indessen fordert die Stelle diese Deutung nicht, wie Poupardin, Provence 207, Anmerkung 5, und Hofmeister Seite 392, Anm. 4 mit Recht betont haben. Auch spricht für die Abstammung von Bertha der Umstand, daß eine seiner Töchter Bertha hieß.
    Ältere Angaben, wonach Boso später Graf von Provence geworden sein soll, entbehren jeder Begründung; die späteren Grafen und Markgrafen von Provence stammten jedenfalls nicht von ihm ab. Nach Poupardin Seite 240, Anmerkung 2 soll Boso vor 940 gestorben sein; es wird aber keine Quelle dafür angegeben. Er wird noch 938 oder 939 31. V., Schiaparelli n. 49, erwähnt und nicht als verstorben bezeichnet.

    Gemahlin: Willa
    Über ihre Abkunft steht durch Liudprand: Antap. 4, 11, nur fest, daß sie 936 verbannt wurde "in Burgundiam, de qua oriunda fuerat". Da Rudolfs I. von Burgund Gemahlin ebenfalls Willa hieß und beide bereits 888 mehrere Söhne und Töchter hatten (Genealogisches Handbuch 1, Seite 75), so erscheint die schon von Duchesne aufgestellte Vermutung, sie sei dessen Tochter gewesen, als naheliegend, wenn auch nicht völlig gesichert. Auch Poupardin, Provence Seite 392, nimmt diese Herkunft der Willa an. [VI a 16]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 466, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 33-36
    Die vier Töchter aus der Ehe von König Hugos Bruder Boso mit Willa nennt Liudprand, Ant. IV, 11, ed. Becker 109f.
    Zur älteren Berta, begnügt Brandenburg sich, außerdem Liutprand, Ant. V, 31 (Becker 149) zu zitieren und nach den dort gemachten Angaben den ersten Gemahl der Bertha auf der Tafel als "Boso, Graf von Provence, + 935" zu bezeichnen. Es wird dadurch nicht deutlich, daß dieser Boso der Bruder König Rudolfs (Raoul) von W-Franken (923-936) ist. Besitz und politische Aktivität Bosos lagen vor allem in Lothringen, wo er König HEINRICH I. lange erhebliche Schwierigkeiten machte (vgl. Flodoard, Ann., Register der Ausgabe von Lauer) ehe er 935, nach dem 13. September (zu welcher Zeit er noch urkundlich bei seinem Bruder, König Rudolf, nachweisbar ist, Flodoard, ed. Lauer 62, Anmerkung 3) starb. - Berthas zweiten Gatten nennt Brandenburg "Raimund Graf von Rouergue, + vor 965 (961?)". Raimund hat aber außerdem das regnum Septimaniae bzw. regnum Gothiae, das später Herzogtum Narbonne genannte einst westgotische Gebiet S-Galliens an sich gebracht und nannte sich comes et marchio; 936 trat er als dux Aquitaniae auf und vereinigte in seiner Person, wenigstens den Anspruch nach, zeitweise die Herrschaft über zwei fränkische regna, Aquitanien und Septimanien. Entsprechend erscheint er bei Flodoard, Ann. 944 als Gothorum princeps, bei Liudprand, Ant. V, 31 als Aquetanorum princeps. König Ludwig IV. hat offensichtlich die Ansprüche Raimunds anerkannt, ihn in einem Diplom 939 IV 4 nmarchio (die offizielle Kennzeichnung des höchsten Ranges der weltlichen Hierarchie in den karolingischen Diplomen seit Ende 9. Jh., vgl. künftig Werner, Die Entstehung des Fürstentums, 2 Bände, München, Wilhelm-Fink-Verlag) und 941 XII 5 princeps Aquitanorum genannt. (Die beiden Diplome Receuil des actes de Louis IV, ed. Ph. Lauer, nr. 11 und 17).
    Die Daten der beiden Eheschließungen Berthas sind nicht leicht zu bestimmen. Hiestand 161 setzt die Ehe der Nichte König Hugos mit einem Bruder König Rudolfs von W-Franken sehr einleuchtend zu 928, als sich Hugo und Rudolf Ende Oktober trafen und sich das mit dem Tode König LUDWIGS III. vakant gewordene Reich unter Ausschluß von LUDWIGS Sohn Karl Konstantin teilten: Vienne/Lyon, der große Dukat im N, kam unter westfränkische Lehnshoheit, der Rest wurde von König Hugo regiert, ohne daß er einen eigenen Königstitel für die Provence angenommen hätte (so auch A. Hofmeister, Deutschland und Burgund im frühen Mittelalter, 1914, 56ff.). Das paßt auch zu dem zu erschließenden Geburtsjahr der Bertha, das um 915 liegen dürfte (Berthas Vater Boso * 885).
    Das Datum der zweiten Ehe ist uns nur bei Liudprand Ant. V, 31 überliefert, und selbst da handelt es sich um eine höchst undurchsichtige Angabe. Liudprand schreibt, König Hugo habe sich, nicht lange vor seinem Tode (um den Druck Berengars II. in Italien auszuweichen, der ihn dort entmachtet hatte) in die Provence begeben, omni cum pecunia ... Quo audito Raimundus Aquitanorum princeps eum adiit, und wird gegen hohe Geldzahlungen sein Vasall, mit dem Versprechen, ihm in Italien militärisch behilflich zu sein. Aus den Plänen sei aber nichts geworden, denn Hugo sei gestorben (in Wahrheit war er an den italienischen Hof zurückgekehrt), und habe sein Geld seiner Nichte Bertha - eben der, von der wir hier sprechen - vermacht: Berthae neti suae, Bosoni Arelatensis comitis viduae, pecunia derelicta. Quam etiam brevi spatio intercedente memoratus Raimundus, inpurissimae gentis princeips inpurior, sibi maritam effecerat ... Hier hat allein das Plusquamperfekt des letzten Wortes Brandenburg (und vor ihm andere) dazu veranlaßt, die Eheschließung brevi spatio nach dem Eintritt der Witwenschaft (935), also "ca. 936", anzunehmen. Es muß aber doch auffallen, daß Liudprand zum Zeitpunkt von König Hugos Testament und Tod (948) Bertha nicht Gattin Raimunds nennt, sondern Witwe (Bosos), was sie doch nach der Annahme von Brandenburg seit 12 Jahren nicht mehr war. Das brevi spatio intercedenta könnte sich also auch auf Tod und Testament König Hugos beziehen, die Ehe Raimunds der Erbin nicht nur von Hugos Geld, sondern auch umfangreicher Domänen (vgl. Hofmeister 45) gegolten haben.

    Thiele, Andreas: Tafel 390, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

    BOSO III.
    + nach 936
    Graf von Avignon, Arles und Vaisin

    Boso wurde 932 Markgraf von Tuszien und 936 von seinem Bruder, König Hugo, aus Mißtrauen abgesetzt.
    oo WILLA VON BURGUND Tochter des WELFEN-Königs Rudolf I. von Arelat

    Hlawitschka, Eduard: Seite 84,86,202, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    Wenn man die Nachricht des Constantinos Porphyrogenitos trauen darf, hatte BERENGAR aus der Provence noch einen Einfall abzuwehren. Von dort her versuchte in dieser Krisenzeit Markgraf Hugo - wie schon 907 - sein Glück in Italien. Bis Pavia sei er zusammen mit seinem Bruder Boso und einem Hugo Taliapherni sowie einem kleinen Heer vorgedrungen. Dann aber habe BERENGAR den Eindringlingen die Zufuhr abschneiden können. Als diese sich ergeben und geschworen hätten, nicht wieder nach Italien zu kommen, habe BERENGAR sie den Rückzuig antreten lassen.
    Darüber hinaus zog Hugo eine große Menge Verwandter nach sich. Noch vor 931 erschien Hugos Bruder Boso, der früher schon Hugos Italienpläne kräftig unterstützt hatte und 926 in Hugos provencalische Stellung nachgefolgt war [Er erhielt nach der Absetzung Lamberts, eines Halbbruders Hugos, die Mark Tuszien. Boso ist ab 931 in Italien nachweisbar.].
    Die Mark Tuszien, in der ihn Liudprand erwähnt, erhielt er immerhin erst 936 nach der Absetzung und Inhaftierung Bosos [Zu Boso von Tuszien vgl. A. Hofmeister, Markgrafen Seite 405ff. Das Datum der Absetzung Bosos wird gesichert durch Flodoard, Annales ad 936, Seite 64ff.], des 931 aus der Provence gekommenen Bruders König Hugos.



    oo Willa von Burgund, Tochter des Königs Rudolf I. - nach 936


    Kinder:

    - Berta 910/15-18.8.965
    928 1. oo Boso von Burgund Graf von Provence - 13.9.935
    936 2. oo Raimund Markgraf von Septimanien - 961/65
    - Willa um 910/15- nach 966
    936 oo Berengar II. König von Italien 900-4.8.966
    - Richilde
    - Gisla


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,117 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 82,84,86,163,202 - Liudprands von Cremona: Werke in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Band VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 356,394,400,412 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 390 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 466 -


  5. 146.  von Arles, Theutberga Graphische Anzeige der Nachkommen (115.Berta9, 77.Lothar8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 880/885; gestorben vor 948.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Troyes [10000],Aube,Champagne-Ardenne,Frankreich; Gräfin von Troyes

    Notizen:

    Theutberga von Arles
    Gräfin von Troyes
    um 880/85- vor 948
    Einzige Tochter des Grafen Theotbald von Arles und der Berta von Lothringen, illegitime Tochter von König Lothar II.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 9 a. THEUTBERGA
    * ..., + vor 948 IX.
    Gemahl:
    a) Werner (Garnier),Vicomte von Sens und Troyes + 925 6. XII.
    b) Engelbert, wahrscheinlich Sohn des Vicomte Berlion von Vienne + nach 945 25. I.

    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 9. Teutberge
    Ihre Abstammung erhellt aus der Urkunde ihres Sohnes Manasse, Cartul. de S. Victor der Marseille n. 1, in der er König Hugo seinen avunculus nennt. Sie trug den Namen der Schwester ihres Großvaters, der unglücklichen Gemahlin Lothars II., siehe oben IV, 3.
    Über Werner siehe Manteyer, Origines 453f. und Le Moyenage 14, 310f.
    Über Engelbert, ihren mutmaßlichen zweiten Gemahl (als dessen Frau um 941 eine Teutberge erscheint, Chartes de Cluny 476 und 523); Poupardin Prov. 353, und Manteyer 441 und 492. Kinder aus dieser (nicht völlig gesicherten) zweiten Ehe sind nicht bekannt.

    * Ergänzung (Werner):
    Gemahl: Warnarius, Vicomte von Sens und Graf von Troyes. Der zweite Gemahl, Engelbert, ist zu streichen.

    Thiele, Andreas: Tafel 390, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

    THEUTBERGA VON ARLES oo WERNER GRAF VON TROYES + 924 gefallen



    1. oo Werner Graf von Troyes - 6.8.924
    ? 2. oo Engelbert Vicomte von Vienne - nach 25.1.945



    Kinder:
    - Theutberga von Troyes - nach 960
    oo Karl Konstantin Graf von Vienne 901 - nach I. 962
    - Manasse Bischof von Arles


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen. Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,118 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 390 -

    Familie/Ehepartner: von Troyes, Warnarius. Warnarius gestorben am 6 Aug 924. [Familienblatt] [Familientafel]


  6. 147.  von Italien, Hugo Graphische Anzeige der Nachkommen (115.Berta9, 77.Lothar8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 880; gestorben am 10 Apr 947 in Arles [13200],Bouches-du-Rhône,Provence-Alpes-Côte d’Azur,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Provence,Frankreich; Markgraf von der Provence
    • Titel/Amt/Status: 903-947, Arles (Grafschaft),Bouches-du-Rhône,Provence-Alpes-Côte d’Azur,Frankreich; Graf von Arles
    • Titel/Amt/Status: 903-947, Vienne [38200],Isère,Rhône-Alpes,Frankreich; Graf von Vienne
    • Titel/Amt/Status: 926-947, Italien; König von Italien

    Notizen:

    Hugo
    König von Italien (926-947)
    Graf von Arles und Vienne (903-947)
    Markgraf von der Provence
    880-10.4.947 Arles
    Ältester Sohn des Grafen Theotbald von Arles und der Berta von Lothringen, illegitime Tochter von König Lothar II.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Seite 158

    Hugo von Arles und Vienne, König von Italien 926-947
    * um 880, + 948 Arles

    Durch seine Mutter Bertha von Tuszien Enkel König Lothars II., schwang sich sich Hugo unter Kaiser LUDWIG DEM BLINDEN vom Grafen von Arles und Vienne (seit 903) zum dux und marchio der Provence und faktischem Regenten des niederburgundischen Königreiches auf. Durch Herkunft und Machtstellung nach Italien gewiesen, folgte er 926 dem Ruf der dortigen Großen und übernahm nach der Vertreibung Rudolfs II. von Burgund die italienische Königswürde. Die noch lebendige karolingische Tradition des Mittelreiches bestimmte Hugos ehrgeizige Ziele, doch gelang ihm weder die Schaffung eines alpenübergreifenden Großreiches noch erreichte er die Kaiserkrönung. Hugo sicherte sich nach außen durch Bündnisse mit HEINRICH I. von O-Franken und Romanos I. von Byzanz; im Innern, wo seine Königsherrschaft bemerkenswert stabil war, schuf er schon 931 durch die Erhebung seines Sohnes Lothar zum Mitkönig die Voraussetzung für dynastische Kontinuität. Markgraf Berengar von Ivrea, Anführer des oppositionellen oberitalienischen Adels, verdrängte Hugo 945 mit Unterstützung OTTOS DES GROSSEN weitgehend aus Oberitalien, mußte jedoch Hugo und Lothar einstweilen die Königswürde belassen. Hugo rüstete 948 in seinen Stammlanden zum Entscheidungskampf, als er plötzlich starb. Lothars Tod (950) führte 951 zum Eingreifen OTTOS DES GROSSEN.

    Althoff Gerd: Seite 364, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    K 10 Me: 10.4. Hugo rex + 947 König von Italien

    (Es.) Hugo war der Schwiegervater der Kaiserin Adelheid (K 49) während ihrer 1. Ehe mit Lothar von Italien (K 44). Durch diese Verwandtschaft ist die Eintragung Hugos ins Merseburger Nevrolog zu erklären, da Adelheidnach ihrer Heirat mit OTTO DEM GROSSEN für die Aufnahme ihrer Verwandten ins ottonische Gedenken sorgte; siehe dazu oben Seite 163.
    Zu Hugos Wirken in Italien vgl. Liudprand von Cremona, Antapodosis und Köpke-Dümmler, Otto der Große, passim, besonders S. 134-141.
    Allgemein Biographisches Wörterbuch 1, Spalte 1255 mit weiteren Hinweisen.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 7 a. Hugo, Graf von Vienne, Herzog der Provence, König von Italien 926 6. VII.
    * ca. 880, + 947 10. IV.

    Gemahlinnen:
    a) vor 910 Willa + vor 926
    b) vor 927 22. VII. Alda, aus deutschem (fränkischen) Geschlecht, zuletzt 932 28. II.
    c) 932 Marozia, Tochter des Senators Theophylakt und der Theodora, Witwe Guidos (VI. 10), + nach 933.
    d) vor 937 12. XII. Bertha, Tochter Herzog Burchards, Witwe König Rudolfs von Burgund, + nach 961 5. IV.

    e) Konkubine Wandelmoda
    f) Konkubine Pezola, niederer Herkunft
    g) Konkubine Stephania, Römerin
    h) Konkubine Rotrud (Roza), Tochter Walperts
    i) Konkubine N.

    Anmerkungen: Seite 117
    VI. 7. Hugo

    Vgl. Schiaparelli Dipl. di Ugo Poupardin, Provence 204f. Ob der Bouquet 9, 663 im Jahr 990 vorkommende Graf Hugo identisch mit dem späteren König ist, erscheint mir sehr zweifelhaft; erstes sicheres Vorkommen 899 Cart de Grenoble ed. Marion 260; als Graf von Vienne seit 903 7. IV., Cart. de St.-Andre-le-Bas ed. Chevalier Append. n. 11.
    Der Zeitpunkt, wann er Herzog und Markgraf von Provence wurde, ist nicht genauer zu bestimmmen; er erscheint als comes noch 908 16. V., Prou-Poupardin n. 50, als dux et marchio ib. n. 52; jedenfalls war er nach LUDWIGS (Nr. 6) Blendung der eigentliche Regent des Königreichs Nieder-Burgund. Letzte Urkunde 947 24. IV., Schiaparelli n. 83.
    Todestag. Gingins de la Scarra, Anh. s. Schweiz. G.: 9, 218

    Gemahlinnen:
    1. Willa
    c. 910, Cart. de St.-Andre-le-Bas ed. Chevalier Append. n. 14.
    Sie kann, wie Manteyer, Origines 302, vermutet, identisch sein mit der Witwe Rudolfs I. von Burgund; dieser starb allerdings 912, sie heißt aber in der erwähnten undatierten Urkunde Willa regina; wahrscheinlich ist die Urkunde nach 912 anzusetzen; tot 926, Bouquet 9,680.
    2. Alda
    oo vor 927 22. VI., Schiaparello n. 9; Francorum genere Teutonicorum Liudpr. 3, 20, zuletzt 932 28. II. Schiaparelli n. 29.
    3. Marozia
    Liudpr. 3, 43f.
    Ihr Todesjahr ist unbekannt.
    4. Bertha
    Morgengabenverschreibung 937 12. XII., Schiaparelli n. 46.
    Zuletzt in einer Urkunde ihres Sohnes Konrad von Burgund, die gewöhnlich ins Jahr 962, von Poupardin, Bourgogne 395 f., aber auf 961 8. IV. gesetzt wird.

    Konkubinen:
    Wandelmoda
    Liudpr. 3, 20
    Pezola
    Liudpr. 4, 14, nennt sie vilisimorum servorum sanguine cretam.
    Urkundlich nur Roza 945 20. III., Stephania genere Romana, Liudpr. 4, 14; Schiapareilli n. 79.
    Sie war nach Liudpr. 4,14 Tochter des Walpert, eines sehr mächtigen Mannes und Richters in Pavia, der, wohl bald nach 927 14. X. auf Befehl Hugos enthauptet wurde (Liudpr. 3, 29f. und Bemerk. v. Becker, 1. c. S. 92, Anm. 3.). Sie war vorher vermählt mit Pfalzgraf Giselbert, + vor 929 19. XI., Liudprand 3, 29. [VI a 15]

    * Ergänzung (Werner)
    a) Gemahlin: 912 Willa, Witwe König Rudolfs I. von Burgund
    b) o-o ca. 920 Wandelmoda., nobilissima
    c) Gemahlin: Hilda (Alda)
    d) o-o 926/30 Pezola
    e) o-o 928/29 Rotruda/Roza + nach 945 III. 29., Tochter des Richters Waltpert in Pavia, enthauptet ca. 930;
    Witwe des Pfalzgrafen Giselbert + 927 V. 14./929 X. 19.
    f.) Gemahlin: Marozia, Tochter des Senators Theophylakt; Witwe des Markgrafen Wido (siehe VI 18)
    g) Gemahlin: 937 XII. 12. Bertha, Tochter Herzog Burchards von Schwaben; Witwe König Rudolfs II. von Burgund
    h) o-o Stephania aus Rom
    i) o-o N.N.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 459, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 15
    Die (zweite) Ehe Hugos von Vienne mit Hilda (roman. Alda) wurde nicht nur vor 927 VII 22 (so Brandenburg) geschlossen, sondern schon vor 926, das heißt aber, bevor Hugo König wurde, denn er urkundet bei der Wiederherstellung von S.-Pierre de Vienne, undatiert, noch als comes et marchio bei Nennung seiner Frau Hilda: uxoris quondam meae Willae, necnon et praesentis coniugis meae Hildae. (HF 9, 689f.) ebd.: Signum Hildae comitissae.
    Vgl. im übrigen zur Zeitstellung der Frauen und Konkubinen Hugos die Ausführungen Anmerkung VII, 30-32 über die Geburtsdaten der Kinder Hugos. Entsprechend den dort gemachten Feststellungen war die Reihenfolge gegenüber Brandenburg umzustellen.
    In Nieder-Burgund machte er seinem Vetter, LUDWIG III. DEM BLINDEN, die Herrschaft streitig. Hugo war ein kluger und kräftiger, aber auch ein verschlagener und gewalttätiger Mann. In seinen Italienplänen wurde er sehr von seiner Mutter beeinflußt, die großen Besitz und Einfluß in Italien hatte. Er griff 907 gegen BERENGAR nach Italien und scheiterte. Nach dessen Ermordung war er erneut Kandidat und setzte sich nach der Niederlage Rudolfs II. von Hoch-Burgund bei Novara in Italien durch und wurde am 6.7.926 in Pavia zum König erhoben. Er residierte zu Pavia und stellte räumlich das alte Langobardenreich wieder her. In Nieder-Burgund konnte er die Wahl Karl Konstantins zum König verhindern, erreichte aber seine eigene Wahl nicht. Im April 931 ließ er seinen Sohn Lothar zum König erheben. Im März 932 zog er, von seinem Halbbruder Wido II. von Tuszien gerufen, in Rom ein, heiratete Marozia und hoffte, die Kaiserkrone gegen den Widerstand der Häuser IVREA und SPOLETO zu erlangen. Aber sein Stiefsohn Alberich II. entfachte einen Aufstand, Hugo mußte fliehen und Marozia verschwand für immer im Gefängnis. Ungefähr 934 schloß er mit Rudolf von Hoch-Burgund einen Vertrag, worin letzterer auf seine Ansprüche in Italien verzichtete und dafür die Königsherrschaft über ganz Burgund zugesichert bekam. Im gleichen Jahr errang Hugo gegen den von seinen Feinden herbeigerufenen Arnulf von Bayern einen so entscheidenden Sieg, dass dieser bestürzt Italien verließ. Nach dem Tode Rudolfs II. von Hoch-Burgund (937) vermählte er sich mit dessen Witwe, Bertha von Schwaben, und verlobte seinen Sohn Lotharmit Rudolfs Tochter Adelheid. Kein Zweifel, er wollte sich unter Beseitigung des jungen Konrad, der bereits als König anerkannt war, die Herrschaft in Burgund verschaffen. Im Frieden von Vise verzichtete er jedoch auf seine weitgehenden Pläne und übersandte OTTO I. reiche Geschenke. Als 945 Berengar von Ivrea Ansprüche auf die italienische Krone erhob, brach Hugos Herrschaft rasch zusammen. Hugo mußte die Krone niederlegen und zufrieden sein, sie seinem Sohne zu erhalten. Hugo zog sich Ende 947 in die Provence zurück, um Bundesgenossen gegen Markgraf Berengar zu werben, starb aber bald.

    Eickhoff Ekkehard: Seite 408,411, "Theophanu und der König"

    Lange vor Adelheids Geburt war König Rudolf von einer lombardischen Adelsgruppe ins Land gerufen und zum König gewählt worden. Aber schon wenig später wurde er von dem Markgrafen Hugo von der Provence aus Italien verdrängt. Dieser KAROLINGER aus der Nachkommenschaft Lothars, der ein Mann von ungewöhnlicher Durchsetzungskraft gewesen sein muß, wurde 926 in Pavia zum König erhoben, und König Rudolf unternahm keinen Versuch mehr, in den Süden zurückzukehren. Das Bild König Hugos ist nur von seinen Gegnern überliefert; ihrer Ansicht nach führte er seitdem in Italien ein tyrannisches Regiment. Die knappe chronistische Spur seiner Taten zeigt eine Kette blendender Erfolge und überraschender Niederlagen. Als Rudolf II. 937 starb, zählte Konrad, sein Sohn und Nachfolger in Burgund, erst 14 Jahre. Jetzt zeigte Hugo in einer unerwarteten Wendung seine Fähigkeiten. Er kam selbst nach Burgund an den Hof seines alten Rivalen und gewann dort die Königin-Witwe Berta zur Frau. Hugo hatte nun die tatsächliche Macht in Oberitalien, in der Provence und Burgund, und er hätte dem ganzen Raum die ersehnte Friedensordnung bescheren können, wäre er weniger aggressiv vorgegangen. Seinen Sohn Lothar verlobte er mit der damals 6-jährigen Adelheid. Offenbar hoffte Hugo, ihren Bruder, König Konrad, aus seinem Erbe verdrängen zu können. Jetzt griff OTTO DER GROSSE ein. Er holte Konrad an seinen Hof, ließ sich von ihm den Treueid schwören und stellte ihn und sein Reich Burgund unter seinen Schutz. Auch ein mächtiger und unbotmäßiger Vasall König Hugos, der Markgraf Berengar von Ivrea, fand bei OTTO DEM GROSSEN Zuflucht. Lange vor OTTOS erstem Zug nach Italien zog die sächsische Hegemonie die südwestlichen Nachbarreiche in ihren Bann. Nach N-Italien zurückgekehrt, gewann Berengar zusehends Land und Anhang. Er zwang Hugo, die Krone aufzugeben und seinem Sohn Lothar zu überlassen. Der von vielen Seiten angefeindete Hugo hatte sich schon mit der Königin Berta, Adelheids Mutter, nach der Provence zurückgezogen. Er hoffte, sein junger Sohn werde sich mit der Partei seiner Gegner aussöhnen können. Allerdings hatte Hugo seine Sache nicht aufgegeben; in der Provence schmiedete er mit den Sarazenen von Fraxinetum (La Garde Frenet bei Frejus) ein Bündnis gegen Berengar. Aber kurz darauf verschied er.

    Köpke Rudolf/Dümmler Ernst: Seite 134-141, "Kaiser Otto der Große"

    In Italien nahte eben damals eine große Entscheidung, welche tatsächlich die höchste Gewalt in andere Hände spielen sollte, nicht durch Waffengewalt, sondern durch einen friedlichen Umschwung. Längst war man dort in gewohntem Wankelmut der einst herbeigewünschten Herrschaft Hugos überdrüssig geworden, obgleich sein jugendlicher Sohn Lothar neben ihm schon seit 931 als Mitregent und Nachfolger anerkannt war. Auf die milderen Seiten, die er anfänglich angeschlagen, folgte ein Regiment der Willkür und der Härte, das der nächsten Verwandten nicht schonte, wo sie seinen Argwohn erregten. Diese, zumal auch seine Bastarde, und seine burgundischen Landsleute brachte er überall in die mächtigsten Stellungen und zog sie Italienern vor. So wurde sein natürlicher Sohn Boso Bischof von Piacenza und Erzkanzler, ein anderer, Theobald Archidiaconus in Mailand mit der Aussicht auf das Erzbistum, das inzwischen der hochbejahrte Arderich verwaltete, Gotfrid Abt von Ronantola, Hubert Pfalzgraf und Markgraf von Tuszien, seine uneheliche Tochter Rotlinda vermählte er dem Grafen Elisiard. Hugos Halbbrüder Lambert und Boso [Richtig ist: Boso war der Bruder König Hugos.] wurden nacheinander über Tuszien gesetzt, des letzteren Tochter Willa mit dem Markgrafen Berengar verheiratet. Zu den Verwandten des Königs gehörte Tadbald, der Markgraf von Spoleto, Manasse, Erzbischof von Arles, dem er in ganz ungesetzlicher Weise die Bistümer Verona, Trient und Mantua, ja sogar die Mark zu Trient zu gleicher Zeit übertrug, Hilduin, Bischof von Tongern, nunmehr zum Erzbischof von Mailand erhoben. Aus Burgund folgte ihm als Kaplan seiner Gemahlin Gerlan, dem er das Amt des Erzkaplans und die Abtei Bobbio zuwendete, der Lothringer Rather, Hilduins Begleiter, ward mit dem Bistum Verona ausgestattet, der Burgunder Sarilo, zuerst Pfalzgraf, trug die Marken Spoleto und Camerino nebst der Abtei Farfa davon. Allgemeiner Haß, durch Furcht gebändigt, herrschte gegen Hugo und seine Burgunder, die man hochmütig und gefräßig schalt, vergessen wurden die besseren Züge seines Wesens, sein Eifer für die Interessen der Kirche, zu dem freilich sein ausschweifendes Leben übel stimmte, seine der Wissenschaft und ihren Vertretern zugewandte Gunst. Dazu hatte er die Anwohner der Alpen doch nicht, wie es seiner Macht gelegen, von der furchtbaren Geisel der sarazenischen Raubzüge befreit. Ganz erfolglos blieben seine, seit dem Jahre 932 beharrlich fortgesetzten Bemühungen, in Rom Eingang zu gewinnen und durch eine Kaiserkrönung sich erst recht den Besitz der Königswürde zu sichern. Der Patricius Alberich, obgleich sein Eidam, hielt die ewige Stadt in seiner Gewalt und mit ihr die Päpste Marinus und Agapit und wußte alle Angriffe Hugos unwirksam zu machen, so daß dieser sich zuletzt zum Frieden verstehen mußte. Als im Jahre 943 Amadeus, einer von Berengars Begleitern, in Pilgerkleidung sich über die Alpenpässe nach Italien durchschlich und als Kundschafter sogar bis in Hugos unmittelbare Nähe drang, fand er die Stimmung des Volkes zum Abfall reif und nur des Führers harrend, der es wagte, die Fahne des Aufruhrs zu erheben.
    Zu Anfang des Jahres brach endlich auch Berengar nach mehrjähriger Verbannung von Schwaben gegen Italien auf, mit geringem Gefolge nur, aber zählend auf die Einverständnisse, die er unterhielt, und auf den Haß gegen Hugo, über den seine Kundschafter ihn unterrichtet hatten. Wenn OTTO auch aus Rücksicht auf seine bisher freundlichen Beziehungen zu diesem Berengar unmittelbare Unterstützung versagte, so hätte derselbe doch keinesfalls wider seinen Willen einen solchen Zug wagen dürfen. Eine ungewöhnliche Richtung durch den Vintschgau schlug er ein, weil die über die rätischen und penninischen Alpen führenden besuchteren Pässe von den Sarazenen in Hugos Diensten behütet wurden und gelangte so hinüber in das südliche Tal der Etsch. Die feste Burg Formigara (oberhalb Bozen), deren Obhut der Bischof Manasse einem seiner Geistlichen Adalhard anvertraut hatte, hemmte zuerst sein Vordringen und widerstrebte rascher Bestürmung. Da versprach Berengar Adalhard das Bistum Como, Manasse das Erzbistum Mailand (Manasse ließ sich trotz seiner Verwandtschaft mit Hugo durch diesen Köder fangen). Und ward sein Verbündeter. Überall griff der Abfall um sich. Der mächtige Graf Milo von Verona, von fränkischer Abkunft, und am Hofe BERENGARS I. emporgekommen, der sich schon einmal treulos an Herzog Arnulf von Bayern angeschlossen, ging, obgleich von Hugo überwacht, zu seinem Feinde über und nahm ihn in dem festen Verona auf, wobei mancherlei Unbilden, die er von jenem erfahren, ihm zur Entschuldigung dienten. Bischof Wido von Modena, durch die Hoffnung auf die reiche Abtei Nonantola getrieben, folgte nach, wiewohl er keinen besonderen Grund zur Unzufriedenheit hatte, und verlockte durch sein Beispiel viele zum Anschlusse.
    Gegen Wido wandte sich Hugo zunächst und belagerte seine Burg Vignola am Panaro, ohne damit etwas auszurichten, denn inzwischen lud der von ihm schwer verletzte, ja mit dem Tode bedrohte Erzbischof Arderich von Mailand Berengar von Verona in seine Stadt ein. Traurig kehrte Hugo nach seiner Hauptstadt Pavia zurück, wo sein Hof sich leerte und Alles zu seinem Widersacher nach Mailand strömte, um Gnaden aus dessen Hand zu empfangen. Indem der König seine Sache verloren gab, hoffte er doch die Krone seinem Sohne noch zu retten, der ja längst sie dem Namen nach mit ihm teilte und an allen Staatsakten scheinbar mitwirkte, in der Tat aber kaum erst zum Jünglinge herangewachsen war. Lothar begab sich also etwa im April in die Mitte der Empörer nach Mailand, um vor ihnen seine Unschuld an den Vorwürfen zu beteuern, die man gegen seinen Vater erhob; Hugo gedachte inzwischen mit seinen Schätzen nach Burgund sich zurückzuziehen und dort seine Zeit abzuwarten. Der junge, schuldlose König, den man in der ehrwürdigen Ambrosiuskirche vor dem Kreuze niedergestreckt fand, erregte in der Tat das Mitleid seiner bisherigen Vasallen und man beschloß, ihm den Besitz der Krone zu lassen, indem Berengar wieder eingesetzt in die Markgrafschaft Ivrea neben ihm als Teilhaber der höchsten Gewalt stehen sollte. Berengar lenkte den Arm des jungen Königs und rief seine Verfügungen hervor, wie das die Urkunden der nächsten Zeit beweisen. Natürlich begünstigte und förderte er vor allem seinen Anhang.
    Berengar, indem er sich die Fortführung von Lothars Königtum gefallen ließ, hatte seine Anhänger zugleich veranlaßt, auch an Hugo Boten zu entsenden und ihn wiederum zur Übernahme der Herrschaft zu vermögen. Er fürchtete nämlich, daß dieser mit Hilfe der mitgenommenen Schätze leicht von der Provence aus ihm einen Krieg erwecken könne, und wollte ihn lieber unter seinen Augen behalten. So kehrte noch im Sommer scheinbar alles in das alte Gleis zurück, Hugo und Lothar führten nach wie vor ohne Macht den königlichen Namen und ihr siegreicher Nebenbuhler begnügte sich mit dem bescheidenen Titel eines obersten Ratgebers. Mit dem Patricius Alberich wurde unter Agapitus II., der kurz zuvor den päpstlichen Stuhl bestiegen hatte, nach dem Tode Marinus II., endlich 946 Friede geschlossen, die Marken Spoleto und Camerino erhielt Bonifacius, der Sohn Hubalds, ein Schwiegersohn des Königs Rudolf I. von Burgund. Berengar zeigte sich von der vorteilhaftesten Seite und wußte alle Herzen durch Güte und Freigiebigkeit zu gewinnen, so lange er das höchste Ziel noch nicht vollständig erreicht hatte. Hugo, der traurigen Rolle, zu der verurteilt worden, überdrüssig, zog sich 946 in der Tat in die Provence zurück,. Wo er sich an Raimund von Aquitanien einen Beistand für die Wiedereroberung seines Reiches werben wollte, allein ehe es zu weiteren Versuchen gekommen war, ereilte den König am 10. April 947 in Arles der Tod.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 81-90, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    Im Jahre 907 versuchte offenbar Markgraf Hugo von der Provence, der Sohn Thiebalds von Vienne und der nach dessen Tode nach Tuszien weiterverheirateten KAROLINGER-Tochter Berta, welcher für den geblendeten Kaiser LUDWIG die Regierungsgeschäfte besorgte, mit einigen anderen Großen wieder in Italien einzufallen. Die Gründe, die ihn dazu bewogen, sind unbekannt. Aber einerlei, ob er nur einen Vergeltungszug für die Blendung seines Herrn durchführte oder ob seine Mutter, die "große Berta von Tuszien", ihm damals schon die Herrschaft über Italien zu verschaffen gedachte, aus der Tatsache des Italienzuges Hugos spricht doch das rege Interesse, das man in der regierenden Gesellschaft der provence an Italien und der dort herrschenden Führungsschicht behielt.
    Wenn man der Nachricht des Constantinos Porphyrogenitos trauen darf, hatte BERENGAR aus der Provence einen Angriff abzuwehren. Von dort her versuchte in dieser Krisenzeit Markgraf Hugo - wie schon 907 - sein Glück in Italien. Bis Pavia sei er zusammen mit seinem Bruder Boso und einem Hugo Taliapherni sowie einem kleinen Heer vorgedrungen. Dann aber habe BERENGAR den Eindringlingen die Zufuhr abschneiden können. Als diese sich ergeben und geschworen hätten, nicht wieder nach Italien zu kommen, habe BERENGAR sie den Rückzug antreten lassen [Constantin setzte diesen Berich zwischen seine Schilderung der Schlacht von Fiorenzuola (17. Juli 923) und den Vermerk über den Tod BERENGARS durch Flambert in Verona.]
    Die Intrigen, die innerhalb der so einflußreich gewordenen Adelsschicht gesponnen wurden, führten, noch bevor der Burgunder-König Rudolf recht Fuß fassen konnte, dazu, daß Markgraf Hugo aus der Provence nach Italien gerufen wurde. Den Weg durch das westliche Oberitalien zu nehmen, war für diesen zunächst nicht möglich. Dort hatten Rudolf und sein Schwiegervater Herzog Burchard von Schwaben ihre Streitmacht versammelt. Wenn Hugo darauf den Seeweg nach Pisa wählte, wo sein Halbbruder Wido von Tuszien gebot, dann zeigt das einerseits, wer Hugo mit herbeigerufen hatte, und andererseits, daß die alten Beziehungen, die zwischen dem tuszischen Herrscherhaus und der Provence bestanden, wirksam geblieben waren.
    Auch unter König Hugo, der nach dem Abzug Rudolfs II. vom tuszischen Herrschaftsbereich seines Halbbruders Wido aus nach Oberitalien weiterziehend allgemein Anerkennung fand und dort die durch den unentwegten Machtkampf verfeindeten Adelsgruppen wieder versöhnen konnte, hielten die Beziehungen zu den Ländern jenseits der Alpen an. Hugo behielt ja nicht nur weite Besitzungen in seiner Heimat, er holte auch nach und nach, was ihm später zum Vorwurf gemacht wurde, eine große Menge Vertrauter aus Nieder-Burgund herbei und übergab ihnen Ämter in Italien.
    Für die Verbindungen Italiens mit der Provence schien zunächst aber bedeutungsvoller als das langsame Fluktuieren der Adligen zu werden, daß Hugo 928 versuchte, im raschen Zugriff die Provence seiner italienischen Herrschaft anzugliedern. Gleich nach Bekanntwerden des Todes LUDWIGS DES BLINDEN zog er in seine Heimat, wo er durch seine einstige Stellvertreterschaft LUDWIGS noch Rechte gehabt zu haben scheint und wo er für seine Pläne noch die Hilfe vieler Verwandter erhoffen konnte. Noch lebten ja dort sein Bruder Boso, sein Neffe Erzbischof Manasse von Arles, ein zweiter Neffe Graf Hugo, sein Schwager Ingelbert und dessen Brüder Ratburn und Erzbischof Sobo von Vienne. Da er aber nicht der einzige Bewerber war, sondern in König Rudolf (Raoul) von W-Franken einen ebenso zielbewußten Konkurrenten fand, mußte die Lage ungeklärt bleiben. Hugo urkundet zwar als italienischer König in der Provence, doch mußte er die Grafschaft Vienne an Odo, einen Sohn des Grafen Heribert von Vermandois und Untergebenen König Raouls, zu Lehen geben. Die Erhebung eines selbständigen Königs der Provence - etwa Karl Constantin, des Sohnes LUDWIGS DES BLINDEN - wurde immerhin verhindert. Aber schon einige Jahre später sollte Hugo zum Verzicht auf seine Rechte in der Provence genötigt werden. Den Anstoß dazu gab wieder eine Konspiration der italienischen Großen nordalpiner Abkunft, die sich diesmal sogarum den königlichen Halbbruder Markgraf Lambert von Tuszien sammelten, nach der Inhaftierung ihres Führers wiederum Hilfe bei Rudolf II. von Hoch-Burgund suchten und damit die nordalpine Beziehungen in schon mehrfach bewährter Art zur Besorgung seines Gegenprätendenten gegen ihren unbequemen Herrscher benutzten. Rudolf sollte nun kommen, um König Hugo zu vertreiben. Dieser aber erwirkte mit einer weiteren Gesandtschaft nach Hoch-Burgund, daß Rudolf auf einen Einfall in Italien verzichtete. Im sogenannten italienisch-burgundischen Vertrag (Sommer 933) überließ er dem Hoch-Burgunder in nicht ungeschickter Weise dafür seine Anrechte auf die Provence, wo Karl Constantin inzwischen stärker hervortreten konnte und auch der Einfluß aus W-Franken zugenommen hatte.
    Gegen Jahresende 933 ist es aber schon wieder ein neuer Aufstand, der die vorhandenen Beziehungen über die Grenzen hinweg nach Bayern ans Licht treten läßt.Eine Gesandtschaft einiger verschworener italienischer Großer muß damals also zu Herzog Arnulf nach Bayern gekommen sein, die Vertreibung König Hugos erbeten und ihm oder seinem Sohn die Herrschaft über Italien angetragen haben. Arnulf wurde von ihnen libenter, ut qui cum invitarant, in Verona empfangen. Als jedenfalls König Hugo rasch zum Gegenschlag mit Truppen in diese Gegen geeilt war, das bayerische Aufgebot zum Rückzug gezwungen wurde und Verona zuvor der Plünderung verfiel, da schonten die Bayern Bischof Rather.
    In den nächsten Jahren sollten noch weitere solche Beziehungen der Adelsschicht Italiens zu den Gebieten nördlich und nordwestlich der Alpen sichtbar werden. So kam zum Beispiel Abt Odo von Cluny nach Italien, um für König Hugo in Rom zu vermitteln. Auch die Angliederung Hoch-Burgunds an Italien sollte durch König Hugo noch einmal versucht werden [Hugo zog nach dem Tode Rudolfs II. sogleich nach Burgund und heiratet Rudolfs Witwe. Seinen Sohn und Mitregenten Lothar verlobte er mit Rudolfs Tochter Adelheid. Der Plan mißlang, da einige burgundische Große sich bereits des zur Nachfolge ausersehenen Knaben Konrad bemächtigt und diesen OTTO DEM GROSSEN übergeben hatten; vgl. Dümmler, Otto der Große Seite 110.]. Es darf bei all dem aber nicht übersehen werden, daß die seit längerer Zeit in Italien ansässigen Adelsfamilien die mit König Hugo aus der Provence und aus Burgund neu angekommenen Adligen schon mit großer Zurückhaltung betrachteten.
    Der erste, für den OTTO I. von Bedeutung werden sollte, war Markgraf Berengar von Ivrea. König Hugo hatte bei seinen Bestrebungen, die Macht des Hauses von IVREA zu schwächen, bereits Anskar II., Berengars Bruder, nach Spoleto und Camerino versetzt, dann aber, da er offenkundig gegen Hugo agitierte, 940 durch den Pfalzgrafen Sarilo, einen seiner Leute aus Burgund, bekriegen und töten lassen. Die Verschwörung, die Berengar darauf gegen Hugo zu schmieden begann, war auch bald aufgedeckt worden. Damals griff Berengar, ein Enkel des ehemaligen Grafen Anskar von Ouche, nicht mehr auf Beziehungen nach W-Franken, das heißt nach der Heimat seiner Vorfahren, zurück. Er floh nach Aufdeckung seiner Pläne vielmehr zu Herzog Hermann von Schwaben, der ihn zu OTTO I. weiterleitete.
    OTTO I. unterstützte Berengar, und zwar - wie es scheint - nachdem dieser sich in seine Lehnsabhängigkeit begeben hatte. Er lehnte nicht nur König Hugos Bitte um Auslieferung Berengars ab; er gestattete diesem in der Folge vielmehr, in Schwaben ein kleines Heer anzuwerben, mit den er zu Anfang 945 nach Italien zurückkehren und Hugo die Macht entreißen konnte.

    Brühl Carlrichard: Seite 168, "Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen."

    Die übrigen sogenannten "Nationalkönige" haben die Kaiserwürde nicht erlangt, weder Rudolf II., als er Italien (922-926) mit seinem Königreich Burgund vereinen konnte, noch sein Rivale Hugo von der Provence, auch er ein KAROLINGER in weiblicher Linie, der jedoch 926 bis 946 unbestritten bis zur Zeit OTTOS I. der bedeutendste italienische König war. Ihm gelang es auch, sein "regnum Italiae" mit Nieder-Burgund mit Ausnahme des Gebietes von Vienne und Lyon zu verbinden. Nur der Wachsamkeit OTTOS I. war es zu verdanken, daß er nach dem Tode Rudolfs II. nicht auch Hoch-Burgund mit seiner Herrschaft verbinden konnte. Hugo war fest entschlossen, Italien seinem Haus zu erhalten, wie die Tatsache beweist, daß er schon 931 seinen damals höchstens einjährigen Sohn Lothar zum Mitregenten erhob. Kein Herrscher hat sich so intensiv - und vergeblich - um die römische Kaiserwürde bemüht wie Hugo. Die beste und scheinbar absolut sichere Gelegenheit bot sich, als er, gerade Witwer geworden, die Hand der römischen Senatorin Marozia gewann, die Witwe von Hugos Halbbruder Wido von Tuszien und Mutter Papst Johanns XI. Gerade als er kurz vor der Erlangung der Kaiserwürde stand, zweifelsohne war sie für Weihnachten 932 vorgesehen, zettelte der älteste Sohn Marozias, Alberich II., einen Aufstand an. Seine Mutter wurde gefangengesetzt und verschwindet aus der Geschichte. Alle Bemühungen Hugos in der Folgezeit, sich Roms zu bemächtigen, schlugen fehl, obwohl er Alberich im Jahr 936 sogar seine Tochter Alda zur Gemahlin gab. Aber wenn es Hugo auch nicht vergönnt war, das Kaisertum zu erwerben, so traten seine imperialen Ambitionen um so deutlicher hervor. So gelang es ihm nach längeren Vorverhandlungen, seine (illegitime!) Tochter Berta, die in Byzanz Eudokia hieß, im Jahre 944 mit dem byzantinischen Thronfolger Romanos II. (959-963) zu vermählen. Nach byzantinischem Vorbild scheint Hugo das kaiserliche Vorrecht, Purpururkunden ausfertigen zu lassen, in besonderen Fällen in Anspruch genommen zu haben. Daß er gelegentlich auch Goldbullen gebrauchte, versteht sich fast von selbst. Schließlich spricht eine gute Wahrscheinlichkleit dafür, daß Hugo eine Plattenkrone trug.

    Adelheid Kaiserin und Heilige 931 bis 999 Seite 97-107

    Der Thron wurde Rudolf von Hugo von Vienne streitig gemacht, der damit auf der politischen Bühne erschien. Er war ein Sohn aus der ersten Ehe der sehr schönen Intrigantin Bertha von Toscana, die für ihn die Unterstützung der großen italienischen Feudalherren gesichert hatte. Im Juni 926 war Hugo in Pavia, und Anfang Juli trug er die Krone. Die Herrschaft Rudolfs war zu Ende und die des Provenzalen begann. Der neue Herrscher war ein energischer, ehrgeiziger, tückischer und treuloser Mann, der die Herrschaft über 20 Jahre zu behalten verstand, weil er den unruhigen Adel kontrollierte und Komplotte und Verschwörungen wie die von zwei mächtigen Richtern, Valperto und Everardo Gezone 929 in Pavia mit Schlauheit und Härte verhinderte und unterdrückte: Die Verschwörer, mit Hilfe des Bischofs gefangengenommen, wurden eingesperrt, ihre Güter konfisziert, und ihr Schicksal war dramatisch. Valperto, der Vater von Rozia, die der König als Konkubine genommen hatte, wurde enthauptet seine Frau Christina wurde gefoltert, um mögliche Schätze ihres Gatten preiszugeben.
    Aber als Ausgleich für so viele Greueltaten war es auch die Zeit der Wunder, wie jenes das im August 930 dem Sohn König Hugos, dem kleinen Lothar, dem zukünftigen Ehemann Adelheids, das Leben rettete. Das Kind litte an einem heftigen Fieber und war in hoffnungslosem Zustand. Auf Befehl seines Vaters wurde es vom Palast nach San Michele gebracht und auf die Reliquie des heiligen Kolumban gelegt. Plötzlich verschwand das Fieber und wich einem ruhigen Schlaf. Lothar war gerettet, und seine Mutter, die Königin Alda, stattete mit einer großen Gefolgschaft von Adligen und Dienerinnen dem Heiligen ihren Dank ab und überreichte ihm goldgewebte Stoffe, während Hugo in einer feierlichen Audienz den Mönchen die entzogenen Besitzungen zurückgab.
    Im folgenden Mai wurde das so gerettete Kind in derselben Kirche San Michele in einer glänzenden Zeremonie gekrönt und zum Mitkönig eingesetzt.
    Hugo, inzwischen verwitwet, hatte daran gedacht, seinen Einfluß dadurch zu mehren, daß er im Frühjahr 932 Marozia heiratete, die damals tatsächlich Rom unter ihrer Herrschaft hielt und einen ihrer Söhne unter dem Namen Johann XI. zum Papst hatte wählen lassen. Aber Hugos ehrgeiziges Projekt scheiterte wegen einer Revolte, die Alberich, der Sohn Marozias, gegen sie angestiftet hatte. Er hatte die Menge aufgewiegelt und seine Mutter eingesperrt, was seinen Stiefvater dazu zwang, Hals über Kopf aus Rom zu fliehen. Hugos Gegner nutzten die Situation, um ihm seinen alten Rivalen Rudolf von Burgund entgegenzusetzen, den sie nach Italien einluden. Aber Hugo hatte 933 mit dem Burgunder ein Abkommen geschlossen, mit dem er ihm als Ausgleich für den endgültigen Verzicht auf alle italienischen Thronansprüche seine Rechte über die Provence abtrat. Das hatte jedoch den Frieden im Königreich nicht gesichert. So hatte Herzog Arnulf von bayern 934 mit Hilfe des Bischofs Raterio von Verona diese Stadt besetzt und beabsichtigte, die Hauptstadt zu erobern. Aber er wurde von Hugo geschlagen und kehrte in sein Land zurück. Raterio nahm man gefangen und sperrte ihn für zwei Jahre in Pavia in einen kleinen Turm, der einst dem verstorbenen Richter Valperto gehört hatte.
    Von 936 an stellten die Ungarneinfälle eine Bedrohung für die innere Sicherheit des Königreiches dar und weckten die Angst der Einwohner von Pavia, die noch die schmerzliche Erinnerung an die ungarischen Brandpfeile bewahrten. Hugo, der den Palast zum Teil wiederherstellen und zum Teil neu aufbauen hatte lassen, der sich vor den Übergriffen der Sarazenen schützen mußte und noch immer Absichten auf Rom hatte, zögerte nicht, sich auf Abkommen mit den Ungarn einzulassen und ihnen einen Tribut zu zahlen, um sie auf Abstand zu halten und ihre Raubzüge einzudämmen.
    Am 11. Juli 937 starb Rudolf II. von Burgund. Er ließ seine Frau Bertha als Witwe und seine noch jungen Kinder Konrad, Rudolf und Adelheid zurück. Die Minderjährigkeit des Thronerben weckte den Ehrgeiz Hugos, der sich in der Überzeugung, seine Macht über die Provence und das übrige Königreich ausdehnen zu können, im Herbst nach Burgund begab. Da er von Marozia nichts wußte und sich als Witwer betrachtete, heiratete er Bertha, und am 12. Dezember schloß er einen Heiratsvertrag zwischen seinem kaum zehnjährigen Sohn Lothar und der sechsjährigen Adelheid. Die künftige Ehefrau erhielt als Mitgift die Königshöfe von Corana, Marengo und Olona, drei Abteien und zwei kleinere Höfe in der Toscana, im Ganzen 4.580 Hufen Land. Bertha bekam 16 Höfe mit 2.500 Hufen übertragen.
    Die Heirat mit Bertha, die vierte für den Ehemann, erregte großes Aufsehen, da die Ehefrau die Witwe des Stiefsohnes von Hugo war. In der Tat hatte Hugo aus politischem Kalkül in erster Ehe Willa, die Mutter des damals noch sehr kleinen Rudolfs II. von Burgund geheiratet und hoffte, in seinem Namen regieren zu können. Aber diese Hoffnung wurde durch den plötzlichen Tod seiner betagten Ehefrau zunichte. Doch auch dieses Mal sollten die Pläne Hugos scheitern. Otto I. von Sachsen, der deutsche König, sicherte sich im Handstreich die Vormundschaft über den jungen Konrad und damit die Kontrolle über Burgund.
    Hugo kehrte mit seiner Frau Bertha und der Verlobten seines Sohnes nach Italien zurück. Adelheid sah so zum ersten Mal die Haupststadt ihres künftigen Königreiches. Pavia war für die vornehmen Burgunderinnen sicher interessant. Bertha bezog als Königin den Palast, in dem ihr erster Mann regiert hatte, und sie lernte endlich die Stadt und den Hof kennen, von denen sie schon so viel gehört hatte. Bertha organisierte das Leben im Palast, und Adelheid, die den Dienerinnen und den lehrern anvertraut wurde, folgte ihrem Beispiel und wurde so in ihre zukünftigen Aufgaben eingeführt.
    Aber die Dinge entwickelten sich nicht so, wie die Königin es sich vorgestellt hatte. Hugo, der aus der Heirat nicht die erhofften Vorteile gezogen hatte, zeigte sich sehr schnell ungeduldig, nahm seinen üblichen Lebensstil wieder auf und erzwang bei seiner Frau die Duldung unverschämter, gieriger und streitsüchtiger Konkubinen. Bertha, von ihrem Gemahl vernachlässigt, der sie schließlich verabscheute, verließ die Stadt Pavia bald und kehrte nach Burgund zurück.
    Die politische Sensibilität Adelheids verfeinerte sich durch die aufmerksame Beobachtung dessen, was am Hof geschah. Die Prinzessin wurde in der Tat Zeugin der Skrupellosigkeit und der Bestimmtheit, mit der Hugo die Macht ausübte. Er umgab sich mit Spionen und zögerte nicht mit der Anwendung von Verschlagenheit, Gewalt und Täuschung gegen seine Feinde oder die, die ihm im Wege standen, wie zum Beispiel Berengar von Ivrea oder Erzbischof Arderich von Mailand.
    Als Hugo 940 von seinen Spionen erfuhr, daß Berengar gegen ihn eine Verschwörung plante, entschied er sich, ihn an den Hof zu holen, um ihn gefangenzusetzen und blenden zu lassen. Aber der Plan scheiterte, weil der feinfühlige Lothar, Freund des Markgrafen von Ivrea, sich nicht zum Komplizen seines Vaters machen lassen wollte und Berengar heimlich warnte. Dieser fand seine Rettung, indem er nach Schwaben zu Herzog Hermann, dem zweiten Ehemann von Adelheids Großmutter, floh. Der Herzog von Schwaben nahm den Flüchtling nicht nur auf, sondern brachte ihn auch in Kontakt mit dem deutschen König OTTO, der ihm seinen Schutz gewährte. Das erlaubte Berengar fünf Jahre später, nach Italien zurückzukehren, mit den wesentlichen Konsequenzen, die sich daraus ergaben.
    Der Fall von Arderich ist noch typischer für die Art, wie Hugo handelte. Der Erzbischof war in der Tat nur deshalb schuldig, weil er dem Plan des Herrschers im Wege stand, das Erzbistum Mailand auf Tebaldo, seinen Sohn mit Stefania, einer römischen Konkubine, zu übertragen. Hugo berief eine Versammlung nach Pavia ein, an der auch der alte Kirchenfürst teilnahm. Der König hatte angeordnet, daß seine Höflinge mit dem Gefolge des Erzbischofs Streit anfangen und dabei diesen im allgemeinen Durcheinander töten sollten. Mindestend 90 Mailänder wurden getötet; Tote und Verwundete gab es sicher auch auf der Seite der Parteigänger Hugos genug. Aber Arderich war nicht unter den Opfern, und der König, dessen Verantwortung für diese Ereignisse offensichtlich war, versuchte sich herauszukaufen, indem er dem Erzbischof Versprechungen und Geschenke anbot.
    Adelheid beobachtete, dachte, lernte. Der altgewordene Herrscher, der die Intelligenz, die Energie, die Anmut und die natürliche Würde seiner künftigen Schwiegertochter schätzte, behandelte sie freundlich und versuchte, sie auf das Regieren vorzubereiten, so wie er es mit Lothar hielt. Der Ruf als unverschämter Schürzenjäger, der Hugo nicht zu Unrecht anhing, brachte es mit sich, daß die Sympathie und Zuneigung, die er Adelheid entgegenbrachte, von manchen falsch gedeutet wurde, wie eine spätere Information im Chronicon Novaliciense (V, c.3) zeigt, wonach er seine sehr junge Schwiegertochter verführt haben soltte [Persönlicher Einwurf: Bei einem Altersunterschied von über 50 Jahren eine für Adelheid mehr als unappetitliche Vorstellung. Man sollte sich einmal praktisch vorstellen, wie anziehend Hugo im Alter von ungefähr 65 Jahren auf ein 15-jähriges Mädchen gewirkt haben müßte.]. Doch neben der Veranlagung Adelheids, ihrer tiefen und lebendigen Religiosität, die allein genügen würde, um diese Nachricht wenig glaubhaft zu machen, führen praktische Überlegungen dazu, den Wahrheitsgehalt in Frage zu stellen. Und vor allem erwähnen die zuverlässigeren zeitgenössischen Quellen diese Nachricht nicht. Hugo war ein zu guter Politiiker, um sich auf eine Beziehung einzulassen, die ihn nicht nur diskreditiert, sondern auch Berengar einen idealen Vorwand geliefert hätte, um das Eingreifen OTTOS I. zu verlangen und seine Unterstützung zu bekommen. Dieser Herrscher übte in der Tat ein Protektorat über Burgund und die burgundische Königsfamilie aus, und Bertha, trotz allem die legitime Gemahlin Hugos, hätte solch eine Schmähung sicher weder für sich noch für ihre Tochter hingenommen. Dazu kommt, daß Hugo, obwohl ein leidenschaftlicher Mann ohne Skrupel, auch ein sehr guter Vater war, seiner zahlreichen Nachkommenschaft sehr verbunden, sehr besorgt darum, seinen Söhnen und Töchtern, ob legitim oder illegitim, einflußreiche Position zu sichern. Es scheint also schwierig zu glauben daß er so gehandelt haben könnte. Sein Verhalten hätte dann seinem Sohn Lothar, den Mitkönig und Erben, dem Spott und der Häme der Höflinge und der Untertanen ausgesetzt, und das hätte seine eigene Autorität geschwächt udn die Stellung seines Sohnes, dessen nicht nur physische Zartheit er kannte, praktisch unhaltbar gemacht. Ganz im Gegenteil versuchte Hugo aber um jeden Preis, die eigene Stellung und die Lothars zu verstärken, indem er OTTO I. bedeutende Geschenke sandte und die Hochzeit seiner sehr jungen und sehr schönen natürlichen Tochter Bertha mit Romanos, dem Enkel und Erben des byzantinischen Kaisers, aushandelte, um seine Unterstützung zu bekommen und das Ansehen seines Hauses zu vergrößern.
    Genau zu dem Zeitpunkt, als Hugo sich sicher fühlte, veränderte sich etwas in der Haltung des deutschen Königs. Dieser verfolgte mit großem Interesse, was sich in Italien ereignete, und er sah nicht gerne den Provenzalen, dessen Ehrgeiz er kannte, an Ansehen gewinnen. Berengar nutzte die Gelegenheit und zog Anfang 945 mit einem Heer über Schwaben nach Italien. Er sicherte sich durch großzügige Versprechungen die Unterstützung eines Neffen von Hugo, Manasse von Arles und den Rückhalt einiger Adligen und Kirchenfürsten und es gelang ihm, ohne Widerstand zu finden, das Etschtal entlangzuziehen und in Verona, Modena und mit Hilfe des greisen Erzbischofs Arderich in Mailand einzuziehen.
    Hugo war weit weg von seiner Hauptstadt, denn er war damit beschäftigt, das Schloß Vignola des plötzlich zu Berengar übergegangenen, raffgierigen Bischof Guido von Modena zu belagern. Er kehrte so schnell wie möglich nach Pavia zurück, aber sein Rivale hatte schon die Unterstützung der Unzufriedenen und aller aus Eigennutz Untreuen gefunden. Der König war ohne Heer, er konnte nur auf seine Grafen Angelbert und Aleram, seinen Schwiegersohn Elisiardo von Parma, Lanfranc von Bergamo, seinen natürlichen Sohn Boso, Bischof von Placentia, auf die Bischöfe Ambrosius von Lodi und Litifred von Pavia und einige kleinere Vasallen zählen, und es gelang ihm nicht, den Markgrafen von Ivrea zurückzuschlagen.
    Obwohl Berengar nicht die Krone trug, zeigte er sich großzügig und vergab Vergünstigungen und Schenkungen, als ob er der Herrscher wäre. Die Großen des Königreiches, nur damit beschäftigt, Reichtümer und Ehrenstellungen für sich zu erhalten, nahmen diesen ungesetzlichen Zustand gerne hin. Hugo machte sich klar, daß die Auseinandersetzung verloren und jeder Versuch von Widerstand in der Hauptstadt vergeblich war. Um seinen Sohn den Thron zu erhalten, anerkannte er also, daß er besiegt war. Er sandte Lothar mit einer Botschaft für die Großen des Königreiches nach Mailand, in der er sich bereit erklärte, sich allen ihren Anklagen zu stellen, er verzichtete auf die Krone, aber er verlangte, daß sie seinem Sohn nicht weggenommen würde, der an allem unschuldig sei, weil er wegen seines jungen Alters an der tatsächlichen Regierung nicht beteiligt war.
    Die Botschaft, die im Dom von Sant' Ambrogio vorgelesen wurde, brachte die vorherberechnete Wirkung, und die Versammlung akklamierte Lothar, von Erzbischof Arderich und von Berengar selbst zum Altar geführt, welcher mit dieser Geste den Eindruck erweckte, als ob er den jungen Herrscher unter seinen Schutz nehmen würde. In kurzer Zeit war die Lage vollkommen verändert: Hugo und Lothar hatten auf der Höhe ihrer Macht am 29. März 945 in Pavia der Gräfin Rotrud, dem Grafen Elisiardo und seiner Frau Rotlinda, einer Tochter des Königs, einige Besitzungen übertragen. Einige Tage später, am 8. April, saß Berengar schon im Palast. Es hatte kein Blutvergießen gegeben. Hugo hatte die Hauptstadt verlassen und sich auf einen seiner Höfe zurückgezogen, und Lothar begann nach seiner Rückkehr nach Pavia, die Macht unter der drückenden Schirmherrschaft des Markgrafen von Ivrea auszuüben, der einige seiner Vertrauten an den Hof brachte, wie zum Beispiel Bischof Brunendo von Asti, der an der Stelle des Bischofs Boso von Placentia, eines Sohnes Hugos, Kanzler wurde. Jedoch läßt die Anwesenheit von Männern wie dem Pfalzgrafen Lanfranc von Bergamo, dem Sohn der Rosa, einer Mätresse des Königs, oder dem Grafen Aldrich in der Umgebung Lothars vermuten daß er trotz der gewaltigen Macht Berengars (oder vielleicht gerade wegen dieser) eine Partei gab, die zum Teil aus Burgundern bestand, die Hugo nach Italien gefolgt waren, udn daß diese Partei dem alten König anhing und stark genug war, Anhänger des Provenzalen im Amt zu halten.
    Adelheid, die nichts ändern konnte, hatte mit Furcht die Ereignisse und den Erfolg Berengars verfolgt. Die neue Situation erschütterte die Hoffnungen zutiefst, die sie für ihre Zukunft gehegt hatte. Erzogen um zu herrschen, war sie an das starke und skrupellose Regieren Hugos gewöhnt, und plötzlich sah sie ihn entthront, während Lothar, ihr zukünftiger Ehemann, von zarter und beeindruckender Natur, von dem Mann abhing, dem er einige Jahre früher das Leben gerettet hatte.
    Bererngar wußte, daß Hugo nicht der Mann war, der sich mit einer untergeordneten Rolle begnügen würde, und er war sicher, daß dieser versuchen würde, sich zu rächen, auch mit Hilfe der Provenzalen. Er hinderte ihn also daran, in seine Heimat zurückzukehren, und um zu vermeiden, daß die Großen des Königreichs in die Versuchung gerieten, die Seiten zu wechseln, berief er im August eine Versammlung ein und holte Hugo nach Pavia zurück, um ihn wieder auf den Thron zu setzen. Wenn auch der Form nach Lothar und Hugo regierten, so lag die Macht in Wirklichkeit bei dem Markgrafen von Ivrea, der den Titel eines obersten Beraters angenommen hatte. Der von Berengar gesuchte Kompromiß sollte ihm helfen, Zeit zu gewinnen, ebenso sehr im Innern des Königreiches wie OTTO I. gegenüber (der ihn beschützt und dem er 941 einen Treueid geschworen hatte), aber auch im Verhältnis zu Burgund, wo Adelheids Bruder Konrad regierte.
    Die Lage änderte sich wenigstens teilweise, als Hugo mit der Billigung Berengars 947 entschied, endgültig in seine Heimat zurückzukehren. Aber vor seiner Abreise wollte der alte Herrscher, der einige Monate später sterben sollte, daß die Hochzeit seines Sohnes gefeiert würde, um ihm die energische Adelheid zur Seite zu stellen und so auch eine Unterstützung der burgundischen Partei zu sichern.





    912 1. oo 2. Willa von Nieder-Burgund, Tochter des Königs Bosos - seine Cousine

    920 2. oo Wandelmoda
    -
    924 3. oo Alda (Hilda)
    -
    926/30 . oo Pezola
    -
    928/29 5. oo 2. Rotruda (Roza), Witwe des Pfalzgrafen Giselbert - 29.3.945

    932 6. oo 3. Marozia, seine Schwägerin - 932

    12.12.937 7. oo 2. Bertha von Schwaben, Tochter des Herzogs Burchard II., um 907-5.4.961/2.1.1966



    Kinder:

    2.Ehe
    - Hubert Markgraf von Tuszien 920/25- 967/70

    3.Ehe
    - Alda 925- 954
    936 oo Alberich II. Markgraf von Spoleto 911-31.8.954
    - Lothar König von Italien 926/28-22.11.950

    4.Ehe
    - Boso Bischof von Piacenza (941-951) 927/30- 949/51
    - Bertha (Eudokia) Kaiserin von Byzanz 927/30- 949
    944 oo Romanos II. Kaiser von Byzanz 939-15.3.963

    5. Ehe
    - Rotlinda 930-14.10.1001
    29.3.945 1. oo Elisiardus Graf - 948
    950 2.oo Bernhard Graf von Pavia
    -30.6.976


    Illegitim
    - Theobald Archidiakon von Mailand - 961
    - Gotifred Abt von Nonantula



    Literatur:
    Adelheid Kaiserin und Heilige 931 bis 999 Info Verlag Karlsruhe 1999 Seite 97-107 - Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 155, 158,161,164,364 K 10 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite88,90 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 36,50,57,66-70 - Black-Veldtrup Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 1995 Seite 170,160 - Brühl Carlrichard: Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Seite 168 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 377,408,411 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 24,71,80,82,105,271 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 74,81-90,92,100,102-104,118,125-127,130,142,163,174,184,186-188,194,199,201,208, 216-218,230,232, 238,244,249,260-263,273,304,309 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 Seite170,189 - Hofmeister, Adolf: Deutschland und Burgund im frühen Mitelalter, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1970 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 97-100,103,137-140,185,226 - Keiser Bruno: Adelheid. Königin, Kaiserin, Heilige. Ein Leben in bewegter Zeit. Piper Verlag GmbH München 1999 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 266,280,284,287,296,301,311,314 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 195,225 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 84,88,89,91 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg): Otto III. – Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 272,278,285f,316f - Schneidmüller Bernd/Weinfurter Stefan (Hrsg.): Ottonische Neuanfänge. Symposium zur Ausstellung "Otto der Große, Magdeburg und Europa" Verlag Philipp von Zabern Mainz 2001Seite 10,24,197,198,216, 252,280,281,283,332,333 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 29,33-38 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 78,117,120,130 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 169,187 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/ Opf. 1994 Seite 108, 127,129/30,150/51,188 Anm. 711,204,222,288,295, 334 Anm.1213,376,378,385 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 19,23,100 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 459 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 491,513 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 65,121,129,132,211,253 -


  7. 148.  von Tuszien, Lambert Graphische Anzeige der Nachkommen (115.Berta9, 77.Lothar8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 897; gestorben in 958.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 929-932, Lucca [55100],Toskana,Italien; Herzog von Lucca
    • Titel/Amt/Status: 929-932, Tuszien,Italien; Markgraf von Tuszien

    Notizen:

    Lambert
    Markgraf von Tuszien (929-932)
    Herzog von Lucca (929-932)
    897 - 958
    Jüngerer Sohn des Markgrafen Adalbert II. der Reiche von Tuszien und der Berta von Lothringen, illegitime Tochter von König Lothar II.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 11 b. LAMBERT, Markgraf von Toscana, geblendet vom Stiefbruder Hugo 931
    * wohl ca. 897, + nach 958
    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 11. Lambert

    Hofmeister, a.a.O. 404f.; er wurde offenbar abgesetzt vor 931 17. X. (wo Boso VI, 8 als Markgraf erscheint) und lebte noch, als Liudprand seine Antapodosis schrieb (2, 55). [VIb 19]

    Thiele, Andreas: Tafel 390, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

    LAMBERT VON LUCCA
    + nach 958

    Lambert folgte 929/30 als Markgraf von Tuszien und Herzog von Lucca und wurde von seinem Halbbruder, König Hugo, der ihn als Rivale fürchtete, 932 abgesetzt und geblendet. Er wurde unter anderem von König Hugo beschuldigt, nur ein untergeschobenes "unechtes" Kind zu sein; er bestand den geforderten Zweikampf ("Gottesurteil") und wurde trotzdem Mönch.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 86, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    Aber schon einige Jahre später sollte Hugo zum Verzicht auf seine Rechte in der Provence genötigt werden. Den Anstoß dazu gab wieder eine Konspiration der italienischen Großen nordalpiner Abkunft, die sich diesmal sogar um den königlichen Halbbruder Markgraf Lambert von Tuszien sammelten, nach der Inhaftierung ihres Führers wiederum Hilfe bei Rudolf II. von Hoch-Burgund suchten und damit die nordalpine Beziehungen in schon mehrfach bewährter Art zur Besorgung seines Gegenprätendenten gegen ihren unbequemen Herrscher benutzten.


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,118 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 86f. - Liudprands von Cremona: Werke in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Band VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 356,390,394,412 - SCHWABEN UND ITALIEN IM HOCHMITTELALTER. Vorträge und Forschungen Band LII Jan Thorbecke Verlag Stuttgart 2001 Seite 90 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 390 -


  8. 149.  von Lucca, Wido Graphische Anzeige der Nachkommen (115.Berta9, 77.Lothar8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 896; gestorben in 929.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 915-929, Lucca [55100],Toskana,Italien; Herzog von Lucca
    • Titel/Amt/Status: 915-929, Tuszien,Italien; Markgraf von Tuszien

    Notizen:

    Wido von Lucca
    Markgraf von Tuszien (915-929)
    Herzog von Lucca (915-929)
    896- 929 (+ 931)
    Ältester Sohn des Markgrafen Adalbert II. der Reiche von Tuszien und der Berta von Lothringen, illegitime Tochter von König Lothar II.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 10 b. GUIDO, Markgraf von Toscana, geblendet vom Stiefbruder Hugo
    * wohl 896, + 928 oder 929

    Gemahlin:
    MAROZIA (siehe oben VI 7 c.)

    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 10. Guido (Wido)

    siehe Hofmeister, a.a.O. 401f.
    Er folgte wohl schon 915 seinem Vater Adalbert als Markgraf von Tuscien, urkundlich erst 924 21. III., Muratori, Antiqu. It. 2, 43. Den Tod Guidos setzt Liutprand, Antapod. 3, 43, bald nach den Ereignissen des Juni 928; er scheint aber doch erst im Frühjahr 931 eingetreten zu sein, siehe Hofmeister, Heilige Lanze 7, Anmerkung 3.
    Gemahlin:
    Marozia
    Liudprand 3, 18 [VI b 18]

    Thiele, Andreas: Tafel 390, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa"

    WIDO VON LUCCA
    + 929/30

    Wido folgte 915 seinem Vater als Graf und Herzog von Lucca und Markgraf von Tuszien und
    machte 915 BERENGARS Kaiserkrönung möglich, griff in die Wirren in Rom ein, wurde wichtige Stütze des königlichen Halbbruders Hugo und machte dessen Königtum durch den Sieg bei Novara 926 gegen König Rudolf II. von Hoch-Burgund erst möglich.

    oo MAROZIA VON TUSCULUM + nach 935
    Tochter des römischen Senators und Consuls Graf Theophylakt, berühmt-berüchtigte Frauengestalt
    Witwe Markgraf Alberichs I. von Spoleto (+ 915)

    Holtzmann Robert: Seite 98-99, "Geschichte der sächsischen Kaiserzeit"

    In Rom war die Herrschaft über das Papsttum und alle Gewalt an den Adel gekommen, der Adel aber zwei schamlosen Frauen verfallen, das waren Theodora, deren Gatte Theophylakt sich "Konsul und Senator der Römer" nannte, und ihre Tochter Marozia, die gleich ihrer Mutter den Titel senatrix führte. Schon Johannes X. ist durch Theodora auf den päpstlichen Stuhl erhoben, durch Marozia aber, da er sich als energischer Mann erwies, gestürzt worden, so daß er im Kerker sein Leben beschloß. Es folgten mehrere Puppen der Marozia, zuletzt (931) ihr eigener Sohn, Johannes XI., den sie einst dem Papst Sergius III. geboren hatte. Der große römische Kirchenhistoriker und Kardinal Baronius, um die Wende des 16. Jahrhunderts, hat dieser dunklen Periode in der Geschichte des Papsttums den Namen der "Pornokratie" gegeben und sie damit besser bezeichnet als mancher neuere Historiker, bei dem entweder apologetische Gründe oder eine kühle Haltung jenseits von Gut und Böse daran Anstoß nahmen. Hugo kam in die Lage, diese Verhältnisse auszunützen, da die nach vielen Liebschaften und zwei Ehen etwas gealterte und der Römer nicht mehr ganz sichere Marozia mit ihm in Verbindung trat. Die Heiraten der Marozia dienten dem Zweck, ihrer Stellung einen sicheren Rückhalt zu geben. Aus diesem Grunde hatte sie sich zuerst mit dem Markgrafen Alberich von Spoleto vermählt, dem sie einen gleichnamigen Sohn gebar, dann mit dem Markgrafen Wido von Tuszien, der durch seine Mutter ein Halbbruder des Königs Hugo war. Jetzt, nach dem Tode Widos, richtete sie die Blicke auf Hugo, dem sie zugleich die Kaiserkrone in Aussicht stellen konnte. Hugo schlug sofort ein, hielt im März 932 seinen Einzug in Rom und vollzog in der Engelsburg die Vermählung mit Marozia. Er mochte glauben, unmittelbar vor dem Ziel seiner Wünsche zu stehen. Aber der junge Alberich erregte einen Aufstand der Römer gegen seinen Stiefvater und gegen "die Gier und den Übermut der Burgunder". Hugo mußte fliehen, Marozia verschwand im Gefängnis; das war das Ende der Pornokratie.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 83,85, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    [Ein Datierungsvorschlag C.W. Previte Ortons, Italy and Provence Seite 340, der bei G. Fasoli noch nicht beachtet ist, geht von der schon bei F. Gingins la Sarraz, Les Hugonides Seite 132, vorgebrachten Idee eines inneren Zusammenhanges zwischen dem Italienzug Hugos und der von Liudprand, Antapod. lib. II, cap. 55, Seite 63, berichteten Inhaftierung Bertas von Tuszien und ihres Sohnes Wido aus. Hugo hätte die Alpen überschritten, um Mutter und Halbbruder zu Hilfe zu eilen.]
    Wenn Hugo darauf den Seeweg nach Pavia wählte, wo sein Halbbruder Markgraf Wido von Tuszien gebot, dann zeigt das einerseits, wer Hugo mit herbeigerufen hatte, und andererseits, daß die alten Beziehungen, die zwischen dem tuszischen Herrscherhaus und der Provence bestanden, wirksam geblieben waren.


    oo 2. Marozia, Tochter des Senators Theophylakt um 890 - 932


    Kinder:
    - Ancharius Markgraf von Spoleto und Camerino (937-940) 915 - 940


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 2,118 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 83,85 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 99 - Liudprands von Cremona: Werke in: Quellen zur Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Band VIII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1977 Seite 296,336,338,352,356,370,388,390,394 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 2 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser II Nord-, Ost- und Südeuropa, R.G. Fischer Verlag 1994 Tafel 390 -

    Gestorben:
    (+ 931)


  9. 150.  von Lucca, Ermengard Graphische Anzeige der Nachkommen (115.Berta9, 77.Lothar8, 55.Lothar7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 901; gestorben in Feb 931.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ivrea [10015],Piemont,Italien; Markgräfin von Ivrea

    Notizen:

    Ermengard von Lucca
    Markgräfin von Ivrea
    901-29.2.931
    Einzige Tochter des Markgrafen Adalbert II. der Reiche von Tuszien und der Berta, illegitime Tochter von König Lothar II.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 12 b. Irmgard
    * ca.901, + nach 932 29. II.
    Gemahl: ca 915 Adalbert, Markgraf von Ivrea + wohl 923 (vgl. V 18)

    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 12. Irmgard

    soror König Hugos 920 24. VII., Cipolla, Monum. Novaliciensia 1, n. 37.
    Tochter Adalberts und von Bertha, Liudpr. 2, 56; 3, 7ff., zuletzt 932 29. II., Schiaparelli n. 29.
    Ihr Gemahl Adalbert war in erster Ehe vermählt mit Gisela, Nr. V 18. Die zweite Vermählung wird um 915 anzusetzen sein. Adalbert lebte noch 922 12. VIII., Schiaparelli, Dipl. di. Rod. II, n. 3, und war wohl tot 924 18. VIII., Mon. hist. patriae 1, 123, wo Adalberts Söhne als Markgrafen vorkommen und 924 5. XII., wo Irmgard mit ihrem Stiefsohn Berengar und ihrem Sohn Anskar ohne Erwähnung des Gemahls als Fürbitterin erscheint. Die Urkunde von 929 28. II., in der er noch als lebend vorkommt, Schiaparelli, Dipl. di Ugo n. 19, muß man mit Dümmler, Gesta Ber. 49, Anmerkung 3, für untergeschoben oder doch für falsch datiert halten. [VIb 20]
    Ermengard verschaffte als Mitregentin ihrem Halbbruder Hugo von Arles926 die italienische Krone gegen Rudolf II. von Hoch-Burgund.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 85,103,106, "Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962)"

    [Vgl. Schiaparelli, I dipl. di Ugo Seite 6, nr. 2 vom 3. September 926, wo Erzbischof Lambert von Mailand und die Markgräfin Ermengarda - nach Liudprand, Antapod. lib. III, cap 7-12, Seite 77 ff., die Exponenten der beiden verfeindeten Adelsgruppen - gemeinsam bei Hugo in Pavia intervenieren.]
    Bald darauf scheint er jedoch verstorben zu sein. Defuncto Adelberto, Eporegiae civitatis marchione, uxor eius Hermengarda (Tochter des Markgrafen Adalbert von Tuszien, die Adalbert von Ivrea nach dem Tode Giselas in 2. Ehe zur Frau genommen hatte), totius Italiae principatum obtinebat, schreibt Liudprand, und am 8. Oktober 924 intervenierte bereits Hermengardisinclyta comitissa mit dem ebenerwähnten Markgrafen Bonifaz bei Rudolf in Pavia für die Schenkung der curtis Sabbioneta an den Bischof von Parma. Am 5. Dezember des Jahres setzten sich dann die Hermingardis nobilissima comitissa et filii eius Berengarius et Ascerius incliti comites bei Rudolf für die Überlassung des Castel Vecchio d'Asti mit allem Zubehör an den Grafen Autbert von Asti ein. Bei dem Placitum des Pfalzgrafen Giselbert am 14. Mai 927 traten auch vasalli Hermengarde comitesse, nicht mehr vasalli Adelberti marchionis, auf, und am 1. Mai 928 bezeichnete sich Berengar II. bereits als marchio, filius bone memorie Adelberti illlustris marchio(nis).
    Auf Adalbert von Ivrea und seine Sippe scheinen ja gerade - und zwar offenbar bei der Verheiratung Ermengards von Tuszien mit Adalbert von Ivrea - die Besitzungen und Anrechte der tuszischen ADELBERTE im Raum von Parma übergegangen zu sein.

    Keiser Bruno: Seite 19, "Adelheid, Königin, Kaiserin, Heilige"

    Die Lästermäuler fanden, Rudolf nehme es mit den familiären Pflichten nicht immer so genau. Schuld, daß er ins Gerede kam, war die verführerische Ermengard, die Frau des Markgrafen von Ivrea. Er hatte sich um diese Zeit bereits von den Amtsgeschäften zurückgezogen. An seine Stelle trat Ermengard. Rasch dehnte sie Macht und Einfluß aus. Sie sammelte alle mit König Rudolf Unzufriedenen um sich und besetzte Pavia, die Hauptstadt des Königreichs Italien.
    Ermengard, Theodora, Marozia und vor allem Ermengards Mutter Berta, die Markgräfin von Tuszien, verblüfften alle. Was für Frauen! Die Männer Italiens schüttelten die Köpfe und staunten. So viel Talent und Leidenschaft für die Politik hatte es lange nicht mehr gegeben. Diese Damen verfügten über Mut und Phantasie und wußten mit Umsicht zu intigrieren. Ihren Ehemännern zeigten sie sich gewachsen, wenn nicht sogar überlegen. Berta, eine Tochter König Lothars und seiner Geliebten, der wilden Waldrada, hatte sich in dieser Hinsicht unmißverständlich ausgedrückt. Zu dem Markgrafen von Tuszien, ihrem zweiten Ehemann, sagte sie: "Ich werde dich zum König oder zum Esel machen." Der Markgraf blieb Markgraf.
    Macht in den Händen von Frauen beunruhigte namentlich die Geistlichen. Wenn nicht Respekt vor einem großen Namen oder die Bewunderung strenger Sittlichkeit sie zügelte, gaben sie viele üble Nachrede weiter, oder an die Klosterchroniken oder im Gespräch. Von Ermengard wurde getuschelt, sie habe Geschlechtsverkehr mit allen gehabt, nicht nur mit dem Fürsten, sondern auch mit ganz Unwürdigen. Durch ihre Hemmungslosigkeit seien die Italiener untereinander verfeindet worden. "Weil sie dem einen ihre Liebe schenkt und sie dem anderen verweigert!"
    König Rudolf zog vor Pavia, um Ermengard aus der Stadt zu vertreiben. Eine Meile vor der Stadt schlug er sein Lager auf. Der Tessin mündete dort in den Po. Nachts legte eine Barke innerhalb seines Lagers an. Ein Bote überbrachte ihm einen Brief der schönen Ermengard. Rudolf las: 'Wenn ich dich vernichten wollte, lebtest du längst nicht mehr. Alle deine Anhänger verlangen leidenschaftlich danach, dich zu verlassen und zu mir zu kommen, wenn das überhaupt mein Wille wäre. Hätte ich schon früher ihre Ratschläge gehört, wärst du an dem Ort, an dem du dich befindest, bereits gefangen und gebunden.'
    Der König erschrak. Er behielt die Nachricht für sich. In der Nacht darauf schlich er aus seinem Zelt. Die Wache bemerkte ihn nicht. Er stieg in ein Boot und ließ sich stromaufwärts nach Pavia rudern, zu Ermengard. Rudolfs Leute staunten, als am nächsten Morgen aus dem Zelt des Königs kein Laut drang und er sich nicht blicken ließ. Sie berieten, was das bedeutete. Ein Bote traf ein und erklärte ihnen, König Rudolf sei auf die Seite der ursprünglich gegen ihn Rebellierenden getreten. Binnen kurzem werde er über seine bisherigen Gefolgsleute herfallen. Das genügte. Die Belagerer Pavias wußten, woran sie waren. Sie zerstreuten sich, so rasch sie konnten. Viele durchschauten Ermengards Spiel und erkannten eher als König Rudolf, worauf sie hinauswollte. Kaum hatte sie ihn von seinen bisherigen italienischen Verbündeten getrennt, rief sie einen neuen Fürsten nach Italien: ihren Halbbruder Hugo, den Grafen der Provence.

    Riche Pierre: Seite 267, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Rudolf regierte zwei Jahre in Italien, sein wichtigster Ratgeber war Markgraf Adalbert von Ivrea oder besser, nach dem Wortlaut einiger Quellen, dessen Gemahlin Ermengard.

    Adelheid Kaiserin und Heilige 931 bis 999 Seite 90,96

    Seine Hauptstütze wurde Markgraf Adalbert von Ivrea, aber Rudolf wurde eine unziemliche Verbindung mit dessen Frau Ermengard nachgesagt.
    Aber im Königreich zeichnete sich eine Bewegung gegen den burgundischen König ab, und Ermengard von Ivrea stand in ihrem Zentrum. Sie kam nach Pavia und stachelte die Stadt zum Aufstand an. Nachdem Rudolf vergeblich versucht hatte, die Hauptstadt wiederzugewinnen, kehrte er nach Burgund zurück.



    914 oo 2. Adalbert Markgraf von Ivrea - 923


    Kinder:
    - Anskarius II. Graf von Asti um 915- 940 ermordet



    Literatur:
    Adelheid Kaiserin und Heilige 931 bis 999 Info Verlag Karlsruhe 1999 Seite 90,96 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Seite 2,118 - Hlawitschka, Eduard: Franken, Alemannen, Bayern und Burgunder in Oberitalien (774-962), in Forschungen zur Oberrheinischen Landesgeschichte Band VIII Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1960 Seite 85,103,106,130,143, 193,263 - Keiser Bruno: Adelheid. Königin, Kaiserin, Heilige. Ein Leben in bewegter Zeit. Piper Verlag GmbH München 1999 Seite 19 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 267 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 83,84 -

    Ermengard heiratete von Ivrea, Adalbert in 914. Adalbert gestorben in 923. [Familienblatt] [Familientafel]


  10. 151.  Ludwig IV. Graphische Anzeige der Nachkommen (118.Arnulf9, 88.Karlmann8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 893 in Altötting [84503],Altötting,Bayern,Deutschland; gestorben in Sep 911 in Frankfurt am Main [60311],Hessen,Deutschland; wurde beigesetzt in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 900-911, Ostfrankenreich; Ostfränkischer König

    Notizen:

    Ludwig IV. Ostfränkischer König (900-911)
    Herbst 893 (Alt-)Oetting - 20./24.9.911 Frankfurt Begraben: St. Emmeram, Regensburg

    Einziger Sohn des Kaisers ARNULF von Kärnten und der KONRADINERIN Oda

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2172

    Ludwig IV. das Kind, ostfränkischer König
    * wohl Sept./Okt. 893 Alt-Ötting, + 20. oder 24. September 911 Frankfurt Begraben: Regensburg, St. Emmeram

    Der einzige Sohn Kaiser ARNULFS von Kärnten aus gültiger Ehe wurde am 4. Februar 900 zu Forchheim zum König erhoben. Seine Krönung ist die erste gesicherte Königskrönung der ostfränkisch-deutschen Geschichte. Im März 900 nahm er die Huldigung der lothringischen Großen entgegen. Trotz seines kindlichen Alters blieb Ludwig das Kind der Mittelpunkt des staatlichen Lebens. In seinem Namen wurden die Reichsversammlungen von 901 (Regensburg), 903 (Forchheim) und 906 (Tribur) durchgeführt. Der Schwerpunkt seiner Herrschaft lag eindeutig in den südlichen Stammesherzogtümern, zunächst in Bayern, später in Franken. Eine eigenständige Regierung vermochte das stets kränkelnde Kind aber nicht zu verwirklichen. Die Herrschaft ging auf Adel und Episkopat über. Entscheidende Berater waren Erzbischof Hatto von Mainz und Bischof Salomo von Konstanz. Die Schwäche der Zentralgewalt begünstigte das Wiedererstarken der früheren Mittelgewalten der Herzogtümer, die sich als "jüngere" Stammesherzogtümer erneut als Kräfte des Verfassungslebens verfestigten. Dazu trug auch die äußere Bedrohung durch die Ungarn bei, zu deren Abwehr das Königtum außer der Niederlage auf dem Lechfeld 910 keinen nennenswerten Beitrag leistete. Mit dem glücklosen Ludwig IV. dem Kind erlosch die ostfränkische Linie der KAROLINGER.

    Literatur:
    ADB XIX, 451-455 - NDB XV, 329-331 - G. Tadde, Lex der dt. Gesch., 1977, 744 - Dümmler² III - P. Kehr, Die Kanzlei L.s d. K.es, 1940 - H.-W. Goetz, Dux und ducatus, 1977 - H. Beumann, Die Einheit des ostfrk. Reichs und der Ks.gedanke bei der Kg.serhebung L.s d. K.es (Adipl 23, 1977) 142-163 [Lit.] -

    Bosl’s Bayerische Biographie: Seite 494

    Ludwig IV., das Kind, ostfränkischer König
    * Herbst 893 Oettingen + 24.9.911 Regensburg Begraben: St. Emmeram, Regensburg

    900 in der Pfalz Forchheim zum König im O-Frankenreich gewählt, kurz darauf zum König von Lothringen.
    Die Regierung führten für ihn Hatto I., Erzbischof von Mainz und andere Bischöfe.
    In dieser Zeit konnte sich das jüngere Stammesherzogtum durchsetzen.
    Lothringen sagte sich nun vom Reich los und schloß sich 911 dem W-Frankenreich an.
    Hielt sich oft in Regensburg auf, wo er 12 von 72 Urkunden ausstellte.

    Literatur:
    ADB 19; BWB 2; S. Rösch, Caroli Magni Progenies, 1977; W. Giesebrecht, Gesch. d. dt. Kaiserzeit 1, 1888.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 25

    Zu Ludwig IV. jetzt grundlegend Schieffer (wie oben Anm. VI, 22) 75ff. Ludwigs Regierungsantritt in O-Franken läßt sich danach genau auf 900 II 4, der in Lothringen (wie Schieffer eindrucksvoll zeigt, ist er staatsrechtlich vom ersteren klar zu trennen) auf den März des Jahre 900.

    Rappmann Roland/Zettler Alfons: Seite 433, "Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter"

    LUDWIG DAS KIND
    + 24.9.(?)911

    Necr. B 24.9. "Ludouuicus rex", König des Ostfränkischen Reiches 900-911

    Literatur:
    ADB 19 Seite 451ff.; BM² 1983d-2070b; Dümmler, Geschichte des Ostfränkischen Reiches 3 Seite 495ff.; Werner, Nachkommen Seite 460 Nr. 25 und Tafel VI/25; Die Klostergemeinschaft von Fulda 2,1 Seite 324 K 18; Biographisches Wörterbuch 2 Spalte 1715. Zum Todestag: Dümmler, ebd. 3; Seite 559 Anmerkung 3; BM² 2070b.

    Das Verhältnis Ludwigs, Sohn Kaiser ARNULFS von Kärnten, zum Kloster Reichenau, ist entscheidens durch den Reichenauer Abt und Mainzer Erzbischofs Hatto bestimmt worden. Hatto, der bereits unter ARNULF großen Einfluß auf dessen Regierungsangelegenheiten hatte und sogar Taufpate Ludwigs des Kindes war, übernahm nach dem Regierungsantritt des jungen Königs im Jahr 900 faktisch die Regierungsgeschäfte. Aus der kurzen Regierungszeit Ludwigs sind uns zwei Urkunden des Königs für das Inselkloster erhalten, in denen er unter anderem Immunität und freie Abtswahl bestätigte; vgl. D LdK 69; BM² 2059; Brandi, Urkundenfälschungen Seite 6 bzw. Seite 118 Nr. 48; vgl. auch ebd. Seite 6 bzw. Seite 117 Nr. 47 und Beyerle, Von der Gründung Seite 112/6. Über den Todestag Ludwigs gibt es verschiedene Angaben in den Necrologien, die teilweise aber auf Verwechslungen mit König Ludwig dem Jüngeren beruhen. Die in BM² 2070b versuchte paläographische Handklassifizierung des Reichenauer Necrologs hat sich als unzutreffend herausgestellt.

    Ludwig IV. war erst 6 Jahre alt, als er die Nachfolge seines Vaters antrat. Der ostfränkische Episkopat und weltliche Große erhoben ihn am 4.2.900 in Forchheim zum König. Die Regentschaft übernahm Erzbischof Hatto von Mainz und Bischof Salomo III. von Konstanz. Unter seiner Herrschaft erstarkten die im Abwehrkampf gegen die Ungarn mächtig gewordenen Stammesherzogtümer weiter.

    Mit Ludwig IV. starb die ostfränkische Linie der KAROLINGER aus.

    Jaeckel, Gerhard: Seite 40, "Die deutschen Kaiser. Die Lebensgeschichten sämtlicher Monarchen von Karl dem Großen bis Wilhelm II."

    LUDWIG IV. DAS KIND 899-911

    Vor seinem Tode hatte Kaiser ARNULF die geistlichen und weltlichen Großen auf seinen 893 in Altötting geborenen einzigen ehelichen Sohn von der Kaiserin Ota vereidigt. Zur Regentschaft bestimmte er Erzbischof Hatto von Mainz und Bischof Salomo von Konstanz, zum Erzieher den Bischof Albero von Würzburg. Weltlicher Vormund wurde Konrad von Hessen und Niederlahnstein, ein Verwandter Otas und wiederum mit deren Tochter Glismut, also einer Schwester des jungen Ludwig verheiratet. Am 4. Februar 900 wurde Ludwig das Kind in Forchheim feierlich gekrönt, gesalbt und mit einem Königsmantel bekleidet.
    Neben diesen mächtigen und ehrgeizigen Regenten spielte Ludwig nur als Symbol für die Einheit des O-Fränkischen Reiches eine Rolle. Und um diese Einheit war es schlecht bestellt. Schon seit den Bruderkämpfen der Söhne LUDWIGS DES FROMMEN war das karolingische Herrschaftsprinzip, nach dem Königslehen mit dem Erlöschen des damit verbundenen Amtes oder dem Tod des Lehensträgers an den König und das Reich zurückfielen, immer mehr aufgeweicht worden. Lehen wurden erblich und gingen in das Eigentum der Grafen über, aus Lehnsgrafen wurden feudale, dem Monarchen nur noch durch Treueid verpflichtete Grundherren. Die mächtigsten und vornehmsten Grafen schwangen sich zu Herzögen auf und die alten, von KARL DEM GROSSEN abgeschafften Stammesherzogtümer erstanden wieder, zuerst Sachsen und Thüringen. Gegen diese Entwicklung stemmtem sich dei Bischöfe, die für den Besitz der Kirchen und Klöster fürchteten. Ein geistlicher Chronist spricht von "Ludwig, unter dem alle Güter friedlos wurden". Ihrerseits benutzten die geistlichen Regenten Hatto von Mainz und Salomo von Konstanz ihre Stellung, um ihrer Verwandtschaft große erbliche Besitztümer auf Kosten des Reichsgutes zu verschaffen.
    Während an der SO-Grenze des Reichs die Ungarn zu einer gefährlichen Bedrohung wurden, führten Ludwigs Verwandte, die KONRADINER, vier Jahre lang eine blutige Privatfehde mit den am oberen Main begüterten POPPONEN, deren Stammburg auf dem Babemberg lag, dem späteren Domberg in Bamberg. Die "Babenberger Fehde" wurde erst 906 durch königliches Heeresaufgebot zugunsten der KONRADINER entschieden, der POPPONE Graf Adalbert hingerichtet.
    Im gleichen Jahr streiften die Ungarn bis nach Sachsen, ein Jahr darauf fiel Markgraf Luitpold von Kärnten im Kampf gegen die Eindringlinge, 909 drangen sie bis nach Schwaben vor. Die Abwehr blieb den betroffenen Stämmen überlassen, deren Große dadurch noch mächtiger und selbstbewußter wurden. Erst 910 kam endlich ein Reichsaufgebot zustande, das mit dem 17-jährigen König Ludwig IV. an der Spitze den Ungarn entgegentrat. Auf dem Lechfeld bei Augsburg wurde er vernichtend geschlagen.
    Nach dieser Schlacht gibt es nur noch wenige Nachrichten über den König. Im Oktober 910 erscheint sein Name auf einer Forchheimer Urkunde, im Juli 911 zum letztenmal auf einem Frankfurter Dokument. Er starb im Alter von nur 18 Jahren am 20. August 911 "siechen Körpers und einer frühzeitigen Auflösung erliegend" an unbekanntem Ort. In St. Emmeram bei Regensburg soll er angeblich neben seinem Vater Kaiser ARNULF beigesetzt worden sein. Er war als ostfränkischer König nach Ludwig III. dem Jüngeren, dem zweiten Sohn Ludwigs des Deutschen, der vierte dieses Namens, wurde jedoch nicht zum Kaiser gekrönt, so daß später Kaiser LUDWIG DER BAYER ebenfalls als LUDWIG IV. bezeichnet wurde
    [Richtig ist, daß LUDWIG DER BAYER als vierter seines Namens Römischer Kaiser wurde nach LUDWIG I. DEM FROMMEN, LUDWIG II. (+ 875) und LUDWIG III. DEM BLINDEN von Burgund.].

    Hartmann Wilfried: Seite 90-94, „König Ludwig IV. das Kind“ in Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern, Hg. Karl Rudolf Schnith

    Die erstaunliche Tatsache, dass der erst gut 6-jährige Sohn ARNULFS knapp zwei Monate nach dem Tode seines Vaters einmütig zum König der O-Franken erhoben wurde, zeigt, dass die Regionen dieses Reiches in den Jahrzehnten seit 843 ein hohes Maß an Zusammengehörigkeitsgefühle entwickelt hatten. Die Schwäche des minderjährigen Königs sollte behoben werden durch seine Krönung, die wahrscheinlich Erzbischof Hatto von Mainz durchführte. Es war dies die erste Krönung eines ostfränkischen Königs; während Krönungen im W-Frankenreich und auch in Lotharingien bereits früher vorgenommen worden waren, um schwache Herrscher zu stützen.
    Der junge König konnte die Regierungsgeschäfte anfangs natürlich nicht selbständig führen, auch wenn diese Fiktion aufrechterhalten wurde; so hat Ludwig eigenhändig mit seiner Kinderhand den Vollzugsstrich in das Königsmonogramm der in seinem Namen ausgestellten Urkunden eingetragen. Die wirkliche Regierung lag in den Händen eines Regentschaftsrats; für eine vormundschaftliche Regierung besaß das Frühmittelalter keine anerkannten Rechtsregeln. Wenn keine ostfränkische Adelsgruppe daran dachte, einen auswärtigen KAROLINGER (etwa den W-Franken Karl den Einfältigen oder den Burgunder LUDWIG) einzuladen, die Herrschaft im O-Reich anzunehmen, so ist auch das ein Ausdruck des inzwischen gewachsenen Eigenbewußtseins dieses Reiches. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der ostfränkischen Stämme manifestiert sich auch darin, dass sich eine ganze Reihe von wichtigen Repräsentanten der Regionen am Hof Ludwigs einfand, um als Intervenienten seiner Urkunden und als Ratgeber an der Regierung des Landes mitzuwirken. In erster Linie sind hier neben Hatto von Mainz die Brüder Salomo III. von Konstanz und Waldo von Freising zu nennen; aber auch weltliche Große aus Franken, Bayern und Sachsen waren am Hof anzutreffen, so dass man sagen konnte, "sogar der unmündige und ohnmächtige König" habe sich "noch als Klammer der Großen in Nord und Süd" erwiesen (J. Fleckenstein).
    Der Hof scheint sich bis 907 bevorzugt in Bayern, besonders in Regensburg, der wichtigen Residenz Ludwigs des Deutschen und ARNULFS, aufgehalten zu haben. Dann - sporadisch bereits seit 905, dauernd seit 907 - tritt das Rhein-Main-Gebiet in den Vordergrund, wo Frankfurt, Tribur und Ingelheim als Aufenthaltsorte bezeugt sind. Einige Male ist der König auch in der Pfalz Bodman in Alemannien nachweisbar; hier war er in der Nähe von Bischof Salomo III. von Konstanz (890-919), der seit 909 die Kanzlei leitete.
    Das Maingebiet war in den Jahren bis 906 der Schauplatz heftiger Kämpfe, die von den mächtigen ostfränkischen Adelsfamilien der BABENBERGER und der KONRADINER vielleicht geführt wurden, um sich einen möglichst günstigen Ausgangspunkt für die Zeit nach Ludwig zu schaffen. Die BABENBERGER hatten unter Ludwig dem Jüngeren und KARL III. ihren wichtigsten Repräsentanten in Graf Heinrich, dessen kriegerische Tüchtigkeit sich in mehreren Schlachten gegen die Normannen bewährt hatte. Nachdem er im Sommer 886 vor Paris gefallen war, versuchten seine Söhne Adalbert, Adalhard und Heinrich II. die Position der Familie auszubauen. Ihre Hauptgegner waren die KONRADINER, die unter ARNULF zahlreiche Vorteile erreichen konnten, weil ARNULFS Frau Oda aus dieser Familie kam. Nach ARNULFS Tod kam es zu Kämpfen, in deren Verlauf Heinrich II. fiel und Adalhard gefangengenommen wurde. Nachdem der KONRADINER Eberhard an seinen Wunden verstorben war, ließen die KONRADINER den gefangenen Adalhard enthaupten (902/03). Ein Urteil von Großen aus Franken, Schwaben, Bayern, Thüringen und Sachsen übertrug den Besitz der toten babenbergischen Brüder an den König, der ihn an den konradinischen Bischof Rudolf von Würzburg weitergab.
    Nachdem 906 Graf Konrad der Ältere in einer Schlacht gegen Adalbert gefallen war, konnte Adalbert auf einem neuen Kriegszug durch eine List gefangengenommen werden. Ein Adelsgericht verurteilte ihn zum Tode; das Urteil wurde auch auf Betreiben Konrads des Jüngeren, des späteren Königs KONRAD I., vollstreckt. Dieser hatte sich mit seinem Vorgehen den Weg zum Königtum erkämpft; die BABENBERGER waren jetzt trotz ihrer Verwandtschaft mit den KAROLINGERN und den sächsischen LIUDOLFINGERN ausgeschaltet.
    Die zentrifugalen Tendenzen, die sich immer stärker bemerkbar machten, wurden durch die äußere Bedrohung verstärkt, die ein rasches Handeln der Machthaber an den Grenzen des Reiches erforderte. Die größte Bedrohung ging von den Ungarn aus, die seit dem Jahr 900 immer wieder den deutschen SO verwüsteten. Nachdem sie 905/06 den alten Gegner des O-Fränkischen Reiches, das Großmährische Reich, zerschlagen hatten, drangen sie 906 bis nach Sachsen vor. Markgraf Liutpold von Bayern versuchte im kommenden Jahr, durch einen Präventivschlag die Ungarn zu treffen, nachdem die Bayern schon 903 ein gemeinsames Gastmahl mit den Ungarn zu einem Massaker an diesen ausgenützt hatten. Der Feldzug, den Liutpold nach O führte, endete bei Preßburg mit einer verheerenden Niederlage; nicht nur der Markgraf selbst, sondern auch eine ganze Reihe von geistlichen und weltlichen Großen Bayerns, darunter Erzbischof Theotmar von Salzburg, fielen im Kampf. Merkwürdigerweise bedeutete aber diese Niederlage nicht das Ende der Machtstellung der LIUTPOLDINGER in Bayern; vielmehr scheint Liutpolds Sohn Arnulf von Anfang an eine vom Königtum unabhängigere Stellung angestrebt und erreicht zu haben. Vielleicht gab es kurz nach 907 bereits Abmachungen der Bayern mit den Ungarn, die in den folgenden Jahren 909 und 910 vor allem Schwaben heimsuchten. Im Sommer 910 versuchte der junge König selbst, sich den Ungarn auf dem Lechfeld entgegenzustellen; er erlitt eine schwere Niederlage, die sein Königtum aufs äußerste gefährdete.
    Ein Jahr später ist der kränkelnde junge Mann gestorben. Die Tatsache, dass keine zeitgenössische Quelle den Sterbeort und die Grabstätte Ludwigs des Kindes verzeichnet, muß als Hinweis darauf gelten, dass er sich nicht in das Bewußtsein seiner Nachwelt eingeprägt hat.
    In St. Emmeram in Regensburg, wo er nach einer zuerst im 12. Jahrhundert greifbaren Tradition beigesetzt sein soll, ist sein Todestag völlig falsch überliefert (nämlich der 21.1., der Tag, an dem Ludwig der Jüngere starb). Dies ist ein ziemlich starkes Argument dagegen, dass Ludwig das Kind in St. Emmeram begraben ist, denn das Mittelalter pflegte sich den Tag des Todes genau zu merken, da dieses Datum als Geburtstag zum ewigen Leben als das wichtigste Datum im Leben eines Menschen angesehen wurde.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    In O-Franken war 899/900 nach dem Tode Kaiser ARNULFS eine Situation eingetreten, die man seit den späten MEROWINGERN nicht mehr gekannt hatte. Der junge König Ludwig war ein anfangs 6-jähriges Kind, offenbar von Natur kränklich und zu eigenständigem Handeln nicht imstande, auch wenn das hergebrachte Zeremoniell der Reichsversammlungen und Urkundenausstellung dies überspielte. Macht und Verantwortung mußten auf Jahre an die geistlichen und weltlichen Großen übergehen, die durchweg im Königtum weiterhin ihren legitimierenden Rückhalt sahen, aber von dort nicht länger in ihren Positionskämpfen gehemmt wurden, sondern eher versucht waren, die Königsautorität als Waffe gegeneinander zu machen. Sie fühlten sich im übrigen zur Bündelung und Anspannung aller verfügbaren Kräfte unter ihrer Führung vielfach auch dadurch herausgefordert, dass kurz nach dem Verschwinden der Normannengefahr die neue, unberechenbare Bedrohung durch die Ungarn über O-Franken hereinbrach, die fraglos einen tatkräftigeren König überfordert hätte. Auf den Spuren der Hunnen und der Awaren, mit denen sie in den lateinischen Quellen gern identifiziert werden, waren diese berittenen Nomaden aus dem Wolgaraum in die Donau/Theiß-Ebene des alten Pannonien vorgestoßen und machten sich von dort aus bald durch rasche, nach W gerichtete Beutezüge über weite Entfernungen bemerkbar. 899/900 fielen sie in großer Zahl plündernd in Oberitalien ein, nachdem König BERENGARS Abwehr in Friaul gescheitert war. Aber auch Bayern mit Karantanien und der Ostmark wurden seitdem von ihnen heimgesucht, das innerlich geschwächte Mährerreich wurde 906 zerschlagen. Hatte noch ARNULF 892 eine ungarische Reiterschar gegen Swatopluk zu Hilfe genommen, so standen 902 Bayern und Mährer in gemeinsamen Kampf gegen die Heiden.
    Bestimmend an Ludwigs Königshof blieben jene Kreise, die bereits in ARNULFS Gunst gestanden hatten. Unter den Vertretern des Episkopats tritt weniger der wieder amtierende Erzkapellan Theotmar von Salzburg als der von ARNULF eingesetzte Mainzer Erzbischof Hatto hervor, der in einem Schreiben nach Rom über den Thronwechsel von 900 berichtete, offenbar noch in der trügerischen Hoffnung, einen "ostfränkischen Anspruch auf die Kaiserwürde" (H. Beumann) retten zu können. Zur informellen Regentschaft ist gewiß auch Bischof Adalbero von Augsburg zu zählen, der als "Erzieher" des Königs genannt wird, sowie Bischof Salomon III. von Konstanz, seit 909 mit dem zuvor vakant gebliebenen Titel des Kanzlers. Im Kreise der großen Familien gaben nun erst recht die unter ARNULF aufgestiegenen KONRADINER den Ton an, die sich in Hessen, aber nicht in Thüringen gegen die sächsischen LIUDOLFINGER behaupteten und in Mainfranken seit 902 im Namen des Königs eine blutige Fehde mit den BABENBERGERN ausfochten; dass Graf Konrad der Ältere dabei 906 den Tod fand, zog alsbald die Gefangennahme und Hinrichtung des letzten BABENBERGERS Adalbert nach sich, womit der Weg frei war für den jüngeren KONRAD, den nachmaligen König, der fortan als dux in Rhein- und Mainfranken waltete. Einen weiteren Zugewinn hatte sein Haus schon etwa 902 zu verzeichnen gehabt, als Konrad des Älteren Bruder Gebhard zum Statthalter in Lotharingien mit der urkundlichen Bezeichnung als dux regni quod a multis Hlotharii dicitur eingesetzt worden war, neben dem freilich auch der einheimische Graf Reginar seine Position wahrte. Als "königsnaher" Magnat hat ferner Liutpold in Bayern zu gelten, der angesichts der bedrohten Grenzen zu vermehrten Machtmitteln und erhöhten Befugnissen gelangte und 903 als dux Boemanorum von der Königskanzlei tituliert wurde. Immerhin mehrfach am Hof bezeugt, freilich ohne Kennzeichnung als dux, ist der LIUDOLFINGER Otto der Erlauchte, der im angestammten Sachsen 906 einen ersten Einfall der Ungarn hinnehmen mußte, und schließlich fehlen in Ludwigs Umgebung auch nicht der thüringische Markgraf Burchard (908 mit dux-Titel) sowie ein weiterer Burchard, der als Markgraf in Rätien den ersten Rang bei den Alemannen beanspruchte, aber 911 der Wut seiner Gegner zum Opfer fiel. Die historische Forschung erkennt in diesen Männern die Repräsentanten der heraufziehenden nach-karolingischen Mittelgewalten, die in allmählicher Annäherung an ältere Stammes- und Rechtsgebiete als Herzogtümer zum tragenden Grund des OTTONEN-Reiches wurden. Eben in der Zeit des ostfränkischen Kinderkönigtums nehmen sie einen entscheidenden Entwicklungsfortschritt.
    Zum äußeren Wendepunkt der Regierungszeit Ludwigs des Kindes wurde der Sommer 907, als der Versuch offensiver Ungarnabwehr an der Donau scheiterte und ein stattliches bayerisches Aufgebot am 4.7. vor Preßburg eine verheerende Niederlage erlitt; Liutpold als Anführer kam ebenso ums Leben wie der Erzkapellan Theotmar von Salzburg und zwei weitere Bischöfe neben vielen anderen Großen. Das bayerische Ostland, einst von KARL DEM GROSSEN den Awaren abgerungen, war nach diesen Einbußen nicht mehr zu halten, und Bayern selbst geriet in eine exponierte Position, deren Stabilisierung nach dem Willen der Überlebenden Liutpolds Sohn Arnulf zufiel. Während er sich bald schon als dux Baioariorum et etiam adiacentium regionum nannte, ist Ludwigs Königshof seither nicht mehr im väterlichen Kernland Bayern nachzuweisen, sondern hielt sich im konradinischen Franken sowie in Schwaben auf. Ein ähnlich vernichtender Schlag durch die Ungarn traf übers Jahr Thüringen, wo der Markgraf Burchard wie auch Bischof Rudolf von Würzburg, der KONRADINER, bei der Abwehr fielen und fortan die sächsischen LIUDOLFINGER ihre Macht ausweiten konnten. 909 und abermals 910 suchten die Ungarn, Bayern durchquerend, mit Raub und Brand Alemannien heim, und dort am Lech geschah es zum einzigen Mal, dass ihnen König Ludwig selbst an der Spitze eines Heeres aus Schwaben, Franken und Bayern entgegentrat. Er wurde genauso geschlagen wie andere vor ihm und verlor auf dem Schlachtfeld wiederum einen wichtigen Helfer: den KONRADINER Gebhard, dux in Lotharingien. Da die erneute Besetzung seines Amtes von auswärts nicht zustande kam, rückte Reginar, der Enkel LOTHARS I. und Graf im Maasgau, bis Mitte 911 (wieder) in die Rolle des anerkannt führenden Magnaten im alten Lothar-Reich ein. Man sieht, wie mit dem Schwinden der Kraft von König und Hof zur Verteidigung nach außen ein Verfall ihrer personellen und integrierenden Wirksamkeit nach innen einherging.


    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 15,22-25,29,46 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 133 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 15,18,19,26,28,33-37,39,60,78 Anm.190 - Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 54,75,132 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite11,19-21,27, 44,89,127 - Borgolte Michael: Die Grafen Alemanniens in merowingischer und karolingischer Zeit. Eine Prosopographie. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1986, Seite 29-31,34, 57,147,171,204,268 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 77,133,181,203,206,211 - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 262-364,372,374-376 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 362, 400,456,493-558,681 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 113,119,120 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 21,24 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 29,43,254,257 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 76,154 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 92,103,114,121, 156,170,180-182,185-199,201,210,214,235,239,241 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 18, 29,38-43,46-48,51,59,70,280 - Jaeckel, Gerhard: Die deutschen Kaiser. Die Lebensgeschichten sämtlicher Monarchen von Karl dem Großen bis Wilhelm II., Weltbild Verlag Augsburg, Seite 40 - Mitterauer Michael: Karolingische Markgrafen im Südosten. Archiv für österreichische Geschichte Band 123. Hermann Böhlaus Nachf./Graz-Wien-Köln 1963, Seite 191,194,206,236,242 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 181,300,390,407,423,433,443 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 292 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 190-192,194-198,200,227 - Schmid Alois: Das Bild des Bayernherzogs Arnulf (907-937) in der deutschen Geschichtsschreibung von seinen Zeitgenossen bis zu Wilhelm von Giesebrecht. Verlag Michael Lassleben Kallmünz 1976, Seite 20,26,44,68,84,87,98,102,103, 108,109,161,186,191,194,195,198,207,216,221,231,236 - Schulze, Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 116-119,131,1476,198 - Weinfurter Stefan: Die Salier und das Reich Band 1-3. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1991, Band I, Seite 222,375; Band II, Seite 49; Band III, Seite 10,486 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 463,477,479 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co.,Stuttgart 1981, Seite 19,53,61 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 29,33,41 -

    Neue Deutsche Biographie - Ludwig das Kind

    ostfränkischer König, * (wohl Sept./Oktober) 893 (Alt-)Ötting, † (wohl 24.9.) 911 (Frankfurt?), ⚰ wohl Regensburg, Sankt Emmeram.

    L. war Arnulfs einziger Sohn aus vollgültiger Ehe. Als seine Taufpaten sind EB →Hatto I. von Mainz (891–913) und der Bischof Adalbero von →Augsburg (887–909) bezeugt, Adalbero auch als Erzieher. Arnulf, der seinen Friedelsohn Zwentibold 895 zum König in|Lothringen eingesetzt hatte, ließ 897, einer freilich späten Nachricht zufolge, wohl im Mai auf der Wormser Reichsversammlung, sich selber und L. „von allen“ einen Treueid leisten. Der Sechsjährige wurde gemäß diesem Willen des Vaters zwei Monate nach dessen Tod am 4.2.900 in Forchheim zum König ausgerufen und gekrönt. Es ist in der ostfränk.-deutschen Geschichte die erste gesicherte, freilich nur summarische Nachricht von einer Krönung. Die Vermutung liegt nahe, daß EB Hatto als Coronator waltete, der damit die Kontinuität des aus Rhein- und Mainfranken, Schwaben, Bayern, Thüringen und Sachsen bestehenden Ostreiches sichern wollte. Jedenfalls war er es, der über diesen Thronwechsel alsbald dem Papst (Johann IX. oder Benedikt IV.) berichtete (GP IV 71 n. 54), anscheinend in der Absicht, dem Sohn Arnulfs auch den Weg zur Kaiserwürde offenzuhalten.

    Fast gleichzeitig brach in Lothringen ein Aufstand gegen Zwentibold aus. L. wurde ins Land gerufen, nahm im März 900 zu Diedenhofen die Huldigung der lothring. Großen entgegen, begab sich im April nach Aachen und erschien im selben Jahr nochmals im Westen, wo der Tod Zwentibolds (13.8.900) den Wirren ein Ende setzte. Somit war, ohne ernstliche Krise, das Ostfränk. Reich wieder in dem Umfang vereinigt, der seit 879 bestandenhatte.

    Daß der König ein Kind war, wurde im einfachen Rechtsdenken der Zeit schlichtweg ignoriert. Eine Regentschaft im rechtlichen Sinne gab es nicht, L. galt als selber regierend, die Reichsversammlungen – Regensburg 901, Forchheim 903, Tribur 906 – galten als von ihm einberufen und geleitet. Person und Hof selbst dieses schwachen Königs stellten immer noch den Angelpunkt der politischen Ordnung dar. Die Urkunden wurden auf seinen Namen ausgestellt und von ihm selber mit dem Vollziehungsstrich versehen. Es sind 78 in der Substanz echte (freilich nicht immer im Text vollständige) Diplome erhalten (dazu 7 spätere Fälschungen und 10 mit hinreichender Sicherheit erschließbare Deperdita). Die Empfänger verteilen sich auf alle Länder von Bayern bis Sachsen und Lothringen, freilich ungleichmäßig, mit besonderen (aber vielleicht nur zufälligen) Schwerpunkten bei Eichstätt und St. Gallen. Die Kanzlei Arnulfs unter der nominellen Aufsicht des Salzburger Erzbischofs als des archicappellanus (Theotmar, † 907, dann Pilgrim) blieb weiter tätig, von Anfang 909 an geleitet von dem Bischof Salomon III. von Konstanz (890–919) als cancellarius. Die Diplome für lothring. Empfänger wurden dagegen, wie in Zwentibolds Jahren, weiterhin auf den Namen des EB Ratbod von Trier als des archicancellarius beglaubigt und meist auch in dessen – ebenfalls fortbestehender – Trierer Sonderkanzlei ausgefertigt. Lothringen behielt im übrigen auch politisch eine Sonderstellung. L. nahm nach 900 nur noch dreimal – 902, 906, 908 – jeweils sehr kurzen Aufenthalt in diesem Lande (Metz, Aachen), dessen Große allem Anscheine nach auch ihrerseits nicht an den ostfränkischen Reichsversammlungen teilnahmen. Der Königshof residierte im übrigen nur im Süden, bis 907 besonders in Bayern (Regensburg), dann mit Vorzug in Franken (Frankfurt, Tribur, Ingelheim, Forchheim).

    Von eigener Regierungstätigkeit, an der sich biographische Züge ablesen ließen, kann bei dem jungen, offenbar stets kränkelnden L. keine Rede sein. Den Bischöfen Hatto, Adalbero und Salomon wuchs eine Autorität zu, die einer faktischen Regentschaft oft nahekam, aber neben ihnen und weiteren Bischöfen begegnen am Hofe L.s – nach Ausweis der Urkunden nicht selten in großer Zahl – auch weltliche Große, so daß im ganzen eher von einem Adelsregiment als von einer Regentschaft gesprochen werden muß. Zu dieser Schwäche der Zentralregierung kam eine neue, sprunghaft ansteigende Bedrohung von außen. Die Ungarn suchten seit 899/900 Italien heim, worin wohl auch ein Grund dafür zu sehen ist, daß Kaiserpläne L.s, wenn sie bestanden, vollends unrealisierbar wurden; statt seiner wurde Anfang 901 Ludwig von Niederburgund von Benedikt IV. gekrönt. Die Ungarn beunruhigten seit 900 auch den bayer.-slaw. Südosten. Die Zerschlagung des Großmähr. Reiches (905/06) öffnete ihnen den Weg in die Reichsländer; 906 erschienen ihre berittenen Pfeilschützen erstmals in Sachsen.

    Das Machtvakuum im Innern und die zu rascher militärischer Reaktion zwingende äu-ßere Gefährdung förderten in steter Wechselwirkung den längst (und allenthalben im Frankenreich) im Gang befindlichen Aufstieg landschaftlicher Mittelgewalten, in denen sich die Herzogtümer des deutschen Mittelalters anbahnten. Der Aufstieg der schon von Arnulf geförderten rheinfränk. Konradiner schritt unter L. voran. Sie setzten sich in Hessen durch und standen in Mainfranken den Popponen-Babenbergern gegenüber. In Lothringen wurde der Konradiner Gebhard als Amtsherzog eingesetzt, doch behauptete hier auch der Henne- und Haspengaugraf Reginar|eine starke Stellung. Mit den Babenbergern aber trugen die Konradiner, gestützt auf die Reichsgewalt, von 902 an eine blutige Fehde aus, die 906 zum Tode des älteren Konrad (bei Fritzlar) führte, dann jedoch in Theres am Main mit der Gefangennahme und Hinrichtung des letzten Babenbergers Adalbert endete. Seitdem nahm der jüngere Konrad (L.s Nachfolger als König) in Rhein- und Mainfranken die Vormachtstellung eines dux ein. Am Widerstande innerschwäb. Gegner, aber ohne erkennbare Beteiligung des Königshofes, scheiterte 911 mit dem gewaltsamen Ende des hunfriding. Mgf. Burchard und seines Bruders Adalbert der erste Ansatz zu einer schwäb. Herzogsmacht. In steter Fühlung mit dem Hofe L.s stand dagegen der gleichfalls schon bei Arnulf sehr angesehene bayer. Magnat Liutpold, der mehrere Grenzgrafschaften befehligte und sogar als dux Boemannorum bezeichnet wird. Sein Versuch, der Ungarngefahr offensiv zu begegnen, endete am 5.7.907 bei Preßburg mit einer Katastrophe des bayer. Heerbanns; Liutpold selber und der Erzkaplan Theotmar von Salzburg waren unter den Toten; die karoling. Ostmark an der Donau, für die eben noch (903/06) die Raffelstettener Zollordnung erlassen worden war, brach zusammen. Im gefährdeten Bayern aber festigte und verselbständigte sich eben jetzt die Herzogsgewalt: Mit dem Willen des Stammesadels und sichtlich ohne Beziehung zum Hofe L.s (der seitdem nicht mehr mit Sicherheit in Bayern nachweisbar ist) folgte Liutpolds Sohn Arnulf als faktisch autonomer Herzog. Im Ungarnkampfe fiel am 3.8.908 auch der noch von Arnulf eingesetzte und dem Hofe L.s verbundene thür. Mgf. Burchard. Thüringen kam in den Einflußbereich der Liudolfinger – Ottos und seines Sohnes Heinrich – deren Vorrang in Sachsen längst gefestigt und vom König anerkannt war.

    Die Ungarnwelle erreichte nach diesen Schlägen einen ersten Höhepunkt. Sie ergoß sich 909 nach Schwaben. Trotz eines Abwehrsieges des Hzg. Arnulf an der Rott stießen ihre Raubscharen im nächsten Jahre durch Bayern vor. Wohl im Sommer (12.6.?, 9.8.?) 910 trat ihnen der König an der Spitze eines schwäb.-fränk.-bayer. Heerbanns auf dem Lechfeld bei Augsburg entgegen, aber diese einzige größere eigene Tat L.s führte zu einer neuen schweren Niederlage, bei der mit dem Tode des Konradiners Gebhard das lothring. Amtsherzogtum endete. Offenbar erkannte der Königshof die führende Stellung Reginars jetzt auch formell an: Er konnte am 1.6.911 als comes et missus dominicus urkunden.

    Nach einer glücklosen Regierung erlosch mit L. die ostfränk. Linie der karoling. Dynastie. Die politische Zukunft und damit der Zusammenhalt des Reiches war offen, aber im Jahrzehnt L.s waren wesentliche Vorentscheidungen für die politische Struktur des mittelalterlichen Deutschland gefallen. – Wenige Wochen nach L.s Tod erhoben die ostfränk. Großen den Hzg. Konrad zum König, während sich die Lothringer dem Westreich Karls III. anschlossen.

    Literatur
    ADB 19; Regg. Imp. I; Chronik d. Abtes Regino v. Prüm (-906) mit Continuatio [Adalbert], hrsg. v. F. Kurze, = MGH SS rer. Germ., 1890, auch (ohne Continuatio) mit Übersetzung in: R. Rau (Hrsg.), Qu. z. karoling. Reichsgesch. III, 1960; MGH DD Karol. Germ. IV; Capit. II 249-252 (Zollordnung), dazu Löwe Anm. 16 u. Schieffer § 6 Anm. 14 (Literatur); MGH Poetae IV 298-306 (Klagelied Salomons von Konstanz über d. Zustand d. Reiches). - Dümmler III, Parisot, Werner, Löwe § 47, Schieffer § 80 a (s. bei Ludwig d. Deutsch); P. Kehr, Die Kanzlei L.s d. K., 1940; Th. Schieffer, Die lothring. Kanzlei um 900, in: DA 14, 1958; E. Hlawitschka, Lotharingien u. d. Reich an d. Schwelle d. dt. Gesch., 1968, S. 185-94; H. Beumann, Die Einheit d. ostfränk. Reichs u. d. Kaisergedanke bei d. Königserhebung L.s d. K., in: Archiv f. Diplomatik 23, 1977 (Literatur). Die erst seit d. 11. Jahrhundert belegte, aber unwidersprochen gebliebene Nachricht zum Regensburger Grab Ludwigs wird von A. Schmid in: DA 32, 1976, S. 351-58 bezweifelt, kaum zu Recht. - Zu den Anfängen d. Herzogtümer kontrovers: H. Stingl, Die Entstehung d. dt. Stammesherzogtümer am Anfang d. 10. Jh., 1974. u. H. W. Goetz, „Dux“ u. „ducatus“, 1977; zu beiden K. Reindel, in: DA 35, 1979, S. 288-90.



    Geburt:
    Herbst

    Gestorben:
    20./24.9.911

    Begraben:
    St. Emmeram


  11. 152.  Glismut Graphische Anzeige der Nachkommen (118.Arnulf9, 88.Karlmann8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 865; gestorben am 26 Apr 924.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Lahngau,Deutschland; Gräfin im Lahngau

    Notizen:

    Glismut Gräfin im Lahngau
    um 865-26.4.924
    Tochter des Kaisers ARNULF VON KÄRNTEN und der KONRADINERIN Oda

    Dümmler Ernst: Band II Seite 538,572,579, "Geschichte des Ostfränkischen Reiches"

    Die Leiche des gefallenen Konrad wurde von seiner Witwe Glismuoda und seinen Söhnen KONRAD und Eberhard aufgehoben und in der Feste Weilburg bestattet.
    Gegen den 10. November 911 wurde demnach KONRAD, der Sohn Konrads und Glismoudas [Am 1. Juli 912 machte KONRAD dem Kloster Fulda eine Schenkung per intercessionem venerandae ac dilectae gentricis nostrae Glismodae, desgleichen nennt er sie in einer Stiftung für Fulda (Boehmer acta Conr. p. 13, 38). Sie überlebte ihren Sohn und starb erst 26. April 924 siehe Necrol. Fuld. Mai. 924 (Boehmer fontes III, 156): Glismout cometissa VI Kal. Mai. Ganz unbegründeter Weise hat man, wie neuerdings noch Häuser (Geschichte der rheinischen Pfalz I, 27) und Leo (Vorlesung über deutsche Geschichte I, 588) Glismuoda zu einer unehelichen Tochter ARNOLFS machen wollen: eine Ansicht, die schon von Kremer (Orig. Nassiocae I, 65) hinlänglich widerlegt worden ist. Ebenso grundlos ist bei späteren Chronisten die Bezeichnung des älteren Konrad als eines Bruders Ludwigs.], zu Forchehim zum Franken-König gekrönt und gesalbt, wahrscheinlich durch die Hand Hattos, des alten Gönners seines Hauses.
    Im dritten Gnadenbrief endlich übergab er im Sommer 912 auf die Bitte seiner geliebten Mutter Glismuoda dem heiligen Bonifacius sein Erbgut zu Trebra an der Inn, wofür jene auf Lebenszeit mehrere Klostergüter im Lahngau zum Genuß erhielt.


    oo Konrad der Ältere von Fritzlar ca 855-27.2.906


    Kinder:

    - KONRAD I. um 881-23.12.918
    - Eberhard Herzog von Franken um 885-2.10.939
    - Udo III. Graf im Ober-Lahngau - um 918
    - Tochter
    oo Werner Graf im Worms- und Nahegau


    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 119 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 103 -

    Familie/Ehepartner: im Lahngau, Konrad. Konrad (Sohn von im Lahngau, Udo und N.) wurde geboren um 855; gestorben am 27 Feb 906 in Fritzlar [34560],Schwalm-Eder-Kreis,Hessen,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]


  12. 153.  Ellinrat Graphische Anzeige der Nachkommen (118.Arnulf9, 88.Karlmann8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 875; gestorben nach 914.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ostmark,Österreich; Markgräfin der Ostmark

    Notizen:

    Ellinrat Markgräfin der Ostmark
    um 875 -24.5.nach 914
    Illegitime Tochter des Kaisers ARNULF VON KÄRNTEN und der Konkubine Ellinrat

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 23

    Wenn die zu 914 V 24, BM² 2090 erwähnte Ellinrath nicht identisch ist mit der Tochter ARNULFS, die Engelschalk, Sohn Engelschalks I. (zu diesem Hause jetzt M. Mitterauer, Karolingische Markgrafen im Südosten, Wien 1963, 178ff.), entführte, dann ist hier eine weitere uneheliche Tochter ARNULFS einzusetzen.
    Um seine Machtposition zu steigern, entführte der zwielichtige Markgraf Engilschalk 893 die uneheliche Tochter König ARNULFS. Er musste zuerst zu den Mährern fliehen, ehe er sich mit ARNULF durch Vermittlung Ellinratas aussöhnen konnte. Seine bayerischen Standesgenossen waren aber nicht bereit, eine Sonderstellung Engilschalks zu dulden. Er wurde von den vielen Feinden, denen er sich durch seinen Übermut verhasst gemacht hatte, verfolgt und mitten in der KAROLINGER-Pfalz Regensburg ergriffen, geblendet und getötet.

    Konecny Silvia: Seite 154, "Die Frauen des karolingischen Königshauses"

    Etwas anders verlief zwei Generationen später die Entführung einer Tochter ARNULFS durch Engilschalk, einen Sohn des Markgrafen Wilhelm. Der Entführer floh diesmal nicht in ein anderes fränkisches Teilreich, sondern suchte Unterstützung bei den Mährern, also bei einem "ausländischen" Fürsten. ARNULF söhnte sich bald mit Engilschalk aus und machte den Schwiegersohn zum Markgrafen im Osten. Im Grunde fand ARNULF sich damit wohl mit einer Lage ab, die zu ändern er doch nicht ausreichend Macht besaß. Überdies konnte ARNULF so die Verbindung Engilschalks zu dem Mährer-König Zwentibold nützen. Als dadurch aber ein Aufstand fränkischer Adeliger im Grenzbereich, den der Mährer-König unterstützte, nicht verhindert werden konnte, eilte Engilschalk - vermutlich in freundschaftlicher Absicht - zu ARNULF nach Regensburg. Dort versuchte eine andere Gruppe Adeliger, die dem Schweigersohn des Kaisers wohl schlecht gesinnt war, die unsichere Lage zu nützen und sich des Günstlings des Kaisers zu entledigen. Engilschalk wurde des Hochverats bezichtigt und geblendet. Die Ehe- und Bündnispolitik ARNULFS wurde in deisem Fall also von inneren Zwistigkeiten des Adels zunichte gemacht.


    oo Engelschalk II. Markgraf der Ostmark - Frühjahr 893


    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 478 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 154 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 85,89 -

    Familie/Ehepartner: Engilschalk II.. Engilschalk gestorben in 893 in Regensburg [93047],Regensburg,Bayern,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]


  13. 154.  von Lothringen, Zwentiboldvon Lothringen, Zwentibold Graphische Anzeige der Nachkommen (118.Arnulf9, 88.Karlmann8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 870/871; gestorben am 13 Aug 900; wurde beigesetzt in Echt-Susteren [6100],Limburg,Niederlande.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 895-900, Lothringen,Frankreich; König von Lothringen

    Notizen:

    Zwentibold
    König von Lotharingen (895-900)
    870/71-13.8.900 gefallen an der unteren Maas Begraben: Kloster Susteren
    Illegitimer Sohn des Kaisers ARNULF VON KÄRNTEN aus dem Hause der KAROLINGER von der Konkubine Ellinrat

    Lexikon des Mittelalters: Band IX Spalte 726

    Zwentibold, König von Lotharingien 895-900
    * ca. 871, + 13. August 900 gefallen im Maasgau Begraben: Kloster Susteren

    Illegitimer Sohn Kaiser ARNULFS und einer unbekannten Konkubine

    oo Oda (LIUDOLFINGERIN), Tochter Ottos des Erlauchten

    Der in der karolingischen Familie einmalige Name stammt vom Taufpaten Svatopluk, Fürst des Großmährischen Reiches. Vom Vater wurde Zwentibold (mit seinem ebenfalls illegitimen Halbbruder Ratold) zunächst für die Nachfolge im Reich vorgesehen (Mai 889 Hoftag in Forchheim) und mit militärischen Kommandos in Oberitalien (893) und Burgund (894) betraut. Nachdem ARNULF 893 ein legitimer Sohn, Ludwig IV., geboren worden war, setzte er gegen anfängliche adlige Widerstände (894) auf einem Wormser Hoftag im Mai 895 die Königswahl seines Erstgeborenen Zwentibold in Lotharingien durch; Hoffnungen auf die Einbeziehung Burgunds (Annales Fuldenses 895: König "in Burgundia et omni Hlotharico regno") erfüllten sich nicht. Zwentibolds selbständige Herrschaft, getragen von einer eigenen Hofkapelle unter Erzbischof Hermann I. von Köln und einer neugebildeten Kanzlei unter Erzbischof Radbod von Trier, suchte in Aufnahme der Traditionen des 869 untergegangenen lotharingischen Mittelreichs (Annales Vedastini 895: "regnum quondam Hlotharii") die Integration des dortigen Grafenadels in ein karolingisches Königtum zu befestigen. Anfängliche Erfolge 895/96 wichen dem Verlust politischer Konsensfähigkeit. Zwentibolds Scheitern hatte mehrere Ursachen:
    Seit ARNULFS schwerer Erkrankung (896/97) fehlte der Rückhalt des Vaters; wechselvolle Verwicklungen in den Auseinandersetzungen zwischen Odo und Karl III. 'dem Einfältigen' um die westfränkische Königsherrschaft (Feldzug Zwentibolds ins W-Fränkische Reich 895; wiederholte Flucht Karls nach Lotharingien 895 und 896; dort Treffen mit ARNULFS Gegnern um Kaiser LAMBERT in Remiremont) gingen seit 897 mit zunehmenden Spannungen mit Erzbischof Radbod von Trier und führenden Grafen Lotharingiens einher (898 Abfall Graf Reginars zum westfränkischen König Karl III. und erfolgloser Vorstoß Karls nach Aachen und Nimwegen. Nach ARNULFS Tod (8. Dezember 899) riefen führende Adlige seinen legitimen Nachfolger im O-Fränkischen Reich, Ludwig das Kind, nach Lotharingien (Huldigungen im März 900 in Diedenhofen). Von all seinen Bischöfen und Grafen verlassen, fand Zwentibold im Sommer 900 gegen die Grafen Gerhard, Matfrid und Stephan den Schlachtentod. Die Memoria an den letzten autonomen Herrscher Lotharingiens brachte seine kultische Verehrung als Königsheiligen hervor.

    Quellen:
    MGH SS Karol. dt. 4 - Böhmer-Mühlbacher, RI 1, 1908 [Nachdr. 1966]

    Literatur:
    Dümmler III - Th. Schieffer, Die lothring. Kanzlei um 900, DA 14, 1958, 16-148 - H. Beumann, Kg. Z.s Kurswechsel im Jahre 898, RhVjbll 31, 1966/67, 17-41 - E. Hlawitschka, Lotharingien und das Reich an der Schwelle der dt. Gesch., 1968, 114ff. - Ders., Stirps regia, 1988 - R. Schieffer, Die Karolinger, 1992, 190-194.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 16c. ZWENTIBOLD, König von Lothringen 895 V, bis 900
    * ca. 870, + 900 13. VIII.
    Gemahlin:
    Oda, Tochter eines Grafen Otto

    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 16. Zwentibold
    Mühlbach 1955 c,d; cf.Parisot, Roy de Lo 515f., 1983 c.
    Gemahlin: Oda, 897 nach 27. III., ib. 1968 c; sie war nach Regino 897, S. S. 1, 607, Tochter eines Grafen Otto (daß damit Herzog Otto von Sachsen gemeint sein soll, erscheint mir höchst unwahrscheinlich) und heiratete nach 900 den Grafen Gerhard, Regino 900, S. S. 1, 609. [VI 22]

    Ergänzung (Werner):
    Gemahlin: 879 Oda, Tochter Herzog Ottos von Sachsen, + 2. VII. nach 952

    Werner Karl Ferdinand: Seite 458, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. 22.

    Zu Zwentibold jetzt grundlegend MG Die Urkunden d. dt.Karolinger 4, Die Urkunden Zwentibolds und Ludwigs des Kindes, bearb. v. Th. Schieffer, Berlin 1963, dort 3-15 Einleitung zu Zwentibold; vgl. ferner Schieffer, Deutsches Archiv 14 (1958), 23.
    Das Jahr der Eheschließung mit Oda, von Brandenburg in der Annahme B VI, 16 richtig gegeben, ist in der Tafel aus 897 zu "879" verdruckt. Brandenburg nennt die Gattin "Ota, Tochter eines Grafen Otto". Es besteht jedoch kein Zweifel daran, daß es sich um die Tochter Herzog Ottos von Sachsen und damit um die Schwester König HEINRICHS I. handelt (vgl. Schieffer 4). Ebenso sicher ist auf sie zu beziehen der Eintrag im Hildesheimer Nekrolog VI Non. Iul Oda regina soror nostra, den schon Dümmler 3,455, Anm. 2 zitiert. Oda starb also am 2. Juli, und zwar nach 952, denn im D 159 OTTOS I von 952XII 30 wird sie erwähnt als nostra amitia mulier. Deo nobisque devota nomine Uota, die ihm Besitz in Deventer, der zweifelllos auf Zwentibold zurückging, übereignete (zit. schon bei Dümmler, a.a.O., die Identifizierung zuerst durch Ottenthal). Ob man aus der gegenüber dem eben erwähnten Original nur kopialen Überlieferung des D 216 von 960 VIII 28 schließen darf, daß Oda auch damals noch lebte, scheint mir zweifelhaft. Sie wird zwar nicht ausdrücklich als verstorben genannt, aber von dem Besitz in Deventer heißt es quae nobis Uda nostra nepta (so hier allgemein für Verwandte) legitime hereditando permisit, es ist also möglich, daß OTTO, dem der Hof zu Deventer 952 von seiner noch lebenden Tante übereignet worden war (wie üblich unter Vorbehalt des Nießbrauchs) und des ihn alsbald an St. Moritz in Magdeburg weitergeschenkt hatte, ihn jetzt, nach dem Tode der Oda (hereditando) unmittelbar in die Hand bekam und darum die Schenkung erneut vollzog. Das Datum von Odas Hochzeit mit Zwentibold läßt sich nach Dümmlers Angaben a.a.O. auf zwischen Ostern (III 27) und VI 13 des Jahres 897 begrenzen. Die Ehe wurde vielleicht auf der Wormser Reichsversammlung im Mai 897 geschlossen, vgl. DD Zwentibolds, Schieffer 4 und 42. - Oda hat noch im Todesjahr Zwentibolds den lothringischen Grafen Gerhard, Bruder Matfreds, einen der Feinde ihres erschlagenen Gatten, geheiratet, vgl. Renn 33.

    Schwennicke Detlev: Tafel 5, "Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1"

    ZWENTIBOLD
    * 870/71, + 13. VIII 900
    V 895 König von LOTHRINGEN

    oo 27. III/13.VI 897 ODA VON SACHSEN + 2. VII nach 952
    Tochter von Herzog Otto dem Erlauchten (LIUDOLFINGER)

    (oo II 900 Gerhard Graf (MATFRIDE) gefallen 22. VI 910)

    Schnith Karl Rudolf: Seite 89, "Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern."

    DIE NACHKOMMEN KAISER ARNULFS VON KÄRNTEN

    1. ZWENTIBOLD (von der 1. Konkubine)
    * 870/71
    + 13.8.900 in der unteren oder mittleren Maasgegend (in einem Gefecht) Grabstätte: Kloster Süsteren

    Den seltenen Namen erhielt er von seinem Taufpaten, dem Mährer-Fürsten Swatopluk (eingedeutscht in Zwentibold)

    oo 27.3./13.6.897 ODA, Tochter Ottos von Sachsen (+ 2.7. nach 952)

    Kinder:
    Benedicta und Caecilia, Äbtissin von Süsteren (?)

    Mai 889: als Thronfolger vorgesehen
    Mai 895: König von Lotharingien

    Zwentibold erhielt den seltenen Namen von seinem Taufpaten, dem Mährer-Fürsten Swatopluk (eingedeutscht in Zwentibold). Nach der Beseitigung des lothringischen Großen, Graf Megingaud (+ 892), erhielt er dessen Lehen und Ämter. Er wurde 895 nach dem gescheiterten Versuch des Vorjahres von seinem Vater als Unter-König in Lothringen eingesetzt und ihm gelang es nicht, die einheimischen Großen, die seit Jahren nach eigenem Ermessen schalteten, für sich zu gewinnen. Schon Ende 896 kam es zwischen dem König und einigen einflußreichen Grafen zu einem Konflikt und er entzog vier der mächtigsten Grafen seines Reiches ihre Lehen und Ämter. Dies waren Stephan, einst ein Gefährte des KAROLINGER-Bastards Hugo, die Brüder Gerhard und Matfrid, in dem Bliesgau und Mosellande begütert, die sich zugleich mit jenem zwei Jahre früher, eine schimpfliche Bestrafung wegen Landfriedensbruches zugezogen hatten, und endlich Odaker, vielleicht Graf vom Ardennengau. Alle Besitzungen, die sie als Lehen besaßen, wurden ihnen abgesprochen und der König zog mit einem Heer nach Trier, wahrscheinlich um jeden etwaigen Widerstand der abgesetzten Grafen sogleich niederzuschlagen. Dieses vorschnelle und gewaltsame Verfahren mißbilligte sein Vater und er bewog den heftigen und jähzornigen Sohn, die drei Grafen Stephan, Matfrid und Gerhard unter Zurückgabe ihrer Lehen zu Gnaden wieder aufzunehmen. Verhängnisvoller war es für Zwentibold, dass er sich zwei Jahre später auch mit Reginar, dem mächtigsten lothringischen Großen überwarf. Den in Lothringen eingefallen KönigKarl den Einfältigen konnte er 898 abwehren, da die Vasallen aus Unlust auf einen Kampf verzichteten. Er traf sich im Jahre 899 im Kloster St. Goar am Rhein mit verschiedenen deutschen Großen und unternahm anschließend einem zweiten Feldzug gegen die Empörer und versuchte Durfos mit aller Macht zu erobern, was aber erneut mißlang. In seinem Unmut über dieses seinem Ansehen so nachteilige Mißlingen befahl er den Bischöfen, über die Empörer den Bann zu verhängen, was diese ablehnten, so dass jeder in seine Heimat zurückkehrte. Wenn Zwentibold auch im November desselben Jahres nach einem freilich vergeblichen Zug gegen die Normannen antrat, die sich an der Oise festgesetzt hatten und bald darauf mit Karl dem Einfältigen einen förmlichen Frieden schloß, so war doch seit der letzten Belagerung von Durfos seine Stellung völlig haltlos und sein Sturz unvermeidlich geworden. Der Wendepunkt von Zwentibolds Geschick lag aber darin, dass, nachdem er sich aus den mächtigsten der weltlichen Großen erbitterte Feinde geschaffen hatte, er sich zuletzt auch mit den Bischöfen überwarf und somit jede Stütze im Land verlor. Nach dem Tode Kaiser ARNULFS huldigten die lothringischen Großen dessen Sohn Ludwig als Oberherrn. Zwentibold, der seiner Herrschaft nicht entsagen wollte, fiel kurz darauf in einer Schlacht gegen die aufständischen Lothringer.



    27.3./13.6.897 oo 1. Oda von Sachsen, Tochter des Herzogs Otto, 875/80-2.7.nach 952
    (900 2. oo Gerhard (MATFRIEDE) Graf von Metz 870-22.6.910)


    Kinder:

    - Cäcilia Äbtissin von Süsteren - 17.8.
    - Benedikta Äbtissin von Süsteren - 17.8.


    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 22 - Annalen von Fulda - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 16,21,23,29,34,37,57,64,84 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 19-21,23-25,35,54 - Borgolte Michael: Geschichte der Grafschaften Alemanniens in fränkischer Zeit. Vorträge und Forschungen Sonderband 31 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1984, Seite 215,218 - Borgolte Michael: Karl III. und Neudingen. Zum Problem der Nachflgeregelung Ludwigs des Deutschen. Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 111,356 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 81,88,95,104,106,107,109-114 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 243,330,359, 372,387,407-410,433,454,464-471,478,498-501,503 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 20,27,30 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 288 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 30,265,276 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 59-61,64,70,154 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 6-211 - Hlawitschka Eduard: Stirps Regia. Forschungen zum Königtum und Führungsschichten im frühen Mittelalter. Ausgewählte Aufsätze. Festgabe zu seinem 60. Geburtstag. Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris Seite 94-571 - Hlawitschka Eduard: Studien zur Äbtissinnenreihe von Remiremont. Buchdruckerei und Verlag Karl Funk, Saarbrücken 1963, Seite 49 - Hlawitschka, Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 26,40,94 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 43,50,74 - Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Seite 10-13 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion Seite Seite 434,442-444,452 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 434-637 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus (963-1136) (Rheinisches Archiv 39), Bonn 1941 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 269,292 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 157,190,192-194,201 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern.Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 64,86,89,95,106,111,113 - Schulze, Hans: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 119,121,127,136 - Schwennicke Detlev: Europäische Stammtafeln Neue Folge Band I. 1, Vittorio Klostermann GmbH Frankfurt am Main 1998 Tafel 5 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 7- Weinfurter Stefan: Die Salier und das Reich. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1991, Band I, Seite 375/Band III, Seite 486 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 476 - Werner Matthias: Adelsfamilien im Umkreis der frühen Karolinger. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1982, Seite 284-286 -

    Allgemeine Deutsche Biographie - Zwentibold, König von Lothringen

    Zwentibold, König von Lothringen 895—900. — Z., der älteste Sohn Arnolf's, des späteren Königs, damaligen Herzogs von Kärnten, wurde ihm von einer Kebsfrau geboren, deren Name unbekannt ist, und empfing seinen eigenen ungewöhnlichen Namen, auch Zwentepulch geschrieben, von dem Herzog Suatopluk von Mähren, der bei seiner Taufe Gevatter stand. Hieraus ergibt sich, daß er 870/71 geboren wurde, weil nur damals kurze Zeit Freundschaft der ostfränkischen Karolinger mit Suatopluk bestand.

    Als Arnolf trotz seiner eigenen unehelichen Herkunft im November 887 durch eine unblutige Umwälzung auf den Thron seines Oheims Karl's III. gelangt war, ließ er bereits im Mai 889 auf dem Reichstage zu Forchheim seinen Söhnen Zwentibold und Ratolf die Nachfolge eidlich zusichern, jedoch geschah dies nur unter dem Vorbehalt, wenn er von seiner Gemahlin Ota keinen ehelichen Sohn mehr gewänne. Sobald ihm im Herbst 893 Ludwig (das Kind) geboren wurde, verschwand daher für die Bastarde diese Aussicht. Nachdem inzwischen der mächtige lothringische Graf Megingaud am 28. August 892 ermordet worden war, übertrug Arnolf dessen Lehen z. Th. auf seinen Sohn Z. Im J. 893 schickte er diesen mit alemannischen Streitkräften nach Italien zur Unterstützung für den König Berengar I. gegen Wido und ließ ihn an einer erfolglosen Belagerung von Pavia theilnehmen, ebenso 894 mit nicht günstigerem Erfolge gleichfalls mit Alemannen gegen den König Rudolf von Hochburgund, der ihm in seinen Bergen unzugänglich blieb.

    Da die Thronfolge Zwentibold's durch die Geburt des kleinen Halbbruders vereitelt war, so bemühte sich der zärtliche Vater ihn durch ein besonderes Königreich sicher zu stellen und zu entschädigen, er ersah dazu Lothringen, welches am spätesten mit den übrigen deutschen Stämmen verbunden, am leichtesten wieder abgelöst werden zu können schien. Der erste Versuch, den er im Juni 894 zu Worms in dieser Richtung unternahm, scheiterte jedoch an dem Widerspruch der lothringischen Großen und erst ein Jahr später im Mai 895 ebenfalls zu Worms wurde diese Erhebung durchgesetzt. In Gegenwart des Königs Odo, den Arnolf für das westfränkische Reich anerkannte, ging unter allgemeiner Zustimmung die Einsetzung vor sich über Lothringen und Burgund in dem Umfange, in welchem (bis 869) Lothar II. darüber geboten hatte, zweifelhaft bleibt nur das Verhältniß Frieslands. Eine Krönung, wie sie sonst bei den ostfränkischen Karolingern nicht üblich war, besiegelte den feierlichen Act, der etwa zwischen den 25. und 30. Mai fällt. Der Erzbischof Ratbod von Trier bekleidete die Würde des Erzkanzlers. Von einer Oberhoheit des ostfränkischen Reiches über das lothringische ist keine Rede, Arnolf griff nur kraft väterlichen Ansehens öfter in die Angelegenheiten des Sohnes ein.

    Einen Versuch in selbständiger Politik machte dieser, von dem Triebe zur Vergrößerung seines Reiches geleitet, gleich darauf, indem er sich von Karl dem Einfältigen, dem andern von seinem Vater aufgegebenen französischen Thronbewerber durch Versprechungen gewinnen ließ und demselben alsbald mit einem großen Heere bei der Belagerung des festen Laon zu Hülfe kam. Indem er aber hier mehrere von Karl's Vasallen ganz auf seine Seite zog, den Grafen Balduin II. von Flandern, dessen Bruder, den Grafen Rodulf, und Reginar, wurde er diesem so verdächtig, daß man ihm sogar einen Anschlag auf Karl's Leben zutraute und so zog dieser es vor, lieber seinem Gegner Odo eine Theilung des Reiches anzubieten, als sich länger einem so zweifelhaften Bundesgenossen anzuvertrauen. Inzwischen hatte Z. nach Abschluß eines Waffenstillstandes mit dem Bischof Dido Laon schon verlassen; die Annäherung eines feindlichen Heeres Odo's scheuchte ihn vollends zurück. Etwas später im J. 896 nahm dennoch Karl, als sogar sein ältester Anhänger, der Erzbischof Fulko von Reims sich seinem Gegner zugewandt hatte, abermals seine Zuflucht zu Z., der wahrscheinlich aus diesem Anlaß die lothringischen Güter der Reimser Kirche überfiel und vertheilte.

    Im Spätherbst 896 überwarf sich Z. mit einigen der bis dahin mächtigsten Großen seines Reiches, mit den Grafen Stephan, Odakar, Gerhard und Matfrid, von denen die letzteren beiden Brüder waren. Ihrer aller Lehen wurden eingezogen. Man hat es hiemit in Zusammenhang gebracht, daß der Erzbischof Ratbod, der sich vorher der größten Gunst erfreut hatte, im Novbr. 896 seines Erzkanzleramtes enthoben wurde, welches zunächst bis 898 Erzbischof Heriman von Köln übernahm, doch bleibt dies eine unbegründete Vermuthung. Zu Anfang des Jahres 897 zog der junge König mit einem Heere nach Trier und vertheilte die eingezogenen Lehen an andre seiner Anhänger, für sich aber behielt er das Kloster Oeren und St. Peter in Metz. Gleich darauf freite er nach dem von ihm eingeholten Rathe seines Vaters um Oda, die Tochter des|Grafen Otto, wahrscheinlich des mächtigen Liudolfingers, die er nach Ostern heirathete.

    Schwerlich war sein Vater mit dem raschen Vorgehen Zwentibold's gegen jene Grafen einverstanden: unter seiner Vermittlung söhnte er sich vielmehr auf einer Reichsversammlung im Mai zu Worms mit Stephan, Gerhard, Matfrid und dessen Sohne wieder aus, und gab ihnen ihre Lehen zurück. Odakar aber blieb nach wie vor feindlich. Auf den ersten nur theilweise beigelegten Zwist Zwentibold's mit seinen Großen folgte bald ein zweiter und schlimmerer: im Februar 898 überwarf er sich mit dem Grafen Reginhar, von späteren Schriftstellern Langhals genannt, der bis dahin sein vertrautester und einziger Rathgeber gewesen war. Er zog nicht nur seine Lehen, zu denen die Abtei Echternach gehörte, sondern sogar auch seine Erbgüter ein und befahl, daß er innerhalb vierzehn Tagen sein Reich verlassen solle. Die nachfolgende Zurückgabe der Mastrichter Servatiusabtei (S. Servaes) an Trier steht hiemit im Zusammenhange, nachdem Reginhar dieselbe zwei Jahre zuvor zum Nießbrauch erpreßt hatte.

    Der Bruch mit einem so mächtigen, zugleich entschlossenen und verschlagenen, Manne wie Reginhar, der vermuthlich durch seine Mutter ein Enkel Lothar's I. war und sicherlich großen Anhang im Lande hatte, sollte sich bald genug an dem übel berathenen Könige rächen. Zunächst gelang es Z. nicht ihn unschädlich zu machen, als jener sich mit dem abgesetzten Grafen Odakar und andern Anhängern sowie mit seiner Familie in die Feste Durfos oder Durofostum (von zweifelhafter Lage) geworfen hatte, die durch die sie umgebenden Sümpfe der Maas unzugänglich war. Vergeblich wurde sie daher von dem Könige belagert. Aber die Empörer gewannen auch noch einen Bundesgenossen an dem jungen, seit dem Tode Odo's († am 1. Januar 898) im Westreiche allein herrschenden Könige Karl, der auf ihr Betreiben durch einen feindlichen Einfall im Sommer 898 den völlig überraschten Z. in die Flucht schlug und ohne Gegenwehr bis Achen und Nimwegen vordrang. Erst Bischof Franko von Lüttich, dem Dodilo von Cambrai folgte, gab ihm durch seinen Anschluß und seine Mannen einige Kraft des Widerstandes zurück und noch mehr der Adel aus der Gegend von Flörchingen (bei Diedenhofen), der sich um ihn schaarte. So rückte er Karl, der bis nach Prüm gekommen war, Anfang October muthig entgegen, ein Waffenstillstand aber oder ein vorläufiger Friede hemmte im Angesicht der Heere weitere Kämpfe und Karl kehrte ohne Erfolg in sein Reich zurück. Ein Zug gegen die Normannen, die wieder bis zur Maas schweiften, im Spätherbst, blieb fruchtlos.

    Durch Gesandte Arnolf's, der die Vermittlung übernahm, und Karl's wurde 899 zu St. Goar der Friede des letzteren endgültig abgeschlossen, doch sollte diese Zusammenkunft für den Lothringerkönig von verhängnißvoller Bedeutung werden, weil die Gesandten, Bischof Aschirich von Paris und Graf Odakar einerseits, Erzbischof Hatto von Mainz und die fränkischen Grafen Konrad und Gebehard andrerseits, hinter seinem Rücken Verabredungen trafen, die seinen späteren Sturz vorbereiteten. Es folgte eine nochmalige vergebliche Belagerung der Feste Durofostum: die Forderung Zwentibold's an die Bischöfe, seine Gegner mit dem Kirchenbanne zu belegen, wurde zurückgewiesen und veranlaßte ihn zu Drohungen und Schimpfreden: gegen den Erzbischof Ratbod soll er sich sogar thätlich durch einen Stockhieb auf den Kopf vergangen haben.

    Die Frucht war jedenfalls reif, durch die Entzweiung mit der früher anhänglichen Geistlichkeit wurde dem schwachen Königthum der letzte Halt entzogen, auch starb nach langem Siechthum Zwentibold's einzige Zuflucht in der Noth, der Kaiser Arnolf, am 8. December 899. So zeitigte das Jahr 900 einen allgemeinen Abfall, wobei vorzüglich die weltlichen Großen die Waffen gegen Z. ergriffen, indem sie ihm vorwarfen, daß er die Vornehmen unterdrückt und mit Weibern und Leuten niederer Herkunft die Reichsgeschäfte geführt habe. Nachdem inzwischen sein Halbbruder Ludwig am 4. Februar 900 zum König erhoben worden war, fiel diesem alles zu und huldigte ihm, als er, von den Lothringern herbeigerufen, im März zu Diedenhofen erschien und hernach auch Achen besuchte. Nach seinem Abzuge setzte Z. den hoffnungsvollen Kampf mit zusammengerafften Mannschaften unter Verwüstungen und Brandschatzungen noch eine Zeitlang fort, bis er in einem Treffen an der Maas am 13. August gegen die Grafen Stephan, Gerhard und Matfrid erschlagen wurde. Seine Ruhestätte fand er in dem zu Prüm gehörigen Nonnenkloster Süsteren, dem seine Töchter Cäcilia und Benedicta nach einander als Aebtissinnen vorstanden. Seine Wittwe Oda betrauerte ihn so wenig, daß sie sich noch in demselben Jahre mit dem Grafen Gerhard, seinem siegreichen Widersacher, vermählte.

    An Muth und Thatkraft hatte es dem jungen Könige vielleicht nicht gefehlt, aber Unbesonnenheit, Mangel an Selbstbeherrschung und leidenschaftliche Aufwallungen verdarben alles und beraubten ihn zuletzt jeder Stütze. So blieb es ihm versagt, seine eigene Herrschaft, geschweige denn eine Dynastie, zu begründen. Unruhe und Verwirrung sowie eine zunehmende Schwächung der königlichen Gewalt durch eine zügellose und gewaltthätige Aristokratie war das einzige Ergebniß dieser letzten Wiederherstellung eines selbständigen Königreichs Lothringen. Der zuverlässigste Geschichtschreiber, der uns über die Regierung Zwentibold's berichtet, Abt Regino von Prüm (seit 892), einer der hervorragendsten Geister dieser trüben Zeit, wurde selbst ein Opfer der inneren Wirren, welche sein Vaterland damals zerrissen. Die Grafen Gerhard und Matfrid verdrängten ihn 899 gewaltsam aus seinem Kloster, um dasselbe ihrem Bruder Richar zu übertragen.

    Literatur
    Die Geschichte Lothringens unter den Karolingern ist im Zusammenhange von mir behandelt im 3. Bande (2. Aufl.) meiner Geschichte des Ostfränkischen Reiches, Leipzig 1888, noch eingehender und in kritischem Geiste neuerdings von Robert Parisot: Le royaume de Lorraine sous les Carolingiens (843—923), Paris 1899. Für die Urkunden und als Uebersicht der Quellen: Mühlbacher, Die Regesten des Kaiserreichs unter den Karolingern (= Böhmer, Regesta imperii I), Innsbruck 1889 (2. Aufl. bevorstehend), endlich Mor. Müller, Die Kanzlei Zwentibolds, Königs von Lothringen, Bonn 1892.



    Gestorben:
    gefallen an der unteren Maas

    Begraben:
    Kloster Susteren

    Zwentibold heiratete von Sachsen, Oda in 897. Oda (Tochter von von Sachsen, Otto und von Babenberg, Hadwig) wurde geboren in 875/880; gestorben nach 952. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 195. Cäcilia  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 196. Benedikta  Graphische Anzeige der Nachkommen

  14. 155.  Ratold Graphische Anzeige der Nachkommen (118.Arnulf9, 88.Karlmann8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 889.

    Notizen:

    Ratold Ahnherr der Grafen von Meran
    889-
    Illegitimer Sohn des Kaisers ARNULF VON KÄRNTEN

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 24

    Zu Ratold gibt Brandenburg nur den Beleg zu 896. Aber schon 889 (Ann. Fuld.) schwören die fidelis König ARNULFS Treue für seine Söhne Zwentibold und Ratold für den Fall, daß er kein legitimes Kind haben werde.
    Ratold wurde 896 von seinem Vater als Unterkönig in Italien zurückgelassen.

    Konecny Silvia: Seite 143, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    In diesem Jahr einigte er sich nämlich mit dem Adel über die Herrschaftsnachfolge Zwentibolds und Ratolds, sofern die "legitime" Gattin Uota, keinen Sohn gebären würde. Eine Regelung dieser Art bedeutete gewiß einen Kompromiß, auch wenn Uota "legitme" Gattin und später sogar Königin genannt wurde. Bezeichnenderweise erfolgte jedoch keine Krönung Uotas, obwohl ARNULF wie KARL III. Anspruch auf die Gesamtherrschaft über das Frankenreich erhob, ja nicht einmal eine Dotation Uotas ist überliefert. Auf dem Italienzug des Jahres 896 aber begleitete Ratold den Kaiser, nicht etwa Uota und deren Sohn Ludwig. Möglicherweise war ARNULF die mütterliche Sippe Ratolds im lombardischen Grenzgebiet nützlicher als die KONRADINER. Auch Zwentibold erhielt trotz der Geburt Ludwigs des Kindes die Königswürde im Jahre 895 zugesprochen.

    Dümmler Ernst: Band II Seite 330,422,478, "Geschichte des Ostfränkischen Reiches"

    Der Antrag ARNOLFS ging dahin, daß die Franken sich eidlich verpflichten sollten, anch seinem Tode seinen beiden von Kebsweibern geborenen Söhnen Zwentibold und Ratolf die Erbfolge im Reiche zuzugestehen.
    In großer Eile wurde dieser Weg zurückgelegt, so daß der Kaiser schon im Mai 896 durch das Tal von Trient die Heimat wiedergewann. Die einzige Maßregel, die er vorher noch zur Sicherung Italiens treffen konnte, bestand darin, daß er seinen jüngeren unehelichen Sohn, den kleinen Ratolf in Mailand zurückließ und ihn der Treue des Volkes anvertraute. LAMBERTS Annäherung bewog Ratolf, den Sohn des Kaisers, seinem Vater auf dem nächsten Wege über den Komersee eilends nachzufolgen [Ann. Fuld. 896 Ratolf war vorher ad fidem Italicae gentis Mediolanium dimisso.].


    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865, Band II Seite 330,422,478 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976 Seite 143 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 86,89 -


  15. 156.  von Flandern, Arnulf I. Graphische Anzeige der Nachkommen (128.Balduin9, 102.Judith8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 885/890; gestorben am 27 Mrz 965.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Boulogne-sur-Mer [62200],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Ostervant (Grafschaft),Nord-Pas-de-Calais,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Amiens [80000],Somme,Picardie,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Thérouanne [62129],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Artois (Provinz),Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Artois, Boulogne(-sur-Mer), Ostrevant, Amiens und Therouanne
    • Titel/Amt/Status: Laienabt der Klöster Saint-Omer, Saint-Amand zu Elnone und Saint-Vaast zu Arras
    • Titel/Amt/Status: 918-965, Flandern,Belgien; Graf von Flandern

    Notizen:

    Arnulf I. der Große
    885/90-27.3.965
    Graf von Flandern (918-965)
    Graf von Artois, Boulogne(-sur-Mer), Ostrevant, Amiens und Therouanne
    Laienabt der Klöster Saint-Omer, Saint-Amand zu Elnone und Saint-Vaast zu Arras

    Ältester Sohn des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern und der Aelfthryd von Wessex, Tochter von König Alfred dem Großen

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1017

    Arnulf I. der Große, Graf von Flandern
    * um 900, + 27. März 965

    Arnulf I. erbte 918 den nördlichen Teil der Grafschaft Flandern. Gegen den in Ostrevant vordringenden Heribert II. von Vermandois eroberte Arnulf 930 und 931 die Festungen Douai und Mortagne, während er sich nach dem Tod des Grafen Adalhelm (932) des Artois und der befestigten Abtei St-Vaast in Arras bemächtigte. Nach dem Tod seines Bruders Adalolf (933) gliederte er im Westen das Gebiet um Therouanne und Boulogne seiner Grafschaft ein. Durch die Eroberung von Montreuil an der Mündung der Canche (948) kam der größte Teil der Grafschaft Ponthieu in seine Hände, wodurch Flandern unmittelbar an die Normandie grenzte. Wenig später zog er auch die Herrschaft über Amiens an sich, so dass sich seine Macht von der Schelde bis über die Somme ausdehnte.
    Die Sicherung seiner Ostgrenze hatte Arnulf inzwischen durch eine systematische Ehepolitik erreicht, indem er alle seine Töchter mit lothringischen oder deutschen Fürsten verheiratete.
    Nach dem frühen Tod seines einzigen Sohnes Balduin III. (+ 1. Januar 962) erhoben sich die Söhne seines verstorbenen Bruders Adalolf gegen ihren Onkel. Arnulf blieb keine andere Lösung, die Grafschaft zu retten, als sie bis zur Volljährigkeit seines Enkels Arnulfs II. dem König von Frankreich, Lothar zu übergeben. Lothar verpflichtete sich, Arnulf II. als Nachfolger von Arnulf in Flandern anzuerkennen und erhielt dafür selbst die Gebiete, die Arnulf während seiner Herrschaft erobert hatte (Ostrevant, Artois, Ponthieu und Amiens). Als Laienabt der großen Abteien seiner Grafschaft führte Arnulf mit Hilfe Gerhards von Brogne, der sie regulierten Äbten unterstellte, eine Klosterreform durch.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 20. ARNULF I., Graf von Flandern 918
    * ca. 890, + 964 27. III.
    Gemahlinnen:
    a) ? ....
    b)
    Adela von Vermandois, Tochter Heriberts II. (siehe VII. 2.) + 958/60

    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 21. Arnulf I. (der Große)

    Daten siehe Vanderkindere I, 289.
    Die Geburtszeit ist nur ungefähr zu schätzen. Ob er vorher schon mit einer anderen Frau vermählt war, wie die späte Zeit der Heirat vermuten lassen könnte. wissen wir nicht [VIa 30]
    Ergänzung: (Werner): Gemahlin: 934 Adela von Vermandois, + 960, siehe VII 2.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460 "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 30
    Auch F.-L. Ganshof, La Flandre sous les premiers comtes, Bruxelles 1949, hält Arnulfs Ehe mit Adela 934 für seine zweite Ehe.
    Zu Adelas Todesjahr, das sich gegenüber "958-960" auf 960 präzisieren läßt, siehe VII, 3.

    Althoff Gerd: Seite 394, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 32
    Lü: 27.3. Ernaldus com + 964/65 Graf von Flandern

    Durch die 961 geschlossene Ehe zwischen Mathilde (G 52), der Tochter Hermann Billungs, und dem Grafen Balduin von Flandern waren die BILLUNGER mit dem flandrischen Grafenhaus verwandt. Dies ist der Grund für die Eintragung mehrerer Angehöriger dieses Grafenhauses im Lüneburger Necrolog. Neben Arnulf, dem Schwiegervater Mathildes, finden sich: ihr Enkel Balduin (G 55) mit seiner Gemahlin Geva (G 17), sowie die Frau ihres Sohnes Susanna regina (K 48).
    Die Identifizierung des Ernaldus com vom 27.3. mit dem Schwiegervater Mathildes ist dadurch leicht unsicher, dass ihr gleichnamiger Sohn am 30.3.987 starb. Der Unterschied in den Todesdaten gibt jedoch den Ausschlag für den älteren Arnulf (vgl. Köpke-Dümmler, Otto der Große, S. 395), dessen Todesjahr in den Quellen unterschiedlich belegt ist. Arnulf I., in dessen Regierungszeit die Verbindung der Familien zustande kam, erscheint als Gefolgsmann König OTTOS DES GROSSEN in den Auseinandersetzungen mit dem französischen Königtum.
    Vgl. dazu Köpke-Dümmler, Otto der Große, passim (Register S. 596) und Vanderkindere, La Formation territoriale, S. 54 ff.
    Zum Selbstverständnis der flandrischen Grafenfamilie von der besonders Witgers Genealogia Arnulfi comitis (MGH SS 9, S. 302 f.) Auskunft gibt, vgl. Patze, Adel und Stifterchronik, S. 15-21.
    Belege des Todesdatums bei Vanderkindere, S. 289.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    ARNULF I. "DER GROSSE"
    * um 888, + 964

    Arnulf I. der Große war der mächtigste französische Feudalbaron seiner Zeit; er hatte keine Untervasallen, die seine Macht schmälern konnten und verhinderte das Aufkommen solcher Kräfte. Er nannte sich oft "Markgraf", um seine starke Stellung zu unterstreichen. Er wurde Schirmvogt der geistlichen Herrschaften seines Raumes, die dadurch auch nicht zu Konkurrenten heranwachsen konnten. Er blieb formal französischer Vasall, lehnte sich an die kaiserlichen OTTONEN an und geriet besonders gegen Hugo von Franzien und gegen die Normannen, da deren Expansionspolitik begann. Er ermordete 942 den Herzog Wilhelm von der Normandie, den er wegen Grenzstreitigkeiten zu einer Zusammenkunft nach Picquigny an der Somme eingeladen hatte. Er hielt alle Hoheitsansprüche der Herzöge von Lothringen von Flandern fern, gewann mit seiner Frau den größten Teil von Artois dazu und förderte die kirchliche Reformbewegung.

    oo ADELE VON VERMANDOIS + 960
    Tochter des Grafen Heribert II.

    Ehlers Joachim: Seite 45, "Die Kapetinger"

    Seit der Zeit KARLS DES KAHLEN gab es im Norden ein Machtzentrum um Brügge, das Graf Balduin I. (+ 879) als Schwiegersohn des Königs aufgebaut hatte. Seine Nachfolger konnten durch regionale Erfolge bei der Normannenabwehr und geschicktes Ausnutzen der Kämpfe zwischen ROBERTINERN, KAROLINGERN, den Grafen von Vermandois und dem Erzbischof von Reims, ihr Gebiet nach Süden bis Therouanne und Boulogne, nach Norden bis zur Schelde vergrößern und schließlich mit Arnulf I. (918-965) vom König den marchio-Titel erhalten.


    1. oo N.N.
    -
    933 2. oo Adela von Vermandois, Tochter des Grafen Heribert II. 910/15- 960


    Kinder:

    - Hildegard 934 - 971/72
    oo Dietrich II. Graf von Holland - 1.4.988
    - Egbert - vor 10.7.953
    - Balduin III. 940-1.1.962
    - Elftrude
    oo Siegfried Herr von Guines - 965
    - Liutgard 935-18.10.962
    950 oo Wichmann Graf von Hamaland - 14.12.973

    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 58,83,394 G 32 - Alvermann, Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel 3-7- Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,118 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 45 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 51,54,64 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 23,49 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 63 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 34 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 120,125,128-132,223 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 Seite 77,87,119,128,129,142,144,151,153,175,283,298,306,395,582,583 - Leo Heinrich: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten, Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 12-13 - Pognon Edmond: Hugo Capet König von Frankreich. Dr. Riedeler Verlag Stuttgart 1966 Seite 80,91,164 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 277,299,307,309 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 214,225 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 6-403 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Uhlirz, Karl: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III. Verlag Duncker & Humblot Berlin 1967 Band I Seite 450-452,454 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 460 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 496 - Zimmermann, Harald: Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1976 -

    Arnulf heiratete von Vermandois, Adela in 933. Adela (Tochter von von Vermandois, Heribert II. und von Neustrien, Adele) wurde geboren in 910/915; gestorben in 960. [Familienblatt] [Familientafel]


  16. 157.  von Boulogne, Adalolf Graphische Anzeige der Nachkommen (128.Balduin9, 102.Judith8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 890; gestorben am 13 Nov 933.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Saint-Omer [62765],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Abt von Saint-Bertin
    • Titel/Amt/Status: 918-933, Boulogne-sur-Mer [62200],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Boulogne
    • Titel/Amt/Status: 918-933, Ternois,Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Ternois

    Notizen:

    Adalolf
    Graf von Boulogne und Ternois (918-933)
    Abt von St.Bertin
    890-13.11.933

    Jüngerer Sohn des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern und der Aelfthryd von Wessex, Tochter von König Alfred dem Großen

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 21. ADOLF (ETHELWOLF), Graf von Boulogne und Ternois
    * ..., + 933 13. XI.

    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 21. ADOLF/ADALOLF
    Vanderkindere I, 286; Folcvin, S. S. 13, 627.
    Ergänzung: (Werner):
    * ca. 890, + 13. XI. 933, 918 Graf von Boulogne und Ternois, Abt von St. Bertin
    Gemahlin: Konk. NN [VI a 31]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 31.
    Adalolf übernahm seine beiden Grafschaften Boulogne (Boulonnais) und Terouanne (Ternois) 918 beim Tode seines Vaters. Nach Adalolfs Tod brachte sein älterer Bruder Arnulf diese Grafschaften ohne Berücksichtigung der Nachkommen Adalolfs an sich (Ganshof 21).
    Man beachte, daß der Name Adalolf dem angelsächischen Aethelwulf entspricht, und ihm durch seine Mutter, die englische Königs-Tochter Aelftrud, zukam.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    ADOLF
    Graf von Boulogne-sur-Mer 918, ebenso Graf von Therouenne

    oo N.N.

    Leo Heinrich Dr.: Seite 12,13, "Zwölf Bücher niederländischer Geschichten."

    Der jüngere, Adalulf, erhielt, natürlich der Markgrafschaft untergeordnet, jene Grafschaft, welche die Gebiete von Boulogne, St. Pol, Guines, Therouenne und des Klosters des heiligen Bertin umfaßte, oder den pagus Arkensis.
    Doch wurde der Teil Flanderns, welchen vorher Adalulf erhalten hatte, und welcher nach dessen Tode wohl von Arnulf nicht wieder verliehen worden war, mit Ausnahme der Grafschaft Guines, von dem Könige Lothar an einen französischen Grafen (comes Pontacensis) Wilhelm gegeben; auch machten bei dieser Gelegenheit die Mönche des heiligen Bertins ihr Recht auf Calais geltend; doch blieb diese Seestadt wegen ihrer militärischen Wichtigkeit in weltlichen Händen und wurde nebst der Grafschaft Guines einem anderen Lehnsmanne von Frankreich, Adolph, Sigfrids Sohne, erteilt. Die Grafen von Boulogne und Guines blieben dabei wegen dieser Besitzungen Vasallen von Flandern [3 Später erbte der ganze pagus Arkensis, mit Ausnahme der an Kirchen gekommenen Territorien und der Grafschaft St. Pol, wieder zusammen, indem die Familien Wilhelms von Boulogne und Adolphs von Guines durch eine Heirat verbunden wurde. (...)





    oo N.N.


    Kinder:

    - Arnulf Graf von Boulogne um 910-31.1.972
    - Balduin (Balzo) - Vormund für Arnulf II. um 915- 973
    - ? Erniculus Graf von Boulogne



    Literatur:
    Alvermann, Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel Kapitel 4 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,118 - Leo Heinrich Dr.: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten. Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 12 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 460 -

    Name:
    Adolf


  17. 158.  von Flandern, Ealswid Graphische Anzeige der Nachkommen (128.Balduin9, 102.Judith8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Ealswid von Flandern

    Tochter des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern und der Aelfthryd von Wessex, Tochter von König Alfred

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 22. EALSWID

    Anmerkungen: Seite 119
    VI. 22-23 Ealswid und Irmtrud
    Vanderkindere I, 286. [VIa 32/33]


  18. 159.  von Flandern, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (128.Balduin9, 102.Judith8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  19. 160.  von Flandern, Albert Graphische Anzeige der Nachkommen (128.Balduin9, 102.Judith8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben in 977.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 950/977, Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Bischof von Paris
    • Titel/Amt/Status: 951-977, Drongen [9031],Flandern,Belgien; Propst in Trouchiennes

    Notizen:

    Albert von Flandern
    Bischof von Paris
    - 977
    Illegitimer Sohn des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 24. unehelich ALBERT, Bischof von Paris, ca. 950, Propst in Trouchiennes 951-977

    Anmerkungen: Seite 119
    VI. 24. Albert
    Vanderkindere I, 286f. Seine Existenz ist nicht völlig gesichert. [VIb 34]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460, Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)

    VI. Generation 34

    Den Adalbert/Albert (ein UNRUOCHINGER-Namen), der ins flandrische Grafenhaus aus dem Geschlecht, das in diesem Raum der flandrischen Macht vorausgegangen war, vgl. Grierson, einging, ebenso wie der Name Rudolf, der, wenngleich welfisch, über die UNRUOCHINGER an das Haus FLANDERN kam) läßt Brandenburg VI, 24 um 990 Bischof von Pariss ein. Nun gab es um diese Zeit, lau Ausweis der Pariser Bischofslisten (vgl. Duchesne, Fastes 2, 465 und 468) einen Bischof Albericus, der zeitlich auf den 941 VI 5 verstorbenen Walter folgte und dem etwa 954 VI 8 nachweisbaren Constantius voraufging (vgl. P. B. Gams, Series episcoporum ecclesiae catholice, 1873, 596). Der einheitlich überlieferte Name Albericus, der im flandrischen Hause nicht begegnet, erlaubt es nicht, diesen Bischof mit dem Probst Albert zu identifizieren.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    ALBERT (unehelich)
    + 977
    Albert wurde 950 Bischof von Paris und Probst von Tronchienne.

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 460 -


  20. 161.  von Verdun, Kunigunde Graphische Anzeige der Nachkommen (134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 890/895; gestorben nach 923.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Verdun [55100],Lothringen,Frankreich; Gräfin von Verdun

    Notizen:

    Kunigunde Gräfin von Verdun
    890/95-2.10. nach 923

    Eventuell Tochter Reginars I. Langhals von Hennegau und der Ermentrude, Tochter von König Ludwig II. der Stammler
    Nach E. Brandenburg als Tochter der Irmtrud Enkelin des westfränkischen König Ludwigs des Stammlers

    Althoff, Gerd: Seite 419, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 143
    Me: 2.10. Cunice com Großmutter der Kaiserin Kunigunde

    Die gleiche Person ist zum gleichen Tag auch ins jüngere Necrolog von St. Maximin in Trier eingetragen worden. Angesichts der Tatsache, daß mehrere Verwandte der Kaiserin Kunigunde im Merseburger Necrolog begegnen (vgl. G 145a, G 176, K 16, G 173) und angesichts der engen Beziehungen ihrer Familie zu St. Maximin in Trier, wo ihre Eltern begraben wurden (vgl. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, Seite 64f.), liegt es zwingend nahe, in der Cunice (Kunigunde)die Großmutter der Kaiserin zu sehen (zu ihr vgl. Renn, Seite 2ff.; anders Eckhardt, Genealogische Funde, Seite 54ff.).
    Bei der Neustiftung des Gedenkens in Merseburg hat die Kaiserin Kunigunde offensichtlich dafür gesorgt, daß ihre Vorfahren in das Gedenken aufgenommen wurden, siehe dazu ausführlich oben Seite 198f.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 26. KUNIGUNDE

    * ca. 890, + ...
    Gemahl:
    a) vor 910
    Wigerich, Graf im Trier- und Ardennergau 902, Pfalzgraf von Aachen 916 19.I. + vor 919
    b) (ca. 920)
    Richwin, Graf von Verdun + 923

    Anmerkungen: Seite 119
    VI. 26. Kunigunde
    Über die Frage, ob Kunigunde, die Mutter des Grafen Siegfried von Luxemburg, identisch sei mit Kunigund, Gemahlin des Pfalzgrafen Wigerich und des Grafen Richwin, besteht eine ausgedehnte Literatur, von deren Aufzählung ich hier Abstand nehme, indem ich allgemein auf Parisot, Origines Seite 278f., verweise. Ich führe hier nur die Quellenzeugnisse an, welche mir dieser Identität als ausreichend gesichert erscheinen lassen. Zunächst steht fest, daß Graf Siegfrieds Mutter Kunigunde eine Tochter von Ludwigs des Stammlers Tochter Irmtrud war, Tabula genealogica S. S. 2, 314 und 9, 303; ihr Vater ist nicht bekannt. Ferner ist sicher, daß Bischof Adalbero von Metz, ein Sohn jener Kunigunde, die mit Wigerich und Richwin verheiratet war, aus ihrer ersten Ehe, urkundlich von König Karl dem Einfältigen als nepos bezeichnet wird, Cartul. de St. Lambert 1, n. 11. Sind beide Kunigunden dieselbe Person, so war er tatsächlich König Karls Großneffe (Enkel seiner Schwester Irmtrud). Sind sie nicht identisch, so müßte, da von einer Verwandtschaft Wigerichs mit den KAROLINGERN gar keine Spur vorhanden ist, die zweite Kunigunde ebenfalls eine sehr nahe Verwandte König Karls gewesen sein, was sehr wenig wahrscheinlich ist, da wir die Familienverhältnisse der französischen KAROLINGER ziemlich genau kennen und hier für die Anknüpfung einer solchen Verwandtschaft kaum eine Möglichkeit zu bestehen scheint. Es erscheint mit hyperkritisch, die einfache Lösung, die durch die Annahme der Identität beider Kunigunden geboten wird, von der Hand zu weisen.
    Sind sie aber identisch, so muß des Grafen Siegfried Vater, über den keine Überlieferung vorhanden ist, entweder Pfalzgraf Wigerich oder Graf Richwin gewesen sein, falls man nicht zu der ganz unwillkürlichen Annahme greifen will, daß Kunigunde noch einen dritten unbekannten Gatten gehabt habe. Die Kinder Wigerichs und Kunigundens, von denen wir sechs kennen (siehe Teil II, Gen. VII 57-62) müssen also seine Geschwister oder Stiefgeschwister gewesen sein. Kinder aus Kunigundens zweiter Ehe sind nicht bekannt; denn die Vermutung Schenks zu Schweinsberg (Geneal. Beiträge zur Reichsgesch. S. 8 f.), daß der 959 verstorbene Herzog Gottfried von Lothringen dieser Ehe entsprossen sei, muß wegen unzureichender Begründung abgelehnt werden. Nun wird aber Graf Siegfried in den Briefen des Erzbischofs Gerbert (ed. Havet lettres n. 51, 52) als patruus des Grafen Gottfried von Verdun bezeichnet, der ein Sohn Gozelos, Sohnes des Pfalzgrafen Wigerich war (s. Teil II, Gen. VIII 72), was wieder nur zutrifft, wenn er Gozelos Bruder oder Stiefbruder war. Diese Argumente erscheinen mir als völlig durchschlagend; es müssen aber noch einige Umstände erwogen werden, die gegen diese Annahmen zu sprechen scheinen. Hier ist zunächst die Frage zu stellen, ob nicht die Altersverhältnisse der Kunigunde dagegen sprechen. (So namentlich Vanderkindere 2, 329 f.) Da ihre Mutter Irmtrud etwa um 870 geboren sein kann (siehe oben V 25), so kann Kunigunde um 890 (sogar etwas früher) zur Welt gekommen sein; sie hat Wigerich vor 910 geheiratet und ihm, der zwischen 916 und 919 starb, mindestens fünf Kinder geboren war also zur Zeit ihrer zweiten Vermählung um 920 etwa 30 Jahre alt. Hier liegt also nicht die geringste wirkliche Schwierigkeit vor. Ferner wird geltend gemacht, Graf Siegfried, der erst 963 zum ersten Mal vorkommt und 998 starb, könne nicht wohl der Sohn dieser Kunigunde sein, weil man seine Geburt um 940 ansetzen müsse. Es liegt aber gar kein Grund vor, warum Siegfried nicht älter gewesen sein könnte. Daß wir zufällig keine Nachricht von ihm vor 963 haben, kann in dieser nachrichtenarmen Zeit nicht auffallen; jedenfalls war er damals schon verheiratet; sein ältester Sohn Heinrich kommt schon 964 vor (Mittelrhein. U.B. I, n. 220); der Sohn, welcher am längsten lebt, Erzbischof Albero von Trier, ist zwar erst 1055 gestorben, kann aber sehr wohl um 975 geboren sein, wenn des Vaters Geburt um 920 fällt. Allerdings sprechen die chronologischen Erwägungen stark dafür, daß Graf Siegfried aus Kunigundens zweiter um 920 geschlossener Ehe stammte und etwa 922 oder 923 (in welchem Jahr Graf Richwin starb) geboren war; er würde dann selbst etwa 78 Jahre alt geworden sein. Ich sehe demnach auch in diesen Erwägungen keinen stichhaltigen Gegengrund. Für Richwins Vaterschaft scheint mir noch zu sprechen, daß 963 18. V. neben Siegfried in einer Urkunde der Gräfin Uta, des oben erwähnten Bruders oder Stiefbruders Gozelo Witwe, als Zeuge ein sonst unbekannter Graf Richwin erscheint, dessen Name die Vermutung nahelegt, daß er ein rechter Bruder Siegfrieds gewesen sei. Endlich ist noch ein Punkt zu erwähnen. In Gerberts Briefen (ed. Havel n. 51) erscheint ein gleichnamiger Sohn des Grafen Siegfried. Da nun, soviel wir wissen, unter seinen Söhnen keiner dieses Namens war, könnte daraus geschlossen werden, daß es sich hier um einen ganz anderen Grafen Siegfried handle, wodurch das oben angeführte Zeugnis für die Verwandtschaft Siegfrieds mit den Söhnen Wigerichs seine Beweiskraft verlieren würde. Bei der Seltenheit des Namens Siegfried ist das sehr wenig wahrscheinlich. Auch kann entweder Graf Siegfried einen gleichnamigen jung verstorbenen Sohn gehabt haben, über den keine anderen Nachrichten erhalten geblieben sind, oder es kann ein Fehler des Abschreibers in der Adresse des betreffenden Briefes vorliegen, nämlich Sigifrido filio anstatt Sigefridi comitis filio, in welchem Fall der Name des Sohnes gar nicht genannt wäre. Jedenfalls bietet die Sachlage weder einen Grund, den Grafen Siegfried (c. 922 bis 998) in zwei Personen, Vater und Sohn, zu zerspalten, wie es Parisot tut, noch kann die Beweiskraft der früher angeführten Argumente ernstlich erschüttern. Die Annahme wird auch stark unterstützt durch die Tatsache, daß unter den Nachkommen des ARDENNER-Hauses und Siegfrieds die gleichen Namen gebräuchlich sind und durch den Güterbesitz, s. Witte, Lothr. Jb. 5,2, 46 f. Ganz sicher ist nur die karolingische Abstammung ihres Sohnes Siegfried. Ich bringe daher die Kinder erster Ehe, obwohl ich sie für recht gesichert halte, im Teil II. [VI 36]

    Werner Karl Ferdinand: Band IV Seite 460, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. 36.
    Zu den Nachkommen Kunigunds eingehend H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, 963-1136, Bonn 1941, 2dd. Wir besitzen nicht nur eine Genealogie des 11. Jahrhunderts, die die Generationenfolge Ludwigs des Stammlers - Ermentrud (die Schwester Karls III.) - Kunigund - Sigfrid - Kunigund (die Kaiserin, Gattin HEINRICHS II.) verzeichnet, sondern auch den urkundlichen Beweis der karolingischen Abkunft im Diplom König Karls III. von 911/15 (ed. Lauer nr. 65), in dem eine Pekarie bestätigt wird für den comes Widricus und auf Lebzeiten seiner Gattin und eines ihrer Söhne ... uxoris eius, nomine Cunegundis, et unius filiorum ipsorum, videlicet nostri nepotis (!) Adelberonis (der spätere Bischof Adalbero von Metz hier ausdrücklich als Sohn von Karls Base Kunigund bezeugt). In der umstrittenen Frage, welche der zahlreichen Kinder Kunigunds aus ihrer ersten Ehe mit Wigerich/Widericus und welche aus der zweiten Ehe mit Richwin von Verdun stammen, kommt Renn zu dem Ergebnis, alle uns bekannten Kinder der ersten Ehe zuzusprechen. Brandenburg neigte dazu, den Sohn Siegfried (unten VII, 68) der zweiten Ehe zuzuschreiben. Dem stehen die Leitnamen eindeutig entgegen. Der Bruder des Kunigund-Gemahls Wigerich hieß Friedrich, wie wir aus der Vita Johanns von Gorze c. 55 und 74 wissen. Eben der Name Friedrich begegnet aber bei einem der Söhne Siegfrieds: Er hat ihn aus der Familie seines Vaters Wigerich. Das gleiche gilt für einen anderen Sohn Siegfrieds, Adalbero, denn gerade für den Bruder Siegfrieds, der auch Adalbero hieß, sahen wir eben, daß er als Sohn des Wigerich/Widericus und der Kunigund gesichert ist. Siegfried ist demnach den Söhnen Kunigunds aus der ersten Ehe zuzuschreiben. Brandenburg beging aber unabhängig von der Entscheidung in dieser Frage einen kaum verständlichen Fehler. Am Ende seiner Anmerkung VI, 26 bemerkt er: "Ganz sicher ist nur die karolingische Abstammung ihres Sohnes Siegfried. Ich bringe daher die Kinder aus erster Ehe, obwohl ich auch sie für recht gut gesichert halte, im Teil 2." Hier übersieht er, daß Trägerin der karolingischen Abkunft ja die Mutter Kunigund ist - die Abkunft all dieser Söhne und Töchter von ihr aber nie bezweifelt wurde und bezweifelt werden konnte; er übersieht, daß ja gerade für einen gesicherten Sohn der Kunigunde aus der ersten Ehe, Adalbero, die karolingische Verwandtschaft bezeugt ist! Es sind also sämtliche Nachkommen der besonders wichtigen, in Lothringen einflußreichen Kunigund-Kinder von der Tabelle der "wahrscheinlichen Nachkommen" (bei Brandenburg VII, 57-62; VIII, 71-78; IX, 81-90; X, 113-126,209-214; XII, 327-330; XIII, 571-573; XIV, 856-858) zu streichen und den KARLS-Nachkommen zuzurechnen. Zu Richwin ist dem von Brandenburg angegebenen Todesjahr noch hinzuzufügen, daß er 895 VII 14 im D 3 Zwentibolds (ed. Schieffer 21) als Graf von Verdun auftritt und im D 27 (ebd. 66) 899 I 23 zusammen mit Graf Widricus/Wigerich für die Kirche von Trier interveniert.

    Vielleicht hat sich Kunigunde nach dem Tode ihres zweiten Gatten in ein Kloster zurückgezogen, denn sie tritt nicht mehr öffentlich in Erscheinung.

    Renn, Heinz: Seite 2,10-11, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    Wie alle übereinstimmend berichten, heißt Sigfrids Mutter Kunigunde. Eine genealogische Tafel des 11. Jahrhunderts vermittelt uns diesen Namen in der Ahnenreihe der Kaiserin Kunigunde, der Tochter Sigfrids von Luxemburg. Diese Stammtafel der Gemahlin Kaiser HEINRICHS II. zeigt folgendes Bild:
    Ludwig der Stammler - Ermentrudis - Kunigundis - Sigfridus - Kunigundis, Kaiserin
    Sigfrid ist also durch seine Mutter Kunigunde und seine Großmutter Ermentrude der Urenkel des westfränkischen Königs Ludwigs des Stammlers. Wer der Gemahl Kunigundens gewesen ist, darüber schweigen die Quellen; keine teilt uns den Namen des Vaters unseres Grafen Sigfrid mit.
    Die Ahnen der Gemahlin Wigerichs mütterlicherseits haben wir festgestellt. Wer aber Kunigundens Vater ist, darüber wissen wir nichts Sicheres. Sigfrid Hirsch nimmt als solchen Reginar Langhals an, allerdings ohne Angabe von Belegen [40 Jahrbücher unter Heinrich II., I Seite 531; dieser Vermutung gibt auch Helene Stresow, Seite 48, Ausdruck, siehe Seite 15.]. Manches spricht in der Tat dafür. Schon bei oberflächlicher Überlegung fallen die gleichen Namensbezeichnungen auf. Einer der Söhne Wigerichs heißt Giselbert, während wir unter seinen Enkeln einen Reginar antreffen [41 Sohn Gozlins, siehe unten, Seite 32, 38.]. Gerade diese beiden Namen kehren im Geschlechte Reginar Langhals' ständig wieder.
    Territorialgeschichtlich wird unsere Vermutung durchaus gestützt. Die Nachkommen Kunigundens haben zum Teil große Liegenschaften an Maas und Schelde. Da Wigerich und Richwin dort vor ihrer Ehe nicht nachzuweisen sind, muß ihre Gemahlin diese Besitzungen mitgebracht haben. Gerade in diesen Gegenden hat Reginar bekanntlich das Hauptzentrum seiner Macht. Er konnte also seiner Tochter eine reiche Mitgift zur Verfügung stellen. Außerdem wird Ermentrude als Tochter und Schwester der westfränkischen Könige sicherlich nur einen der bedeutendsten Großen des Reiches geheiratet haben. Auch eine Reihe persönlicher Beziehungen Reginar Langhals' zum Königshaus im Westreich lassen diese Verbindung durchaus als glaubwürdig erscheinen. Die Ehe Reginars mit Ermentrude wäre um 890 oder noche inige Jahre vorher anzusetzen. Anschließend hätte Reginar dann Albrada geheiratet, die Mutter seiner Söhne Giselbert und Reginar.

    Barth Rüdiger E.: Seite 84,86 Anm. 16, "Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert"

    Rikwin war zweiter Gemahl der Gräfin Kunegonde [5 Vita Joannis Gorziensis, SS IV, Seite 367; siehe auch ebd., c. 40, Seite 348.], die in erster Ehe mit Graf Wigerich verehelicht war [6 Wigerich (Widricus) nachweisbar als comes in Pago Bedinse und als comes palatii.]. Graf Wigerich und Graf Rikwin waren bedeutende Persönlichkeiten des südlotharingischen Raums. Otto von Verdun war Stiefsohn der in zweiter Ehe mit Graf Rikwin verehelichten Gräfin Kunegonde und Stiefbruder Friedrichs I. von Ober-Lothringen. Rikwin, Laienabt des Klosters St.-Pierre-aux-Nonnains in Metz wurde 923 von Graf Boso ermordet. Ottos Stiefmutter war Enkelin des westfränkischen Königs Ludwigs II. des Stammlers. Daß Otto ein gemeinsamer leiblicher Nachkomme Graf Rikwins und dessen wenigstens zweiter Gemahlin Kunegonde gewesen ist, ist auszuschließen. Rikwin heiratete Gräfin Kunegonde, Witwe des zwischen 916 und 919 verstorbenen Grafen Wigerich, wahrscheinlich zwischen 916 und 919.
    Neben Graf Friedrich I., seit 959 sogenannter Herzog von Ober-Lothringen, war der einflußreiche Bischof Adalbero von Metz (929-962) ein weiterer Stiefbruder Ottos [16 SS IV, Seite 348, c. 40: Ipse Adalbero ... cum esset regii quidem paterna simul a materna stirpe ... sanguinis (Adalbero war übrigens Gegner der zweiten Heirat seiner Mutter Kunegonde mit Graf Rikwin); siehe auch Ahnentafel IV-V in K.d.G., Band 4 (siehe Anmerkung 1).].

    Hlawitschka Eduard: Seite 195, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Und darüber hinaus hatte Karl der Einfältige auch noch andere Verwandte in Lotharingien, die einer solchen Herrschaftsregelung von vornherein geneigt sein mochten: Der Graf Wigerich vom Bidgau hatte Kunigunde, eine Enkelin Ludwigs des Stammlers und somit Nichte Karls des Einfältigen, zur Frau [37 Ausführliche Nachweise bei H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus (1941) Seite 31ff. - Bezeichnend ist vor allem, daß Karl der Einfältige einen Sohn Wigerichs und Kunigundes, Adalbero (später Bischof von Metz), als seinen nepos hervorhebt; Recueil des actes de Charles III le Simple Seite 146ff. nr. 65.]

    Twellenkamp, Markus: Seite 478, "Das Haus der Luxemburger" in: Die Salier und das Reich

    Graf Siegfried, der die später namengebende Burg erwarb, stand in engen familiären Bindungen zu den beiden Königssippen jener Zeit, den KAROLINGERN und den OTTONEN. Von seiner Mutter Kunigunde [17 Renn, Luxemburger (wie Anmerkung 1), Seite 2-10. Eine genealogische Tafel des 11. Jahrhunderts überliefert folgenden Ahnenreihe: Ludwig der Stammler - Ermentrude - Kunigunde - Siegfried - Kunigunde (Gemahlin Kaiser HEINRICHS II.); vgl. Regum Francorum genealogiae, MGH SS 2, Seite 314. Nach der Chronik der Grafen von Flandern stammte Ermentrude aus der zweiten Ehe Ludwigs mit Adelheid; vgl. Genealogieae comitum Flandriae, MGH SS 9, Seite 303, Zeile 10f.] her war er ein Urenkel König Ludwigs des Stammlers.

    Hlawitschka Eduard: Seite 61-64, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert."

    So wissen wir, daß die Ehe Kunigundes mit Wigerich kurz vor 910, vielleicht 907, zustandegekommen ist und daß Wigerich zwischen 916 und 919 verstarb. Aus dieser Ehe Kunigundes sind 6 Kinder hervorgegangen [56 Vgl. oben Anmerkung 32. - E. Kimpen, Zur Genealogie der bayerischen Herzöge von 908-1070, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 13 (1953) Seite 74ff., versucht, Siegfried von Luxemburg gänzlich aus der Zahl der Kinder Wigerichs und Kunigundes zu eliminieren. Seine Argumente und seine Herleitung Siegfrieds aus der Hamaländer Grafenfamilie vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Vgl. außerdem E. Kimpen, Zur Herkunft Siegfrieds von Luxemburg, in: Eifelkalender 1955 Seite 111-114. Die Thesen von Kimpen wurden bereits von M. Uhlirz, Die ersten Grafen von Luxemburg, in: DFA 12 (1956) Seite 36 ff. mit großer Skepsis behandelt.].

    910 1. oo Wigerich Pfalzgraf von Lothringen - 919
    920 2. oo Richwin Graf von Verdun - 923

    Kinder:
    - Adalbero I. Bischof von Metz (929-962) 910-26.4.962
    - Gozelo um 914-19.10.942
    - Friedrich I. Herzog von Ober-Lothringen 912-17.6.978
    - Giselbert Graf im Ardennengau 915-17.4.963
    - Liutgard 915-8.4.960
    1. oo Adalbert (MATFRIEDE) - 944
    2. oo Eberhard Graf von Egisheim - 972/73

    Siegfried Graf im Moselgau 915/17-26.10.997

    Literatur:
    Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Wilhelm Fink Verlag München 1984 Seite 419 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990 Seite 84,86 Anm. 16,185 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 3, 119-120 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 186,478 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969 Seite 54,61-64,68,70,74, 107,109-112,116,118-120,125,130,132,136,138,146,179 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 Seite 195 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus, Bonn 1941 Seite 2-12 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf VI. 36. Seite 460 -

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 197. von Luxemburg, Siegfried I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915/917; gestorben am 26 Okt 997; wurde beigesetzt in Trier [54290],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Kunigunde heiratete von Lothringen, Wigerich um 910. Wigerich wurde geboren um 870; gestorben um 919; wurde beigesetzt in Hastière [5540],Namur,Wallonien,Belgien. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 198. von Lothringen, Adalbero I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 910; gestorben am 26 Apr 962.
    2. 199. von Oberlothringen, Friedrich I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 912; gestorben am 17 Jun 978.
    3. 200. von Lothringen, Gozelo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 914; gestorben am 19 Okt 942.
    4. 201. von Lothringen-Verdun, Liutgard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915; gestorben am 8 Apr 960.
    5. 202. von Lothringen, Giselbert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915; gestorben am 17 Apr 963.

    Kunigunde heiratete von Verdun, Richwin um 920. Richwin gestorben am 15 Nov 923. [Familienblatt] [Familientafel]


  21. 162.  von Frankreich, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 908/909.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Jülich [52428],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; Gräfin von Jülich

    Notizen:

    Ermentrud von Frankreich
    Gräfin von Jülich
    908/09-

    Älteste Tochter des Königs Karl der Einfältige von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Frederuna von Hamaland, Tochter von Graf Dietrich

    925/30 oo Gottfried Graf im Jülichgau um 905-1.6. nach 949

    Kinder:

    - Gottfried Herzog von Nieder-Lothringen 925/35- Sommer 964
    - Gerberga ca 925/35- vor 24.5.996
    oo Meginoz 920- 998/99
    - Gebhard Ahnherr großer Franken 925/35-
    - Adalhard Ahnherr großer Franken
    - Gerhard II. Graf von Metz 925/35-

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 57,61-66,68,70,72-77,79,96,127,138,145,146 -

    Ermentrud heiratete von Jülich, Gottfried um 925/930. Gottfried (Sohn von von Metz, Gerhard I. und von Sachsen, Oda) wurde geboren in 905; gestorben nach 949. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 203. von Niederlothringen, Gottfried  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 925/935; gestorben in 964 in Rom [00100],Latium,Italien.
    2. 204. im Jülichgau, Gerberga  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 925/935; gestorben vor 24 Mai 996.
    3. 205. von Metz, Gebhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 935/935.
    4. 206. von Metz, Adalhard  Graphische Anzeige der Nachkommen
    5. 207. von Metz, Gerhard II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 925/935.

  22. 163.  von Frankreich, Frederuna Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  23. 164.  von Frankreich, Adelheid Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  24. 165.  von Frankreich, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben in 919.

    Gisela heiratete von der Normandie, Rollo I. in 912. Rollo wurde geboren in 846; gestorben in 931/932; wurde beigesetzt in Rouen [76000],Seine-Maritime,Haute-Normandie,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]


  25. 166.  von Frankreich, Rotrud Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  26. 167.  von Frankreich, Hildegard Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  27. 168.  von Frankreich, Ludwig IV.von Frankreich, Ludwig IV. Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 920/921; gestorben am 10 Sep 954 in Sens [89100],Yonne,Burgund,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 936-954, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig IV. der Überseeische
    König von Frankreich (936-954)
    10.9.920/21-10.9.954 Sens Begraben: Reims St-Remi
    Einziger Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich aus seiner 2. Ehe mit der Aethgivu von Wessex, Tochter von König Eduard I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2176, Ludwig IV. (Transmarinus, d’Outre-Mer), westfränkischer König 936-954

    + 10. Oktober 954 Reims Begraben: Reims St-Remi
    Sohn König Karls III. des Einfältigen
    oo 939 Gerberga, Schwester OTTOS I.

    Die Kämpfe mit dem Haus VERMANDOIS um die Francia ließen 936 Hugo den Großen die Restitution des karolingischen Hauses und die Rückholung Ludwigs IV. aus seinem englischen Exil betreiben. Am 19. Juni 936 in Laon gekrönt, mußte Ludwig IV. dafür Hugos Sonderstellung anerkennen, konnte aber seit 937 selbständige Politik betreiben und 939 in den ostfränkischen Aufstand gegen OTTO I. eingreifen. Der Erwerb Lotharingiens scheiterte, und 940 sah sich Ludwig IV. bei Feldzug OTTOS I. nach W einer Koalition des westfränkischen Adels gegenüber (Huldigung Hugos und Heriberts II. an OTTO I. in Attigny). Ein 942 gefundener Ausgleich stand schon 945 wieder in Frage, als Ludwig IV. in Rouen gefangenommen und an Hugo ausgeliefert wurde, der für die Freilassung des Königs dessen Hauptort Laon erhielt. Nur durch massives Eingreifen OTTOS I. wurde das karolingische Königtum gerettet: Der Streit um das für Ludwig wichtige Erzbistum Rems konnte auf einer gemeinsamen mit OTTO I. in Ingelheim durchgeführten Synode (Juni 948) zugunsten des königlichen Kandidaten entschieden werden, 949 gelang doe Rückeroberung Laons. Der 950 vom lothringischen Herzog Konrad vermittelte Friede sicherte dem Reich vorübergehende Ruhe, dem karolingischen Königtum seine bescheidenen Ressourcen vor allem um Laon und Reims, erwies aber auch die machtvolle Entscheidungsgewalt OTTOS I. im Sinne einer 'Familienpolitik'. Obwohl es Hinweise für eine versuchte Reichsteilung unter Ludwigs Söhnen Lothar und Karl 953 in der Tradition fränkischer Sukzession gibt (Brühl), sicherte Lothars Sohnesfolge 954 das in O-Franken schon 936 beachtete Prinzip der Unteilbarkeit des Reichs auch für W-Franken/Frankreich.
    Quellen:
    Recueil des actes de L. IV roi de France, ed. P. Lauer, 1914
    Literatur:
    P. Lauer, Le regne de L. IV d'O.-M., 1900 - W. Kienast, Dtl. und Frankreich in der Ks.zeit (900-1270); I, 1974², 59ff.; III, 1975², 663ff. - HEG, I, 745ff. - B. Schneidmüller, Karol. Tradition und frühes frz. Kgtm., 1979, 1476ff. - K. F. Werner, Hist. de France, I, 1984, 463ff. [dt. 1989] - Ders. Dtl.-Frankreich. Die Geburt zweier Völker, 1990, 461ff. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 461, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 47
    Die genaue Geburtszeit König Ludwigs, zwischen 920 IX 10 und 921 IX 10, schon bei Brandenburg, nur so nicht auf der Tafel. Der Antritt der Königs-Würde, bei Brandenburg 936, kann präzisiert werden auf 936 VI 19, vgl. die Ausgabe von Ludwigs Urkunden durch Ph. Lauer, Recueil des actes de Louis IV, Paris 1914, LXXXIV.
    Zu Ludwigs Gemahlin Gerberga, der Schwester König HEINRICHS I. (Richtig ist: Tochter König HEINRICHS I. und Schwester OTTOS I.), ist zu bemerken, daß sie 951 von ihrem Gatten die Abtei ND de Laon erhielt, die er seiner Mutter Ogiva anläßlich deren Ehe mit Graf Heribert weggenommen hatte, und daß sie 959 als Äbtissin von ND de Soissons begegnet, vgl. Voigt 41 und HF 9,665.
    Nach der Gefangennahme seines Vaters floh seine Mutter mit ihm nach England, weshalb er später "der Überseeische" genannt wurde. Die Rivalität zwischen dem ROBERTINER Hugo von Franzien und Heribert von Vermandois ermöglichte nach dem Tode König Rudolfs die Thronbesteigung Ludwigs IV., der am 19.6.936 in Laon gekrönt wurde. Seine Regierungszeit war erfüllt von ständigen Auseinandersetzungen mit dem mächtigen Herzog Hugo von Franzien. 945 geriet der KAROLINGER in die Gefangenschaft seines mächtigen Gegners, der ihn unter dem Druck OTTOS I. und des angelsächsischen Königs im folgenden Jahr wieder freigeben mußte, wobei der König seine letzte größere befestigte Stadt, Laon, Hugo überlassen mußte. Im Bunde mit OTTO I. konnte der König nach 946 seine Position etwas festigen; er brachte das Erzbistum Reims unter seine Kontrolle und gewann 949 Laon zurück. Nachdem Ludwig IV. in der Champagne und in der Normandie eine Niederlage erlitten hatte, mußte er die Vermittlung des Papstes Agapet II. 948 in Anspruch nehmen, um einen Teil seiner Länder zurückzubekommen. Als Ludwig infolge eines Sturzes vom Pferd starb, folgte sein Sohn Lothar ohne Schwierigkeiten, aber mit einem schwierigen Erbe.

    Brühl Carlrichard: Seite 47-59, "Ludwig IV. der Überseeische" in: Ehlers/Müller/Schneidmüller: "Die französischen Könige des Mittelalters"

    LUDWIG IV. ("DER ÜBERSEEISCHE") 936-954
    Ludwig IV.
    * ca. 921, + 10.9.954 Reims Begraben: Abtei St-Remi/Reims
    Eltern: Karl III. "der Einfältige" von W-Franken (+ 929) und Eadgyfu, Tochter des Angelsachsen-Königs Edward I. (+ 926) und Schwester des Angelsachsen-Königs Athelstaan (+ 940)

    923 flieht Eadgyfu nach der Gefangennahme Karls III. mit dem jungen Ludwig zu ihrem Vater nach England
    Anfang Juni 936 landet Ludwig IV. mit Zustimmung Athelstans bei Bologne-sur-Mer und empfängt die Huldigung der dort anwesenden Großen, an der Spitze Hugos "des Großen"
    19.6.936 Krönung und Salbung Ludwigs IV. in Laon von der Hand Erzbischof Artolds von Reims.
    Im Herbst 939 heiratet Ludwig IV. die ca. sieben Jahre ältere Gerberga, Schwester König OTTOS von O-Franken und Witwe des Herzogs Giselbert von Lothringen

    Kinder aus dieser Ehe:
    1. der Thronfolger Lothar (* 941)
    2. eine Tochter Gerberga (* 940 oder 942), die Graf Albert von Vermandois heiratete (vor 954)
    3. eine Tochter Mathilde (* 943), die künftige Königin von Burgund (verheiratet seit ca. 965/66 mit König Konrad von Burgund
    4. ein Sohn Karl (* 945), der bald nach seiner Geburt den Normannen als Geisel übergeben wurde und in normannischer Gefangenschaft verstarb
    5. ein Sohn Ludwig (* 948, + 954), der kurz vor dem Vater in Laon verstarb
    6. die Zwillingen Heinrich und Karl (* 953). Heinrich stirbt bald, Karl ist der künftige Herzog von Nieder-Lothringen und Rivale Hugos Capet
    Sommer 940 W-Frankenfeldzug OTTOS I. von O-Franken im Bunde mit Herzog Hugo Magnus. Artold von Reims war schon zuvor zur Abdankung gezwungen worden
    Sommer 941 schwere Niederlage Ludwigs in der Schlacht in den Ardennen gegen Hugo Magnus und Heribert II. von Vermandois
    November 942 Treffen Ludwigs IV. mit OTTO I. in Vise-sur-Meuse
    im Sommer 943 besiegt Ludwig IV. die zum Heidentum abgefallenen Normannen unter ihren Führern Turnold und Setrik, die in der Schlacht fallen
    im Sommer 944 bemächtigt sich Ludwig IV. der Normandie
    im Juli 945 wird Ludwig IV. in Rouen von normannischen Großen gefangen gesetzt und später an Hugo Magnus ausgeliefert
    im Frühjahr 946 muß Ludwig IV. Laon an Hugo übergeben und wird daraufhin freigelassen
    im Frühherbst 946 zieht OTTO DER GROSSE im Bunde mit Ludwig IV. vor Reims, das ohne Kampf eingenommen wird; Artold wieder Erzbischof von Reims, sein Gegenspieler Hugo flieht, dankt aber nicht ab
    946-948 erbitterter Streit um das Erzbistum Reims: Synoden von Verdun (Herbst 947) und Mouzon (Januar 948); Papst Agapet mit Reimser Streit befaßt
    im Juni 948 Synode in Ingelheim unter Vorsitz des päpstlichen egaten Marinus und beider Franken-Könige: Hugo wird exkommuniziert und Artold ist erneut rechtmäßiger Erzbischof
    im Sommer 949 bemächtigt sich Ludwig IV. überraschend der Stadt Laon mit Ausnahme des großen Turms, der von der Besatzung Hugos gehalten wird
    Herbst 949 Ludwig IV. in Burgund
    im Frühjahr 950 treffen sich Ludwig IV. und Hugo Magnus unter Vermittlung Herzog Konrads von Lothringen an der Marne; Hugo erneuert den Lehnseid und überlaßt Ludwig den Turm von Laon
    13.3.953 Gerichtstag in Soissons: endgültige Aussöhnung zwischen Ludwig und Hugo Magnus
    Am 10.9.954 stirbt Ludwig IV., nur 33 Jahre alt, in Reims an den Folgen eines Jagdunfalls; Beisetzung in der Abtei St-Remi/Reims.

    An einem unbekannten Tag in der 1. Junihälfte des Jahres 936 warf ein angelsäschsisches Schiff vor Boulogne Anker. Es hatte den neuen westfränkischen König an Bord, Ludwig, den Sohn des unglücklichen Karl III. von W-Franken, der seine letzten Lebensjahre in der Gefangenschaft seiner Feinde hatte verbringen müssen. Karls Gemahlin Eadgyfu war daher im Herbst 923 mit ihrem ca. 2-jährigen Sohn Ludwig an den Hof ihres Vaters, des Angelsachsen-Königs Edwards I. geflohen: ihre Schwester Eadhild hatte etwa zur gleichen Zeit den princeps Hugo Magnus, den gefährlichsten RivalenKarls III., geheiratet; ihre jüngere Schwester Eadgyd (Edith) wird 929 den künftigen O-Franken-König OTTO I. heiraten. Ludwig verbrachte somit seine ganze Kindheit und Jugend in England. Als König Rudolf von W-Franken am 14. oder 15. Januar 936 in Auxerre starb, konnten sich die Großen des Reiches nicht auf einen Nachfolger aus ihren Reihen einigen. So entschloß sich Hugo Magnus, der für seine Person die Königswürde offenbar nicht angestrebt hatte, die Krone dem in angelsäschsischem Exil lebenden jungen Ludwig anzubieten. König Aethelstan stimmte erst nach förmlichen Sicherheitsgarantien für seinen Neffen der Rückkehr ins W-Frankenreich zu, hielt seine Schwester Eadgyfu aber zunächst noch an seinem Hofe zurück. Die Rückkehr des jungen Herrschers ins W-Frankenreich trug ihm wohl seinen schon von den Zeitgenossen gebrauchten Beinamen Trans- oder Ultramarinus, der "Überseeische", ein ("Louis d'Outremer"). Ludwig wurde am Strand von Boulogne von Hugo Magnus und anderen westfränkischen Großen begrüßt, die dem neuen Herrn sogleich huldigten. Die Großen geleiteten Ludwig nach Laon, wo Erzbischof Artold von Reims am 19. Juni 936 Salbung und Krönung des jungen Herrschers vollzog.
    Ludwig wußte sehr wohl, wem er die Krone zu verdanken hatte. Schon in der ältesten von ihm überlieferten Königsurkunde bezeichnet er Hugo als "herausragenden Herzog der Franken" (dux Francorum egregius), und in einer am Weihnachtstag des Jahres 936 in Compiegne gegebenen Urkunde betont Ludwig sogar, dass Hugo Zweiter in allen Königreichen sei (in omnibus regnis nostris a nobis). Die Bedeutung des Titels dux Francorum ist in der Forschung seit über einem Jahrhundert umstritten; es ist hier nicht der Ort, die Frage im einzelnen zu erörtern. Sicher erscheint nur, dass der Rang Hugos über den seiner Mitfürsten herausgehoben werden sollte, auch wenn ich nicht an ein förmliches Vizekönigtum glaube, das man wohl unter dem Eindruck des Verhaltens Hugos in der Folgezeit hat annehmen wollen. Das Verhältnis Ludwigs zu seinem Protektor Hugo war zunächst reibungslos. Ludwig begleitete Hugo auf dessen Feldzug gegen Hugo "den Schwarzen" (das heißt den Schwarzbärtigen), den Bruder des verstorbenen W-Franken-Königs Rudolf, der dem übermächtigen dux Francorum den N Burgunds, insbesondere die wichtige Grafschaft Sens abtreten mußte, die einst Richard "le Justicier", der Vater Hugos des Schwarzen, für Burgund erworben hatte. Anschließend begleitete Ludwig Hugo sogar nach Paris. Der Friede, den Hugo Magnus mit Hugo dem Schwarzen schloß, nutzte allein dem dux Francorum und öffnete Ludwig die Augen über die ihm von Hugo zugedachte Rolle. Aber auch die übrigen Großen des W-Frankenreichs konnten sich kaum Ilusionen machen über die Machtstellung Hugos, die mit der eines fränkischen Hausmeiers des 8. Jahrhunderts vergleichbar schien. Sie waren daher geneigt, die Position des Königs zu stärken, um ein Gegengewicht gegen die erdrückende Übermacht Hugos zu schaffen. Ludwig feierte das Weihnachtsfest 936 bereits in der königlichen Pfalz Compiegne, zog von dort nach Laon, wo er seine Mutter traf, die aus England nach W-Franken gekommen war. In Laon ernannte er auch einen neuen Kanzler in Gestalt des Erzbischofs Artold von Reims, der damit zugleich zu Ludwigs wichtigstem Berater aufstieg. Die Reaktion Hugos ließ nicht lange auf sich warten: er schloß Frieden mit seinem Erzfeind, dem Grafen Heribert II. von Vermandois, während Ludwig den gerade von Hugo gedemütigten Hugo von Burgund zum Markgrafen (marchio) erhob und zum Bundesgenossen gewann. Die Fronten waren nun abgesteckt: die Feindschaft zwischen Hugo Magnus und Ludwig war fortan - von ganz kurzen Intervallen abgesehen - der einzige sichere Faktor im politischen Ränkespiel W-Frankens während der Regierungszeit Ludwigs IV. Es ist nicht meine Absicht, die Kämpfe und Intrigen der Folgejahre hier im einzelnen darzustellen; selbst der Fachmann würe rasch die Übersicht verlieren.
    Unerläßlich scheint mir dagegen eine knappe Darstellung der an den Kämpfen um die Vorherrschaft in W-Franken beteiligten inner- und außerfränkischen Mächte. Den Fürsten des S (Aquitanien, Spanische Mark, Auvergne, Gascogne) kam im inneren Kräftespiel keine hohe Bedeutung zu; weder griffen sie aktiv in das Geschehen nördlich der Loire ein, noch hatten sie Angriffe von dort zu befürchten. Die Fürsten des S galten allgemein als treue Anhänger der KAROLINGER, was formal fraglos richtig ist. Ich sehe in der Anhänglichkeit an die angestammte Dynastie jedoch weniger Treue zum Königshaus als bewußte Distanz zu den ROBERTINERN: mit diesen hatte man gemeinsame Grenzen, mit der Krondomäne des Königs nicht. Immerhin bestanden 941,944 und 953 lose Kontakte zum westfränkischen König.
    Die Beziehungen Ludwigs zu den Fürstentümern im N (Bretagne, Normandie und Flandern) waren freundlich. Von der Normandie wird noch mehrfach zu sprechen sein; die Bretagne erkannte - ein Novum seit den Tagen KARLS DES KAHLEN - die formelle Oberhoheit des westfränkischen Königs an. Der Graf und marchio von Flandern, ein natürlicher Feind der Herren von Vermandois, gehörte zu den zuverlässigsten Verbündeten Ludwigs. Zu den geschworenen Feinden Ludwigs zählte Heribert II. von Vermandois, ein direkter Nachkomme KARLS DES GROSSEN über dessen Sohn Pippin von Italien; er besaß unter anderem die Grafschaften Amiens, Meaux und Vermandois mit St-Quentin, Grafschaften im Raum Soissons mit der bedeutenden Abtei St-Medard, deren Laienabt er war. Das Verhältnis Ludwigs zu Hugo dem Schwarzen von Burgund war zwiespältig wie zu so vielen großen Herren der Zeit: Er war mehrere Jahre mit ihm verbündet (938-942), zerwarf sich mit ihm und blieb bis zu Hugos Tod (17. Dezember 952) auf Distanz zu dem Burgunder. Der mit weitem Abstand mächtigste Fürst im W-Frankenreich war aber fraglos Hugo "der Große", wobei "Magnus" allerdings zunächst nur "der Ältere" meinte im Gegensatz zu Hugos gleichnamigen Sohn (dem "Capet").Hugo war der unbestrittene Herr Neustriens und führte schon vor seiner förmlichen Erhebung zum dux den Titel eines marchio; Hugos Machtbereich (Flodoard von Reims: terra Hugonis) umfaßte rund 20 Grafschaften, von denen 10, darunter die Grafschaften Angers, Blois, Chartres, Orleans, Paris Sens und Tours, dem ROBERTINER direkt unterstanden; darüber hinaus war er auch noch Laienabt des neben St-Denis reichsten fränkischen Klosters St-Martin in Tours, weshalb er in Urkunden gelegentlich den Titel eines Abt-Grafen (abbas comes) führte. Wie ärmlich nahm sich daneben die Krondomäne des Königs aus! Er besaß noch einige der alten Pfalzen wie Attigny (seit 951), Compiegne, Corbeny, Douzy, Ponthion und andere, die Grafschaft Laon und insbesondere das feste Laon selbst, wo er sich jedoch erst 938 in den Besitz der Zitadelle setzen konnte, die Laon beherrschte und 928/31 von Heribert II. von Vermandois errichtet worden war. Die Grafschaft Reims hatte Ludwig schon 940 dem Erzbischof übertragen, der damit der erste der sechs Bischöfe (Reims, Chalons-sur-Marne, Beauvais, Nyoyn und Langres) ist, die im W-Frankenreich auch Inhaber der gräflichen Gewalt waren, wie dies in O-Franken im 10. Jahrhundert die Regel wurde. Nicht zufällig stiegen gerade diese Bischöfe im 13. Jahrhundert zu "Pairs de France" auf.
    Das Verhältnis Ludwigs zu den fränkischen Reichen in O-Franken und Burgund wurde früher in Forschung und Literatur unter der Rubrik "Auswärtige Beziehungen" abgehandelt, wovon noch ausführlich zu sprechen sein wird. "Auswärtige Beziehungen" eigener Art unterhielt Ludwig mit den Ungarn und den Sarazenen, die sich seit ca. 900 im Raum von La Garde-Freinet (im heutigen Department Var) verschanzt hatten und von dort aus die Umgebung heimsuchten; sie waren jedoch nur ein Problem für die Fürsten des S, Ludwig IV. sah sich niemals direkt mit ihnen konfrontiert. Sehr viel gefährlicher waren die Raubzüge der Ungarn, die das W-Frankenreich mehrfach heimsuchten, insbesondere in den Jahren 937 und 954; beide Male waren vor allem die Diözese Reims und Burgund betroffen. Während diese Züge jeweils über Lothringen geführt hatten, fiel ein ungarischer Raubtrupp des Jahre 951 aus Italien über die Alpen in den S ein und kehrte auf demselben Weg nach Italien zurück. In allen Fällen konnte Ludwig es nicht wagen, den Ungarn mit Heeresmacht entgegenzutreten: ein unglücklicher Ausgang des Kampfes hätte mit Sicherheit das Ende seiner Regierung bedeutet und Hugo den Weg zur Herrschaft geebnet; aus demselben Grund waren aber auch Hugo Magnus die Hände gebunden. Die Rivalität zwischen Ludwig und Hugo, die den Ungarn natürlich nicht verborgen geblieben war, verhinderte so - ganz im Gegensatz zu O-Franken - die Verteidigung des Landes gegen den gemeinsamen Feind.
    Das Verhältnis Ludwigs - und Hugos! - zu O-Franken, konkret: zu OTTO DEM GROSSEN, ist die zentrale Frage der westfränkischen Politik in den Jahren 939-950 und bedarf daher gesonderter Behandlung. Ich bemerkte bereits, dass die Beziehungen zwischen den genannten Fürsten in der älteren Literatur durchgängig als solche zwischen "Deutschland" und "Frankreich" dargestellt wurden, was einer ganz und gar unhistorischen Betrachtungsweise entspricht, deren Konsequenz hier an einigen instruktiven Beispielen zu erläutern sein werden. Der Regierungsstil des neuen ostfränkischen Königs OTTO I. nahm stäker karolingische, die Sonderstellung des Königtums hervorhebende Formen der Herrschaft auf als die eher die "kollegiale" Gemeinsamkeit des Fürstenstandes betonende Politik des Vaters. Dies hatte zu einer schweren Krise des Königtums in O-Franken geführt, in der mehrere Fürsten, an der Spitze die Herzöge Eberhard von Franken und Giselbert von Lothringen, gemeinsam mit dem jüngeren Bruder des Königs, Heinrich, die Absetzung OTTOS anstrebten, wobei sie auch die Tötung des Königs in Kauf zu nehmen gewillt waren. In dieser Situation hatte Giselbert Ludwig IV. die Huldigung für Lothringen angeboten, was Ludwig zunächst abgelehnt, im Frühsommer 939 angesichts der scheinbaren Übermacht der Koalition gegen OTTO aber schließlich doch angenommen hatte. Daraufhin verbündete sich OTTO mit Hugo Magnus, Heribert II. von Vermandois, Arnulf von Flandern und Wilhelm "Langschwert" von der Normandie, doch in O-Franken schien nach dem Rheinübergang Giselberts und Eberhards bei Andernach OTTOS Niederlage besiegelt. Ein gelungener Überfall zweier fränkischer, mit OTTO verbündeter Grafen am 2. Oktober 939 änderte ohne direktes Zutun OTTOS mit einem Schlag die politische Großwetterlage: Eberhard von Franken fiel im Kampf, Giselbert ertrank auf der Flucht in den Fluten des Rheins, die Opposition gegen OTTO brach zusammen. Ludwig war im Augenblick von Giselberts Tod vielleicht bereits auf dem Zug nach Lothringen gewesen, jedenfalls heiratete er dort sogleich die um etwa 7 Jahre ältere Witwe Giselberts Gerberga, eine Schwester König OTTOS. Noch im selben Jahr 939 wurde sie von Erzbischof Artold in Laon gesalbt und gekrönt. Damit war auch Ludwig - zunächst gegen den Willen OTTOS - zum Schwager des ostfränkischen Königs geworden, was Hugo Magnus bereits 937 durch die Heirat mit Hathui (Hedwig) erreicht hatte.
    Die neue indirekte Verwandtschaft mit Ludwig hinderte Hugo allerdings nicht, sich noch 939 gemeinsam mit Heribert II. von Vermandois zu OTTO nach Lothringen begeben, was Ludwig mit einer Annäherung an den Normannenfürsten Wilhelm beantwortete, der ihm huldigte und erneut mit den einst von Karl III. von W-Franken an Rollo vergebenen Territorien belehnt wurde. Doch diese Annäherung war nur vorübergehend: Schon im Frühsommer 940 belagerte Wilhelm im Bunde mit Hugo Magnus und Heribert II. die Stadt Reims, wohl aus Zorn darüber, dass Ludwig Erzbischof Artold gerade die Grafschaft Reims verliehen hatte. Artold konnte Reims nicht verteidigen und wurde in das Kloster St-Remi verbannt, während der schon 925 als Fünfjähriger zum Erzbischof von Reims bestellte Hugo, ein Sohn Heriberts II., nun erneut als Erzbischof eingesetzt und der zum Rücktritt gezwungene - von einem Verzichtseid spricht nur Richer - Artold mit den Abteien Avenay und St-Bale abgefunden wurde. Der Kampf um das Erzbistum Reims, der in den folgenden Jahren im Mittelpunkt der westfränkischen Politik steht, erweist sich so als der auf die Kirchenpolitik übertragene Kampf zwischen ROBERTINERN und KAROLINGERN um die Macht im W-Frankenreich.
    OTTO war inzwischen von Lothringen aus nach W-Franken vorgestoßen; in Attigny huldigten ihm Hugo Magnus und Heribert, doch von einem Angebot der westfränkischen Krone, wie dies einst 858 in Ponthion geschehen war, ist nicht mehr die Rede. Ludwig zog sich vor der Übermacht nach Burgund zurück, doch auch Hugo der Schwarze wurde zum Nachgeben gezwungen. Hochzufrieden mit dem Erfolg des Feldzuges kehrte OTTO im Spätsommer nach O-Franken zurück, doch Ludwig kämpfte mit dem Mut der Verzweiflung und unternahm einen Einfall nach Lothringen noch im Herbst 940, aber es kam nicht zur Schlacht. Ein Waffenstillstand beendete das lothringische Abenteuer Ludwigs.
    Hugo Magnus und Heribert II. beriefen zu Ostern 941 eine Synode nach Soissons, die erwartungsgemäß Artold für abgesetzt erklärte, der seinerseits mit der Exkommunikation der Teilnehmer der Synode reagierte: Hugo, Heriberts Sohn, wurde zum neuen Erzbischof gewählt und in Reims feierlich inthronisiert. Als Ludwig die Belagerung seiner Residenz Laon durch Hugo Magnus und Heribert mit einer eilig zusammengerafften Armee durchbrechen wollte, kam es in den Ardennen zur offenen Feldschlacht, die mit einer vernichtenden Niederlage für Ludwig endete, der nur knapp dem Schlachtentod entrann. Dennoch gelang es den Verbündeten nicht, Laon einzunehmen, wo die Königin Gerberga gerade in diesen Tagen einem Sohn Lothar das Leben schenkte, der dazu berufen war, die Nachfolge des Vaters anzutreten.
    Die Niederlage des Jahre 941 lastete freilich immer schwer auf dem König. Ihm wurde unerwartet Hilfe von seiten Papst Stephans VII. zuteil, der eigens einen Legaten nach Westfranken entsandte, um die Großen W-Frankens und Burgunds zur Anerkennung Ludwigs zu ermahnen. Die Intervention des Papstes blieb nicht ohne Wirkung, insbesondere auf die Bischöfe der Reimser Kirchenprovinz, obwohl der Papst dem neu eingesetzten Erzbischof Hugo das Pallium nicht verweigerte und damit ihr Verhalten auf der Synode von Soissons nachträglich billigte.
    Auf der Suche nach einem Verbündeten wandte sich Ludwig zunächst an den marchio der Normandie, Wilhelm Langschwert, der den König sogleich nach Rouen einlud. Als Ludwig mit neuen Truppen gegen Hugo und Heribert bis zur Oise vorstieß, wurde eine erneute Schlacht vermieden und ein zweimonatiger Waffenstillstand geschlossen. Diese Zeit nutzte Ludwig zu einem Treffen mit OTTO I. in Vise-sur-Meuse im Lüttichgau, das heißt auf lothringischem Gebiet. Auf der Seite OTTOS nahmen die Erzbischöfe Friedrich von Mainz und Brun von Köln, OTTOS Bruder, teil. Die Anwesenheit Hugos, Heriberts II. und Wilhelms Langschwert ist dagegen mehr als fraglich. Schon die Wahl des Treffpunkts in Lothringen implizierte Ludwigs Verzicht auf alle lothringischen Ansprüche, und wahrscheinlich hat er damals auch auf seine Interessen im Viennois verzichtet, wo Konrad von Burgund seit 942 anerkannt war.
    OTTOS Gegenleistung bestand in der formellen Versöhnung Ludwigs mit Hugo und Heribert, die sich erneut unterwarfen. Für Ludwig war das Treffen von Vise, das wohl nicht ohne das energische Eintreten Gerbergas bei OTTO zustandegekommen wäre, von entscheidender Bedeutung, denn fortan stand OTTO eher auf seiner Seite denn auf der Hugos. Nicht weniger als siebenmal haben sich OTTO und Ludwig zwischen 942 und 950 getroffen, zweimal haben sie bei dieser Gelegenheit das Osterfest in Aachen gefeiert, ein weiteres Mal besuchte Gerberga ihren Bruder in Aachen ohne die Begleitung Ludwigs. Ohne die Beziehungen zu Hugo Magnus je abzubrechen, mit dem er nach Bedarf gleichfalls zusammentraf, neigte OTTO fortan doch deutlich Ludwig zu, dessen Position gegenüber Hugo gestärkt war. Doch lag es nicht im Interesse OTTOS, einen der beiden Kontrahenten eine eindeutige Dominanz zu verschaffen.
    Nachdem so das Jahr 942 mit einem akzeptablen "modus vivendi" zwischen Ludwig und Hugo Magnus zu Ende ging, war der Grundstein für künftige schwere Auseinandersetzungen schon wieder gelegt: Noch im Dezember fiel Wilhelm Langschwert, der marchio der Normandie und Sohn Rollos, einem von Arnulf von Flandern vorbereiteten Mordanschlag zum Opfer. Ludwig zog sofort nach Rouen, um dort Richard, den noch minderjährigen Sohn Wilhelms, mit dem Territorium zu belehnen, über das einst sein Vater geherrscht hatte. Aber das war nicht alles: Kurze Zeit später starb Heribert II. von Vermandois, der künftigen Generationen als der Inbegriff des Verräters erschien, da er Karl III. von W-Franken, Ludwigs Vater, lange Jahre gefangengehalten hatte. Eine von Hugo Magnus vermittelte Aussöhnung zwischen den fünf Söhnen Heriberts - darunter Erzbischof Hugo von Reims - mit dem König blieb nicht von langer Dauer, doch galt das Interesse Ludwigs zunächst der Normandie, wo neu aus Skandinavien eingetroffene Krieger die heidnischen Kulte wiederbelebten und das gesamte Christianisierungswerk der letzten Jahrzehnte in Frage stellten. Der in offener Feldschlacht errungene Sieg Ludwigs über die beiden Anführer der heidnischen Partei, die in der Schlacht fielen, setzte der Gefahr ein Ende und stärkte den Einfluß Ludwigs, der den jungen Richard wahrscheinlich an seinem Hof behielt. Das gute Verhältnis zwischen Hugo Magnus und Ludwig hielt an; neben der - vorübergehenden - Aussöhnung mit den Söhnen Heriberts II. vermittelte Hugo auch diejenige mit Arnulf von Flandern, die in der Normandie naturgemäß auf wenig Gegenliebe stieß. Unter dem Eindruck dieser Beweise guten Willens seitens Hugos entschloß sich Ludwig, Hugo erneut den ducatus Franciae (Flodoard) und darüber hinaus auch Burgund zu verleihen, was den Bruch mit Hugo dem Schwarzen, seinem alten Verbündeten, bedeutete. Gleichzeitig verschlechterten sich die Beziehungen Ludwigs zu OTTO drastisch infolge einer unglücklich verlaufenen Gesandtschaft an dessen Hof.
    Innere Streitigkeiten in der Bretagne hatten es den Normannen - in Abwesenheit ihres noch unmündigen marchio Richard und des Königs - erlaubt, auf eigene Faust in der Bretagne einzugreifen, die Bretonen in drei blutigen Schlachten zu besiegen und alle Bretonen aus der Normandie zu vertreiben, an deren Stelle Neuankömmlinge aus Skandinavien traten, deren religiöse wie politsche Optionen zumindest unsicher erschienen. Ludwig sammelte ein Heer und begab sich nach N. Zu seiner eigenen Überraschung zog er ohne Schwertstreich in Rouen ein, während viele ihm feindlich gesonnene Normannen das Land ohne Kampf verließen. Ludwig hatte Hugo aufgefordert, das angebliche Bollwerk des Heidentums, Bayeux, zu belagern, was dieser auch tat. Nach seinem leichten Erfolg in Rouen befahl Ludwig jedoch, dass Hugo die Belagerung aufgeben solle, wohl weil er diesem den Gewinn von Bayeux nicht gönnte. Kurz darauf hielt Ludwig selbst seinen Einzug in der Stadt, auch hier ohne Kampf und Belagerung. Der König schien auf dem Höhepunkt seiner Macht!
    Das seit 942 gute Verhältnis zu Hugo Magnus, auf das jedoch schon im Vorjahr einige Schatten gefallen waren, wurde hierdurch auf das Schwerste belastet. Die im Frühjahr 945 begonnene Belagerung von Reims mit dem Ziel, den seit 943 am Hofe des KAROLINGERS weilenden ehemaligen Erzbischof Artold wieder in seine alte Würde einzusetzen, scheiterte letzlich an der drohenden Haltung Hugos.
    Ludwig kehrte in die Normandie zurück, wo er scheinbar allgemein anerkannt war, doch fiel er am 13. Juli 945 zwischen Rouen und Bayeux in einen Hinterhalt, sein Gefolge wurde niedergemetzelt. Ludwig konnte zwar zunächst nach Rouen entkommen, wurde dort jedoch gefangengesetzt und nach längeren Verhandlungen an Hugo Magnus ausgeliefert. Die Normannen hatten die Gestellung des ältesten Sohnes Ludwigs, des damals 4-jährigen Lothar, als Geisel gefordert, was Königin Gerberga strikt abgelehnt hatte. Sie mußten sich mit dem Letztgeborenen Karl begnügen, der wahrscheinlich in normannischer Gefangenschaft starb.
    Damit schien Ludwig dassselbe Schicksal beschieden wie seinem Vater; in wenigen Monaten war dem Höhepunkt der Macht der tiefste Sturz gefolgt. Hugo Magnus begab sich sogleich nach Lothringen, um die zu erwartenden Demarchen Gerbergas bei ihrem Bruder zu neutralisieren, doch OTTO entzog sich der gewünschten Unterredung und entsandte Herzog Konrad von Lothringen. Es konnte nicht in OTTOS Interesse liegen, Hugo als den unumstrittenen Herrscher W-Frankens, gewissermaßen als König ohne Krone, anzuerkennen. So zog Hugo unverrichteter Dinge in die Francia zurück. Es scheint unwahrscheinlich, dass er ernsthaft die Absetzung des Königs betrieben hat - er datiert seine Urkunden unverändert nach den Regierungsjahren Ludwigs -, doch der Preis für die Freilassung war hoch: die königliche Residenz Laon, die festeste Stadt W-Frankens, mußte Hugo übergeben werden.
    Der freigekommene Ludwig verbündete sich sogleich mit OTTO, der an der Spitze eines großen Heeres nach W-Franken zog, dem sich der KAROLINGER und Arnulf von Flandern anschlossen. Die Einnahme von Laon erwies sich als unmöglich, eine Belagerung als zeitraubend, so dass sich das Interesse OTTOS auf Reims konzentrierte. Erzbischof Hugo erkannte die Aussichtslosigkeit des Widerstands: Die Belagerer billigten ihm freien Abzug zu, und er zog sich nach Mouzon zurück, ohne formell als Erzbischof abgedankt zu haben. Nach dem Einzug der Könige in Reims wurde Artold feierlich in sein altes Amt eingesetzt.
    Das Heer zog noch bis in die Nähe von Paris, doch konnte von einer Belagerung keine Rede sein, zumal Hugo selbst sich nach Orleans zurückgezogen hatte und von dort den Gang der Dinge beobachtete. In der Tat sah OTTO sich bald zun Rückzug gezwungen: Der etwa dreimonatige Feldzug hatte als einziges greifbares Resultat die Wiedereinsetzung Artolds gebracht, und der Kampf um das Erzbistum Reims sollte in den Folgejahren im Vordergrund stehen.
    Während Ludwig das Osterfest 947 bei OTTO in Aachen verbrachte, belagerte Hugo Reims. Doch dieses Mal kapitulierte Artold nicht. Im Sommer 947 trafen OTTO und Ludwig erneut am Chiers zusammen, um über die Reimser Frage zu beraten. Die anwesenden Bischöfe bestanden auf einer Synode, die schließlich unter dem Vorsitz Erzbischof Roberts von Trier in Verdun zusammentrat; dort erschien Hugo, obwohl geladen, jedoch nicht. Die Synode erklärte sich einstimmig für Artold als rechtmäßigen Erzbischof, ließ Hugo jedoch eine Einspruchsfrist bis zum 13. Januar 948. Zu diesem Datum trat abermals eine Synode unter Vorsitz des Trierer Erzbischofs zusammen, dieses Mal jedoch in der Peterskirche direkt vor den Mauern von Mouzon, wohin Erzbischof Hugo sich geflüchtet hatte. Dieser begab sich zwar zu einem Gespräch mit Erzbischof Robert vor die Peterskirche, weigerte sich aber, vor der Synode zu erscheinen, die ihn prompt exkommunizierte und Artold erneut als rechtmäßigen Amtsinhaber bestätigte. Die schriftliche Mitteiling an Hugo sandte dieser sofort an Robert zurück mit dem Bemerken, dass er sich in keiner Weise an den Beschluß der Synode gebunden fühle. Artold wandte sich nunmehr direkt an Papst Agapet II. (946-955), um eine endgültige Entscheidung herbeizuführen. Der Papst entsandte in der Tat eigens einen Legaten, den Bischof Marinus von Bomarzo, Bibliothekar der römischen Kirche, zu OTTO. Das Konzil wurde zum 7. Juni 948 in die Pfalz Ingelheim bei Mainz einberufen, wo die heilige und Generalsynode (sancta er generalis synodus) unter dem Vorsitz des Kardinallegaten in der dortigen Remigius-Kirche zusammentrat. Die päpstliche Kanzlei hatte eigene Einladungsschreiben an bestimmte Bischöfe der Gallia und und der Germania versandt, darunter selbstverständlich auch an Erzbischof Hugo und dessen Onkel Hugo Magnus, die jedoch beide nicht erschienen, womit der Ausgang des Konzils weitgehend präjudiziert war.
    Es verstand sich fast von selbst, dass die Bischöfe aus dem Machtbereich Herzog Hugos an dem Konzil nicht teilnahmen; aber auch Arnulf von Flandern sorgte für die Abwesenheit der Bischöfe von Arras, Therouanne und Tournai. Mit Ausnahme des Erzbischofs Artold und des aus seinem Sitz vertriebenen Bischofs Rudolf von Laon unterstanden alle übrigen der insgesamt 32 teilnehmenden Bischöfe dem ostfränkischen König. Ludwig war persönlich in Ingelheim erschienen, um die Sache Artolds, die ja auch die seine war, vor dem Legaten und König OTTO zu vertreten, den somit eine Schiedsrichterrolle zufiel.
    Die Verhandlungen verliefen im Sinne Ludwigs und Artolds. Schon am 8. Juni fällt das Konzil sein Urteil: Hugo wurde exkommuniziert; die Bischöfe, die ihn ordiniert hatten (Wido von Soissons und Wido von Auxerre), der von Hugo geweihte Theobald von Amiens und alle übrigen, die von Hugo Weihen empfangen hatten, wurden mit der Exkommunikation bedroht, falls sie nicht bis zur nächsten in Trier angesagten Synode (8. September) Abbitte leisteten. Damit war die "Reimser Frage" endgültig im Sinne Artolds und Ludwigs entschieden; darüber hinaus stellte OTTO seinem Schwager ein lothringisches Heer unter Führung Herzog Konrads zur Verfügung. Dieses Heer belagerte zunächst Mouzon, doch glückte es Hugo von Vermandois - Bischof war er nun nicht mehr - zu entkommen. Das Heer belagerte schließlich erfolgreich Montaigu und zog vor das nahe Laon, dessen Einnahme jedoch nicht gelang.
    Kurz darauf begab sich Erzbischof Artold mit drei seiner Suffragane zu der auf den 8. September einberufenen Synode von Trier, die sich als direkte Fortsetzung des Ingelheimer Konzils verstand. Einschließlich des Kardinallegaten waren nur 6 Bischöfe anwesend. Nach einigen Zögern - die Macht Hugos Magnus war ungebrochen - entschloß sich die Synode am 10. September schließlich doch zum letzten Schritt: der Exkommunikation Hugos. Die Synode vermied dabei sorgsam eine politische Begründung wie etwa eine Unterstützung Hugos von Vermandois im Kampf um das Erzbistum Reims. Die Exkommunikation Hugos wurde allein mit den Missetaten begründet, die dieser gegen die Besitzungen der Reimser Kirche begangen hatte.
    Spätestens hier ist es an der Zeit, den chronologischen Gang der Darstellung für einige Überlegungen grundsätzlicher Natur zu unterbrechen. Es muß auffallen, dass die Entscheidung im Reimser Bistumsstreit im Reiche OTTOS und im wesentlichen von Bischöfen aus dessen Reich gefällt wurde; auch zögerte König Ludwig nicht, selbst in Ingelheim zu erscheinen, um dort seine Sache zu vertreten. Nach dem Sprachgebrauch der Historiker des 19. Jahrhunders hieße dies nichts anderes, als dass der Streit um das vornehmste "französische" Erzbistum in "Deutschland" und von "deutschen Bischöfen" entschieden wurde, wobei der "französische" König sich nicht scheute, nach "Deutschland" zu reisen, um dort die Sache des "französischen" Bistums Reims zu vertreten - und all dies ohne die leiseste Kritik einer zeitgenössischen Quelle; insbesondere die direkten Gegenspieler Ludwigs, Hugo Magnus und Hugo von Vermandois, um dessen Bistum es ja schließlich ging, kamen offenbar zu keinem Zeitpunkt auf den doch eigentlich naheliegenden Gedanken, die Autorität des Ingelheimer Konzils mit dem Argument zu bestreiten, dass über Angelegenheiten der "französischen" Kirche nicht in "Deutschland" und von "deutschen" Bischöfen entschieden werden dürfe. Hugo Magnus wäre zu einem solchen Einwand am wenigsten berufen gewesen, war er es doch, der 940 OTTO I. in Attigny gehuldigt hatte. Dieser Akt des "Hochverrats" hat die französische Historiographie des vergangenen Jahrhunderts stark beschäftigt und zu gewundenen Erklärungen geführt, obwohl der historische Sachverhalt doch eigentlich sehr einfach und eindeutig ist: Alle diese Vorgänge bezeugen lediglich die Tatsache, dass "Deutschland" und "Frankreich" im 10. Jahrhundert noch keine historische Realität sind, sondern das fränkische Großreich, wenn auch geteilt in ein ost- und westfränkisches Reich, noch immer das Denken der Zeit beherrscht. Von "Deutschland" und "Frankreich" wird man erst viel später sprechen können.
    Die Jahre 949-953 standen für Hugo Magnus unter dem Motto "Schadensbegrenzung". Die Exkommunikation verfehlte ihre Wirkung nicht, zumal sie im Beisein und unter dem Vorsitz des päpstlichen Legaten ausgesprochen worden war. Eine Exkommunikation durch den Papst selbst mußte daher unter allen Umstännden verhindert werden. Ein Wiederaufrollen der Reimser Frage stand nicht zur Diskussion. Die Entscheidung Roms war unwiderruflich, doch Hugos Machtposition hatte sich darum nicht entscheidend verschlechtert, auch wenn Laon Anfang 949 bis auf seinen großen Turm überraschend in die Hände Ludwigs fiel. Alle Versuche Hugos, Laon zurückgewinnen, blieben ergebnislos.
    Zu allem Überfluß bestätigte eine römische Synode unter Vorsitz von Papst Agapet II. die Entscheidungen von Ingelheim und Trier: Hugo Magnus und Hugo von Vermandois blieben somit förmlich exkommuniziert, was seinen Eindruck auf den westfränkischen Episkopat nicht verfehlte. Nachdem Gerberga schon das Osterfest 949 bei OTTO in Aachen verbracht hatte, suchte Ludwig OTTO nun seinerseits Anfang 950 in Lothringen auf, um Friedensverhandlungen mit Hugo vorzuschlagen. Unter Vermittlung Herzog Konrads von Lothringen kam es im Frühjahr 950 zu einem Grenztreffen Ludwigs mit Hugo an der Marne, an dem auch die Herzöge Konrad von Lothringen und Hugo der Schwarze von Burgund teilnahmen. Hugo erneuerte seinen Lehnseid und gab dem König den Turm von Laon zurück. Als jedoch Ludwig im Frühsommer 950 in Laon krank darniederlag, nutzte Hugo dies sofort zu seinen Gunsten, um sich Aminens' zu bemächtigen, was den gerade erst geschlossenen Frieden sogleich wieder brüchig machte. 951 verbrachte Hugo schließlich das Osterfest bei OTTO in Aachen; damit signalisierte OTTO, dass ihm die Position Ludwigs hinreichend gefestigt, die Hugos verbesserungswürdig erschien, um das Gleichgewicht der Kräfte im Westen zu sichern. Die Beziehungen zu Ludwig litten darunter nicht.
    Es war kein geringer Schock für Ludwig, als seine Mutter Eadgyfu, die in den Jahren ihres Aufenthalts in W-Franken stets im Schatten der Gerberga gestanden und keinen erkennbaren Einfluß auf die Politik ihres Sohnes gewonnen hatte, ausgerechnet den gleichnamigen Sohn des einstigen Kerkermeisters Karls III. von W-Franken heiratete, der erheblich jünger gewesen sein muß als sie. Eadgyfu floh aus Laon und brach mit ihrem Sohn, der ihr sofort das Wittum Attigny und die Abtei Notre-Dame in Laon entzog und letztere sogleich seiner Gemahlin Gerberga übertrug. Es war dann auch Gerberga, die nach einer persönlichen Zusammenkunft mit Hugo die erneute Aussöhnung zwischen diesem und ihrem Gemahl einleitete. Am 13. März 953 wurde der Friede in Soissons besiegelt, der zu Lebzeiten Ludwigs nicht mehr gebrochen wurde.
    Im Sommer oder Herbst des Jahres gebar Gerberga Zwillinge, die auf die Namen ihrer Großväter Heinrich und Karl getauft wurden. Während Heinrich kurz nach der Taufe starb, war Karl dazu berufen, den Endkampf der karolingischen Dynastie gegen die ROBERTINER zu führen. Noch im Jahre 953 hatte ihm der Vater Burgund mit dem Königstitel als Ausstattung zugedacht. Die Zeit ist darüber hinweggegangen. Während im Osten OTTO mit der Niederwerfung des Aufstandes Herzog Konrads von Lothringen beschäftigt war und in diesem Zusammenhang seinen Bruder Brun zunächst zum Erzbischof von Köln, bald darauf auch zum Herzog von Lothringen machte, ergossen sich von Konrad herbeigerufene Scharen der Ungarn im Frühjahr nach Lothringen und W-Franken. Ludwig scheint das Risiko einer Schlacht gescheut zu haben, jedenfalls ist von kriegerischen Aktivitäten gegen die Ungarn nichts bekannt. Im Sommer verlor Ludwig seinen gleichnamigen, erst fünf Jahre alten Sohn, der offenbar in Laon beigesetzt wurde. Auf dem Weg von Laon nach Reims verfolgte Ludwig einen Wolf; er stürzte vom Pferd und zog sich innere Verletzungen zu. Am 10. September 954 starb er in Reims, wo er im Remigiuskloster (St-Remi) bestattet wurde. Die Beisetzungsfeierlichkeit wird wohl sein alter Kampfgefährte Artold geleitet haben.
    Es ist schwer, ein Urteil über einen Herrscher zu fällen, der in der Blüte des Lebens, nur 33 Jahre alt, gestorben ist. Ludwigs persönlicher Mut und Tatkraft stehen außer Zweifel. Große politische Konzeptionen sind von einem Herrscher, der praktisch sein Leben lang nur um das politische Überleben kämpfte, kaum zu erwarten: Das Ringen mit Hugo Magnus hatte 18 Jahre hindurch seine ganze Kraft in Anspruch genommen. Unter dynastischen Aspekt war es fraglos eine große Tat Ludwigs, die westfränkische Linie des karolingischen Hauses politisch überhaupt wieder zu einem mitbestimmenden Faktor westfränkischer Politik gemacht zu haben, was 923 schon endgültig ad acta gelegt schien. Einen entscheidenden Sieg über die viel mächtigeren ROBERTINER konnte er nicht erringen, und so hat man ihm denn auch eher vorgeworfen, ihnen auf dem Weg zur Königsherrschaft nur im Wege gestanden und den inneren Machtkampf in Westfranken verlängert zu haben. Eine solche Sicht der Dinge verkennt allerdings, dass sich Hugo Magnus und später Hugo Capet gar nicht ernsthaft um den Erwerb der Königswürde bemühten. Es ist müßig darüber zu spekulieren, ob sich Ludwig bei längerer Herrschaft vielleicht doch gegen Hugo Magnus durchgesetzt haben würde. Wahrscheinlich ist das nicht; sicher ist nur, dass er bis zum letzten Atemzug um seine Königswürde gekämpft hätte.

    Schieffer Rudolf:, "Die Karolinger"

    Jedenfalls erschien der am Hofe von Wessex aufgewachsene, deshalb der "Überseeische" genannte, Sohn Karls des Einfältigen kaum aus eigenem Antrieb am Strand von Boulougne, wo ihn Hugo "und die übrigen Großen der Franken" huldigend in Empfang nahmen, sondern begann in der fremden Umwelt sein Königtum, zu dem er am 19.6.936 von Artold von Reims in Laon gekrönt wurde, eher wie eine Schachfigur in den Händen Mächtiger und hatte zeitlebens mit dieser mißlichen Rolle zu kämpfen. Zunächst und vor allem war es Hugo, der sich die königliche Autorität lieh, um mit dem Titel eines dux Francorum seinen angestammten Vorrang im nördlichen Kerngebiet des Reiches, in "Franzien", aber auch vor den anderen Großvasallen des gesamten W-Franken formalisieren zu lassen, und der zudem den Versuch machte, Ludwig ständig an seine Umgebung zu binden. Als sich der junge König 937 dieser "Vormundschaft" entwand, fiel es dem ROBERTINER offenbar nicht schwer, ihn zu isolieren, indem er sich rasch mit seinem bisherigen Gegner Heribert von Vermandois verständigte und noch vor Ludwig IV. Verbindung zu König OTTO I. aufnahm, dem Sohn und Nachfolger HEINRICHS I. jenseits der Maas, der sich im Vorjahr demonstrativ in Aachen hatte krönen lassen und dessen Schwester Hadwig Hugo der Große nun ehelichte.
    Vor diesem Hintergrund mußte es Ludwig als verlockender Wink des Schicksals erscheinen, dass sich Herzog Giselbert von Lothringen 939 im Aufstand gegen OTTO zusammen mit anderen Großen des regnum Lotharii ihm als König unterstellte. Um für den Fall des Erfolgs der verbreiteten Erhebung seine Ansprüche auf das noch vom Vater innegehabte karolingische Stammland zu sichern, nahm Ludwig alle Kräfte zusammen und rückte über Verdun bis in das Elsaß vor, doch fiel die Entscheidung weiter nördlich bei Andernach, wo Giselbert am 2.10.939 auf der Flucht im Rhein ertrank, nachdem der ihm verbündete Herzog Eberhard von Franken im Kampf gefallen war. Die Aussicht auf eine Rückgewinnung Lothringens hatte sich so schnell zerschlagen wie sie aufgetaucht war, aber da Ludwig Giselberts Witwe Gerberga, die Tochter König HEINRICHS I., beim Rückzug mit sich nahm und bald darauf heiratete, scheint er doch nicht jede Hoffnung aufgegeben zu haben und tat es im übrigen Hugo dem Großen gleich, der sich ja vorher schon mit OTTO I. verschwägert hatte. Vorerst freilich gab der Fehlschlag seinen inneren Gegnern neuen Auftrieb: Hugo von Franzien und Heribert von Vermandois nahmen 940 gemeinsam die Stadt Reims ein, wo sie Erzbischof Artold, Ludwigs Coronator, wieder zugunsten von Heriberts Sohn Hugo verdrängten, und gegen Jahresende trafen sie in der einstigen KAROLINGER-Pfalz Attigny OTTO I., der mit einem Heereszug nach W-Franken auf das vorjährige Verhalten Ludwigs IV. reagierte und nun die Huldigung von dessen wichtigsten Vasallen entgegennahm. Da es der liudolfingische König indes bei einer Demonstration seiner Überlegenheit beließ, konnte er zwei Jahre später nach erneutem Aufflammen der inneren Fehden von beiden Lagern in W-Franken als schlichtender Vermittler angerufen werden. In Vise an der Maas, also nicht an der Grenze, sondern auf lothringischem Boden, empfing er im November 942 seine beiden Schwäger, König Ludwig und Herzog Hugo, samt deren gewichtigsten Parteigängern zu einer allgemeinen Versöhnung, die für den bedrängten KAROLINGER eine Stabilisierung seines Königtums bei abermaligem Verzicht auf Lothringen bedeutete.
    Die ersten Jahre lehrten Ludwig IV., dass er nicht daran denken konnte, von seiner begrenzten Krondomäne um Reims und Laon sowie den Oise-Pfalzen aus der großen Lehnsfürsten insgesamt Herr zu werden; vielmehr mußte er bemüht sein, durch Bündnisse und Konzessionen zwischen ihnen zu lavieren, um sich in den wechselvollen Positionskämpfen zu behaupten, und dabei stets die Möglichkeit ottonischen Eingreifens in Betracht ziehen, das meist darauf abzielte, keinen Machthaber in W-Franken allzu dominant werden zu lassen. In diesem Sinne wandte sich Ludwig bereits 937 auf der Suche nach einem Gegengewicht zu Hugo von Franzien dem burgundischen marchio Hugo dem Schwarzen zu, dem Bruder des verstorbenen Königs Rudolf, bis dieser 940 durch einen Vorstoß OTTOS I. nach Burgund gezwungen wurde, von der Feindschaft gegen die ROBERTINER abzulassen. 942 verschaffte sich Ludwig neuen Rückhalt bei Wilhelm III. Werghaupt von Poitou (+ 963), den er als marchio von Aquitanien anerkannte, und überdies in Rouen bei Wilhelm I. Langschwert von der Normandie sowie den dort erschienenen Fürsten der Bretonen, bevor sich gegen Jahresende in Vise durch OTTO I. wieder ein Modus vivendi mit Hugo dem Großen und dessen Anhang einstellte. Das karolingische Königtum stand damals schon nicht mehr auf zwei Augen dank der Geburt eines Stammhalters Lothar, den Gerberga Ende 941 zur Welt gebracht hatte, und gewann sogar unerwarteten Spielraum, als Wilhelm von der Normandie Ende 942 durch Leute des Grafen von Flandern ermordet wurde und Anfang 943 auch Heribert II. von Vermandois starb. Während Heriberts erwachsene Söhne im Erbstreit unter sich blieben und als Machtfaktor vorerst ausfielen, rief die Situation bei den Normannen, wo der Nachfolger Richard I. noch unmündig und keineswegs überall anerkannt war, den königlichen Oberlehnsherrn auf den Plan. Ludwig IV. schlug sich von Rouen aus energisch gegen normannische Teilfürsten und wiedererstehendes Heidentum, geriet aber 945 in einen Hinterhalt seiner Gegner, die ihn festsetzten und an Hugo von Franzien auslieferten. Der dux Francorum überließ seinem Grafen Tedbald von Blois und Chartres die Bewachung und verlangte die Abtretung von Laon als Bedingung der Freilassung.
    Dem Los seines Vaters Karl entging Ludwig IV. nicht aus eigener Kraft oder durch den Mut seiner Getreuen, sondern dank auswärtiger Intervention gegen eine derartige Demütigung des gesalbten Königs. Zwar mußte Gerberga Laon preisgeben, aber sie rief König Edmund von Wessex, Ludwigs Oheim, ferner ihren eigenen Bruder König OTTO I. sowie den Papst zu Hilfe und erreichte, dass ihr Gatte im Sommer 946 wieder freikam und OTTO - genau umgekehrt wie 940 - zugunsten seines karolingischen Schwagers und gegen den robertinischen einen Feldzug nach W-Franken anführte. Sein Heer richtete im Verein mit demjenigen Ludwigs vor Laon, Senlis, Paris und Rouen wenig aus, errang jedoch einen wichtigen Erfolg durch die Erstürmung von Reims, wo daraufhin Artold wieder den erzbischöflichen Platz seines Rivalen Hugo von Vermandois einnehmen konnte. Ludwigs Lage blieb gleichwohl prekär und legte ihm weiter enges Zusammenwirken mit OTTO nahe, das dann am 7.6.948 in der gemeinsamen Synode von 32 Bischöfen beider Reiche unter dem Vorsitz eines päpstlichen Abgesandten in Ingelheim gipfelte. Die Versammlung im Beisein sowohl OTTOS wie Ludwigs (in formeller Gleichrangigkeit) war in ihrer Art einmalig im 10. Jahrhundert; sie gemahnte nicht bloß äußerlich an die vergangenen Zeiten des großfränkischen Reiches, sondern griff auch sachlich die karolingische Tradition auf, indem sie ihr ganzes moralisches Gewicht für die Königsgewalt in die Waagschale warf und demgemäß Hugo den Großen als "Angreifer und Räuber von Ludwigs Königtum" ebenso strikt verurteilte wie den "Schein-Bischof" Hugo, der in Reims Artold von seinem rechtmäßigen Sitz vertrieben habe. Dem synodalen Bannfluch folgte alsbald ein neuer, vom lothringischen Herzog Konrad dem Roten befehligter Feldzug nach W-Franken, der "sich nicht als Krieg, sondern als Exekution... gab" (H.Fuhrmann), aber kaum etwas bewirkte.
    Die Rückgewinnung von Laon, längst die wichtigste Bastion für die KAROLINGER, glückte Ludwig erst 949 durch nächtliche Überrumpelung, bei der freilich die Zitadelle der Stadt unbezwungen blieb. Zu den Folgen gehörte eine neue Verständigung mit dem Hause VERMANDOIS: Albert, der sich unter den Söhnen Heriberts II. als Erbe der eigentlichen Grafschaft durchgesetzt hatte, huldigte dem König und bekam bald darauf Gerbergas gleichnamige Tochter aus deren erster Ehe mit Giselbert von Lothringen zur Frau, während sein Bruder Heribert III., Laienabt von Saint-Medard in Soissons, 951 die Königin-Mutter Eadgifu heiratete. Endgültig fallengelassen wurde dabei der weitere Bruder Hugo, der in Ingelheim verurteilte Erzbischof, der jahrelang Reims den KAROLINGERN vorenthalten hatte. Auch der ROBERTINER Hugo, dessen Kirchenbann 949 sogar Papst Agapit II. (946-955) in Rom bestätigte, fand sich Ende 950 bei einem von Herzog Konrad dem Roten vermittelten Treffen an der Marne zum Ausgleich mit König Ludwig bereit und überließ ihm nun auch wieder die Laoner Zitadelle; nach neuen Verwicklungen wurde der Friede zwischen dem rex Francorum und dem dux Francorum am 20.3.953 in Soissons feierlich bekräftigt. Ludwig kam in die Lage, sich auch wieder dem S seines Reiches zu widmen, sah sich 951 und 954 durch Ungarneinfälle bis nach Aquitanien herausgefordert und hielt vor allem weiter ständig Fühlung mit Adelskreisen beiderseits der östlichen Grenze zu Lothringen. Anders als 939 hütete er sich, in den neuen Aufstand gegen OTTO I. einzugreifen, bei dem Herzog Konrad der Rote, sein bisheriger Beschützer, 953 auf die Seite der Gegner des Königs trat, und er erlebte, dass OTTO das regnum Lothariense - und damit die Wahrung seiner politischen Interessen nach W hin - nicht dem gegen Konrad aufgetretenen Neffen Giselberts, dem Grafen Reginar III. von Hennegau, sondern seinem eigenen Bruder Brun übertrug, der seit 953 als Erzbischof von Köln geistliche und weltliche Vollmachten miteinander zu verbinden hatte.
    In seiner Familie war Ludwig IV. seit der Geburt Lothars, seines Ältesten, von manchem Unglück betroffen worden. Sein zweiter Sohn namens Karl, der 945 nach und vor je einer Schwester zur Welt gekommen war, mußte während der Gefangenschaft des Vaters (946) den Normannen als Geisel gestellt werden und kam in deren Gewahrsanm zu Tode. Auch ein dritter Sohn Ludwig, den Gerberga 948 gebar, starb im Kindesalter noch vor dem Vater. Als die Königin 953 in Laon mit Zwillingen niederkam, erhielten sie die Namen ihrer königlichen Großväter, Karls des Einfältigen und HEINRICHS I., doch nur der Erstgenannte überlebte. Er scheint, wenn zwei vereinzelte Urkunden nicht täuschen, beim Vater sogar Erwägungen über eine künftige Reichsteilung ausgelöst zu haben, bei der ihm insbesondere Burgund zugefallen wäre, wo 952 mit dem marchio Hugo dem Schwarzen die bosonidische Linie ausgestorben war. Doch lange bevor derartige Pläne ausreifen konnten, traf das KAROLINGER-Haus wiederum die Ungunst des Schicksals: Ludwig IV., der nach schwierigem Beginn und argen Rückschlägen eben erst seine königliche Stellung einigermaßen gefestigt zu haben schien, verunglückte durch einen Sturz vom Pferd und starb an den Folgen im Alter von 33 Jahren am 10.9.954 in Reims, wo er in Saint-Remi begraben liegt.

    939 oo 2. Gerberga von Sachsen, Tochter des Königs HEINRICH I., 913-5.5.969

    Kinder:
    - Lothar III. Ende 941-2.3.986
    - ? Gerberga 940 oder 942-
    954 oo Albert I. Graf von Vermandois um 915-9.8.987
    - Karl 945- 953
    - Mathilde Ende 943-26.11. nach 981
    964 oo 2. Konrad König von Burgund um 923-19.10.993
    - Ludwig 948-10.11.954 Laon
    - Karl Herzog von Nieder-Lothringen Sommer 953- nach 991 Laon
    - Heinrich Sommer 953- 953 Laon

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 89-92 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 88 Anm. 31.100,101 Anm. 106,106 Anm. 11,123,126 Anm. 94,127 Anm. 94,153,161 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 53,57,60,63-65,84 - Boshof Egon: Die Salier. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 13,28 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 245 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 23,27,42,45 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 23,30,34,44,47-59,61,64 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 294,297,318 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 24,28,33,37,41,65,127,169,187,193, 271,283,287 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 68,105 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 189 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite110,120,123-132,138,162 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 294, 299-302,306-309,311,320,344,407 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 203-214,224 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 95,122,127-130,135 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 5-405 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 489,492-495, 497,512,515 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 101,141,155,157, 165,167 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989, Seite 71,104,112,114,123,126,193,238 -

    Geburt:
    10.9.

    Name:
    Transmarinus, d’Outre-Mer

    Begraben:
    St-Remi

    Ludwig heiratete von Sachsen, Gerberga in 939. Gerberga (Tochter von von Sachsen, Heinrich I. und von Ringelheim, Mathilde) wurde geboren in 913; gestorben am 5 Mai 969 in Nordhausen [99734],Nordhausen,Thüringen,Deutschland; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 208. von Frankreich, Lothar  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in Ende 941; gestorben am 2 Mrz 986 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.
    2. 209. von Frankreich, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in Jan 945; gestorben in 953.
    3. 210. von Frankreich, Mathilde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 943; gestorben nach 981.
    4. 211. von Frankreich, Ludwig  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in Dez 948; gestorben am 10 Nov 954 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.
    5. 212. von Niederlothringen, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 953 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; gestorben am 22 Jun 992; wurde beigesetzt in Maastricht,Limburg,Niederlande,Niederlande.
    6. 213. von Frankreich, Heinrich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 953 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; gestorben in 953.

  28. 169.  Roriko Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 920; gestorben am 20 Dez 976; wurde beigesetzt in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Beruf: 948-976, Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; Bischof von Laon

    Notizen:

    Illegitimer Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich

    Begraben:
    Abtei Saint-Vincent in Laon


  29. 170.  Arnulf Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Illegitimer Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich


  30. 171.  Drogo Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Illegitimer Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich


  31. 172.  Alpais Graphische Anzeige der Nachkommen (135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Illegitime Tochter des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich


  32. 173.  von Flandern, Balduin II. Graphische Anzeige der Nachkommen (137.Judith9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 863; gestorben am 10 Sep 918.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 879-918, Flandern,Belgien; Graf von Flandern

    Notizen:

    Balduin II. der Kahle Graf von Flandern (879-918)
    863-10.9.918
    Ältester Sohn des Grafen Balduin I. Eisenarm von Flandern und der Judith, Tochter von Kaiser KARL II. DEM KAHLEN

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    V. 20 c. BALDUIN II., Graf und Markgraf von Flandern
    * wohl ca. 865, + 918 vielleicht 10. IX..

    Gemahlin:
    884
    Elftrude, Tochter König Alfreds von England + 929 7. VII.
    Anmerkungen: Seite 115
    V. 20. Balduin II.
    Vanderkindere I, 285f. Vermählung 884, Chron. S. Bavonis de Smet 1, 497 [V c 31];
    Ergänzung: (Werner): Konk. N.N.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    BALDUIN II. "DER KAHLE" + 918
    Balduin II. der Kahle folgte 879 seinem Vater als Graf von Flandern und verfolgte zeitlebens eine rücksichtslose, eigennützige Territorialpolitik, wobei er mehrmals die Fronten wechselte. Er war zeitweise Parteigänger von König Zwentibold von Lothringen, zum anderen der ROBERTINER und auch der französischen KAROLINGER. Er gewann Boulogne und Arras, verlor 899 die Abtei St. Vlaast an den Erzbischof Fulko von Reims und ermordete ihn 900. Er ermordete auch seinen großen politischen Gegenspieler, den Grafen Heribert von Vermandois und befestigte Brügge, Ypern und St. Omer gegen die Normannen. Er konnte deren Eindringen in die Normandie nicht verhindern und wurde in der Folgezeit deren Hauptgegner. Unter seiner Regierung entwickelte sich Flandern zu einem starken, mehrere alte Grafschaften umfassenden Lehnsfürstentum, das sich dem schwachen französischen Königtum rücksichtslos entzog.

    oo 884 ELFTRUDE VON ENGLAND + 929
    Tochter des Königs Alfreds I. des Großen von Wessex

    Schwager Helmut: Seite 29-31, „Graf Heribert II. von Vermandois“
    Als ihnen König Zwentibold von Lothringen zu Hilfe kam, brachte ihnen dies nur wenig Nutzen. Denn gerade die Intervention der Lothringer spaltete das Lager Karls III. endgültig: Graf Balduin II. von Flandern (879-918) und sein Bruder Graf Rudolf (+ 896) verbündeten sich mit ihnen und trieben Expansionspolitik auf eigene Faust, die ihnen Peronne und das befestigte Kloster Saint-Quentin einbrachte. Währenddessen versuchten Graf Heribert I. und andere Aufständische eine Fühlungnahme mit König Odo, nachdem dieser dem HERIBERTINER die meisten Burgen abgenommen hatte. Als zur Jahreswende 895/96 Graf Rudolf die Verhandlungen mit dem ROBERTINER torpedierte, unterwarfen sich die HERIBERTINER dem legitimen westfränkischen König Odo. Der KAROLINGER Karl der Einfältige war daraufhin gezwungen, nach Lothringen zu fliehen. Währenddessen rückte König Odo, unterstützt von Graf Heribert I., auf Saint-Quentin vor, das er mit der Abtei Saint-Quentin-en-Vermandois eroberte und nebst Peronne an den wiedergetreuen HERIBERTINER gab. Der erboste Graf Rudolf fiel daraufhin plündern in die Besitzungen der Abtei ein, worauf er von Graf Heribert I. gestellt und in einem Gefecht am 28. Juni 896 erschlagen wurde.
    Inzwischen tobten aber heftige Kämpfe im Nordosten um Peronne zwischen Graf Heribert I. und dem rachedürstenden Grafen Balduin II. von Flandern. Diese Auseinandersetzungen setzten sich auch im Jahre 898 fort, als der KAROLINGER Karl III. alleiniger König des Westfränkischen Reiches wurde. Er entriss dem Grafen Balduin II. die Abtei Saint-Vaast bei Arras und gab sie seinem Erzkanzler Erzbischof Fulco von Reims. Dieser jedoch tauschte sie bei Graf Alkmar von Artois (+ ca. 920) gegen die wichtige Abtei Saint-Medard bei Soissons ein. Die Folge war nun eine abgrundtiefe Feindschaft zwischen Erzbischof Fulco und Graf Heribert I. einerseits und Graf Balduin II. von Flandern andererseits. Als Ergebnis dieser Antipathie wurde Erzbischof Fulco von Reims am 17. Juni 900 durch Winemar und andere flämische Vasallen Balduins II. ermordet. Dies nützte aber Graf Heribert I. sofort aus und okkupierte die Abtei Saint-Medard bei Soissons, die nun bis 1048 seiner Familie gehören sollte. Allerdings erbte der HERIBERTINER auch die alte Todfeindschaft, die schließlich im Zeitraum von 900 bis 906 an einem unbekannten Zeitpunkt zur Ermordung Graf Heriberts I. durch Balduin und andere Vasallen Graf Balduins II. führte.
    Zum Prinzipat Flandern des 10. Jahrhunderts gehörten schließlich die Grafschaften Flandern (mit dem Waasland und den Gebieten um Gent, Kortrijk und Cassel), Therouanne, Boulogne-sur-Mer, Tournai und das Melentois sowie die Klöster Saint-Pierre und Saint-Bavon in Gent, Saint-Bertin, Saint-Amand bei Saint Omer und Saint-Vaast vor Arras.

    Offergeld Thilo: Seite 412,414,420,424,439,444,448, "Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter."

    Wie andere Abtrünnige vor ihnen, wandten sich auch Fulko und die Seinen nun nach O-Franken und hofften, König ARNOLF als Thronkandidaten gegen Odo gewinnen zu können. Obwohl sie offenbar zunächst Odo einen Treueid geleistet hatten, begaben sich die Anführer der Opposition, außer Fulko selbst vor allem Balduin von Flandern und dessen Verwandter, Abt Rudolf von Saint-Bertin und Saint-Vaast, im Mai/Juni 888 zu ARNOLF, trafen in Worms mit ihm zusammen und luden ihn vergeblich zur Herrschaftsübernahme ein.
    Schon vorher war freilich Balduin von Flandern aus Fulkos Partei ausgeschieden und hatte sich angesichts der sich abzeichnenden Überlegenheit Odos diesem wieder angeschlossen.
    Besonders in Aquitanien, wo die oben bereits erwähnte Verleihung des Poitou an den Königsbruder Robert gleich zwei konkurrierende Parteien brüskiert hatte, und in Flandern, wo Odo nach dem Tode Abt Rudolfs dessen Verwandtem Graf Balduin die Verleihung der Klöster Saint-Bertin und Saint-Vaast verweigerte, kam es zu offener Rebellion der betroffenen Adelsfamilien. Odo ging mit teilweiser brutaler Härte gegen die Empörer vor, doch konnte er seine Autorität dadurch nicht entscheidend festigen.
    Auch Graf Balduin von Flandern, über seine Mutter Judith ein Enkel KARLS DES KAHLEN, dürfte als erbitterter Feind Odos die Erhebung Karls wenigstens gebilligt, wenn nicht unterstützt haben [Zwar waren auch Balduins Beziehungen zu Fulko wegen dessen Abtsnachfolge in dem von Balduin beanspruchten Saint-Bertin sehr gespannt, doch hat Fulko immerhin die angedrohte Exkommunikation Balduins zweimal augeschoben, offensichtlich mit der Absicht, den mächtigen Grafen im Lager der Opposition nicht ganz zu entfremden.].
    Zwentibold belagerte daraufhin zusammen mit Karl dem Einfältigen das befestigte Laon, doch als der erhoffte schnelle Erfolg ausblieb, sahen führende Große aus Karls Partei ihre Interessen schon wieder gefährdet: Balduin von Flandern ging zusammen mit seinem Bruder Rudolf und dem Grafen Reginar zu Zwentibold über; es kursierten sogar Gerüchte, Karl solle ermordet werden.
    Zwar blieben die führenden Großen des Reiches mit Ausnahme Heriberts zunächst noch fern, doch Balduin versicherte durch Boten seine Ergebenheit, und nachdem Odos Bruder Robert dem neuen König gehuldigt hatte, erschienen auch Wilhelm der Fromme und Richard von Autun bei Karl und leisteten ihm den Treueid.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 464, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Graf Balduin II. von Flandern suchte im Jahr 900 um jeden Preis die wichtigsten Berater des jungen Königs Karl III. (des "Einfältigen") für sich zu gewinnen. Das waren nach wie vor Erzbischof Fulco von Reims und Graf Heribert, die gleichen Männer, die 893 für Karls Königswahl gesorgt hatten. Balduin ging es darum, vom König wieder als Laienabt von Saint-Vaast in Arras eingesetzt zu werden. Der Erzbischof und der Graf lehnten ab, weil es ihren eigenen Interessen in der Region zuwider lief. Balduins Abgesandter Winemar unternahm einen letzten Versuch direkt bei Fulco, blieb aber ebenfalls erfolglos. Daraufhin ließ der ergrimmte Flame den Erzbischof ermorden (17. Juni 900). Heribert, der seinerseits im Jahr 896 Balduins Bruder Rudolf im Kampf getötet hatte, wurde wenig später ebenfalls durch Leute des Grafen von Flandern umgebracht.

    Riche Pierre: Seite 276, "Die Karolinger. Eine Familie formt Europa."

    Im Norden W-Frankens war Flandern genauso den normannischen Angriffen ausgesetzt. Der Tod Graf Balduin I. Eisenarm 879 fiel zusammen mit einer skandinavischen Großoffensive. Sein Nachfolger, Balduin II., ließ deshalb in Saint-Omer, Brügge, Gent, Kortrijk Holzbefestigungen errichten, außerdem zog er Ländereien an sich, die von königlichen und kirchlichen Amtsträgern aufgegeben worden waren. Obwohl er ein Enkel KARLS DES KAHLEN war, erhob er 888 keinen Anspruch auf die Krone, verweigerte aber Odo die Anerkennung. Hauptziel war für ihn die Ausdehnung seiner Grafschaft nach Süden. Ihm gelang die Erwerbung des Artois und des reichen Klosters Saint-Vaast, das seit 879 der UNRUOCHINGER Rudolf besessen hatte, der Sohn des Markgrafen Eberhard von Friaul, und danach an Erzbischof Fulco von Reims gegeben wurde, den Balduin II. deswegen im Jahr 900 ermorden ließ. Am Oberlauf der Somme stieß er auf Graf Heribert I. von Vermandois, der ebenfalls von den KAROLINGERN abstammte: Der auf Befehl LUDWIGS DES FROMMEN geblendete König Bernhard von Italien hatte einen Sohn Pippin, der einige Grafschaften im Somme-Gebiet besaß. Bernhards Enkel Heribert I. verfügte über Saint-Quentin und Peronne. Balduin II. räumte dieses Hindernis aus dem Weg, indem er Heribert I. um 907 ermorden ließ. Schließlich zielte der Graf von Flandern auch noch auf den Erwerb des Unterlaufs der Canche, um so über See Beziehungen zu England anknüpfen zu können. Er begründete bereits das englisch-flandrische Bündnis durch seine Ehe mit einer Tochter König Alfreds der Großen von Wessex. Sein Sohn Arnulf I. erbte 918 eine bedeutende Grafschaft, der eine glänzende Geschichte bestimmt war.

    884 oo Aelfthryd von Wessex, Tochter des Königs Alfred um 870-7.6.929

    Kinder:
    - Arnulf I. 885/90-27.3.965
    - Adalolf Graf von Boulogne 890-13.11.933
    - Ealswid
    - Ermentrud

    Illegitim
    - Albert Bischof von Paris - 977

    Literatur:
    Alvermann, Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel 3,4 - Annalen von St. Vaast Seite 316,318,322,324,328-334 - Annalista Saxo: Reichschronik ad a.1002 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,115 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 320,322,382, 409,433,435,517 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 18 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 32 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 63 - Leo Heinrich: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten, Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 10-12 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 412,414,420,424,439,444,448,451,455,456,464 - Pognon Edmond: Hugo Capet König von Frankreich. Dr. Riedeler Verlag Stuttgart 1966 Seite 80 - Regino Chronik. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 Seite 182,312 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 276,289 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 199 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 29-31,357,364,385,395 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 464 -

    Balduin heiratete von Wessex, Aelfthryd in 884. Aelfthryd wurde geboren um 872; gestorben am 7 Jun 929. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 214. von Flandern, Arnulf I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 885/890; gestorben am 27 Mrz 965.
    2. 215. von Boulogne, Adalolf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 890; gestorben am 13 Nov 933.
    3. 216. von Flandern, Ealswid  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 217. von Flandern, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 218. von Flandern, Albert  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 977.

  33. 174.  von Flandern, Rudolf Graphische Anzeige der Nachkommen (137.Judith9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 865; gestorben am 17 Jun 896.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Cambrai [59400],Nord,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Cambrai

    Notizen:

    Rudolf von Flandern Graf von Cambrai
    865-17.6.896
    Jüngerer Sohn des Grafen Balduin I. Eisenarm von Flandern und der Judith, Tochter von Kaiser KARL II. DEM KAHLEN

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    V. 21 c. RUDOLF, Graf von Cambray?
    * ..., + 896 17. VI.
    Gemahlin: N.
    Anmerkungen: Seite 115
    V. 21. Rudolf

    Bruder Balduins, Ann. Vedast. 895, S. S. 2, 207.
    Als Graf von Cambray wird er erst in späten Nachrichten bezeichnet (zuerst wohl S. S. 25, 769).
    Todestag Ann. Blandin., S. S. 5, 24.
    Er wird häufig verwechselt mit IV. 28. und mit Rudolf von Gouy, vgl. Vanderkindere, a.a.O. [Vc 32]

    Ergänzung: (Werner):
    * 865, Graf nach 892 im Besitz von Arras und St. Quentin
    Gemahlin: N.N.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993

    RUDOLF + 896 ermordet
    Graf von Cambrai

    Rudolf besetzte Peronne und St. Quentin während der französischen Thronkriege, huldigte dem König Zwentibold von Lothringen und wurde 896 von Vermandois verjagt. Er plünderte aus Wut die Abtei St. Quentin und wurde von Graf Heribert I. ermordet.
    Rudolf wird im französischen Feudalepos sehr verklärt.
    oo N.N.

    Schwager Helmut: Seite 29-31, „Graf Heribert II. von Vermandois“

    Als ihnen König Zwentibold von Lothringen zu Hilfe kam, brachte ihnen dies nur wenig Nutzen. Denn gerade die Intervention der Lothringer spaltete das Lager Karls III. endgültig: Graf Balduin II. von Flandern (879-918) nd sein Bruder Graf Rudolf (+ 896) verbündeten sich mit ihnen und trieben Expansionspolitik auf eigene Faust, die ihnen Peronne und das befestigte Kloster Saint-Quentin einbrachte. Währenddessen versuchten Graf Heribert I. und andere Aufständische eine Fühlungnahme mit König Odo, nachdem dieser dem HERIBERTINER die meisten Burgen abgenommen hatte. Als zur Jahreswende 895/96 Graf Rudolf die Verhandlungen mit dem ROBERTINER torpedierte, unterwarfen sich die HERIBERTINER dem legitimen westfränkischen König Odo. Der KAROLINGER Karl der Einfältige war daraufhin gezwungen, nach Lothringen zu fliehen. Währenddessen rückte König Odo, unterstützt von Graf Heribert I., auf Saint-Quentin vor, das er mit der Abtei Saint-Quentin-en-Vermandois eroberte und nebst Peronne an den wieder getreuen HERIBERTINER gab. Der erboste Graf Rudolf fiel daraufhin plündernd in die Besitzungen der Abtei ein, worauf er von Graf Heribert I. gestellt und in einem Gefecht am 28. Juni 896 erschlagen wurde.

    oo N.N.
    Kinder:
    - Tochter
    oo Isaak Graf von Cambrai - 946/48

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,115 - Leo Heinrich Dr.: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten. Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 9-10 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 439-442,451,455 - Regino Chronik. Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte Band VII Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1969 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 29-31 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 -


  34. 175.  von Frankreich, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben vor Nov 884.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Troyes [10000],Aube,Champagne-Ardenne,Frankreich; Gräfin von Troyes

    Notizen:

    Gisela Gräfin von Troyes
    - vor XI 884

    Tochter des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard von Burgund, Tochter von Graf Harduin

    Werner Karl Ferdinand: Seite 456, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 36
    Brandenburg, Anmerkung zu V,24, meinte: "Eine weitere angebliche Tochter Gisela, die mit einem Grafen Robert von Troyes vermählt gewesen sein soll, ist zu streichen. Sie fehlt bei Witger (in dessen Genealogie SS 9,302) und der angebliche Graf Robert von Troyes hat nie existiert."
    Brandenburg beruft sich dazu auf das veraltete, wenn auch leider noch nicht ersetzte Werk von H. D'Arbois de Jubainville, Histoire des ducs et des comtes de Champagne, Bd. 1, Paris 1859.
    Nun ist aber ebenso die Existenz des Grafen Robert von Troyes wie die seiner karolingischen Gemahlin Gisla über jeden Zweifel erhaben. Robert intervenierte mehrfach in Urkunden König Karlmanns, des Bruders der Gisla, deren eine datiert ist, 882 XI 17, während duie anderen zwischen 880 III und 884 XII 12, dem Tode Karlmanns liegen. In einer dieser Urkunden genehmigt der König eine Schenkung aus dem Grafschaftsgut von Troyes auf Bitten des Grafen Robert ... pro eremittendis culpis Gislae sororis nostrae, eiusque (sc. Roberti) uxoris ... Es handelt sich bei diesen Urkunden um Auszüge aus dem verlorenen Chartular der Abtei Montieramey, östlich von Troyes, die von A. Duchesne kopiert, in der Collection Baluze, t. 39 (Biblioth. Nationale) überliefert sind und durch A. Giry, Etudes carolingiennes, in: Etudes d'hist. du Moyen Age, dediees a G. Monod, Paris 1896, ediert wurden. Ob aus der oben zitierten Stelle und aus den dort ebenfalls vorkommenden Worten ...illuster fidelis noster Rotbertus comes ... ut pro anima uxoris eius ... (Giry, nr. 17 = Coll.Baluze 39, fol. 237) geschlossen werden soll, daß Gisla zu diesem Zeitpunkt (880/84) schon verstorben war, ist nicht ohne weiteres klar. Es kommen solche Formulierungen auch bei noch lebenden Angehörigen vor, doch schließen die Stifter dann meist noch andere Verwandte und sich selbst ein. Die ausdrückliche Beziehung auf Gisla veranlaßt mich dazu, in der Urkunde einen Terminus ante für ihren Tod zu sehen. Graf Robert von Troyes begegnet zuerst in einem Diplomfragment KARLS DES KAHLEN von 876 vor X 25 (Tessier nr. 416). Zu dieser Zeit war noch Roberts älterer Bruder Odo Graf von Troyes, vgl. ebd. Tessier 2, 430, Anm. 1. Diese beiden Brüder, die Arbois irrig mit einem anderen Bruderpaar Odo-Robert, dem späteren König Odo und dem Herzog und dann Gegen-König Robert, identifizierte, sind in Wahrheit Söhne des Grafen Odo von Chateaudun, dann von Troyes, einem nahen Verwandten Roberts des Tapferen, des Vaters der beiden erwähnten Könige. (Vgl. Werner, Unters. 152ff., dort Anm. 35 sowqie Seite 111, Anm. 90) Graf Robert von Troyes ist endlich identisch mit dem Rotbertus Faretratus, über dessen Taten im Kampf gegen die Normannen Abbo von S.-Germain-des-Pres in seinem Bella Parisiacae urbia (ed. H. Waqet, Paris 1942, 48ff.) lib. I, Vers 441ff. berichtet. Er fiel im Februar 886. Da auf ihn in Troyes sein Neffe Adelhelm folgte und Gisla, wie wir sahen, früh verstarb, ist anzunehmen, daß die Ehe kinderlos blieb.

    Familie/Ehepartner: von Troyes, Robert. Robert gestorben in Feb 886. [Familienblatt] [Familientafel]


  35. 176.  von Frankreich, Hildegard Graphische Anzeige der Nachkommen (138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  36. 177.  von Frankreich, Ludwig III. Graphische Anzeige der Nachkommen (138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 863; gestorben am 5 Aug 882 in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 879-882, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig III. König von Frankreich (879-882)
    um 863-5.8.882 St. Denis Begraben: St-Denis

    Ältester Sohn des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard von Burgund, Tochter von Graf Harduin

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2176

    Ludwig III., westfränkischer König 879-882
    + 5. August 882 St-Denis Begraben: St-Denis
    Sohn König Ludwigs II. und Ansgards

    Führende Adelsgruppen unter Hugo Abbas und Gauzlin ermöglichten nach dem Tod Ludwigs II. die Nachfolge der Söhne Ludwig III. und Karlmann. Der Weihe im September 879 durch Erzbischof Ansegis von Sens in Ferrieres folgten Verträge mit König Ludwig dem Jüngeren (Abtretung des westlichen Lotharingien, Ribemont) und im März 880 eine Reichsteilung in Amiens (Ludwig III. erhielt Franzien und Neustrien, Karlmann den Süden) zur Sicherung des durch Ansprüche Hugos und Bosos von Vienne gefährdeten Königtums. In seiner kurzen Regierung konnte Ludwig III. die Normanneneinfälle im Sieg von Saucourt (3. August 881) nur zeitweise abwehren.

    Quellen:
    Recueil des actes de Louis II le Begue, L. III et Carloman II, rois de France, ed. R.-H. Bauthier u. a., 1978 -

    Literatur:
    K. F. Werner, Gauzlin v. St. Denis und die westfrk. Reichsteilungen v. Amiens (März 88), DA 35, 1979, 395-462 - Ders., Hist. de France, I, 1984, 417-419 -
    Ludwig III. wurde auf Vorschlag Hugos des Abtes von seinem Vater entgegen dem fränkischen Teilungsprinzip als alleiniger König vorgesehen, wogegen die Gruppe um Gauzlin von Saint-Denis mit Hilfe des O-Franken-Königs Ludwigs des Jüngeren durchsetzen konnte, dass Ludwig gemeinsam mit seinem Bruder Karlmann zum König erhoben wurde. Zur gleichen Zeit wurde in Burgund der Graf Boso von Vienne von den Großen zum König ausgerufen, was praktisch die Lostrennung dieses Gebietes bedeutete. Im Vertrag von Ribmont (880) mußte Ludwig auf den W-Teil Lothringens verzichten. Am 3.8.881 besiegte Ludwig III. die Normannen bei Sancourt (Pikardie).

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Gegen die von Hugo dem Abt beim König durchgesetzte alleinige Nachfolge Ludwigs III. gingen sogleich nach Eintreten des Erbfalls Gauzlin von Saint-Denis sowie der welfische Graf Konrad von Paris, ein Vetter Hugos des Abtes, mit weiteren Repräsentanten der Franci vor, indem sie Ludwig denn Jüngeren von O-Franken auf den Plan riefen und mit ihm in Verdun zusammentrafen. Ihr Angebot an den - nach Karlmanns Erkrankung - ältesten handlungsfähigen und vollbürtigen KAROLINGER, auch bei ihnen die Herrschaft zu übernehmen, stand in der Tradition solcher "Einladungen" seit den 850-er Jahren und bezweckte anstelle der angebahnten Sulzession konkret, "entweder eine gewaltsame andere Lösung zu erzwingen oder aber Hugo den Abt und seine Partei zum Nachgeben, zum Herausgeben eines der beiden Prinzen, zu bewegen" (K.F. Werner). Eine spezifische Loyalität gegenüber dem westfränkischen Zweig des Hauses oder legitimistische Vorbehalte gegenüber den Sprößlingen einer aufgelösten Ehe waren offenbar kein Thema.
    Der Schachzug zeitigte in der Tat Wirkung: Noch im Mai 879 ließ Hugo Ludwig dem Jüngeren, um ihn von weiterem Vormarsch abzuhalten, die Abtretung der in Meersen erworbenen W-Hälfte Lotharingiens und die Nachfolge beider westfränkisher Thronerben, also auch des 13-jährigen Karlmann, zusichern. Mit der Ausführung hatte er es nach Ludwigs Abzug weniger eilig, doch kam es im September immerhin zur Krönung der jungen Könige im Kloster Ferrieres durch Erzbischof Ansegis von Sens, kaum zufällig eben in den Tagen, da die Königin Adelheid am 17.9. den postumen Sohn des Stammlers zur Welt brachte, der nach dem kaiserlichen Großvater KARL genannt wurde. Dessen ungeachtet hielt Hugo der Abt weiter an seinem faktischen Regiment übber ein ungeteiltes W-Franken fest, provozierte den Bruch mit dem ehrgeizigen Boso von Vienne, der sich im Oktober selbst zum König der Rhonelande aufschwang (nun mit Hinweis auf die fehlende Legitimität der Ansgard-Söhne), und forderte schließlich doch noch den Einmarsch Ludwigs des Jüngeren heraus, dessen Heer, verstärkt um die Gefolgsleute Gauzlins, dem seinen im Januar 880 bei Saint-Quentin gegenüberstand. Erst durch diese Zuspitzung fand man zur verbindlichen Form der Einigung, nämlich dem Vertrag von Ribemont (Oise) im Februar, der ganz Lotharingien dem O-Frankenreich zuschlug und den Gegnern Hugos die Machtbeteiligung im W gewährte; seine Konsequenz war die im März in Amiens vollzogene Reichsteilung, bei der Ludwig III. (mit Gauzlin als restituiertem Erzkanzler) die Francia und Nesutrien erhielt, während Karlmann (mit Hugo dem Abt als "Beschützer" und Feldherrn) Burgund, Aquitanien und Gothien zufielen. Die Art, wie sich beide Parteien gegenseitig einen eigenen lenkbaren König abgenötigt hatten, unterschied sich kaum noch vom Umgang der fränkischen Großen des 7. Jahrhunderts mit den späten MEROWINGERN.
    Die Niederringung unerwünschter Konkurrenten im Inneren band jahrelang politische und militärische Energien, die den KAROLINGERN bei der Abwehr eines neuen, alles zuvor Dagewesene übertreffenden Ansturms der Normannen fehlten. Nach einem angelsächsischen Defensiverfolg durch Alfred den Großen (878) setzte die inzwischen zum "Großen Heer" vereinigte Hauptmasse der Feinde im Sommer 879 nach Flandern über, verwüstete den gesamten Schelderaum und richtete sich in Gent als festem Ausgangspunkt auch für winterliche Überfälle ein. Die Konfrontation der westlichen und der östlichen Franken bei Saint-Quentin im Februar 880 spielte sich daher gewissermaßen unter den Augen der Wikinger ab und schlug nach der Einigung augenblicklich um in einen gemeinsamen Aufmarsch gegen die Nordmänner, wodurch eine beutebeladene Gruppe auf dem Rückweg zu ihren Schiffen bei Thimeon in der Nähe von Charleroi gestellt und unter Führung Ludwigs des Jüngeren bezwungen werden konnten. Die Aktion blieb indes einmalig, denn durchweg gingen die Teilkönige und Teilreiche zur Bekämpfung der Eindringlinge weiterhin getrennte Wege. In W-Franken zogen es beide Könige im Sommer 880 vor, gegen Hugo und Boso einzuschreiten, und überließen dem Erzkanzler Gauzlin ein Kontingent zur Verteidigung des N, mit dem er jedoch an der Schelde scheiterte. Neue schwere Verheerungen bis weit ins ungeschützte Landesinnere waren die Folge und bewogen 881 König Ludwig III. zu einer eigenen Anstrengung: Bei Saucourt unweit der Somme-Mündung führte er Anfang August gegen ein größeres Normannenheer einen Überraschungsschlag, bei dem er sich auch durch persönliche Tapferkeit auszeichnete. Der Erfolg war alles andere als kriegsentscheidend, doch zeigt seine zeitgenössische Verherrlichung im volkssprachigen Ludwigslied was mit beherztem Vorgehen gegen die beutegierigen Heiden an königlichem Prestige zu gewinnen war.
    Am 5.8.882 kam der junge, unvermählte König infolge eines Unfalls, den er in Tours erlitt, wie berichtet wird, bei der scherzhaften Verfolgung einer Adelstochter zu Tode.

    Literatur:
    Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 66,67,75 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 15,20,61 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 23,25,86 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 262 - Fried Johannes: König Ludwig der Jüngere in seiner Zeit. Zum 1100. Todestag des Königs. Vortrag, gehalten in Lorsch am 18. November 1982 - Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 21,28,29,35,61,90-92,208,221-225,227,229,230-237 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 57 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 249,252,360 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 159,171,173-178,180,182,225 -


  37. 178.  von Frankreich, Karlmann Graphische Anzeige der Nachkommen (138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 866; gestorben am 12 Dez 884; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 879-884, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Karlmann König von Frankreich (879-884)
    866-12.12.884 Begraben: St-Denis

    Jüngerer Sohn des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Ansgard von Burgund, Tochter von Graf Harduin

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 997

    Karlmann, westfränkischer König 879-884
    + 6./12. Dezember 884 Begraben: St-Denis

    Beim Tode Ludwigs des Stammlers stellte sich die Frage der legitimen Nachfolge: Gegen Ludwigs Söhne aus erster, auf Geheiß des Vaters später gelöster Ehe mit Ansgard, Ludwig und Karlmann, lud eine Partei um den Kanzler, Abt Gauzlin, den ostfränkischen König Ludwig den Jüngeren ein, die Herrschaft im Westen zu übernehmen, während Erzbischof Hinkmar von Reims und der Laien-Abt Hugo nach erfolgreichen Verhandlungen mit Ludwig in Verdun die Nachfolge der Königssöhne durchsetzen konnte, die im September 879 in Ferrieres von Erzbischof Ansegis von Sens gesalbt wurden. Ein zweiter Einfall Ludwigs des Jüngeren wurde mit dem Verzicht auf Lotharingien im Vertrag von Ribemont im Februar 880 abgewehrt. Auf Drängen Gauzlins teilten die Brüder im März 880 in Amiens das Reich: Der ältere Ludwig erhielt den Norden, Karlmann, der mit einer Tochter Bosos verlobt war, den Süden (Burgund, Aqitanien und Gotien). In der Folgezeit gab es aber immer wieder gemeinsame Aktionen. Nach der Abwehr der ostfränkischen Ansprüche war die Regierungszeit Ludwigs und Karlmanns durch zwei Gefahren bedroht: durch die Normannen im N-Teil sowie durch Usurpatoren, im Reich Karlmanns vor allen den Grafen Boso von der Provence, der sich am 15. Oktober 879 zum König krönen ließ und trotz mancher Bemühungen nicht bezwungen werden konnte. Nach dem Tode Ludwigs am 5. August 882 wurde Karlmann in einer förmlichen Erhebung am 9. September 882 in Quierzy König im gesamten W-Reich. Karlmanns letzte Regierungsjahre sind durch - letztlich erfolglose - Kämpfe gegen die in N-Frankreich wütenden Normannen geprägt, die er schließlich gegen Zahlung eines hohen Tributs, der vor allem die Kirchen belastete, zum Abzug überreden konnte, die nach seinem Tod jedoch zurückkehrten. Der durch einen Jagdunfall verursachte Tod des erst 18-jährigen Königs machte den Weg frei für die letzte Wiedervereinigung des gesamtfränkischen Reiches unter KARL III. Die kurze Regierungszeit des jugendlichen Königs fiel in eine für die Entwicklung des fränkischen Reiches symptomatischen Umbruchperiode.

    Urkunden:
    Recueil des actes de Louis II le Begue, Louis III et Carloman II, rois de France (877-884), ed. R.-H. Bautier u.a., 1978 -

    Literatur:
    Dümmler ²3, 88ff. u.ö. - K. F. Werner, Gauzlin v. St. Denis und die westfrk. Reichsteilung von Amiens (März 880), DA 35, 1979, 395-462. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 456, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 33-34

    Zur effektiven Aufteilung des W-Reichs zwischen den beiden Brüdern Ludwig III. und Karlmann zu Amiens im März 880 vgl. Werner, KdG 1,140. Zur Verlobung Karlmanns bietet Brandenburg nicht hier (B. V,23), wohl aber B VI,5 die richtigen Angaben.
    Zum Todesdatum vgl. Ann.Bert. 878, ed. Grat 228f. Neben Engelberga kann auch eine andere Tochter Bosos unbekannten Namens als Verlobte Karlmanns in Betracht kommen, siehe unten Anmerkung zu VI,10.

    Karlmann wurde durch die Intrigen einer Adelsgruppe zum Mitkönig seines Bruders Ludwigs III. erhoben. Nach dessen Tode am 5.8.882 vereinigte er das W-Reich in seiner Hand und trat am 9.9. in Quierzy die Herrschaft an. Er besaß gute Herrscheranlagen und wurde wie vorher sein Bruder vom berühmten Abt Hugo von Tours gelenkt. Er starb durch einen Jagdunfall. Nach Karlmanns Tode boten die Großen des Landes dem ostfränkischen König KARL III. DEM DICKEN auch die westfränkische Krone an.

    Schieffer Rudolf:, "Die Karolinger"

    Gegner der erzwungenen Reichsteilung von 880 atmeten auf, darunter der alte Hinkmar von Reims, der für den neuen König sogleich seine Schrift über Hofordnung und Reichsverwaltung unter KARL DEM GROSSEN in Erinnerung an die Zeit "der Größe und der Einheit des Reiches" anfertigte. Die Gruppe um Gauzlin von Saint-Denis dagegen, die auf Ludwig III. gesetzt hatte und in der kurz zuvor an die Stelle des verstorbenen WELFEN Konrad als Graf von Paris Odo, der herangewachsene Sohn Roberts des Tapferen, getreten war, mußte einen merklichen Rückschlag im Wettstreit mit dem bei Karlmann dominierenden Hugo dem Abt hinnehmen, wußte sich aber doch insoweit zu behaupten, dass Gauzlin 884 zum Bischof von Paris aufstieg. Ohnehin verschaffte sich unter Karlmann die Normanneplage im Westen immer wieder den Vorrang vor den inneren Positionskämpfen, da nach der Übereinkunft mit KARL III. in Asselt bloß ein Teil des feindlichen Heeres unter Gottfried im Gebiet der Rheinmündung Fuß faßte, ein weiterer mit dem Anführer Siegfried jedoch vom Hennegau bis tief in die Champagne ausschwärmte und neben anderen auch Erzbischof Hinkmar zur Flucht aus Reims trieb, auf der er am 21./23.12.882 in Epernay gestorben ist. Gegen immer neue Plünderungen im gesamten Norden W-Frankens half schließlich 884 nach gemeinsamen Entschluß der Großen nur wieder ein horrender Tribut, den vornehmlich die Kirchen und ihre Schatzkammern aufzubringen hatten.
    Um den rundum in die Defensive geratenen, teilweise bereits schrumpfenden Reichsgefüge neue Thronkämpfe zu ersparen und wieder eine längerfristige Perspektive zu eröffnen, griffen die beiden regierenden KAROLINGER den schon früher von Hinkmar zur Sprache gebrachten Gedanken an eine feste Rechtsbeziehung zwischen der östlichen und der westlichen Linie ihres Hauses auf, indem zu einem unbekannten Zeitpunkt, wohl 883/84, der kinderlose KARL III. den vaterlosen Karlmann adoptierte, also zum künftigen Erben des Gesamtreiches einsetzte. Die damit verbundene Erwartung, der junge westfränkische König werde den 27 Jahre älteren, vielleicht bereits kränkelnden Kaiser überleben, erfüllte sich indes nicht, denn in abermaliger Steigerung des Verhängnisses kam Karlmann am 6.12.884 durch ein Unglück auf der Jagd zu Tode und mußte, 18-jährig bei seinem Bruder Ludwig III. in Saint-Denis begraben werden.

    Mühlbacher Engelbert: Seite 397, "Deutsche Geschichte unter den Karolingern"

    Um das Maß voll zu machen, wurde der junge König noch durch einen frühzeitigen Tod hinweggerafft. König Karlmann wurde auf der Jagd schwer am Bein verwundet, wie es anfangs hieß, durch einen Eber, wie später verlautete, durch unseligen Zufall von einem Jagdgenossen, und erlag nach sechs Tagen, am 12. Dezember 884, kaum 18 Jahre alt, der Verletzung.

    11.9.878 oo 1. Engelberga, Tochter Herzog Bosos von Provence , 877- nach 1. 917

    Literatur:
    Bauer Dieter R./Histand Rudolf/Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 229 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 90,115,122,128,133,144-147,182, 201,209-211,230-234 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 16,20,61 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 17,23,25,86 - Fried Johannes: König Ludwig der Jüngere in seiner Zeit. Zum 1100. Todestag des Königs. Vortrag, gehalten in Lorsch am 18. November 1982 - Hlawitschka, Eduard: Adoptionen im mittelalterlichen Königshaus, in: Schulz Knut: Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters, Festschrift für Herbert Helbig zum 65. Geburtstag, Köln Seite 1-32 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seitze 162 - Hlawitschka, Eduard: Die Widonen im Dukat von Spoleto, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 155-227 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 21,28,29,35,61,85,90-92,95,208,221,223-225,227,229,230-237,244 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Hlawitschka, Eduard: Vom Frankenreich zur Formierung der europäischen Staaten- und Völkergemeinschaft 840-1046, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1986 - Mühlbacher Engelbert: Deutsche Geschichte unter den Karolingern. Phaidon Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion Seite 397 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 249,252,254 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 159,171,173-178,180-183,185 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 68,69 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 78,80 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 444 -

    Karlmann heiratete von Provence, Engelberga am 11 Sep 878. Engelberga wurde geboren in 877; gestorben nach Jan 917. [Familienblatt] [Familientafel]


  38. 179.  von Frankreich, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 875.

    Notizen:

    Ermentrud Gräfin von Hennegau
    um 875-
    Einzige Tochter des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 2. Ehe mit der Adelheid, Tochter von Graf Adalhard von Paris

    Werner Karl Ferdinand: Seite 457, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 37
    Mit Recht betont Brandenburg B V,25 die Authentizität der Nachrichten über Ermentrud, die Schwester Karls des Einfältigen, und ihre Nachkommen aus der Ehe mit einem uns unbekannten Gatten, siehe unten VI, 36; VII, 63.

    Hlawitschka Eduard: Seite 177,227, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Nun hat aber auch H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus (1941) Seite 10f., ältere Vermutungen erhärtet, daß nämlich Reginar vor seiner Ehe mit Albrada, aus der Herzog Giselbert von Lothringen und sein Bruder Reginar II. stammten, mit Ermentrude, einer Tochter König Ludwigs des Stammlers und Schwester Karls des Einfältigen, verheiratet war. Zugkräftigstes Argument ist dabei die Wiederkehr der Namen Giselbert und Reginar bei den Enkeln und Urenkeln jener Ermentrude. Eine solche Nahehe am Ende des 9. Jahrhunderts wäre zwar nicht unvorstellbar, doch sie ist - innerhalb der für das 9. Jahrhundert so allgemein bekannten genealogischen Zusammenhänge - auch nicht gerade wahrscheinlich ist. Die Quellen, die Karl den Einfältigen und Reginar I. nebeneinander nennen, bezeichnen sie jedenfalls nicht als Schwäger. Man wird einen anderen Zusammenhang vermuten dürfen. Da nämlich Giselbert vom Maasgau selbst einen Bruder Reginar gehabt zu haben scheint (C. Knetsch, a.a.O. Seite 12), der von 864-870 als Graf und Laienabt von Echternach erscheint, könnte es ebensogut sein, daß Ermentrud mit einem Sohn dieses älteren Reginar verheiratet gewesen ist, daß also das auffällige Namengut durch jenen in die Nachkommenschaft Ermentruds vermittelt wurde. Karl der Einfältige und Reginar I. scheinen also nur im weiteren Sinne miteinander verschwägert gewesen zu sein.
    Daß die zweite Gemahlin, Adelheid, 879 zum ersten Mal schwanger war, was für eine noch nicht lange bestehende Ehe spreche, ist gewiß nicht zutreffend, da Karl der Einfältige, Ludwigs des Stammlers Sohn, gemäß dem Zeugnis des um 950 schreibenden Witger (MG SS IX Seite 393) noch eine Vollschwester (ex Adelheidis regina) namens Irmintrud hatte; und diese Irmintrud ist auch durch Genealogien, die die Abstammung der Kaiserin Kunigunde (Gemahlin HEINRICHS II.) von den KAROLINGERN nachweisen (MG SS II Seite 314) gesichert.

    oo ? Reginar I. Langhals - 915
    Kinder:
    - Kunigunde
    1. oo Wigerich Pfalzgraf von Lothringen - um 912
    um 920 2. oo Richwin Graf von Verdun -15.11.924 ermordet

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 69,70, 92,116,138,146 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 177,227 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 457 -

    Familie/Ehepartner: N.. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 219. von Verdun, Kunigunde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 890/895; gestorben nach 923.

  39. 180.  von Frankreich, Karl III.von Frankreich, Karl III. Graphische Anzeige der Nachkommen (138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren am 17 Sep 879; gestorben am 7 Okt 929 in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Péronne [80200],Somme,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 893-929, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie Karl III.

    westfränkischer König, * 17.9.879, † 7.10.929 Péronne, ⚰ Péronne, Saint-Fursy.

    Der nach dem Tode des Vaters geborene Karolingersproß erhielt den Namen des kaiserlichen Großvaters Karl des Kahlen. Der damit bekundete Legitimitätsanspruch galt jedoch als zweifelhaft, denn Ludwig der Stammler hatte sich nach der Trennung von seiner|1. Gemahlin Ansgard (der Mutter Ludwigs III. u. Karlmanns) zu deren Lebzeiten mit Adelheid vermählt. Von eigener Regierungsfähigkeit ohnehin noch weit entfernt, wurde K. daher 879 und 884 bei der Regelung der westfränkischen Erbfolge übergangen. Auch nach dem Tode des Kaisers Karl III. (888), als die Nachfolge abermals offen war, verlautet nichts von Bemühungen um eine Erhebung K., vielmehr setzte sich, mit nachträglicher Anerkennung durch den ostfränkischen Karolinger Arnulf, der Robertiner Odo von Paris als westfränkischer König durch. Dieser betrieb eine robuste Ämter-, Besitz- und Familienpolitik, rief damit aber eine vielfältige Gegnerschaft auf den Plan, deren Programm die Rückkehr zur karolingischen Legitimität wurde. EB Fulko von Reims und Graf Heribert I. von Soissons ergriffen die Führung und riefen K. zum König aus; am 28.1.893 wurde er in Reims von Fulko gekrönt. Weitere Großvasallen schlossen sich ihm an, König Arnulf nahm K. durch Fulkos Vermittlung im Mai 894 in Worms auf und erkannte ihn durch Belehnung an, aber im Kampf mit Odo geriet K. bald in hoffnungslose Unterlegenheit, so daß er zeitweilig gar ein Bündnis mit den Normannen erwog. Nachdem Arnulf im Mai 895, wiederum in Worms, Odo empfangen hatte, bedeutete es nicht mehr viel, daß Arnulfs eben in Lotharingien eingesetzter Sohn Zwentibold im Sommer des gleichen Jahres für K. in einen Kampf um Laon eingriff; er mußte bald wieder abziehen. K. Anhänger wandten sich wieder Odo zu – auch Heribert, der 896 die Grafschaft Vermandois gewann († 900/07), schließlich auch Fulko von Reims – so daß K. nach Lotharingien ausweichen mußte, wo er sich, etwa im Februar 896 und wieder in Begleitung Fulkos, in dem Vogesenkloster Remiremont mit dem italischen Kaiser Lambert und dem burgundischen König Rudolf I. traf und dann wieder am 25.7.896 in Gondreville (bei Toul) urkundete. Offensichtlich abermals durch Fulkos Vermittlung kam 897 ein Ausgleich zustande, indem K. sich bei Odo einfand und ihn als König anerkannte; er wurde dafür mit „einem Teil des väterlichen regnum “ ausgestattet – hier ist an den Reimser Raum, etwa Laon zu denken, um das sich im 10. Jahrhundert der karolingische Besitz gruppierte – und von Odo, der keinen Sohn hatte, zum Nachfolger designiert.

    Nach dem Tode Odos (1.1.898) wurde K. in der Tat auf einer Reichsversammlung in Reims mit allgemeiner Zustimmung zum König erhoben. Die bis dahin, soweit sich nach dem Überlieferungsstande urteilen läßt, sehr spärliche Urkundenausstellung wird jetzt kontinuierlich, mit doppelter Zählung der Königsjahre: von 893 und, mit dem Vermerk redintegrante, von 898 an. Neben im ganzen 110 bekannten Diplomen K. sind 13 Deperdita ermittelt worden. K. Erzkanzler – wenn auch nur gelegentlich mit dem ausdrücklichen Titel archicancellarius – wurde zunächst EB Fulko von Reims, unter dem der aus dem Dienste Odos übernommene Notar Herivaeus das Urkundengeschäft besorgte. Dieser folgte 900 auf Fulko als Erzbischof, während die nominelle Leitung der Kanzlei dem Bischof Ascherik von Paris und erst nach dessen Tod (910) dem EB Herivaeus zufiel.

    Es verwundert, daß die Robertiner selber 897/98 die Hand zur erneuten karolingischen Restauration liehen, denn der söhnelose Odo hatte einen sehr aktiven Bruder Robert, den er mit seinen bisherigen Grafschaften ausgestattet und als marchio in Neustrien eingesetzt hatte. Man darf ihnen vielleicht die Berechnung unterstellen, daß die Abschirmung durch ein sozusagen neutrales Königtum den weiteren Ausbau ihrer Hausmacht in Rivalität mit den anderen Magnaten eher erleichtern würde. Jedenfalls nahm K. es hin, daß das bedeutende weltliche und geistliche Königsgut des Pariser Raumes nicht etwa ihm selber heimfiel, sondern an Robert überging. K. duldete und sanktionierte in solcher Weise die – vorerst freilich noch fluktuierende – Ausformung starker Mittelgewalten, der großen französischen Lehnsfürstentümer. Unmittelbare Hoheit über die Grafen und die Bischofskirchen behielt der karolingische König nur in der östlichen Francia zwischen Seine und Maas. Diese Schrumpfung der Königsgewalt war jedoch mit einer relativen Stabilisierung verbunden, durch die K. einen allmählich bedeutender werdenden Aktionsspielraum gewann. Seine besondere Aufmerksamkeit richtete sich sogleich auf Lotharingien. Schon 898 folgte er einer Aufforderung des Haspen- und Hennegaugrafen Reginar und anderer mit Zwentibold überworfener Großen: er drang über Aachen bis Nimwegen vor, traf in der Gegend von Prüm auf Zwentibold, zog aber ohne Kampf wieder ab. Eine Zusammenkunft in Sankt Goar, an der – in Abwesenheit Zwentibolds – auch Beauftragte K. teilnahmen, stellte 899 den Frieden wieder her, bereitete aber auch den Rückfall Lotharingiens an Ostfranken vor, der im Jahre darauf realisiert wurde; K. Griff nach der Stammheimat seiner Dynastie war mißlungen.

    Über das nächste Jahrzehnt sind wir im einzelnen wenig unterrichtet. Die Urkunden|weisen den König weiterhin im nördlichen Westfranken nach und vermitteln den Gesamteindruck relativer Stetigkeit. Die Geschicke des Westreiches blieben noch immer von der Wikingerfrage überschattet, doch sind als markante Ereignisse nur ein Überfall auf Tours (903) und ein Raubzug nach Burgund (910) bekannt. Mit der gebotenen Vorsicht darf aus dem Mangel an sonstigen Nachrichten und aus dem folgenden Geschehen auf eine gewisse Beruhigung, auf eine Konsolidierung der Abwehr geschlossen werden, aber ein persönlicher Anteil K. läßt sich dabei nicht ausmachen. Dann aber brachte das Jahr 911 einschneidende Wendungen. Ein großes Aufgebot westfränkischer Fürsten – von K. selber ist auch jetzt nicht die Rede – entsetzte die von den Seine-Normannen bedrängte Stadt Chartres und brachte ihnen schwere Verluste bei. Ihr Anführer Rollo fand sich nun bereit, die Taufe zu nehmen und seine Herrschaft mitsamt der normannischen Landnahme durch den Eintritt in den fränkischen Reichsverband legalisieren zu lassen. Mit K. ging er (ungesicherter, aber nicht schlechthin unglaubwürdiger späterer Tradition zufolge in Saint-Clair-sur-Epte) ein „Bündnis“ ein und übernahm als Graf von Rouen den Schutz der nördlichen Reichslande. Für Westfranken war damit das Zeitalter der Wikingereinfälle zu Ende, war der Grund gelegt zu einem neuen künftigen Lehnsfürstentum. Noch stärkere unmittelbare Tragweite kam dem Umschwung zu, der sich gleichzeitig in Lotharingien einspielte. Seit der Rückgliederung dieses Landes an Ostfranken (900) hatte hier ein leidliches Einvernehmen zwischen Reginar als dem mächtigsten einheimischen Magnaten und dem von der karolingischen Regierung Ludwigs des Kindes bestellten konradinischen Amtsherzog Gebhard vorgehalten. Dieser aber war 910 im Ungarnkampf gefallen, und Reginars Verhältnis zu dem weiterhin konradinisch beeinflußten ostfränkischen Königshof scheint sich dann sehr zugespitzt zu haben. Vielleicht schon im Sommer 911, jedenfalls aber als sich nach dem Tode Ludwigs des Kindes und dem Aussterben der östlichen Karolingerlinie (24.9.911) die Königswahl des Konradiners Konrad I. abzeichnete (die dann gegen den 10.11. in Forchheim erfolgte), wiederholte der lotharingische Adel, fraglos wieder unter der Führung Reginars, den Schritt von 898 und rief K. ins Land. Zum 1.11.911 läßt eine beiläufige annalistische Notiz die Herrschaft des westlichen – nunmehr einzigen – Karolingers in den Ländern um Maas und Mosel beginnen.

    Ob bei dieser Schwenkung Reginars und seiner Anhänger tatsächlich oder nur scheinbar ein karolingischer Legitimismus im Spiel war, steht dahin, K. selber aber berief sich mit Nachdruck auf sein Erbrecht an dem fränkisch-karolingischen Kernland um Metz und Aachen. Vom 20.12.911 an begegnet in seinen Urkunden als drittes Datierungselement die Zählung largiore hereditate indepta, und während die karolingischen Teilkönige sich seit langem mit der einfachen Bezeichnung rex begnügt hatten, griff K. nunmehr, wenn auch noch nicht regelmäßig, auf den alten vollen Titel rex Francorum zurück, den seine Nachfolger dann beibehalten haben. Dieser Kanzleistil hat auf seine Art dazu beigetragen, daß der Frankenname endgültig mit dem Westreich verbunden geblieben ist.

    Am 1.1.912 urkundete K. in Metz. In Lotharingien, vor allem in altkarolingischen Pfalzen wie Diedenhofen und Herstal, nahm er seither oft, sogar mit Vorzug, Residenz; er ist 912, 913, 915, 916, 919 jeweils für längere Zeit im Lande nachzuweisen. Für Konrad I. bedeutete der Verlust der Maas- und Mosellande über den politischen Rückschlag hinaus eine schwere Einbuße an Besitz- und Machtpositionen seiner Familie, aber nach 3 erfolglosen Vorstößen über den Rhein (912 u. 913) mußte er sich mit der veränderten Lage abfinden. Dem Grafen Reginar gewährte K. den Rang eines marchio und erkannte ihn somit als einen seiner großen Lehnsfürsten an. Aber auch Reginars Widersacher, EB Ratbod von Trier, zog er als Erzkapellan an sich und räumte ihm das Vorrecht ein, neben der weiterhin dem Reimser EB Herivaeus unterstehenden Königskanzlei als archicancellarius die lotharingische Sonderkanzlei fortzuführen, die bis in die Zeiten Zwentibolds zurückreichte und sich auch unter Ludwig dem Kinde behauptet hatte. Diese relative Harmonie und Stabilität hielt jedoch nicht vor. Unverkennbar gedachte K. Lotharingien zu jener Bastion direkter Königsherrschaft auszubauen, die ihm im Westreich fehlte, um sich stärker als bisher gegen die Lehnsfürsten durchzusetzen. Ratbod und Reginar starben 915. Der neue EB Ruotger von Trier behielt den Titel des summus concellarius, aber das Urkundengeschäft blieb, ohne Trierer Sonderkanzlei, auf die Königskanzlei konzentriert. Dem Sohn Reginars, Giselbert, verweigerte K. die Fortsetzung oder gar Ausweitung einer herzoglichen Gewalt. Statt dessen begegnet in K. Umgebung seit dieser Zeit ein lotharingischer fidelis namens Hagano, vielleicht ein Verwandter der Königin Frederun, aber nicht selber fürstlichen Ranges, dessen Erhebung zum Grafen, dessen steigender Einfluß als Berater des Königs den Zorn des lotharingischen und erst recht des westfränkischen Hochadels wachrief. Überdies verschoben sich die bisherigen Spannungen und Beziehungen 918/19 durch den Tod Konrads I. und den Übergang der ostfränkischen Königswürde an den sächsischen Liudolfinger Heinrich I., der, anders als die Konradiner, in keiner Weise mit der lotharingischen Aristokratie unter der Führung Giselberts verfeindet war.

    Der Gegensatz führte dazu, daß K. 919 durch einen Spruch des Hofgerichts die Abtei Maastricht Giselbert entzog und sie dem getreuen EB Ruotger von Trier übertrug, der seither allein als Erzkanzler K. genannt wird. Der Unmut über Hagano, dessen Entlassung K. auf einer Reichsversammlung in Soissons verweigerte, löste dann 920 einen allgemeinen Abfall von K. aus; Giselbert ließ sich von lotharingischen Anhängern bereits zum selbständigen princeps ausrufen. Doch ging die Krise vorüber, indem EB Herivaeus von Reims K. in seinen Schutz nahm und nach 7 Monaten einen Ausgleich zustande brachte. Auch bei einer Machtprobe um die Besetzung des Bistums Lüttich vermochte K. 920/21 seinen Kandidaten gegen die Pläne Giselberts durchzusetzen. Dieser Streit zog weite Kreise: Papst Johann X. erklärte in einem Schreiben (das dann, losgelöst vom Anlaß, als Ausdruck frühmittelalterlichen Rechtsdenkens Berühmtheit gewonnen hat), niemanden als dem König (das heißt nicht etwa einem Herzog) stehe die Vergabe eines Bistums zu. Dieses Schreiben war an den EB Hermann I. von Köln gerichtet, der auf Geheiß Heinrichs I. als Metropolit den Lütticher Kandidaten Giselberts geweiht hatte. Der neue ostfränkische König sächsischen Stammes hatte also im Zusammengehen mit Giselbert, in offenem Gegensatze zu K., in die lotharingischen Dinge eingegriffen – die Wiederherstellung des Ostfränkischen Reiches im alten Umfang zeichnet sich als sein politisches Ziel ab. K. dagegen, wieder fest im Sattel, wagte im September 920 einen Vorstoß in den Wormsgau, wohl in der Absicht, die linksrheinische Ausbuchtung Ostfrankens um Mainz in seine Herrschaft einzubeziehen, mußte aber ohne Erfolg wieder abziehen. Durch weitere Widerstände in Lotharingien behindert, vereinbarte er mit Heinrich I. einen Waffenstillstand bis zum Martinitag 921. Vor Ablauf dieser Frist trafen sich die beiden Könige auf einem Rheinschiff bei Bonn und schlossen am 7.11.921 einen (im Wortlaut erhaltenen) Vertrag, durch den der rex Francorum occidentalium und der rex Francorum orientalium mit stattlichem beiderseitigem Gefolge einander Anerkennung und Freundschaft zusagten. Auf weiteres Eingreifen in Lotharingien hatte Heinrich damit verzichtet.

    K. mochte glauben, nunmehr freie Hand zu haben. Er stattete Hagano mit dem karolingischen Hauskloster Chelles (bei Meaux) aus und entzog es seiner Tante Rothild, einer Tochter Karls des Kahlen. Hugo (der spätere Herzog von Francien), der Sohn Roberts von Neustrien und Schwiegersohn Rothilds, gab daraufhin das Signal zu einem allgemeinen Aufstand gegen K.; auch Giselbert beteiligte sich daran, doch hatte K. unter den Lotharienses noch die zuverlässigsten Getreuen. Robert wurde am 30.6.922 in Reims zum König erhoben und, wie vor Jahren sein Bruder Odo, vom EB Walter von Sens gekrönt. EB Herivaeus von Reims starb 3 Tage darauf. Es kam zu hin und her wogenden Kämpfen in Westfranken und Lotharingien. In einem Gefecht bei Soissons fand König Robert I. am 15.6.923 den Tod, aber K., der sich auch bei den Normannen und angeblich bei Heinrich um Hilfe bemüht hatte, wurde geschlagen. Seine Gegner riefen Rudolf von Burgund, den Sohn Richards und Schwiegersohn des gefallenen Robert, zum neuen König aus; er wurde am 23.7.923 in Soissons gekrönt, wiederum vom EB Walter von Sens. K., dessen letzte auf uns gekommene Urkunde vom 29.7.923 aus Compiègne datiert ist, wurde von dem Grafen Heribert II. von Vermandois zu Verhandlungen nach Saint-Quentin gelockt, gefangengenommen und nach Château-Thierry, im nächsten Jahre nach Péronne in Haft gegeben. Die Königin Eadgifu-Ogiva flüchtete mit ihrem Sohn Ludwig (IV.) nach England.

    Der Sturz K. beendete den letzten, ohnehin nur schwachen Anlauf zu karolingischer Hegemonialpolitik und machte den Weg frei für die Rückgliederung des gewissermaßen herrenlos gewordenen Lotharingien an Ostfranken, wie sie im Zusammenspiel Giselberts und Heinrichs I. 923/25 realisiert wurde und das Deutsche Reich des Mittelalters abgerundet hat. Auch als Stammvater einer neuen und letzten, nur noch westlichen Karolingerlinie steht K. an einer Wegscheide französischer und deutscher Geschichte, aber der nicht eben ruhmvolle Ausgang seiner Herrschaft und Regierung scheint sein Andenken in seltsamer Weise belastet zu haben. Der Fortsetzer Reginos (Adalbert, um 960) nennt ihn einen vir hebetis ingenii, bei Thietmar von Merseburg (um 1010) heißt er gar ab incolis Karl Sot id est stolidus ironice dictus, kurz vor 1000 liest man in den Miracula s. Apri aus Toul erstmals a suis cognominatus simplex, was seither häufig belegt ist, möglicherweise aber ursprünglich soviel wie „schlicht, gutmütig“ bedeuten sollte, zumal Richer, gleichfalls kurz vor 1000, sich in solchem Sinne ausdrückt (ingenio bono simplicique). Die Bezeichnung „Charles le Simple, K. der Einfältige“ ist üblich geworden, wird in der Wissenschaft jedoch nur mit Vorbehalt verwandt.

    Genealogie-Mittelalter Karl III. der Einfältige

    König von Frankreich (893-929)
    17.9.879-7.10.929 Peronne Begraben: Kirche St-Fursy/Peronne

    Einziger und nachgeborener Sohn des Königs Ludwig II. der Stammler von Frankreich aus seiner 2. Ehe mit der Adelheid, Tochter von Graf Adalhard

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 966, Karl III. der Einfältige, westfränkischer König 893/98-923

    * 17. September 879, + 7. Oktober 929 Peronne Begraben: St-Fursy/Peronne

    Als Postumus nach Ludwigs II. Tode aus dessen in ihrer Legitimität angefochtenen zweiten Ehe wurde Karl der Einfältige bei den Nachfolgeregelungen im westfränkischen Reich 879-888 übergangen. Gegen den robertinischen König Odo wählte eine Adelspartei um Erzbischof Fulco von Reims und Graf Heribert I. Karl den Einfältigen am 28. Januar 893 (Todestag KARLS DES GROSSEN) in Reims zum König. Trotz zeitweiliger Anerkennung durch ARNULF von Kärnten konnte sich Karl III. erst nach Odos Tod 898 durchsetzen. Die Herrschaftskontinuität blieb durch Übernahme von Odos Kanzler Heriveus gewahrt, aber Karl der Einfältige mußte eine erhebliche Schmälerung königlicher Macht hinnehmen. Wichtige königliche Güter waren an Odos Bruder, Robert von Neustrien, gelangt; in den regna übte Karl der Einfältige nur noch über Stellvertreter, vornehme Adlige, die als marchiones über die Grafschaften traten (Neustrien, Burgund, Aquitanien, Lotharingien), Herrschaft aus. In dieses, das Reich stabilisierende Miteinander von König und Fürsten konnte 911 auch ein Normannenverband unter Rollo integriert werden.
    Einen Ersatz für den Machtverlust schien Karl der Einfältige in Lotharingien, der karolingischen Stammlandschaft, zu finden. Nach erstem Scheitern 898 gelang 911, beim Tod des letzten ostfränkischen KAROLINGERS, Ludwig IV., die Eroberung, gesichert durch enge Bindungen zum lothringischen Adel. Als jetzt einziger karolingischer König griff Karl III. der Einfältige gezielt auf die legitimierende Kraft fränkischer Tradition zurück. Seite dem Erwerb Lotharingiens nannte er sich wie die frühen KAROLINGER in den Urkunden 'rex Francorum' und 'vir illuster' und ahmte Monogramm und Siegel KARLS DES GROSSEN und KARLS DES KAHLEN nach. Der übersteigerte Anspruch auf Herrschaft über alle Franken, wenn auch real auf die Francia zwischen Rhein und Seine reduziert, und die ezielte Förderung des Lothringers Hagano auf Kosten des hohen Adels lösten das konsensuale Miteinander von König und Fürstenauf. Selbst ein im Vertrag von Bonn 921 erzielter Ausgleich mit dem ostfränkischen König HEINRICH I. vermochte Karl nicht mehr in Franzien zu stützen. Der seit 920 ausbrechende Widerstand führte zur Königswahl Roberts (I.) von Neustrien (20. Juni 922). Auch Roberts Tod in der Schlacht von Soissons (15. Juni 923) rettete Karl den Einfältigen nicht mehr; nach der Krönung von Roberts Schwager Rudolf von Burgund (13. Juli 923) geriet Karl der Einfältige in Gefangenschaft Heriberts II. von Vermandois, in der er starb. Nur die Flucht seiner zweiten Gattin Edgiva mit dem Sohn Ludwig IV. nach England sicherte den Fortbestand der karolingischen Familie. Das Scheitern fand seinen Reflex in (späteren) Benennungen 'simplex' oder 'stultus'. Gleichwohl muß Karl der Einfältige als Bewahrer fränkisch-karolingischer Tradition für das westfränkisch-französische Königtum gelten.

    Literatur:
    HEG I, 735-745 - A. Eckel, Charles le Simple, 1899 - Recueil des actes de Charles III le Simple ..., ed. P. Lauer, 1940-1949 [dazu J. de Font-Reaulx, Ann. Univ. Grenoble, sect. lettr.-droit 19, 1943, 29-43] - E. Hlawitschka, Lotharingien und das Reich an der Schwelle der dt. Gesch., 1968 - H. Wolfram, Intitulatio II, 1973, 115ff. - B. Schneidmüller, Die 'Einfältigkeit' K.s III. v. Westfranken als frühma. Herrschertugend SchZG 28, 1978, 62-66 - Ders., Karol. Tradition und frühes frz. Kgtm., 1979, 121-138 - J. Ehlers, Die Anfänge der frz. Gesch., HZ 240, 1985, 1-44 - E. Freise, Die 'Genealogia Arnulfi comitis' des Priesters Witger, FMASt 23, 1989, 203-243 - K. F. Werner, Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000, 1989, 475ff. - NDB XI, 184-188. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 457, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    V. Generation 38
    Zu den Regierungsjahren Karls III. in seinen verschiedenen Teilreichen vgl. die Ausgabe seiner Urkunden durch Ph. Lauer, Recueil des actes de Charles III le Simple, roi de France, Paris 1940-1949, S. LXXXIVff.
    Von Karls erster Gemahlin wußte schon Brandenburg V,26, daß sie die Schwester Bischof Bovos von Chalons war. Wir verdanken K.A. Eckhardt, Genealogische Funde zur allgemeinden Geschichte ²1963, den meines Erachtens schlüssigen Nachweis, daß Friderun eine Tochter des Grafen Theodericus/Dietrich und eine Schwester der Mathilde war, der zweiten Gattin HEINRICHS I (ebd. 24-29), eine Erkenntnis, die auch für das Verständnis der politischen Geschichte zu Beginn des 10. Jahrhunderts von großer Bedeutung ist. Das Todesdatum der Friderun zitiert Eckhardt nach dem alten genealogischen Werk des Pere Anselme (ebd. 27); es ist uns in den Diplomen ihres Gemahls, Karls III., vielfach bezeugt, vgl. nr. 87, 917 II 14 als Terminus ante, nr. 94 für den Todestag, II 10. Das Datum der Eheschließung ergibt sich aus nr. 56, 907 IV 19 unmittelbar nach der Hochzeit ausgestellt. In ihrer zehnjährigen Ehe schenkte Frederun dem Gemahl sechs Töchter (siehe unten VI,41-46), aber keinen Nachfolger. Karls Sohn Ludwig IV. stammt aus Karls zweiter Ehe mit der angelsächsischen Prinzessin Eadgifu/Ogiva, und ebendarum konnte dieser sich mit Gerberga, der Tochter HEINRICHS I. und der Mathilde, ohne verbotenen Verwandtschaftsgrad vermählen, denn er war mit der ersten Gattin seines Vaters, Frederun, nicht blutsverwandt. - Zur Wegnahme von ND de Laon und des Fiskus Attigny, den Ogiva innehatte, weil er dem abgesetzten Gatten, Karl III., von König Rudolf als Alterssitz verliehen worden war, durch ihren Sohn Ludwig IV., als Ogiva 951 den Grafen Heribert heiratete, siehe Flodoard, Ann 951, Lauer 132.

    Da Karl III. beim Tode seines Bruders Karlmann erst 5 Jahre alt war, wählte der westfränkische Adel erst KARL III. DEN DICKEN und später den Grafen Odo von Paris zum König. 893 wurde Karl von einer adligen Gegenpartei unter Führung des Erzbischofs Fulko von Reims und Heriberts II. von Vermandois, der später ein erbitterter Gegner wurde, zum Gegenkönig erhoben und gekrönt. Nach dem Tode Odos (+ 1.1.898) wurde er allgemein als König anerkannt. Während seiner Regierung wurde auch in den fränkischen Kerngebieten zwischen Loire und Maas, in "Francien", die Entwicklung eigener Lehnsfürstentümer erkennbar. 911 einigte sich Karl im Vertrag von Saint-Clair-sur-Epte mit Rollo, dem Anführer einer Normannenschar, die sich im Gebiet der Seinemündung fest angesiedelt hatte. Rollo trat zum Christentum über und erklärte sich bereit, Vasall des Königs zu werden. Dafür wurden ihm mehrere Grafschaften im Gebiet von Rouen zugestanden, die den Kern des Herzogtums Normandie bildeten. Wenn auch nach 911 die Überfälle normannischer Scharen nicht sofort aufhörten, so leitete die Einigung mit Rollo doch das Ende der langen Periode ständiger, weitreichender Plünderungszüge der Normannen ein. Einen außenpolitischen Erfolg erzielte König Karl, als im Jahre 911 im ostfränkischen Reich mit Ludwig dem Kinde der dortige Zweig der KAROLINGER ausstarb und die Großen Lothringens den westfränkischen KAROLINGER Karl anerkannten. Karl führte seit diesem Jahr den Titel "Rex Francorum" (König der Franken), während er sich bisher wie die anderen fränkischen Könige seit 843 einfach "Rex" genannt hatte. Offensichtlich wollte Karl, der jetzt der einzige König aus karolingischen Geschlecht war, mit diesem vollen Titel seinen Anspruch auf Lothringen untermauern und zugleich wohl auch einen Vorrang gegenüber den anderen Herrschern im Bereich des ehemaligen großfränkischen Reiches zum Ausdruck bringen. Doch bereits 925 ging Lothringen an den deutschen König HEINRICH I. verloren. Bedenklich für die Position des Königs war vor allem die Tatsache, dass nicht nur die Herzogtümer Aquitanien und Burgund sowie andere Randgebiete wie Flandern und die Normandie seiner Kontrolle entglitten, sondern auch im Kerngebiet der karolingischen Macht, im neustrischen Gebiet zwischen Loire und Seine, Robert die Wirksamkeit des Königtums einengte. Im Jahre 922 erhob sich unter Führung Roberts von Neustrien eine starke Adelsfraktion gegen den König. Der Erzbischof von Sens krönte in Reims Robert zum König. In der entscheidenden Schlacht zwischen den beiden Königen am 15.6.923 bei Soissons siegten zwar die Aufständischen, doch ihr Führer, der Gegenkönig Robert, wurde getötet. Die revoltierende Adelsfraktion erhob nun Herzog Rudolf von Burgund zum König. Der Graf Heribert von Vermandois lockte Karl kurz darauf in eine Falle und Karl blieb bis zu seinem Tode in der Gefangenschaft des Grafen, der seinen Gefangenen als Druckmittel gegen König Rudolf von Burgund benutzte und ihn nach 6-jähriger Gefangenschaft umbrachte.

    Schneidmüller, Bernd: Seite 23-35, "Karl III. der Einfältige"

    in Ehlers/Müller/Schneidmüller "Die französischen Könige des Mittelalters"

    KARL III. ("DER EINFÄLTIGE") 893/98-923/29
    Karl III.
    geb. 17.9.879; + 7.10.929 Peronne Bestattung in St-Fursy/Peronne

    Eltern: König Ludwig II. "der Stammler" (877-879) und Adelheid
    Halbbrüder: König Ludwig III. (879-882) und König Karlmann (879-884)

    Eheschließungen und Kinder:

    1.) 907 Frederun, sächsische Adlige (+ 10.2.916/17)
    6 Töchter

    2. ) 917-919 Eadgifu/Otgiva, Tochter König Edwards I. von Wessex (zuletzt erwähnt 951 bei 2. Eheschließung mit Graf Heribert III. von Vermandois)

    1 Sohn (König Ludwig IV., geb. 920/21, König 936-954)

    28.1.893 Königswahl, Salbung und Krönung in Reims
    Januar 898 Nach dem Tod König Odos allgemeine Anerkennung als König im westfränkischen Reich, erster (erfolgloser) Eroberungszug nach Lotharingien
    911 Vertrag und Landzuweisung an die Normannen unter Rollo; Erwerb Lotharingiens
    seit 920/21 Spannungen im Verhältnis mit dem westfränkischen Adel
    7.11.921 Vertrag mit König HEINRICH I. von O-Franken bei Bonn
    922 Kämpfe mit dem westfränkischen Adel
    29.6.922 Wahl Roberts I. (von Neustrien) in Reims zum König
    15.6.923 Schlacht bei Soissons, Niederlage Karls III., Tod König Roberts I.
    13.7.923 Wahl Rudolfs von Burgund zum König
    Ende 923 (?) Gefangennahme Karls III. durch Graf Heribert II. von Vermandois, Einkerkerung in
    Chateau-Thierry. Flucht der Gattin und des Sohnes nach England
    928 Zeitweilige Freilassung. Erneute Einkerkerung in Peronne.

    Karl III. ("der Einfältige") ist vielleicht der einzige mittelalterliche Herrscher, der sein Königtum mehrfach gewann und verlor. Seine Regierungsjahre können darum kaum eindeutig angegeben werden, Zeichen für eine Herrschaft in Wandel und Krise, eine Herrschaft, der zwar lange Dauer, jedoch keine Selbstverständlichkeit beschieden war. Im Zerfall überkommener Legitimations-, Denk- und Handlungsmuster trat die wenn auch von den Umständen erzwungene Konzentration politischen Handelns auf den Westen und die Mitte des ehemaligen fränkischen Großreichs ebenso zutage wie das Festhalten an karolingischen Traditionen. Dass die fränkisch-karolingische Prägung dem mittelalterlichen Frankreich überliefert wurde, ist zu einem guten Teil Karls Königtum und Herrschaftsverständnis zuzurechnen, das darum nicht allein aus seinem schließlichen Scheitern zu begreifen ist.
    Den Nachgeborenen galt Karl als simplex, als einfältig (französisch "Charles le Simple"), und das hat sein Bild in der Geschichte geprägt. Doch die Handlungsspielräume des Königtums an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert waren begrenzt: In seiner durchaus stringent angelegten Politik blieb der karolingische König in einen rapiden Wandel eingebunden, der die politischen Gewichte noch weiter zugunsten des Adels verschob und zur hierarchischen Gliederung der aristokratischen Gesellschaft wie zur Neuformierung von Reich und Herrschaft führte. Hinzu traten der endgültige Zerfall der überlebten Einheit der fränkischen Volkes und Reiches wie die anhaltende Bedrohung durch Normannen und Ungarn. Bei dem Versuch einer Würdigung von Leben und Handeln Karls sind besonders diese Rahmenbedingungen zu bedenken. Aus ihnen lassen sich nämlich das konsequente Legitimationsdenken und die Betonung der karolingischen Tradition erklären.
    Legitimation der Herkunft

    Zweimal wurde Karl bei der Thronfolge im westfränkischen Reich übergangen, zweimal wurde er zum Herrscher erhoben, zweimal wurde ihn aus den Reihen des Adels ein "Gegen"-König gewählt, mindestens zweimal wurde Karl eingekerkert. Diese Hinweise markieren Turbulenzen in einem Herrscherleben, das von Anfang an nicht gewöhnlich verlief.
    Karl wurde erst nach dem Tod des Vaters geboren (daher der Beiname postumus, der Nachgeborene). Dass wir Karls Geburtstag, den 17. September 879, aus einer Erwähnung in einer Königsurkunde (vom 28. Mai 917 für St-Denis) kennen, ist eher eine Ausnahme in jener Zeit, für die der Todestag den Eintritt in die Ewigkeit und damit die eigentliche "Geburt" des Christen markierte.
    Karls Vater, der KAROLINGER Ludwig II. ("der Stammler"), starb am 10. April 879 in Compiegne, seine Nachfolge war schwierig. Seit Jahrzehnten schon besaßen mächtige Adelsverbände Anteil an der Herrschaft im westfränkischen Reich und entschieden folglich auch bei den Nachfolgeregelungen im Königtum mit. Nach der zeitweiligen Ausschaltung der mächtigen ROBERTINER 866 ragten zwei Gruppierungen hervor, die westfränkischen WELFEN unter Hugo Abbas und die RORGONIDEN unter Gauzlin. Diese beiden adligen Herren vereinigten mehrere Grafschaften und geistliche Herrschaftsrechte über Klöster und Bischofskirchen in ihren Händen.
    KARL II. ("DER KAHLE", 843-877), der Vater Ludwigs II., hatte seinem durch Krankheitsschübe wiederholt in den Regierungsgeschäften behinderten Sohn bewußt adlige Begleiter an die Seite gestellt. Sie gewannen erheblichen Einfluß auf Ludwigs kurzes Königtum (877-879) und entschieden über die Nachfolge, die durch zwei Ehen des Königs kompliziert war.
    Zur Anwendung kam das seit Jahrhunderten praktizierte Thronfolgerecht der merowingischen und karolingischen Könige, deren Reich unter alle in legitimer Ehe gezeugten regierungsfähigen Söhne aufgeteilt wurde. Legitimität der Ehe und Regierungsfähigkeit (Idoneität) der Söhne wurden aber 879 kontrovers diskutiert.
    Ludwig hatte nämlich seine erste Gattin Ansgard, die ihm die beiden Söhen Ludwig und Karlmann geboren hatte, auf Geheiß des Vaters verstoßen und in den 70-er Jahren des 9. Jahrhunderts zu Lebzeiten der ersten Gemahlin Karls Mutter Adelheid geheiratet, deren Herkunft aus einer bedeutenden Familie des westfränkischen Reiches inzwischen wahrscheinlich gemacht werden konnte.
    Nach kirchlichem Eherecht ergaben sich darum Probleme, da nur eine Eheschließung gültig und allein die Nachkommenschaft aus dieser Verbindung legitim sein konnte. 869 erst hatte das konsequente Beharren der westfränkischen Bischöfe auf diesem Prinzip zum Ende des Königtums im lotharingischen Mittelreich geführt, als König Lothar II. die Legitimität einer "zweiten" Ehe zu Lebzeiten der 1. Gemahlin nicht plausibel zu machen vermochte. In W-Franken entschied man 10 Jahre später nicht konsequent nach kirchenrechtlichen Kriterien, sondern pragmatisch, wenn auch keineswegs einhellig. Gauzlin als Haupt der RORGONIDEN suchte den Kontakt mit den ostfränkischen KAROLINGERN, Hugo Abbas als Haupt der WELFEN setzte schließlich im September 879 die Nachfolge der Söhne Ludwigs II. aus seiner ersten Verbindung mit Ansgard durch. Eine Teilung des westfränkischen Reichs unter Ludwig III. (879-882) und Karlmann (879-884) im März 880 in Amiens eröffnete die Möglichkeit einer Scheidung der welfischen und rorgonidischen Einflußzonen.
    Die Niederkunft Königin Adelheids mit Karl, dem man den Namen der berühmten karolingischen Kaiser gab, gewann keine Bedeutung, schien doch durch die Krönung der älteren Söhne ohnehin die Gültigkeit der zweiten Verbindung in Zweifel zu stehen. Der über 5 Monate nach dem Tod seines Vaters geborene Karl ging darum 879 ebenso leer aus wie bei der Nachfolge seiner früh verstorbenen Halbbrüder Ludwig III. und Karlmann 882 und 884.
    Auf Karl setzte eine westfränkische Adelspartei erst viele Jahre später, Zeugnis für die Relativität von Rechtsansprüchen angesichts politischer Zwänge. Karls Gegner mochten ihm seine "illegitime" Geburt als "Bastard" vorwerfen; spätere Genealogen betonten seine Herkunft aus der Verbindung seines Vaters mit einer "Königin", während die älteren Halbbrüder mit einer sogenannten Königin oder gar einer Konkubine gezeugt worden seien. So entschied die Geschichte schließlich über die Rechtmäßigkeit königlicher Herkunft, die dem Kind im Jahr der Geburt wie auch 884/85 bestritten worden war. Damals lud der westfränkische Adel wegen des "Fehlens" eines eigenen Königskandidaten den ostfränkischen KAROLINGER KARL III. ("DEN DICKEN"), gestorben 888), zur Übernahme der Herrschaft im Westen ein.
    Das fränkische Großreich war so fast vollständig wieder unter einem Kaiser vereint. Seine Regierungszeit legte angesichts äußerer Gefahren und mangelnder Integrationsfähigkeit der zunehmend selbständig werdenden Teile freilich die Grenzen politischer Raumerfassung und effektiver Herrschaft schonungslos bloß. Das wiederholte Versagen des kranken Kaisers bei der Normannenabwehr machte den Zeitgenossen die Notwendigkeit einer Regionalisierung der Reichsverteidigung auf die Fürstentümer deutlich und prägte politische Legitimität um. Zum Königtum schien man nicht mehr allein durch bloße Geburt aus karolingischer Familie berechtigt zu sein, nötig war vielmehr effektives Regierungshandeln.
    Beim endgültigen Zerfall des fränkischen Großreichs 888, ausgelöst durch den "Staatsstreich" des illegitimen ostfränkischen KAROLINGERS ARNULF von Kärnten gegen seinen kaiserlichen Onkel KARL DEN DICKEN 887, erhoben adlige Herren der fränkischen Teilreiche mit Ausnahme O-Frankens Könige aus ihren Reichen, die ihre Tatkraft unter Beweis gestellt hatten und an Macht ihren Standesgenossen wenig überlegen waren. Wie schon 884/85 schien dem westfränkischen Adel der nunmahr 8-jährige Karl 887/88 den Herausforderungen des Königtums nicht gewachsen. Eine solche karolingische Kandidatur wurde ganz offensichtlich nicht diskutiert, wie überhaupt über Karls Schicksal in diesen Jahren der Kindheit nur Unsicheres bekannt ist. So setzte sich im ROBERTINER Odo (888-898) erstmals ein Nicht-KAROLINGER im westfränkischen Reich durch.
    Einen ernsthaften Gegner mochte Odo in Karl nicht erblickt haben, über dessen Verbleib wir 889 endlich sichere Kunde erhalten. Als Odo nämlich im Zuge der Festigung seines Königtums nach Aquitanien reiste, traf er dort Graf Ramnulf II. von Poitiers, an dessen Hof sich Karl aufhielt. Ramnulf schwor seinem neuen König Treue und sicherte ihm zu, dass er von dem Knaben nichts befürchten habe.

    Legitimation der Königswahl

    Das unglückliche Verhalten Odos bei der Normannabwehr, sein Versuch, auf Kosten adliger Interessen die königliche Stellung in Aquitanien auszuweiten, und die gezielte Beförderung seines Bruders Robert führten geistliche und adlige Herren zusammen, die dem robertinischen Königtum feindlich gegenüberstanden. Zu ihnen zählten neben Erzbischof Fulco von Reims die vor allem im NO der Francia begüterten Grafen Heribert und Pippin, selbst aus karolingischer Familie stammend, der ebensfalls mit dem karolingischen Haus verwandte Bischof Anskerik von Paris und die Söhne des Grafen Gauzlin von Maine. Auf einer Reimser Synode wählten sie am 28. Januar 893 den jetzt 13-jährigen Karl zum König. Die Situation war durchaus günstig, der Erhebungsakt sorgfältig inszeniert. Den jungen KAROLINGER setzte man auf den "väterlichen Thron", ein Akt, der Odos Königtum als Usurpation verwarf. Gezielt hatte man dafür den Todestag KARLS DES GROSSEN gewählt, den man fast überall im Frankenreich liturgisch feierte. Seinem gleichnamigen Ururgroßenkel sollte dieser Rückbezug legitimierende Kraft verleihen, und von daher gewinnt die wiederholt zu beobachtende Orientierung an karolingischen Vorbildern durch KARL III. bereits für den Erhebungsakt ihre Bedeutung. Durch Weihe und Krönung unterstrich Erzbischof Fulco von Reims zudem den Reimser Anspruch auf das 888 vom Erzbischof von Sens ausgeübte Recht, den westfränkischen König zu krönen.
    Ebenso rasch, wie der Reimser Oberhirte Anhänger für seinen Kandidaten zu gewinnen suchte, wollte die karolingische Partei die Entscheidung mit den Waffen erzwingen, doch vermochte sich Odo in Aquitanien zu behaupten und im Sommer sogar nach N vorzustossen. Da die kriegerischen Auseinandersetzungen nicht über die Rechtmäßigkeit des Königtums entschieden, propagierte Fulco mit diplomatischem Geschick das karolingische Erbrecht Karls in Briefen an Papst Formosus, an den ostfränkischen KAROLINGER König ARNULF und an den italienischen Kaiser WIDO.
    Odo und Karl erkannten durch wiederholte Hilfegesuche die Schiedsrichterrolle ARNULFS durchaus an und empfingen von ihm gerne bestätigende Zeichen ihrer Macht. Freilich ließ ARNULF, indem er zunächst Karl, dann Odo akzeptierte, letzte Konsequenz vermissen. Das wechselnde Kriegsglück begünstigte zwar Odo, ließ ihn aber nicht zum strahlenden Sieger werden. Die politische Ausweglosigkeit war jedenfalls nicht durch ostfränkische Parteinahmen zu überwinden, die allenfalls als zusätzliche Festigung der Ansprüche auf das Königtum seitens des KAROLINGERS oder des ROBERTINERS ins Feld geführt wurden. Deutlich tritt darum die zunehmende Autonomie des westfränkischen Reiches, seine endgültige Lösung aus dem fränkischen Großreichsverband zutage.
    Immerhin fand Karl in politisch auswegloser Lage Rückhalt im ehemaligen lotharingischen Mittelreich als der karolingischen Stammlandschaft schlechthin, demARNULF im Unterkönigtum seines Sohnes Zwentibolddie Eigenständigkeit bewahrt hatte. Damals kamen erste persönliche Bindungen zu Adelsverbänden zustande, die später für Karls Königtum bedeutsam werden sollten. Aus der Memorialüberlieferung des Klosters Remiremont wissen wir, dass sich dort im Februar 896 Karl III. und Fulco von Reims mit führende Herren anderer fränkischer Reiche trafen, darunter der italienische Kaiser LAMBERT von Spoleto und König Rudolf I. von Hochburgund.
    Doch solche Kontakte vermochten nicht zu vertuschen, dass Karl im westfränkischen Reich nicht über den nötigen Rückhalt verfügte, gegen Odo zunehmend in die Defensive geriet und seine letzten Anhänger mehr und mehr verlor. Um so erstaunlicher mutet ein Abkommen der beiden Rivalen über das Königtum von 897 an, in dem Odos Vorherrschaft zwar akzeptiert, Karl aber ein Landgebiet um Laon und vor allem die Aussicht auf die alleinige Königswürde nach Odos Tod zugewiesen wurde. Zu dieser Zeit besaß Odo keinen männlichen Nachkommen mehr, und sein Bruder, der marchio Robert von Neustrien, durfte sich anscheinend keine Hoffnung auf die Nachfolge im Königtum, wohl aber auf die Erbschaft der reichen robertinischen Güter und Rechte machen.
    Odo hielt sich an diese Abmachung und empfahl seinen Anhängern vor seinem Tod im Januar 898 Karl als König, der seinerseits die bestehende robertinische Macht im Reich akzeptierte. Der 5-jährige Streit um den westfränkischen Thron war damit zugunsten des Schwächeren entschieden, der den Erfolg sogleich zur Erweiterung der traditionsbezogenen Legitimität seiner Herrschaft nutzte.

    Legitimation der "Unordnung"

    Die Durchsetzung eines allgemein akzeptierten karolingischen Königtums in W-Franken konnte nicht über den tiefgreifenden Wandel königlicher Herrschaft hinwegtäuschen. Immer deutlicher trat im Laufe des 9. Jahrhunderts der adlige Anspruch auf Teilhabe an den Regierungsgeschäften hervor, immer klarer wurden die Möglichkeiten der Monarchie, auf alle Regionen des Reiches zuzugreifen, eingeschränkt. Karl III. hatte seine Königswahl einer Adelsgruppierung in N-Frankreich verdankt, und er erkaufte seine unangefochtene Herrschaft seit 898 schließlich mit der Anerkennung der Machtpositionen seines ärgsten Rivalen Robert vor allem in Neustrien, im Gebiet zwischen Seine und Loire. Schon König Odo hatte Roberts Stellung durch einen neuen Titel, den eines marchio (Markgrafen), zum Ausdruck gebracht, und Karl griff diese Würde in seinen Urkunden auf.
    Damit kam zum Ausdruck, dass in den einzelnen Landschaften des westfränkischen Reiches, in Neustrien zuerst, dann in Aquitanien und in Burgund, schließlich seit 911 in Lotharingien, Adlige über ihre gräfliche Standesgruppe hinaus - und in ein besonderes Verhältnis zum König eintraten. Der Herrscher wurde zwar im ganzen Reich von Flandern bis in den Pyrenäenraum formal als oberster Herr anerkannt, blieb aber in seiner wirklichen Herrschaft ganz auf sein Königsgut in der Francia, in N-Frankreich zwischen Loire oder Seine und der Reichsgrenze nach Osten, beschränkt. Den direkten Bezug sowohl zum größeren Teil seines Reiches als auch zur Masse des Adels in den verschiedenen regna des westfränkischen Reiches hatte der König verloren. Er herrschte nur noch in der Francia, nicht mehr in den anderen regna Burgund, Aquitanien, Gothien und Gascogne, zu denen noch die Bretagne, die Normandie und Flandern traten. Diese regna - der Begriff ist nur unvollkommen mit "Königreiche" zu übersetzen - bildeten bis ins hohe Mittelalter die Bausteine des westfränkischen Reiches und führten für Jahrzehnte, bisweilen für Jahrhunderte ein Eigenleben fern monarchischer Einflußnahme.
    Eine solche politische Realität an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert verleitete die ältere Geschichtsschreibung, die mit der Idee vom organisierten Lehnswesen mit festen Hierarchien und königlicher Spitze auf die staatliche Ordnung schaute, zur Feststellung einer "feudalen Anarchie", einer "Unordnung" im Staat auf Grund adliger Eigenexistenz. Wir wissen heute besser, dass gerade die Vielfalt adliger Herrschaft und ihre Akzeptanz durch den König wie auch die Schichtung der adligen Gesellschaft in marchiones (Markgrafen) und deren gräfliche Vasallen die öffentliche Ordnung bewahrten und stabilisierten. Freilich wurde diese Ordnung nicht von einer zentralen Königsgewalt, sondern nur vom Mit- und gelegentlich Gegeneinander königlicher und adliger Herrschaft gewährleistet.
    Karl akzeptierte die ohnehin eingetretene Über- und Unterordnung in der Adelsgesellschaft und brachte das in der Bezeichnung einzelner mächtiger Herrschaftsträger in den regna seines Reiches als marchiones zum Ausdruck, wobei der "Markgrafen"- noch lange mit dem Grafentitel(comes) konkurrierte (Robert von Neustrien, Wilhelm I. von Aquitanien, Richard von Burgund, nach 911 Reginar [Lotharingien]). Doch wird man sich hüten, hier sogleich ein grundlegend neues Verfassungssystem im Sinne eines Dualismus von König und marchiones zu erblicken; dafür sind unsere Quellen zu dürftig. Feststellen können wir allerdings das Bemühen von Königtum und Adel, dem eingetretenen Wandel der politischen Verhältnisse durch neue "Namen" und Verhaltensmuster Rechnung zu tragen.
    Der König hatte den größten Teil des älteren reichen karolingischen Krongutes eingebüßt und blieb auf bescheidene Ländereien in der Francia wie auch seine Herrschaftsrechte über Teile der Kirche beschänkt. Besonders häufig hielt sich Karl in Laon, Compiegne, Attigny, Verberie und Ponthion auf. Aber ihm verblieb sein monarchischer Anspruch als oberster Herr im Reich mit seinen regna und zunächst auch noch die Kraft, die vermeintliche "Unordnung" im Verfassungswandel mitzugestalten und damit zu legitimieren.
    Legitimation der Herrschaft

    Anfang 898 konnte Karl III. auf seinem Reimser Hoftag die allgemeine Anerkennung seines Königtums feiern. Von Odo hatte er dessen Kanzler Heriveus übernommen und damit die Kontinuität der Reichsverwaltung gewährleistet. In der Urkundenausstellung spiegelte sich in besonderem Maß das traditionsbezogene Selbstverständnis des karolingischen Herrschers, der sich in seinen Diplomen wiederholt auf berühmte karolingische Vorfahren wie Pippin, KARL DEM GROSSEN und LUDWIG DEN FROMMEN bezog. Sein Monogramm näherte sich dem KARLS DES GROSSEN und KARLS DES KAHLEN an, seine Regierungsjahre wurden seit 898 nicht nur von der Wahl von 893 an, sondern auch von der Wiedererlangung des allgemeinen Königtums im Januar 898 gezählt.
    Zur Durchsetzung im westfränkischen Reich trat sogleich der Versuch äußerer Expansion. Von seinem Verwandten, dem lotharingischen Grafen Reginar Langhals, gerufen, zog Karl 898 gegen König Zwentibold nach Aachen und Nimwegen, vermochte aber Lotharingien noch nicht unter seine Gewalt zu bringen. Dafür sicherte er seinen Einfluß auf den wichtigsten erzbischöflichen Sitz im westfränkischen Reich, als er nach der Ermordung Fulcos von Reims den Kanzler Heriveus als Nachfolger durchsetzen konnte, der ihm bis zum Tod (922) ergeben bieb. Die unter Heriveus' Vorsitz tagende Provinzialsynode in Trosly formulierte 909 nicht nur Reformideen in der Tradition der westfränkischen Synoden des 9. Jahrhundert, sondern forderte auch den Gehorsam gegenüber dem König, der wiederholt Herrschaftsrechte über Bischofskirchen geltend machte (zum Beispiel beim Streit um die Besetzung des Bistums Lüttich 920/21).
    Über Karls Herrschaft bis 911 ist wenig bekannt. Erst 907 heiratete der letzte westfränkische KAROLINGER-Sproß Frederun, eine Dame aus vornehmen sächsischen Adel (gestorben 10. Februar 916/17; verwandt mit der späteren ostfränkischen Königin Mathilde), die ihrem Mann 6 Töchter zur Welt brachte. Wie die Ereignisse im ostfränkischen Reich beim Tod des letzten KAROLINGERS Ludwig (dem Kind) 911 gezeigt hatten, bedeutete das Fehlen eines Thronfolgers eine ernste Bedrohung für Königtum und Familie; seit 911 war Karl schließlich der einzige verbliebene karolingischeHerrscher. Sprößlinge aus einer Verbindung mit einer Konkubine vermochten die Nachfolge im Königsamt nicht zu gewährleisten, und so mußte das königliche Haus alle Hoffnung auf die zwischen 917 und 919 geschlossene 2. Ehe des etwa 40-jährigen Königs mit der Angelsächsin Eadgifu/Otgiva setzen, der Tochter König Edwards I. von Wessex. Sie brachte 910/21 endlich den ersehnten Thronfolger Ludwig (IV). zur Welt, der seiner Familie nach allerlei Turbulenzen wenigstens noch für drei Generationen den westfränkischen Königsthron sicherte.
    In doppelter Hinsicht bildete das Jahr 911 den Höhepunkt von Karls Herrschaft, auch wenn sowohl die Chronologie als auch die Handlungsmotive der Beteiligten auf Grund der dürftigen Quellenüberlieferung vielfach im dunkeln blieben. Zum einen gelang Robert von Neustrien und Richard von Burgund im Bund mit dem Bischof von Chartres am 20. Juli 911 ein entscheidender Normannensieg, der von der späteren normannischen Tradition zum Wendepunkt der eigenen Volksgeschichte stilisiert wurde. Offenkundig überließ man damals einem normannischen Verband unter seinem Führer Rollo das Gebiet um Rouen und einige Gaue am rechten unteren Lauf der Seine in einem Vertrag auf Dauer, Basis für die Konsolidierung normannischer Siedlung, Christianisierung und Einbindung in den fränkischen Herrschaftsverband. Wie das Bündnis im einzelnen aussah, ob sich Karl mit Rollo traf, wo dies geschah (in St-Clair-sur-Epte?), ob Rollo vom ROBERTINER aus der Taufe gehoben wurde und dafür eine Königstochter als Belohnung erhielt, kann nicht der zeitgenössischen Überlieferung, sondern nur normannischen Traditionen des 11. Jahrhunderts entnommen werden und erfordern darum kritische Zurückhaltung. Unstrittig ist jedenfalls, dass die Abmachungen von 911 Aussichten auf die allmähliche Lösung der drückendsten Bedrohung des westfränkischen Reiches verhießen und dass der zunächst unbeteilgte König die Früchte dauerhafter Bemühungen vor allem seines robertinischen Lehnsmannes erntete.
    Wenig später fiel dem KAROLINGER ein zweites Geschenk zu, als sich ihm - wie schon 898 - Teile des lotharingischen Adels unter Graf Reginar Langhals zuwandten, um ihn als König ins Land zu rufen. Für die Beurteilung der Vorgänge wäre die genaue Kenntnis der Chronologie nötig, doch ist der Ablauf der Ereignisse leider nicht exakt zu rekonstruieren. Zu vermuten bleibe, dass die Adelsaktion zwar in Verbindung mit dem Tod des letzten ostfränkischen KAROLINGER-Königs Ludwig am 24. September 911 stehen könnte, jedoch schon vor der Königswahl des ersten Nicht-KAROLINGERS, KONRADS I., im November 911 in Forchheim stattfand. Der Entschluß wäre darum eher als "Königsverlassung" Ludwigs (des Kindes) denn als starre Orientierung an karolingischer Legitimität in der Opposition zu KONRAD I. zu bewerten, wie er in der älteren Forschung vielfach gesehen wurde; sie bescheinigte dem lotharingischen Adel unbedingte Treue zum karolingischen Haus.
    Karl jedenfalls trat seine lothringische Herrschaft dem Ausweis seiner eigenen Urkunden zufolge zwischen dem 10. Oktober und dem 27. November 911 an und begriff diese Erweiterung als Sieg des karolingischen Erbrechts. Schon in seiner ersten Urkunde für einen lotharingischen Empfänger vom 20. Dezember 911 äußerte sich das neuherrscherliche Selbstbewußtsein eindrucksvoll, wenn fortan zusätzlich zu den Herrschaftsjahren von der Wahl 893 und der Wiedererlangung 898 auch vom Antritt einer vergrößerten Erbschaft (larrgiore vero hereditate indepta) datiert wurde. Wie schon die ersten karolingischen Könige Pippin und KARL DER GROSSE führte Karl III. 911/12 zeitweise den altertümlichen Rangtitel vir inluster oder vir illustris. Traditionsbildend wurde der ebenfalls auf früh-karolingische Vorbilder zurückgehende Entschluß des Königs, sich den offiziellen Titel eines Königs der Franken, rex Francorum, zuzulegen. Obwohl in der Folge bisweilen noch der einfache Königstitel rex begegnet, bildet rex Francorum fortan den offiziellen Titel der westfränkisch-französischen Könige bis in die Neuzeit hinein, seit dem 13. Jahrhundert auch mit roi de France übersetzt. Damit sicherten sich der Westen des ehemaligen Großreichs und seine Herrscher den Anspruch auf die Fortführung und Bewahrung fränkischer Traditionen.
    Es ist umstritten, ob Karl seit Dezember 911 in seiner Intitulatio den Anspruch auf Herrschaft über alle Franken erhob oder ob der Titel Indiz für eine "Regionalisierung" der fränkischen Trdition auf den Raum zwischen Rhein und Loire ist. Für 911 scheint die erste Vermutung wahrscheinlicher, geschichtsmächtig wurde freilich später die Konzentration auf die Francia, jenes Landes zwischen Maas und Loire. Kaum in Lothringen angekommen (1. Januar 912 in Metz), suchte der KAROLINGER auch die Franken im Reich KONRADS I. unter seine Herrschaft zu bringen und in den Bahnen seiner karolingischen Vorfahren zu regieren. Damit hatte er freilich seine Kräfte überspannt und konnte die seit Jahrzehnten eingetretene Sonderung der fränkischen Reiche nicht ünberwinden. Immerhin gelang die Verteidigung der lotharingischen "Erbschaft" 912/13 gegen Feldzüge KONRADS I.
    Dem KAROLINGER war mit Lotharingien eine Landschaft zugefallen, die mit reichem Königsgut (vor allem die Pfalzen in Aachen, Diedenhofen und Herstal) ausgestattet war und fortan gleichberechtigt neben den Aktionsraum der Monarchie in der Francia trat. Die innere Konsolidierung gelang zunächst durch die Anerkennung einer Sonderrolle Reginars als marchio. Zudem griff Karl seit 913 auf die Tradition einer Sonderkanzlei unter Erzbischof Ratbod von Trier als Erzkanzler und Erzkaplan zurück, die zeitweise neben die westfränkische Kanzlei unter Erzbischof Heriveus von Reims trat. Als Reginar und Ratbod 915 starben, wurden Karls Pläne zur Integration seiner Herrschaftsgebiete in Franzien und Lotharingien deutlicher, indem die lotharingische mit der westfränkischen Kanzlei verschmolzen wurde. Beständigen Konfliktstoff gab fortan die Zurücksetzung von Reginars Sohn Giselbert, da dem König an einer Machtkonzentration in der Hand eines lotharingischen Adligen nicht gelegen sein konnte. 919 kam es zum offenen Bruch. Lotharingische Adlige wählten Giselbert zu ihrem Herrscher, ohne dass das regnum allerdings einen eigenständigen Weg zwischen O- und W-Franken gehen konnte. Später, nach Karls Sturz, sollte Giselbert den Anschluß Lotharingiens ans ostfränkische Reich HEINRICHS I. beteiben und dort endlich die Anerkennung als Herzog finden.
    Legitimation in der Krise

    Immerhin gelang bis 919/20 die Konsolidierung, vor allem durch die Abhaltung von Hoftagen, zu denen Karl die bedeutenden Adelsverbände zusammenrufen konnte. 920 machte sich die wachsenden Unzufriedenheit aber auf einem Hoftag in Soissons Luft, als man vom König die Trennung von seinem Vertrauten Hagano forderte. An Rang war er den Fürsten unterlegen, erfuhr aber gleichwohl die besondere Aufmerksamkeit und Förderung des KAROLINGERS. Dieses für die mittelalterliche Standesgesellschaft nicht untypische Ringen um Königsnähe, Einfluß bei Hof und Beachtung von Ritualen des öffentlichen Verkehrs sollte zum Anlaß von Karls Untergang werden. Freilich darf man diesen nicht aus dem bloßen Umgang mit einem "Günstling" deuten, sondern aus Verschiebungen im Miteinander von Königtum und Adel, aus der Behauptung adliger teilhabe an der Königsherrschaft einerseits und andererseits aus den offensiven Versuchen zur Schaffung einer autonomen monarchischen Sphäre bei Hof und im Reich, basierend auf den politischen Erfolgen Karls im zweiten Jahrzehnt des 10. Jahrhunderts.
    Äußere Ereignisse hielten die Entscheidung noch auf. Das Ende von KONRADS I. Königtum in O-Franken 918 und die Wahl des ersten nichtfränkischen Königs, des LIUDOLFINGERS HEINRICH I., 919 suchte Karl erneut für sein Konzept einer Herrschaft über alle Franken zu nutzen. Der Feldzug in den Wormsgau 920 mißlang allerdings vollkommen, eine bis zum 11. November 921 geschlossene Waffenruhe zwang zum Ausgleich mit dem neuen ostfränkischen König. Anfang November kamen die Könige mit illustrem Gefolge bei Bonn am Rhein zusammen, musterten sich von den Flußufern ausgiebig und trafen sich schließlich unter strenger Beachtung protokollarischer Gleichrangigkeit aam 7. November 921 auf einem Boot in der Flußmitte. Der dort ausgehandelte Freundschaftsbund, in einer westfränkischen Kanzleiausfertigung eher schlecht überliefert, gewährt uns wichtige Kunde von den Spielregeln politischer Öffentlichkeit, darüber hinaus aber auch, dass Karl III. das Königtum seines Amtskollegen als (fast?) gleichwertig anerkennen mußte. Dem Vertrag schlossen nämlich die Könige der W- und der O-Franken (rex Francorum orientalium und rex Francorum occidentalium), ein einmaliges Zeugnis dafür, dass der legitimationsbewußte KAROLINGER einen Sachsen an fränkischen Traditionen teilhaben lassen mußte.
    Immerhin hatte Karl im Bonner Vertrag seine O-Grenze gesichert und konnte nun ohne äußere Bedrohung den Kampf mit dem führenden Adel der Francia aufnehmen. Bis zum Sommer 921 hatte sich Robert von Neustrien als getreuer Gefolgsmann des Königs erwiesen, der den ROBERTINER wiederum förderte und schon 914 die geplante Erbfolge von Roberts Sohn Hugo (Magnus) im väterlichen Herrschaftsbereich sanktioniert hatte. Karls Entschluß von 922, seiner eigenen Tante Rothild, einer Tochter Kaiser KARLS DES KAHLEN, die ehrwürdige karolingische Abtei Chelles wegzunehmen, um sie Hagano zu übertragen, kann nicht allein aus der bloßen Absicht zur Förderung des Vertrauten erklärt werden. Rothilds Tochter Judith war nämlich mit Hugo Magnus verheiratet, so dass Rothilds Verlust zum Verlust gegen die ROBERTINER wurde.
    Hugo Magnus nahm im April 922 den Kampf auf und brachte zusammen mit seinem Vater Robert in der Folge einen ansehnlichen Adelsbund gegen den König zusammen, dem neben Roberts Schwiegersohn Rudolf von Burgund auch Graf Heribert II. von Vermandois beitrat. Am 29. Juni 922 erhob die robertinische Partei Robert in Reims zum König. Anfang 923 sicherte sich der neue Herrscher bei einer Zusammenkunft mit dem ostfränkischen König durch einen Freundschaftsbund nach außen, doch wahrte der LIUDOLFINGER in den folgenden Auseinandersetzungen zunächst strikte Neutralität.
    Mehrfach wich Karl der direkten Konfrontation nach Lotharingien aus, suchte schließlich aber am 15. Juni 923 bei Soissons die militärische Entscheidung. In dieser verlustreichen Schlacht kam Robert I. ums Leben, jedoch wurde Karl III. von Hugo Magnus und Heribert II. von Vermandois besiegt und flüchtete sich nach Lotharingien. Der westfränkische Adel wählte schon am 13. Juli 923 in Rudolf von Burgund, dem Schwiegersohn des gefallenen Herrschers, einen neuen König.
    Karls Schicksal war besiegelt, als er einer Einladung Heriberts II. von Vermandois nach St-Quentin zu vermeintlichen Bündnisverhandlungen folgte und, von seinem früheren Lehnsmann verräterisch in Haft genommen, in Chateau-Thierry eingekerkert wurde. Dass Heribert perfide handelte, betonen alle Quellen, doch nützt solche Sympathie dem gefangenen KAROLINGER ebenso wenig wie jene Urkunde fern seiner eigentlichen Stammlande in S-Frankreich, die die Gefangenschaft des Königs und den Verrat des Adels in den Datumszeilen erwähnen. Wenigstens konnte sich Karls Gemahlin Eadgifu mit dem kleinen Thronfolger Ludwig in den Wirren zu ihrer Familie nach Wessex retten, wo sie am Hof des Bruders, König Aethelstan (924-939), verblieb. Zunächst spielte der verbliebene junge KAROLINGER Ludwig bei den Verhandlungen über den Königsthron ebenso wie sein Vater Jahrzehnte zuvor keine Rolle.
    Wie tief Karl durch die Einkerkerung gesunken war, erwies sich in einer Episode 927/ 28, als Graf Heribert II. bei Auseinandersetzungen mit König Rudolf von Burgund den KAROLINGER kurzzeitig in Freiheit ließ, ihm huldigte, ein Bündnis mit den Normannen zustande brachte und den "König" nach Reims führte. Nachdem Heribert aber den karolingischen Hauptort Laon von Rudolf erlangt und sich mit dem König wieder ausgesöhnt hatte, wurde Karl III. ein zweites Mal in Peronne eingekerkert, dieses Mal endgültig. Am 7. Oktober 929 ist er gestorben und wurde dort in St-Fursy/Peronne bestattet.
    Nachgeborene bezeichneten Karl als "einfältig" (simplex), was sowohl positiv im Sinne der Lauterkeit (Richer von Reims) als auch negativ als Dummheit (Thietmar von Merseburg) gewertet werden konnte. Sein Herrschaft wird man freilich nicht allein aus dem Scheitern beurteilen dürfen. Sie offenbart den Versuch, bei gewandelten Verfassungsverhältnissen die Idee des karolingischen Königtums zu bewahren und sich die Exklusivität fränkischer Tradition zu sichern. Zumindest die Kontinuität des fränkisch-französischen Reichs- und Herrschaftsbewußtseins ist zu einem guten Teil der Herrschaft Karls III. zu danken, der seinen Amtsnachfolgern den offiziellen Königstitel rex Francorum, König der Franken und später der Franzosen, weitergab.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Nach dem Tode König Karlmanns griffen die Großen des W-Reiches nicht auf den kleinen Karl, Ludwigs des Stammlers Sohn von Adelheid zurück, der sich mit seiner Mutter damals oder wenig später in der Obhut des Grafen Ramnulf II. von Poitiers befand; gegen ihn sprach wohl nicht nur, dass man ihn nach der Anerkennung seiner verstorbenen Stiefbrüder als illegitim betrachten mußte, sondern auch, dass die Entscheidung für ein 5-jähriges Kind eine vormundschaftliche Regierung von solcher Dauer erfordert hätte, wie sie in der karolingischen Geschichte bis dahin stets vermieden worden war.
    Karl mit dem späteren, an sich positiv gemeinten Beinamen "der Einfältige" wurde auf Betreiben des Erzbischofs Fulco von Reims und des Grafen Heribert von Soissons und Meaux am 28.1.893, also am Jahrestag von KARLS DES GROSSEN Tod, in Reims feierlich gekrönt und fand als (Gegen-)König auf Anhieb starke Resonanz, die bis ins westfränkische Burgund und nach Aquitanien reichte, aber nicht von Dauer war. Er traf im Mai 894 in Worms mit König ARNULF zusammen, wo dieser den Vetter (zweiten Grades) als Lehnsmann annahm und seine politischen Ziele zu unterstützen versprach. Doch ließ er bald davon ab, als Karl nach seiner Rückkehr gegen den wieder erstarkenden Odo weiter rapide an Boden verlor und aus der Francia ins westliche Burgund ausweichen mußte. Darauf erneuerte ARNULF im Mai 895 in Worms das Bündnis mit Odo.
    Im Sommer 895 griff Zwentibold von Lothringen zu seinen Gunsten in W-Franken ein, so dass es 897 durch die tätige Vermittlung Fulcos von Reims zu einem Ausgleich zwischen Odo und Karl dem Einfältigen kam: Der siegreiche ROBERTINER, der ohne legitime Erben geblieben war, einigte sich mit dem unterlegenen KAROLINGER auf gegenseitige Anerkennung ihres Königtums, gestand ihm ein beschränktes Hoheitsgebiet (wohl um Laon) und nach seinem Tode die Anwartschaft auf das ganze W-Reich (vor dem eigenen Bruder Robert) zu, ließ sich dafür aber die beträchtlichen Machtpositionen seiner Familie von dem bisherigen Rivalen garantieren. Nach dem Tode König Odos am 1.1.898 folgte ihm Karl reibungslos.
    Im Unterschied zu Ludwig dem Kind war Karl der Einfältige, als er im Januar 898 nach Odos Tod auf einer Reichsversammlung in Reims sein unangefochtenes Königtum in W-Franken antrat, immerhin ein 18-jähriger und die folgenden zweieinhalb Jahrzehnte hindurch Herr seiner politischen Entschlüsse, aber auch er hatte sich von vornherein schweren Hypotheken zu beugen, die seine Entfaltung hemmten und an denen er trotz zeitweiliger Erfolge schließlich gescheitert ist. Robert, der Bruder des verstorbenen Königs, ließ ihm ja nur deshalb den Vortritt, weil er gemäß früherer Absprache darauf bauen durften, nicht bloß den Hausbesitz seiner Vorfahren, sondern auch die Gesamtheit der von Odo übertragenen Hoheitsrechte in Neustrien und im Pariser Becken und sogar die dortigen Pfalzen, Fiskalgüter und Reichsabteien zu behalten. Diese Mediatisierung aller königlichen Rechte in Neustrien, die Karl sogar Saint-Denis entzog, verschob die Gewichte zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN entscheidend. Sie fand ihren förmlichen Ausdruck in Roberts Bezeichnung als marchio und ging in der Sache weiter als die Machtkonzentration in den Händen des zeitgleichen duces in O-Franken, weil sie in etwa flächendeckenden Charakter annahm und neben den Grafschaften auch die Bischofssitze dem König entwand. Sie war zudem durchaus nichts Einmaliges, sondern holte nun auf fränkischem Boden nach, was sich schon länger im aquitanischen Süden abgezeichnet hatte.
    Selbst im engeren Bereich der östlichen Francia zwischen Seine und Maas, der dem wiederbelebten karolingischen Königtum allein noch verblieb, gab es fühlbare Konkurrenz durch die aufsteigende Macht des Grafen Balduin II. von Flandern (+ 918), der 900 ungestraft die Ermordung des Erzbischofs Fulco von Reims, Karls Erzkanzler, ins Werk setzte, und durch den Grafen Heribert I. von Vermandois, der in der Champagne seine Herrschaft ausbreitete, bis er vor 907 ebenfalls Balduins Nachstellungen zum Opfer fiel. Inmitten dieser regionalen Gebieter, die ihm alle durch formellen Lehnseid unterstellt, tatsächlich aber mit ihren Vasallenaufgeboten überlegen waren, blieb Karl nichts anderes übrig, als die großen Lehnsfürstentümer (Prinzipate) zu respektieren, behutsam ihre Rivalitäten zu steuern und sich selber wenigstens einen Kernbereich unmittelbarer Autorität im Raum um Reims und Laon zu erhalten, wobei die Erzbischöfe von Reims seine wichtigsten Partner wurden. An ein aktives Bemühen um Lotharingien, wo er gleich 898 auf Reginars Seite eingegriffen hatte, konnte Karl jahrelang nicht denken, doch dürfte seine 907 geschlossene Ehe mit der vornehmen Sächsin Frederun, vielleicht aus der Familie der späteren Königin Mathilde, ein fortwährendes Interesse am O-Reich und eine Aversion gegen die in Lotharingien damals waltenden KONRADINER anzeigen. Da Frederun bis 917 nacheinander sechs Töchter zur Welt brachte, war sie indes nicht imstande, Karls Getreuen neue Zuversicht in die herrschaftliche Zukunft der alten stirps regia zu vermitteln.
    Erst 911 kam Karls Politik in ein neues Fahrwasser. Im Verhältnis zu den Normannen, die in W-Franken nicht mehr mit der Wucht früherer Jahrzehnte, aber doch weiterhin Raubzüge unternahmen und dabei nun von den marchiones und sonstigen Magnaten, so gut es ging, in die Schranken gewiesen wurden, trat eine Wende zum besseren ein, als nach dem Scheitern ihrer Belagerung von Chartres eine starke Gruppe unter Führung Rollos dazu gebracht werden konnte, das Christentum anzunehmen und eine Niederlassung an der unteren Seine als Grafschaft Rouen zum Schutz des reiches legalisieren zu lassen. Karl der Einfältige, an den vorherigen, von Robert von Neustrien und Richard von Burgund angeführten Kämpfen offenbar unbeteiligt, trat in Erscheinung, als es etwa im September 911, vielleicht in Saint-Clair-sur-Epte, darum ging, diese Vereinbarung förmlich abzuschließen und Rollo mit dem Gebiet zu belehnen, aus dem die spätere Normandie hervorgegangen ist. Damals dürften bereits die Umwälzungen absehbar gewesen sein, die sich kurz darauf ergaben, denn noch vor dem Tod des ostfränkischen Königs Ludwig am 24.9., dem die Bestattung in Regensburg folgte, hatten sich "die Führer der Lotharingier", einer einzelnen, vielerörterten Annalennotiz zufolge, von dem glücklosen jungen Herrscher "getrennt". Ob diese Entscheidung, hinter der fraglos der 911 wieder in den Vordergrund getretene Reginar stand, unmittelbar die Hinwendung zum einzigen anderen KAROLINGER, dem westfränkischen König Karl, einschloß, weiß man nicht, aber jedenfalls bot sich ein solcher Schritt an, als nach dem Hinscheiden des erbenlosen, nur 18 Jahre alt gewordenen Ludwigfeststand, dass die ostfränkische Linie Ludwigs des Deutschen erloschen war, und die führenden Männer seiner Umgebung sich daran machten, ihr Regiment auch ohne einen KAROLINGER fortzuführen, indem sie den Mächtigsten der Ihren zum Nachfolger erkoren. Wenige Tage bevor in Forchheim KONRAD DER JÜNGERE, das Haupt der KONRADINER, von "Franken, Sachsen, Alemannen und Bayern" zum 1. nicht-karolingischen König O-Frankens gewählt und anschließend gesalbt worden ist, trat Karl der Einfältige am 1.11.911 die Herrschaft über die Heimat seiner frühesten Vorfahren an.
    Karl der Einfältige fühlte sich bereits am 20.12.911 in der ersten nach KONRADS Wahl ausgestellten Urkunde veranlaßt, neben der zusätzlichen Jahreszählung "seit dem Erwerb des vergrößerten Erbes" auch die Selbstbezeichnung rex Francorum anstelle des bis dahin gebräuchlichen Königstitels ohne Bereichsangabe einzuführen. Die betonte "Gleichsetzung von fränkisch und karolingisch" (J. Ehlers) sollte nach außen wie nach innen wirken und dem fortan alleinigen Herrscher aus KARLS Geblüt einiges wettzumachen helfen, was ihm an realen Machtmitteln abging. In der Tat gelang es ihm 912 und 913, dreimalige Vorstöße KONRADS I. zur Rückgewinnung des regnum Lotharii abzuweisen, ohne dass sich im Lande eine "konradinische Partei" geregt hätte. Karl nahm nun sogar bevorzugt in Metz und Diedenhofen, in Herstal und Aachen Aufenthalt, ließ seinen Verbündeten Reginar, reich mit Kirchenbesitz ausgestattet, wie die Gebieter über Neustrien, Aquitanien und Burgund als marchio gelten, faßte aber doch bald immer deutlicher ins Auge, Lotharingien zur Erweiterung seiner schmalen Machtbasis in W-Franken zu nutzen. So erlosch nach dem Tod Erzbischofs Radbods von Trier (915) allmählich die gesonderte lotharingische Königskanzlei, die auf Zwentibolds Zeit zurückging, und als im selben Jahr auch Reginar starb, verweigerte Karl dessen Sohn Giselbert die Vorrangstellung des Vaters. Exponent dieser neuen, selbstbewußten Politik scheint der seit 916 in der Umgebung des Königs zunehmend genannte Hagano gewesen zu sein, ein lotharingischer Getreuer von angeblich geringer Herkunft, dessen Aufstieg zum Grafen und zum maßgeblichen Berater Karls den Ärger der bis dahin führenden Kreise vornehmlich in W-Franken weckte.
    Karl der Einfältige mag sich 918/19 bereits auf dem Wege zu einer Hegemonie über die nicht-karolingischen Könige gesehen haben, zumal angesichts der schweren Krise, in die die ostfränkische Monarchie durch den fehlgeschlagenen Versuch KONRADS I. (+ 918) geraten war, sich in karolingischer Manier die Mittelgewalten botmäßig zu machen und zu halten. Gleichwohl agierte auch Karl jederzeit auf schwankendem Grund, nicht bloß weil er immer noch ohne Sohn war und darum Freund und Feind als der letzte KAROLINGER erscheinen mußte, nach dessen Ende auch im Westen über das Königtum neu zu verfügen sein würde. Er beeilte sich, nach dem Tod seiner sächsischen Gemahlin Frederun (917) eine neue Ehe einzugehen, wobei sich seine Wahl wiederum nicht am westfränkischen Hochadel orientierte, sondern erstmals in der karolingischen Familiengeschichte auf eine Ausländerin fiel: Eadgifu, die Tochter des angelsächsischen Königs Eduards des Älteren von Wessex. Im Verhältnis zu den eigenen marchiones und sonstigen Großvasallen, unter denen um 920 eine neue Generation nach vorne drängte, hatte Karl ohnehin die für sein politisches Überleben entscheidende Balance früherer Jahre verloren, wie schlagartig zutage trat, als 919 sein Aufruf zur Heerfolge gegen die bis nach W-Franken vorgedrungenen Ungarn nahezu ungehört verhallte. In Lotharingien wurde seine Lage dadurch erschwert, dass östlich des Rheins durch die Wahl des liudolfingischen Sachsen-Herzogs Heinrich, des Sohnes Ottos des Erlauchten, zum König der "Franken und Sachsen" im Mai 919 eine ganz neue Konstellation eingetreten war, die auf die Großen an Maas und Mosel einladender wirkte als das konradinische Regiment der Vergangenheit. Während sich Giselbert nun völlig mit Karl dem Einfältigen überwarf, traten, wie berichtet wird, "fast alle" Großen W-Frankens mit Robert von Neustrien an der Spitze Anfang 920 in Soissons ihrem König gegenüber, seinen Günstling Hagano zu entlassen, das heißt seine resolute Politik der letzten Jahre aufzugeben, und als er dies verweigerte, sagten sie ihm die Treue auf. Der drohenden Beugehaft seiner Magnaten entging Karl nur, indem er sich für 7 Monate in den Schutz des ihm noch ergebenen Erzbischofs Heriveus von Reims begab. Diese Zeit nutzte Giselbert, um sich von seinem lotharingischen Anhang "unter Abkehr von König Karl" zum princeps, also wohl einem Herrscher aus eigenem Recht, proklamieren zu lassen.
    Gegen die kaum verhüllte Absetzung hat sich Karl der Einfältige noch einmal energisch aufgebäumt. Als ihm die Unterhandlungen des Erzbischofs Heriveus zu erneuter Anerkennung oder besser Duldung verholfen hatte, wandte er sich zunächst gegen Giselbert, beendete dessen Sezession und setzte auch in der Machtprobe um die Neubesetzung des Lütticher Bischofsstuhls den eigenen Kandidaten gegen den von Giselbert bestimmten und bereits vom Kölner Erzbischof Hermann auf Druck König HEINRICHS I. geweihten Rivalen durch, wobei er sogar den Papst zu seinen Gunsten einschaltete. Um sich auch bei dem sächsischen König, dem augenscheinlichen Schutzherrn Giselberts, Geltung zu verschaffen, drang Karl im September 920 mit Heeresmacht in die Gegend von Worms vor, mußte aber vor der dortigen Gegenwehr zurückweichen. Mit HEINRICH I. konnte er 921 einen befristeten Waffenstillstand vereinbaren, und kurz vor dessen Ende traf er ihn am 7.11. bei Bonn, um auf einem mitten im Rhein verankerten Schiff einen Freundschaftsvertrag abzuschließen. Schon durch die Wahl des Ortes kam zum Ausdruck, dass Karl die Anerkennung der Rheingrenze, also der Zugehörigkeit Lotharingiens zu seiner Machtsphäre, erreichte, während HEINRICHS Erfolg in der expliziten Gleichrangigkeit der Partner bestand, also in der Respektierung seines erst zwei Jahre alten, noch keineswegs überalls im Reiche KONRADS I. durchgesetzten "fränkischen Königtums" durch den Erben des KAROLINGER-Geschlechts.
    Nach dieser vermeintlichen Sicherung des regnum Lotharii gedachte Karl der Einfältige, überdies gestärkt durch die Geburt des langersehnten Stammhalters (vor September 921), der nach dem Großvater Ludwig benannt wurde, 922 unbeirrt auch in W-Franken wieder die Zügel in die Hand zu bekommen. Über den Versuch, die Königsabtei Chelles seiner Tante Rothild zu entziehen, um sie Hagano geben zu können, kam es endgültig zum Eklat: Hugo, der Sohn Roberts von Neustrien, soll es gewesen sein, der die Truppen der erbosten Großvasallen, darunter nun auch des Erzbischofs von Reims, sammelte und Karl nach Lothringen abdrängte, so dass am 30.6.922 Robert, der Bruder Odos, in Reims zum (Gegen-)König erhoben werden konnte. Anders als 888 erfolgte der zweite Griff der ROBERTINERnach der Krone W-Frankens in offener Konfrontation mit einem KAROLINGER und ging unmittelbar in eine bewaffnete Auseinandersetzung von einjähriger Dauer über, bei der sich Karl der Einfältige hauptsächlich auf lotharingische Gefolgsleute stützte. Robert I. sicherte sich durch einen Freundschaftspakt, den HEINRICH I. Anfang 923 nahe der Ruhrmündung unbedenklich auch mit ihm nach dem Muster des Bonner Vertrages schloß. In der Schlacht der beiden westfränkischen Könige am 15.6.923 fand Robert den Tod, doch sein Sohn Hugo erstritt zusammen mit Graf Heribert II. von Vermandois den Sieg, indem er Karl und sein Heer in die Flucht schlug. Dennoch fiel das Königtum nicht ihm zu, dem Erben der ausgedehnten ROBERTINER-Macht (deren Übernahme ihm übrigens schon vor 914 von Karl zugesichert worden war), sondern in bewußter Abkehr vom Geblütsgedanken Rudolf, dem Sohn und Nachfolger Richards (+ 921) als marchio in Burgund, der zugleich Schwiegersohn des gefallenen Robert war. Er wurde in einem abermaligen Dynastiewechsel (zu den BOSONIDEN) am 13.7. in Soissons zum König gewählt und gesalbt. Zu neuen Kämpfen kam es nicht mehr, denn der geschlagene Karl der Einfältige ließ sich schon wenige Wochen später durch ein Täuschungsmanöver Heriberts von Vermandois überlisten und wurde dessen Gefangener, während die Königin Eadgifu mit ihrem kleinen Sohn zum Bruder Athelstan von Wessex in die englische Heimat floh.
    Heribert lieferte seine Beute nicht an den neuen König Rudolf aus, sondern hielt den gestürzten KAROLINGER, für den sich in den Quellen der Zeit kaum Mitleid regt, zunächst in Chateau-Thierry, dann in Peronne in eigenem Gewahrsam, um ihn als politisches Faustpfand zu gebrauchen. 925 erzwang er die Wahl seines 5-jährigen Sohnes Hugo zum Erzbischof von Reims und seine eigene Einsetzung zum Verwalter des Reimser Kirchenbesitzes, und als ihm 927 Rudolf die wertvolle Grafschaft Laon zu verweigern wagte, holte Heribert Karl den Einfältigen aus der Haft hervor und erkannte ihn im Bunde mit den Normannen unter Rollos Sohn Wilhelm I. als rechtmäßigen König an, ohne ihm indes seine Bewegungsfreiheit zurückzugeben. Es soll sogar zu einer Begegnung beider Könige in Reims gekommen sein, bei der Karl die Pfalz Arttigny als eine Art Abfindung zugestanden wurde, doch nachdem Heribert 929 seinen Willen auch in Laon bekommen hatte, scheint davon keine Rede mehr gewesen zu sein. Jedenfalls ist klar bezeugt, dass Karl am 7.10.919 in Peronne, am Ort seiner Gefangenschaft, gestorben und dort auch bestattet ist. Das triste Ende markiert bis zur äußersten Konsequenz die Vergeblichkeit des Versuchs, allein mit dem karolingischen Namen noch einmal eine wirksame Zentralgewalt gegen die Großen zu etablieren, darf aber nicht darüber täuschen, dass Karl der Einfältige gerade im Wechselspiel mit den Gegenkräften, deren er nicht mehr Herr wurde, den geschichtlichen Weg des werdenden Frankreich wesentlich bestimmt hat.



    Schwager Helmut: Seite 67-96, „Graf Heribert II. von Soissons.“

    a) Der Karolinger König Karl III. der Einfältige (893/98-923)

    Die Beziehungen Heriberts II. zu dem westfränkischen König, der in der ersten Hälfte der heribertinischen Herrschaft, das heißt den mindestens 15 Jahren von 900/06 bis 921, das Reich regierte, nämlich dem KAROLINGER Karl III. dem Einfältigen, sind für diese Zeit bis heute weitgehend im Dunkel der Geschichte geschrieben! Der schon mehrfach beklagte bedauerliche Mangel an erzählenden Quellen sowie Urkunden aus dieser Zeit läßt uns praktisch nur Raum für Spekulationen! Als frühestes Zeugnis sowohl der Existenz Graf Heriberts II. als auch seiner Erwähnung im Zusammenhang mit dem westfränkischen König kann erst die Urkunde Karls III. vom 6. November 907 angesehen werden, in der der KAROLINGER die Schenkung eines gewissen Odilo aus Brugny in der Grafschaft Omois für das Kloster Saint-Medard bei Soissons bestätigte. Dabei wurde ein "comes Heribertus" als Abt von Saint-Medard genannt, wobei es sich hier - betrachtet man die Jahreszahl - meines Erachtens eindeutig um Graf Heribert II. handeln muß, der die Abtei von seinem ermordeten Vater Graf Heribert I. geerbt hatte. Jedoch dürfte dies kaum etwas konkret über die heribertinisch-karolingischen Beziehungen aussagen, da der HERIBERTINER in dieser Urkunde anscheinend lediglich als zuständiger Graf von Omois und Laien-Abt von Saint-Medard erwähnt wurde. Viel wichtiger erscheint mir, dass um diese Zeit, ca. 907/10, Graf Heribert II. die ROBERTINERIN NN (+ nach 931), eine Tochter Markgraf Roberts von Neustrien, heiratete. Diese Ehe des HERIBERTINERS bedeutete aber eine politische Option für die ROBERTINER, die schon damals wiederholt mit dem karolingischen König zerstritten waren. Daher erstaunt es nicht, wenn von freundschaftlichen Kontakten zwischen dem König und dem HERIBERTINER in den folgenden Jahren nicht die Rede ist. Zwar erschien Graf Heribert II. in einer Urkunde König Karls III. vom 14. März 918 für die Abtei Saint-Germain-des-Pres, die auf Veranlassung Markgraf Roberts von Neustrien ausgestellt wurde. Doch figurierten Roberts heribertinischer Schwiegersohn und Bischof Abbo von Soissons (+ 937) hierbei als Zeugen in der Grafschaft des ROBERTINERS!
    Als schließlich Anfang des Jahres 920 der langerwartete Krieg zwischen König Karl III. und der westfränkischen Aristokratie, die sich an der überragenden Stellung des lothringischen Emporkömmlings Hagano ( + nach 922) bei Hofe stieß, losbrach, befand sich Graf Heribert II. natürlich im Lager des westfränkischen Hochadels an der Seite Markgraf Roberts! Der bedrängte westfränkische König geriet kurzfristig sogar in Gefangenschaft seiner Großen, aus der ihn nur der Einsatz des Erzbischofs Heriveus von Reims (+ 922) rettete, der ihn 7 Monate lang in seiner Bischofsstadt Reims beherbergte. Währenddessen tobten in der engeren Francia die Kämpfe beider Parteien, wobei angeblich Graf Heribert II. das Kloster Corbie geplündert haben soll; erst nach langen Verhandlungen führte der Reimser Erzbischof ein "Versöhnung" beider Gruppen herbei, die jedoch brüchig blieb.
    Dies zeigte sich bereits im Jahr 922, als der westfränkische Adel, nachdem König Karl III. am 17. März 922 den königlichen Kanzler Gauzlin (+ 962) zum Bischof von Tours gemacht und das vakante Kanzleramt an den lothringischen Kleriker Hagano, wahrscheinlich einen Verwandten seines Günstlings Hagano, gegeben hatte, erneut unruhig wurde.
    Die Konfiskation des karolingischen Hausklosters Chelles bei Paris durch den westfränkischen König nach dem 21. April 922 ( = Ostern), der die Abtei seiner Tante Rothilde (+ 928) [Rothilde war die Tochter Kaiser KARLS II. DES KAHLEN und der Kaiserin Richilde (+ 910/14) sowie Gattin Graf Rotgers I. von Maine (+ vor 900), von dem sie die Tochter NN (+ vor 926) hatte, welche Graf Hugo der Große ehelichte.], der Schwiegermutter des ROBERTINERS Graf Hugo, nahm und sie an Graf Hagano übergab, löste erneut einen verheerenden Aufstand aus!
    Die Großen Franziens verschworen sich mit den ROBERTINERN an der Spitze, wobei sie den Sturz Graf Haganos verlangten. An diesem gefährlichen Aufstand beteiligten sich neben den ROBERTINERN auch Roberts Schwiegersohn Herzog Rudolf von Burgund und dessen Bruder Graf Hugo der Schwarze von Varais (+ 952), ja offensichtlich selbst der bereits damals todkranke Erzbischof Herveus von Reims, wie später die feindselige Reaktion des KAROLINGERS gegen Reimser Kirchengut zeigen sollte. Eigenartigerweise ist hierbei von Roberts zweitem Schwiegersohn Graf Heribert II. nirgends die Rede. Stattdessen meldet der Reimser Geschichtsschreiber Flodoard (+ 966) überraschenderweise, dass sich der HERIBERTINER mit König Karl III. und dessen Günstling Hagano in Laon an der Aisne befunden hätte, von wo aus aus sie im April 922 beim Anmarsch der aufständischen Großen gemeinsam über die Maas nach Lothringen geflohen wären, um dort neue Truppen auszuheben. Dieses Verhalten Graf Heriberts II. widerspricht nun aber meines Erachtens vollständig seiner Politik sowohl vor dem Jahre 922 als auch danach, und so könnte man Zweifel an dieser Nachricht hegen, noch dazu, nachdem Flodoard die einzige Quelle hierfür ist! Andererseits ist der Reimser Kleriker die zuverlässigste Quelle für die Geschichte des W-Fränkischen Reiches im 10. Jahrhundert, und zudem spricht das Verhalten König Karls III. im Jahre 923, als sich der KAROLINGER bedenkenlos zu einer Unterredung mit Graf Heribert II., der ihm einen Seitenwechsel angedeutet hatte, bereitfand, dafür, dass vorher zumindest zeitweise schon bessere Beziehungen zwischen beiden Fürsten bestanden haben müssen! So ist anzunehmen, dass der HERIBERTINER die Auseinandersetzung nach dem Osterfest 922 entweder für eine rein karolingisch-robertinische "Familien"-Angelegenheit gehalten hat, in die er sich zunächst nicht einmischte, oder wahrscheinlicher, dass ein heribertinisch-robertinischer Zwist aus Rivalitätsgründen den Grafen kurzfristig an die Seite des Königs gebracht hat. Jedenfalls fielen der KAROLINGER und seine Anhänger - darunter Graf Heribert II. und Graf Theoderich I. von Holland (+ ca. 940) - mit einem neuen lothringischen Heer in die Güter der Reimser Kirche ein und brannten sie nieder; schließlich eroberten sie die Burg Omont südlich von Mezieres. Plünderungen und Brandschatzungen beider Seiten verwüsteten nun das Remois, Laonnais und Soissonnais. Kurz nach dem 31. Mai 922 tauchten die Lothringer schließlich an der Marne auf, wobei Epernay von den Leuten Graf Haganos geplündert wurde. Das königliche Heer lagerte nahe der Stadt Tours-sur-Marne, oberhalb von Epernay, während die aufständischen Großen unter Führung Markgraf Roberts von Neustrien und Herzog Rudolfs von Burgund drei Meilen vom königlichen Lager entfernt unterhalb von Epernay ihr Lager augschlugen. Eine Woche lang wurde dann in Abwesenheit des Königs und Graf Hagano verhandelt. Auf Seiten des KAROLINGERS standen damals noch sein gewesener Schwager Bischof Bovo II. von Chalons-sur-Marne (+ 947), der Erzkanzler Erzbischof Rotger von Trier, Bischof Stephan von Cambrai (+ 934), Bischof Balderich von Utrecht (+ 977); unter den weltlichen Großen dürften sich noch Graf Heribert II., Graf Theoderich I. von Holland, Graf Erchanger von Boulogne, Graf Walcher von Friesland, Graf Isaak von Cambrai (+ 947), Graf Adalhelm von Artois (+ 932) und der brabantische Graf Rudolf von Gouy (+ 926) befunden haben.
    Nach dem Scheitern der Verhandlungen griff König Karl III. am 9. Juni 922, einem Pfingstsonntag, die Stadt Reims an, wurde aber zurückgeschlagen.
    Da traf die Nachricht vom Verlust der wichtigen karolingischen Feste Laon ein - Graf Hagano verlor dabei seinen Bruder und seine Schätze -, worauf beide Parteien ihre Heere dorthin verlagerten. Hier begann aber ein Teil der Lothringer den KAROLINGER zu verlassen, so dass sich König Karl III. immer weiter vor den nachstoßenden westfränkischen Großen zurückziehen mußte. Beim Flüßchen Ailette in der Grafschaft Laon wechselten Mitte Juni 922 erneut viele Große, darunter anscheinend auch Graf Heribert II., ins Lager Markgraf Roberts. So blieb dem westfränkischen König zuletzt nichts anderes übrig, als mit seinem getreuen Grafen Hagano zum zweitenmal über die Maas zu ziehen, wahrscheinlich zu seinem Anhänger, dem MATFRIDINGER Bischof Richer von Lüttich (920-945); jedenfalls hielt er sich am 15. Juni im holländischen Bladel auf. Diese Abwesenheit des KAROLINGERS in Lothringen benutzten nun die westfränkischen Aristokraten zum entscheidenden Schlag gegen ihn: Am 29./30. Juni 922 wählten die Großen der Francia und der Burgundia, darunter auch Graf Heribert II., den ROBERTINER Markgraf Robert von Neustrien im Kloster Saint-Remi bei Reims zum westfränkischen König, was eine Herrscherverlassung gegenüber dem KAROLINGER bedeutete. Drei Tage später, am 2. Juli 922, starb der schwerkranke Erzbischof Heriveus von Reims, dessen Nachfolger Seulf (+ 925) durch König Robert I. (922/23) bestimmt wurde, wodurch nun auch das Erzbistum Reims dem KAROLINGER endgültig verlorenging. Ende des 922 zeichnete sich somit bereits ein deutliches Übergewicht der aufständischen westfränkischen Adligen ab, zu denne der skrupellose Pragmatiker Graf Heribert II. noch rechtzeitig gefunden hatte.
    Doch Anfang des Jahres 923 stellte der abgesetzte KAROLINGER in Lothringen ein neues Heer auf, worunter sich erneut Graf Theoderich I. von Holland befand. Unter Bruch eines bestehenden Waffenstillstandes fiel König Karl III., von Lüttich durch den Haspengau eilend und die Maas überschreitend, in die Francia ein und marschierte über Attigny gegen Soissons, wo sich Graf Heribert II. und König Robert I. aufhielten. Am 15. Juni 923, einen Sonntag, überschritten die Lothringer die Aisne und griffen die W-Franken überraschend an, woraus sich in der Nähe des heribertinischen Klosters Saint-Medard bei Soissons die Entscheidungsschlacht entwickelte. Nach schweren Verlusten auf beiden Seiten fiel König Robert I., angeblich durch den Standardenträger des KAROLINGERS Graf Fulbert getötet. Ein Sieg König Karls III. schien damit erstmalig möglich, als ein Entsatzheer der westfränkischen Aufrührer unter dem Kommando Graf Heriberts II. und Graf Hugos des Großen, Sohn des getöteten Königs Robert I., auftauchte und die Lothringer in die Flucht schlug! Damit war der KAROLINGER von seinen westfränkischen Vasallen besiegt worden; trotz des Todes König Roberts I. blieben sie nämlich im Aufstand, und Versuche des nun truppenlosen Karls III., sie wiederzugewinnen, so vor allem Graf Heribert II. und Erzbischof Seulf von Reims, schlugen fehl. Daraufhin rief der verzweifelte KAROLINGER die Normannen zu Hilfe; doch blieben Graf Rollo von Rouen und seine Seine-Normannen neutral, lediglich die Loire-Normannen unter ihrem Seekönig Rögnwald/Ragnold (+ 925/30) waren sofort bereit zu kämpfen. Als jedoch die westfränkischen Kronvasallen die Oise blockierten, mußte sich der total isolierte König Karl III. zum drittenmal hinter die Maas nach Lothringen zurückziehen. Diese Abwesenheit benützten aber wiederum die westfränkischen Großen, um sich unter Mitwirkung Graf Heriberts II. und Markgraf Hugos von Neustrien am 13. Juli 923 in Saint-Medard zu Soissons in dem BOSONIDEN Herzog Rudolf von Burgund (923-936) einen neuen König zu geben. Allerdings war seine Wahl offensichtlich das Werk einer Minderheit, was an der Tatsache erkennbar ist, daß in der Francia die Herzogtümer Normandie und Bretagne, in der Aquitania das Herzogtum Aquitanien, die Grafschaft Poitou und die Spanische Mark König Karl III. treu blieben, doch ohne ihn tatsächlich mit Waffengewalt zu unterstützen. Überhaupt führte diese politische Situation des Jahres 923 zu einer wachsenden Autonomie der westfränkischen Aristokraten, die sich ihre Parteinahme von beiden Königen teuer bezahen ließen. Dennoch war es von beiden der truppenlose König Karl III., der im August 923 praktisch am Ende war, vor allem nachdem sein verzweifelter Versuch, vom ostfränkisch-deutschen König HEINRICH I. (919-936) Hilfe zu erhalten, nur mit nichtssagenden Freundlichkeiten beantwortet worden war. Der KAROLINGER war im Innern wie nach außen total isoliert, als, wie aus heiterem Himmel, sich sein heribertinischer Blutsverwandter Graf Heribert II. mit einem Verhandlungsangebot an ihn wandte - nach K. F. Werner ein abgesprochenes Täuschungsmanöver zwischen König Rudolf und dem HERIBERTINER [Diese Theorie äußert Werner, Westfranken, 741, ohne dafür konkrete Belege oder einen zwingenden Gedankengang vorweisen zu können! Die Gefangennahme des KAROLINGERS sollte nämlich die Lage König Rudolfs keineswegs entscheidend verbessern, befand er sich doch von nun an im erpresserischen Griff seines Schwagers Graf Heribert II.] -, und König Karl III. "der Einfältige" begierig nach dem trügerischen Strohhalm griff. Denn Graf Heribert II. hielt selbst nach der totalen Entmachtung des KAROLINGERS sein politisches Ziel, nämlich den Aufstieg seines Hauses zu einer der Mittelgewalten/regna des W-Fränkischen Reiches zu bewerkstelligen, zwar für nähergerückt, aber noch lange nicht erreicht, weswegen er sich neuen Ufern zuwandte - unter anderem den Reimser Kirchengütern - wobei er glaubte, den für ihn nun ungefährlichen Karl III. als politisches Faustpfand gegen seine Schwäger König Rudolf und Markgraf Hugo von Neustrien benützen zu können. Jedenfalls sandte Graf Heribert II. seinen nichtsahnenden Vetter Graf Bernhard von Senlis (+ nach 945) mit einer Verhandlungsdelegation zu König Karl III. und deutete seine Bereitschaft zum Parteiwechsel an. Der KAROLINGER, völlig am Ende mit seinen politischen Möglichkeiten, kam nach einem Sicherheitseide Graf Bernhards ohne große Eskorte, weswegen man ihn dennoch nicht pauschal "den Einfältigen" nennen sollte. Denn erstens war Graf Heribert II. ein früherer Verbündeter, dazu karolingischer Abkunft und mit anderen Interessen als König Rudolf versehen. So betrachtete war ein Absprung des HERIBERTINERS durchaus möglich, und, wie schon gesagt, die Handlungsweise Karls III. keineswegs a priori töricht. Jedenfalls traf sich der KAROLINGER Anfang August 923, zusammen mit Graf Bernhard von Senlis und der Gesandtschaft reisend, in Saint-Quentin mit Graf Heribert II., der ihn sofort von seiner Leibgarde trennte, ihn gefangennehmen und unter Bewachung im Turm seiner Festung Chateau-Thierry inhaftieren ließ. Die Begleitung wurde anschließend einfach weggeschickt. Karls III. Gattin Eadgyfu (+ nach 951) dagegen gelang mit ihrem Sohn Ludwig IV. (+ 954) gerade noch die Flucht nach England zu ihrem Vater, dem angelsächsischen König Edward dem Älteren (+ 924). Dieses hinterhältige Verhalten Graf Heriberts II. gegen seinen legitimen Oberlehnsherrn hinterließ ein starkes Echo in zahlreichen abendländischen Quellen. Zwar übten viele Chronisten Kritik an diesem Akt treuloser Hinterlist, doch keiner der westfränkischen Adligen war wirklich bereit, für den KAROLINGER einzustehen, den viele von ihnen ja schließlich selbst abgesetzt hatten! Schon die Zeitgenossen verglichen das Schicksal König Karls III. mit dem seines Ahnen KaiserLUDWIGS I. DES FROMMEN, der ähnliche Demütigungen erdulden mußte.
    Jedenfalls war der abgesetzte König Karl III. seit 923 in der Festung Chateau-Thierry inhaftiert und zwar nicht im Kerker, wie mancherorts übertreibend berichtet wird, sondern sicherlich in akzeptabler Umgebung, denn Garf Heribert wollte den KAROLINGERja nicht umbringen oder verschwinden lassen; der HERIBERTINER brauchte stattdessen einen lebenden Karl III., um mit dessen bloßer Existenz politischen Druck ausüben zu können.
    Der vorerst zufriedene HERIBERTINER behielt daher Karl III. weiter in Gefangenschaft, verlegte ihn aber nach einem Brand der Festung Chateau-Thierry im Sommer des jahres 924 in die neue heribertinische Hauptfestung Peronne, wo der KAROLINGER die nächsten Jahre verbrachte.
    Wichtiger wurde für Karl III. dagegen der sich abzeichnende Bruch zwischen Graf Heribert II. und König Rudolf infolge des Streitfalles um die Grafschaft Laon. Ende des Jahres 926 war nämlich Graf Rotger I. von Laon, ein getreuer Anhänger des BOSONIDEN, gestorben. Als König Rudolf Rotger II. (926-942), den königstreuen Sohn Rotgers I., zum Grafen einsetzte, brach Graf Heribert II. mit ihm und griff zu den Waffen. Zum äußersten entschlossen, griff Graf Heribert II. in dieser Situation auf den seit 4 Jahren inhaftierten KAROLINGER zurück. Er ließ Karl III. von der Burg Peronne nach Saint-Quentin bringen und dort erneut zum westfränkischen König proklamieren. Während König Rudolf vorerst im Herzogtum Burgund und in der Aquitania seine Positionen festigte, warb Graf Heribert II. in der Francia für den wiedereingesetzten KAROLINGER und griff erneut Laon an, wurde aber von den Söhnen des verstorbenen Grafen Rotger im Verein mit der energischen Königin Emma (+ 934) zurückgeschlagen. In dieser Situation wandte sich Graf Heribert II. an die letzten Verbündeten Karls III. in der Francia, die Normannen. Diese sahen sofort ihre Chance, kündigten ihren Frieden mit König Rudolf und eroberten das 925 verlorengegangene Eu zurück. Dort trafen sich schließlich Ende des Jaheres 927 Graf Rollo von Rouen (+ 928/31) und sein Sohn Wilhelm I. Langschwert (+ 942) mit Graf Heribert II. und dem KAROLINGER-König Karl III., wobei die Normannen dem KAROLINGER den Lehnseid leisteten und ein Bündnis mit Graf Heribert II. schlossen.
    Anfang des Jahres 928 kam es unter Vermittlung Markgraf Hugos zwischen Graf Heribert II. und König Rudolf an der Oise zu einer Unterredung, bei der ein Arrangement ausgehandelt wurde. Danach stellte der HERIBERTINER Geiseln und versprach auf einem königlichen Hoftag vor Ostern 928 zu erscheinen. Der BOSONIDE brachte dagegen bereits damals die Möglichkeit ins Spiel, Graf Heribert II. den Besitz von Laon für ein Fallenlassen Karls III. zu konzidieren. Doch wurde eine Entscheidung vorerst vertagt. Jedenfalls begab sich der HERIBERTINER mit Karl III. nach Reims, von wo aus er einen Brief an Papst Johannes X. (+ 928) richtete, der ihn schon seit Jahren bedrängte, den rechtmäßigen westfränkischen König freizuassen Graf Heribert II. stellte sich in diesem Schriftstück zynisch als den alleinigen Verteidiger des wahren westfränkischen Königs hin, den er nun wieder eingesetzt habe. Doch kam es in der Fastenzeit, das heißt im März/April des jahres 928, dann tatsächlich zu der verabredeten Begegnung zwischen Graf Heribert II. und König Rudolf. Der HERIBERTINER durfte anschließend Laon in Besitz nehmen, einen Erfolg, den er wiederum nur der städigen Drohung mit Karl III. verdankte. Doch Graf Heribert pokerte noch viel höher, indem er mit Markgraf Hugo von Neustrien zu Graf Rollo nach Rouen zog, wo es zu einem großen Fürsten-Treffen mit anderen westfränkischen Grafen und Bischöfen kam, deren Namen aber unbekannt geblieben sind. Die versammelten Großen der Francia erkannten den mitgeführten KAROLINGER Karl III. erneut als ihren legitimen westfränkischen König an und schlossen ein Bündnis. Der Normannen-Fürst Wilhelm I., Rollos Sohn, leistete dabei dem KAROLINGER wiederum als erster westfränkischer Aristokrat den Lehnseid. Damit stand Graf Heribert II. auf dem Höhepunkt seiner Macht; er übte die eindeutige Hegemonie über die Francia aus! Doch bald schon sollte sich dei Lage ändern. Noch im Jahre 928 kam es nämlich im Herzogtum Lothringen zu einem bedrohlichen Aufstand Graf Bosos (+ 935), eines Bruders König Rudolfs, und anderer Unzufriedener gegen die ostfränkisch-deutsche Herrschaft. Verhandlungen König HEINRICHS I. mit Graf Boso bewirkten schließlich eine Beruhigung der Situation und eine allgemeine Versöhnung, die aber für Graf Heribert II. negative Konsequenzen haben sollte. Denn als der HERIBERTINER mit seinem robertinischen Schwager Markgraf Hugo nach Maastricht kam, um bei König HEINRICH I. zugunsten König Karls III. zu intervenieren, lehnte dieser überraschenderweise ab.
    Daher nahm Graf Heribert II. als Pragmatiker einen politischen Kurswechsel vor, der ihn noch Ende des Jahres 928 wieder an König Rudolf heranbrachte. Gegen eine erneute Treueidleistung des HERIBERTINERS bestätigte ihm der BOSONIDE den Besitz von Laon und machte ihm Aussichten auf Apanagen für seine Söhne. Das Opfer dieses Friedens war natürlich der KAROLINGER Karl III., der nun in Reims tatsächlich erneut inhaftiert wurde. Nach einem Provence-Feldzug noch im Jahre 928 begaben sich sodann Graf Heribert II. und König Rudolf ebenfalls nach Reims, wo sich der BOSONIDE mit seinem ehemaligen obersten Lehsnherrn traf und dem KAROLINGER dabei für dessen Lebensunterhalt die königlichen Fisci Attigny und vielleicht auch Ponthion-sur-l'Ornain zuwies. Karl III. akzeptierte die "Geschenke" des nunmehrigen westfränkischen Königs, womit er faktisch stillschweigend und ohne Formalitäten abdankte. Für König Rudolf erbrachte dieser Akt politischer Klugheit die Anerkennung auch durch weitere aktive Anhänger des KAROLINGERS! König Karl III. allerdings hatte von diesem allgemeinen Friedensschluß persönlich wenig; es ist zwar unbekannt, welchen Status der KAROLINGER im Jahre 929 bei Graf Heribert II. genoß, doch dürfte der HERIBERTINER König Rudolfs Tat ignoriert und den KAROLINGER wieder in Peronne inhaftiert haben. Jedenfalls starb Karl III. "der Einfältige" nach 6-jähriger Gefangenschaft am 7. Oktober 929 auf der Burg Peronne in der Gewalt Graf Heriberts II. und wurde in der Kirche Saint-Fursy zu Peronne begraben.

    Konecny Silvia: Seite 145, "Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert."

    Deutlicher noch als bei ARNULF, hinter dessen Ehen eine heftig umstrittene Bündnispolitik des Adels stand, trat die Annäherung des königlichen Eheverhaltens an das des Adels im westfränkischen Reich zutage. Die Ehen Karls des Einfältigen unterschieden sich von denen ARNULFS allerdings insofern, als der westfränkische KAROLINGER auf eine Gesamtherrschaft in seinem Reich faktisch völlig verzichtete und eine feste Position in Lothringen anstrebte. Damit war eine Annäherung an die übrigen westfränkischen Principes gegeben. Karl der Einfältige wurde bei der Wahl seiner Ehepartnerinnen zumindest teilweise von dieser Politik bestimmt.
    Karl wurde als Vierzehnjähriger zum König gekrönt. Eine erste Verbindung ging er wohl unter der Ägide der FULCONEN ein, die seinen Herrschaftsanspruch vor allem unterstützt hatten. Auf Grund der politischen Entwicklung verlor jedoch die erste nicht näher bekannte Verbindung Karls des Einfältigen an Bedeutung, und jene Söhne, die ihr entstammten, blieben als Konkubinsöhne von einem Herrschaftsanspruch ausgeschaltet. Auch die FULCONEN förderten sie nicht, sondern unterstützten Ludwig den Überseeischen. Dieser hatte im Frankenreich keine mütterliche Verwandtschaft und eignete sich deshalb wohl besser zu einem Schattenkönig als selbst ein Kandidat aus den eigenen Reihen. Die Verbindung Karls des Einfältigen mit Friderun, die einem elsässischen Geschlecht entstammte (Richtig wohl eher sächsisches Geschlecht [IMMEDINGER]), sollte Karls Versuche unterstützen, sich im lothringischen Gebiet einen eigenen Herrschaftsbereich aufzubauen. Wie wichtig die Ehe mit Friderun war, wird an deren zahlreichen Anniversarien deutlich, die bezeugen, daß Karl die Bindungen zur Sippe seiner Gemahlin auch nach deren Tod pflegte. Friderun aber gebar keinen Sohn, und daher hatte Karl keine Möglichkeit, eine Fortsetzung seiner elsässischen Politik anzubahnen.
    Nach Frideruns Tod heiratete Karl die angelsächsische Prinzessin Eadgivu. Es handelt sich um eine der wenigen Ausländerehen in karolingischer Zeit. Die Verbindung sollte wohl ein Bündnis gegen die Normannen darstellen. Nach dem Tod ihres Gatten kehrte Eadgivu gemeinsam mit ihrem Sohn, Ludwig dem Überseeischen, nach England zurück. Ludwig wurde schließlich von den ROBERTINERN zurückberufen und zum König erhoben. Die Legitimitätsfrage stand bei seiner Herrschaftsübernahme nicht im Vordergrund. Zwar wird eine Krönung Eadgivus nicht erwähnt, der Krönungsbrauch ist jedoch bei den letzten westfränkischen KAROLINGERN so häufig bezeugt, daß diese durchaus anzunehmen ist. Überdies wurde Eadgivu auch Königin genannt. Möglicherweise dotierte Karl der Einfältige seine angelsächsische Gemahlin noch zusätzlich, wie dies im Falle Frideruns deutlich bezeugt ist. Von einer Sonderform der Ausländerehe, die sich rechtlich von der Vollehe unterschied, kann hier jedenfalls nicht mehr die Rede sein.

    13.4.907 1. oo Frederuna von Hamaland, Tochter des Grafen Dietrich, um 887 -10.2.917
    919 2. oo 1. Aethgiva (Eadgifu) von Wessex, Tochter des Königs Eduard I., 905-26.12.956
    ( 951 2. oo Heribert III. der Alte Graf von Soissons 910/15-29.1.993 )

    Kinder:
    1. Ehe
    - Irmintrud 908/09-
    oo Gottfried Pfalzgraf von Lothringen - 950
    - Frederuna
    - Adelheid
    - Gisela - 919
    912 oo Robert I. Herzog von der Normandie - 931
    - Rotrud
    - Hildegard

    2. Ehe
    - Ludwig IV. der Überseeische 10.9.920/21-10.9.954

    Illegitim
    - Arnulf
    - Drogo
    - Roriko Bischof von Laon (948-976) -20.12.976
    - Alpais

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite15,47-51,90 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 20,23,24-26,28,37,39 Anm. 1, 40,43,48,49,51,54 Anm. 61, 56,57 Anm.78,61,63,69,72,74 Anm.170,82,86,93,96, 118,169,170 - Bauer Dieter R./Histand Rudolf/ Kasten Brigitte/Lorenz Sönke: Mönchtum - Kirche - Herrschaft 750-1000 Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998, Seite 175,283 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 11,20,27,35-39,42,49,54 - Black-Veldtrup Mechthild: Kaiserin Agnes (1043-1077) Quellenkritische Studien. Böhlau Verlag Köln Weimar Wien 1995, Seite 103,104 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 105, 119,183,204,209,331,334,354,357,360,365,374,402 - Dümmler Ernst: Die Chronik des Abtes Regino von Prüm. Verlag der Dykschen Buchhandlung Leipzig Seite 66,104,105,107,108,110-112,115 - Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 123,235,317,382-386,405,433-435,467-469,569-571,576,590,672 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 16,19-24,45, - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 8,13,19, 22-35,36-43,45,48,52,54,58 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 289,292,315 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 20,24,29,35,187,259, 271,273 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 68-70,75-102,145,155, 166 - Hlawitschka, Eduard: Herzog Giselbert von Lothringen und das Kloster Remiremont, in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 377- 421 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 22,28,48,66,82,103-105,115-122,124,127-142,146-155,161-163,169,171-181,183,189,194-205, 212,214,216,218,227,231,235,240,247 - Hlawitschka, Eduard: Nachfolgeprojekte aus der Spätzeit Kaiser Karls III., in Stirps Regia von Eduard Hlawitschka, Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris, Seite 123-155 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite16,19,43,48-51,59,74-77,96,108,110 - Illig Heribert: Das erfundene Mittelalter. Die größte Zeitfälschung der Geschichte. ECON Verlag GmbH, Düsseldorf und München 1996, Seite 61,140, 264,334,344,366 - Konecny Silvia: Die Frauen des karolingischen Königshauses. Die politische Bedeutung der Ehe und die Stellung der Frau in der fränkischen Herrscherfamilie vom 7. bis zum 10. Jahrhundert. Dissertation der Universität Wien 1976, Seite 145-146 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 249,254, 271,279,288-294,299,348,375,407,414 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 174,179,183,188,191,193-195,198-207,209,211,220 - Schmid Karl: Reich und Kirche vor dem Investiturstreit. Gerd Tellenabch zum 80. Geburtstag. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1985, Seite 4-5,7,12-13,55 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 72,74,79 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 80,85,92,95,105,115 - Schulze, Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 117,121,141,148-154,153 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 5-408 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996, Seite 54,58, 60,62,65 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 447,464-468,470,473,475-484,488,492,501,521 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 73,77,81 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 48,54,122,124 -



    Name:
    (der Einfältige im Sinne von: der Geradlinige)

    Begraben:
    Kirche St-Fursy

    Karl heiratete Frederuna am 13 Apr 907. Frederuna wurde geboren um 887; gestorben am 10 Feb 917. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 220. von Frankreich, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 908/909.
    2. 221. von Frankreich, Frederuna  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 222. von Frankreich, Adelheid  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 223. von Frankreich, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 919.
    5. 224. von Frankreich, Rotrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    6. 225. von Frankreich, Hildegard  Graphische Anzeige der Nachkommen

    Karl heiratete von Wessex, Aethgiva in 919. Aethgiva wurde geboren in 905; gestorben am 26 Dez 956. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 226. von Frankreich, Ludwig IV.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 920/921; gestorben am 10 Sep 954 in Sens [89100],Yonne,Burgund,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 227. Roriko  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 920; gestorben am 20 Dez 976; wurde beigesetzt in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.
    2. 228. Arnulf  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 229. Drogo  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 230. Alpais  Graphische Anzeige der Nachkommen


Generation: 11

  1. 181.  von Vermandois, Odo Graphische Anzeige der Nachkommen (142.Heribert10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 910; gestorben am 19 Jun 946.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Amiens [80000],Somme,Picardie,Frankreich; Graf von Amiens
    • Titel/Amt/Status: 928-930, Vienne [38200],Isère,Rhône-Alpes,Frankreich; Graf von Vienne

    Notizen:

    Odo
    Graf von Vienne (928-930)
    Graf von Amiens
    910-19.6.946
    Ältester Sohn des Grafen Heribert II. von Vermandois und der Adela von Neustrien, Tochter von Herzog Robert I.

    Brandenburg Erich: Tafel 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation 1.
    Odo, Graf von Vienne 928, von Amiens 932
    * ca. 910, + nach 946 19.VI.

    Anmerkungen: Seite 120
    VII. 1. Odo

    Kalckstein 174f., 212,241, Poupardin, Provence 227; Lauer, Louis d'Outremer 139, wo auch letztes Vorkommen.
    Lauer hält Heribert II. für den ältesten Sohn, was mir aber nicht wahrscheinlich ist, da Odo schon 927 Flodoard S. S. 3, 377 vorkommt, Heribert aber erst erheblich später. [VII 2] [Hier hat sich sicher ein Schreibfehler eingeschlichen, denn Heribert II. ist Odos Vater und nicht sein Bruder. Odos Bruder war Heribert der Alte.]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 462

    Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)
    VII. Generation 2
    Heriberts ältester Sohn Odo wird erstmals zu 927 erwähnt (Flodoard, Ann.927 und Hist. Remensis ecclesiae IV, 21), als der Vater für ihn die Grafschaft Laon von König Rudolf fordert, sie jedoch nicht erhält. Der Dukat Vienne, den man ihm, der als Geisel am normannischen Hof weilte, Ende 928 gab (vgl. Register der Flodoard-Ausgabe von Lauer unter "Eudes"), kann nicht lange in seiner Hand geblieben sein, wenn ein Herrschaftsantritt Odos dort überhaupt je erfolgt ist. 938 ging Odo von Hugo dem Großen, den seine heribertinischen Neffen gegen den König unterstützten, zu König Ludwig IV. über und erhielt jetzt das Kommando in der Königsresidenz Laon, nicht notwendig die Grafschaft dort. 944 verliert er Stadt und Grafschaft Amiens: Seit wann er sie besaß, wissen wir, entgegen der Angabe von Brandenburg ("932") nicht. (Sämtliche Belege Flodoard, Ann. zum betreffenden Jahr).

    Hofmeister, Adolf: Seite 50-52, "Deutschland und Burgund im frühen Mittelalter"

    Damals gab König Hugo, nach Flodoard, das Gebiet von Vienne an Heribert II. von Vermandois für seinen Sohn Odo.
    Ob Rudolf von Frankreich an dem Vertrage von 928 anders denn als Vermittler beteiligt war, geht aus Flodoard nicht hervor. Es wird nicht gesagt daß Odo von Vermandois seine neue Herrschaft als Vasall des französischen Königs erhielt. Man könnte, wenn überhaupt, auch an eine Belehnung durch Hugo denken.
    Heribert von Vermandois und sein Sohn scheinen niemals wirklich in den Besitz von Vienne gelangt zu sein. 931 war die Stadt jedenfalls im Besitz Karl Konstantins.

    Schwager, Helmut: Seite 90,118,123-125,129/30,137,152,178/79, "Graf Heribert II. von Soissons"

    Zur Formierung eines kompakten heribertinischen Machtkomplexes beanspruchte sie Graf Heribert II., nominell für seinen ältesten Sohn Odo (+ nach 946), doch war andererseits die Feste Laon einer der wichtigsten königlichen Stützpunkte in Franzien.
    Daher forderte der HERIBERTINER die Grafschaft Laon von seinem bosonidischen Schwager, um, wie er zudem versicherte, noch zu seinen Lebzeitenm seinen nun ca. 16 Jahre zählenden ältesten Sohn Odo (+ nach 946) unbedingt mit einem Erbe versorgen zu können, da er selbst ihm nämlich keine Herrschaft abtreten wollte.
    Graf Rollo von Rouen (+ 928/31) und sein Sohn Wilhelm I. (+ 942) kündigten den Frieden mit König Rudolf und eroberten Eu, wo sie sich Ende des Jahres 927 mit Graf Heribert II. sowie Karl III. trafen und dem KAROLINGER den Lehnseid leisteten bzw. mit dem HERIBERTINER ein reguläres Bündnis schlossen. Allerdings mußte der HERIBERTINER zur Sicherheit dem mißtrauischen Grafen Rollo seinen ältesten Sohn Odo als Geisel hinterlassen.
    Nach zähen Verhandlungen bezüglich des Streitfalles Laon mußte Königin Emma die Festung verlassen, während Graf Heribert II. Laon besetzen durfte. Doch damit nicht genug! Bei einem anschließenden westfränkischen Fürstentreffen in Rouen, wobei Graf Heribert II. seinen Sohn Odo auslösen wollte, erkannten alle Anwesenden den KAROLINGER Karl III. als legitimen westfränkischen König an. Danach ließen die Normannen den HERIBERTINER Odo frei und verbanden sich mit den W-Franken gegen König Rudolf.
    Lediglich die heftig umstrittene Grafschaft Vienne wurde offenkundig neutralisiert, indem man sie Heriberts II. Sohn Odo (+ nach 946) verlieh, der somit endlich zu seiner eigenen Herrschaft gekommen wäre.
    Somit überrascht es nicht, wenn bereits im Jahre 931 Graf Karl Konstantin urkundlich wieder im Besitz der Grafschaft Vienne erscheint; dagegen gibt es keine Anzeichen dafür, daß der HERIBERTINER Graf Odo jemals irgendeine Autorität im Viennois ausgeübt hätte.
    So begab sich der BOSONIDE im Frühjahr 931 trotz der laufenden Kämpfe mit einer Eskorte nach Nieder-Burgund, um hier seine Jahre im Jahre 928 gewonnene Autorität zu bekräftigen. In Vienne huldigte ihm tatsächlich auch formell sein Großneffe Graf Karl Konstantin von Vienne (+ nach 962); die unbezweifelbaren Rechte des HERIBERTINERS Graf Odo wurden dabei eindeutig mißachtet.
    Inzwischen eroberte Heriberts II. Sohn Graf Odo (+ 946) aber die Feste Ham zurück und besetzte sie. Es ist dies das erste Mal, daß hier die Quellen von halbwegs selbständigen Handeln eines Sohnes oder überhaupt eines Familienmitgliedes Graf Heriberts II. berichten, der ansonsten seine Sippe ziemlich autoritär in seinem eisernen Griff hielt. Allerdings wurde Graf Odo seit der Eroberung von Ham zunehmend selbständiger, was bald zu ernsthaften Konflikten mit dem Vaterr führen sollte. Doch zunächst plünderte der älteste Sohn Graf Heriberts II. von Ham aus die Umgebung von Soissons und Noyon.
    Selbst in der Familie der HERIBERTINER kam es zum offenen Abfall; der schon lange vorhersehbare Konflikt zwischen dem autokratischen Grafen Heribert II. und seinem ältesten Sohn Graf Odo, der vom Vater immer nur auf neuzuerwerbende Grafschaften, wie zum Beispiel 926 auf Laon, 928 auf Vienne, vertröstet worden war, brach nun endgültig aus! Graf Odo verließ seinen Vater, wechselte die politische Gruppierung und leistete überraschend König Ludwig IV. den Lehnseid. Der KAROLINGER gab sofort dem HERIBERTINER als Anerkennung für seinen Übertritt die garde/"Wacht" über Laon, das ihm der Vater trotz aller Bemühungen seit 931 nicht hatte verschaffen können. Ein beidseitig merkwürdiger Schritt, wobei der KAROLINGER seine wichtigste Festung dem Sohn seines Todfeindes zur Bewachung überließ, und sich der HERIBERTINER von seiner Familie völlig separierte!

    Werner Karl Ferdinand: Seite 495, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Hugo der Große, dessen Schwester Adela mit Heribert vermählt war, machte sich sehr geschickt zum Beschützer seiner Neffen. Er zwang den König dazu, das Erzbistum Reims Artolds Widersacher Hugo von Vermandois zu lassen und die übrigen Söhne Heriberts "als Getreue anzunehmen". Die Nachfolge wurde allerdings erst 946 durch einen Schiedsspruch Hugos des Großen endgültig geregelt: Robert erhielt die Grafschaft Meaux, Albert die von Vermandois, und an Heribert III. fielen mehrere kleine Grafschaften um Soissons, wo er das wichtige Kloster Saint-Medard behielt. Odo kämpfte weiter darum, die Grafschaft Amiens zu behaupten beziehungsweise zu erobern. Sie ging aber schließlich an das flandrische Grafenhaus verloren.


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 2, Seite 120 - Hofmeister, Adolf: Deutschland und Burgund im frühen Mitelalter, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1970 Seite 50-52 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 90,118,123-125,129/30,137, 152,173,178/79,210,268,347/48,376,378,382-387,402/03 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 462 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 495 -


  2. 182.  von Vermandois, Adela Graphische Anzeige der Nachkommen (142.Heribert10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 910/915; gestorben in 960.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Flandern,Belgien; Gräfin von Flandern

    Notizen:

    Adela von Vermandois
    Gräfin von Flandern
    910/15- 960
    Ältere Tochter des Grafen Heribert II. von Vermandois und der Adela von Neustrien, Tochter von Herzog Robert

    Brandenburg Erich: Tafel 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation 2.
    Adela
    * ca. 915, + 958/60
    Gemahl: 934 Arnulf I. Graf von Flandern (siehe VI.20) * ca. 890, + 964 27. III.
    Anmerkungen: Seite 120
    VII. 2. Adele
    siehe VI, 20. [VII 3]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 462, Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)

    VII. Generation 3
    Die flandrischen Annalen (Ann. Blandinienses und ihre Ableitungen) berichten den Tod der Gräfin Adela (Brandenburg "958/960") eindeutig zu 960.
    Adela war die Erbin von Artois.

    Schwager Helmut: Seite 155, „Heribert II. von Vermandois“

    Denn noch im Jahre 934 schloss Graf Arnulf I. der Große von Flandern die schon lange projekierte Ehe mit Heriberts II. Tochter Adela (+ 960). Dieses Bündnis mit dem ehemaligen Todfeind der HERIBERTINER sicherte Graf Heribert II. erheblich gegen König Rudolf und Markgraf Hugo ab. Die Heirat trug zur Versöhnung der beiden Familien bei.

    Leo Heinrich: Seite 12, "Zwölf Bücher niederländischer Geschichten"

    Schon im Jahre 958 übergab Arnulf die Administration der Markgrafschaft an seinen Sohn Balduin den Jüngeren, den er mit Adela, der Tochter des Grafen Heribert von Vermandois, erzeugt hatte.



    933 oo 2. Arnulf I. der Große Graf von Flandern 885/90-27.3.965


    Kinder:

    - Hildegard 934 - 971/72
    oo Dietrich II. Graf von Holland - 1.4.988
    - Egbert - 10.7.953
    - Balduin III. 940-1.1.962
    - Elftrude
    oo Siegfried Herr von Guines - 965
    - Liutgard 935-18.10.962
    950 oo Wichmann Graf von Hamaland - 14.12.973


    Literatur:
    Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 81 - Leo Heinrich: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten, Eduard Anton Verlag 1832 Buch I Kapitel 1 Seite 12 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 85,155,361,365,402-404 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 462 -

    Adela heiratete von Flandern, Arnulf I. in 933. Arnulf (Sohn von von Flandern, Balduin II. und von Wessex, Aelfthryd) wurde geboren in 885/890; gestorben am 27 Mrz 965. [Familienblatt] [Familientafel]


  3. 183.  von Soissons, Heribert III. Graphische Anzeige der Nachkommen (142.Heribert10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 910/915; gestorben am 29 Jan 993.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Beruf: 946-980/84, Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich; Abt von Saint-Médard
    • Titel/Amt/Status: 967-980/84, Meaux [77100],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: 967-980/84, Troyes [10000],Aube,Champagne-Ardenne,Frankreich; Graf von Meaux und Troyes (967-980/84)
    • Titel/Amt/Status: 943-993, Soissons [2200],Aisne,Picardie,Frankreich; Graf von Soissons

    Notizen:

    Heribert der Alte
    910/15-29.1.993
    Graf von Soissons (943-993)
    Graf von Meaux und Troyes (967-980/84)
    Abt von St. Medard (946-980/84)
    2. Sohn des Grafen Heribert II. von Vermandois und der Adela von Neustrien, Tochter von Herzog Robert I.

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 2154

    Heribert III., Graf von Vermandois + 980/84

    Während 946 Albert I. die Grafschaft Vermandois und Robert (+ 967) die Grafschaft Meaux erhielten, ist ihr Bruder Heribert III. zunächst nur als Laienabt von St-Medard sowie als Gatte der Königs-Witwe Edgiva und damit in Bindung zum karolingischen Haus zu belegen. Robert vermehrte sein Erbe um die Grafschaft Troyes, die er 967 Heribert III. hinterließ, der die Grafschaften Meaux und Troyes mit eigenen Gütern im Soissonais und um Chateau-Thierry vereinte. König Lothar ernannte den Mann seiner Großmutter 967 zum Pfalzgrafen, der sich in Analogie zum robertinischen Herzogstitel (dux Francorum) fortan “comes Francorum” nannte. Heribert III. gab einem Raum in der östlichen Francia erste Konturen, den sein gleichnamiger Neffe und dessen Sohn Stephan I. weiter formten: als Grafschaft Champagne(-Brie) spielte dieser Besitz, der als Erbe an Odo II. von Blois überging, eine herausragende Rolle in der mittelalterlichen Geschichte Frankreichs.

    Literatur:
    HEG I, 737ff. – K. F. Werner, Untersuchungen zur Frühzeit des frz. Fürstentums (9.-10. Jh.), WaG 20, 1960, 87-119 - W. Kienast, Comes Francorum und Pfgf. von Frankreich (Festg. P. Kirn, 1961), 80-92 - G. Schneider, Ebf. Fulco von Reims und das Frankenreich, 1973 – W. Kienast, Dtl. und Frankreich in der Kaiserzeit (900-1270), 1,3, 1974/75 - B. Schneidmüller, Karolingische Tradition und frühes frz. Königtum, 1979 - K. F. Werner, Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000, 1989, 483ff.

    Brandenburg Erich: Tafel 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation 6.
    Heribert der Alte, Graf von Troyes * ca. 920, + nach 980, vor 984

    Gemahlin:
    a) N.
    b) 951 Edgiva, Tochter König Eduards von England, Witwe Karls des Einfältigen (V, 26)
    Anmerkungen: Seite 120
    VII. 6 Heribert II.

    Rodulfus (sic!) Glaber, S. S. 7, 61,65. Vgl. die Untersuchung von Lot, Dern. Carol 370f. über Heribert den Alten und seinen Neffen Heribert den Jungen; comes et abbas (Laienabt) von St. Medard in Soissons in Soissons 963 26. III., Arbois de Jubainville.1, 433.
    Er bemächtigte sich der Grafschaft Troyes nach dem Tode seines Bruders Robert, und starb nach 980 (Cartul. du dioc. de Troyes 4, p. 142f.) vor 984 (da sich nach Gerbert epist. ed. Havet n. 17 damals Heribert III. im Besitz von Troyes befand, vgl. Lot, Der. Carol. 373) ohne Kinder zu hinterlassen, Richer 3, 100 (S.S. 3, 628).

    Gemahlinnen:
    Die Heirat mit Edgiva (Flodoard 951, S. S. 3, 401 und Mirac. S. Gregorii Bouquet 9, 126A.) ist nicht zu bezweifeln; da Edgiva, die um 900 geboren sein muß (siehe V 26), damals wohl zu alt war, um noch Kinder zu haben, muß der Sohn Odo (VIII 8) wohl aus einer früheren, sonst unbekannten Ehe sein. [VII 4]

    Ergänzung (Werner):
    Heribert (wetulus) 946 Abt von St. Medar und Graf in mehreren Grafschaften, 967 Graf von Meaux und Troyes, Pfalzgraf

    Werner Karl Ferdinand: Seite 462, Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)

    VII. Generation 4
    Die Erwähnung bei Flodoard kennzeichnen Heribert als den älteren der Söhne Heriberts II. nach Odo, während Hugo, dem Heribert II. das Erzbistum Reims verschaffen wollte, und den er 925 als 5-jähriges Kind zum Erzbischof erheben ließ, der jüngere Bruder war. Bei Brandenburg rangiert Hugo vor Albert, Robert und Heribert, weil Brandenburg das Geburtsjahr irrig um oder nach 920 sucht, während es jeweils um 910/15 anzusetzen ist.
    Zur politischen Laufbahn Heriberts Werner, Unters. 113,115. Die Literatur nennt ihn zuweilen Heribert III., was zwar dynastisch zutrifft, sich jedoch nicht auf eine bestimmte Grafschaft beziehen darf: Vermandois hat er nie besessen, das sein Vater und Großvater innehatte. In Troyes folgte Heribert auf seinen Bruder Robert, der diese Grafschaft durch Ehe gewonnen hatte, als erster Graf von Troyes dieses Namens. Sein Vater, Heribert II., war entgegen der früheren Auffassung nur Graf von Troyes. Seine Ehe mit Edgiva/Otgiva, der Witwe König Karls III.: Flodoard, Ann. 951.
    Brandenburg VII, 6 gibt Heribert eine frühere Gemahlin N, von der er einen Sohn "Odo, erwähnt 980, + wohl vor 984" gehabt habe. Den Tod vor 984 vermutet Brandenburg, weil um diese Zeit in den Grafschaften Troyes und Meaux auf Heribert nicht jener von Brandenburg vermutete Sohn folgte, sondern der Neffe Heribert der Jüngere, ein Sohn von Robert von Meaux und Troyes. Es bleibt also nur jene einzige Erwähnung, eine Urkunde von 980 XI/XII, die Heribert für Montierender ausstellen ließ. Im Druck bei Arbois, Champagne 1, 459-461 liest man, an erster Stelle hinter Signum domni Heriberti, incliti Francorum comitis (Heribert war im Diensts König Lothars Pfalzgraf geworden), S. domini Odonis comitis filii sui. Ich habe die Urkunde im Chartular von Montierender (Archives Haute-Marne 7 H 1, fol. 28 verso-30, 11. Jahrhundert), unserer einzigen Überlieferung, eingesehen. Dort steht nur: S. domni Odonis comitis sui. Das "filius" beruht also auf bloßer Ergänzung durch spätere Interpreten. Bedenkt man, daß das ausdrücklich den Namen vorgesetzt domnus auf einen regierenden Grafen hindeutet, so bleibt kein Zweifel daran, daß es sich hier um den allen anderen Großen vorangestellten Graf Odo I. von Blois-Charttres handelt, den wir genau um diese Zeit in den erzählenden Quellen ständig mit Heribert zusammen antreffen, so daß man beide irrig für Brüder gehalten hat. Odo I. von Blois ist der Sohn von Heriberts Schwester Ledgard, das zu ergänzende Wort (wenn überhaupt!) lautet also nepotis. Einen Sohn Heriberts namens Odo hat es demnach nie gegeben, und es entfällt jeder Anlaß, eine sonst nicht bezeugte Ehe Heriberts vor seiner Verbindung mit der Königin-Witwe anzunehmen. Heribert, der selbst keine Kinder hatte, war in Troyes, mit ausdrücklicher Zustimmung König Lothars, als "Platzhalter" auf Robert und für dessen Sohn Heribert den Jüngeren gefolgt (nach 967 VIII, Tod seines Bruders, vor 968 I 17, Datum der ersten erhaltene Urkunde, die ihn als Graf von Troyes handelnd zeigt, Arbois 1, 454f.).

    Thiele Andreas: Band II, Teilband 1 Tafel 32, "Erzählende genealogische Stammtafeln"

    Heribert III. der Alte war Graf von Chartres und Madrie und unter den Brüdern der bedeutendste. Als wichtige Stütze des königlichen Vetters Lothar von Frankreich bekam er St. Medard und Soissons zurück und erbte 967 Troyes und Meaux. Heribert beherrschte die gesamte Champagne, führte zeitweise den Titel "Pfalzgraf von Lothringen" und "Graf der Franken" und war der mächtigste französische Kronvasall.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 520, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Das war ein Wendepunkt in der Geschichte W-Frankens mit entscheidender Bedeutung für das Schicksal der KAROLINGER. Die Reimser Kirche war bisher ein Pfeiler des karolingischen Königtums gewesen. Sie konnte aber nicht auf Dauer und zum Nachteil ihrer eigenen Vasallen die Vergünstigungen hinnehmen, die Lothar bereitwillig den HERIBERTINERN zugestand. So förderte Heribert III., der 967 in Troyes und Meaux seinem Bruder Robert nachfolgte, dann Heribert IV., den Sohn Roberts von Meaux, der um 980 bis 983 in allen Grafschaften seines Onkels Heribert III. die Nachfolge antrat, und schließlich Odo I., der 974 oder 975 seinen Vater Tedbald I. beerbte.
    Trotz kurzfristiger Vorteile wurde dieses Bündnis mit den HERIBERTINERN verhängnisvoll für die letzten noch herrschenden Nachkommen KARLS DES GROSSEN. Denn Reims suchte, wenn auch zunächst kaum merklich, eine Annäherung an den Herzog der Franken. Noch schwerwiegender war es, daß die Erzbischöfe, eng verbündet mit den OTTONEN, dem KAROLINGER die Unterstützung des Imperiums entzogen und gleichzeitig dessen Annäherung an die ROBERTINER förderten. Diese Neuorientierung erklärt auch, warum König Lothar eine zunehmend ottonen-feindliche Politik betrieb. Er hoffte, in Lotharingien das zu erreichen, was sein Vater nicht hatte durchsetzen können. Auf diese Weise würde es ihm möglich sein, seine wertvollen Verbündetenaus dem Hause VERMANDOIS zu belohnen, deren Ziele genau in diesen Gebieten lagen, die ihren eigenen Ländern benachbart waren.

    Schwager Helmut: Seite 268,320,381,383,387/88,396/97,399,402-404

    “Heribert II.”

    Nachdem sich Hugo der Große von Franzien auf Druck OTTOS I. König Ludwig IV. unterworfen hatte, blieb aber Graf Heribert II., der seit dem Jahre 937 engstens mit seinem robertinischen Schwager kooperiert hatte, nichts anderes übrig, als ebenfalls zu huldigen bzw. sich zu unterwerfen, ein Akt, den sich sein nunmehr ältester Sohn Graf Heribert der Alte (+ 980/84) mitvollzogen hat.
    Am 26. Dezember 940 hielt er beispielsweise einen Hoftag zu Paris ab, auf dem er den Kanonikern von Saint-Martin in Tours großzügige Güterrestitutionen gewährte, wobei Erzbischof Theotilo von Tours, die Bischöfe Walther von Paris (+ 941), Ermentheus von Orleans (+ 972) und Wido von Soissons (+ 972) sowie die gesamte heribertinische Familie mit Graf Heribert II. an der Spitze, gefolgt von seinen Söhnen Graf Heriberts dem Alten (+ 980/84), der nach der Ächtung Graf Odos an dessen Stelle in der Familie getreten war, und Erzbischof Hugo von Reims (+ 962) sowie Heriberts Vetter Graf Bernhard von Senlis (+ nach 945) anwesend waren.
    Graf Heribert der Alte von Omois (+ 980/84) folgte 948 mit der Restaurierung des Klosters Notre-Dame zu Homblieres und 970 mit der Reform des Klosters Saint-Medard bei Soissons und ließ 972 sogar einen regulären Abt zu.
    Bei Graf Heribert dem Alten handelte es sich um einen weiteren Sohn Graf Heriberts II., der allerdings vor dem Jahre 940 nicht in den Quellen auftauchte. Offensichtlich rückte er erst durch das Ausscheiden Graf Odos, der in Ungnade gefallen war, an dessen Stelle. Jedenfalls wurde er erstmals urkundlich erwähnt anläßlich eines Hoftages Herzog Hugos des Großen von Franzien Ende Dezember 940 in Paris, an welchem Graf Heribert der Alte an der Seite seines Vaters Heribert II. und seines Bruders Erzbischof Hugo von Reims teilnahm. Hier, wie auch bei dem Treffen mit dem westfränkischen König Ludwig IV. im Jahre 942, bei dem sich die HERIBERTINER dem Karolinger unterwarfen, blieb der Grafensohn jedoch stets eng im Gefolge seines Vaters. Offensichtlich ließ Graf Heribert II. nach den negativen Erfahrungen mit dem ältesten Sohn Graf Odo bis zu seinem Tode im Jahre 943 keinem Familienmitglied mehr die Chance zur Eigenständigkeit. Somit konnte Graf Heribert der Alte erst danach Profil entwickeln und schließlich zum fähigsten Sohn und Nachfolger seines Vaters (unter anderem Erringung des Pfalzgrafen-Titels: "comes Francorum") aufschwingen.

    Schieffer Rudolf: Seite 210,214, "Die Karolinger"

    Die Rückgewinnung von Laon, längst der wichtigsten Bastion für die KAROLINGER, glückte Ludwig IV. erst 949 durch nächtliche Überrumpelung, bei der freilich die Zitadelle der Stadt unbezwungen blieb. Zu den Folgen gehörte eine neue Verständigung mit dem Hause VERMANDOIS: Albert, der sich unter den Söhnen Heriberts II. als Erbe der eigentlichen Grafschaft durchgesetzt hatte, huldigte dem König, und bekam bald darauf Gerbergas gleichnamige Tochter aus deren erster Ehe mit Giselbert von Lothringen zur Frau, wärend sein Bruder Heribert III., Laienabt von Saint-Medard in Soissons, 951 die Königin-Mutter Eadgifu heiratete. Endgültig fallengelassen wurde dabei der weitere Bruder Hugo, der in Ingelheim verurteilte Erzbischo, der jahrelang Reims den KAROLINGERN vorenthalten hatte.
    So konnte Lothar bereits 962 den möächtigen Grafen Tedbald von Blois, der einst seinen Vater Ludwig IV. im Auftrag Hugos des Großen inhaftiert hatte, auf seine Seite ziehen und aus dem Hause VERMANDOIS außer Graf Albert auch dessen Bruder Heribert III. gewinnen, der 967 die Grafschaften Meaux und Troyes erbte und vom König mit dem titel eines comes Francorum (in Analogie zum dux Francorum) geschmückt wurde.

    Ehlers Joachim: Seite 25,31, "Die Kapetinger"

    Die Vorteile solcher Seitenwechsel zeigt der Anschluß des Hauses VERMANDOIS an den König, der den Grafen Heribert III. in Analogie zum robertinischen dux Francorum mit dem Titel eines comes Francorum auszeichnete.
    Kampfbereit waren dagegen die Grafen Heribert von Troyes und Odo von Blois, als sie sich 988 mit Karl von Nieder-Lothringen verbündeten, und gefährlich war auch die Gegnerschaft Erzbischof Seguins von Sens.

    Ehlers Joachim: Seite 46, "Geschichte Frankreichs im Mittelalter"

    Aber auch die Grafen von Vermandois gingen auf die karolingische Seite über; Heribert III. legte damals den Grund zum Güterkomplex der späteren Grafschaft Champagne-Brie. Von Lothar erhöht, durfte er sich comes Francorum nennen, die Konkurrenz zum robertinischen dux Francorum betonend.
    Das war ein Irrtum, gefährlich in dem Augenblick, als die bisherige französische Haltung sich änderte und Lothar einen neuen Ansatz karolingischer Revisionspolitik meinte wagen zu dürfen, weil einstige ROBERTINER-Vasallen ihn stützten. Heribert III. von Vermandois und Odo, der Sohn Tedbalds von Blois, drängten ihren König zur Expansion nach Lothringen, denn sie selbst hofften dort auf Gewinne.

    951 oo 2. Aethgiva von England, Tochter des Königs Eduard I. 905-26.12.956
    ( 919 1. oo 2. Karl III. der Einfältige König von Frankreich 17.9.879-7.10.929 )

    Kinder: Richtig wohl kinderlos
    - Odo
    - Adelheid
    976 oo Karl Herzog von Nieder-Lothringen Sommer 953-22.6.992

    Literatur:
    Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 25,31 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 23,58,63 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 46 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 210,214,220 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 6/7,225,268,274, 320,381 Anm.1323,383,387/88,396/97,399,402-404 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 462 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 495,520 -

    Heribert heiratete von Wessex, Aethgiva in 951. Aethgiva wurde geboren in 905; gestorben am 26 Dez 956. [Familienblatt] [Familientafel]


  4. 184.  von Vermandois, Robert Graphische Anzeige der Nachkommen (142.Heribert10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 910/915; gestorben in Aug 967.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 946-967, Meaux [77100],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; Graf von Meaux
    • Titel/Amt/Status: 956-967, Troyes [10000],Aube,Champagne-Ardenne,Frankreich; Graf von Troyes

    Notizen:

    Robert
    Graf von Meaux (946-967)
    Graf von Troyes (956-967)
    910/15-19./29.8.967
    Sohn des Grafen Heribert II. von Vermandois und der Adela von Neustrien, Tochter von Herzog Robert I.

    Brandenburg Erich: Tafel 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation 5.
    Robert, Graf von Troyes und Meaux
    * ca. 920, + 967 zwischen 14. und 29. VIII.
    Gemahlin:
    a) Adelheid (Wera), Tochter des Grafen Giselbert von Burgund, + nach 959 VIII., vor 960 VI.
    b) Ingeltrude

    Anmerkungen: Seite 120
    VII. 5. Robert
    Todeszeit: Lot, Derniers Carol. 59 und 335.
    Gemahlin:
    a) Adelheid
    urkundlich 959 6. VIII., Duchesne Vergy preuves 36. Abstammung Bouquet 8,237f., hier Werra genannt. Offenbar noch unvermählt 942 11.XII., Duchesne preuves 33. Ihre Todeszeit ist unbekannt.
    b) Ingeltrude
    erscheint nur in einer Urkunde von 960 VI., S. Roberti comitis et uxoris suae Ingeltrudis, Arbois de Jubainville 1, 452 (Urkunde n. 20). [VII 5]

    * Ergänzung (Werner): * 910/15, + nach 967, zwischen 19. und 20. VIII.
    946 Graf von Meaux, 956 auch Graf von Troyes
    Gemahlin:
    vor 950 Adelheid Werra, Tochter des Giselbert Herzog von Burgund, Graf von Chalon und Troyes, + nach 967

    Werner Karl Ferdinand: Seite 462, Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)

    VII. Generation 5

    Das vordere Grenzdatum von Roberts Tod lautet 967 VIII 19 und nicht 967 VIII 14, wie versehentlich bei Brandenburg (vgl. de Manteyer 435, Anm. 1). Bei der Teilung von Heriberts II. Erbe 946 (drei Jahre nach Heriberts Tod, vgl. Flodoard, Ann. 946) erhielt Robert die Grafschaft Meaux. Nachweis des Erwerbs der Grafschaft Troyes 956 durch die Ehe mit einer Tochter Herzog Giselberts von Burgund, dem Troyes, wie ebd. nachgewiesen wird, bis zu seinem Tode 956 gehörte: Werner, Unters. 109-114 - Die Ehe mit Adelheid dürfte vor 950 geschlossen worden sein, denn in einer Urkunde Giselberts für Montieramey in der Grafschaft Troyes von 949 VI 19/950 VI 18, ausgestellt in Chalon, tritt Robert schon auf. (Werner, a.a.O. 111, Anm. 89) Terminus post für Adelheids Tod ist eine anderer, frühestens 967 VIII ausgestellte Urkunde (Werner ebd., Anm 95), in der sie mit S. Adeleidae comitissae auftritt. - Brandenburg VII, 5 gibt Robert eine weitere Gemahlin Ingeltrude, was schon durch den eben mitgeteilten Beleg, demzufolge die Gräfin Adelheid ihren Gemahl überlebte, ausgeschlossen wird. Brandenburg beruft sich auf Arbois 1, 452. Die dort mitgeteilte Urkunde von 960 VI hat jedoch, was Arbois nicht bemerkte, mit Troyes nicht zu tun; der dort auftretende Robert ist nicht unser Graf von Meaux/Troyes, sondern der gleichnamige Vicomte von Dijon! (Schon erkannt von F. Lot, les derniers Carolingiens 326).

    Thiele Andreas: Band II, Teilband 1 Tafel 32, "Erzählende genealogische Stammtafeln"

    Robert versuchte jahrelang ohne Erfolg, das Herzogtum Burgund zu erobern; die Macht des französischen Kanzlers, des Bischofs Ansiges von Troyes, brach er.

    Schwager Helmut: Seite 371,400, “Heribert II.”

    Ein wirklicher Einbruch in die Burgundia gelang erst Heriberts II. Sohn Graf Robert von Meaux (943/46-nach 966), der durch die Ehe mit Adelheid Werra (+ ca. 970), jüngere Tochter Herzog Giselberts von Burgund, im Jahre 956 die Grafschaft Troyes erwarb, in der er aber erst 959 bezeugt ist. Der HERBERTINER schuf später mit weiteren Grafschaften wie Provins und Chalons-sur-Marne die Grundlage der Großgrafschaft Champagne sowie die Champagne-Linie des heribertinischen Hauses. Unter Heriberts II. Enkel Heribert dem Jungen und dessen Sohn Graf Stephan I. entstand daraus die burgundische Grafschaft Champagne, die nach 1019/23 den Grafen von Chartres-Tours, also den THEOBALDINERN ("Haus BLOIS") zufiel.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 495,512,519, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Hugo der Große, dessen Schwester Adela mit Heribert vermählt war, machte sich sehr geschickt zum Beschützer seiner Neffen. Er zwang den König dazu, das Erzbistum Reims Artolds Widersacher Hugo von Vermandois zu lassen und die übrigen Söhne Heriberts "als Getreue anzunehmen". Die Nachfolge wurde allerdings erst 946 durch einen Schiedsspruch Hugos des Großen endgültig geregelt: Robert erhielt die Grafschaft Meaux, Albert die von Vermandois, und an Heribert III. fielen mehrere kleine Grafschaften um Soissons, wo er das wichtige Kloster Saint-Medard behielt.Odo kämpfte weiter darum, die Grafschaft Amiens zu behaupten beziehungsweise zu erobern. Sie ging aber schließlich an das flandrische Grafenhaus verloren.
    Giselbert war im Jahr 952 Hugo dem Schwarzen als princeos von Burgund nachgefolgt und starb im Jahr 956 in Paris. Er vermachte seinem Schwiegersohn Otto, dem Sohn Hugos des Großen, alle seine Grafschaften und Rechte. Nur die Grafschaft Troyes fiel an Robert von Meaux, den Gemahl seiner zweiten Tochter und Sohn Graf Heriberts II.
    Hugo II. übernahm im Jahr 962 die Initiave. Er sprach sich dafür aus, daß dem 961 verstorbenen Reimser Erzbischof Artold jetzt Hugo von Vermandois nachfolgen solle, der, wie bereits erwähnt, in den Jahren 946 bis 948 aus dem Erzbistum verdrängt worden war. In dieser Frage konnte der Herzog mit dem Brüdern des Ex-Erzbischofs rechnen, also mit Graf Robert von Meaux und Troyes sowie mit Heribert III. Robert hatte übrigens 960 dem König vorübergehend die wichtige Festung Dijon entreißen können, außerdem richtete er weiter seine Angriffe gegen Bistümer, die zum König hielten, und bekriegte zum Beispiel 963 Chalons-sur-Marne. Eine Synode von 13 Bischöfen entscheid sich für Hugo von Vermandois, ein Anzeichen dafür, wie weit Hugo II. seine Macht zurückgewonnen und reorganisiert hatte. Indessen konnte sich Lothar gut behaupten; er rechnete mit der Unterstützung durch Erzbischof Brun von Köln und durch OTTO I., den Johannes XII. eben zum Kaiser gekrönt hatte. Dieser Papst war sofort bereit, Hugo von Vermandois zu exkommunizieren, der kurz darauf in Meaux verstarb. Im Einvernehmen mit Brun ließ Lothar den bereits erwähnten Odelrich zum Erzbischof von Reims wählen. Dieser schwere Mißerfolg der ROBERTINER war begreiflicherweise für Robert und Heribert III. der Anlaß, dem Schritt des Bruders, des Grafen Albert von Vermandois, und des Schwagers Tedbald zu folgen: Sie verbündeten sich mit den KAROLINGERN.



    vor 950 oo 1. Adelheid (Werra), Tochter des Grafen Giselbert von Burgund, Calon und Troyes, - nach 979


    Kinder:

    - Heribert IV. der Junge Graf von Meaux und Troyes 950-28.1.995
    - Adela 950-6.3.974
    oo Gottfried I. Grisegonelle Graf von Anjou - 21.7.987


    Literatur:
    Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 371,400 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 462 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 495,512,519 -

    Gestorben:
    19./29.8.967


  5. 185.  von Vermandois, Adalbert I. Graphische Anzeige der Nachkommen (142.Heribert10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 915; gestorben am 8 Sep 987.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 943-987, Vermandois (Grafschaft),Picardie,Frankreich; Graf von Vermandois

    Notizen:

    Adalbert I. Graf von Vermandois (943-987)
    ca 915-8.9.987
    Sohn des Grafen Heribert II. von Vermandois und der Adela von Neustrien, Tochter von Herzog Robert I.

    Brandenburg Erich: Tafel 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation 4.
    Adalbert I., Graf von Vermandois 946
    * ca. 920, + 987 oder 988 8.IX.
    Gemahlin: vor 954 Gerberga, Tochter Giselberts von Lothringen (siehe VII, 63)
    * ca. 935, + ...

    Anmerkungen: Seite 120
    VII. 4. Albert I.

    Lot, Derniers Carol. 10 A.; Colliette, Hist. du Vermandois 1, 565.
    Er lebte noch zur Zeit der Wahl Hugo Capets 987 1, VI., siehe Dudo, ed. Lair p. 295, war tot 989 16. I., wo sein Sohn Heribert als Graf erscheint (Colliette 1, 565), starb an einem 8. IX., Necrol. v. St. Quentin (Lemaire, Mem. de la soc. acad. de St. Quentin 62, 305), also 987 oder 988. Heirat vor 954, Lot, a.a.O. Über Abkunft seiner Gemahlin siehe Teil II, Gen. VII 63 [VII 6]

    * Ergänzung (Werner): * ca. 915, + 8.IX.987

    Werner Karl Ferdinand: Seite 462, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 6
    Zu Adalbert/Albert von Vermandois ist nur zum Todesdatum das "oder 988" bei Brandenburg zu streichen; Albert starb 987, zu dem von Brandenburg schon genannten Tagesdatum IX 8.

    Thiele Andreas: Band II, Teilband 1 Tafel 33, "Erzählende genealogische Stammtafeln"

    Albert I. der Fromme teilte 943 mit seinen drei Brüdern das väterliche Erbe und wurde Graf von Vermandois, zu Peronne, Laienabt von St. Medard und St. Quentin. Die königlichen Vettern unterstützte er im Kampf um Lothringen und mit den Brüder und Nachbarn lag er im Stil der Zeit häufig in Fehde.

    Schwager Helmut: Seite 320, „Heribert II.“

    Erst Graf Heriberts II. Söhne zeigten mehr Interesse am kirchlichen Leben. So begann Erzbischof Hugo von Reims (+ 962) bereits im Jahre 942 mit den Reformen im Kloster Saint-Remi zu Reims, resturierte Graf Adalbert I. von Vermandois (+ 987) 948 die Abtei Notre-Dame zu Homblieres und reformierte 987 Saint-Quentin-en-Vermandois.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 495,519, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Hugo der Große, dessen Schwester Adela mit Heribert vermählt war, machte sich sehr geschickt zum Beschützer seiner Neffen. Er zwang den König dazu, das Erzbistum Reims Artolds Widersacher Hugo von Vermandois zu lassen und die übrigen Söhne Heriberts "als Getreue anzunehmen". Die Nachfolge wurde allerdings erst 946 durch einen Schiedsspruch Hugos des Großen endgültig geregelt: Robert erhielt die Grafschaft Meaux, Albert die von Vermandois, und an Heribert III. fielen mehrere kleine Grafschaften um Soissons, wo er das wichtige Kloster Saint-Medard behielt. Odo kämpfte weiter darum, die Grafschaft Amiens zu behaupten beziehungsweise zu erobern. Sie ging aber schließlich an das flandrische Grafenhaus verloren. Diese Regelung brachte Ludwig IV. zunächst keinerlei unmittelbaren Vorteil. Er gewann dann aber einen der Söhne Heriberts, Albert von Vermandois, dauerhaft für die Sache der KAROLINGER. Er gab ihm nämlich die Hand seiner Stieftochter Gerberga. Diese Verbindung hatte weitreichende Folgen, weil sie den Anschluß weiterer Parteigänger vorbereitete.
    Hugo II. übernahm im Jahr 962 die Initiative. Er sprach sich dafür aus, daß dem 961 verstorbenen Reimser Erzbischof Artold jetzt Hugo von Vermandois nachfolgen solle, der, wie bereits erwähnt, in den Jahren 946 bis 948 aus dem Erzbistum verdrängt worden war. In dieser Frage konnte der Herzog mit den Brüdern des Ex-Erzbischofs rechnen, also mit Graf Robert von Meaux und Troyes sowie mit Heribert III. Robert hatte übrigens 960 dem König vorübergehend die wichtige Festung Dijon entreißen können, außerdem richtete er weiter seine Angriffe geegn Bistümer, die zum König hielten, und bekriegte zum Beispiel 963 Chalons-sur-Marne. Eine Synode von 13 Bischöfen entschied sich für Hugo von Vermandois, ein Anzeichen dafür, wie weit Hugo II. seine Macht zurückgewonnen und reorganisiert hatt. Indessen konnte sich Lothar gut behaupten; er rechnete mit der Unterstützung durch Erzbischof Brun von Köln und durch OTTO I., den Johannes XII. eben zum Kaiser gekrönt hatte. Dieser Papst war sofort bereit, Hugo von Vermnadois zu exkommunizieren, der kurz darauf in Meaux verstarb. Im Einverständnis mit Brun ließ Lothar den bereit erwähnten Odelrich zum Erzbischof von Reims wählen. Dieser schwere Mißerfolg der ROBERTINER war begreiflicherweise für Robert und Heribert III. der Anlaß, dem Schritt des Bruders, des Grafen Albert von Vermandois, und des Schwagers Tedbald zu folgen: Sie verbündeten sich mit den KAROLINGERN.

    Schieffer Rudolf: Seite 210,214, "Die Karolinger"

    Die Rückgewinnung von Laon, längst der wichtigsten Bastion für die KAROLINGER, glückte Ludwig IV. erst 949 durch nächtliche Überrumpelung, bei der freilich die Zitadelle der Stadt unbezwungen blieb. Zu den Folgen gehörte eine neue Verständigung mit dem Hause VERMANDOIS: Albert, der sich unter den Söhnen Heriberts II. als Erbe der eigentlichen Grafschaft durchgesetzt hatte, huldigte dem König, und bekam bald darauf Gerbergas gleichnamige Tochter aus deren erster Ehe mit Giselbert von Lothringen zur Frau, während sein Bruder Heribert III., Laienabt von Saint-Medard in Soissons, 951 die Königin-Mutter Eadgifu heiratete. Endgültig fallengelassen wurde dabei der weitere Bruder Hugo, der in Ingelheim verurteilte Erzbischof, der jahrelang Reims den KAROLINGERN vorenthalten hatte.
    So konnte Lothar bereits 962 den mächtigen Grafen Tedbald von Blois, der einst seinen Vater Ludwig IV. im Auftrag Hugos des Großen inhaftiert hatte, auf seine Seite ziehen und aus dem Hause VERMANDOIS außer Graf Albert auch dessen Bruder Heribert III. gewinnen, der 967 die Grafschaften Meaux und Troyes erbte und vom König mit dem Titel eines comes Francorum (in Analogie zum dux Francorum) geschmückt wurde.


    954 oo Gerberga von Lothringen, Tochter des Herzogs Giselbert ca 935-7.9.978


    Kinder:

    - Heribert V. (III.) Graf von Vermandois ca 954-29.8.993/1002
    - Odo (Otto) ca 956- 983/87
    - Liudolf Bischof von Noyon (979-986) ca 957- vor 986
    - Guido Graf von Soissons - nach 989


    Literatur:
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 188,282,298 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 255 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 210,214 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 320,402-404 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 462 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 495,519,522 -


  6. 186.  von Vermandois, Liutgard Graphische Anzeige der Nachkommen (142.Heribert10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 915; gestorben am 27 Mai 978.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Blois [41000],Loir-et-Cher,Centre-Val de Loire,Frankreich; Gräfin von Blois
    • Titel/Amt/Status: Normandie,Frankreich; Herzogin der Normandie

    Notizen:

    Liutgard von Vermandois
    Herzogin der Normandie
    Gräfin von Blois
    915/20-27.5.978
    Tochter des Grafen Heribert II. von Vermandois und der Adela von Neustrien, Tochter von Herzogs Robert

    Brandenburg Erich: Tafel 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation 7.
    Liutgard
    * ca. 920, + nach 978 9.II.
    Gemahl:
    a) 935 Wilhelm I., Herzog der Normandie + 942 17.XII. ermordet
    b) vor 945 Theobald I., Graf von Blois + 975 16.I.

    Anmerkungen: Seite 120
    VII. 7. Liutgard

    Letzte Urkunde 978 5. II. Guerard, Cart. S. Petri Carnot 1, 63, wo sie auch ihres Vaters Heriberti Trecassini comitis gedenkt.
    Erste Ehe Rudolfus Glaber S. S. 7, 65, mit Unrecht bezweifelt von Arbois de Jubainville 1, 130f., siehe Landsberger, Odo I. von Champagne, Seite 6f. und Lot, Hugues Capet 398.
    Zweite Ehe: Obige Urkunde von 978 vgl. Landsberger S. 5f.
    Vermählt wohl vor 945, Flodoard 945 S. S. 3, 392.
    Todesdatum Theobalds: Lot, Fideles ou vassaux 141. - Über die angebliche weitere Schwester Adelheid siehe VIII 7. [VII 7]
    * Ergänzung (Werner): + 27.V. nach 9.II.978
    Gemahl:
    I. ca.940 Wilhelm Herzog der Normandie
    II 942/45 Tetbald Graf von Blois und Chartres, Vicomte von Tours

    Werner Karl Ferdinand: Seite 462, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 7
    Ledgards Tod gibt Brandenburg richtig mit "nach 978 II 9", dem Datum der letzten urkundlichen Erwähnung, an. Im schon zitierten Reimser Nekrolog, in der Vatican-Handschrift Ottob. lat. 2960, fol. 67 verso, fand ich zu 6. Kal. Jun., also V 27, den Eintrag Legardis comitissa, womit auch der genaue Todestag bekannt ist. - Ledgards erste Ehe mit Herzog Wilhelm von der Normandie, irrig von Arbois angezweifelt (vgl. Lot, Hugues Capet 398 Anm. 1), blieb kinderlos und dürfte wohl nicht lange vor Wilhelms Ermordung durch die Leute des Grafen von Flandern (942 XII 17), also c 940 geschlossen worden sein. Die Zeitangabe durch Dudo von St-Quentin, der die Ehe im Zusammenhang mit Ereignissen von c 935 erwähnt, dürfte angesichts der geringen chronologischen Genauigkeit des spät schreibenden Autors kaum ins Gewicht fallen (Brandenburg datierte "935").

    Schwager, Helmut: Seite 28 Anm.113,64 Anm. 309,198/6 Anm.744,227,396, "Graf Heribert II. von Soissons"

    [Dazu ferner: Werner, Untersuchungen, in: WaG 20, 97 mit Anmerkung 39 und 108 mit Anmerkung 78; vgl. zudem die Schenkungen von Graf Heriberts I. Enkelin Liutgard (+ 979/85), die am 5. Februar 978 die väterlichen Domänen im Vexin, wie zum Beispiel Juziers, Fontenay-Saint-Pere und Limay an die Abtei Saint-Pere in Chartres überschrieb: Cartulaire de l'abbaye de Saint-Pere de Chartres 1, ed. Guerard, 63-65; ebenso Brandenburg, Nachkommen, 90 (VII, 7) und Werner, Nachkommen, in: KdGr 4, 462 (Anmerkungen zu VII, 7); Bur, Champagne, 89 mit Anmerkung 30; Verdon, Femmes, 113; Arbois, Champagne 1, 136; Kaiser, Bischofsherrschaft, 396; Grierson, Amiens, 119.]
    [Am 5. Februar 978 schenkt sodann Heriberts II. Tochter Liutgard (+ nach 979/85) an die Abtei Saint-Pere in Chartres drei Domänen aus der Grafschaft Vexin als väterliches Erbe: Arch. dep. Eure-et-Loire H 500 nr.1 Original sowie Cartulaire de Saint-Pere de Chartes 1, ed. Guerard, 64/65; das Nekrolog der Stiftskirche Notre-Dame in Mantes (Dep. Yvelines, Hauptort des gleichnamigen Arr.) zeigt Gräfin Liutgard als Schenkerin von Gütern aus der Grafschaft Merezais: Obitaires de la province de Sens 2, ed. Molinier, 376B; außerdem: Grierson, Amiens, 119 mit Anm. 208; Arbois, Champagne 1, 89/92 und 97; Bur, Champagne, 89.]
    Gemeinsam belagerten diese sodann mit Graf Heribert II., seinem Schwager Herzog Hugo und Wilhelm I. von der Normandie (+ 942), der um diese Zeit durch die Verheiratung mit Heriberts II. zweiter Tochter Liutgard (+ 979/85) [Die ungefähre Heiratszeit versucht Bur, Champagne, 511/12 zu ermitteln, indem er zunächst einmal die Meldung des unzuverlässigen und 100 Jahre zu spät geborenen Dudo von Saint-Quentin zu 935/36 (Dudo III, 47, ed. Lair, 193: ..Videns autem Heribertus Willelmum Rotomagensem confortari et convalescere, ...consilio Hugonis Magni ducis, dedit filiam suam ill...) meines Erachtens zurecht ignoriert; stattdessen engt Bur den Zeitraum für eine solche Heirat auf zwischen Juni 935 (Versöhnung des HERIBERTINERS mit dem Normannen durch die Vermittlung König Rudolfs) und Ende 938 (Bruch Heriberts II. und Hugos des Großen mit dem westfränkischen Königtum) ein; da nun der damals zuverlässigste zeitgenössische Chronist Flodoard 937/38 in Rom weilte und deshalb seine sonst so exakten Annalen für diesen Zeitraum ungenau sind, nimmt Bur den Eheschluß für 936/37 an! Diesem Gedankengang fehlt es jedoch meiner Ansicht nach an Stringenz, übergeht doch Bur das Jahr 936 mit seinem Dynastiewechsel und den Verschiebungen der politischen Bündnisse völlig. Meines Erachtens ist die heribertinisch-normannische Heirat eher in die Zeitspanne von Ende 938 bis Ende 940 zu legen, da damls das anti-karolingische Bündnis von Graf Heribert II., Herzog Hugo von Franzien und Wilhelm von der Normandie die politischen Voraussetzungen dafür schuf. Dazu würde auch der Hinweis Dudos auf die Urheberschaft Herzog Hugos passen! Gegen diese konkreten Überlegungen bestreiten - so meine ich - Lair, Mort, 25-28 und Arbois, Champagne 1,517 vergeblich eine Heirat Liutgards mit Wilhelm I. überhaupt; als Gründe dafür sind lediglich die zu dürftige Quellenlage anzusehen, die schwachen Einsprüche von Historikern - wie zum Beispiel Arbois (Wilhelms I. Nachfolger Richard I. aus anderer Ehe) - und Wilhelms angenommener Wunsch nach einem Mönchsleben! Weitere Literatur: Zettel, Normannen, 310; Douglas, Normandy, 106 meldet, daß Liutgard als Morgengabe Güter bei Vernon erhalten habe! Mabire/Ragache, Normandie, 59/60; Bates, Normandy, 12; Buisson, Staatsbildung, 143; Boüard, Normandie, 109; Musset, Invasions, 256; Richard, Poitou, 77; Verdon, Femmes, 114; Schieffer, Legaten, 32; Grierson, Amiens, 103; Desportes, Reims, 79; Rösch, CMP, 150 (VI,7); Werner, Nachkommen, in: KdGr 4, Tafel (VII,7) sowie 462 (Anmerkungen zu VII/7); Ducange, Amiens, 82; Werner, Normandie, 697; eine Hochzeit Liutgards zu 938/40 vermelden ebenso Carro, Meaux, 67, Bourquelot, Provins, 80 und Peiffert-Henriot, Champanois, 64, allerdings fälschlich mit Graf Theobald I. dem Ränkevollen von Chartres (+ 977)! Diese zweite Ehe Liutgards mit dem THEOBALDINER fand erst im Jahre 945 (also nach der Ermordung Wilhelms I. Ende 942) statt!] bereits wieder ins antikönigliche Lager gewechselt war, die Stadt Reims.
    Der Normanne hinterließ einen 10-jährigen Sohn Richard I. (942-996), der allerdings nicht von der HERIBERTINERIN Liutgard (+ 979/85) abstammte, so daß Graf Heribert II. am Ende des Jahres 942 einen wichtigen Bundesgenossen verloren hatte, ohne irgendwelche Erbaussichten zu haben.
    Der posthume Schwiegersohn Graf Heriberts II., der im Jahre 945 nach der Ermordung Wilhelms I. die Witwe Liutgard (+ 979/85) heiratete, nämlich der THEOBALDINER Graf Theobald I. der Betrüger/Ränkevolle von Chartres-Tours (+ 977), tat sich ebenfalls als fähiger Verwalter hervor.


    940 1. oo Wilhelm I. Herzog der Normandie x um 900-17.12.942

    943/45 2. oo Theobald I. Graf von Blois - 16.1.975


    Kinder:

    2. Ehe
    - Theobald 945 - 962 in einer Fehde
    - Hugo Erzbischof von Bourges (969-985) 945/50-2.1.985
    - Emma 950-27.12.1003
    968 oo Wilhelm IV. Graf von Poitou - 995/96
    - Odo I. 950-12.3.996
    - Hildegard
    oo Burchard I. Graf von Montmorency - um 978
    Stammeltern des Hauses MONTMORENCY


    Literatur:
    Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 48 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 28 Anm.113,64 Anm. 309,198/6 Anm.744,227,353,357/58,396,399, 402-404 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 462 -

    Name:
    Ledgard


  7. 187.  von Vermandois, Hugo Graphische Anzeige der Nachkommen (142.Heribert10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 920; gestorben in 962 in Meaux [77100],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 925-946/962; Erzbischof von Reims

    Notizen:

    Hugo Erzbischof von Reims (925-946/62)
    920 - 962 Meaux
    Sohn des Grafen Heribert II. von Vermandois und der Adela von Neustrien, Tochter von Herzog Robert

    Brandenburg Erich: Tafel 2, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation 3.
    Hugo, Erzbischof von Reims 925, vertrieben 932, restituiert 940
    * ca. 920, + 962
    Anmerkungen: Seite 120
    VII. 3 Hugo
    Richer 3,17

    * Ergänzung (Werner): * 920, + 962 Erzbischof von Reims, 932 vertrieben, 940 restituiert, 946 abgesetzt. [VII 8]

    Schieffer Rudolf: Seite 204,206,208,210, "Die Karolinger"

    925 erzwang Heribert II. die Wahl seines fünfjährigen Sohnes Hugo zum Erzbischof von Reims und seine eigene Einsetzung zum Verwalter des Reimser Kirchenbesitzes.
    Hugo riß mehr und mehr das Gesetz des Handelns an sich und führte ab 929 eine jahrelange Fehde gegen Heribert von Vermandois um die Vormacht in der zentralen Francia, bei der er, gewissermaßen mit König Rudolf im Schlepptau, 931 Reims einnahm und Heriberts jugendlichen Sohn Hugo als Erzbischof durch den Mönch Artold ersetzte.
    Hugo von Franzien und Heribert von Vermandois nahmen 940 gemeinsam die Stadt Reims ein, wo sie Erzbischof Artold, Ludwigs Coronator, wieder zugunsten von Heriberts Sohn Hugo verdrängten, und gegen Jahresende trafen sie in der einstigen KAROLINGER-Pfalz Attigny OTTO I.
    Die Rückgewinnung von Laon, längst der wichtigsten Bastion für die KAROLINGER, glückte Ludwig IV. erst 949 durch nächtliche Überrumpelung, bei der freilich die Zitadelle der Stadt unbezwungen blieb. Zu den Folgen gehörte eine neue Verständigung mit dem Hause VERMANDOIS: Albert, der sich unter den Söhnen Heriberts II. als Erbe der eigentlichen Grafschaft durchgesetzt hatte, huldigte dem König, und bekam bald darauf Gerbergas gleichnamige Tochter aus deren erster Ehe mit Giselbert von Lothringen zur Frau, wärend sein Bruder Heribert III., Laienabt von Saint-Medard in Soissons, 951 die Königin-Mutter Eadgifu heiratete. Endgültig fallengelassen wurde dabei der weitere Bruder Hugo, der in Ingelheim verurteilte Erzbischof, der jahrelang Reims den KAROLINGERN vorenthalten hatte.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 487,494,497,519, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    König Rudolf seinerseits machte ein königliches Geschenk: Im Jahr 925 bestätigte er eine ziemlich anstößige Abmachung, der zufolge Heriberts damals fünfjähriger Sohn Hugo zum Erzbischof von Reims bestimmt wurde. Zum geistlichen Administrator ernannte man den Bischof von Soissons, die weltliche Verwaltung übernahm Heribert selbst.
    Hugo der Große und Heribert huldigten OTTO in der karolingischen Pfalz Attigny. Die Verbündeten eroberten Reims und setzten erneut Heriberts Sohn Hugo ein, der bereits 925 gewählt worden war, diesmal aber zum Erzbischof geweiht und sogar vom Papst anerkannt wurde.
    Von seiner Schwester Gerberga zu Hilfe gerufen, zog OTTO mit einem starken Heer nach Gallien. Auch König Konrad I. von Burgund-Provence beteiligte sich an dem Unternehmen. Zusammen mit Ludwig IV. belagerte OTTO die Stadt Reims. Da die HERIBERTINER ja mit dem ostfränkischen Adel versippt waren, ließ er Hugo von Vermandois durch dessen sächsische Verwandte [Nach meiner Meinung ist es nicht möglich, daß sich bei diesem Unternehmen sächsische Verwandte der HERIBERTINER im Heer befanden, da die KONRADINERIN Judith sich erst 959 mit Heinrich I. von Stade vermählte.] den dringenden Rat übermitteln, keinen Widerstand zu wagen. Andernfalls würde man ihm nach Einnahme der Stadt die Augen ausreißen. Hugo zog es vor, Reims zu verlassen, die Sieger aber setzten Erzbischof Artold wieder ein.
    Hugo II. übernahm im Jahr 962 die Initiave. Er sprach sich dafür aus, daß dem 961 verstorbenen Reimser Erzbischof Artold jetzt Hugo von Vermandois nachfolgen solle, der, wie bereits erwähnt, in den Jahren 946 bis 948 aus dem Erzbistum verdrängt worden war. In dieser Frage konnte der Herzog mit dem Brüdern des Ex-Erzbischofs rechnen, also mit Graf Robert von Meaux und Troyes sowie mit Heribert III. Robert hatte übrigens 960 dem König vorübergehend die wichtige Festung Dijon entreißen können, außerdem richtete er weiter seine Angriffe gegen Bistümer, die zum König hielten, und bekriegte zum Beispiel 963 Chalons-sur-Marne. Eine Synode von 13 Bischöfen entscheid sich für Hugo von Vermandois, ein Anzeichen dafür, wie weit Hugo II. seine Macht zurückgewonnen und reorganisiert hatte. Indessen konnte sich Lothar gut behaupten; er rechnete mit der Unterstützung durch Erzbischof Brun von Köln und durch OTTO I., den Johannes XII. eben zum Kaiser gekrönt hatte. Dieser Papst war sofort bereit, Hugo von Vermandois zu exkommunizieren, der kurz darauf in Meaux verstarb. Im Einvernehmen mit Brun ließ Lothar den bereits erwähnten Odelrich zum Erzbischof von Reims wählen. Dieser schwere Mißerfolg der ROBERTINER war begreiflicherweise für Robert und Heribert III. der Anlaß, dem Schritt des Bruders, des Grafen Albert von Vermandois, und des Schwagers Tedbald zu folgen: Sie verbündeten sich mit den KAROLINGERN.


    Literatur:
    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 41,47,52-58,63 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 34,41 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 96,125,131,152,304 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 307 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 204,206,208,210 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 6-403 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 487,494,497,519 -


  8. 188.  von Franzien, Hugo Graphische Anzeige der Nachkommen (143.Beatrix10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 895; gestorben in Jun 956 in Dourdan [91410],Essonne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Graf von Paris
    • Titel/Amt/Status: Neustrien,Frankreich; Markgraf von Neustrien
    • Titel/Amt/Status: 923-956, Franzien,Frankreich; Herzog von Franzien

    Notizen:

    Hugo der Große
    Herzog von Franzien (923-956)
    Graf von Paris
    Markgraf von Neustrien
    895-16./17.6.956 Dourdan (dep. Essonne) Begraben: St-Denis
    Einziger Sohn des Herzogs Roberts I. von Neustrien aus seiner 2. Ehe mit der Beatrix von Vermandois-Meaux, Tochter von Graf Heribert I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 160

    Hugo der Große, dux Francorum
    * um 893, + 16. oder 17. Juni 956 Dourdan (dep. Essonne) Begraben: St-Denis
    Sohn des westfränkischen Königs Robert I. und der Beatrix von Vermandois

    Geschwister:
    Adela (aus einer früheren Ehe des Vaters; oo Heribert II. von Vermandois)
    - Emma oo Rudolf von Burgund, westfränkischer König

    1. oo um 914 Judith, Tochter des Grafen Rorger von Maine
    2. oo 926 Eadhild, Tochter Eduards des Älteren, König von Wessex
    3. oo 937 Hadwig, Tochter König HEINRICHS I.

    Kinder:

    - Hugo Capet, westfränkischer König
    - Otto, Herzog von Burgund
    - Odo-Heinrich, Herzog von Burgund
    - Beatrix oo Friedrich, Herzog von Ober-Lothringen
    - Emma oo Richard I. von der Normandie (alle aus 3. Ehe)
    - Heribert I., Bischof von Auxerre (unehelich)

    Bereits 914 von Karl dem Einfältigen zum Nachfolger in allen honores seines Vaters, des neustrischen ‚marchio‘ Robert (seit 922 westfränkischer König), bestimmt, unterstützte er nach dessen Tod (923) die Wahl seines Schwagers Rudolf von Burgund. Selbst wollte Hugo der Große die Königswürde nicht übernehmen, da er dann die direkte Herrschaft über seine zahlreichen Grafschaften, vor allem entlang der Loire und im Pariser Raum, sowie seine Abteien (unter anderem St-Martin in Tours, Marmoutier, St-Denis) hätte aufgeben müssen. Als Rudolf, der weitgehend auf Hugos Unterstützung angewiesen war, 936 starb, ließ er Ludwig IV., den Sohn Karls des Einfältigen, krönen. Dafür erkannte ihm der KAROLINGER den Titel eines ‚dux Francorum‘ zu und bezeichnete ihn als ‚in omnibus regns nostris secundus a nobis‘; somit war der König durch die Zwischengewalt des ROBERTINERS von den Großen seines Reiches isoliert.
    Ludwigs Streben nach selbständiger Regierung bewog Hugo den Großen jedoch bereits ein Jahr später zu einem Bündnis mit OTTO DEM GROSSEN, dessen Schwester er heiratete. In einem ersten Konflikt mit Ludwig IV., der 942 auf dem Fürstentreffen zu Vise beigelegt wurde, fand Hugo die Unterstützung OTTOS. Ein Jahr später verlieh ihm Ludwig erneut den ‚ducatus Franciae‘ und übertrug ihm das regnum Burgund. Als Hugo der Große jedoch die Gefangenschaft des Königs durch die Normannen (945) nutzte, um von der Königin Gerberga die Preisgabe von Laon zu erpressen, sah sich OTTO DER GROSSE zu einem Feldzug gegen Hugo den Großen veranlaßt. 948 entschied die Synode von Ingelheim die westfränkischen Wirren zugunsten von Ludwig, und eine Trierer Synode verhängte die Exkommunikation über Hugo. Erst 953 wurde in Soissons der Friede zwischen Hugo dem Großen und dem König wiederhergestellt. Nach Ludwigs Tod (954) konnte Gerberga nur mit Zustimmung Hugos die Erhebung ihres Sohnes Lothar erreichen; als Gegenleistung verlieh ihm der junge König den Dukat über Burgund und Aquitanien.

    Literatur:
    DBF XVII, 1496f. – W. Kienast, Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland, 1968 – Derselbe, Deutschland und Frankreich in der Kaiserzeit I, 1974, III, 1975 –

    Werner Karl Ferdinand: Seite 462, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 9

    Zu Hugo dem Großen ist daran zu erinnern, daß die anderen Kinder Herzog Roberts nicht zu den Nachkommen KARLS DES GROSSEN zählen, da sie im Unterschied zu Hugo nicht der Ehe Roberts mit Beatrix, aus dem Hause der HERIBERTINER, entstammen. Hugo und seine Nachkommen fehlen bei Brandenburg, der die urkundlich gesichcrte Abkunft Hugos von Beatrix zu Unrecht bestritt, siehe oben Anmerkung VI, 4.
    Todesdatum Hugos Lot, Dern. Carol. 16.
    In den Besitz zahlreicher Grafschaften folgte Hugo dem Vater, als dieser 923 König wurde. Seit 936 tritt er in Urkunden als dux Francorum auf, ein Titel, den er sich verleihen ließ, als er den jungen KAROLINGER Ludwig IV. aus dem englischen Exil zurückholte und damit das karolingische Königtum wiederherstellte.
    Nachweis seiner ersten Ehe mit einer Grafen-Tochter aus Maine, Werner, Untersuchungen 281-283.
    Datum der zweiten Ehe mit der Königs-Tochter von Wessex, Schwester der Gattin König Karls III., Flodoard, Anmerkung 926, gegen Ende.
    Hugos dritte Ehe mit Hathui/Hadwigwurde vor 937 IX 14 geschlossen, Datum der Urkunde, in der erstmals Hugo mit einer coniux sua Haduidis auftritt, HF 9, 720-722. Im D 37 HEINRICHS I. (MG DD reg. et imp. Germ. 1,71) von 935 V 9 war Hadwig noch als unvermählte Tochter des Königs aufgetreten.
    Lauer, Louis IV, 27 Anmerkung 4 vermutet im Anschluß an Luchaire, Hugos Hochzeit mit der Schwester OTTOS I. habe vielleicht im Mai 937 stattgefunden, als OTTO sich in Mainz und Ingelheim aufhielt.
    Nicht weniger als drei Tagesangaben kommen für das Todesdatum der Hadwig in Betracht. Die Gedenkbücher von Merseburg und Essen nennen zum 10. Mai Hathewig comitissa, im Echternacher Nekrolog steht zum 16. August Hatawich filia regis OTTONIS (statt HEINRICI?), im Nekrolog von S-Germain-des-Pres endlich wird der 9. Januar angegeben. Wir geben diesem letzteren Datum den Vorzug; die Wahrscheinlichkeit, ein genaues Datum und sichere Identität zu bieten, ist in der Abtei Hugos des Großen am höchsten, die Möglichkeit, es handele sich um eine andere Trägerin desselben Namens, am geringsten.
    Flodoard, Ann., spricht zu 957 von der relicta Hugonis, zum Ende 958 vom Zuge Bruns von Köln nach W-Franken und Burgund, locuturus cum sororibus ac nepotibus suis, also mit Königin Gerberga und Herzogin Hadwig und beider Söhnen, König Lothar und Hugo Capet. Eine spätere Erwähnung Hadwigs ist mir nicht bekannt. Es muß auffallen, daß Flodoard 959 den Brun, bei einem erneuten Aufenthalt in W-Franken, zwar mit den nepotibus suis, aber nur noch mit regina sorore, der Königin Gerberga, zusammentreffen läßt. 960 bemüht sich Brun um die Söhne Hugos des Großen und vermittelt ihre Belehnung durch Lothar: Von der Mutter ist nicht die Rede. So ist es nicht ausgeschlossen, daß Hadwig schon 959 I 8 starb, ohne daß Flodoard ihren Tod ausdrücklich vermerkte. In die gleiche Richtung weist, daß König Lothar 961 X 5 die Villa Conde auf Wunsch des 956 verstorbenen Grafen Hugo (des Großen) an S.-Remi-de-Reims schenkt: Die Königin Gerberga interveniert, Hadwig jedoch wird nicht erwähnt.
    966 VI 19 urkundet Graf Geoffroi I. von Anjou (ed. Bertrand de Broussillon, Cartulaire de S.-Aubin-d'Angers 1, 1896, 4-7, nr. 2) und schenkt pro remedio animae senioris nostri domni Hugonis, praesentis Francorum ducis, seu pro patris matrisque eius (also für Hugo den Großen und Hadwig, die hier ohne Unterscheidung als wohl beide schon verstorben aufgeführt werden). Das bedeutet zugleich, daß Flodoard, dessen Annalen bis 966 gehen, in jedem Fall Hadwigs Tod unerwähnt gelassen hat und ihn nicht etwa nur darum nich gebracht hat, weil er bis 966 nicht eingetreten war. Daß Hadwig zusammen mit ihrer Schwester Gerberga 965 noch auf dem Hoftag Kaiser OTTOS in Köln geweilt habe, berichtet nur der späte Sigebert von Gembloux.
    Den Namen der Mutter von Hugos des Großen unehelichem Sohn Heribert, des späteren Bischofs von Auxerre, überliefern uns die Gesta episc. Autissiodor. c. 47: Reingarda. Da über den Zeitpunkt dieser Verbindung Hugos nichts bekannt ist, auch aus den Daten Heriberts nichts Sicheres erschlossen werden kann, nenne ich sie an letzer Stelle.
    Hugo der Große entschied am 15.6.923 die Schlacht bei Soissons und folgte dem gefallenen Vater als Graf von Paris, Herzog von Neustrien und auch als Graf von Vexin, Orleans, Tours und Anjou. Obwohl er ein machtgieriger Mann war, kehrte er zu alten Tugenden der Vorfahren zurück, zu politischer Klugheit und Mäßigung und lehnte - auch gewitzt durch das Schicksal des Vaters - 923, 936 und 954 die ihm angebotene französische Königskrone ab und begnügte sich mit der Position eines allmächtigen Hausmeiers. Hugo kontrollierte seinen königlichen Schwager Rudolf von Burgund und nach diesem Ludwig IV. und danach König Lothar und verhinderte jede Herausbildung einer starken Königsmacht. Er wurde 936 Vormund König Ludwigs IV. und erhielt den Titel "Dux Francorum", was die wahren Machtverhältnisse klarmachte. Er verbündete sich mit der Normandie und 940 gab es üble Bürgerkriege gegen Ludwig IV., in denen er diesem Reims und Laon wegnahm und Ludwig IV. 945/46 sogar inhaftierte. Auf Druck der deutschen Kirche und OTTOS I. hin päpstlich gebannt, unterwarf er sich 950 wieder formal und wahrte damit seine Macht; der König mußte ihm sogar seine letzte befestigte Stadt Laon überlassen. Sein Beiname bezieht sich nicht auf seine Körpergröße, sondern auf die Größe seiner Ländereien. Hugo war in einer Zeit, in der der Reichtum des Feudaladels von seinen Einnahmen aus dem Grundbesitz ebenso wie von der Anzahl der Untertanen abhing, eifrig darauf bedacht, seinen Herrschaftsbereich zu vergrößern. Er besaß die gesamte Ile-de-France und fügte durch geschickte Bündnisse oder Schenkungen noch Maine und einen Teil der Pikardie hinzu. Hugo mußte zwar 949 Laon zurückgeben, aber Ludwigs Sohn Lothar mußte ihm neben Franzien auch noch das Herzogtum Aquitanien und Burgund zugestehen. Trotz königlicher Unterstützung konnte sich Hugo hier nicht gegen den einheimischen Adel durchsetzen.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Als Karl der Einfältige seiner Tante Rothild die Königsabtei Chelles zu entziehen suchte, kam es endgültig zum Eklat: Hugo, der Sohn Roberts von Neustrien, soll es gewesen sein, der die Truppen der erbosten Großvasallen sammelte er und Karl nach Lothringen abdrängte, so dass am 30.6.922 sein Vater Robert in Reims zum Gegenkönig erhoben werden konnte. In der Schlacht der beiden Könige am 15.6.923 bei Soissons fand Robert den Tod, doch sein Sohn Hugo erstritt zusammen mit Graf Heribert II. von Vermandois den Sieg, indem er Karl und sein Heer in die Flucht schlug. Dennoch fiel das Königtum nicht ihm zu, dem Erben der ausgedehnten ROBERTINER-Macht (deren Übernahme ihm übrigens schon vor 914 von Karl zugesichert worden war), sondern in bewußter Abkehr vom Geblütsgedanken Rudolf von Burgund. Der ROBERTINER Hugo mit dem Beinamen magnus unterstrich als der mächtigste Magnat des Reiches seine königsgleiche Stellung, indem er 926 in zweiter Ehe die angelsächsische Prinzessin Eadhild, eine Schwester von Karls des Einfältigen Gattin Eadgifu, heiratete. Hugo riß mehr und mehr das Gesetz des Handelns an sich und führte ab 929 eine jahrelange Fehde gegen Heribert von Vermandois um die Vormacht in der zentralen Francia, bei der er, gewissermaßen mit König Rudolf im Schlepptau, 931 Reims einnahm und Heriberts jugendlichen Sohn Hugo als Erzbischof durch den Mönch Artold ersetzte. Als der Graf von Vermandois 934 völlig zu unterliegen drohte, war es HEINRICH I., der Einhalt gebot. Bei einem Treffen mit König Rudolf, Hugo und Heribert 935 am Grenzfluß Chiers setzte HEINRICH I. einen Schiedsspruch durch, der den ROBERTINER zur Rückgabe des größten Teils seiner Gewinne zwang.
    Dies waren die jüngsten Erfahrungen, als Hugo der Große nach dem Tode König Rudolfs (+ 14./15.1.936) ebenso wie 923 davon absah, selber nach der Krone zu streben, weil er als König seine zahlreichen Grafschaften hätte aus der Hand geben müssen. Statt dessen brachte er den 15-jährigen, am Hof von Wessex aufgewachsenen Ludwig als Rudolfs Nachfolger ins Spiel, und die Deutung liegt nahe, dass er damit vor allem "Heriberts Stellung zwischen Seine und Maas entscheidend zu treffen" suchte, da "die Wiederherstellung des karolingischen Königtums... in der Francia zu Lasten des Hauses VERMANDOIS gehen mußte" (K.F. Werner).
    Hugo wurde 954 nach dem Tode Ludwigs IV. erneut als dux Francorum, deutlicher denn je auch mit Erstreckung auf Aquitanien und Burgund, anerkannt, bekam Einfluß auf die Entwicklung des jungen Königs, der ihn im Sommer 955 auf einem Feldzug ins Poitou zu begleiten hatte, und wurde auch nicht daran gehindert, gerade in diesem Jahr für sein Haus höchst aussichtsreiche weitere Eheverbindungen zu knüpfen: Seine älteste Tochter Beatrix verheiratete er mit dem Grafen Friedrich von Bar, der 959 Herzog im südlichen Lothringen wurde, ihre Schwester Emma verlobte er mit Herzog Richard von der Normandie, und vor allem vermählte er seinen zweiten Sohn Otto mit der Erbin des Herzogtums Burgund, dessen Inhaber prompt 956 starb.
    Auf dem Höhepunkt der Erfolge ereilte jedoch auch Hugo den Großen am 16./17.956 der Tod. Er hinterließ drei heranwachsende Söhne, nämlich Hugo mit dem nicht zeitgenössischen Beinamen "Capet" (geb. um 940) als Haupterben, Otto von Burgund und den jüngeren Odo-Heinrich, so dass vorerst die Witwe Hadwig die Sache der ROBERTINER zu führen hatte ebenso wie Gerberga auf karolingischer Seite.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 482,486-489,492-499,504,510, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Um Hagano im Königreich zu verankern, verlieh Karl III. ihm im Jahr 922 einfach eines der wenigen Klöster, über das die Dynastie noch verfügen konnte: Chelles, wo KARLS DES KAHLEN Tochter Rothild Äbtissin war. Sie war außerdem die Schwiegermutter von Hugo dem Großen, dem Sohn Roberts von Neustrien. Diese äußerst unkluge Handlung hatte sofort zur Folge, daß das Heer der ROBERTINER unter Hugos Führung aufgeboten wurde und daß sich nahezu alle Großen vom König lossagten.
    Wenn die Tatsache, daß Rudolf die Nachfolge seines Schwagers Robert [Eigene Anmerkung: Auch wenn im Lexikon des Mittelalters Band VII Spalte 1077 bei Rudolf von Burgund dieselbe Aussage wie bei Robert I. getroffen wird, halte ich Rudolf von Burgund für den Schwiegersohn und nicht Schwager Roberts I. Als Tochter Roberts des Tapferen müßte Emma um 860/65 geboren sein. Ihr Ehemann Rudolf wäre ungefähr 30 Jahre jünger gewesen, denn sein Vater Richard starb erst im Jahre 921, seine Mutter Adelheid nach 929 und sein Bruder Hugo im Jahre 952, so daß Rudolfs Geburtsjahr kurz vor 890 anzunehmen ist.] antrat, das W-Frankenreich wirklich vor so heikle Probleme stellte, muß man sich fragen, warum die zahlreichen Vasallen der ROBERTINER nicht Roberts Sohn Hugo zum König wählten, der sich doch schon als Heerführer ausgezeichnet hatte. Mit diesem Rätsel haben sich bereits mittelalterliche Geschichtsschreiber beschäftigt: Hugo, den man zuweilen den Großen nennt, aber auch den Weißen, um ihn von einem Bruder König Rudolfs, Hugo dem Schwarzen, zu unterscheiden, habe sich, so wird unter anderem behauptet, wegen des plötzlichen Schlachtentods seines Vaters als Fingerzeig des Himmels zu dessen Untreue, nicht für würdig gehalten, König zu werden. Es gibt aber eine viel konkretere Erklärung. Nach einem im karolingischen Gallien stets beachteten Grundsatz mußte der König seine Herrschaft durch die Grafen ausüben lassen; er durfte nicht sein eigener Graf sein. Für einen Großen, dem es gelungen war, zehn Grafschaften oder mehr in seine Gewalt zu bringen, hätte die Annahme der Königswürde also gewissermaßen den politischen Selbstmord bedeutet. Er verlor in diesem Fall ja auf einen Schlag seine sämtlichen Grafschaften, weil er sie als König anderen übertragen mußte. Anders sah die Sache aus, wenn er einen Sohn in regierungsfähigem Alter oder einen absolut zuverlässigen Bruder hatte.
    Das Verhalten der ROBERTINER ist unter diesen Voraussetzungen leicht zu erklären. Als Odo im Jahr 888 die Königskrone annahm, stand ihm sein ergebener Bruder zur Seite, dem er sofort sämtliche Grafschaften übertrug und dazu alle Klöster, deren Laienabt er war. Die Macht seines Hauses erlitt also keinen Schaden, sondern wurde noch vermehrt, weil Robert großzügige Verleihungen des Königs erhielt. Im Jahr 922 hatte Robert selbst einen Sohn, der alle Grafschaften übernehmen und so den ROBERTINERN erhalten konnte. Folglich nahm auch er jetzt die Krone an. Dagegen hatte Hugo der Große beim Tod seines Vaters im Jahre 923 weder Bruder noch Sohn, die das politische Erbe der ROBERTINER hätten bewahren können. Er konnte deshalb eine Wahl zum König nicht annehmen. Man mußte also einen "Ersatzmann" für die Übernahme der königlichen Gewalt suchen, deren eigentliche Aufgabe die Landesverteidigung blieb. Allerdings gab es eine Grundbedingung: An die Position, die sich die Fürsten geschaffen hatten, durfte nicht gerüttelt werden. Der Ersatzkandidat war bereits gefunden; man entschied sich für Rudolf, den Schwager Hugos des Großen [Eigene Anmerkung: Auf Seite 486 war Rudolf noch Roberts Schwager.]. Der hatte einen Bruder, Hugo den Schwarzen, der den Weiterbestand der Dynastie in Burgund und ihre dortige Machtstellung sichern konnte. [Eigene Anmerkung: Wenn die oben gemachten Ausführungen den Tatsachen entsprechen, dann wäre Odo von Paris nur die Marionette seines Bruders Robert gewesen. Auf welchen Machtgrundlagen beruhte sein Königtum und wo rekrutierte er sein Heer? Er wäre imer auf das gute Einvernehmen mit seinem Bruder angewiesen, der die Machtmittel der ROBERTINER tatsächlich in den Händen hielt. Daß es auch zu Streitigkeiten innerhalb der Familie kam, zeigen zum Beispiel die häufigen Auseinandersetzungen im sächsischen Königshaus.]
    Das frühere Gleichgewicht in der Francia zwischen dem karolingischen König, dem reimser Erzbischof, dem Haus VERMANDOIS und den Interessen der ROBERTINER war gestört. Hugo des Großen Verärgerung über die allzu enge Verbindung zwischen Burgund und Vermandois führte zu einer folgenschweren Maßnahme: In Absprache mit Herzog Wilhelm II. von Aquitanien, der König Rudolf noch immer nicht anerkannt hatte, verständigte er sich mit den Loire-Normannen. Die verschonten von da an Neustrien und Aquitanien, dafür durften sie ungehindert nach Burgzund durchziehen.
    Nach dem Tode Karls III. gab der ROBERTINER Hugo der Große seine zurückhaltende Politik auf, denn Heribert von Vermandois war zu mächtig und zu gefährlich geworden. Er verbündete sich mit Rudolf und unternahm in den Jahren 930 bis 934 mehrere, oft sehr strapaziöse Feldzüge, um Heriberts Machtstellung zu vernichten. Im Jahr 932 wurde Reims genommen, wo der junge Hugo von Vermandois durch den neuen Erzbischof Artold ersetzt wurde.
    Als sich Hugo der Große 935 weigerte, die Festung Saint-Quentin an Heribert von Vermandois auszuliefern, zwang ihn ein sächsisch-lothringisches Heer HEINRICHS I. dazu. Wenig später erkrankte Rudolf schwer und starb im Januar 936. Hugo der Große zögerte keinen Augenblick: Nur ein KAROLINGER-König konnte mit Unterstützung der ROBERTINER den Sturz des Hauses VERMANDOIS herbeiführen. Der KAROLINGER Ludwig lebte am Hof seines Onkels Aethelstan, des Königs von Wessex. Die Annäherung war schon vorbereitet worden durch die Eheschließung zwisachen Hugo dem Großen und einer Tochter Aetehlreds.
    Die Restauration der KAROLINGER nach der Regierung Roberts I. und Rudolfs war das Werk Hugos des Großen, damals der mächtigste Mann im Reich. Bis in die kleinsten Einzelheiten wurde vorweg mit König Aethelstan von Wessex vereinbart, wie die Machtübernahme des KAROLINGERS verlaufen sollte. Als Ludwig im Sommer 936 bei Boulogne landete, huldigten ihm Hugo und die übrigen Großen noch am Strand. Auch die Belohung des Königsmachers erfolgte sofort. Schon in der ersten Urkunde des Königs erhielt Hugo den neuen und doch so traditionsreichen Titel dux Francorum. In der zweiten ließ Ludwig dazu eine genauere Erklärung geben: "Hugo, der in allen unseren Reichen nach uns der zweite ist." Der neue Herzog der Franken erhielt also die vom KAROLINGER-König anerkannte und legitimierte Oberhoheit über sämtliche Franken und über die anderen Fürsten. Selbst in der Francia zwischen Seine und Maas, dem einzigen regnum, das bisher dem Königtum unmittelbar vorbehalten war, stand der Herzog jetzt trennend zwischen dem König, seinen Vasallen und seinen Untertanen. Als Ludwig nach der Salbung durch das Gebiet der ROBERTINER geführt wurde, wirkte er wie eine Marionette in den Händen des Herzogs. Er begleitete Hugo sogar auf einem Feldzug gegen Rudolfs Bruder Hugo den Schwarzen, der dem ROBERTINER den Norden Burgunds mit der Grafschaft Sens abtreten mußte. Der Grundsatz, wonach die einzelnen Prinzipate den territorialen Rahmen bildeten, in dem die Fürsten ihre schon weitgehnd erbliche Macht ausübten, wurde so von Hugo dem Großen verletzt. Er betrachtete sich jetzt als princeps über das fränkische Gesamtreich, und wie ein König schickte er den Bischof von orleans als Gesandten zu Papst Leo VII., der ihn als Herzog und "ruhmreichen Fürsten der Franken" anerkannte.
    Die übrigen Fürsten wurden sich schnell darüber klar, daß der ROBERTINER eine Form von Zentralgewalt ausübte, die für ihre eigenen Interessen weitaus gefährlicher war als die des Königs. Sobald Ludwig in das Gebiet der karolingischen Pfalzen, nach Compiegne und Laon zurückgekehrt war, befreite er sich im Jahr 937 aus der Bevormundung des Herzogs. Er verbündete sich mit Hugo dem Schwarzen und ernannte ihn zum marchio. Damit gab er ihm die legitime Herrschaft über Burgund zurück, und das bedeutete Krieg mit Hugo dem Großen.
    Hugo der Große reagierte auf Ludwigs IV. Verhalten damit, daß er die bisherige Bündniskonstellation auf den Kopf stellte: Er schloß sich mit Heribert II. zusammen, den er doch gerade hatte niederzwingen wollen. Dieser Frontwechsel verschaffte Hugo auch das Bündnis mit OTTO I. Im Jahr 937 vermählte er sich mit dessen Schwester Hadwig.
    Ludwig IV. vermochte sich aber nicht in Lothringen zu behaupten und hatte sich im Jahr 940 sogar mit einen Einfall von OTTOS Heer in sein eigenes Reich auseinanderzusetzen. Hugo der Große und Heribert huldigten OTTO in der karolingischen Pfalz Attigny. Die Verbündeten eroberten Reims und setzten erneut Heriberts Sohn Hugo ein. Im November 942 wurde in Vise bei Lüttich Frieden geschlossen: OTTO I. und Ludwig IV. erneuerten ihren Freundschaftsbund. OTTO versöhnte Hugo und Heribert mit Ludwig, dessen Vasallen sie wieder wurden. Ludwig hatte viel verloren, voran seinen Stützpunkt Reims. Andererseits hatte er sich aber vom dominierenden Einfluß Hugos des Großen befreit.
    Hugo der Große, dessen Schwester Adela mit Heribert II. vermählt war, machte sich nach dessen Tod sehr geschickt zum Beschützer seiner Neffen. Er zwang den König dazu, das Erzbistum Reims Artolds Widersacher Hugo von Vermandois zu lassen und die übrigen Söhne Heriberts "als Getreue anzunehmen". Die Nachfolge wurde allerdings erst 946 durch einen Schiedsspruch Hugos des Großen endgültig geregelt.
    Nach der Ermordung Wilhelms I. von der Normandie (27. Dezember 942) brauchte Ludwig die Unterstützung Hugos des Großen, dem sich ein Teil der Normannen, die christlich bleiben wollten, angeschlossen hatte, während andere Ludwig IV. huldigten. Unter beträchtlichen Verlusten brachte der ROBERTINER Evreux in seine Gewalt. Ludwig mußte ebenfalls heidnischen Widerstand überwinden, bevor er in Rouen einziehen konnte. Bei der Nachfolgeregelung für die Söhne Heriberts gab er Hugo nach, und im Jahr 945 gestand er ihm auch wieder den Titel dux Francorum zu, den er ihm seit 937 verweigert hatte. Als gegen Ende des Jahres 944 ein erneuter Feldzug in die Normandie notwendig wurde, konnte Ludwig IV. nochmals die Unerstützung Hugos des Großen gewinnen, dem er die Stadt Bayeux versprach.
    Nachdem er seine Zusage gebrochen hatte, wurde Ludwig am 13. Juli 945 in Rouen gefangengenommen. Die Normannen schickten ihn aber zu Hugo dem Großen zurück, der ihn seinem Vasallen Tedbald, Grf von Blois und Vizegraf von Tours, übergab. Für Ludwigs Heimkehr zur Königin forderte Hugo von Gerberga die Auslieferung der Stadt Laon. Nur unter derart erniedrigenden Bedingungen, die zugleich eine echte politische Katastrophe bedeuteten, konnte der König Ende Mai 946 seine Freiheit wiedergewinnen.
    Unter dem Vorsitz eines päpstlichen Legaten und in Gegenwart der Könige OTTO I. und Ludwig IV. war die "heilige" und "allgemeine Synode" vom 7. bis 9. Juni 948 in Ingelheim ein bedeutendes Ereignis. Die Einheit der fränkischen Welt schien wiederhergestellt. Ludwig brachte seine Klagen vor und erreichte, daß Hugo der Große und Hugo von Vermandois ohne Vorbehalte verurteilt wurden. Zur Frage der weltlichen Gewalt im allgemeinen erklärte die Synode: "Niemand wage es in Zukunft, der Königsgewalt Nachteil zuzufügen oder sie durch ruchlosen Anschlag verräterisch zu entehren." Die Anspielung war eindeutig, sie bezog sich auf die wenig rühmlichen Methoden Hugos des Großen. Sollte er sich nicht unterwerfen, würde er für immer aus der Kirche ausgeschlossen werden.
    Die geistlichen Strafandrohungen zeigten offenbar weiter ihre Wirkung, als Papst Agapet II. auf einer römischen Synode im Jahr 949 die Verurteilung bestätigte, die von den vorhergegangenen Kirchenversammlungen ausgesprochen worden waren. Unter der Vermittlung Konrads des Roten war Hugo der Große jetzt damit einverstanden, daß Verhandlungen eröffnet wurden. Sie führten im Jahr 950 zu einem ersten Friedensschluß an den Ufern der Marne. Hugo lieferte die Zitadelle von Laon aus und bekannte sich erneut als Vasall des Königs. Schon bald kam es allerdings zu erneuten Streitigkeiten zwischen den Vasallen beider Fürsten, und erst am 20. März 953 - das Datum wurde erst kürzlich in einer Handschrift im Escorial entdeckt - konnte in Soissons endgültig Frieden geschlossen werden.
    Das politische Problem Ludwigs IV. waren nicht allgemeine Anarchie und Widerspenstigkeit sämtlicher Fürsten, sondern die übermächtige Stellung eines einzigen von ihnen. Dieser Fürst wollte als dux Francorum die tatsächliche Macht ausüben und dabei den König als Werkzeug benützen, um seinen ohnehin schon enormen Besitz an Ländern, Rechten und Privilegien immer weiter zu vergrößern. Dabei wollte Ludwig aber nicht mitspielen. Seine würdige Haltung und der Mut, den er bewies, verdienen Achtung, trotz der Ungeschicklichkeiten und politischen Fehler, die er beging, bevor sich am Ende seine Lage zu bessern schien. Als er starb, sah es so aus, als wären seine Anstrengungen umsonst gewesen. Seine Witwe Gerberga und sein minderjähriger Sohn Lothar mußten die gleichen Bedingungen annehmen wie Ludwig im Jahr 936, um die Zustimmung Hugos zur Königskrönung Lothars zu erhalten. Wie einst sein Vater, mußte jetzt Lothar die Länder der ROBERTINER bereisen und den Herzog auf einem Feldzug ins Poitou begleiten, das zeitweise in die Gewalt des ROBERTINERS geriet. Selbstverständlich wurde der Titel dux Francorum erneuert.
    Die ausgedehnte Grafschaft Maine, deren Inhaber über einen eigenen Vizegrafen verfügte, war von ihrer Lage her nicht ganz so wichtig, aber doch zu beachten. Robert I. hielt es immerhin für vorteilhaft, seinen Sohn Hugo den Großen mit Judith, der Tochter des Grafen von Maine, zu verheiraten.
    Die so folgenreiche Stellung der ROBERTINER als Grafen-Äbte hat schließlich auch zu dem Beinamen Cappatus, Capetus geführt, der zuerst bei Hugo dem Großen begegnet, dann aber auf dessen Sohn Hugo "Capet" übertragen wurde. Es handelt sich dabei um eine Anspielung auf die cappa, den kurzen Mantel des heiligen Martin, der schon unter den MEROWINGERN und KAROLINGERN zu den Reichsreliquien gehörte.

    Ehlers Joachim: Seite 20,22-24,45, "Die Kapetinger"

    914 versprach der König Roberts Sohn Hugo die ungeschmälerte Nachfolge in der Stellung seiens Vaters, so daß Neustrien jetzt endgültig als ein robertinisches regnum im W-Frankenreich erschien, dem König nur noch über das Lehnsband zu seinem marchio erreichbar und damit unverfügbar.
    Die Mißachtung seines Helfers Reginar, der in Lotharingien die Position eines marchio beanspruchen konnte, verbunden mit der maßlosen Förderung des landfremden Beraters Hagano, der möglicherweise ostfränkischer Herkunft gewesen ist, führte 920 fast alle Grafen der Francia in die Opposition gegen den König, wohl kaum ohne Wissen und Zustimmung der ROBERTINER, die sich allerdings erst an die Spitze des Aufruhrs stellten, als Karl das Kloster Chelles (dep. Seine-et-Marne) an Hagano gab: Äbtissin von Chelles war Rothild, Tochter KARLS DES KAHLEN und Schwiegermutter von Roberts Sohn Hugo, der nun die robertinischen Vasallen aufbot und die Unterstützung seiner Schwäger Rudolf von Burgund und Heribert von Vermandois fand. Am 30. Juni 922 traten in Reims Große aus der Francia und aus Neustrien zusammen und wählten Robert zum König.
    Am 15. Juni 923 ist Robert I. bei Soissons im Kampf gegen Karl III. gefallen, der die Schlacht gleichwohl verlor. Vorbehalte des Adels gegen eine Bestätigung des robertinischen Hauses als königsfähige Dynastie mögen zur darauf folgenden Wahl Rudolfs von Burgund geführt haben, Roberts Schwiegersohn. Danach eröffneten die Großen mit dem Kampf um das karolingische Erbe in der Francia die letzte Phase der politischen Umgestaltung des westfränkischen Kernsgebiets. Dem Erben Roberts I., Hugo Magnus, kam dabei eine Schlüsselrolle zu, aber in wechselnden Koalitionen, von denen auch die Seine-Normannen profitierten, suchten die Grafen von Vermandois, die Anhänger Rudolfs und der KAROLINGER die letzte Entscheidung über das Königtum offenzuhalten, so daß sich für Jahrzehnte ein gewisses Gleichgewicht der Kräfte ergab. Als neutralisierender Faktor für die übrigen der rivalisierenden Anwärter auf die Königswürde konnten sich die KAROLINGER erstaunlich lange halten.
    Weil die sächsischen Könige außerdem begehrte Bundesgenossen westlicher Großer waren, ergaben sich Heiratsverbindungen: OTTOS I. Schwester Hadwig heiratete 937 Hugo Magnus und wurde Mutter des späteren Königs Hugo Capet.
    Dieses nunmehr beide Reiche überspannende Netz wirkte sich dahingehend aus, daß Hugo Magnus (dessen Beiname zur Unterscheidung von seinem Sohn Hugo Capet diente und deshalb nicht "der Große", sondern "der Ältere" bedeutet) nach dem Tod Rudolfs von Burgund 936 nicht das Königtum anstrebte, sondern Karls III. Sohn aus dem englischen Exil zurückrief und am 19. Juni in Laon zum König krönen ließ. Hugos Preis war die ausdrückliche Anerkennung seiner Stellung durch den eigens neugeschaffenen Titel eines dux Francorum, worin nicht nur sprachlich Anklang an den rex Francorum zum Ausdruck kam, sondern vor allem eine neue intermediäre Gewalt, die den König nun auch noch von den marchiones trennen wollte. Keiner der Mächtigen war bereit, das zu akzeptieren, aber 943 gestand Ludwig IV. Hugo zu, von allen Vasallen und Großen der Francia die persönliche Huldigung zu verlangen. Bisher hatte es für die Francia keinen marchio gegeben, jetzt war es ein ROBERTINER.
    Gleichwohl hat das Bedürfnis zur Sicherung seiner Familie Hugo ein weiteres Mal zum Einsatz für eine karolingische Thronfolge bewogen. Als Ludwig IV. am 10. September 954 überraschend an den Folgen eines Reitunfalls starb, wurde sein 13-jähriger Sohn Lothar am 12. November in Reims vom Adel der Francia gewählt und durch Erzbischof Artold geweiht. Auch dieses Mal aber ließ sich Hugo seine Hilfe honorieren, denn Lothar übertrug ihm die Herrschaft in Burgund und Aquitanien. Ohne den Widerstand der aquitanischen Großen hätten damals alle Reichsteile robertinisch werden können, weil Hugo seinen jüngeren Sohn Otto, der den Namen des sächsischen Onkels trug, mit der Erbtochter des Großgrafen (comes praecipuus: D Loth. 2) Giselbert von Burgund verheiraten konnte. Noch ehe ihm der Ausbau seiner neuen Stellung gelang, starb Hugo Magnus am 16. oder 17. Juni 956 und wurde in St-Denis bestattet.
    Hugo Magnus zwang Rudolfs Bruder Hugo aber schon 936, die Grafschaft Langres mit Dijon an Ludwig IV. abzutreten, während der dux Hugo die Grafschaften Sens und Auxerre übernahm. 943 war Hugo Magnus vom König mit dem Regnum belehnt worden, Nachfolger wurde sein Sohn Otto. Nach Ottos Tod 965 folgte ihm sein Bruder Odo, ein Kleriker.

    914 1. oo Judith von Maine, Tochter des Grafen Rotger, x um 900- 926

    926 2. oo Eadhild von Wessex, Tochter des Königs Eduard I., - 937

    14.9.937 3. oo Hadwig von Sachsen, Tochter des Königs HEINRICH I., 922-9.1.nach 958

    Kinder:
    3. Ehe
    - Beatrix 938-23.9.nach 987
    954 oo Friedrich I. Herzog von Ober-Lothringen - 18.5.978
    - Hugo Capet König von Frankreich 940-24.10.996
    - Emma 945-18.3.968
    960 oo 1. Richard I. Herzog von der Normandie um 933-20.11.996
    - Odo Herzog von Burgund 945-23.2.965
    - Otto-Heinrich Herzog von Burgund 948-15.10.1002

    Illegitim
    - Heribert Bischof von Auxerre (971-996) - 23.8.996

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 89-92 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 54-153 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 37,49,63-65,83-85,128,130 - Boshof Egon: Die Salier. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1987 Seite 13,34 - Douglas David C: Wilhelm der Eroberer Herzog der Normandie. Diederichs Verlag München 1994 Seite 37-38 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 13,20,22-24,29, 45,61 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 24,27,29,38,41-45,51,54,104 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 33,36,40-44,47-59,61,73,94,100 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 293,295-297 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 20,28,34-39,42,45,65,130,271,274,282,288 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 76,96,101,108,120,124-132,139,162,164,171 - Kienast Walter: Der Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis 12. Jahrhundert). R. Oldenbourg Verlag München - Wien 1968 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 66,68-75 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 293,299,305-309,311,321,375 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 203,206-210,212-214,224 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 122,128,130,135 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 5/6-407/08 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 462 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 482,484,486-489,492-499,501,504,508,510,515,518 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 64,104,114,121,123,193,196,238 -

    Gestorben:
    16./17.6.956

    Hugo heiratete von Sachsen, Hadwig am 14 Sep 937. Hadwig (Tochter von von Sachsen, Heinrich I. und von Ringelheim, Mathilde) wurde geboren in 922; gestorben nach 958. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 231. von Frankreich, Hugo Capet  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 940 in Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; gestorben am 24 Okt 996 in Melun [77000],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.
    2. 232. von Franzien, Beatrix  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 938; gestorben nach 987.
    3. 233. von Franzien, Emma  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 945; gestorben am 18 Mrz 968.
    4. 234. von Burgund, Otto  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 945; gestorben am 23 Feb 965.
    5. 235. von Burgund, Otto Heinrich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 948; gestorben am 15 Okt 1002 in Pouilly-sur-Saône [21250],Côte-d’Or,Burgund,Frankreich.

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 236. von Auxerre, Heribert  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 23 Aug 996.

  9. 189.  im Einrichgau, Hugo Graphische Anzeige der Nachkommen (144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 977, Einrichgau,Rheinland-Pfalz,Deutschland; Graf im Einrichgau bezeugt 977

    Notizen:

    Hugo Graf im Einrichgau bezeugt 977
    Sohn des Grafen Udo I. von der Wetterau aus dem Hause der KONRADINER und einer namentlich unbekannten Gräfin von Vermandois, Tochter von Graf Heribert I.

    oo Tietwindis, Tochter eines comes Alemanniae und der Imma
    Kinder:
    - Heribert Erzbischof von Köln (999-1021) um 965-16.3.1021
    - Heinrich I. Bischof von Würzburg (995-1018) -14.11.1018
    - Tochter

    Familie/Ehepartner: Tietwindis. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 237. von Köln, Heribert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 965; gestorben am 16 Mrz 1021; wurde beigesetzt in Köln-Deutz [50679],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland.
    2. 238. von Würzburg, Heinrich I.  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 14 Nov 1018.

  10. 190.  von der Wetterau, Gebhard III. Graphische Anzeige der Nachkommen (144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 918/920; gestorben in 938 in Belecke [59581],Soest,Nordrhein-Westfalen,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Lahngau,Deutschland; Graf im Lahngau

    Notizen:

    Gebhard III. Graf im Lahngau
    ca 918/20- 938 gefallen vor Belecke
    Ältester Sohn des Grafen Udo I. von der Wetterau aus dem Hause der KONRADINER und einer namentlich unbekannten Gräfin von Vermandois, Tochter von Graf Heribert I.
    (Nach Jackmann/Fried hieß die Mutter Adela von Vermandois)

    Brandenburg Erich: Tafel 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation 8.
    Gebhard
    * ca. 920, + 938
    Anmerkungen: Seite 121VII. 8. Gebhard
    Todesjahr Widukind 2, 11. Da er im Kampf fiel, muß er damals erwachsen gewesen sein. [VII 10]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 463, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 10
    Das Geburtsjahr Gebhards darf mit Rücksicht auf die Lebensdaten seiner Mutter etwas früher vermutet werden. (Brandenburg "c 920").
    Gebhard III. fiel bei der Empörung Thankmars gegen OTTO I. im Kampf um Belecke gegen die Aufständischen.

    Beumann, Helmut: Seite 59 , "Die Ottonen"

    Thankmar brachte jetzt die Burg Belecke bei Warstein (Arnsberger Wald) in seine Hand und lieferte seinen dort verschanzten Halbbruder Heinrich als Gefangenen an Eberhard aus. Bei diesem Kampf kam der KONRADINER Gebhard ums Leben, der Brudersohn Herzog Hermanns von Schwaben, der daraufhin an die Seite des Königs trat. Das konradinische Lager war hinfort gespalten.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 46,47, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert"

    Gegen dieses System hat jüngst K. Schmid; Probleme um den "Grafen Kuno von Öhningen", in: Dorf und Stift Öhningen, hg. von H. Berner (1966) Seite 87f., gewisse Bedenken angemeldet. Er weist darauf hin, daß Udos I. bezeugter Sohn Gebhard bereits 938 im Kampfe fiel, er also schon kurz vor 920 geboren sein dürfte, während Konrad, der als sein Bruder anzusetzen ist, doch erst 982 Herzog von Schwaben geworden ist und 997 starb.

    Holtzmann Robert: Seite 117, "Geschichte der sächsischen Kaiserzeit"

    Aber es ging nicht alles so, wie die Empörer wollten. Es war dem Herzog Eberhard von Franken gelungen, auch ein jüngeres Mitglied seines Hauses auf seine Seite zu ziehen, Gebhard, einen Sohn des rheinfränkischen Grafen Udo (der ein Bruder Hermanns von Schwaben und mithin ein Vetter Eberhards war). Dieser Gebhard ist im Kampf um Belecke gefallen, und das schien den anderen KONRADINERN, Hermann, Udo und ihrem Vetter Konrad Kurzbold, ein Gottesgericht, so daß sie um so fester auf der Seite des Königs aushielten.

    Widukind von Corvey: Seite 119, "Die Sachsengeschichte"

    Es verband sich aber auch Thankmar mit Eberhard, brachte eine starke Mannschaft zusammen und belagerte mit ihr den Stützpunkt Belecke, in dem sich der jüngere Heinrich befand; und nachdem er die Burg seinen Kriegsgefährten zur Plünderung übergeben hatte, zog er ab und führte Heinrich wie einen gemeinen Knecht mit sich fort. Dort aber wurde Gebhard, der Sohn Udos, des Bruders von Herzog Hermann, getötet; wegen seines Todes haben sich nach Gottes Ratschluß die führenden Männer unter den Franken entzweit.

    Literatur:
    Beumann, Helmut: Die Ottonen, Verlag W. Kohlhammer, 1991 Seite 59 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969 Seite 46 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 117 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 463 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981 Seite 119 -

    Gestorben:
    gefallen vor Belecke


  11. 191.  von der Wetterau, Udo II. Graphische Anzeige der Nachkommen (144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 920/925; gestorben am 14 Jul 982 in Cotrone [88900],Kalabrien,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Rheinfranken,Deutschland; Herzog in Rheinfranken
    • Titel/Amt/Status: 949-982, Wetterau,Hessen,Deutschland; Graf der Wetterau

    Notizen:

    Udo II.
    Graf der Wetterau (949-982)
    Herzog in Rheinfranken
    ca 920/25-14.7.982 gefallen Cotrone

    Sohn des Grafen Udo I. von der Wetterau aus dem Hause der KONRADINER und einer namentlich unbekannten Gräfin von Vermandois, Tochter von Graf Heribert I.
    Neffe des Herzogs Hermann I. von Schwaben
    (Nach Jackman/Fried als Udo III. Herzog von Elsaß Sohn des Herzogs Konrad I. von Elsaß und der Judith/Jutta von Öhningen)
    Josef Heinzelmann macht wahrscheinlich, daß die drei Brüder Konrad, Heribert und Udo und ihre Schwester Judith nicht unbedingt Söhne bzw. Tochter des Grafen Udo I. von der Wetterau sein müssen, sondern dessen Enkel oder Schwiegersöhne gewesen sein könnten

    Althoff Gerd: Seite 407, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 88, Lü: 14.7. Vdo + 982 Graf von Rheinfranken

    Zum Eintrag vgl. G 87.
    Der KONRADINER Udo war der Bruder Judiths (G 140), der Gemahlin Heinrichs von Stade. Mit der Stader Grafenfamilie waren die BILLUNGER verwandtschaftlich verbunden und politisch verbündet; vgl. G 45.
    Udo fiel in der Schlacht bei Cotrone; vgl. BMi Nr. 874b; allg. siehe auch FW H 5 mit weiteren Literaturhinweisen.

    Brandenburg Erich: Tafel 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation 10.
    Udo der Jüngere, Graf in der Wetterau 949
    * ca. 920, + 982 15. VII.
    Anmerkungen: Seite 121, VII. 10. Udo
    Thietmar 2, 20 [VII 12]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 463, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 12
    Zu Udo vgl. E. E. Stengel, Abhandlungen und Untersuchungen zur hessischen Geschichte 444.
    Den Todestag gibt Brandenburg irrig mit 982 VII 15 an, was in 982 VII 13 zu korrigieren ist.

    Udo II. hatte von seinem Vater die Grafschaft in der Wetterau geerbt und übte außerdem noch Grafenrechte im Moselgebiet aus, nämlich im Maienfeld und im Trechirgau. Wahrscheinlich ist er auch mit jenem fränkischen Udo zu identifizieren, der 9664 in einer militärischen Stellung in Oberitalien erscheint und 966 wegen Hochverrats von OTTO I.in die Verbannung geschickt wurde. Völlig gesichert ist aber, daß er in der Schlacht bei Cotrone gegen die Araber fiel. Bei dieser Gelegenheit erhält er einige Male den Titel "dux", allerdings ohne Zusatz. Es ist möglich, daß diese Bezeichnung eine militärische Führerstellung ausdrückt.

    Holtzmann Robert: Seite 170,269 , "Geschichte der sächsischen Kaiserzeit"

    Nur in Franken ist ein wirklicher Herzog, das heißt eine Gewalt, unter der Grafen standen, auch jetzt nicht mehr bestellt worden. Das Deutsche Reich war ein Teil des alten Frankenreiches, hieß gleich dem französsichen zumeist noch einfach regnunum Francorum, Reich der Franken, und das Gebiet des fränkischen Stammmes galt als das eigentliche Königsland, wo es keiner herzoglichen Gewalt bedurfte. Wenn später der KONRADINER Udo II., Graf in der Wetterau, der Sohn des gleichnamigen Siegers von Andernach, den herzoglichen Titel trägt und die Nachkommen Konrads des Roten, deren Grafschaften im Wormsfeld und Speyergau lagen, als "Herzöge von Worms" erscheinen, in Mainfranken der Bischof von Würzburg sich Herzog nennt, so sind das nur Titel für Großgrafen und hohe Herren, die keine andere Grafen unter sich hatten.
    Mit dem Fanatismus des Moslem überfielen die Araber nun das ungeschützte Heer der Deutschen und bereiteten ihm eine furchtbare Niederlage. Fast die ganze deutsche Mannschaft wurde vernichtet, unter den Gefallenen befanden sich Bischof Heinrich von Augsburg, Herzog Udo II. von Rheinfranken, Markgraf Gunther von Merseburg, Graf Dedi von Wettin, von den Italienern Landulf von Capua und ein anderer Sohn des Eisenkopfes.

    Eickhoff, Ekkehard: Seite 73, "Theophanu und der König"

    Tausende von christlichen Kriegern mit ihren Anführern wurden erschlagen. Darunter waren Bischof Heinrich von Augsburg, der rheinfränkische Herzog Udo, Richer, der Träger der heiligen Lanze, und jener Graf Konrad, der wenige Stunden zuvor seinen reichen Besitz dem heiligen Gregor von Gorze gestiftet hatte: insgesamt 19 Fürsten und Grafen.

    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 57,59,98,407 G 88 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 149 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996 Seite 73,84 - Fried, Johannes: Prolepsis oder Tod? Methodische und andere Bemerkungen zur Konradindiner-Genealogie im 10. und frühen 11. Jahrhundert - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 46-49,54 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 170,269,274 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 55 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 463 -

    Gestorben:
    gefallen


  12. 192.  von Schwaben, Konrad Graphische Anzeige der Nachkommen (144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 915/920; gestorben am 20 Aug 997.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Wetterau,Hessen,Deutschland; Graf der Wetterau
    • Titel/Amt/Status: 949-997, Rheingau,Hessen,Deutschland; Graf im Rheingau
    • Titel/Amt/Status: 982-997, Schwaben,Deutschland; Herzog von Schwaben

    Notizen:

    Konrad Herzog von Schwaben (982-997)
    Graf der Wetterau
    Graf im Rheingau (949-997)
    915/20-20.8.997

    Jüngerer Sohn des Grafen Udo I. von der Wetterau aus dem Hause der KONRADINER und einer namentlich unbekannten Gräfin von Vermandois, Tochter von Graf Heribert I.
    Neffe des Herzogs Hermann I. von Schwaben
    Nach Jackman/Fried Konrad II. von Öhningen, Herzog von Schwaben, Sohn des Herzogs Konrad I. von Elsaß und der Judith/Jutta von Öhningen
    Josef Heinzelmann macht wahrscheinlich, daß die drei Brüder Konrad, Heribert und Udo und ihre Schwester Judith nicht unbedingt Söhne des Grafen Udo I. von der Wetterau sein müssen, sondern dessen Enkel oder Schwiegersöhne gewesen sein könnten

    Brandenburg Erich: Tafel 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation
    9.
    Konrad, Graf um Rheingau 949, Herzog von Schwaben 982
    * ca. 920, + 997 20. VIII.
    Anmerkungen: Seite 121
    VII. 9. Konrad

    Wenck, Hessische Landesgeschichte 1, 200 [VII 11]

    Ergänzungen (Wolf):
    Seite 6:
    VII 9 Konrad Herzog von Schwaben, * ca. 940 (nicht 920) war (nach Armin Wolf, Wer war Kuno von Öhningen? in: Deutsches Archiv 36, 1980, 25-85; inzwischen weithin akzeptiert, auch von Eduard Hlawitschka, Untersuchungen 1987 vertreten) identisch mit Kuno von Öhningen, der nach der Genealogia Welforum cap. 4 und der Historia Welforum cap. 6 zahlreiche Kinder und weitere Nachkommen hatte (WELFEN, Rheinfelden, Zähringen, Diessen-Andechs).
    VIII 13 hatte also noch Geschwister (vgl. Wolf 1980 Seite 28).
    Strittig ist die Gemahlin Konrads von Öhningen-Schwaben. Nach Wolf war es die in der Genealogia Welforum und Historia Welforum als Gemahlin Kunos (von Öhningen) genannte "filia Ottonis Magni imperatoris" (Richlint), die eine Tochter Ludolfs, also nicht Tochter, sondern Enkelin OTTOS DES GROSSEN war (filia = Nachkommin, vom Stamme OTTOS, vgl. Söhne Abrahams).
    Für Richlint jetzt auch Donald C. Jackman und Johannes Fried (siehe Stammtafel der Konradiner Seite 92). Hlawitschka hält an der erstmals 1906 bei von Dungern auftretenden Annahme fest, Herzog Konrad von Schwaben sei mit Jutta/Judith verheiratet gewesen. Hlawitschka sieht in ihr eine Tochter Adalberts von Marchtal. Zu dem Streit zusammenfassend: Armin Wolf: Quasi hereditatem inter filios, Zur Kontroverse über das Königswahlrecht im Jahre 1002 und die Genealogie der Konradiner, in: Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Germanische Abteilung 112, 1995, 64-157.
    Für Wolf waren die Eltern Konrads von Öhningen/Schwaben unbekannt, sein Vater war jedenfalls nicht der von Brandenburg genannte Udo von der Wetterau.
    Nach Jackman und Fried war der Vater der 982 verstorbene Konrad (Herzog vom Elsaß).
    VII. 9-11 sind demnach an anderer Stelle einzuordnen. An ihrer Stelle ist als Sohn Udos von der Wetterau neben Gebhard (+ 938), Udo, Bischof von Straßburg 950, + 965 (Continuatio Reginonis Seite 164 und 176) einzutragen.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 463, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation
    11
    Vermutungen zur Gattin Konrads und dem Datum seiner Ehe (963/64) bei Decker-Hauff, Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 15 (1955) 267f.
    Konrad war schon seit 948 Graf im Lobdengau, Rheingau und der Wingarteiba. Bei der Verteilung der Ämter und Lehen im konradinischen Einflußbereich hatte Konrad nach dem Tode seines Vaters 949 neben dem Rheingau auch den südlichsten bzw. südöstlichsten, Regenbach am nächsten liegenden, Bereich übernommen, während seine Brüder Heribert und Udo als dux andere Herrschaftsschwerpunkte innehatten. Er war eine treue Stütze der OTTONEN, zog 982/83 auch mit nach Italien und folgte seinem Verwandten Otto als Herzog von Schwaben.
    Für seine starke Stellung in Franken spricht auch seine Bezeichnung als "dux Francorum" durch die Quedlinburger Annalen zu 984. Er nannte sich als erster "Herzog von Alemannien und Elsaß", unterstützte im deutschen Thronkrieg 983-985 neben Erzbischof Willigis von Mainz OTTO III. am aktivsten gegen Heinrich II. den Zänker von Bayern. Konrad spielte in diesen Auseinandersetzungen eine wichtige Rolle, versuchte neben König Konrad von Burgund zu vermitteln und hat durch seine Entscheidung für OTTO und die Kaiserinnen die schnelle Festigung dieser Regierung erst möglich gemacht. Auf dem Hoftag zu Ostern 986 diente er dem königlichen Kind als Kämmerer. Obwohl die inzwischen wieder mächtig gewordenen POPPONEN, die alten Rivalen seines Hauses in Franken, auch auf Seiten des Königshauses standen, blieb das gute Einvernehmen der KONRADINER mit OTTO III. auch weiter bestehen. Immer wieder war Konrad am Königshof bezeugt, eine Reihe von Urkunden nannten ihn als Intervenienten, 990 nannte ihn OTTO "noster fidelissimus Alemannorum dux Chuonradus". Er sicherte die herzogliche Macht und kaiserliche Autorität im Land. Konrad hatte als Herzog offenbar nicht die enge Verbindung zu einer schwäbischen Adelsfamilie und deren Besitz, wohl aber eigenen Familienbesitz in angrenzenden Gebieten im Norden und Westen. Herzog Konrad war eine mächtige und wichtige Stütze der Vormundschaftsregierung und des jungen Königs. Der Preis für seine Loyalität war der territoriale Ausbau der Herzogsmacht ins Elsaß und damit eine gewisse Veränderung in der Art des Herzogtums, denn der Besitz im Elsaß war nicht mehr herzogliche Amtsgewalt im älteren Sinne, sondern Belehnung. Gegen die zu mächtig gewordenen POPPONEN und KONRADINER förderte OTTO III. später das Bistum Würzburg. Am 20. August 997 starb Konrad eines plötzlichen Todes und sein Sohn Hermann folgte ihm als Herzog von Schwaben nach.
    Konrad konnte von der neueren Forschung als "Kuno von Öhningen" identifiziert werden.

    Heine Alexander (Hg.): Seite 24,25,39, "Geschichte der Welfen"

    Genealogie der Welfen

    4. Rudolf nahm eine Gemahlin aus dem Hause ÖHNINGEN [Öhningen bei Radolfszell. Itas Gemahl war nicht der Bruder des heiligen Konrad, sondern dessen Neffe.] namens Ita, deren Vater der sehr edle Graf Kuno war, die Mutter aber eine Tochter des Kaiser OTTO DES GROSSEN. Dieser Kuno zeugte vier Söhne, Egebert, den Markgrafen von Stade, Leopald, Liutold und Kuno, und vier Töchter, deren eine sich unserem Rudolf, die andere mit einem von Rheinfelden, einem Ahnherrn der ZÄHRINGER, die dritte mit dem König der Rugier und die vierte mit dem Grafen von Andechs vermählte. Rudolf zeugte mit seiner Gemahlin Heinrich, welcher bei Lana auf der Jagd von einem Stein zerschmettert wurde, und Welf, den ersten dieses Namens.
    6. Mit derselben Ita erzeugte Rudolf auch Richarda, welche das Kloster Ebersberg gründete, da sie von einem der reichsten Grafen Baierns seine Söhne empfing.

    Geschichte der Welfen

    6. Rudolf, der Bruder des Vorigen, nahm eine Gemahlin namens Ita aus dem Hause ÖHNINGEN [Die Verwandtschaft der Ita ist der Genealogie der Welfen entnommen. Diese Angaben sind teilweise falsch, OTTO hatte keine Tochter Richlint, es gab keinen Grafen Eggebert von Stade, ein Graf Kuno von Öhningen ist unbekannt, Diessen und Andechs werden gleichberechtigt genannt.], deren Vater der sehr edle Graf Kuno, die Mutter aber eine Tochter des Kaisers OTTOS DES GROSSEN namens Richlint war. Dieser Kuno zeugte vier Söhne, Eggebert, Kuno, Liutold und Leopalt. Der erste von ihnen, nämlich Eggebert, hatte die Mark gegen die Dänen an der Grenze Sachsens, Stade genannt, und zeugte Söhne und Töchter, welche sich in verschiedene Länder zerstreut haben. Derselbe Kuno hatte auch vier Töchter, deren eine unseren Rudolf, eine andere einen von Rheinfelden, Ahnherrn der ZÄHRINGER, eine dritte den König der Rugier und eine vierte den Grafen von Dießen heiratete. Der genannte Rudolf erzeugte mit Ita zwei Söhne, Heinrich und Welf, und eine Tochter Richgarda [In Wirklichkeit hieß diese Tochter Richlindis.].

    Thietmar von Merseburg: Seite 118,122,176, "Chronik"

    Der Herzog aber gewann alle bairischen Bischöfe und einige Grafen für sich; dann zog er im Vertrauen auf diese Bundesgenossen nach Franken und lagerte sich zu Verhandlungen mit den Fürsten jener Gegend auf den Wiesen für Bürstadt. Willigis, der damalige Leiter der Mainzer Kirche, Herzog Konrad [von Schwaben, KONRADINER, 983-997. Vater: II, 34. Bruder: Udo vgl. VII, 20 Anmerkung 82.] und die übrigen Großen fanden sich ein.
    Das nächste Osterfest feierte der König in Quedlinburg [4.4.986: Herzog Heinrich von Baiern, Herzog Konrad von Schwaben, Herzog Heinrich von Kärnten, Herzog Bernhard von Sachsen]; hierbei dienten vier Herzöge: Heinrich als Truchseß, Konrad als Kämmerer, Heinrich der Jüngere als Schenk, Bernhard als Marschall.
    In dieser Zeit starben zu unserer Trauer der treffliche Herzog Konrad von Schwaben [20.8.997], sein Bruder Graf Herbert sowie der wackere Markgraf Hodo eines plötzlichen Todes.

    Stälin Paul Friedrich: Seite 190, "Geschichte Württembergs"

    Als Nachfolger für Schwaben, von welchem Bayern nunmehr wieder getrennt ward, ernannte Kaiser OTTO II. Konrad (982-997), den Sohn des Grafen Udo in der Wetterau und einer Gräfin von Vermandois, einen Brudersohn von
    Herzog Hermann I. von Schwaben, dessen Enkel Herzog Otto I. gewesen war. Konrad blieb auch in seinem Stammlande Franken sehr einflußreich und besaß wohl von der väterlichen Erbschaft her die eine oder andere Grafschaft in dieser Provinz. Von der Tätigkeit dieses Herzogs, welcher wie sein Nachfolger neben dem Titel dux Alamanniae auch noch den Namen eines dux Alsaciorum führte, teilen uns die dürftigen Geschichtsschreiber dieser Zeit nur sehr wenig mit. Alsbald nach OTTOS II. Tode (7. Dezember 983) erhielt er Gelegenheit, seine Treue gegen dessen Sohn und Nachfolger, den jungen OTTO III., zu erproben. An ihm und dem einflußreichen Erzbischof Willigis von Mainz scheiterten die Verführungsversuche des nach der Krone lüsternen Heinrich von Bayern auf dem Tage zu Bisenstätt (heutzutage Bürstadt zwischen Worms und Heppenheim) im Jahr 984, und so sah sich Heinrich hierdurch besonders genötigt, seine Absichten auf das Königtum aufzugeben. Bei OTTO versah Konrad zu Quedlinburg am Osterfeste des Jahres 985 das Amt des Kämmerers, und der König erschien selbst zur Zeit seiner Regierung einige Male in Schwaben, so insbesondere den 14. November 994 auf dem Hohentwiel. Im Jahr 996 war er unter anderen auch von Schwaben und Franken begleitet, als er in Italien seinen Neffen Bruno, den Sohn Ottos, des Grafen im Kraichgau und Herzogs von Kärnten, als ersten deutschen Papst einsetzte. Im folgenden Jahre, den 20. August, starb Herzog Konrad eines jähen Todes.

    Weinfurter, Stefan (Hg.): Band I, Seite 226, "Die Salier und das Reich"

    Doch deren Herzogsherrschaft in Schwaben beruhte wesentlich auf konradinischer Grundlage und bewegte sich in konradinischen Bahnen, und als in der zweiten Generation mit den kinderlioosen Herzog Otto im Jahre 982 endete, wurde das Herzogtum gegen bayerisch-liudolfingische Ansprüche wiederum an einen KONRADINER gegeben: an Hermanns Neffen Konrad (Herzog 982/83-997). Um eine herausragende adelige Stellung in Schwaben behaupten zu können, wurde deshalb in der Folgezeit die Verwandtschaft mit Herzog Konrad bedeutsamer als liudolfingische Abkunft. Denn in den Händen Konrads und seines Sohnes Herzog Hermanns II. (996/97-1003) scheint ganz beträchtlicher Besitz zusammengekommen zu sein. Einerseits dürfte dank der Ehe Herzog Hermanns I. mit Reginlinde, der Witwe des HUNFRIDINGERS Burchard II., über deren Schwiegersohn Liudolf und dessen Sohn Otto die Verfügungsgewalt über erhebliche Teile des Familiengutes der alten "hunfridingischen" Herzogssippe - von dem "der dem karolingischen Fiskus entstammenden Besitz wohl nicht klar geschieden wurde" - an Herzog Konrad und Herzog Hermann II. gelangt sein; daß Konrad seine Herzogsherrschaft in Schwaben durchzusetzen vermochte, bedeutet doch wohl, daß er sich der Machtbasis Herzogs Ottos zumindest teilweise versichern konnte. Konrad und Hermann II. verfügten andererseits über alaholfingischen und burgundisch-schwäbischen, das heißt wiederum hunfridingischen Besitz - Konrad von seiner alaholfingischen Gattin Judith, Hermann von seiner burgundischen Gattin Gerberga, die den Namen ihrer Großmutter, einer Schwester Kaiser OTTOS DES GROSSEN, trug, aber ebenfalls eine Großnichte Herzog Burchards II. war. Weil Hermann II. 1002 das Königtum HEINRICHS II. zu verhindern suchte und dabei scheiterte, konnte HEINRICH die konradinische Stellung im Oberrheinraum - im Elsaß und Breisgau - schwächen, wo er Gegenkräfte förderte, doch er tat dies keineswegs im übrigen Schwaben. Nach Hermanns II. und seines über das Knabenalter kaum hinausgelangten Sohnes (Hermann III., 1003-1012) Tod erbten die Töchter, von denen er "hinreichend viele" hatte: Mathilde, Gisela und Beatrix.

    Althoff Gerd: Seite 149,161,168, "Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat"

    Und in der Tat kam OTTO im Mai nach Verona zu einem Hoftag, auf dem eine Reihe wichtiger personeller Entscheidungen fielen. Schwaben erhielt Konrad aus dem Geschlecht der KONRADINER, ein Bruder des Cotrone gefallenen Grafen Udo. Wie so häufig erfahren wir kein Wort darüber, welche Kräftegruppen sich für die beiden Herzöge eingesetzt haben.
    Dabei aber ließ man es nicht bewenden. Vielmehr feierte man das nächste Osterfest (986) in Quedlinburg, und damit vielleicht nicht zufällig an dem Ort, an dem sich Heinrich zwei Jahre zuvor öffentlich als König hatte feiern lassen. Hier griff man zu einem Ritual, das schon bei der Aachener Königserhebung OTTOS DES GROSSEN 936 oder derjenigen OTTOS II. 961 benutzt worden war. Thietmar erwähnt es als einziges Detail der Feier: "hier dienten vier Herzöge: Heinrich (der Zänker) als Truchseß, Konrad als Kämmerer, Heinrich der Jüngere als Mundschenk, Bernhard als Marschall" (IV, 9). Dieser Dienst der Herzöge bei der Festfeier symbolisierte ihre Dienstbereitschaft gegenüber dem jungen König und damit versprachen sie dieses Verhalten auch für die Zukunft.
    Doch auch in dieser zugespitzten Lage entschloß man sich noch einmal, durch Vermittler einen Ausgleich zu versuchen. Hierzu sollten neben den Hauptbetroffenen, Ludwig V., seiner Mutter Hemma und Erzbischof Adalbero, die Kaiserin Adelheid als Mutter Hemmas und damit Großmutter Ludwigs, sowie Herzog Hugo Capet und Herzog Konrad von Schwaben zusammenkommen.

    Althoff, Gerd: Seite 47,61, "Otto III."

    Nach Heinrichs Mißerfolgen in Sachsen und Erfolgen in Bayern hing nun von der Entscheidung der fränkischen Großen sehr viel ab. Als herausragende Vertreter dieser fränkischen Fürsten, die sich mit Heinrich in Bürstadt bei Worms zu Verhandlungen trafen, werden von Thietmar Erzbischof Willigis von Mainz und der Schwaben-Herzog Konrad, der ein Franke war, genannt. Die Verhandlungen erbrachten ein eindeutiges, für Heinrich jedoch keineswegs erfreuliches Ergebnis: Die fränkischen Großen waren unter keinen Umständen bereit, von der Thronfolge OTTOS III. Abstand zu nehmen.
    Auch zum Jahre 987 erfahren wir wieder von Initiativen, mit denen Fürstinnen den Frieden zwischen den verfeindeten Parteien herbeiführen wollten. Wieder war es Herzogin Beatrix, auf deren Initiative sich Kaiserin Adelheid, Herzog Konrad von Schwaben, König Ludwig, Königin Hemma und Herzog Hugo Capet treffen sollten, um üer den Frieden zu verhandeln.

    Schneidmüller Bernd/Weinfurter Stefan (Hrsg.): Seite 271,279,286,289, "Ottonische Neuanfänge. Symposium zur Ausstellung "Otto der Große, Magdeburg und Europa"

    In die Zeit nach Theophanus Tod und vor OTTOS III. Volljährigkeit fallen erstmalige Interventionen für ihre eigene Klostergründung Selz im Elsaß [Stets Adelheid, ggf. genannte Mitinterveninten): DD O III. 77 (Äbtissin Mathilde von Quedlinburg), 78,79,86 (Erzbischof Willigis von Mainz und die Bischöfe Hildibald von Worms und Notger von Lüttich), 87a ud b sowie 88 (Mitintervenienten wie in 86), 130 (Erzbischof Willigis von Mainz, Bischof Hildibald von Worms, die Herzöge Heinrich der Zänker, Konrad von Schwaben und Otto von Kärnten), 137 und 160; ferner die Fälschung D O III. 159.] und für Sophia, ihre Enkelin.
    Die anderen drei Fälle aus den Jahren 992-994 zeigen den Zänker zusammen mit einer größeren Zahl von Mitintervenienten für nichtbayerische Empfänger, davon zwei mit Herzog Konrad von Schwaben, der gerne als sein großer Rivale gezeichnet wird; in diesen Jahr sind aber generell viele Mitintervenentionen der anderen Herzöge zu verzeichnen [Herzog Konrad von Schwaben ist 992-996 ebenfalls dreimal als Mitintervenient belegt, vgl. DD O III. 83,130 und 231.].
    Die Initiative für Adelheids Erscheinen ging von einer Gruppe geistlicher und weltlicher Großer aus - heißt es doch in den Quedlinburger Annalen ausdrücklich, daß die Anhänger OTTOS III. Boten nach Pavia zu Adelheid schickten, um ihr Erscheinen und um ihren Rat - consilium - baten, wenn sie für die Königsherrschaft und ihren Enkel Sorge trage - si quid de regno ac nepote curaret. Dieselbe Quelle bemerkt auch, daß Adelheid nicht etwa allein, sondern zusammen mit ihrer Tochter Mathilde, der Äbtissin von Quedlinburg, mit ihrem Bruder, König Konrad von Burgund, mit Herzog Konrad von Schwaben sowie mit - leider ungenannten - Großen aus Italien, Gallia, Schwaben, Franken und Lothringen im Norden erschien.
    Mitinterventionen können sich aus persönlichen Beziehungen zur Herrscherin erklären, sie könen aber auch den Anspruch der Großen auf Mitwirkung an der Herrschaft gemäß ihrem Rang und ihrer Stellung widerspiegeln. Dieser Anspruch auf Teilhabe konnte offenbar auch Rivalen in ihrem Handeln zusammenführen, wie etwa die Herzöge Heinrich den Zänker und Konrad von Schwaben in einer gemeinsamen Intervention zugunsten des Klosters Einsiedeln.

    Eickhoff, Ekkehard: Seite 84,104,109,112,114,134,222,224,308,407,416,426,451, "Theophanu und der König"

    Auf der Veroneser Versammlung wurde mit Schwaben Konrad, der Bruder des in Cotrone gefallenen Grafen Udo aus dem rheinfränkischen Hause der KONRADINER, belehnt, die um Limburg, Weilburg und Wetzlar reiche Güter besaßen.
    Als die Könige Lothar und Ludwig mit großem bewaffneten Aufgebot in Breisach erschienen, stießen sie dort auf Herzog Konrad von Schwaben, der Theophanu und OTTO III. treu ergeben war. Die Könige mußten unverrichteter Dinge zurück.
    Die beiden Parteien trafen sich Mitte Mai 984 bei Bürstadt, dem Königshof am Rande des Lorscher Waldes. Dort traf Heinrich der Zänker auf Erzbischof Willigis, Herzog Konrad von Schwaben und den fränkischen Hochadel mit deren Gefolge. In den Verhandlungen, die nun in vetrtraulichem Kreis geführt werden mußten, konnte der hochbegabte Empörer seine ganze Berdesamkeit spielen lassen, um die Fürsten auf seine Seite zu bringen. Das Verhältnis der Kräfte wendete sich nun so eindeutig gegen Heinrich, daß er sich in eine gewaltlose Regelung fügte.
    Von Mainz reisten die Kaiserinnen weiter nach Rara in Thüringen; unterwegs schlossen sich ihnen Herzog Konrad von Schwaben und eine steigenden Zahl von fürstlichen Anhängern mit ihrem Gefolge an.
    Die mächtigen Vermittler der Friedenentscheidung, König Konrad von Burgund, Herzog Konrad von Schwaben und die italienischen Fürsten, kehrten in ihre Reiche zurück.
    Denn unter den hochadligen Familien waren es vier, die trotz ihrer verwandtschaftlichen Verbindungen mit den anderen großen Geschlechtern diesen an Macht und Ansehen weit überlegen waren. Schließlich gehörten neben LIUDOLFINGERN, SALIERN und LUITPOLDINGERN die an der Lahn begüterten KONRADINER, wiederholt mit dem Herzogtum Schwaben belehnt, in diese Gruppe. Sie hatten mit KONRAD I. den ersten nicht-karolingischen König im Reich gestellt und waren mehrfach mit den SALIERN versippt.
    Unter den hohen Besuchern, die in der Karwoche in Quedlinburg eintrafen, waren alle Häupter der alten ostfränkischen "Reiche", der regna, erschienen: Die Herzöge Heinrich von Bayern und Heinrich der Jüngere, Hezilo genannt, von Kärnten, Konrad von Schwaben und Bernhard von Sachsen. Dabei wurde die Herrschaft des Königs mit Hilfe der Fürsten vorgeführt wie einst nach der Krönung OTTOS DES GROSSEN: Herzog Heinrich von Bayern diente dem Königskinde als Truchseß, Konrad von Schwaben als Kämmerer, Heinrich von Kärnten als Mundschenk und Bernhard von Sachsen als Marschall.
    Während dieser Ereignisse waren Theophanu und ihr Hof im Westen. Im neuen Jahr gingen sie nach Andernach, wo die Erzbischöfe Willigis von Mainz und Giselher von Magdeburg, Herzog Konrad von Schwaben, Herzog Dietrich von Ober-Lothringen und der junge Bischof Adalbero von Verdun zu einem glanzvollen Hoftag erschienen.
    Emma wurde zum Hof ihres Sohnes zurückgerufen und Adalbero zur Mitwirkung an einem Versöhnungstreffen bestimmt, das der König mit seiner Mutter und Großmutter, Königin Emma und Kaiserin Adelheid, Herzog Hugo Capet und Herzog Konrad von Schwaben Ende Mai 987 in Montfaucon abhalten wollte. Als all das noch in der Schwebe war, starb König Ludwig nach einem Jagdunfall am 21. Mai in Senlis.
    Im Januar 992 steht die Kaiserin mit dem König im Mittelpunkt eines Hoftages in Frankfurt, zu dem Fürsten und Bischöfe aus dem Süden erscheinen, auch Konrad von Schwaben und Heinrich von Bayern.
    Ist der Hof in Sachsen und Thüringen, so gehören Giselher von Magdeburg, der BILLUNGER Herzog Bernhard und Ekkehard von Meißen zu den häufigsten Gästen der königlichen Beratung. Im Westen sind Bischof Notger von Lüttich und OTTOS Vetter, der SALIER Herzog Otto vom Wormsgau, und Herzog Konrad von Schwaben regelmäßig beim König
    Am 19. Mai 992 trafen Adelheid und der König mit den Königen Hugo Capet und Robert in dem Grenzort Neuville an der Maas zusammen. Willigis, Hildibald, Herzog Konrad von Schwaben und Hermann, der rheinische Pfalzgraf, waren im königlichen Gefolge zugegen.
    So eilte OTTO III. nach Hadwigs Tod mit Erzkapellan und Kanzler von Ingelheim über Badenweiler zum Hohentwiel, um die schwäbischen Erbschaftsfragen zu klären. Er nahm die Wünsche von Bischof Gebhard von Konstanz gnädig entgegen, indem er ihm eine Schenkung der Verstorbenen an das von Gebhard gegründete Kloster in Petershausen bestätigte. Schon in Badenweiler war Konrad von Schwaben zur Stelle, auf dem Hohentwiel traf der König auf Herzog Heinrich II. (den Zänker), dessen Sohn Heinrich und andere Große. Jedenfalls setzte OTTO den Anspruch auf einen umfassenden Teil des Erbes durch.

    Schmid, Karl: Seite 173, "Probleme um den "Grafen Kuno von Öhningen"

    Daß Herzog Konrad von Schwaben der Sohn Udos (+ 949), des Bruders Herzog Hermann I. von Schwaben, gewesen sei, steht keineswegs so sicher fest, wie die Forschung annimmt. Ist schon die Filiation nicht ausdrücklich bezeugt, so entstehen starke Zweifel, wenn man bedenkt, daß Udos Sohn Gebhard bereits 938 im Kampfe fiel, während sein anderer Sohn Konrad erst 982 Herzog von Schwaben geworden und 997 gestorben sein soll. Schon die Fragwürdigkeit dieser Filiation bringt den altbekannten "KONRADINER-Stammbaum" ins Wanken. Dazu vgl. Kimpen (wie Anmerkung 1) Seite 65.

    Heinzelmann Josef: "Spanheimer–Späne Schachwappen und Konradinererbe"

    Ist Dux Cuno de Beckilnheim Herzog Konrad von Schwaben?

    Herzog Konrad von Schwaben gilt namhaften Historikern als wahrscheinlich identisch mit einem erst 1128 genannten Herzog Kuno von Böckelheim. Herzog Konrad von Schwaben aber gilt noch mehr Historikern für eine Person mit dem viel diskutierten „Kuno von Öhningen“. Die Öhningen-Diskussion stellen wir als zunächst ferner liegend zurück. Umso interessanter ist die Frage, ob, bzw. welcher Herzog Konrad (auch Herzog Konrad von Kärnten, ein SALIER, wurde ins Spiel gebracht) mit dem Dux Cuno gleichgesetzt werden darf. Für die Regionalgeschichte stellt sich die Frage natürlich umgekehrt: Wer war Dux Cuno?
    Dass Kuno und Konrad derselbe Namen sind, bezweifelt niemand. Schon Fabricius hat die Identifikation mit dem Schwaben-Herzog vorgezogen, allerdings auch den SALIER Herzog Konrad I. von Kärnten, † 1011, für möglich gehalten, ebenso Irmgard Dietrich. Konrad von Kärnten war aber erst nach dem Tode seines Vaters Otto († 1004 November 4) Herzog und - was schwerer wiegt - nachweislich (in höchstwahrscheinlich einziger Ehe) seit mindestens 1002 mit Mathilde, der Enkelin eben des Herzogs Konrad von Schwaben, vermählt. Hlawitschkas Argument, dass der SALIER in keinem Moment seines nicht allzu langen Lebens Herzog und gleichzeitig Gatte einer Jutta war, ist zwar richtig, zählt aber wenig für eine Beurkundung fast anderthalb Jahrhunderte später, wo man halt wusste, dass der Mann am Ende Herzog gewesen war. Auch dass „KONRADINER“ des 9. und 10. Jahrhunderts im Nahegebiet vereinzelt als Besitzer zu belegen sind, zählt nicht sehr als Argument (der SALIER könnte Böckelheim von seinem Schwiegerurgroßvater geerbt haben); wenig zählt auch, dass man frühen SALIER-Besitz hier überhaupt nicht belegen kann. Dagegen haben wir für den Herzog von Schwaben eine originale zeitgenössische Beurkundung, die zeitlich und örtlich nahe liegt: Als Kaiser OTTO III. 996 November 6 dem selben Willigis den Binger Wald schenkte, tat er dies cum consensu Conradi ducis ceterorumque quam plurimorum fidelium nostrorum. Die Zustimmung Konrads (und es kann sich hier nur um den Herzog von Schwaben handeln ) hatte irgendwelche rechtliche Gründe, er war wohl Besitzer benachbarter Güter, vielleicht mit Nutzungsrechten oder als Miteigentümer. Es ist nicht verboten, hier an den späteren reichen Besitz der Richardis-Verwandtschaft gerade um Bingen zu denken.

    Jutta und Dux Cuno

    Bisher übersehen wurde, dass die Urkunde, in der dux Cuno de Beckilnheim et uxor eius Jutta belegt sind, für das Kloster Disibodenberg ausgestellt und ausdrücklich von Megenh(art) de Spanh(eim) bezeugt ist und auch seine, bzw. seiner Mutter Schenkung beim Klostereintritt der domne Jutte darin aufgeführt wird, müssen wir die Nachricht im Lichte der Spanheimischen Familien- und Besitz-Vorgeschichte sehen. Der Passus lautet: Eodem tempore (also zur Zeit von Erzbischof Willigis 975–1011) dux Cuno de Beckilnheim et uxor eius Jutta diviciis, potencia et nobilitate precipui ob remedium animarum suarum et pro recordacione filie sue Ude iam ididem(!?) defuncte instinctu et rogatu eiusdem venerabilis archiepiscopi duos agros viginti iugera secundum veram et firmam estimacionem hominum continentes salice terre et duos mansos a colonis possessos in villa Boys (Boos) sancto Dysibodo in proprietatem contradiderunt. Diese Schenkung war keineswegs so umfänglich, dass man ihrer weit über ein Jahrhundert später und noch dazu derart ausführlich und hervorhebend gedenken musste; der Besitz scheint auch nicht gefährdet gewesen zu sein und es gab sicher vor der Neugründung des Disibodenbergs noch manche andere Schenkung ähnlichen Ausmaßes, die von Erzbischof Adalbert nicht bestätigt wurde. Alles deutet darauf hin, dass dieser Passus der Urkunde, ähnlich wie der über die neue Schenkung Nuwenkirchen der Spanheimer anlässlich der Gelübde Juttas, von dieser inspiriert wurde, die sich in der Nachfolge der Uda sah. Uda (Oda ist ein bei den KONRADINERN nicht unerwarteter Name) war also auf dem Disibodenberg in irgendeiner Weise, zur Erziehung, eventuell bei einem verwandten Kleriker, oder auch nur zufällig, etwa zu einer Wallfahrt, und ibidem defuncta. (Oder bezieht sich das ibidem auf Böckelheim? ) Der Wiederkehr des Namens Jutta (und desjenigen ihrer Lehrerin Uda) wurde 1128 gewiss Bedeutung beigelegt. Jutta von Spanheim leitete wohl ihren Namen von der Herzogsgattin Jutta her, wenn auch derzeit nur ihre Schwägerin als Nachkomme bestätigt werden kann. Für die von mir vermutete Abstammungslinie dürfte der Name Jutta als Fingerzeig dienen.
    Ohne jeden Beweis wird im Handbuch der historischen Stätten selbst in der letzten Auflage der dux Cunode Beckilnheim mit dem Kärntner Herzog Konrad identifiziert. Im Lexikon des Mittelalters wird der Kärntner Herzog („wohl“) nur einschränkend genannt, was Wolf gleich als völlige Identifikation aufführt. Wolf geht ausführlich auf die Urkunde ein, weil diese von denen als Beweis für ihre Auffassung angesehen wird, die den dux Cuno de Beckilnheim mit dem Schwaben-Herzog Konrad gleichsetzen, und nicht glauben wollen, dass dieser mit der OTTONIN Richlind verheiratet war.
    Für Wolf spricht gegen die Identität des dux Cuno mit Herzog Konrad von Schwaben, dass in der Urkunde von 1128 „außer der Tochter Uda keine weiteren Kinder des Herzogspaares von Böckelheim genannt werden, weder Hermann noch andere bekannte Kinder Konrads von Schwaben“. Er verlangt, dass in der Urkunde auch die lebenden Kinder vom durch die Schenkung erwirkten Seelenheil teilhaben sollten und daher genannt werden müssten. Der Unsinn dieser Forderung erweist sich aus der Folgerung, „dass das Paar Kuno und Jutta zum Zeitpunkt der Stiftung keine weiteren Kinder hatte, jedenfalls keine, die noch zum elterlichen Haushalt gehörten“. Der Nachsatz macht die ganze Überlegung hinfällig, die sonst dazu führt, dass Wolf Herzog Konrad von Kärnten eine zumindest halbwüchsige Tochter ohne weitere Kinder aus erster Ehe zuschreiben muss, aber auch, dass die von Jackman vorgeschlagene Identifikation mit einem Herzog Konrad vom Elsaß genauso unmöglich wäre, denn der soll ja der Vater Konrads von Schwaben (und dreier weiterer Kinder) sein, die also auch genannt sein müssten. Ich muss hoffentlich niemandem Beispiele dafür anführen, dass Eltern für ein einzelnes verstorbenes Kind eine Memorial-Stiftung einrichteten und nur sich selber miteinbezogen. In einem „Hauskloster“ hätten sie vermutlich auch die eigenen Eltern und weitere Kinder in die Fürbitten einschließen lassen, das war hier nicht der Fall. Wenn über diese Schenkung freilich eine förmliche Urkunde ausgestellt worden war, konnten darin die Kinder des dux Cuno durchaus genannt sein, nämlich als zustimmende Zeugen. Mindestens 13 Jahrzehnte später genügte die Bestätigung durch den örtlichen Erben, nämlich Meinhard im Namen seiner Gattin.
    Schließlich müssen wir auch eine ungefähre Zeitstellung für die so viel später bezeugte Schenkung finden: Es wird allgemein angenommen, dass Erzbischof Willigis den Disibodenberg als Kanonikerstift zu Beginn seiner Amtszeit einrichtete, also bald nach 975. Es bedurfte aber wohl einer gewissen Anlaufzeit, und wenn Uda nicht völlig zufällig dort starb, oder wenn sie in Böckelheim starb und auf dem Disibodenberg begraben wurde, kommen wir in die beiden letzten Jahrzehnte des Jahrtausends. Eine Grenze wäre der Tod ihres Vaters 997. Wann die Mutter Jutta starb, ist nicht feststellbar. Hlawitschka meint, ihr gelte der Eintrag einer domna Juditta in Einsiedeln zum November. Das mag sein, ist sogar wahrscheinlich, hilft uns aber nicht weiter, nicht einmal chronologisch.
    Die Bezeichnung Kunos nach Böckelheim in der Urkunde von 1128 könnte mit Ansprüchen oder Mitbesitz Meinhards zu tun haben. 1222 bezeugt eine Randnotiz des Caesarius von Heisterbach zum Prümer Urbar, dass der Graf von Spanheim auf Burg Böckelheim seinen Sitz hat und den nahelegenen Prümer Besitz in Weinsheim zu Lehen trägt. 1235 hat Graf Simon von Spanheim von seinen Gütern in Waldböckelheim dem Speyerer Domkapitel Zins zu zahlen. Beim Verkauf an Erzbischof, Dompropst und –kapitel von Mainz, gibt 1278 der Bischof von Speyer seine Zustimmung, wohl als Lehensherr. Dass die Speyerer Rechte von den salischen Kaisern stammen, ist so sicher wie der genaue Zeitpunkt hierfür unsicher ist. Man könnte sich eine Art Paragium vorstellen: Die Erben des dux Cuno teilten - nach der Ausschaltung des Usurpators Gottfried von Lothringen - so, dass der SALIER die Lehnsherrschaft (die er dann Speyer schenkte) und ein Spanheimer oder Nellenburger Vorfahr das Lehen erhielt. Damit bleibt leider offen, wer 1105/6 direkter und indirekter Herr der Burg war, als Kaiser HEINRICH IV. von seinem Sohn dort gefangen gehalten wurde, doch zuerst wird man an Adalbert von Mörsberg denken.
    Darf man aus der Meldung auf ein Kanonissenstift schließen?

    … oder ein Herzog Konrad vom Elsaß?

    Ich gestehe, bei den vorangehenden Überlegungen Jackmans Vorschlag weitgehend beiseitegelassen zu haben, Herzog Konrad von Schwaben sei der Sohn eines Herzogs Konrad vom Elsass, der 982 starb und den er mit einem bekannten KONRADINER, dem bisher nur als Ortenaugraf und Sohn Gebhards, aber nicht als Herzog belegten Konrad identifiziert. In verwirrender Rabulistik nimmt Jackman den dux Cuno de Beckilnheim als Beweis dafür, dass dieser Konrad Herzog vom Elsaß war, um den nachweislich mit einer Jutta vermählten dux Cuno nicht mit dem Herzog Konrad von Schwaben gleichsetzen zu müssen, dem („Graf Kuno von Öhningen“) der Welfenchronist eine Ehe mit der als Tochter OTTOSI. bezeichneten Richlind nachsagt, die von Wolf als Enkelin OTTOS I. postuliert wird, um den angeblichen Thronbewerber von 1002, Herzog Hermann II., den Sohn Konrads, als LUDOLFINGER-Erben bezeichnen zu können.
    Alle meine Argumente in Beziehung auf die Spanheimer gelten zwar auch, wenn man die Abstammung eine Generation weiter zurück verlegt. Ich habe nur einen Einwand: Wenn der dux Cuno de Beckilnheim schon 982 gestorben ist, erschiene mir seine Schenkung zu früh. Sie erfordert eine Reihe von mehr oder weniger Zeit erfordernden Voraussetzungen, die mit dem Amtsantritt Willigis’ (975) und der vielleicht auf 977 (oder gar noch später) zu datierenden Gründung des Stifts Disibodenberg zusammenhängen. Dass Konrad von Schwaben eine Schwester namens Jutta hatte, könnte natürlich dafür sprechen, dass auch ihre Mutter so hieß. Der Name ist aber schon seit dem ersten mit einer Jutta verheirateten Udo im „Haus“ der KONRADINER heimisch. Ich kann Jackmans Hypothese vorerst nur als extrem unwahrscheinlich ablehnen.
    Weil ich noch ein überraschendes, bisher übersehenes Argument aus der Regional- und Reichsgeschichte in der Hinterhand habe, mache ich mir den Spaß, in die Debatte um Kuno von Öhningen einzusteigen, die sich zu einem amüsanten Historikerstreit ausgewachsen hat, der mit harten Bandagen und mancherlei Finten ausgetragen wird. Dabei werde ich mir und den Lesern die Mühe machen, Jackmans Erfindung des Elsässer-Herzogs zu widerlegen. Eigentlich sollte er sich die Mühe machen, Beweise aufzutischen oder wenigstens Wahrscheinlichkeiten.

    .… oder Chuono nobilissimus comes de Oningen?

    Die Ermittlungen um den Grafen Kuno von Öhningen und seine Nachkommen gehen von der mehr als fragwürdigen, weil in vielen Punkten nachweislich falschen welfischen Überlieferung aus. In der Genealogia Welforum wird von Rudolf („von Altdorf“) berichtet, er sei mit einer Ita von Öhningen verheiratet gewesen, „deren Vater war der sehr edle Graf Kuno, ihre Mutter war aber eine Tochter Kaiser OTTOS DES GROSSEN“ (in der späteren Historia Welforum wird zugesetzt: „namens Richlint“). „Dieser Kuno zeugte vier Söhne, Egebert, Markgraf von Stade, Leopald, Liutold, Kuno, und vier Töchter, von denen eine unseren Rudolf, die zweite einen von Rheinfelden, die dritte einen König der Russen und die vierte einen Grafen von Andechs“ (Historia: „Diessen“) „heiratete“.
    Unter den acht genannten Kindern Kunos fehlt Konrads von Schwaben Nachfolger und Sohn HermannII., der eine besonders illustre Nachfahrenschaft hatte. Das allein diskreditiert schon die ganze Meldung. Von den genannten Kindern hat Ekbert sicher, Leopald höchstwahrscheinlich gar nicht existiert, auch bei den Töchtern ergibt sich Interpolationsbedarf. Dass ein Herzog in einer postumen Quelle nobilissimus comes genannt wird, kann man nicht damit erklären, dass er zu Beginn seiner Ämterlaufbahn Graf war. Eine chronikalische Nachricht ergeht im Nachhinein und hält sich mithin an die letzte, höchste Ehre des Vorfahren. Bewerten wir die Quelle: Von den 16 behaupteten Tatsachen (comes, Kuno, Öhningen, Richlint, filia OTTONIS MAGNI, Ita, Ruodolf, Egebertus marchio de Stadin, Leopaldus, Chuono, alia filia, tertia, quarta, quidam de Rinvelden, rex Rugorum,comes de Andhese/Diezon) sind drei nachweislich falsch (comes, Egebertus marchio de Stadin, Leopaldus), alle anderen sind – außer natürlich den Namen Rudolfs und seiner Frau Ita, aber nicht ihrer Filiation – mehr oder meist weniger wahrscheinlich, was selbst Wolf und Jackman zu Konjekturen zwingt. Nachweislich richtig, 100 % wahrscheinlich, also sicher, ist keine einzige.
    Darum muss man nicht nur den Namen und die Angabe „Kaisertochter“ für die Frau dieses Kuno mit Vorsicht behandeln. Wolf muss sie in „Kaiserenkelin“ uminterpretieren, was ja schon zeigt, wie unzuverlässig die Quelle ist. Selbst wenn in der ganzen Meldung ein „echter Kern“ nachgewiesen wurde, wird aus dem Sämling kein sortenechter fruchtbarer, tragender Baum erwachsen können. Man mag den Grafen Kuno von Öhningen als einen Reflex des Herzogs Konrad akzeptieren. Das Bild ist aber derart verzerrt, dass man daraus auf keine Wirklichkeit zurückschließen darf. Ich lasse hier unerörtert, dass in beiden Welfen-Chroniken sehr viele andere Fehler oder Erfindungen nachgewiesen wurden, was das Vertrauen in die Nachricht zu Kuno von Öhningen nicht gerade stärkt. Wolf aber behauptet: „In der Historia Welforum heißt nun die Gemahlin Kunos von Öhningen Richlint. Hier liegt also ein Quellentext (!!) vor. Es gibt aber auf der anderen Seite keinen einzigen Quellenbeleg, dass Kuno von Öhningen oder Konrad von Schwaben mit einer Judith verheiratet gewesen sei.“
    Letzteres stimmt wörtlich. Nicht mit einer Judith, sondern mit einer Jutta war der Herzog verheiratet. Die Quelle dafür ist unverdächtig, weil es sich eben nicht um die tendenziöse Verherrlichung eines Hauses handelt. Auch die Domna Juditta in der Einsiedler Überlieferung passt als Indiz für eine schwäbische Herzogin dieses Namens gut, ohne letzte Sicherheit zu geben. Versuchen wir trotzdem, die Kaisertochter oder -enkelin Richlint zu retten. Jede Hypothese, die nicht von vornherein unmöglich ist, muss man durchspielen.

    Erste Möglichkeit:
    Falls es den Vater Konrad vom Elsass gegeben hat, könnte dieser der Kuno von Öhningen sein. Dann wäre sogar der Markgraf von Stade (freilich als Schwiegersohn) zu erklären. Denn Herzog Konrads von Schwaben nachweisliche Schwester Jutta (also eine mögliche Tochter dieses möglichen Konrads vom Elsass) war mit dem Stammvater der Stader, Heinrich, verheiratet. Meiner Meinung passt sogar Ita besser in diese Generation, da ihr Mann Rudolf ein Altersgenosse Konrads von Schwaben sein dürfte. Dabei könnte man auch die Nachricht von der Kaisertochter tel quel nehmen. So verschieben sich die Filiationen um eine Generation, was besitz-genealogisch keine Schwierigkeit darstellt, wohl aber chronologisch zu überprüfen wäre. Mir ist das die Mühe nicht wert, vor allem nicht in unserem Zusammenhang.

    Zweite Möglichkeit:
    Konrad von Schwaben hatte zwei Frauen. Wolf schließt das aus unter Berufung auf eine freilich überzeugende Fußnote.

    Dritte Möglichkeit:
    Jutta war die Kaisertochter.

    Vierte Möglichkeit:
    werden wir wieder ernst.
    Der Reichenauer Memorial-Eintrag
    Denn zu allererst muss man eine Reichenauer Memorialüberlieferung mitheranziehen, deren Interpretation zwischen Wolf und Hlawitschka besonders umstritten ist. Sie lautet:

    Cuonradus comes
    Liutoldus laicus
    Cuonradus laic.
    Herimannus
    Ita Iudita
    Richlint Ruo-
    dolf Vuelf Hein-
    rich Heinrich

    Unter der Voraussetzung, dass Konrad von Schwaben den Eintrag eröffnet, liegt der Zeitpunkt vor 983, da er noch Graf genannt wird. Wäre „Konrad vom Elsass“ gemeint, müssten wir noch etwas weiter zurückgehen. Dass die zwei von der Welfenchronik erfabelten Söhne fehlen, wundert nicht, wohl aber an welcher Stelle und wie Herzog Hermann erscheint. Im Vergleich zu Liutold und Konrad (beide als laici bezeichnet) müsste er, weil ohne Bezeichnung, noch ein Kind und eigentlich zum geistlichen Stand bestimmt sein. Wer aber waren die nach ihm aufgeführten Frauen? Voraussetzen darf man, dass sie dem familiären Rang nach eingetragen wurden, etwaige Verstorbene natürlich zuerst. Wenn Itaalso eine Tochter des Cuonradus comes sein soll, war sie zum Zeitpunkt des Eintrags schon tot. Nur dann kann Iudita (so Hlawitschka) und/oder Richlint (so Wolf) seine Gattin sein. Am logischsten erscheint mir: Ita war die noch lebende Schwiegermutter, Iudita die Gemahlin Konrads und Mutter der Kinder, Richlint die Tochter, mit der Ruodolf verheiratet war, sie steht ja auch direkt vor ihm.
    Uff! Das hieße doch, Iudita/Jutta war eine Kaiserenkelin und tatsächlich Gattin Konrads, die Frau Rudolfs hieß Richlint. Eine charmante Wendung. Aber chronologisch geht das nicht. Die Tochter des 957 gestorbenen Herzogs Liudolf, der 947/8 Ida, die 986 Mai 17 verstorbene Tochter Herzog Hermanns I., geheiratet hatte, kann nicht schon 982 (spätester Termin für den Gedenkeintrag) zwar mehrere Enkel gehabt haben, aber noch nicht jene Kinder, die aus der Welfenchronik im Eintrag noch fehlen. Außerdem ist Ita als Gemahlin Rudolfs gut belegt.
    Wolf würde folgende Variation vorschlagen: Ita ist Konrads Schwiegermutter, Iuditas eine Mutter, Richlint seine Frau. Nur fehlt dann die Gattin Rudolfs.
    Noch besser gefiele Wolf und Jackman wohl folgende Möglichkeit: Nach dem Grafen Konrad sein Schwiegervater Liutoldus, weil er als Herzog abgesetzt worden war, nur mit der Bezeichnung laicus. Dann sein Vater Cuonradus, dann sein Sohn Hermann, dann Schwiegermutter und Mutter und Gattin. Aber wieder fehlt dann die Gattin Rudolfs!
    Wenn aber Rudolf der eigentliche Mittelpunkt des Eintrags wäre – zu einem Zeitpunkt, wo er selber noch nicht Graf ist!! – könnte man Ita für seine Frau, Iudita für seine Schwiegermutter (also doch die Frau des Cuonradus comes) halten und Richlint für eine Schwester oder – unerklärlicherweise vor den Söhnen – für seine wohlbelegte Tochter, die die Historia Welforum fälschlich Richgarda nennt (Richarda in der Genealogia). Es ist gut möglich, dass wegen dieser Namensverwechslung vom „Welfen-Historiker“ das unverstandene Richlint zur Schwiegermutter Rudolfs, das heißt zur Frau Kunos von Öhningen gemacht wurde.
    Lassen wir diese Deutungsversuche, es gibt noch mehr; aber keine Interpretation deckt sich mit der Welfen-Überlieferung und den Interpretationen von Wolf und Jackman oder auch Hlawitschka. An einer Harmonisierung der Historia Welforum mit dem Reichenauer Eintrag kann man sich nur verheben. Ich habe nämlich den Eindruck, dass die Verfasser der Genealogia und der Historia Welforum diesen Eintrag gekannt und hier den „Grafen“ Konrad und den Namen Richlint und vielleicht auch die Söhne Liutold und Konrad her haben. Sie fanden, eventuell von den Reichenauer Mönchen darauf hingewiesen, „ihre“ Welfen Rudolf, Ita usw. in dem Eintrag und reimten sich das übrige zusammen. Genau so kannten sie die Chronik Thietmars und den Continuator Reginonis (mit der Erzählung von dem Kuno, der Geschlechtsverkehr mit einer Kaiser-Verwandten gehabt haben wollte) sowie die Schluchsee-Schenkung, wo sie den Stader Markgrafen Eggebert usw. fanden. Nach eigener Aussage arbeiteten sie ja summa diligentia investigantes ac multum in diversis chronicis et historiis sive antiquis privilegiis quaerendo laborantes. Dass ihnen diplomatisches Rüstzeug und eine reichhaltige historisch-genealogische Sekundärliteratur und eine sichere chronologische Stütze fehlten, darauf muss man gefasst sein; man darf auch nicht erwarten, dass sie nur richtige Nachrichten fanden und sie nur richtig auswerteten. Alles mehr oder weniger zufällig Zusammengetragene verwurstelten sie in zwei Stufen mit Familienerinnerungen zu einem halb erfundenen, halb wahren Verhau, aus dem man nichts, aber auch garnichts zur Grundlage einer wissenschaftlichen These machen darf. Wenn wir – vielleicht nicht einmal alle – Quellen entdecken, aus denen sie kritiklos rezipierten, dürfen wir diese nicht als bestätigende Parallel-Überlieferung ansehen, sondern müssen mit komparatistischem Blick untersuchen, wie sie missverstanden, umgedeutet, vermanscht und weitergesponnen wurden. Genealogia und Historia Welforum sind Literatur. Genausowenig wie sie darf man in künftigen Jahrhunderten Wolfs, seiner Parteigänger und seiner Kontrahenten Texte als Quelle nehmen, ausgenommen für bestimmte Mentalitäten der Geschichtswissenschaft Ende des 20. Jahrhunderts.
    Mithin gibt keine der bisherigen Quellenauslegungen und -konjekturen die Genealogie des Herzogs Konradvon Schwaben (und seines wahrscheinlich gar nicht existenten Vaters Konrad vom Elsaß) korrekt wieder, schon deshalb, weil die Quellen so vage sind, dass aus ihnen tragfähige Annahmen nicht hervorgehen können. So wie ich die hinreißend widersprüchlichen Deutungen anzweifle, kann man natürlich auch meine Zweifel bezweifeln.
    Ich schlage mich nicht auf die Seite der Parodisten, wenn ich nochmals eine Denkmöglichkeit anfüge. Der letzte Name der Reichenauer Memorialnotiz, angeblich eine Dublette, könnte nämlich Konrads von Schwaben Schwager Heinrich von Stade bezeichnen, denn man muss wohl Vuelf Heinrich für die beiden Enkel Welf und Heinrich ansehen. Dann dürfte aber auch Iudita Heinrichs von Stade Gattin meinen und dann wäre Richlint mit größter Wahrscheinlichkeit eine weitere Schwester oder eine Tochter Konrads. Oder doch die Gattin Konrads? Der Eintrag: Graf Konrad, drei Brüder oder Söhne, zwei Schwestern, eine dritte Schwester oder Tochter oder seine Frau, Schwager 1 (kaum Schwiegersohn) mit zwei Söhnen, Schwager 2, ergäbe eine gewisse Kohärenz. Sicher haben die Mönche auf der Reichenau wie alle ihre Zeitgenossen sich wenig um Systematik in unserem Sinne geschert, aber Alter und Rang waren ihnen wichtig. Genauso sinnvoll wäre der Eintrag, wenn man ihn auf Jackmans Herzog Konrad vom Elsaß bezieht: So oder so müssten wir in den Personen nur die lebenden Vertreter zweier Generationen sehen. Aber so oder so oder so oder so fehlen einige der doch als zum Zeitpunkt der Eintragung lebend zu vermutenden Familienmitglieder, darunter die wohl erst später im Naheland verstorbene Uda. Kurz, der Reichenauer Eintrag ist im Gegensatz zur Historia Welforum eine Primärquelle, leider eine fast unmöglich korrekt auszuwertende.

    Herzinach und Braubach

    Die Identität des dux Cuno de Beckilnheim mit Kuno von Öhningen und dem Grafen Konrad des Memorialeintrags wäre bestärkt, wenn man des letzteren hypothetischen Sohn Liutold mit dem gleichnamigen Vater der Adelheid von Achalm gleichsetzen darf, wofür er freilich ein wenig früh geboren wäre. Denn laut der Zwiefalter Chronik ging die optima curtis iuxta Renum Herzinach nomine (der wertvolle Hof Hirzenach am Rhein) an Adelheids Enkel Burchart (Bischof von Utrecht) und Otto (von Lechsgemünd), die Söhne ihrer Tochter Mahthildis de Horeburc. Diese doch leicht zugängliche Stelle entging bis heute sämtlichen Regionalhistorikern. Die spätere Besitzgeschichte gehört nicht hierher, wohl aber die Vorgeschichte. Ursprünglich war es wohl ein Bestandteil des Fiscus Boppard, in und an dem es erheblichen konradinischen Besitz gab. Aus der Zwiefalter Nachricht quibus ex materna dote … in hereditatem devenisset geht hervor, dass Hirzenach ein Teil der Mitgift oder des Erbguts der Mahthildis war. Auf ihre Schwester Willibirg, Gattin des Grafen Werner III. von Grüningen/Hessen-gau († 1066) kamen große Besitzungen rechts des Mittelrheins (u. a. halb Braubach), die dann über die BILSTEINER und GISONEN an die LUDOWINGER gelangten. Auch dieser Erbgang hat wahrscheinlich seinen Ausgang von Liutold, dem möglichen Sohn von Graf/Herzog Konrad, genommen.
    Werner III. könnte aber einen Teil seiner rheinischen Besitzungen auch über seine agnatische oder kognatische Verbindung zu den Nellenburgern ererbt haben. Wie Werner I. († 1040 August 22) an den zweifellos ihm nahe verwandten Eppo von Nellenburg (und damit dessen Frau) anzuschließen ist, ob als Schwiegersohn oder, so Eckhardt, als Sohn, braucht uns hier nicht zu kümmern. So oder so hat er über Eppos Frau Hadewig (wenn meine Hypothese zutrifft) eine Erblinie zum dux Cuno de Beckilnheim. Jackman hält ihn allerdings für Eppos jüngeren Bruder, sodass er Schwager, aber nicht Erbe Hadewigs wäre. Die Besitzungen um Kreuznach, Pfaffen-Schwabenheim und Dill gingen freilich nicht an ihn, sondern an seinen Bruder oder Schwager Eberhard den Seligen, von dem sie weiter an die Spanheimer gelangten. Die Heirat Werners III. mit Willibirg wäre - vorausgesetzt, Hadewig war eine Tochter Hermanns II. und Luitold dessen Bruder - 5 : 4 zum gemeinsamen Vorfahren, dem Herzog Konrad = dux Cuno de Beckilnheim = Kuno von Öhningen, also kanonisch unverfänglich.

    Noch mehr Anmerkungen zur Öhningen-Debatte und zu den Konradinern

    Grundsätzlich ist diese Diskussion um „Kuno von Öhningen“ und seine ottonische Gattin meiner Ansicht entschieden: „Wenn man schon um jeden Preis einen ,geblütsrechtlichen‘ Anspruch Hermanns“ (II., Herzog von Schwaben) „postulieren will, dann läge es wohl doch näher, die unbestreitbare, allgemein bekannte ottonisch-karolingische Deszendenz von dessen Gemahlin Gerberga ins Feld zu führen (Anm: Unter ihren Ahnen bis zur vierten Generation befinden sich neun (!) Könige, darunter drei KAROLINGER…).“
    „Erbrecht“ war überhaupt so eine Sache. Selbst bei persönlichem Eigentum (Allodien) ist der Erbgang für bestimmte Epochen und Rechtsgebiete nicht vorhersagbar: Erbten nur die Söhne, und zu gleichen Teilen? Die Töchter nur ersatzweise? Was war mit Kindern vorverstorbener Söhne? usw. usw. Bei Lehen ist der Erbgang noch schwieriger zu verstehen, denn der Lehnsherr hatte ja ein Interesse, einen handlungsfähigen Amtsinhaber zu bekommen. Dafür gab es sehr verschiedene Wege. Ganz ähnlich beschreibt Wolf die Erbansprüche der Thronkandidaten von 1002, eine andere Materie, allerdings mit dem gleichen Prinzip der Auswahl dritter Seite unter den Prätendenten. Eine eindeutige Rechtslage hätte zu einem bestimmten Bewerber geführt. Die Frage wurde – ohne Wolf zu fragen – auf dem Machtwege gelöst: Wenn es in der Macht des verstorbenen Kaisers gelegen hatte, seinen Nachfolger zu designieren, setzte er ihn durch. Wenn einer der Kandidaten den Thron machtvoll usurpierte wie HEINRICH II., setzte er sich durch. Wenn die Wahlversammlung der Fürsten einen ihnen möglichst genehmen Herrscher aussuchte (Idealisten mögen sagen: einen möglichst geeigneten), setzten sie den auf den Thron. Von Vorteil war für den Aspiranten in jedem Fall verwandtschaftliche Nähe, ja zu wem? Zum gerade verstorbenen Herrscher? Zu OTTO DEM GROSSEN? Zu KARL DEM GROSSEN Großen? Zu den einflussreichsten Wählern? War nicht manchmal die Abstammung vom bisherigen Herrschergeschlecht geradezu kontraproduktiv? Man denke an die im 10. Jahrhundert geradezu verpönten KAROLINGER oder später LOTHAR VON SUPPLINBURG?

    Quasi hereditatem inter filios

    Ebrechtliche Fragen bestimmen auch die Diskussion über die Herkunft Herzog Konrads. Er und seine aus Thietmars Chronik erschlossenen Geschwister (Udo (II), Graf Heribert und Jutta, die Stammmutter der Stader und Großmutter Thietmars) hielt man bisher für Söhne Udos (I). Jackman rangiert sie in einen ganz anderen KONRADINER-Zweig, mit einem negativen und einem positiven Argument.
    Ersteres ist Jackmans Interpretation der Stelle des Regino-Continuators, Udo comes obiit, qui permissu regis, quicquid beneficii aut praefecturarum habuit, quasi hereditatem inter filios divisit. Er versteht diesen Satz so, dass 949 Graf Udo (I) vom König erlaubt bekommen habe, seine Lehen und Ämter unter Verwandte wie Erbbesitz unter Söhne zu verteilen, nicht „unter seine Söhne“. Udo hätte nur zwei ihn überlebende Söhne gehabt: Udo, der 950 Bischof von Straßburg werden sollte und bis 965 lebte, und Ottovon Grabfeld, der als sein Sohn durch die sogenannte Notiz von St. Omer (auf die wir gleich zu sprechen kommen) ebenso belegt sei wie die Abstammung Konrads von Schwaben von Udos Cousin Gebhard.
    Dabei kann man unangenehme Fragen nicht unterdrücken. Warum sollte Udos 938 gefallener Sohn Gebhard (von dem wir zufällig wissen) nicht schon Kinder gezeugt haben? Und hatte Udo vielleicht noch weitere Kinder, die bloß in den Quellen nicht auftauchen, weil sie vor dem Vater gestorben oder Frauen waren? Hätte der Sohn Udo Kleriker werden dürfen, wenn er der Stammhalter war? Er wurde Bischof von Straßburg, gerade ein Jahr nach der kaiserlich genehmigten Teilung quasi hereditatem… Ein Zufall? Bloß aufgrund der Notiz im Hammersteiner Prozess mit Jackman Graf Otto im Grabfeld als überlebenden Sohn Udos einzusetzen, ist auf jeden Fall gegen den gesunden Menschenverstand, da dieser dann doch wohl Alleinerbe gewesen wäre. Hätte Udo ihn (gar mit Zustimmung OTTOS!) enterbt, hätte der Continuator Reginonis das ganz anders formuliert. Schließlich: Wenn Udo (I.) keine lebenden Nachkommen hatte, hätte er dann nicht eher seinen ihm noch im selben Jahr in den Tod folgenden Bruder Hermann I., Herzog von Schwaben (mit)bedacht, statt Konrad, den – nach Jackman einzigen – Sohn seines Vetters Gebhard?
    Jackmans Auslegung der Stelle in der Continuatio erscheint mir überzeugend, wenn man mit Settipani/Poly und Johannes Fried die Konsequenz zieht, Udo seien „zum Zeitpunkt der Privilegierung“, seine Lehen und Vogteien wie Erbbesitz unter Söhne zu verteilen, „solche Söhne überhaupt abzusprechen“. Ich ziehe gegen Jackman und Wolf die weitere Konsequenz: Der 910 verwaist als puer genannte, also kaum nach 900 geborene Udo verteilte seine Ämter und Lehen am Ende seines Lebens nicht unter entfernte Verwandte, sondern unter Enkel und eventuell Schwiegersöhne.
    Mit den vier Geschwistern sind gewiss nicht alle Erben aufgezählt. Dass aber diese vier nicht von dessen Vetter Gebhard sondern von Udo abstammen (freilich nicht unbedingt wie in traditioneller Auffassung als seine Kinder, sondern, was auch ihre Lebens-, genauer ihre Todesdaten zu bestätigen scheinen, eher als Enkel über einen unbekannten Sohn oder eine Tochter ), verraten schon ihre Namen. Jackman muss wegen der Vermandois-Namen Heribert und Kunigunde dem Grafen Gebhard vom Ufgau eine hypothetische Frau Adela aus diesem Geschlecht geben, wohingegen eine Tochter Heriberts I. von Vermandois (wohl namens Kunigunde) als Gemahlin Udos zuverlässig belegt ist. Auch die Namen Hermann, Ita und Udo passen besser oder nur zu Nachkommen Udos. Mit erstaunlicher Präpotenz verdreht Jackman bei den Stadern auch das Vorkommen von Udo, weil er die Abstammung von Udo (I) leugnet: „The name Udo can be observed entering the house of Stade as the sole onomastic heritage from the Konradiner. Apparently this occurred in a rather unusual way: … for the names Judith and Liuthar both include an –ud- component.“
    Schließlich wird in Jackmans Hypothese die Heirat des Wetterau-Grafen Heribert mit Irmintrud, Tochter Meingauds und Enkelin des Maienfeldgrafen Eberhard (II) zu einer Nahehe 3 : 3, denn Heriberts Großvater wäre der Bruder dieses Eberhard. Jackman sieht in der Nahehe ausdrücklich kein Problem, und übersieht – wie bisher auch seine Kritiker – dabei die Folgerung für Otto von Hammerstein: Wenn HEINRICH II. Otto vernichten wollte, wie zuletzt Johannes Fried unterstrich, hätte er ihn leicht als illegitimen Sprössling einer unerlaubbaren Nahehe um sein Erbe bringen können.

    Ergänzung:
    Prof. Dr. Wilhelm Störmer machte mich [Josef Heinzelmann ] aufmerksam auf eine nobilis matrona Ota, die von einem Grafen Chono und einem Herimannus um ihr Gut Burgbernheim mit Burg, Forst und zugehörigen Dörfern beraubt worden sei, die es an das Bistum Würzburg vertauscht hatten. Sie erhält 1000 Januar 1 von OTTO III. ihr Recht, aber das Gut bleibt bei Würzburg (gewiss wurde sie mit dem Tauschobjekt entschädigt). Störmer meint mit gutem Grund, dass die bisher nicht weiter untersuchten drei Personen wohl eng mit einander verwandt waren und „Namen der mächtigen KONRADINER-Sippe tragen“.
    Brieflich weist er mich auch auf eine Frau Yrmengard hin, die von HEINRICH II. die ihm von Graf Konrad (wohl dem vorigen und Graf im Rangau) übertragenen Güter Herzogen-Aurach und Langenzenn auch nach dem Tode des Kaisers noch als Leibgeding besaß. Nach ihrem Tode sollten die Güter an die Bamberger Kirche fallen, der sie schon bei der Auftragung zubestimmt worden waren. Guttenberg denkt bei diesem Grafen Chunrad an einen Grafen im Rangau und den Bruder Chuno des Bischofs Eberhard von Bamberg.

    oo Judith von Marchtal, Tochter des Grafen Adalbert

    Nach Jackman/Fried
    oo Richlind (OTTONIN)
    -
    Kinder:
    - Liutold Graf von Mömpelgard
    - Konrad Graf -24.11.994
    - Hermann II. 945/50-4.5.1003
    - Ita von Öhningen -16.10.
    oo Rudolf II. Graf von Altdorf (WELFE) -10.3.
    - Uda - jung

    Literatur:
    Adelheid Kaiserin und Heilige 931 bis 999 Info Verlag Karlsruhe 1999 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 149,161,168 - Althoff, Gerd: Otto III., Primus Verlag, Darmstadt 1997, Seite 47, 52,61 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 122,128,131 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Seite 6,121 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 175,178,184-187,189-191,226,241/Band III Seite 490 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 71,73,84,104,109,112,114,134,222,224,308,407,416,426,451 - Faußner, Hans Constantin: Kuno von Öhningen und seine Sippe in ottonisch-salischer Zeit - Fried, Johannes: Prolepsis oder Tod? Methodische und andere Bemerkungen zur Konradiner-Genealogie im 10. und frühen 11. Jahrhundert - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 279,292,314,334,341 - Görich Knut: Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995 Seite 146,150 - Heine Alexander (Hg.): Geschichte der Welfen. Phaidon Verlag GmbH Essen Seite 24,25,39 - Heinzelmann Josef: Spanheimer–Späne Schachwappen und Konradinererbe - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969 Seite 46-48,65,144 - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 7-9,47,50-55,58-61,63,65-68, 71,73,78,99-108,110-112, 115-120,122-126,128,130,142-144,147-153,155-158,166-178 - Hlawitschka, Eduard: Wer waren Kuno und Richlind von Öhningen? Kritische Überlegungen zu einem neuen Identifizierungsvorschlag. in: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 128 1980 Seite 1-49 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 274,284,286,288,328 - Kienast, Walther: Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland (9. bis 12. Jahrhundert), R. Oldenbourg Verlag München-Wien 1968 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 - Maurer, Helmut: Der Herzog von Schwaben. Grundlagen, Wirkungen und Wesen seiner Herrschaft in ottonischer, salischer und staufischer Zeit, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1978 - Rappmann Roland/Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998 Seite 90,92,449 - Schmid, Karl: Probleme um den "Grafen Kuno von Öhningen" in Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983 Seite 127-179,211,246 - Schneidmüller Bernd/Weinfurter Stefan (Hrsg.): Ottonische Neuanfänge. Symposium zur Ausstellung "Otto der Große, Magdeburg und Europa" Verlag Philipp von Zabern Mainz 2001 Seite 271,272,279,286,289 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.): Otto III. – Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 302 A,369 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 55,95 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 115 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 149,153 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 118,122,176,216 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 463 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 110,115, 286 - Wolf, Arnim: Wer war Kuno von Öhningen? Überlegungen zum Herzogtums Konrads von Schwaben (+ 997) und zur Königswahl vom Jahre 1002. Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Band 365,1980, Seite 25-83 -

    Familie/Ehepartner: von Marchtal, Judith. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 239. von Mömpelgard, Liutold  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben vor 1044.
    2. 240. von Schwaben, Konrad  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 24 Nov 994.
    3. 241. von Schwaben, Hermann II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 945/950; gestorben am 4 Mai 1003.
    4. 242. von Öhningen, Ita  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 1000; wurde beigesetzt in Altomünster [85250],Dachau,Bayern,Deutschland.
    5. 243. von Schwaben, Uda  Graphische Anzeige der Nachkommen

  13. 193.  von Rheinfranken, Judith Graphische Anzeige der Nachkommen (144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 925; gestorben vor 973.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Gräfin von Stade

    Notizen:

    Judith von Rheinfranken Gräfin von Stade
    ca 925-16.10. vor 973

    Tochter des Grafen Udo I. von der Wetterau aus dem Hause der KONRADINER und einer namentlich unbekannten Tochter des Grafen Heribert I. von Vermandois
    Nach Jackman/Fried Tochter des Herzogs Konrad I. von Elsaß und der Judith/Jutta von Öhningen
    Josef Heinzelmann macht wahrscheinlich, daß die drei Brüder Konrad, Heribert und Udo und ihre Schwester Judith nicht unbedingt Söhne bzw. Tochter des Grafen Udo I. von der Wetterau sein müssen, sondern dessen Enkel oder Schwiegersöhne gewesen sein könnten

    Althoff Gerd: Seite 418, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 140
    Lü: 16.10 Juditha com + vor 973 Gemahlin Heinrichs I. von Stade

    Judith erscheint wie zahlreiche andere Angehörige der mit den BILLUNGERN verwandten Stader Grafenfamilie im Lüneburger Necrolog, vgl. dazu Kommentar G 45.
    Sie stammte aus der Familie der KONRADINER; auch ihr Bruder Udo (G 88) begegnet im Lüneburger Necrolog.
    Allgemein zu ihr und ihrem Todesdatum vgl. Hucke, Die Grafen von Stade, S.14.

    Me: 16.10. Iuthitta com

    Der Eintrag in Merseburg gehört nicht der Ergänzungsschicht an. Judith war die Großmutter Thietmars von Merseburg (vgl. Holtzmann, Thietmar-Ausgabe, Einleitung S. XII: Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 48); zu den Verwandten Thietmars im Merseburger Necrolog s. oben S. 235.

    Brandenburg Erich: Tafel 3 Seite 6, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. 12. JUDITH
    * ..., + 973 16. X.

    Gemahl:
    HEINRICH Graf von Stade + 976 9. V.

    Anmerkungen: Seite 121
    VII. 12. Judith

    Thietmar 2,42; 3,20. Wolters, Grafen von Stade, Stad. Arch. N.F. 1 [VII 15]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 463, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 14
    Zu Judith, ihrem Gatten Heinrich "von Stade" und ihren Nachkommen vgl. Richard G. Hucke, Die Grafen von Stade 900-1144. Genealogie, politische Stellung, Comitat und Allodialbesitz der sächsischen Udonen, Stade 1956, 9ff.
    Graf Heinrich I. "der Kahle", Sohn des in der Schlacht bei Lenzen 929 IX 4 gefallenen Grafen Luder, heiratete in erster Ehe die Udo-Tochter Judith, in zweiter Ehe eine Hiltigard, von der er nur eine gleichnamige Tochter hatte; alle andern Kinder siehe VIII, 21-26) gingen aus der ersten Ehe hervor. Das Todesjahr Heinrichs gibt Brandenburg mit 976 an; Hucke erwähnt zwar Argumente Wedekinds für dieses Jahr, datiert jedoch selbst vorsichtig "um 975/76" und nennt als letzte sichere Erwähnung Thietmar III, 6 zu 974. Den Todestag gibt Brandenburg mit V 9, was auf der Ausgabe des Nekrologs von St. Michael in Lüneburg beruht, während Hucke V 10, das im Chronicon monasterii Rosenfeldensis sue Hassefeldensis gegebene Datum, vorzieht. Wir lassen die Frage offen.
    Den Todestag Judiths gibt Brandenburg schon richtig mit X 16, nach dem Merseburger Nekrolog; Thietmar II, 42, nennt für seine avia Iutitta das Datum X 26. Als Todesjahr nennt Brandenburg 973, doch wissen wir nichts anderes, als daß Judith 973 bei der Ordination ihrer Tochter Hathui im Kloster Heeslingen im Unterschied zu ihrem Gemahl nicht anwesend war, also offenbar vor 973 starb (Hucke 14).
    Zur Bedeutung, die das Einströmen fränkisch-karolingischen Geblüts in den sächsischen Adel durch die Verbindung Judiths mit Heinrich hatte vgl. Hucke 14f: Helmhold kennzeichnet Erzbischof Hartwig von Bremen geradezu als Angehörigen des alten UDONEN-Stammes (de antiqua Udonum prosapia), ... Es ist möglich, fast alle Träger des Namens "Udo", die in den Quellen des 10.-13. Jahrhunderts als Angehörige der sächsischen Dynastengeschlechter auftreten, als Nachfahren des Rheinfranken Udo von der Wetterau und seiner TochterJudith einzuordnen." Nicht weniger bemerkenswert ist, daß sich unter den Nachkommen (vgl. Stammtafel A, bei Hucke nach Seite 236) bei den Männern keine KAROLINGER-Namen finden, wohl bei den Frauen: Kunigund (Tochter Judiths) sowie Ermengard/Irmgard und Bertha, Enkelinnen Judiths.
    Es darf daran erinnert werden, daß "Graf von Stade" (so Brandenburg) die übliche Bezeichnung des Hauses ist, die jedoch erst im 11. Jahrhundert in den Quellen, erst im 12. Jahrhundert urkundlich begegnet (Hucke 9 und Anmerkung 29). Graf Heinrich I., der seit 959 als Graf im Heilangau und Gau Mosidi urkundlich belegt ist, erbaute vor 969, wohl an Stelle eines fränkischen Königshofes, in Harsefeld (Kreis Stade, südlich von Stade) ein festes Haus. Erst im frühen 11. Jahrhundert dürfte Stade als Hauptsitz der Grafen an die Stelle von Harsefeld getreten sein und gab dann den Namen, vgl. Weise, in: Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, Band 2: Niedersachsen und Bremen ²1960, 176 und 373.

    Thiele Andreas: Tafel 9, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte" Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    JUDITH + 973
    oo HEINRICH I. Graf von Stade
    + 976

    Thietmar von Merseburg: Seite 80, "Chronik"

    Meine Großmutter Judith ruht in der Kirche, die ihre Tochter später mühsam in Stein errichten ließ, was eine Seltenheit in diesem Lande ist. Sie verstarb am 26. Oktober [189 Tochter des KONRADINERS Udo (vgl. II, 35 und Stammtafel), Gemahlin Heinrichs des Älteren, Jahr unbekannt. Necr. Mers.: 16. Oktober].

    Hucke Richard: Seite 14, "Die Grafen von Stade"

    Judith, die erste Frau Heinrichs des Kahlen, war eine KONRADINERIN, gebürtig aus Rheinfranken. Sie gebar ihrem Gatten drei Töchter, die sowohl das Dyptichon als auch der sächsische Annalist nennt Judiths Todestag ist der 16. Oktober, das Todesjahr wird vor 973 anzusetzen sein. Bei der Ordination ihrer Tochter Hathui im Kloster Heeslingen war nämlich nur ihr Vater zugegen, wie Thietmar ausdrücklich berichtet.Judiths Vater war Graf Udo (im Rheingau und in der Wetterau, + 949), den Thietmar als "amicus regis" bezeichnet, der Bruder Hermanns I. von Schwaben, Vetter König KONRADS I. Udos Name erscheint erstmalig in N-Deutschland beim zweiten Sohn der Judith, dem man die Namen der Großväter gab (Luder-Udo). Später nannte man das ganze Stader Geschlecht nach ihm "UDONEN". Helmhold kennzeichnet Erzbischof Hartwig von Magdeburg geradezu als Angehörigen des alten UDONEN-Stammes (de antiqua Udonum prosapia) und Hartwigs gleichnamiger Onkel und Magdeburger Amtsgenosse wird, obwohl er selbst kein STADER ist, als "Udo" bezeichnet. Es ist möglich, fast alle Träger des Namens "Udo" , die in den Quellen des 10.-13. Jahrhunderts als Angehörige sächsischer Dynastengeschlechter auftreten, als Nachfahren des Rheinfranken Udo von der Wetterau und seiner Tochter Juditheinzuordnen.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 49,152, "Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands"

    Hat doch der Großvater Thietmars von Merseburg (mütterlicherseits), Graf Heinrich von Stade (+ nach 974), den Thietmar selbst als consanguineus Kaiser OTTOS DES GROSSEN bezeichnete, Judith, eine Tochter des KONRADINERS Udo I. von der Wetterau und seiner Gemahlin N.N., die ihrerseits eine Tochter Heriberts I. von Vermandois war, heiraten können.
    Zumal ja Luder-Udos I. Großmutter Judith eine KONRADINERIN war und den Herzog Konrad von Schwaben zum Bruder hatte.

    Heinzelmann Josef: "Spanheimer–Späne. Schachwappen und Konradinererbe"

    Ich schlage mich nicht auf die Seite der Parodisten, wenn ich nochmals eine Denkmöglichkeit anfüge. Der letzte Name der Reichenauer Memorialnotiz, angeblich eine Dublette, könnte nämlich Konrads von Schwaben Schwager Heinrich von Stade bezeichnen, denn man muss wohl Vuelf Heinrich für die beiden Enkel Welf und Heinrich ansehen. Dann dürfte aber auch Iudita Heinrichs von Stade Gattin meinen und dann wäre Richlint mit größter Wahrscheinlichkeit eine weitere Schwester oder eine Tochter Konrads. Oder doch die Gattin Konrads?

    Quasi hereditatem inter filios

    Mit den vier Geschwistern sind gewiss nicht alle Erben aufgezählt. Dass aber diese vier nicht von dessen Vetter Gebhard sondern von Udo abstammen (freilich nicht unbedingt wie in traditioneller Auffassung als seine Kinder, sondern, was auch ihre Lebens-, genauer ihre Todesdaten zu bestätigen scheinen, eher als Enkel über einen unbekannten Sohn oder eine Tochter), verraten schon ihre Namen. Jackman muss wegen der VERMANDOIS-Namen Heribert und Kunigunde dem Grafen Gebhard vom Ufgau eine hypothetische Frau Adela aus diesem Geschlecht geben, wohingegen eine Tochter Heriberts I. von Vermandois (wohl namens Kunigunde) als Gemahlin Udos zuverlässig belegt ist. Auch die Namen Hermann, Ita und Udo passen besser oder nur zu Nachkommen Udos. Mit erstaunlicher Präpotenz verdreht Jackman bei den STADERN auch das Vorkommen von Udo, weil er die Abstammung von Udo (I) leugnet: „The name Udo can be observed entering the house of Stade as the sole onomastic heritage from the Konradiner. Apparently this occurred in a rather unusual way: … for the names Judith and Liuthar both include an –ud- component.“

    959 oo 1. Heinrich I. der Kahle Graf von Stade -10.5.975/76

    Kinder:
    - Heinrich II. der Gute - 2.10.1016
    - Lothar-Udo I. - 23.6.994
    - Siegfried II. - 6.1.1037
    - Gerburg (Gertrud) - um 1000, Mutter des Bischofs Dietrich von Münster (1011-3.1.1022)
    oo Brun Graf von Arneburg -27.11.978
    - Hathui Äbtissin von Heeslingen 973 958-
    - Kunigunde -13.7.997
    oo Siegfried Graf von Walbeck -15.3.991

    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 57,235,418 G 140 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 3 Seite 6 - Chronik des Albert von Stade - Glocker, Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik, Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 357 - Heinzelmann, Josef: Spanheimer-Späne. Schachwappen und Konradinererbe, in: Jahrbuch für westdeutsche Landesgeschichte 25 (1999), Seite 7­68 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969 Seite 46 - Hlawitschka, Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987 Seite 49,152 - Hucke, Richard: Die Grafen von Stade 990-1144, Stade 1956 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 9 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 80 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 463 -

    Gestorben:
    16.10.

    Judith heiratete von Stade, Heinrich I. in 959. Heinrich gestorben in 975/976. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 244. von Stade, Heinrich II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 946; gestorben am 2 Okt 1016; wurde beigesetzt in Harsefeld [21698],Stade,Niedersachsen,Deutschland.
    2. 245. von Stade, Lothar-Udo I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 950; gestorben am 23 Jun 994 in Stade [21680],Stade,Niedersachsen,Deutschland.
    3. 246. von Stade, Siegfried II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 965; gestorben am 6 Jan 1037.
    4. 247. von Stade, Gerburg  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben um 1000.
    5. 248. von Stade, Hathui  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 958.
    6. 249. von Stade, Cunigunde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 958; gestorben am 13 Jul 997 in Bebertal [39343],Börde,Sachsen-Anhalt,Deutschland.

  14. 194.  von der Wetterau, Heribert Graphische Anzeige der Nachkommen (144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 925; gestorben in 992.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Kinziggau,Hessen,Deutschland; Graf im Kinziggau

    Notizen:

    Heribert Graf im Kinziggau
    925-992

    4. Sohn des Grafen Udos I. von der Wetterau aus dem Hause der KONRADINER und einer namentlich unbekannten Gräfin von Vermandois, Tochter von Graf Heribert I.
    Neffe des Herzogs Hermann I. von Schwaben
    Nach Jackman/Fried Sohn des Herzogs Konrad I. von Elsaß und der Judith/Jutta von Öhningen
    Josef Heinzelmann macht wahrscheinlich, daß die drei Brüder Konrad, Heribert und Udo und ihre Schwester Judith nicht unbedingt Söhne des Grafen Udo I. von der Wetterau sein müssen, sondern dessen Enkel oder Schwiegersöhne gewesen sein könnten

    Brandenburg Erich: Tafel 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. Generation 11.
    Heribert, Graf im Kinziggau 949
    * ca. 925, + 992
    Gemahlin: Irmtrud, Tochter des Grafen Megingoz

    Anmerkungen: Seite 121
    VII. 11. Heribert

    Thietmar 4,60
    Gemahlin: Irmtrud siehe Schenk zum Schweinsberg, Genealogische Studien 5 [VII 13]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 463, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 13
    Zum Amtsgebiet Graf Heriberts vgl. H. Philippi, Territorialgeschichte der Grafschaft Büdingen, 1954, 27ff.
    Zur Familie von Ermentrud/Imiza, der Gattin Heriberts, vgl. Renn 107ff.
    Heribert folgte 949, wurde Graf von Gleiberg, das er gründete, und Graf im Kinziggau. Er erschien als treue Stütze der OTTONEN, zog 982/83 mit nach S-Italien und machte die Schlacht bei Cotrone mit, wo der Bruder fiel. Er war mächtig in Hessen.

    Weinfurter, Stefan: Seite 194,199, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten"

    Friedrich, einer der Brüder Kunigundes, hatte sich mit einer Tochter Heriberts von der Wetterau (+ 992) vermählt, der wiederum zu den führenden Mitgliedern des KONRADINER-Hauses zählte.
    Ähnliches gilt für die mächtige rhein- und mainfränkische Adelsfamilie der KONRADINER. In weiblicher Linie gehörte ihr Erzbischof Heribert von Köln an. Die Führung im KONRADINER-Clan aber hatte, bis zu seinem Tod 992, vor allem bei Heribert gelegen, dem Grafen im hessischen Kinziggau, im Engersgau und in der Wetterau. Von seinen Söhnen starb der eine, Gebhard, 1016. Der andere war Otto, der nach dem Tod seines Bruders alle Besitzungen und Grafschaften dieser Linie in seiner Hand vereinte.

    oo Irmentrud (Imiza), Tochter des Grafen Megingoz und der Gerberga
    Kinder:
    - Gerberga ca. 960/65- um 1036
    vor 1003 oo Heinrich I. Markgraf von Schweinfurt ca 975-18.9.1017
    - Gebhard Graf ca 965/70-8.11.1016
    - Otto Graf von Hammerstein 975-5.6.1036
    - Irmtrud Erbin von Gleiberg
    985/90 oo Friedrich I. Graf von Luxemburg-Salm ca 965- 1019

    Literatur:
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 313,333 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 46,49-51,53,70 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 194,199 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 463 -

    Familie/Ehepartner: von Geldern, Irmentrud. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 250. von der Wetterau, Irmintrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 251. Gebhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 965/970; gestorben am 8 Nov 1016.
    3. 252. von Hammerstein, Otto  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 975; gestorben am 5 Jun 1036.

  15. 195.  Cäcilia Graphische Anzeige der Nachkommen (154.Zwentibold10, 118.Arnulf9, 88.Karlmann8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Echt-Susteren [6100],Limburg,Niederlande; Äbtissin von Susteren

    Notizen:

    Cäcilie Äbtissin von Süsteren
    -17.8.
    Tochter des Königs Zwentibold von Lothringen und der Oda von Sachsen, Tochter von Herzog Otto

    Werner Karl Ferdinand: Seite 464, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 45-46

    Über die beiden Töchter Zwentibolds weiß man, soviel ich sehe, nichts anderes als was zwischen 1247 und 1251 (vgl. A. Molinier, Soucres de 'hist. de Frande 2, 1902, 155) Gilles d'Orval in seinen Gesta episcoporum Leodiensium, MG SS 25, 50 schrieb: Zwentibold sei in Süsteren beigesetzt worden, unsd ebenso seine beiden Töchter, nachdem sie, von einer Amalberga ausgebildet, successive post magistram suam praefuerant. Dümmler 3, 502f. (jeweils Anm. 2), der diese Belege zitiert, auf denen auch Brandenburg fußt, bemerkt im Anschluß an die Bollandisten (AA SS Aug. III, 138), daß in Süsteren der Kult des zum Heiligen gewordenen Zwentibold floriere, ebenso der seiner Töchter - ein Zahn Zwentibolds diene vor allem als Mittel gegen Zahnschmerzen. Es handelt sich hier um einen späten Kult, bei Gilles d'Orval um einen späteren Gewährsmann. Sollte dies schon bedenklich stimmen, so macht stutzig die Angabe des Chronisten, Benedicta und Caecilia seien, wenn auch in verschiedenen Jahren, am gleichen Tage, nämlich XVI Kal. Septembris, gestorben bzw. beigesetzt worden. An diesem Tage, so sagt er ausdrücklich ... earundem festivitas celebratur. Dies scheint so ziemlich alles gewesen zu sein, was man von ihnen wußte, wie wenig es ist, wird aber erst deutlich, wenn man sich erinnert, daß Zwentibold seinerseits XV Kal. Sept., wie eine Echternacher und eine Trierer Tradition übereinstimmend berichten, gestorben ist (bzw. beigesetzt wurde), vgl. Dümmler 3, 502, Anm. 2. Die Differenz von einem Tage besagt nichts - ganz offenkundig handelt es sich in Süsteren um eine späte Tradition, die den Todestag (der Tag darauf, in Echternach notiert, könnte der der Beisetzung sein, ausdrücklich heißt es dort ... sepultus est) Zwentiboldsz um Anlaß nimmt, seinen Kult und den seiner Töchter zu begehen, und allen drei Familienmitgliedern den gleichen Todestag in verschiedenen Jahren gibt. Nicht weniger bedenklich sieht die urkundliche Basis aus. Zwar gibt es ein D Zweintibolds für Süsteren, und der Herausgeber Schieffer verweist auch auf dieses D 2, wenn er Seite 4 von Zwentibolds (angeblicher, dürfen wir wohl schon sagen) Beisetzung in Süsteren spricht. Aber gerade hier ist nichts zu sehen von dem, das wir als Indizien für eine Hausabtei und Grablege eines Königs und seiner Familie deuten können. Kaiser ARNULF, ZwentiboldsVater, hatte Süsteren einem Priester hoher Begabung (eximiarum arcium) namens Siginand geschenkt, dann aber auf dessen Wunsch die Abtei an Prüm geschenkt, an das sie nach Siginands Tod definitiv heimfallen sollte. Das bestätigte Zwentibold. Im D 84 König KARLS III., einem Placitum im Herstal 916 I 19, begegnet uns Süsteren wieder: Mit Gewalt war dem Siginand sein Besitz von potentiores entrissen worden, udn dadurch auch nicht die Übergabe an Prüm vollzogen worden, das jetzt, in diesem Placitum , die Übereignung erhält. Weder sachlich noch zeitlich (keine 16 Jahre sind seit Zwentibolds Tod vergangen) ist hier viel Platz für die Äbtissinnen der beiden Zwentibold-Töchter. Bedarf es noch eines Hinweises, daß die Namen der beiden Töchter, Benedicta und Caecilia, für die jedes zeitgenössische Zeugnis fehlt, an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert ebenso ungewöhnlich sind wie späterer Zeit vertraut, und daß man Heiligen mit Vorsicht gegenübertreten muß, die nicht einmal einen eigenen Gedenktag haben? Um so bemerkenswerter scheint mir der Satz Dümmlers in der erwähnten Anmerkung: "Ich weiß nicht woher Resch (ann. Sabionens. II, 285 n. 624) die Nachricht hat: in monasterio Epternacensi sepultus est a. 900 hac cum memoria: XV Kal. Sept. Zendebolt rex piae memoriae, womit das Necrol. S. Maximini (Jahrb. der Altertumsfreunde im Rheinl. LVII, 115): XV Kal. (Sept.) Zondebolt rex pie mem., übereinstimmt." Auch wenn wir den Beleg des Geschichtsschreibers von Säben nicht verifizieren können, so bietet er doch das richtige Datum des Beisetzung Zwentibolds, und diese erscheint uns in Echternach wahrscheinlicher als in Süsteren, zu dem sich keine zwingende zeitgenössische Beziehung herstellen läßt. - Wir lassen die Namen der Zwentibold-Töchter, selbst mit einem Fragezeichen versehen, nur mit großen Bedenken auf der Tafel stehen - denn, wenn wir der einzigen Tradition, die von ihnen berichtet, folgen, dann müßten wir konsequenterweise auch den fragwürdigen Todestag der beiden verzeichnen.

    Glocker Winfrid: Seite 275, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    IV, 9 Caecilia, Äbtissin des Stiftes Süsteren
    + VIII 17

    Hlawitschka Eduard: Seite 61, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert."

    Aus Uotas dreijähriger Ehe mit König Zwentibold sind bekanntlich zwei Töchter hervorgegangen: Benedicta und Caecilia; sie kamen in das Kloster Süsteren und wurden später dort beide Äbtissinnen. Die kurze Zeitspanne von Uotas erster Ehe und die Tatsache, daß beide Zwentibold-Töchter ins Kloster geschickt wurden, spricht nun aber dafür, daß die Gozlin-Gemahlin Uda erst aus der zweiten Ehe Uotas mit Graf Gerhard hervorging [Die Einweisung der beiden gesicherten Zwentibold-Töchter ins Kloster - und nicht etwa nur einer - bezweckte offenbar die Ausscheidung des gesamten Zwentibold-Nachkommenschaft aus dem aktiven Leben. Wenn Uda nicht ins Kloster kam, dürfte sie also auch keine Zwentibold-Tochter gewesen sein.].


    Literatur:
    Dümmler Ernst: Geschichte des Ostfränkischen Reiches. Verlag von Duncker und Humblot Berlin 1865 Band II Seite 501 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 IV, 9 Seite 275 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 61 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 89,95 -

    Gestorben:
    17.8.


  16. 196.  Benedikta Graphische Anzeige der Nachkommen (154.Zwentibold10, 118.Arnulf9, 88.Karlmann8, 59.Ludwig7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Echt-Susteren [6100],Limburg,Niederlande; Äbtissin von Susteren

    Notizen:

    Benedikta Äbtissin von Süsteren
    -17.8.
    Tochter des Königs Zwentibold von Lothringen und der Oda von Sachsen, Tochter von Herzog Otto

    Werner Karl Ferdinand: Seite 464, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 45-46

    Über die beiden Töchter Zwentibolds weiß man, soviel ich sehe, nichts anderes als was zwischen 1247 und 1251 (vgl. A. Molinier, Soucres de 'hist. de Frande 2, 1902, 155) Gilles d'Orval in seinen Gesta episcoporum Leodiensium, MG SS 25, 50 schrieb: Zwentibold sei in Süsteren beigesetzt worden, unsd ebenso seine beiden Töchter, nachdem sie, von einer Amalberga ausgebildet, successive post magistram suam praefuerant. Dümmler 3, 502f. (jeweils Anm. 2), der diese Belege zitiert, auf denen auch Brandenburg fußt, bemerkt im Anschluß an die Bollandisten (AA SS Aug. III, 138), daß in Süsteren der Kult des zum Heiligen gewordenen Zwentibold floriere, ebenso der seiner Töchter - ein Zahn Zwentibolds diene vor allem als Mittel gegen Zahnschmerzen. Es handelt sich hier um einen späten Kult, bei Gilles d'Orval um einen späteren Gewährsmann. Sollte dies schon bedenklich stimmen, so macht stutzig die Angabe des Chronisten, Benedicta und Caecilia seien, wenn auch in verschiedenen Jahren, am gleichen Tage, nämlich XVI Kal. Septembris, gestorben bzw. beigesetzt worden. An diesem Tage, so sagt er ausdrücklich ... earundem festivitas celebratur. Dies scheint so ziemlich alles gewesen zu sein, was man von ihnen wußte, wie wenig es ist, wird aber erst deutlich, wenn man sich erinnert, daß Zwentibold seinerseits XV Kal. Sept., wie eine Echternacher und eine Trierer Tradition übereinstimmend berichten, gestorben ist (bzw. beigesetzt wurde), vgl. Dümmler 3, 502, Anm. 2. Die Differenz von einem Tage besagt nichts - ganz offenkundig handelt es sich in Süsteren um eine späte Tradition, die den Todestag (der Tag darauf, in Echternach notiert, könnte der der Beisetzung sein, ausdrücklich heißt es dort ... sepultus est) Zwentibolds zum Anlaß nimmt, seinen Kult und den seiner Töchter zu begehen, und allen drei Familienmitgliedern den gleichen Todestag in verschiedenen Jahren gibt. Nicht weniger bedenklich sieht die urkundliche Basis aus. Zwar gibt es ein D Zwentibolds für Süsteren, und der Herausgeber Schieffer verweist auch auf dieses D 2, wenn er Seite 4 von Zwentibolds (angeblicher, dürfen wir wohl schon sagen) Beisetzung in Süsteren spricht. Aber gerade hier ist nichts zu sehen von dem, das wir als Indizien für eine Hausabtei und Grablege eines Königs und seiner Familie deuten können. Kaiser ARNULF, Zwentibolds Vater, hatte Süsteren einem Priester hoher Begabung (eximiarum arcium) namens Siginand geschenkt, dann aber auf dessen Wunsch die Abtei an Prüm geschenkt, an das sie nach Siginands Tod definitiv heimfallen sollte. Das bestätigte Zwentibold. Im D 84 König KARLS III., einem Placitum im Herstal 916 I 19, begegnet uns Süsteren wieder: Mit Gewalt war dem Siginand sein Besitz von potentiores entrissen worden, und dadurch auch nicht die Übergabe an Prüm vollzogen worden, das jetzt, in diesem Placitum, die Übereignung erhält. Weder sachlich noch zeitlich (keine 16 Jahre sind seit Zwentibolds Tod vergangen) ist hier viel Platz für die Äbtissinnen der beiden Zwentibold-Töchter. Bedarf es noch eines Hinweises, daß die Namen der beiden Töchter, Benedicta und Caecilia, für die jedes zeitgenössische Zeugnis fehlt, an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert ebenso ungewöhnlich sind wie späterer Zeit vertraut, und daß man Heiligen mit Vorsicht gegenübertreten muß, die nicht einmal einen eigenen Gedenktag haben? Um so bemerkenswerter scheint mir der Satz Dümmlers in der erwähnten Anmerkung: "Ich weiß nicht woher Resch (Ann. Sabionens. II, 285 n. 624) die Nachricht hat: in monasterio Epternacensi sepultus est a. 900 hac cum memoria: XV Kal. Sept. Zendebolt rex piae memoriae, womit das Necrol. S. Maximini (Jahrb. der Altertumsfreunde im Rheinl. LVII, 115): XV Kal. (Sept.) Zondebolt rex pie mem., übereinstimmt." Auch wenn wir den Beleg des Geschichtsschreibers von Säben nicht verifizieren können, so bietet er doch das richtige Datum des Beisetzung Zwentibolds, und diese erscheint uns in Echternach wahrscheinlicher als in Süsteren, zu dem sich keine zwingende zeitgenössische Beziehung herstellen läßt. - Wir lassen die Namen der Zwentibold-Töchter, selbst mit einem Fragezeichen versehen, nur mit großen Bedenken auf der Tafel stehen - denn, wenn wir der einzigen Tradition, die von ihnen berichtet, folgen, dann müßten wir konsequenterweise auch den fragwürdigen Todestag der beiden verzeichnen.

    Glocker Winfrid: Seite 275, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    IV. 8 Benedicta, Äbtissin des Stiftes Süsteren
    + VIII 17

    Hlawitschka Eduard: Seite 61, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert."

    Aus Uotas dreijähriger Ehe mit König Zwentibold sind bekanntlich zwei Töchter hervorgegangen: Benedicta und Caecilia; sie kamen in das Kloster Süsteren und wurden später dort beide Äbtissinnen. Die kurze Zeitspanne von Uotas erster Ehe und die Tatsache, daß beide Zwentibold-Töchter ins Kloster geschickt wurden, spricht nun aber dafür, daß die Gozlin-Gemahlin Uda erst aus der zweiten Ehe Uotas mit Graf Gerhard hervorging.


    Literatur:
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 IV, 8 Seite 275 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 61 -

    Gestorben:
    17.8.


  17. 197.  von Luxemburg, Siegfried I.von Luxemburg, Siegfried I. Graphische Anzeige der Nachkommen (161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 915/917; gestorben am 26 Okt 997; wurde beigesetzt in Trier [54290],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Moselgau; Graf im Moselgau
    • Titel/Amt/Status: 963-997, Luxemburg; Graf von Luxemburg

    Notizen:

    Siegfried I.
    Graf von Luxemburg (963-997)
    Graf im Moselgau
    915/17-26.10.997 Begraben: Abtei St. Maximin in Trier
    (* 916/19 Hoensch) (+ 28.10. 997 Renn)

    Jüngster Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwig dem Stammler
    Nach Rene Klein Sohn des Herzogs Giselbert von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwig der Stammler

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. 50 b. SIEGFRIED, Graf von Luxemburg 963
    * ca. 922, + 998 15. VIII.

    Gemahlin:
    vor 964 (wohl ca. 950)
    Hedwig, angeblich Tochter des Grafen Eberhard im Nordgau + nach 993

    Anmerkungen: Seite 123
    VII. 50. Siegfried

    Vgl. VI 26.
    Er war wohl Graf im Moselgau, siehe Witte, Lothr. Jb. 5, 46; ertauschte 963 Luxemburg von der Abtei St. Maximin in Trier, Mrh. U. B. 1, n. 211, Vogt von Echternach 974 15. III., von St. Maximin 981, ib. n. 252, + ib. n. 236.
    Todestag: Köller, Saarbr. S. 14; Schrötter, Luxemburg 39.

    Gemahlin:
    Hedwig 964, Mittelrh. U. 1 n. 220; zuletzt 993, ib. n. 268, + an einem 13. XII., Fontes 4, 458.
    Daß sie eine Tochter des Nordgaugrafen Eberhard gewesen sei, vermutet Vanderkindere 2, 408, ohne Gründe anzugeben. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß Judith eine Schwester Siegfrieds war, die Mittelrh. U. 1, n. 308 III als amita des Erzbischofs Adalbero von Trier erscheint. Sie soll nach 1037 gestorben sein und mit Graf Adalbert von Elsaß vermählt gewesen sein, was aber chronologisch ganz unmöglich ist. Die Urkunde n. 308 III und 309 sind gefälscht, siehe Witte, Lothr. Jb. 5,2, 47f.

    Korrektur (Werner):
    Sämtliche Geschwister Siegfrieds sind durch ihre Mutter Kunigunde als sichere Nachkommen anzusehen, während Brandenburg sie nur zum Teil unter die sicheren Nachkommen einreiht (siehe Tafel 33 VII 57-62).

    Ergänzung (Werner):
    a) Adalbero (siehe Tafel 33 VII 57a), * v. 910, + 962 IV. 26., 929 Bischof von Metz [VII a 63]
    b) Gozelo (siehe Tafel 33 VII 58a), *c. 910, + 942 X. 19., Graf (Bidgau), Gemahlin: Uda, + (n. 963) IV. [VIIa 64]
    c) Friedrich I. (siehe Tafel 33 VII 59), * c. 912, + 978 I.18., Graf von Bar, 959 Herzog von Ober-Lothringen, Gemahlin: 955 Beatrix, Tochter Hugos "des Großen", dux Francorum [s. VII 9], + (n. 978) IX.23. [s. XIII 10] [VIIa 66]
    d) Giselbert (siehe Tafel 33 VII 60), * c. 915, + 963 IV.17., 965 Graf (Ardennengau); Gemahlin: Hedwig, + n. 965. [VIIa 66]
    e) Liutgard (siehe Tafel 33 VII 62), * c. 915, + n. 960 IV.8.
    Gemahl:
    a) Adalbert, + v. 960 IV.8.
    b) v. 960 IV.8. Eberhard. [VII 67]
    f) Siegfried = VII 50. [VII 68]. (Er ist sicher identisch mit "Siegbert", VII 61).

    Werner Karl Ferdinand: Band IV Seite 471, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. 68.
    Den Grafen Siegfried "von Luxemburg" bringt Brandenburg VII, 50 als einziges Kind der Kunigund richtig unter den gesicherten Nachkommen KARLS DES GROSSEN, die übrigen Geschwister, wie bemerkt, nur im 2. Teil, zu den wahrscheinlichen Nachkommen. Brandenburg hielt Siegfried im Gegensatz zu den anderen Kindern der Kunigund für einen Sohn Richwins, also des zweiten Gemahls der Kunigund, übersah aber bei der Einordnung zur gesicherten und nur wahrscheinlichen Deszendenz, daß die Abkunft von KARL DEM GROSSEN ja nicht durch Richwin, sondern durch die gemeinsame Mutter, eben Kunigund, vermittelt wird. Davon abgesehen ist auch Siegfried, wie Renn 12 ff. darlegt, ein Kind aus Kunigunds erster Ehe mit Graf Widericus/Wigerich. Darauf deutet schon der Name von Siegfrieds Sohn Friedrich, identisch mit dem Namen eines Bruders von Wigerich (Renn 17). - Der von Brandenburg VII, 61 (Seite 66) unter den Kindern Kunigunds 1. Ehe aufgeführte "Siegbert, * ca. 915, + nach 943" ist, wie Renn erkennen läßt, zu streichen. Der einzige Beleg für diese Person in einer Urkundenkopie ist offenkundig eine Verschreibung für Siegfried, den hier zu behandelnden Grafen. Vgl. zu ihm und seiner Familie Renn 57ff., zu seiner Frau Hadwig ebd. 64f. - Im einzelnen sind folgende Berichtigungen und Ergänzungen zu den Angaben von Brandenburg zu machen: Siegfried ist c 950 als (Laien-)Abt von Echternach, dann als Vogt dieses Klosters nachweisbar; er ist Graf, wohl in mehreren Grafschaften, nachweisbar 982 im Moselgau. 963 IV 17 erwirbt er die Lützelburg (später "Luxemburg"), die dem Haus später den Namen geben wird. Es leuchtet ein, daß man Siegfried nicht "Graf von Luxemburg" nennen sollte, wie es bei Brandenburg geschieht. Siegfrieds Todestag ist nicht VIII 15 (so Brandenburg), sondern X 28 (Renn 65). Das Datum VIII 15 ist wahrscheinlich der Todestag von Siegfrieds gleichnamigen Sohn (siehe VIII, 69), der nach 985, aber vor dem Vater starb, und dessen Existenz Brandenburg zu Unrecht anzweifelte. Im D 261 OTTOS III. von 997 X 26 wird Siegfried (der Ältere) zuletzt in Tätigkeit, nämlich als Inhaber seiner Grafschaft, genannt. (Brandenburg gibt als Todesjahr 998). Renn 65 liefert zu dem von Brandenburg schon gegebenen Terminus post quem des Todes der Hadwig, 993, den Todestag XII 13: In den bairischen Nekrologien, die die Familie der Kaiserin Kunigund, der Tochter Hadwigs, verzeichnen, erscheint zu diesem Tag domina Hedwich comitissa. Der vermutliche Zeitpunkt der Eheschließung Siegfrieds mit Hadwig, bei Brandenburg "vor 964, wohl ca. 950", wird von Renn 58 mit C 955/60 angegeben.

    VIII. 68-78
    Die zahlreichen Kinder des Grafen Siegfried "von Luxemburg" konnten nach den Angaben von Renn erheblich präziser datiert und in ihrer Reihenfolge gegenüber Brandenburg VIII, 44-53 umgestellt werden. Gegenüber Brandenburg kam hinzu der jüngere Siegfried, dessen Existenz Brandenburg nicht anerkennen wollte. Vgl. jedoch die überzeugenden Ausführungen von Renn. Im einzelnen ist zu bemerken: das Geburtsjahr des Ältesten, Heinrich, ist von c 955 auf c 960 zu setzen, wie sich aus dem vermutlichen Ehedatum der Eltern ergibt (Renn 58). Nach dem erwähnten Siegfried dem Jüngeren (er ist es, der in den Briefen Gerberts Havet nr. 41 und 51 vorkommt) gehört Liutgard zu den ältesten Geschwistern. Vgl. zu ihr oben VIII, 52 (Ehe und Geburtsdatum) und Uhlirz 456 sowie Renn 103, der den Todestag berichtigt: V 13, nicht V 14 (Brandenburg) - Zu Friedrich und seinen Nachkommen siehe Renn 44ff. sowie die Tafel dort 45. - Die Tochter unbekannten Namens, Gattin des Grafen Thietmar (wohl von Volksfeld), starb an einem III 29, wie wir bei Renn 104 erfahren. Wir wissen von ihrer Tochter Uda. Kaiserin Kunigund hat diese ihre Nichte noch erwachsen gekannt, was auf eine Geburtszeit der Mutter von c 970 schließen läßt (Renn 105). - Zu Giselbert, den Brandenburg "Graf in Waldelevings" nennt, belehrt uns Renn 87, daß er, Graf einer uns unbekannten Grafschaft, Herr im saarländischen Walerfangen (Moselgau) war. Zum Todesjahr 1004 (schon bei Brandenburg) bietet er ebd. den genauen Tag, V 18. - Das genaue Todesdatum (Brandenburg "1046 IV oder V") gibt Renn 103 auch zu Bischof Dietrich von Metz: 1046 V 2. - Zur Kaiserin Kunigund ist zu bemerken, daß ihre Ehe mit HEINRICH II. nicht c 999, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit im Frühsommer des Jahres 1000 stattfand, vgl. Uhlirz 331. - Kunigundes Schwester Eva starb nicht nur nach 1020 II 3, wie Brandenburg angibt, sondern erst nach 1040 (Renn 114); ihr Gemahl, Graf Gerhard, starb 1024/33 (Renn 103f., gegenüber Brandenburg: "nach 1020"). - Der Todestag der Äbtissin Ermentrud in einem unbekannten Jahr, ist V 2 (Renn 105), und nicht V 5 (Brandenburg).

    Althoff Gerd: Seite 420, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 145a
    Me: 27.10. Sifrid com + um 998 Vater der Kaiserin Kunigunde

    (Es.) Zum 28. Oktober überliefern die Notae Necrologiae Coufungenses: Sigefridus Kunuz com. pater Chunigundis imperatoricis obiit. Da auch die Mutter und die Gemahlin Siegfrids und ein Sohn des Ehepaares im Merseburger Necrolog begegnen (vgl. G 176 und K 16), ist die Identifizierung wohl gesichert, zumal der zum 26. Oktober ins Lüneburger Necrolog eingetragene Graf gleichen Namens als occius bezeichnet ist (G 145).
    Die Kaiserin Kunigunde hat offensichtlich dafür gesorgt, daß bei der Neustiftung des Gedenkens in Merseburg auch ihre Vorfahren berücksichtigt wurden; vgl. dazu ausführlich oben S. 198f.
    Allgemein zu Siegfrid siehe Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, besonders Seite 57ff.; dort auch Seite 64 Hinweise auf den Zeitraum seines Todes; vgl. dazu auch seine Grabinschrift (MGH Poetae lat. 5, Seite 316) und Wampach, Urkunden- und Quellenbuch, Nr. 211.

    Thiele Andreas: Tafel 66, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte"
    Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I


    SIEGFRIED
    + 998
    Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen, Graf in den Ardennen

    Graf im Moselgau, Stütze seines bischöflichen Bruders Adalbero von Metz, erwarb am 17.4.963 die Burg Luxemburg durch Tausch gegen Liegenschaften in Feulen mit dem Kloster St. Maximilian in Trier, die seitdem als Residenz für seinen großen Streubesitz diente. Er beerbte um 964 seinen Bruder Giselbert im Ardennengau und wurde um 950 Laienabt von Echternach, das er sehr förderte. Er war auch Vogt von St. Maximin in Trier und zu Metz und damit der mächtigste Mann im Moselgauraum. Er war eine treue Stütze der OTTONEN, unterstützte OTTO III. im Thronkrieg, stand mit der Sippe 985 gegen Frankreich wegen Verdun und war auch zeitweise gefangen. Durch die starke Verflechtung seines Besitzes mit dem der Erzbischöfe von Trier, der Bischöfe von Metz, Toul und Verdun und etlicher Klöster hatte er ständig Streit mit diesen. Er war sogar zeitweise deshalb gebannt, weil er den Bischof von Verdun gefangen hielt. Er förderte die Cluniazenser in Gorze, Echternach und St. Maximin, erwarb unter anderem Saarburg als Lehen der Erzbischöfe von Trier und schuf die Grundlagen des luxemburgischen Territorialstaates.

    oo HEDWIG

    Mohr Walter: Band I Seite 59-61, "Geschichte des Herzogtums Lothringen"

    Nach der Übergabe OTTOS III. an seine Mutter auf dem Tag zu Rara am 29. Juni 984 kam es in Lothringen zu einem neuen Aufschwung für die kaiserliche Partei. An ihre Spitze traten Herzog Dietrich von Ober-Lothringen und Graf Gottfried von Verdun. Von weiteren Parteigängern sind bekannt: Siegfried von Luxemburg und die Grafen Bardo und Gozelo, die ihrerseits Neffen des Grafen von Verdun waren. Zunächst widmeten sie sich der Wiedereroberung von Verdun, die wahrscheinlich Ende September 984 gelang. Etwa zur gleichen Zeit war es dem kaiserlichen Hofe durch den Tod Bischof Dietrichs von Metz möglich, die kaiserliche Partei in Lothringen weiter zu stärken. Das erledigte Bistum wurde Adalbero, dem Sohn der Herzogin Beatrix, übertragen, der zuvor schon zum Bischof von Verdun ausersehen worden war, aber durch den Tod OTTOS II. seine dortige Anerkennung noch nicht erhalten hatte. Auch nach Verdun kam als Bischof ein Anhänger der kaiserlichen Partei, ein weiterer Adalbero, Sohn des Grafen Gottfried von Verdun. Um diese Stadt entwickelte sich in einem prinzipiell gearteten Sinne die Auseinandersetzung mit dem westfränkischen König. Er hat zu Ende des Jahres 984 mit den Vorbereitungen zur Rückeroberung begonnen. Auf der Gegenseite hat man sich eifrig zur Verteidigung gerüstet. Der Angriff Lothars war erfolgreich. Bei der Übergabe gerieten die Verteidiger, darunter Herzog Dietrich von Ober-Lothringen, Graf Siegfried von Luxemburg und Graf Gottfried von Verdun in Gefangenschaft. Lothar hat seine Aktion nicht weitergeführt, er ist wieder ins westfränkische Reich zurückgekehrt.
    Von westfränkischer Seite scheint man gehofft zu haben, dass die immer noch gefangenen Grafen Gottfried von Verdun und Siegfried von Luxemburg nachgeben würden. Nach den Worten des Gerbert von Aurillac konnten nach dem Tode Lothars alle einst in Gefangenschaft geratenen Lothringer mit Ausnahme des Grafen Gottfried von Verdun entkommen.

    Baumgärtner Ingrid: Seite 15, "Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende"

    Umstritten sind die genealogischen Zusammenhänge der Frühzeit dieses Hauses, insbesondere um den Vater Kunigundes, sei es nun Siegfried I. oder Siegfried II. Seine Nachkommen bezeichneten sich später (erstmals 1083) nach der Lützelburg als die Grafen von Luxemburg und nutzten ihre mächtige territoriale Basis für eine vorherrschende Stellung in Ober-Lothringen. Kennzeichnend für den raschen Aufstieg von Graf Siegfried im Grenzgebiet zwischen untergehenden karolingischem Westreich und ottonischen Ostreich waren die engen Beziehungen zu den beiden angesehenen Königssippen, den KAROLINGERN und den OTTONEN. Die Rückführung erfolgte zielbewusst über Graf Siegfrieds kognatische Linie, über dessen Mutter Kunigunde und Großmutter Ermentrude (Irmintrud) auf König Ludwig den Stammler sowie die Kaiser KARL DEN KAHLEN, LUDWIG DEN FROMMEN und KARL DEN GROSSEN. Diese karolingische Abstammung verlieh Kunigunde eine außergewöhnliche Aura; sie begründete die Leistung ihrer Dynastie und legitimierte zur Herrschaft.



    955/60 oo Hadwig (von Lothringen, Tochter des Herzogs Giselbert), um 940/45-13.12.993

    11 Kinder:

    - Heinrich I. Graf von Luxemburg 960-27.2.1026
    - Siegfried II. 960/65-15.8.985
    - Adalbero Erzbischof von Trier (1008-1036) - 12.11.1036
    - Ermentrud Äbtissin
    - Giselbert Graf im Ardennengau -18.5.1004 gefallen Pavia
    - Liutgard 960/65-13.5.1005
    980 oo Arnulf II. Graf von Holland 955-18.11.993
    - Eva 975-19.4.1040
    1000 oo Gerhard Graf von Elsaß - 28.12.1033
    - Kunigunde 975-3.3.1033
    1001 oo HEINRICH II. König des Deutschen Reiches 6.5.973-13.7.1024
    - Dietrich II. Bischof von Metz (1005-1046) - 2.5.1046
    - Friedrich Graf von Luxemburg 965 - 1019


    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Wilhelm Fink Verlag München 1984 Seite 420 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 15,23,36,37,40,42,72,84,86,96,99,169,170,185 - Baumgärtner, Ingrid (Hg): Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, Furore Verlag Kassel 1997 Seite 15 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 5 Seite 10,123 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 475-479,489,498/Band III Seite 503 - Erbe Michael: Belgien, Niederlande, Luxemburg. Geschichte des niederländischen Raumes. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1993 Seite 47- Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 225,230,267,282,304 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 53,58,62,70,85,89,91-93,110-112,119, 132,134,136,179 - Hoensch, Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000 Seite 11 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 287,295,376 - Klein Rene: Wer waren die Eltern des Grafen Siegfried? - Eine neue Hypothese zum Ursprung des ersten Luxemburger Grafenhauses. in: Luxemburgische Gesellschaft für Genealogie und Heraldik, Annuaire/Jharbuch 1998 - Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Band I Seite 59-61 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus Seite 57-80 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.): Otto III. - Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 45A,64A - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 73-75 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 66 - Twellenkamp, Markus: Das Haus der Luxemburger, in: Die Salier und das Reich, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992 Band 1 Seite 475-503 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 41 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf VII, 68 Seite 471 - Wolf Armin: Die Herkunft der Grafen von Northeim aus dem Hause Luxemburg und der Mord am Königskandidaten Ekkehard von Meißen 1002. Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte Band 69 1997 - Wolf Armin: Zur Kontroverse um die Herrschaft der Grafen von Northeim aus dem Hause Luxemburg. Rheinische Vierteljahresblätter Jahrgang 65 2001, Seite 400-406 -


    Neue Deutsche Biographie - Siegfried I. (Sicco, Sigefridus Kunuz)

    Graf von Luxemburg, * um 919, † 28. 10. vermutlich 998, ⚰ Trier, Sankt Maximin.

    Leben
    Die Herkunft S.s aus dem sog. „Ardennerhaus“ ist in der Forschung umstritten. Nach der sog. „Bamberger Tafel“ (nach 1014) stammte er über Kunigunde, Enkelin Ludwigs des Stammlers, vom hl. Arnulf und den Karolingern ab. Diese – auf Metzer Quellen aufbauende – Genealogie sollte als Beleg für den „kaiserlichen“ Rang Kunigundes, der Tochter S.s und Ehefrau Ks. Heinrichs II. dienen.

    Das weit verzweigte „Ardennerhaus“ war im Raum Reims-Lüttich-Trier-Metz fest verankert und traditionell westfränkisch orientiert. Nach anfänglicher Rivalität mit den Ottonen schlossen sich seine Mitglieder unter der Führung Bf. Adalberos von Metz, des Bruders von S., den neuen Herren Lotharingiens an und wurden nach dem Tod der Konradiner Udo und Hermann (949) und dem Scheitern Hzg. Konrads des Roten (953/54) zu den treuesten Anhängern des otton. Herrscherhauses im zwischen Frankreich und Reich umkämpften lotharing. Raum.

    S., seine Brüder und seine sechs Söhne wurden mit Grafenrechten, Herzogs- und Bischofswürden, Laienabbatiaten und Vogteien ausgestattet. S. selbst war Graf im Moselgau zwischen Metz und Trier, wohl Graf im Bidgau in der Eifel, Laienabt der Reichsabtei Echternach und vermutlich Vogt von St. Maximin (Trier). Im Maas-Mosel-Saar-Raum verfügte er über Güter und Burgen, wovon die 963 oder 987 erstmals erwähnte Luxemburg dem von seinem Enkel Giselbert († vor 1059) abstammenden Geschlecht seinen Namen gab.

    Die Nähe zum König (Italienzüge 966–73, 983; Kampf um Verdun u. franz. Gefangenschaft 984–85) wie die Teilhabe an den otton. Klosterreformen (Echternach 973; Unterstützung d. Maximiner Reformgemeinschaft) zeichnen S. als otton. Großen aus; dies belegen auch die geistige und kulturelle Verwandtschaft mit den Ottonen (imperatorius frater, Zugehörigkeit zum Gerbert-Egbert-Kreis) und die Übernahme entsprechender kultureller Referenzen (Reliquien, Kirchentitulaturen).

    Im 19. Jh. erklärte das aufflackernde Luxemburger Nationalgefühl Graf S. „von Luxemburg“ zum Begründer der Nation, der Stadt und des Landes Luxemburg, das Jahr 963 zum mythischen Ursprung des heranwachsenden Nationalstaats.

    Quellen
    Qu Urkk.- u. Qu.buch z. Gesch. d. altluxemburg. Territorien, ed. C. Wampach, Bd. 1, 1935; Genealogia regum Francorum, ed. G. H. Pertz, MGH SS, 2, S. 314; Die Briefslg. Gerberts v. Reims, ed. F. Weigle, Weimar, 1966 (MGH, Die Briefe d. dt. Ks.zeit, Bd. 2); Die lat. Dichter d. dt. MA, ed. K. Strecker, 21970 (MGH, Poetarum latinorum medii aevi, Bd. 5, S. 316).

    Literatur
    H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus (963–1136), 1941; J. Vannérus, La première dynastie luxembourgeoise, in: Revue belge de Philologie et d'Histoire 25, 1946–47, S. 801–58; M. Uhlirz,|Domnus Sicco, imperatorius f(rate)r d(ucat) XX, in: DA 10, 1953–54, S. 166–69; dies., Die ersten Grafen v. L., ebd. 12, 1956, S. 36–51; Ph. Wey, Gf. S. v. Luxemburg u. d. Vertrag v. 964, in: 1000 Jahre Saarburg, in: Heimatbuch f. d. Kr. Saarburg, 1964, S. 5–16; La Maison d'Ardenne (Xe–XIe s.), Actes des Premières Journées Lotharingiennes 1980, 1981; M. Margue u. M. Pauly, Saint-Michel et le premier siècle de la ville de Luxembourg, in: Hémecht 39, 1987, S. 5–83; M. Margue, Aspects politiques de la „réforme“ monastique en Lotharingie, in: Revue bénédictine 98, 1988, S. 31–61; ders. u. J. Schroeder, Zur geistigen Ausstrahlung Triers unter Ebf. Egbert, in: Egbert, Ebf. v. Trier 977–993, hg. v. F. J. Ronig, Bd. 2, 1993, S. 111–21; M. Margue, „Bamberger Tafel“, in: Ks. Heinrich II. 1002–1024, hg. v. J. Kirmeier u. a., 2002, S. 216–18; A. Wolf, Die Herkunft d. Grafen v. Northeim aus d. Hause L. u. d. Mord am Kg.kandidaten Ekkehard v. Meißen 1002, in: Niedersächs. Jb. f. Landesgesch. 69, 1997, S. 427–40; R. Klein, Wer waren d. Eltern d. Grafen S.?, in: Annuaire de l'Association Luxembourgeoise de Généalogie et d'Héraldique, 1998, S. 9–27; E. Hlawitschka, War Gf. S. I. v. L. e. Sohn Hzg. Giselberts v. Lothringen?, in: Forsch.btrr. d. Geisteswiss. Kl., 23, hg. v. d. Sudetendt. Ak. d. Wiss. u. Künste, 2002, S. 53–67; LexMA VI, S. 28 f.; M. Margue, in: Nouvelle Biogr. Nat. III, 1994, S. 295–300.

    Geburt:
    (* 916/19 Hoensch)

    Name:
    auch Sicco, Sigefridus Kunuz

    Gestorben:
    (+ 28.10.997 Renn)

    Begraben:
    Abtei St. Maximin in Trier

    Siegfried heiratete Hadwig in 955/960. Hadwig gestorben am 13 Dez 993. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 253. von Luxemburg, Heinrich I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 960; gestorben am 27 Feb 1026; wurde beigesetzt in Osterhofen [94486],Deggendorf,Bayern,Deutschland.
    2. 254. von Luxemburg, Siegfried II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 960/965; gestorben in 985/1004.
    3. 255. von Luxemburg, Adalbero  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben um 1037.
    4. 256. von Luxemburg, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    5. 257. von Luxemburg, Giselbert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 970; gestorben am 18 Mai 1004 in Pavia [27100],Lombardei,Italien.
    6. 258. von Luxemburg, Liutgard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 960/965; gestorben am 13 Mai 1005.
    7. 259. von Luxemburg, Eva  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 975; gestorben am 19 Apr 1040.
    8. 260. von Luxemburg, Kunigunde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 975; gestorben am 3 Mrz 1033 in Kaufungen [34260],Kassel,Hessen,Deutschland; wurde beigesetzt in Bamberg [96047],Bamberg,Bayern,Deutschland.
    9. 261. von Luxemburg, Dietrich II.  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 1046/1047; wurde beigesetzt in Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich.
    10. 262. von Luxemburg, Friedrich I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 965; gestorben in 1019.

  18. 198.  von Lothringen, Adalbero I. Graphische Anzeige der Nachkommen (161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 910; gestorben am 26 Apr 962.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Lüttich [4000],Lüttich,Wallonien,Belgien; Abt von Lüttich
    • Titel/Amt/Status: 929-962, Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Bischof von Metz

    Notizen:

    Adalbero I.
    Bischof von Metz (929-962)
    Abt von Lüttich
    910-26.4.962
    Ältester Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwig dem Stammler

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 93

    Adalbero I., Bischof von Metz seit 929
    Abt des Metzer Eigenklosters St. Trond (Diözese Lüttich) seit 944
    + 26. April 962
    Sohn des lothringischen Pfalzgrafen Wigerich, Bruder Friedrichs, seit 959 Herzog von Ober-Lothringen, und Stiefbruder Siegfrieds, Graf von Luxemburg.

    Adalbero gab durch die Reform des Klosters Gorze und die Einsetzung des Abtes Einold der lothringischen Reformbewegung starke Impulse. Er reformierte die Metzer Klöster St. Felix, St. Glodesindis und St. Peter. Im lothringischen Aufstand von 939 verteidigte er Metz gegen OTTO I., näherte sich seit 940 OTTO und stand bei dem Aufstand Herzog Konrads des Roten (954) treu zum Kaiser. Im Westreich vermittelte er zwischen Herzog Hugo dem Großen von Franzien und König Ludwig IV.

    Literatur:
    DBF I, 384-388 - NDB I, 40f. [beide mit weiterführender Lit.] - H. Fichtenau, Vier Reichsbischöfe der Ottonenzeit, Fschr. F. Maass, 1973, 81-95.

    Finckenstein Finck von: Seite 81, "Bischof und Reich"

    So ist der König offensichtlich schon mit der Bestätigung Adalberos I., eines Sohnes des lothringischen Pfalzgrafen Wigerich, zum Nachfolger des geblendeten und verstümmelten Bennos in diese Richtung eingeschwenkt. Adalbero I., von OTTO I. als "compater" bezeichnet, besaß bereits eine persönlich, wenngleich nicht mehr näher bekannte Bindung an das Königshaus. Adalbero starb am 26. April 962. Alle auf Dietrich I. folgenden Bischöfe knüpften dann verwandtschaftlich wieder an Adalbero I. und damit an die Sippe Wigerichs an, waren aber ausnahmslos dadurch der Dynastie verwandt, dass Adalberos I. Bruder Gozlin ein Nichte HEINRICHS I. namens Uda geheiratet hatte und später HEINRICH II. durch seine Ehe mit Kunigunde, der Nichte Adalberos I. und Kusine Adalberos II., Schwager Dietrichs II. und Onkel Adalberos III. wurde.

    Adalbero I., gefördert von seinem Onkel Abt Friedrich, rebellierte 937-939 gegen König OTTO I. und wurde danach dessen wichtige Stütze in Lothringen. Er förderte Cluny und galt als einer der angesehensten Fürsten seiner Zeit.


    Literatur:
    Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 19,39,66,80, 86,91,96, 101,108,112,123,125,133,134,136,141,159,172,192 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I, Seite 478,480/Band III Seite 503 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 57,58,70,71,73,84,179 -

    Neue Deutsche Biographie - Adalbero I.

    Bischof von Metz (seit 929), † 962 Sankt Trond (Diözese Lüttich).

    Leben
    Mit der Reform des Klosters Gorze (Urkunde von 12.12.933) und der Einsetzung des Abtes Ainold gab Adalbero der lothringischen Reformbewegung einen mächtigen Impuls. 942 führte er Gorzer Mönche nach St. Arnulf (Kollegiatkirche seit dem 9. Jahrhundert), reformierte bis 960 die Abteien St. Felix, St. Glodesindis und St. Peter in Metz und war Abt von St. Trond, das altes Metzer Eigenkloster war. Adalbero verteidigte im lothringischen Aufstand Metz gegen Otto I. und vermittelte mit Herzog Konrad von Lothringen den Frieden zwischen Hugo dem Großen und Ludwig IV. Bei Konrads Aufstand gegen Otto I. (954) stand er auf kaiserlicher Seite. Anfangs in St. Trond begraben, wurde er im 16. Jahrhundert in St. Arnulf beigesetzt. – Adalbero erhielt den Ehrentitel Vater der Mönche. Die Gorzer Reform bildete die Grundlage für die Reform der Reichsklöster in ottonisch-salischer Zeit.

    Literatur
    ADB I (unter Adelbero); Vita Joh. Gorziensis in: MGH SS IV, S. 348, u. Urk. Karls d. Einfältigen (undatiert) für Lüttich (über d. wahrscheinlich königlich Abstammung Adalbero I.s); M. Meurisse, Histoire des Evesques de l'église de Metz, Metz 1634; A. Calmet, Histoire ecclésiastique et civile de Lorraine I, Nancy 1728, S. 359; K. Wichmann. A.s I. Schenkungsurk f. d. Arnulfkloster u. ihre Fälschung, in: Jb. d. Ges. f. Lothring. Gesch. 2, 1890, S. 306 bis 319; ders., A. I., Bischof v. Metz, ebenda, 3, 1891, S. 104-75; R. Parisot, Le royaume de Lorraine sous les Carolingiens, Paris 1898, S. 343 ff.; V. Chatelain, Le comté de Metz et la vouerie épiscopale du VIIIe au XIIIe siècle, in: Jb. d. Ges. f. Lothring. Gesch. 10, 1898, 13, 1901; F. Chaussier, in: Revue ecclésiastique de Metz, 2e année, Metz 1891/92, S. 23; Hauck III, S. 353 ff., 999; C. Wampach, Gesch. d. Grundherrschaft Echternach im FrühMA, = Publications de la Section historique de l'Institut de Luxembourg, Bd. 63, Luxemburg 1929, S. 209 ff.; Wattenbach-Holtzmann I, 1939; H. Renn, Das erste luxemburg. Grafenhaus, = Rhein. Archiv, H. 39, 1941; C. Hallinger, Studia Anselmiana 22-23, Gorze-Cluny, in: Stud. z. d. monast. Lebensformen u. Gegensätzen im HochMA, 1950/51; Dictionnaire d’Histoire et de Géographie Ecclésiastiques I, 1912. Sp. 431-33; LThK; A. Schütte, Hdb. d. dt. Hll., 1941, S. 22; Enc. Catt. I, 1949.


  19. 199.  von Oberlothringen, Friedrich I. Graphische Anzeige der Nachkommen (161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 912; gestorben am 17 Jun 978.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Bar (Herzogtum),Frankreich; Graf von Bar
    • Titel/Amt/Status: Scarponnois (Gaugrafschaft),Meurthe-et-Moselle,Lothringen,Frankreich; Graf von Charpeigne
    • Titel/Amt/Status: Soulossois (Grafschaft),Meurthe-et-Moselle,Lothringen,Frankreich; Graf von Soulossois
    • Titel/Amt/Status: Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Stadtgraf von Metz
    • Titel/Amt/Status: 959-978, Oberlothringen; Herzog von Oberlothringen

    Notizen:

    Friedrich I. Herzog von Ober-Lothringen (959-978)
    Graf von Bar, Chaumontois, Charpeigne, Soulossois und Stadtgraf von Metz
    912-17.6.978
    Vermutlich 2. Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwigs II. dem Stammler

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 951
    Friedrich I., Herzog von Ober-Lothringen 959-978
    + 18. Mai 978
    Sohn der KAROLINGERIN Kunigunde
    Brüder Adalbero I. Bischof von Metz, Gauzlin, Bischof von Verdun, Siegfried, Graf von Luxemburg

    Friedrich I. heiratete (nach Verlöbnis 951) 954 Beatrix, die Tochter von Hugo, Graf der Francia und Schwester von Hugo Capet; durch diese Heirat erhielt er die lothringischen Güter der Königsabtei St-Denis, zu denen auch die Abtei St-Mihiel gehörte. An der Grenze von Francia und Imperium errichtete er die Burg Fains (dep. Meuse, arr. Bar-le-Duc), die er jedoch wieder schleifen lassen mußte; durch einen Besitztausch mit dem Bischof von Toul erwarb er anschließend Bar (Barrum Ducis, Bar-le-Duc), wo er eine Burg als wichtigen Ansatzpunkt seiner Territorialherrschaft errichtete. 959 erlangte er von Brun, dem Erzbischof von Köln und zugleich dux von Lotharingien, die Übertragung der herzoglichen Gewalt in Ober-Lothringen. Friedrich I. förderte die monastische Reform in Moyenmoutier und St-Die.
    Er hinterließ 2 Kinder:

    Dietrich I., Herzog
    Adalbero II., Bischof von Metz.

    Friedrich I. wurde 954 Miterbe seines Stiefbruders Otto, war eine treue OTTONEN-Stütze und wurde 959 durch Erzbischof Brun von Köln als Unterherzog und als zeitweiliger Stellvertreter eingesetzt, so dass dieser oberlothringische Graf eine ähnliche Stellung wie Hermann Billung in Sachsen innegehabt hatte. Er wurde hauptsächlich damit beauftragt, dieses Gebiet gegen die Aufständischen zu sichern. Im gleichen Jahr 959 führte Friedrich an Stelle von Brun ein Heer gegen die Aufständischen in Nieder-Lothringen. Friedrich besaß nicht nur im südlichen Teil Lothringens eine starke Machtposition, die hauptsächlich aus mehreren Grafschaften und Klosterbesitzungen bestand, sondern er war auch der Neffe Bruns und OTTOS I. Friedrichs Stellung blieb auch nach dem Tode Bruns beschränkt, da König OTTO I. jetzt eine Art Oberherrschaft ausübte. Er baute die Festung Bar gegen Frankreich auf, verfocht strikt die Reichsinteressen, stand ständig gegen Große und Bischöfe Lothringens, die die herzogliche Gewalt einzuengen versuchten, eine typische Konstellation der Herzöge für viele Jahrhunderte.

    Trillmich Werner: "Kaiser Konrad II. und seine Zeit"

    Bruno von Köln betraute im Jahre 959 Friedrich von Bar, den Gemahl seiner kapetingischen Nichte Beatrix, als Markherzog mit dem Kommando am Oberlauf der Maas. Sein Aufgabenbereich umfaßte das Erzbistum Trier. Bedeutende Grundherrschaften und Kirchenlehen besaß er in den Diözesen Toul und Metz, an der oberen Ornain, Maas und Mosel, um Pont-a-Mousson, Chateau Salins und Soulosse. In der Umgebung der weit gegen die Champagne vorgeschobenen Burg Bar, die über starke Befestigungen verfügte, erwarb er mit dem Heiratsgut seiner Frau Ländereien westlich der Grenze.

    Barth Rüdiger E.: Seite 133-148, "Der Herzog von Lotharingien im 10. Jahrhundert"

    Laut Flodoard ernannte den um 920 geborenen Ober-Lotharinger Grafen Friedrich 959 zu seinem - zumindest militärischen - Stellvertreter. Graf Friedrich war der Sohn des Pfalzgrafen Wigerich und der Gräfin Kunegonde und gehörte der großen ARDENNER-Sippe an. Er war Graf von Bar, Chaumontois, Charpeigne, Soulossois, im pagus Ordenenis in Ober-Lothringen, von seinem Bruder Adalbero I., Bischof von Metz, ernannter Stadtgraf in Metz, Stiefbruder Ottos von Verdun, verehelicht mit der Tochter Herzogs Hugo von Franzien, durch dessen Gemahlin Hadwig Verwandter OTTOS I. und Bruns. Zu seinen Pfründen zählten die Klöster S. Mihiel an der Maas, St. Die, Moyen Moutier an der Meurthe und andere. Friedrich war die einzig verbliebene, über eigenständige, binnenlotharische Machtkomplexe - teilweise allerdings nur indirekt - verfügende Führungspersönlichkeit in Lotharingien, nachdem Reginar III. 958 von Brun verbannt worden war. Die beträchtliche Anzahl geistlicher Würdenträger oder weltlicher, hochrangiger Mitglieder des südlotharingischen Adels, die in Privaturkunden auftreten oder Friedrich bei Rechtsfindungen assistieren, legen ein weiteres Zeugnis ab für die Führungsstellung, die Friedrich bekleidete.
    Friedrich, als Sprecher der in Oberlotharingien über reiche Machtquellen verfügenden ARDENNER Sippe, die für lange Zeit die späteren Führungsträger Oberlotharingiens stellen sollte, war geographisch-strategisch prädestiniert für Grenzsicherungsaufgaben im Süden Lotharingiens. Die Friedrich in den Diplomen der Reichskanzlei gewährten Titel scheinen eine solche begrenzte Aufgabenstellung zu bekräftigen. Zu Lebzeiten OTTOS I. erscheint Friedrich ein einziges Mal in einer Juni 960 datierten Königsurkunde als dux. Schon 939 tritt Friedrich in 2 Privaturkunden mit dem Kurztitel dux auf. In einem Privileg für die Mönche der Abtei Moyen-Moutier aus dem Jahre 942 nennt sich Friedrich dux Lotharingiae, also zu einer Zeit, als Otto von Verdun vom König eingesetzter Lotharingien-Beauftragter war. In 2 Privaturkunden der Jahre 950 und 957 trägt Friedrich den Kurztitel dux, wiederum Unterstreichung seines Führungsranges, wiederum vielleicht Andeutung einer Differenzierung vom Norden, wiederum keine Teilungsabsicht. In einer Urkunde ebenfalls für das Kloster, nun aus dem angeblichen Teilungsjahr 959, weist sich Friedrich den Titel Ego Fridericus gratia Dei et electione Francorum dux zu. Friedrichs I. Selbstverständnis einer Direktverbindung an Gott wie auch electione Francorum scheinen überdies zum Ausdruck zu bringen wollen, dass Brun den lotharingischen Raum machtpolitisch zu durchdringen nicht in der Lage war. In einer Urkunde für das Kloster Glodesinde vom 1. September 962 zeichnet Friedrich als dux. Wiederum kein Bezug auf eine Teilung. In einer vom 8. September 962 datierten Urkunde für die Abtei S. Mihiel erscheint der Ober-Lotharinger wieder gesamtlotharingisch als Ego Fridericus Dei miserante gratia dux Lothariensium et senior monarchorum Sancti Michaelis. In einer Urkunde des Jahres 966 für das Kloster Bouxier-aux-Dames läßt Friedrich sich erneut gesamtlothringisch Fridericus divina comitante gratia Lothariensium dux nennen. Unter den Zeugen erscheint er mit Friderici ducis, und zwar erstaunlicherweise vor Bischof Wigfrid, 3 Grafen und 12 anderen Zeugen. Dass Friedrich vor Bischof Wigfried figuriert, spricht für die Echtheit dieser Urkunde.
    Wir haben nun drei gesamtlothringisch formulierte Urkunden Friedrichs untersucht, die auf dukaler Ebene dem Herzog Friedrich die gratia Dei zuordnen. Ohne notwendigerweise vom deutschen Herrscher formell zum Herzog erhoben zu sein, liegt es durchaus im Bereich des politisch Möglichen, dass die Friedrich dank seiner grenzstrategischen Raumlage zufallende grenzsichernde Aufgabe ihn faktisch zum dux machten. Allerdings, die - gemäß Ruotger - königgleichen Aufgaben Bruns in dessen Eigenschaft als Bruder des Herrschers erlauben auch die Schlußfolgerung, dass Friedrich mittelbar vom König autorisierter dux war, ohne genauere Definition eines bestimmten herzoglichen Funktionsraums.
    Wir stellen resümierend fest, dass 962, 963 und 966 noch gesamtlotharingisch beurkundet wird, ohne irgendwelchen Teilungshinweis.
    Auch im Zusammenhang mit der Errichtung der Burg Barrum-Ducis (Bar-le-Duc), südwärts von Verdun, finden wir Friedrich gesamtlotharingisch als Dux Lotharingiae. Zur Entschädigung für diesen Burgenbau, über den sich der Bischof von Toul beklagt hatte, überträgt diesem dux Fredericus die Abteien S. Die und Moyen-Moutier. In Verbindung mit der Schenkung einiger bei Toul gelegenen Besitzungen an die Kirche von St. Mihiel im Jahr 971 erscheint Friedrich mit den Lotharingien umfassenden, ethnisch zuordnenden Titel duce Lothariensium Friderico.
    Auch die Standorte herrschaftlichen Eingreifens Friedrichs sprechen gegen eine Teilung der Gewalten oder gegen eine vom König initiierte raum- und herrschaftspolitische Aufteilung Lotharingiens. Zum Jahr 959 berichtet Flodoard von einem durch Brun angeordneten Eingreifen Friedrichs gegen Graf Immo, dessen Machtbereich in der Gegend von Maastricht lag. Zum Jahr 960 schildert derselbe Chronist, dass in Anwesenheit Friedrichs, Lothariensium duce, die zu der Reimser Kirchenprovinz gehörige Feste Mezieres dem Reimser Erzbischof zurückgegeben wird. Unabhängig davon, dass ein militärisches Eingreifen Friedrichs in N-Lotharingien wenig verständlich erscheint, weil seine Machtquellen im Süden und Immos Potential bei Maastricht, also im Norden, lagen, sprechen auch diese Mitteilungen Flodoards zu den Jahren 959 und 960 gegen eine inzwischen erfolgte Zweiteilung Lotharingiens, umso mehr als von Gottfried auch in diesem Teil der Annalen Flodoards keine Rede ist.
    Fassen wir kurz zusammen, was wir bisher für den Ober-Lotharinger Friedrich I. haben feststellen können:
    Das erste und einzige Diplom OTTOS I., das Friedrich mit dem Kruztitel dux ausweist, ist von Juni 960 datiert. Die Privaturkunden formuliren teils gesamtlotharingisch, teils ohne jeglichen geographisch-politischen Hinweis. Also ebenfalls kein Trennungsindiz. Mit einer - im übrigen unzuverlässigen - Ausnahme enthalten auch die erzählenden Quellen für unsere Berichtsepoche keinen Text, der auf eine Teilung Lotharingiens 959 oder um 959 deuten könnte. Das gleiche gilt für die außenmilitärischen und außenpolitischen Missionen, deren Berichte sowohl den Ober-Lothringer Friedrich wie auch Gottfried vollends übergehen.

    Mohr Walter: Band I Seite 35,41,49, "Geschichte des Herzogtums Lothringen"

    In Lothringen zeigten sich jetzt Ansätze zu einer neuen Entwicklung, indem einige Große in besonderem Sinne in den Vordergrund traten. Dazu gehörte Graf Friedrich, der Bruder des Bischofs Adalbero von Metz, der in Verbindung zu Herzog Hugo von Francien stand, er hatte sich mit dessen Tochter verlobt. Er baute auf westfränkischem Gebiet eigenmächtig eine Burg, von der aus er Raubzüge unternahm. Von der Haltung während des Liudolfingischen Aufstandes wissen wir nichts.
    Ob noch mehr hinter dem Aufstand des Grafen Immo zu suchen ist, lassen die Quellen nicht erkennen, jedoch ist es einigermaßen auffallend, dass nach der Niederwerfung der Bewegung Bruno den Grafen Friedrich, der seit seiner Heirat mit Beatrix, der Tochter Hugos von Francien, in den zeitgenössischen Berichten nicht mehr aufgetaucht war, vice sua den Lothringern voransetzte. Friedrich war zu diesem Zeitpunkt offensichtlich Graf von Bar und Metz.
    Es bleibt immerhin fraglich, wie letzten Endes das vice sua Brunos, mit dem der Chronist Flodoard die Stellung Friedrichs charakterisiert, zu verstehen ist. Man kann es so auslegen, dass Bruno ihn lediglich als seinen Stellvertreter ernannt hat. Im übrigen scheint es nicht bedeutungslos, dass man Friedrich nicht als Intervenienten in königlichen Urkunden findet.
    Eine Möglichkeit zur Klärung dieser Frage ergibt sich vielleicht daraus, dass Herzog Friedrich von Ober-Lothringen in dieser Zeit gestorben ist. Wir besitzen keine Angaben über sein Todesdatum. Sein letztes, sicher bezeugtes Auftreten liegt im Mai 977 bei der Anwesenheit des Kaisers in Diedenhofen. Man hat zwar angenommen, bei der gleichen Gelegenheit sei Karl zum Herzog von Nieder-Lothringen ernannt worden, doch ist das reine Spekulation, die durch nichts bewiesen werden kann. Der Zeitpunkt für Karls Ernennung wird uns durch den zu Beginn des 11. Jahrhunderts schreibenden Sigebert von Gembloux gegeben. Es bleibt danach die Möglichkeit, dass nach dem Tode Herzog Friedrichs Karl zum Herzog ernannt wurde, um in Lothringen die herzoglichen Aufgaben durchzuführen, weil Friedrichs Sohn Dietrich noch minderjährig war. Zwar hat dessen Mutter Beatrix die Vormundschaft übernommen, aber in ihrer politischen Tätigkeit läßt sie sich erst seit Juni 983 feststellen, als sie in einer in Verona ausgestellt Urkunde OTTOS II. mit dem Titel dux Beatrix erscheint. Da diese Urkunde außerhalb der Kanzlei verfaßt wurde, drückt sich darin wohl die Absicht Beatrix zur Aufrechterhaltung der Nachfolge ihres Hauses in Lothringen aus, vielleicht sogar mit einer Wendung gegen Karl von Nieder-Lothringen.

    954 oo Beatrix von Franzien, Tochter des Herzogs Hugo der Große, 938-23.9. nach 987

    Kinder:
    - Heinrich 955 - 972/78
    - Dietrich I. Herzog von Ober-Lothringen 965-11.4.1026
    - Adalbero II. Bischof von Metz (984-1005) 958-14.12.1005
    - Gottfried
    - Tochter
    oo Berchthold I. Graf in Bayern und Pfalzgraf

    Literatur:
    Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 27,79,80,84,86,89,112, 123,131,132,133,134,135,136,137,139,140,141,142,143-146,148,150,152-155,157,158,159-161,164,166,167,173,174-178,194-197 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 85,116,128 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 185,199,479/Band III Seite 503 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 304,306 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 20-22,58,63,70,84,107,110-112,139 - Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Geschichte des Herzogtums Groß-Lothringen (900-1048) Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Band I Seite 35,41,49 - Trillmich Werner: Kaiser Konrad II. und seine Zeit. Europa Union Verlag Bonn 1991 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 196,243 –

    Gestorben:
    (18. Mai 978 Hlawitschka)

    Friedrich heiratete von Franzien, Beatrix um 954. Beatrix (Tochter von von Franzien, Hugo und von Sachsen, Hadwig) wurde geboren in 938; gestorben nach 987. [Familienblatt] [Familientafel]


  20. 200.  von Lothringen, Gozelo Graphische Anzeige der Nachkommen (161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 914; gestorben am 19 Okt 942.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ardennengau; Graf im Ardennengau

    Notizen:

    Gozelo Graf im Ardennengau
    um 914-19.10.942
    Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde

    Im Gegensatz zu seinen Brüdern ist Gozelo quellenmäßig kaum greifbar. Er war Heerführer seines bischöflichen Bruders Adalbero.





    930 oo Uda (Oda) von Metz, Tochter des MATFRIEDINGERS Gerhard I. - 10.4.963 Nichte König HEINRICHS I.

    Kinder:
    - Reginar -18.4.963
    - Heinrich -6.9.1000
    - Gottfried der Gefangene Graf von Verdun 935/40- nach 995
    - Adalbero Erzbischof von Reims (969-989) um 935/40-23.1.989



    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 54,58,61,64,69,70,73,75,93,95,110,128,138,146 -

    Gozelo heiratete von Metz, Uda um 930. Uda (Tochter von von Metz, Gerhard I. und von Sachsen, Oda) wurde geboren um 905; gestorben am 10 Apr 963. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 263. von Lothringen, Reginar  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 18 Apr 963.
    2. 264. von Arlon, Heinrich  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 265. von Verdun, Gottfried I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 930/935; gestorben nach 997.
    4. 266. von Reims, Adalbero  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 935/940; gestorben am 23 Jan 989; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

  21. 201.  von Lothringen-Verdun, Liutgard Graphische Anzeige der Nachkommen (161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 915; gestorben am 8 Apr 960.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Gräfin von Metz

    Notizen:

    Liutgard Gräfin von Metz
    915 † 8.4.960
    Tochter des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwig II. dem Stammler von Frankreich

    Thiele, Andreas: Tafel 109, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

    EBERHARD * um 912, † um 940 (im Exil)
    933/34 Titular-König von Italien: verjagt; 937 durch den Vater Herzog von Bayern gegen das Lehnsrecht und 938 von OTTO DEM GROSSEN verjagt.
    oo 935 LIUTGARD VON LOTHRINGEN-VERDUN
    Tochter Pfalzgraf Wigerichs (ihre 2. Ehe: oo Graf Adalbert I. im Metzgau, Lothringen II)

    Hlawitschka, Eduard: Seite 74,107,109,123-125,130, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert"

    X [13 Die Vita Johanns von Gorze (MG SS IV Seite 347) c. 36 nennt uns einen Schwager des Grafen Adalbert namens Lantbert, der sogar als Ratgeber des Bischofs Adalbero von Metz bezeichnet wird, mit dem Graf Adalbert selbst aber schlecht stand: Cognatus ipse (sc. Adalbert) iam dicti Lantberti - nam eius sororem habebat - idemque inter se quibusdam animositatibus dissidebant. Aus dieser Stelle geht freilich nicht hervor, ob Graf Adalbert eine Schwester Lantberts oder Lantbert eine Schwester Adalberts zur Gemahlin hatte. Doch werden wir noch weiter unten Seite 115) sehen, daß Graf Adalbert mit Liutgard, einer Tochter des Pfalzgrafen Wigerich und seiner Gemahlin Kunigunde, verheiratet gewesen ist, unter deren Brüdern sich kein Lantbert findet. Somit bleibt nur die von uns angezeigte Lösungsmöglichkeit, daß Lantbert eine Schwester des Grafen Adalbert zur Frau hatte.]
    Es muß sich hier um die väterliche Linie handeln, da der Vater von Brunos Mutter - Heilwig - ja Ludwig hieß, über dessen Vater wiederum freilich alle unsere Quellen schweigen, wie auch über dessen Gemahlin [115 Die vorgeschlagene Lösung krankt aber auch besonders daran, daß in einem solchen Falle Leos IX. Eltern Hugo und Heilwig in einer verbotenen Naheehe 6. Grades römischer Zählung (3:3 kanonischer Zählung) gelebt haben müßten. Unseren weiteren Forschungen schon vorausgreifend sei bemerkt, daß ja Hugo durch seinen Vater Hugo raucus und dessen Mutter Liutgard ein Uurenkel des Pfalzgrafen Wigerich und seiner Frau Kunigunde war und daß Heilwig ihrerseits, falls ihre Mutter (Ida) eine Tochter Herzog Friedrichs I. gewesen wäre, ebenfalls eine Urenklein Wigerichs und Kunigundes gewesen sein müßte, da doch Herzog Friedrich I. genugsam als Sohn Wigerichs und Kunigundes bezeugt ist. Deshalb ist auch dieser Vorschlag zurückzuweisen.] uns nicht das geringste überliefert ist.
    Über die Gemahlin des Hugo raucus, der in Erfüllung des väterlichen Willens die Abtei Altdorf gründete, wird nichts überliefert. Eberhards Gemahlin hingegen muß jene Frau Liutgardis gewesen sein, die am 8. April 960 der Trierer St. Maximins-Abtei ihr im Methingau gelegenes Eigengut Mamer, das ihr von ihren Eltern Wigerich und Kunigunde hereditario iure zugefallen war, für das Seelenheil ihrer genannten Eltern und ihrer Gemahle Albert und Eberhard sowie ihrer Söhne wie auch für die Tilgung der eigenen Sündenschulden überließ [122 C. Wampach, Urkunden- und Quellenbuch I Seite 218f. nr. 168. H. Beyer, Mittelrheinisches Urkundenbuch I Seite 266 nr. 206.]. In dem genannten Albert hat man schon wiederholt den 944 erschlagenen Grafen Adalbert von Metz erblickt [123 So zum Beispiel E. Krüger, Der Ursprung des Hauses Lothringen-Habsburg (1890) Seite13f.; G. Ch. Crollius, Westricher Abhandlungen (Zweibrücken 1771).]; und diese Meinung hat auch alle Wahrscheinlichkeit für sich. Daß der als zweiter Gemahl Liutgards genannte Eberhard in aller Bestimmtheit der Vater des Hugo raucus gewesen sein muß, obgleich L. Vanderkindere [124 L. Vanderkindere, La formation territoriale II Seite 351,360.] unter anderem ihn für den 938 aus der Geschichte verschwindenden Herzog Eberhard von Bayern erachten haben, läßt sich deutlich machen.
    Das System von Vanderkindere hat auf den ersten Blick einen Vorzug. Kann man mit ihm doch die in den Gesta episcoporum Virdunensium mitgeteilte bayerische Abkunft des Bischofs Wigfried von Verdun [174 MG SS IV Seite 46: Post cuius (sc. Berengarii) excessum extitit domnus Wicfredus episcopus de Bavariorum partibus, vir teutonicus.] gut erklären. Allerdings muß dabei die in der Liutgard-Urkunde gegebene Reihenfolge ihrer Gemahle umgestellt werden, will man den Eberhard jener Urkunde nicht mit dem Grafen des elsässischen Nordgaues, sondern mit dem 938 aus der Geschichte verschwindenden Herzog Eberhard von Bayern identifizieren [175 L. Vanderkindere argumentiert, daß Eberhard nicht der Graf des elsässischen Nordgaues gewesen sein könne, weil jener erst nach 967 verstorben sei, Liutgard in ihrer Urkunde von 960 aber bereits als verstorben betrauere. Daß zu einer solchen Argumentation der Urkundenpassus über die im Gedächtnis zu berücksichtigenden Personen überspitzt interpretiert werden muß und daß folglich die gesamte Argumentation hinfällig ist, hat schon H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus Seite 454ff., dargetan.]. Auch läßt sich das Auftauchen des Namens Wigfried in einer solchen Anordnung nur schwer erklären. Die vier hier übergangenen Brüder in der Generation vor Liuthard von Longwy müßten - will man sie als Geschwister oder als Gemahl und Schwäger der hier angenommenen und mit X bezeichneten Tochter Adalberts von Metz und Liutgards einsetzen - dann außerdem Stiefbrüder Wigfrieds von Verdun oder dessen Schwäger gewesen sein.
    Damit können Laroses Darlegungen keine weitere Bachtung verdienen [193 Larose widmet sich außer dem hier dargelegten Problemkern noch einer Reihe weiterer genealogischer Fragen, - so etwa der Herleitung Liutgards, der Gemahlin Adalberts von Metz und weiter Ehefrau Eberhards vom elsässischen Nordgau, über ihren ca. 916 verstorbenen Vater Pfalzgraf Wigerich von dem etwa 910 verstorbenen Chaumontois-Grafen Hugo I., wie auch die Identifizierung und genealogischen Einordnung Ludwigs, des mütterlichen Großvaters Papst Leos IX. Aber auch hierbei und bei der Rückführung der Chaumontois-Grafen auf die Nachkommen Pippins des Mittleren kann ihm nicht gefolgt werden, was hier freilich nicht zu begründen ist. Zur Bestimmung Ludwigs, des Großvaters Leos IX., vgl. oben Seite 105 Anm. 114.].

    1. oo Adalbert I. Graf von Metz † 944 erschlagen
    um 945
    2. oo Eberhard Graf von Egisheim † 18.2.967

    Kinder:
    1. Ehe
    - Matfried II.
    2. Ehe
    - Hugo III. raucus um 945 †

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 58,70,74,107,109,111,115-121,123-125,130,136,138, 140,146,151,179 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 109 - Wegener, Wilhelm Dr. jur.: Genealogische Tafeln zur mitteleuropäischen Geschichte, Heinz Reise-Verlag Göttingen 1962-1969 Seite 73 -

    [!?] nach Wegener Gattin von Eberhard Herzog von Bayern [Liutpoldinger]

    Wegener Dr. Wilhelm: Seite 73, GENEALOGISCHE TAFELN ZUR MITTELEUROPÄISCHEN GESCHICHTE

    6. EBERHARD
    (*c 911/12 s. 5). F. u. eV.
    933/34 s. 2;
    935 22/7 der Vater überträgt ihm die Nachfolge in Bayern Reindel n 87
    938 Papst Leo VII. an Herzog Eberhard: Eberhardo duci Bawariorum Reindel n 92
    938 König OTTO I. zieht zweimal gegen die aufständischen LIUTPOLDINGER und schickt schließlich Herzog Eberhard in die Verbannung Reindel n 93, dort ist Eberhard bald gestorben.

    Gemahlin:
    Liutgard, Tochter Wigerichs und der Kunigunde von Verdun.

    Diese Verbindung ist wie folgt zu erschließen. Liutgard schenkte 960 St. Maximin in Trier Besitz als Seelgerät für ihre Eltern, ihre beiden Ehegatten Albert und Eberhard und ihre Kinder (H. Beyer, Mittelrhein. UB 1, 266 n 206). Albert ist der Graf Adalbert von Metz † 944 (L. Vanderkindere, La formation territoriale des principautes belges 1902, 2, 350).
    Eberhard kann nicht der erst 967 verstorbene Graf Eberhard IV. des elsässischen Nordgaus sein, weil er 960 schon tot war. Für die Beweisführung kommt ferner Bischof Wigfrid von Verdun (960-984) in Betracht. Dieser schließt 973 mit seinen Schwester-Söhnen (sobrini nepotes) Liuthard und Richwin von Longwy einen Tauschvertrag. Liuthard muss ein Abkömmling der Liutgard durch eine ihrer Töchter aus der Ehe mit Adalbert sein, während eine zweite Tochter aus dieser Ehe mit Eberhard vom Nordgau verheiratet gewesen sein muss. Denn einerseits erscheint Liuthard als Vetter (nepos) von Kaiser KONRAD II. (SS 23, 782), der selbst durch seine Mutter Adelheid von dem genannten Eberhard abstammte, andrerseits ging das Erbe der Grafen von Longwy an Adalbert, Enkel Eberhards, über. Beides ist nur durch die gemeinsame Abkunft der zwei Familien von Liutgard und Adalbert erklärlich. Bischof Wigfrid muss aber der Bruder der an Eberhard vom Nordgau und Liuthard von Longwy vermählten Töchter der Liutgarde gewesen sein. Doch kann er nur als ihr Halbbruder gelten, weil von Wigfrid berichtet wird, er sei ein Deutscher aus Bayern gewesen (S 4, 46). Er muss also aus der Ehe der Liutgard mit Eberhard gestammt haben, kann aber nur ein Bayer gewesen sein, wenn Eberhard selbst ein Bayer war. So kommt man auf den flüchtigen Bayern-Herzog Eberhard als (ersten) Gatten der Liutgard. Da der zweite Gatte schon 944 starb und aus der zweiten Ehe zwei Töchter bekannt sind, wird Eberhard c 940 gestorben sein. Seine Ehe mit Liutgard dürfte c 935 geschlossen worden sein.



    fmg MEDIEVAL LANDS - ALSACE. EBERHARD [IV]

    EBERHARD [IV] (-[18 Dec 972/973]). The Vita Sancti Deicoli names "primogenitus Heberardus, secundus Hugo, tercio Guntramnus" as the three sons of Hugo. Graf im Nordgau 959/67. "Otto…rex" granted property "Luterhaa" which he received from "filiis Hugonis Heberhardo et Hugone" to Kloster Alanesberg by charter dated 6 Apr 959. "Otto…imperator augustus" confirmed donations of property "de locis Ozenheim, Tetingen…in pago Moiinegouwe in comitatu Eberhardi comitis" by "nobis nepos et equivocus noster Otto dux Sweuorum" to "sancti Petri Ascaffaburg" by charter dated 29 Aug 975, although it is not known whether this refers to the same Graf Eberhard. m ---. The identity of Eberhard´s wife is not known with certainty. She has been identified as Liutgarde, widow of Adalbert Graf [von Metz], daughter of WIGERICH [III] Graf im Bidgau & his wife Cunegondis ---. The only basis for this hypothesis is the charter dated 8 Apr 960 under which "Liutgardis" donated property "in comitatu Nithegowe cui Godefridus comes preesse", which she inherited from "parentibus meis Wigerico et Cunegunda", to St Maximin at Trier "pro remedio…parentum meorum, seniorum quoque meorum Alberti et Everhardi vel filiorum meorum". Eberhard [IV] Graf im Nordgau appears to have been the only contemporary Count Eberhard who could be identified as Liutgarde´s second husband. The hypothesis is accepted by Poull and Europäische Stammtafeln. Rösch is more cautious, referring to Liutgarde's second husband as "Eberhard" without citing his origin. Wegener assumes that the wording of the 960 charter means that "Alberti et Everhardi" were Liutgard's successive husbands and that both were deceased at the date of the charter, although this is not necessarily the only interpretation of the text. He argues that Liutgarde's second husband could not therefore have been Eberhard [IV] Graf im Nordgau, who died in [972/73], and suggests that he was Eberhard Duke of Bavaria [Liutpoldinger]. However, as the last reference to Duke Eberhard is in 938, this would mean that he was Luitgarde's first husband, which appears unlikely if the order of the names of her two husbands in the charter was chronological. The Chronicle of Alberic de Trois-Fontaines provides some interesting corroboration for Liutgarde's marriage to Graf Eberhard [IV] by recording "comes Hugo de Daburg, pater sancti Leonis pape" as "consobrinus" of "imperator Conradus". If the origin of Liutgarde's two husbands were as shown here, Hugo [IX] Graf von Egisheim would have been second cousin once removed of Emperor Konrad, the emperor being the great-grandson of Liutgarde by her supposed first marriage, while Hugo would have been her grandson by her second marriage. Eberhard [IV] & his wife had one child:
    a) HUGO [VII] "Raucus" ([after 945]-before 986). The Notitiæ Altorfenses names "Eberhardus comes…filius eius Hugo, qui erat aliquantulum raucus", specifying that he founded the monastery of Altorff where his father was buried. Graf im Nordgau 951/973.

    Liutgard heiratete von Egisheim, Eberhard III. um 945. Eberhard (Sohn von Hugo I. und Hildegard) gestorben am 18 Feb 967. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 267. von Nordgau, Hugo raucus III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 945; gestorben in 974/986.

    Familie/Ehepartner: von Metz, Adalbert I.. Adalbert (Sohn von von Metz, Matfried I, und Lantsind) gestorben in 944. [Familienblatt] [Familientafel]


  22. 202.  von Lothringen, Giselbert Graphische Anzeige der Nachkommen (161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 915; gestorben am 17 Apr 963.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ardennengau; Graf im Ardennengau

    Notizen:

    Giselbert Graf im Ardennengau
    915-17.4.963
    4. Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwig II. dem Stammler

    Barth Rüdiger E.: Seite 194, "Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert"

    Giselberti comes

    Bruder Friedrichs I.
    Graf im nördlichen Teil des Metzgaus und Graf in Teil des pagus Calvomontensis; Laienabt Kloster Moyen-Moutier,
    + vor 965;
    Parisot, Origines, S. 147,200; Ders., De prima domo, Tab. Genealog.; MGH XXIII, S. 771, Z 6f., Alb. de Troisfontaines; VK II, S. 461.



    oo Hedwig - 965

    Familie/Ehepartner: Hedwig. Hedwig gestorben in 965. [Familienblatt] [Familientafel]


  23. 203.  von Niederlothringen, Gottfried Graphische Anzeige der Nachkommen (162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 925/935; gestorben in 964 in Rom [00100],Latium,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Hennegau,Belgien; Graf im Hennegau
    • Titel/Amt/Status: 959-964, Niederlothringen; Herzog von Niederlothringen

    Notizen:

    Gottfried
    Herzog von Nieder-Lothringen (959-964)
    Graf im Hennegau
    ca 925/35- Sommer 964 Rom (5.8.964 Hlawitschka)

    Ältester Sohn des Pfalzgrafen Gottfried von Lothringen und der Ermentrud von Frankreich, Tochter von König Karl III. dem Einfältigen; durch seine Großmutter väterlicherseits Oda von Sachsen war er mit den LIUDOLFINGERN verwandt

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 1598

    Gottfried I., Herzog in Nieder-Lothringen
    + 964 in Italien
    Gottfried ist ohne näheren Amtsbereich als 'dux' belegt; Herkunft und mögliche Abhängigkeit von Brun, dem Erzbischof von Köln und Herzog von Lothringen, sind umstritten.

    Glocker Winfrid: Seite 291, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    V. 40. GOTTFRIED
    * 925/35, + 964 Sommer

    958 Graf im Hennegau, 962 auch im Gillgau, 959 Herzog von Nieder-Lothringen

    oo NNw

    Die Überlegungen, die es uns erlauben, den 964 in Italien von einer Seuche dahingerafften "Godefridus dux Lothriensis"(Continuator Regionis a. 964, S. 174) auf Grund der genealogischen Notiz, die anläßlich des Hammersteinschen Ehescheidungsprozesses angefertigt wurde (MG. Const. I, S. 639), und der genealogischen Angaben der Vita Adelheids von Villach (c. 3, SS XV/2 757) als einen Sohn des Pfalzgrafen Gottfried anzusehen, sind zuletzt zusammengefaßt bei Hlawitschka, Anfänge Seite 51 f.
    Vgl. ebd. S. 145 zum Geburtszeitpunkt sowie zu einer eventuellen außerehelichen Verbindung des Gottfried dux.
    Den Tod Gottfrieds berichtet uns der Continuator Regionis a. 964, S. 174, und die Annales Hildesheimenses a. 963, S. 22; vgl. zum Tod Gottfrieds auch Hlawitschka, Anfänge S. 55.
    Die Belege für die Grafenstellung Gottfrieds sind bei Nonn, Pagus S. 128 und 188, zusammengestellt; dieser äußert sich S. 194-198 zu der von der Forschung intensiv diskutierten Frage, ob Gottfried von Erzbischof Bruno im Jahre 959 als Herzog in Nieder-Lothringen eingesetzt wurde, zustimmend.

    Annalen von Hildesheim, Die Jahre 961-965.

    961. In diesem Jahre kamen Boten zu König Otto und riefen ihn nach Rom zur Hülfe für den Papst Johann, um die Härte des Königs Adalbert zu mäßigen, welche dieser bei seiner Herrschaft brauchte. [Otto, des Königs Sohn, wird in Aachen zum König gesalbt auf Befehl seines Vaters Otto.]

    [962. König Otto zog nach Rom.] Und jener Papst empfing ihn mit Dank und setzte ihn mit Ehren auf den kaiserlichen Fürstensitz und erhöhte ihn durch die kaiserliche Weihe, so daß er Kaiser und Augustus genannt werden und sein sollte.

    962. Abt Guntheri starb und ihm folgte Egillolf.

    963. In diesem Jahre wurde zu Rom in der Kirche des heiligen Petrus eine große Synode gehalten und Kaiser Otto hatte dabei den Vorsitz, in Gegenwart vieler Bischöfe, Aebte, Mönche und Geistlichen. Dort wurde Papst Benedict vom Stuhle der Apostel gestoßen, weil er sich unrechtmäßig die Erhabenheit des römischen Kaiserthums angemaßt; er wurde dem Erzbischof Adaldag übergeben und nach Sachsen geführt, und hat hier sein Leben beschlossen. Und in demselben Jahre befiel ein grausiges Sterben das Heer des Kaisers, bei welchem Heinrich, der Erzbischof der Stadt Trier, und Herzog Godefrid und nicht wenige Andere das Leben verloren.

    964. In diesem Jahre wurde der Langobardenkönig Berengar in Monte San Leone belagert und daselbst gefangen und zusammen mit seiner Gattin, der Königin Willa, gewaltsam nach Baiern auf die Burg Bavenberg gebracht, wo er die letzten Tage dieses Lebens beschloß.

    965. Kaiser Otto kam von Langobardien nach Franconofort und blieb dieses ganze Jahr im Lande der Sachsen und brachte inzwischen alle die Seinigen zu Frieden und Eintracht, und Brun, des Kaisers Bruder, Erzbischof der Stadt Agrippina, endete sein Leben in Frieden.

    Adalbert: "Fortsetzung des Regino"

    Das Jahr 964.

    Im J. d. g. M. 964 feierte der Kaiser Weihnachten zu Rom. Berengar, mit den Seinigen auf dem Berge St. Leo belagert, wird besiegt und die Burg selbst der Gewalt des Kaisers unterworfen, und Berengar mit Willa nach Baiern geschickt. Die Römer fielen nach gewohnter Weise wieder vom Kaiser ab und versuchten ihn zu tödten, nachdem sie sich mit mehreren Burgherren auswärts durch Verschwörung verbunden hatten; aber da ihre Nachstellungen entdeckt wurden, so kam er an demselben Tage, an dem sie ihn zu ermorden gedachten, dem ihm bereiteten Tode zuvor und griff sie am 3. Januar mit sehr wenigen von den Seinigen an und streckte eine nicht geringe Zahl von ihnen innerhalb der Stadtmauern nieder. Am folgenden Tage aber kamen die Römer wieder, gaben hundert Geiseln und versprachen unter einem Eid auf den Körper des heiligen Petrus Treue dem Kaiser und dem Papste. Da blieb der Kaiser noch eine ganze Woche bei ihnen, zog dann hinaus, um die Herzogthümer Spoleto und Camerino zu ordnen und ließ auf die Bitten des Papstes Leo den Römern ihre Geiseln frei. Diese aber undankbar gegen so große Wohlthaten, lassen, da Jener sich nicht weit von der Stadt entfernt, den Johannes, der auch Octavianus heißt, in die Stadt ein, und scheuen sich nicht die dem Kaiser und dem Papste versprochene Treue zunichte zu machen. Der Papst Leo aber entkam kaum mit wenigen, von allem Nothwendigen entblößt, begab sich zu dem Kaiser, der in dem Herzogthum Camerino sich aufhielt, und feierte dort das Osterfest. Johannes aber, der auch Octavianus heißt, verstümmelte grausam den Diakon Johannes und den Geheimschreiber Azo, und Otger den Bischof von Speier, der verhaftet und gepeitscht wurde, behielt er einige Zeit, wenn auch unter Unbequemlichkeiten, bei sich; dann aber ließ er ihn sogleich los, in der Hoffnung, vom Kaiser Verzeihung zu erlangen, eine Hoffnung, die ihn jedoch nach Gottes Rathschluß trügte, denn am 14. Mai schied er aus dem irdischen Leben. Da erwählen die Römer, des Kaisers Ankunft nicht wenig fürchtend, der Treue uneingedenk und der Wahl des Herrn Leo, einen gewissen Benedict, einen Diakon der römischen Kirche und setzen ihn nach seiner Ordination auf den apostolischen Stuhl. Auf diese Nachricht versammelte der Kaiser von allen Seiten die Menge seiner Getreuen, rückte gegen Rom und sperrte es in strenger Belagerung von allen Seiten ab, damit kein Ausgang frei bliebe; aber der obengenannte Benedict, fälschlich Papst genannt, reizte die Römer an, dem Kaiser länger zu widerstehen und bestieg, indem er selbst dem Kaiser und seinen Getreuen den Bannfluch androhte, die Mauern der Stadt und benahm sich mit größerem Hochmuth als einem Papst geziemt hätte.
    Zuletzt bereuten die Römer, durch Hunger und Belagerung in die Enge getrieben, daß sie gefehlt und gegen den Kaiser sich ungerecht ergangen hatten, und öffneten die Thore der Stadt am Tage vor dem Feste des Täufers am 23. Juni. Nachdem sie den Kaiser mit gebührender Ehrerbietung eingelassen, übergeben sie den kirchenschänderischen und meineidigen Benedict der kaiserlichen Gewalt und setzen den Herrn Leo wieder auf den päpstlichen Stuhl. Darauf entsetzte der Papst Leo, indem er eine Synode von vielen Bischöfen versammelt, denselben Benedict, den Usurpator des römischen Stuhles, nach dem Urtheile Aller der angemaßten Würde, riß ihm das bischöfliche Gewand, das er sich angemaßt hatte ab, ergriff den Hirtenstab aus seiner Hand und zerbrach ihn vor Aller Augen in Stücke und gestand ihm auf des Kaisers Bitte nur zu, die Diakonenwürde zu behalten. Der Kaiser aber feiert die Geburt des heiligen Johannes und das Fest der heiligen Apostel und kehrt von der römischen Stadt zurück. Da wird er von einem unglücklicheren Geschick als er erwartet hatte, heimgesucht, denn eine solche Pest und Sterblichkeit brach in seinem Heere aus, daß kaum die Gesunden vom Morgen bis zum Abend oder vom Abend bis zum Morgen zu leben hofften. An dieser Pest starb Heinric der Erzbischof von Trier und Gerric der Abt von Witzenburg und Godefrid der lotharingische Herzog und eine unzählige Menge Anderer, Edler sowohl als Nichtedler. Als endlich durch Gottes Erbarmen die Pest aufhörte, gelangte der Kaiser nach Ligurien und dort, in der Herbstzeit Frieden und Ruhe genießend, übt er sich im Jagen. In demselben Jahre wird Duodo, Kaplan des Palastes, von Adalbert gefangen, gepeitscht, nach Corsica gebracht, aber nicht lange Zeit nachher entlassen. Um dieselbe Zeit nahm Waldo, Bischof von Como, eine Insel im Comersee und zerstörte die Befestigungen auf derselben bis auf den Grund, was für den Grafen Udo der Leiden Anfang war, denn Hatto, den Befehlshaber derselben Insel nahm er in seinen Dienst und konnte ihn, nachdem die Insel zerstört war, nicht, wie er gewünscht hatte mit dem Kaiser versöhnen. Darüber unwillig schob er Alles auf den Bischof Waldo und beschloß, wenn er könnte, sich als Feind an ihm zu rächen. Erchanbert wird an die Stelle seines Bruders Gerric zum Abt des Klostes Witzenburg ernannt.

    Gottfried war ein Schüler und Freund des Erzbischofs Brun von Köln und folgte vermutlich seinem Vater als Stellvertreter des Herzogs in dessen kriegerischen Angelegenheiten. Ob Brun ihn schon 953 oder 959 als Herzog in Nieder-Lothringen einsetzte, ist nicht völlig zu klären. Auf dem Hoftag im Juni 958 in Köln wurden Reginar III. alle Besitzungen abgesprochen und dessen Stellung im Raum zwischen Maas und Schelde übertrug OTTO I. dem Grafen Gottfried. Dieser wurde damit beauftragt, im niederlothringischen Raum die Ordnung aufrechtzuerhalten und Bruns letzten Gegner namens Immo auszuschalten. Die Meinungen gehen auseinander, ob Gottfried den Herzogstitel nur als Heerführer erhielt oder ob er bereits 958 oder 959 als Herzog von Nieder-Lothringen eingesetzt wurde. Er war der Anführer eines Aufgebotes schwerer Reiterei, die Brun seinem Bruder OTTO I. als Verstärkung nach Italien sandte. Der Herzog starb im Juni 964 auf diesem Feldzug bei der Belagerung und Eroberung Roms an der Pest. Wie nahe er der Herrscherfamilie stand, bezeugt eine Stiftung des Königs für das Seelenheil des getreuen Gottfried.
    Er war in der Gegend von Mons begütert, hatte aber auch Beziehungen zur niederrheinischen Landschaft, wo seine Schwester Gerberga mit dem edlen Megingoz, dem Stifter des Klosters Villich, vermählt war.

    Pätzold Barbara: Seite 73, "Brun Erzbischof von Köln, Herzog von Lothringen (953-965) in: DEUTSCHE FÜRSTEN DES MITTELALTERS. Fünfundzwanzig Lebensbilder

    So setzte er 959 den mächtigen, in Ober-Lothringen begüterten Grafen Friedrich, der durch seine Heirat mit einer Tochter Hugos und Hathuis mit der ottonischen Familie verwandt war, als seinen Stellvertreter ein. Für das niederlothringische Gebiet erhielt diese Aufgabe 958 Gottfried übertragen, der als Herzog das lothringische Panzerreiteraufgebot auf OTTOS Italienzug 961 zu führen hatte.


    Literatur:
    Adalbert: Fortsetzung des Regino a. 964 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 118 - Annalen von Hildesheim a. 963 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 132,139,140,141-143,145,146-148,149-151,152,153,155,156,160,164-166,176,179,190 - Beumann, Helmut: Die Ottonen, Verlag W. Kohlhammer, 1991 Seite 167 - DEUTSCHE FÜRSTEN DES MITTELALTERS. Fünfundzwanzig Lebensbilder. Edition Leipzig 1995 Seite 73 -
    Giesebrecht Wilhelm von: Geschichte der deutschen Kaiserzeit. Mundus Verlag 2000 Band 1 Seite 436 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 291 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 51,55-57,70,72,94,126-128,132,134,138,144-146,148,173 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 172 - Kienast Walter: Der Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis 12. Jahrhundert). R. Oldenbourg Verlag München - Wien 1968 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 Seite 227,296,361,366,377,399,535 - Laudage, Johannes: Otto der Große. Eine Biographie. Verlag Friedrich Pustet Regensburg 2001 Seite 260 - Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Geschichte des Herzogtums Groß-Lothringen (900-1048) Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Band I Seite 43-45 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 138 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 72 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 196,228, 233,243 -

    Gestorben:
    Sommer 964 (5.8.964 Hlawitschka)


  24. 204.  im Jülichgau, Gerberga Graphische Anzeige der Nachkommen (162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 925/935; gestorben vor 24 Mai 996.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Zutphen [7200],Gelderland,Niederlande
    • Titel/Amt/Status: Geldern [47608],Kleve,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; Gräfin in Geldern und Zutphen

    Notizen:

    Gerberga im Jülichgau
    Gräfin in Geldern und Zutphen
    ca 925/35- vor 24.5.996

    Einzige Tochter des Grafen Gottfried im Jülichgau und der Ermentrud von Frankreich, Tochter von König Karl III. dem Einfältigen; Enkelin der Oda von Sachsen und Großnichte von König HEINRICH I.

    Winfried Glocker: V 44 Seite 291, "Die Verwandten der Ottonen"

    Gerberga
    * c 925/35, + 995, vor 996 V 24

    945/50 oo Meginoz Graf in Geldern und Zutphen * 920, + 998/99

    Auch Gerberga ist in der Vita Adelheids von Vilich c. 3, SS XV/2 757, als Gemahlin der Grafen Megingoz und Mutter der heiligen Adelheid von Villich genannt. Die sonstigen Angaben zu Gerberga und zu Megingoz sind dem Aufsatz von Strecker, Grabinschrift S. 442, und der Studie von Renn, Grafenhaus S. 108 f. und 111, zu entnehmen. Der Terminus ante quem für das Sterbedatum Gerbergas ist von Wisplinghoff, Frühgeschichte S. 81, aus JL. 3863 (Druck bei Lacomblet, UB. Niederrhein I, Nr. 126, und bei Zimmermann, Papsturkunden II, Nr. 326) ermittelt. Zur Stellung des Megingoz als Graf vgl. zuletzt Achter, Stiftskirche S. 16 ff., die feststellt, dass Megingoz nur in der späten Überlieferung der Adelheid-Vita als Graf bezeichnet werde, während in den 3 Königsurkunden, in denen er auftritt, der Grafentitel fehle. Nach dem Zeugnis der Vita Adelheids von Vilich c. 4, SS XV/2 759, überlebte Megingoz seine Gemahlin um 3 Jahre.

    Heinz Renn Seite 108,111, "Das erste Luxemburger Grafenhaus

    Der Vater der Irmintrud, Megingoz, steht 939 wie Adalbero von Metz, der Sohn Wigerichs, auf seiten des Herzogs Giselbert. Er wird daraufhin seiner Güter für verlustig erklärt, aber am 1.8.944 setzt OTTO I. ihn wiederum in sein Besitztum und seine Rechte ein. Da Megingoz um 939 bereits aktiv in den Kampf eingreift, kann er damals kaum jünger als 20 Jahre gewesen sein. Er hat also bei seinem Hinscheiden 998 auf der Burg zu Geldern ein Alter von ca. 80 Jahren erreicht. Seine Gemahlin Gerberga ist einige Jahre vorher gestorben. Eine Urkunde vom 24.5.996 erwähnt sie als tot. Der Kölner Kirchenkalender hat Gerberga und ihren Gemahl, die Stifter des Klosters Vilich, für den 19. Dezember als Heilige angeführt.
    Die Heirat Gerbergas und Megingoz' dürfen wir für die 40-er Jahre des 10. Jahrhunderts ansetzen.

    Jakob Schlafke: Seite 81-83, "Leben und Verehrung der heiligen Adelheid von Vilich"

    Die große Wende in das Leben der Familie kam aber durch den Tod des Sohnes Gottfried. Als junger Ritter folgte er mit seinen Mannen 976/77 Kaiser OTTO II. im Feldzug gegen die Böhmen. Im Kampf traf ihn ein Pfeil in den Kopf. Die Seinen brachten seinen Leichnam unter vielen Mühen und Nöten zum ehrenvollen Begräbnis in die Heimat zurück. Für die Eltern brach eine Welt zusammen. Auf ihren einzigen Sohn hatten sie die ganze Zukunft gebaut und nun war er tot. Doch sie verwanden den Schicksalsschlag und machten Ernst mit der Glaubenswahrheit, dass die Gestalt dieser Welt vergeht: Sie lebten nun ganz auf die Ewigkeit hin. Gott hatte den Sohn genommen, er sollte nun auch dessen Erbteil haben. So errichteten sie in Vilich eine neue Kirche und gründeten ein Kloster. Obwohl noch gesund, beschlossen sie, auf ihre eheliche Gemeinschaft zu verzichten. Megingoz blieb in Geldern und verwaltete seine Güter. Gerberga zog sich nach Vilich zurück und beschleunigte mit kluger Umsicht den Bau des Klosters, in Fasten und Beten allezeit dem Dienste Gottes ergeben. Sie verzichtete auf alles, weil sie ganz von der Liebe zu Gott durchglüht war. Sie sammelte eine Gemeinschaft adliger Jungfrauen, die den Gottesdienst versehen sollten, erreichte die Freistellung Adelheids aus dem Kloster der Hl. Ursula in Köln und übertrug ihr die künftige Leitung.


    945/50 oo Meginoz Graf in Geldern und Zutphen


    Kinder:
    - Gottfried - 977
    - Irmentrud
    oo Heribert Graf im Kinziggau 925 - 992
    - Adelheid Äbtissin von Vilich 960/70-3.2.10108/21
    - Albrada
    - Bertrada Äbtissin des Klosters St. Maria zu Köln - Anfang 1000

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 49-54,57,62-64,70,72,126-128,132,134,138,146 -

    Gerberga heiratete von Geldern, Meginoz in 945/950. Meginoz wurde geboren um 920; gestorben in 998/999 in Geldern [47608],Kleve,Nordrhein-Westfalen,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 268. von Geldern, Gottfried  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 977.
    2. 269. von Geldern, Irmentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 270. von Vilich, Adelheid  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 960 in Geldern [47608],Kleve,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; gestorben in 1015/1018 in Köln [50667],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland.
    4. 271. von Geldern, Albrada  Graphische Anzeige der Nachkommen
    5. 272. von Geldern, Bertrada  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 1000.

  25. 205.  von Metz, Gebhard Graphische Anzeige der Nachkommen (162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 935/935.

    Notizen:

    Ahnherr großer Franken


  26. 206.  von Metz, Adalhard Graphische Anzeige der Nachkommen (162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Ahnherr großer Franken


  27. 207.  von Metz, Gerhard II. Graphische Anzeige der Nachkommen (162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 925/935.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Graf von Metz

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 273. N.  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 274. von Metz, Richard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 950; gestorben in 986.

  28. 208.  von Frankreich, Lotharvon Frankreich, Lothar Graphische Anzeige der Nachkommen (168.Ludwig10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in Ende 941; gestorben am 2 Mrz 986 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 954-986, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Büste von Lothar
    Lothaire (941-986,roi de France en 954).Statue du XIIème siècle.Musée St Rémi à Reims.

    Lothaire-Face



    Lothar

    König von Frankreich (954-986)
    Ende 941 - 2.3.986 Laon Begraben: Saint-Remi zu Reims
    Ältester Sohn des Königs Ludwig IV. von Frankreich und der Gerberga von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2127

    Lothar, König von Frankreich 954-986

    * 941, + 2. März 986 Laon Begraben: Reims, St-Remi
    Sohn König Ludwigs IV. und der Gerberga

    oo 966 Emma, Tochter Kaiserin Adelheids (aus 1. Ehe mit König Lothar von Italien)

    Lothars Königswahl (Reims, 12. November 954), von der Mutter mit ihren Geschwistern Hadwig, OTTO I. und Brun betrieben, kam mit Zustimmung Hugos des Großen zustande, der dafür die Dukate Aquitanien und Burgund erhielt. Hugos Tod 956 eröffnete die bis 965 währende Phase vormundschaftlicher Regierung durch Angehörige der liudolfingischen Familie mit ihrem Höhepunkt auf dem Kölner Hoftag 965 (Verlobung Lothars mit Emma). Der Tod Bruns (965) und Gerbergas (969) ließen Lothars Selbständigkeit wachsen, deren Grundlage - trotz geringen Königsguts - ein 960 mit Hugo Capet gefundener Ausgleich und der Bund mit nordfranzösischen Adligen (Heribert III. von Vermandois und Arnulf I. von Flandern) wurde. Lothars auf karolingischer Tradition fußendes Selbstbewußtsein äußerte sich 967 in offener Kritik an der ottonischen Rompolitik. Nachdem Kaiser OTTO II. Lothars Bruder Karl zum niederlothringischen Herzog erhoben hatte, machte Lothar 978 Ansprüche auf das regnum Lotharii in einem Heerzug nach Aachen und Metz geltend, dem OTTO II. und seine Gattin nur mit Mühe entkamen. Die Stärke der karolingischen Monarchie erwies sich beim ottonischen Rachefeldzug 978 bis vor Paris: Mit Unterstützung des Adels, vor allem Hugo Capets, konnte Lothar OTTO II. zurückschlagen. Erst im Mai 980 wurde der Konflikt auf einem Herrschertreffen in Margut-sur-Chiers beigelegt. Seine lothringischen Ziele verfolgte Lothar nach OTTOS II. Tod 983 weiter und besetzte 984, im Bund mit der ostfränkischen Opposition, Verdun.
    Hatte Lothar seine Nachfolge bereits am 8. Juni 979 in der Erhebung seines Sohnes Ludwig V. zum Mitkönig in Compiegne gesichert, so scheiterte er 984 mit der Erhebung Ludwigs zum aquitanischen Unterkönig. Obwohl Lothar weder direkte königliche Herrschaft im S noch politische Ansprüche auf Lothringen durchzusetzen vermochte, kann sein Königtum als bedeutsame Phase für die Konsolidierung der Monarchie, vor allem als Markstein im endgültigen Zerfall des karolingischen Großreiches wie für die Ausbildung französischen Sonderbewußtseins in Auseinandersetzung mit dem ottonischen Kaisertum gelten.

    Quellen:
    Recueil des actes de Lothaire et de Louis V, rois de France, ed. L. Halphen-F. Lot, 1908 -

    Literatur:
    F. Lot, Les derniers Carolingiens, 1891 - HEG I, 748 ff. - B. Schneidmüller, Karol. Tradition und frühes frz. Kgtm., 1979, 156ff. - K. F. Werner, Les origines, 1984, 481 ff. [dt. 1989] - C. Brühl, Dtl. - Frankreich. Die Geburt zweier Völker, 1990 -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 472, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 69

    Lothars Regierungsantritt bei Brandenburg irrig mit "956" angegeben, datiert 954 XI 12, vgl. Lot, Dern. Carol., 9.
    Die beiden unehelichen Söhne Arnulf und Richard (siehe VIII, 79 und 80) setzen eine oder zwei Konkubinen voraus. Die Verlobung Lothars mit Emma, der Stieftochter Kaiser OTTOS I., fand wohl auf dem glanzvollen Hoftag zu Köln 965 IV statt, vgl. Köpke-Dümmler 375, Lot, Dern. Carol. 49.
    Das Ehedatum wird von Flodoard erwähnt. Brandenburg gibt nicht auf der Tafel, sondern nur in der Anm. B. VII, 51, den uns überlieferten Todestag der Königin: XI 2 (Lot; Dern. Carol 231, Anm. 5). Die Zeitgrenzen endlich für Emmas Geburt ergeben sich aus der Ehezeit ihrer Eltern, die Brandenburg nicht richtig verzeichnet hatte (siehe oben VII, 27).
    Seit 952 Mitregent, folgte er seinem Vater unter einem ottonischen Familienrat bestehend aus Mutter, Tante und Onkel (Erzbischof Brun von Köln) ohne Schwierigkeiten auf dem Throne. Lothar konnte gegenüber seinem Kronadel nur noch eine formale Hoheit wahren; er besaß nur kraft seiner königlichen Salbung und des Geblütes noch eine gewisse Autorität, aber keine reelle königliche Gewalt mehr. Er stand besonders gegen die Normandie, Aquitanien, Flandern und die ROBERTINER. Hauptstütze seines Königtums waren die stammesgleichen Grafen von Vermandois, die ihm 973 seine kraftvolle Politik um Lothringen ermöglichten. Er konnte Aachen besetzen, mußte aber im Frieden von Magur-sur-Chiers auf Lothringen verzichten. Allerdings mußte er Hugo von Franzien das Herzogtum Aquitanien zugestehen, der sich jedoch trotz königlicher Unterstützung nicht durchsetzen konnte. Den deutschen Thronstreit 983 nutzte er aus, unterstützte Heinrich den Zänker von Bayern und besetzte 985 Verdun. Obwohl Lothar ein fähiger Herrscher war, blieb seine Position bis zu seinem Tode recht labil.

    Brühl Carlrichard: Seite 61-74, "Lothar 954-986 und Ludwig V. 986-987" in: Ehlers/Müller/Schneidmüller "Die französischen Könige des Mittelalters"

    LOTHAR 954-986 UND LUDWIG V. 986-987

    Lothar
    * im letzten Viertel des Jahres 941, + 2.3.986 Laon Begraben: St-Remi/Reims
    Eltern: Ludwig IV. von W-Franken (+ 954) und Gerberga, Schwester OTTOS I. (+ 968/69)

    Geschwister:

    Gerberga (* 940 oder 942)
    Mathilde (* 943)
    Karl (* 945, + 946)
    Ludwig (* 947, + 954)
    Zwillinge Heinrich und Karl (* 953), Heinrich stirbt nach der Taufe, Karl, Herzog von Nieder-Lothringen, stirbt bald nach 992 als Gefangener Hugo Capets.

    Heirat Anfang 966 mit Emma, Tochter Kaiserin Adelheids aus erster Ehe mit König Lothar von Italien

    Kinder:
    Ludwig V., König 986-987
    Otto ( + 13.11. vor 986), Kanoniker in Reims

    Außerehelich:
    Arnulf (+ 5.3.1021), 988-991 und 999-1021 Erzbischof von Reims
    Richard

    955 Nachfolger des Vaters Ludwig IV.
    960 Belehnung der Brüder Hugo Capet und Otto mit den Dukaten in Franzien und Burgund
    965 Teilnahme am ottonischen Hoftag in Köln
    978 Überfall auf Kaiser OTTO II. und Kaiserin Theophanu in Aachen
    984/85 Kämpfe in Lothringen
    984 Einnahme Verduns

    Der völlig unerwartete Tod des erst 33-jährigen Ludwig IV. stürzte das westfränkische Reich erneut in eine schwere Krise. Ludwigs ältester Sohn Lothar (geboren im letzten Viertel des Jahres 941) war noch minderjährig und nicht gekrönt, womit der politischen Erpressung Tür und Tor geöffnet war. Zu allem Überfluß konnte Ludwigs Gemahlin Gerberga zu diesem Zeitpunkt keine Hilfe von ihrem Bruder OTTO I. erwarten, der in den Jahren zuvor mehrfach zugunsten Ludwigs eingegriffen hatte. Aber OTTO war zu diesem Zeitpunkt mit der Niederschlagung des Aufstandes seines Sohnes Liudolf in Baiern befaßt, und Brun, der jüngste Bruder OTTOS, gerade erst im Vorjahr (953) zum Erzbischof von Köln und wenige Wochen vor Ludwigs Tod zum Herzog Lothringens - archidux nennt ihn sein Biograph Ruotger - erhoben worden.
    Herr der Situation war somit allein Hugo Magnus. Er unternahm erneut keinen Versuch, sich der Krone zu bemächtigen. Vielmehr empfing er Gerberga (in Paris? in Orleans?), um sie zu "trösten", vor allem aber, um ihr seine Bedingungen zu diktieren, die hart genug waren: Hatte er sich 936 mit dem Herzogtum (Burgund) begnügt, so forderte er jetzt gleich deren zwei: Burgund und Aquitanien. Gerberga blieb gar nichts anderes übrig, als auf Hugos Bedingungen einzugehen, womit Ludwigs IV. Plan, Burgund seinem noch in der Wiege liegenden Sohn Karl zu überlassen, auf der Strecke blieb.
    Die feierliche Krönung und Salbung Lothars fand am 12. November 954 in Reims durch Erzbischof Artold statt, der schon 936 Lothars Vater in Laon gekrönt hatte. Hugo Magnus war in Reims anwesend, Brun von Köln dagegen nicht. Nach der Krönung begleitete Hugo den jungen König nach Laon. Im Juni brachen die vereinten Heere Hugos und Lothars zu dem von Hugo schon lange geplanten Feldzug gegen Herzog Wilhelm Werghaupt ("Tete-d-'Etoupes") von Aquitanien auf. Die Geschichte schien sich zu wiederholen. So wie Ludwig einst mit Hugo gegen den Herzog von Burgund gezogen war, so zog nun Lothar mit Hugo gegen den Herzog von Aquitanien. Dieser hatte sich in die schwer zugängliche Auvergne zurückgezogen. Hugo und Lothar belagerten Poitiers vergeblich und mußten den Rückzug antreten, auf dem ihnen Wilhelm entgegentrat. Hugo beendete die Schlacht zwar siegreich, war aber nicht imstande den geschlagenen Gegner zu verfolgen. Der Aquitanienfeldzug erwies sich als ein völliger Fehlschlag. Dennoch durfte Hugo Magnus mit dem Gang der Dinge zufrieden sein, denn Herzog Giselbert von Burgund starb unerwartet am 8. April 956 und hinterließ Hugo das Herzogtum.
    Doch es blieb Hugo keine Zeit mehr, sich des gewaltigen Machtzuwachses zu erfreuen, der sich zweifellos auch auf dessen aquitanische Pläne ausgewirkt hätte. Der Herzog erkrankte schwer und starb am 16. oder 17. Juni 956; in St-Denis wurde er neben seinem Großvater Odo bestattet.
    Der plötzliche Tod Hugos Magnus war natürlich ein unerwarteter Glücksfall für Lothar und Gerberga. Sie sahen sich von einer drückenden Übermacht befreit, zumal Hugos Söhne Hugo, Otto und Odo-Heinrich noch minderjährig waren. Die politisch bisher nie hervorgetretene Witwe Hadwig rückte, ähnlich wie Gerberga für Lothar, in die Reihe der Regentin für ihren ältesten Sohn Hugo ein, der als Hugo "Capet" in die Geschichte eingehen sollte.
    Der wahre Regent des Reiches war freilich beider Brüder Brun, Erzbischof von Köln und Herzog von Lothringen, der als der "ehrliche Makler" zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN fast ein Jahrzehnt hindurch, auch nach Lothars Volljährigkeit (seit 956), eine dominierende Rolle in W-Franken spielte. Dies erklärt auch, warum die früher üblichen Königstreffen fast völlig zum Erliegen kamen. In Lothars Regierungszeit begegneten sich der west- und ostfränkische König zwischen 954 und 986 nur zweimal (965 und 980) - gegenüber nicht weniger als 7 oder 8 Treffen zwischen 942 und 950. OTTO I. wußte allerdings die Angelegenheiten W-Frankens bei Brun in guten Händen, während er selbst nach dem Erwerb der Kaiserwürde (962) fast ausschließlich mit den Geschicken Italiens befaßt war und den Boden O-Frankens nur noch selten betrat.
    Erste Auseinandersetzungen des jungen KAROLINGERS innerhalb seines Reiches mit führenden Adligen, darunter Hugo Capet, waren somit in weitere Bezüge eingebunden. Das Osterfest 959 verbrachten Lothar und Gerberga bei Brun in Köln; bei dieser Gelegenheit forderte und erhielt Brun von Lothar eine förmliche Verzichtserklärung auf Lothringen. Diese auf den ersten Blick befremdlich anmutende Maßnahme Bruns erklärt sich wohl aus der Tatsache, dass die beiden Söhne des lothringischen Grafen Reginar Langhals, Reginar und Lambert, an den westfränkischen Hof geflüchtet waren. Das erregte nur Bruns allzu berechtigtes Mißtrauen.
    Das gute Einvernehmen zwischen Brun und Lothar zeitigte noch im selben Jahr seine Früchte: Robert von Troyes hatte Bischof Ansegis aus Troyes vertrieben und sich überdies Dijons bemächtigt. Lothar und Gerberga riefen Brun zu Hilfe, der Troyes belagerte. Der König betrieb die Einnahme Dijons, doch beider Bemühungen waren zunächst vergeblich.
    Erst im Herbst 960 erneuerten sie ihre gemeinsamen Anstrengungen, dieses Mal mit besserem Erfolg. Brun konnte Ansegis wieder in sein Bistum einsetzen, und Lothar gewann Dijon zurück. Vor allem aber gelang Brun nun endlich die Aussöhnung Lothars mit den ROBERTINERN: Hugo und Otto suchten den König auf, gelobten Treue und wurden von diesem als Herzöge der Franken und der Burgunder eingesetzt.
    Am 30. September 961 war Erzbischof Artold von Reims gestorben. Er hatte sich in jahrelangem erbitterten Kampf gegen Hugo von Vermandois behauptet, der schließlich 948 in Ingelheim abgesetzt und exkommuniziert worden war. Die Brüder Hugos, Adalbert von Vermandois, ein Schwager Lothars, Heribert der Ältere von Vermandois und Robert von Troyes, forderten nun vom König die Rehabilitierung Hugos und dessen Einsetzung als Erzbischof von Reims. Ein mit Ressentiments gegen das karolingische Herrscherhaus aufgeladener Erzbischof von Reims hätte aber angesichts der schmalen Machtbasis des Königtums eine tödliche Gefahr für Lothar bedeutet. Gerberga eilte daher sogleich zu Brun, um ihn über die erneuten Ansprüche des Hauses VERMANDOIS zu informieren.
    Doch der weitere Ablauf des Streits spielte sich in wesentlich ruhigeren Formen ab als in den 40-er Jahren. Eine im Gau Meaux auf Befehl Lothars zusammengetretene Synode von 13 Bischöfen der Kirchenprovinzen von Reims und Sens kam zu keiner einhelligen Auffassung und appellierte daher an den Papst. Die Antwort Johannes' XII. ließ nicht lange auf sich warten. Eine römische Synode unter Vorsitz des Papstes und eine weitere Synode in Pavia im Frühjahr 962 erneuerten die Exkommunikation Hugos von Vermandois, die ein römischer Legat im Sommer des Jahres in der Reimser Kirchenprovinz bekannt machte. Auf Empfehlung Bruns wurde der gelehrte Kanoniker der Kathedrale von Metz, der Lothringer Odelrich zum Erzbischof gewählt und Ende September oder Anfang Oktober 962 geweiht. Hugo zog sich zu seinem Bruder Robert nach Meaux zurück, wo er bald darauf starb.
    Rückschläge Lothars in Auseinandersetzungen mit den Normannen wurden damals durch Erfolge in Flandern wettgemacht. Graf Arnulf I. von Flandern, schon zuverlässiger Verbündeter von Lothars Vater Ludwig IV., hatte 958 die Verwaltung der Grafschaft seinem Sohn Balduin übertragen, der jedoch am 1. Januar 962 verstarb. Arnulf sah sich gezwungen, Flandern wieder selbst zu regieren, und übergab Lothar alle seine Lande unter Vorbehalt des Nießbrauchs auf Lebenszeit.
    Als Arnulf am 27. März 965 starb, erklärte sich Lothar zu seinem Erben und besetzte Arras, Douai und St-Amand. Der flandrische Adel wählte jedoch den noch minderjährigen Arnulf II., einen Enkel Arnulfs I., zum Grafen. Durch Vermittlung Bischof Roricos von Laon wurde rasch ein Vergleich gefunden: Lothar erkannte Arnulf II. an, und die flandrischen Großen unterwarfen sich dem König, der seine Eroberungen behielt.
    Im Mai brach Lothar zusammen mit seiner Mutter Gerberga, seinem Bruder Karl und Erzbischof Odelrich von Reims von Laon auf, um das Pfingstfest bei Brun in Köln zu begehen. In Köln trafen sie Kaiser OTTO I. und Kaiserin Adelheid mit ihrem Sohn OTTO II., die Kaisermutter Mathilde, Herzog Heinrich II. von Baiern, den Neffen OTTOS I., die Herzöge Hermann Billung von Sachsen und Friedrich von Ober-Lothringen, wohl auch dessen Gemahlin Beatrix, die Schwester Hugo Capets, vielleicht sogar König Konrad von Burgund, dazu die Erzbischöfe von Köln und Trier, neun Bischöfe und viele andere mehr. Es war die größte Fürstenversammlung des 10. Jahrhunderts; sie zeigte OTTO als den "Familienpatriarchen im gesamtfränkischen Rahmen" auf dem Höhepunkt seiner Macht.
    Wir wissen nicht, welche politischen Entscheidungen man auf dem Kölner Hoftag traf. Sehr wahrscheinlich wurden hier jedoch zwei politische Eheverbindungen in die Wege geleitet, zwischen König Lothar und Emma sowie zwischen König Konrad von Burgund und Mathilde. Im folgenden Jahr nämlich erscheint Lothar als Gemahl Emmas, der Tochter Kaiserin Adelheids aus ihrer Ehe mit König Lothar von Italien. König Konrad von Burgund schließlich empfing im August 966 bereits einen Sohn von seiner zweiten Gemahlin Mathilde, der Schwester König Lothars.
    Kaum war Lothar nach Laon zurückgekehrt, standen auch schon neue Zwistigkeiten mit den ROBETINERN an. Herzog Otto von Burgund war am 23. Februar 965 verstorben. Die burgundischen Großen wählten, ohne sich der Zustimmung Lothars zu versichern, Ottos Bruder Odo-Heinrich zum Herzog, obwohl dieser Kleriker war. Lothar fühlte sich nicht zu Unrecht in seinen burgundischen Interessen bedroht. Der Konflikt brach im Spätsommer 965 in aller Schärfe aus. Wie üblich mußte Brun intervenieren, um seine Neffen zu versöhnen. Während der Verhandlungen in Compiegne erkrankte Brun schwer, wurde nach Reims gebracht und verstarb dort - wahrscheinlich in Gegenwart seiner Neffen und auf jeden Fall Erzbischof Odelrichs - am 11. Oktober 965. Sein Leichnam wurde in Köln beigesetzt.
    Der Tod Bruns bedeutet ohne Zweifel einen Einschnitt in der Herrschaft Lothars. Weit über die Zeit der formalen Minderjährigkeit Lothars und später Hugos hinaus hatte Brun als ein "Regent" gemeinsam mit seiner Schwester Gerberga faktisch die Geschicke W-Frankens mitbestimmt und war dabei stets um einen ehrlichen Ausgleich im Interesse beider Neffen bemüht gewesen. Diese Zeit war nun vorbei.
    Es ist schon immer gesehen worden, dass der Tod Bruns naturgemäß eine gewisse Entfremdung vom ostfränkischen Hof mit sich brachte, auch wenn Lothar nicht daran denken konnte, zu Lebzeiten OTTOS I. eine diesem nicht genehme Politik zu betreiben. Die Distanz zum Kaiserhof vergrößerte sich noch durch den Tod Gerbergas am 5. Mai 968 (oder 969), die in St-Remi/Reims an der Seite ihres zweiten Gemahls Ludwigs IV. beigesetzt wurde. Wenige Monate zuvor hatte sie der Abtei reichen Besitz im Raum Meersen, also in Lothringen, überlassen mit der Maßgabe, für ihr Seelenheil und das ihres ersten Gemahls, Herzog Giselberts von Lothringen, zu beten. Diese enge Bindung Gerbergas an Lothringen könnte für die spätere Lothringenpolitik Lothars durchaus ein Stimulans gewesen sein.
    Das Jahr 965 bedeutet aber nicht nur einen Einschnitt in der politischen Geschichte W-Frankens, sondern einen mindestens ebenso wichtigen in der historischen Überlieferung. Der solide, manchmal fast zu wortkarge Flodoard, der seit 919 ein zwar nicht unparteiischer, zumindest aber stets zurückhaltender, um sachlichen Stil bemühter Berichterstatter der politischen Ereignisse vorwiegend im Westen war, legte im Jahre 966 die Feder für immer aus der Hand. Fortan sind wir über die Ereignisse in O-Franken zuverlässiger unterrichtet als über die im Westen.
    Der "Nachfolger" Flodoards, der Mönch Richer aus dem Kloster St-Remi bei Reims, der erst im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts schrieb, ist so ziemlich in allem das genaue Gegenteil Flodoards: Eitel und geschwätzig, siegt bei ihm stets der Literat über den Historiker, der er im Grunde wohl gar nicht sein will. Der Begriff "historische Wahrheit" existiert für ihn so wenig wie "historische Fakten". Diese hatten sich vielmehr seinem frei erfundenen Geschichtsbild, genauer: seiner Gallia-Ideologie, unterzuordnen. Eine solche Quelle kann natürlich nur mit äußerster Vorsicht benutzt werden und bedürfte theoretisch stets der Bestätigung durch glaubwürdige Zeugnisse. Doch das Unglück will, dass Richer in diesen Jahrzehnten nur allzu oft unsere einzige Quelle ist. Darum wird selbst in der sogenannten kritischen Geschichtsforschung Richers Darstellung meist einfach nacherzählt. In der Tat liegt es häufig im Ermessen des Historikers, ob er Richer in einem bestimmten Punkt für glaubwürdig halten will oder nicht; verweigert er ihm die Glaubwürdigkeit, so treten an seine Stelle der von Richer überlieferten "Fakten" Hypothesen, was gewiß keine befriedigende Lösung ist, aber noch immer besser als die Phantasien Richers.
    Für die Jahre 966 bis 973 stellt sich diese Alternative allerdings kaum einmal, weil selbst Richer aus diesen Jahren so gut wie keine Nachrichten zu bieten hat. Hinzu kommt, dass von 970 bis 973 keine einzige Urkunde Lothars überliefert ist. Im Jahre 967 ist Lothar, stets begleitet von seiner Gemahlin Emma, die einen großen Einfluß auf ihn ausübte, sowohl in Flandern (Arras) als auch in Burgund (Dijon) nachweisbar.
    Der Tod des kriegerischen, als Kirchenfürst aber wenig beispielhaften Erzbischof Archembald von Sens Ende August 967 erlaubte Lothar, dem wichtigen Metropolitensitz einen würdigeren Nachfolger in Gestalt des Anastasius zu geben. Nicht viel später, am 6. November 968, starb auch Erzbischof Odelrich von Reims. Zum Nachfolger bestimmte Lothar abermals einen Kanoniker des Metzer Domkapitels, dieses Mal ohne Beeinflussung durch Brun oder Gerberga. Adalbero, ein Neffe Bischof Adalberos I. von Metz (929-964) und Graf Gottfrieds von Verdun, hatte seine Ausbildung im Reformkloster Gorze erhalten. Er sollte der mit Abstand bedeutendste westfränkische Kirchenfürst des 10. Jahrhunderts werden.
    Von Lothar hören wir in diesen Jahren praktisch nichts; wir wissen lediglich von einer Gesandtschaft des Archidiakons der Reimser Kirche Gerannus nach Rom im Jahre 972. Auf der Rückreise begleitete ihn mit Erlaubnis Kaiser OTTOS der Aquitanier Gerbert, dem eine brillante Karriere beschieden sein sollte.
    Der Tod OTTOS I. am 7. Mai 973 veränderte schlagartig die politische Großwetterlage. Die Nachfolge OTTOS II., der bereits Mitkaiser war, vollzog sich zwar reibungslos, doch alle jene Gewalten, die zu OTTO I. in Opposition gestanden hatten, witterten Morgenluft. Auch das Verhältnis Lothars zum ostfränkischen Hof war plötzlich ein anderes: Aus dem "jungen Neffen", der den Ratschlägen seiner Onkel OTTO und Brun lauschte, war quasi über Nacht ein "elder stateman" geworden, der mit knapp 32 Jahren seinen gerade 18-jährigen Vetter OTTO II. an Alter und Erfahrung bei weitem übertraf. Der Vorrang des "Patriarchen des Abendlandes" hatte für Lothar außer Frage gestanden; der kaiserliche Ehrenvorrang des jungen OTTO war für ihn schwer erträglich. Die erste Herausforderung des neuen ostfränkischen Herrschers kam denn auch aus dem Westen: Reginar IV. und Lambert, die beiden Söhne des von OTTO I. 958 nach Böhmen verbannten Reginar III. Langhals von Hennegau, verließen bei der Nachricht vom Tode OTTOS sogleich den westfränkischen Hof, sammelten ein Heer und fielen in ihre alten Stammlande ein. Die Grafen Warner und Rainald, denen Brun 965 die Verwaltung des Hennegau übertragen hatte, traten ihnen bei Peronne entgegen; beide fielen in der Schlacht.
    Die Reaktion OTTOS II. ließ lange auf sich warten. Gleich zu Jahresbeginn 974 belagerte er die Brüder in ihrer Burg Boussoit (bei Mons), die zerstört wurde. Reginar und Lambert wurden von OTTO II. nach Sachsen exiliert, doch konnten beide entkommen und erneut an den westfränkischen Hof fliehen. Den Hennegau vertraute OTTO den beiden Grafen Gottfried von Verdun, dem Bruder Adalberos von Reims, und Arnulf von Valenciennes an.
    Die Lage in Lothringen schien damit zunächst wieder stabilisiert, doch Reginar und Lambert waren nicht willens, den Kampf aufzugeben. War Lothar 973 zumindest nach außen nicht in Erscheinung getreten und formal streng neutral geblieben, so gilt dies nicht für den Feldzug von 976. An ihm nahmen sein Bruder Karl teil in der erkennbaren Absicht, sich ein Territorium in Lothringen zu erobern, sowie Otto von Vermandois, Sohn Adalberts von Vermandois und Lothars Schwester Gerberga. Karl war inzwischen 23 Jahre alt und nannte noch immer keinen Fußbreit Boden sein eigen, da sich Lothar nicht imstande sah, seinen Bruder aus der Krondomäne standesgemäß auszustatten. Der Feldzug gegen Gottfried und Arnulf begann im Frühjahr 976. Mons, wo sich die beiden Grafen verschanzt hatten, wurde belagert. Es kam zu einer auf beiden Seiten mit Erbitterung geführten Schlacht, in deren Verlauf Graf Gottfried eine schwere Fußverletzung erlitt, während Arnulf sich nach Valenciennes retten konnte. Gottfried wurde nach Mons zurückgebracht, das der Belagerung widerstand, doch wäre es falsch, darum von einem Sieg der ostfränkischen Seite zu sprechen.
    Nach dem hennegauischen Unternehmen, das kein voller Erfolg für die westfränkische Seite war, verschlechterte sich das Verhältnis Lothars zu seinem Bruder Karl drastisch. Grund dafür kann nur gewesen sein, dass Karl nach dem in seinen Augen gescheiterten Unternehmen gegen Mons um so energischer eine territoriale Ausstattung einforderte, die Lothar weder gewähren konnte noch wollte. Es ist sehr wohl denkbar, dass Königin Emma ihren Gemahl in dieser Richtung bestärkt, ja ihn vielleicht sogar dazu bestimmt hat. Richer macht daraus eine schmutzige Bettgeschichte: Karl habe Emma des Ehebruchs mit dem gerade erst geweihten Bischof Ascelin (Diminutiv von Adalbero?) beschuldigt und sei daraufhin von Lothar des Landes verwiesen worden: In der Tat war Bischof Rorico von Laon am 20. Dezember 976 gestorben, und Lothar hatte noch im Januar 977 seinen Kanzler Adalbero-Ascelin, abermals einen Lothringer und offenbar nicht verwandt mit dem Reimser Metropoliten, zum Nachfolger bestimmt; er wurde zu Ostern 977 in Laon inthronisiert. Lothar konnte nicht ahnen, dass er damit jenen Mann in den Sattel hob, der 14 Jahre später dem karolingischen Geschlecht den Todesstoß versetzen würde. Dass Gerüchte um Emma und Ascelin in Umlauf waren, die wahrscheinlich Karl in die Welt gesetzt hatte, beweist das Konzil vom Saint-Macre, das wohl in die frühen 80-er Jahre datiert werden muß. Es entlastete Ascelin - und damit auch Emma - von allen gegen sie erhobenen Vorwürfen und erhärtet so die Vermutung von Machenschaften Karls gegen die ihm verhaßte Königin.
    Während man im Westen einen Rachefeldzug OTTOS II. gegen die Reginar-Söhne erwartete, reagierte dieser mit einem diplomatischen Schachzug, den die einen als "coup de maitre", andere als schweren politischen Fehler ansahen. Der Kaiser belehnte Reginar IV. und Lambert mit der Grafschaft Hennegau mit Ausnahme von Mons, das Gottfried behalten durfte, der überdies auch noch mit Bouillon entschädigt wurde; vor allem aber erhob er Lothars Bruder Karl zum Herzog von Nieder-Lothringen, der auf diese Weise erstmals über ein größeres Territorium als Lehen gebot. Der westfränkische Hof mußte in dieser Maßnahme eine Brüskierung erblicken. Aber genau das war wohl beabsichtigt als "Dank" OTTOS für die mehr oder minder offene Unterstützung, die Lothar 976 dem Feldzug der Reginar-Söhne und Karl gewährt hatte.
    Er machte Lothar damit auch deutlich, dass der Kaiser mit einem Herzogtum belohnen konnte, während der König seinem Bruder nicht einmal eine Grafschaft zu bieten hatte. Dass all dies die Gefühle Lothars für seinen ostfränkischen Vetter nicht gerade erwärmte, versteht sich. OTTO II. mußte sich übrigens über die Treue Karls sowie Reginars IV. und Lamberts während seiner Regierungszeit nicht beklagen.
    Dass Lothar ernsthafte Ambitionen auf Lothringen hegte, mußte dem ostfränkischen Hof spätestens seit 976 klar gewesen sein. Brun hatte schon gewußt, warum er von Lothar 959 eine Verzichtserklärung eingefordert hatte! Lothar hoffte, sich in einem Handstreich der Person OTTOS bemächtigen zu können, der im Juni 978 mit seiner schwangeren Gemahlin Theophanu in Aachen weilte. Das Unternehmen scheiterte nur knapp. Es gelang dem kaiserlichen Paar, im letzten Augenblick nach Köln zu entkommen.
    Der Zorn OTTOS war ungeheuer: Es handelte sich schlicht um einen Überfall, nicht um einen wirklichen Feldzug, zu dem auch gar kein Anlaß bestand. Richer, nach dem die Ereignisse meist erzählt werden, hat hier wieder einmal für Verwirrung gesorgt. Entgegen der Regel, einen Feldzug nicht im Herbst zu beginnen, sagte OTTO den Beginn seines Rachefeldzuges auf den 1. Oktober an. Zu diesem Zweck hatte er ein für die Zeit ungewöhnlich großes Heer aufgeboten. An Widerstand war gar nicht zu denken. Das kaiserliche Heer zerstörte Compiegne und Attigny. Laon fiel durch List in seine Hand, der Raum Reims-Laon wurde niedergebrannt und verwüstet mit Ausnahme allerdings der Kirchen, die zu schonen OTTO II. befohlen hatte. Er zog bis vor Paris, das er jedoch nicht einnehmen konnte, da Hugo Capet den Seine-Übergang besetzt hielt. Auf dem Rückzug Anfang Dezember, mitten in einer Schlechtwetterperiode, hatte die Armee bei der Überquerung der Aisne Schwierigkeiten. Das Unternehmen gelang, doch der Troß fiel in die Hände des nachrückenden Heeres Lothars. OTTO setzte seinen Rückzug unbeirrt fort und war Mitte Dezember wieder in Lothringen.
    Dies ist in dürren Worten der Verlauf der militärischen Ereignisse dieses Jahres, wenn man sie allen phantastischen Beiwerks entkleidet, das Richer in reichem Maße bereithält. Natürlich erfordern diese Vorgänge eine politische Erklärung, die nicht einfach zu geben ist. Die Interventionspolitik Lothars besaß keinen konkreten Anlaß, sieht man von den Belehnungen OTTOS im Vorjahr ab. Der Vorstoß wurde nur mit der Rückendeckung und ausdrücklichen Zustimmung der ROBERTINER möglich. Und in der Tat war das Verhältnis Lothars zu Hugo Capet und Heinrich von Burgund spätestens seit 974 ausgesprochen freundlich. Die ROBERTINER hatten keinerlei Interessen in Lothringen, ein mit Annektionsplänen in Lothringen beschäftigter Lothar konnte ihre Kreise in Burgund und in der Francia nicht stören und war damit politisch neutralisiert. Überdies hatte diese Politik Lothars in den Augen der ROBERTINER den Vorzug, angesichts der realen Machtverhältnisse so gut wie keine Aussichten auf einen dauerhaften Erfolg zu bieten. Es gab in Lothringen keine "westfränkische Partei" mehr, wie dies noch zu Anfang des Jahrhunderts der Fall war, es gab nur die Absicht Lothars, Lothringen oder zumindest einen Teil seinem Reich einzuverleiben. All dies schloß nicht aus, dass der kleine Erfolg Lothars über die Nachhut OTTOS an der Aisne in W-Franken ganz unangemessen zu einem großen Sieg hochstilisiert wurde. Mit der politischen Realität hatte das wenig zu tun, es zeigt aber, wie sehr man sich im Westen nach einem Erfolgserlebnis gegenüber dem übermächtigen Osten sehnte.
    Der Feldzug von 978 hatte auch noch eine persönliche Seite in dem Verhältnis Lothars zu seinem Bruder Karl, dem Herzog von Niederlothringens, der an OTTOS Feldzug teilnahm und sich Laons bemächtigte. In der Forschung wurde mehrfach die Frage erörtert, ob OTTO Karl nicht zum Gegenkönig ausersehen und Bischof Dietrich von Metz diesen auch tatsächlich in Laon gekrönt - aber nicht gesalbt - habe. Die Quellenbasis für diese Aussage - eine halbe Zeile in dem von Gerbert redigierten, haßerfüllten Schreiben Bischof Dietrichs von Metz an Karl aus dem Jahre 984 -, ist denkbar schmal. Zunächst einmal wäre zu fragen, warum ein ostfränkischer Bischof gekrönt haben sollte, was doch Sache des Reimser Metropoliten gewesen wäre, der einen solchen Eingriff in seine Rechte gewiß nicht stillschweigend hingenommen hätte. Adalbero rührte zwar keinen Finger, um Lothar zu helfen, aber eine so entschiedene Kampfansage an Lothar hätte ihm OTTO gewiß nicht zumuten wollen und wäre für Adalbero auch nicht akzeptabel gewesen. Pläne für ein Gegenkönigtum Karls mögen bestanden haben, und es kann sogar sein, dass Karl sich in Laon im Schmucke einer Krone gezeigt hat, doch ein förmliches Gegenkönigtum ist 978 nicht ins Leben gerufen worden.
    Das Jahr 978 markiert auch insofern einen Einschnitt, als fortan keine militärischen Eingriffe des ostfränkischen Herrschers in W-Franken mehr zu verzeichnen sind. Es mag durch die besondere politische Konstellation des Jahres 978 vorgegeben gewesen sein, verdient aber doch Beachtung, dass OTTOS II. einziger "westfränkischer" Verbündeter, Herzog Karl, sein eigener Lehnsmann und geschworener Feind König Lothars war, während die robertinische Karte dieses Mal aus den angegebenen Gründen nicht stach. Dies galt auf der anderen Seite allerdings auch für Lothar, der in Lothringen nicht mehr auf eine "westfränkische Partei" zählen durfte. So unzweifelhaft daher das Jahr 978 einen Markstein im Auseinandertreten O- und W-Frankens bedeutet, so gewiß darf dieses Jahr doch nicht als der Beginn einer "deutschen" und "französischen" Geschichte mißverstanden werden.
    Eine direkte Folge des Jahres 978 war zunächst, dass Lothar für seine Nachfolge Sorge trug, indem er seinen fast schon volljährigen Sohn Ludwig mit Zustimmung Hugos Capet und anderer Großer zum König wählen ließ, was in dieser Form in W-Franken erstmals geschah. Erzbischof Adalbero krönte und salbte den jungen König am Pfingstfest 979 in Compiegne.
    Kaum war klar geworden, dass das Ende der aggressiven Lothringenpolitik Lothars eingeläutet war, da brach auch schon wieder das alte Mißtrauen zwischen beiden Häusern aus. Wohl durch Vermittlung Erzbischof Adalberos begann Lothar geheime Verhandlungen mit OTTO, der im Begriffe stand, nach Italien zu ziehen und daher an einem Ausgleich interessiert war. Lothar, Ludwig V. und OTTO II. trafen sich an der Grenze im Juni 980 in Margut-sur-Chiers. Lothar verzichtete erneut förmlich auf Lothringen, und man schloß ein Freundschaftsbündnis (amicitia). Bis zu OTTOS II. vorzeitigem Tod 983 war Lothringen kein Zankapfel mehr zwischen Ost und West, doch das Treffen von Margut, über das Hugo Capet nicht unterrichtet worden war, trug sogleich zu einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN bei. Hugo nahm sofort Kontakt zu OTTO auf, der sich bereits in Italien befand, und begab sich selbst zum Osterfest 981 nach Rom, wo OTTO ein Familientreffen in der Art des Pfingsttags 965 in Köln abhielt. Anwesend waren neben den beiden Kaiserinnen Theophanu und Adelheid OTTOS Schwester Mathilde, Äbtissin von Quedlinburg, König Konrad und Königin Mathilde von Burgund, Herzog Otto von Schwaben und Baiern, der Sohn Liudolfs (gestorben 982), sowie viele Kirchenfürsten O-Frankens und Italiens, vielleicht auch Adalbero von Reims und Gerbert; im Vergleich zu 965 nahm Hugo Capet den Platz Lothars ein und kehrte als Verbündeter OTTOS nach W-Franken zurück.
    Dort war inzwischen Emma um eine Heirat ihres Sohnes Ludwig bemüht gewesen. Nach Richer hätte Gottfried "Graumantel" von Anjou die Eheverbindung Ludwigs mit der Witwe des Grafen Raimund von Gothien, Adelheid, einer Schwester Gottfrieds, vorgeschlagen. Das klingt zunächst recht plausibel, doch wird meist vergessen zu betonen, dass Adelheid etwa das Alter von Ludwigs Mutter Emma hatte - eher älter als jünger! - und Ludwig selbst im Jahre 980 bestenfalls 14 Jahre alt war. Die Heirat - wenn sie denn je stattgefunden hat - war nicht glücklich, was niemand überraschen konnte. Nach Richer hätte Lothar 982 einen eigenen Aquitanienzug unternehmen müssen, um seinen Sohn zurückzuholen. Der Aquitanienfeldzug ist urkundlich belegt, den Grund der Reise nennt nur Richer. Auf jeden Fall blieb das aquitanische Abenteuer, dessen Historizität fragwürdig erscheint, nur Episode.
    Nach dem urkundlich gesicherten Aquitanienfeldzug Lothars vom Jahre 982 - Ludwig V. wird nicht ein einziges Mal erwähnt - wurde dessen Interesse wieder ganz von der "lothringischen Frage" beansprucht, nachdem OTTO II. am 7. Dezember 983 in Rom verstorben war. Die Nachricht vom Tode des Kaisers war in O-Franken noch nicht bekannt, als die Erzbischöfe von Köln und Ravenna den 3-jährigen OTTO III. am Weihnachtstag 983 in Aachen zum König krönten.
    Damit wurde der ostfränkische Thronstreit ausgelöst, der erst im Sommer 985 nach erbittertem Ringen sein Ende fand und hier nicht in voller Breite darzustellen ist. Wie wenig noch immer von "deutscher" oder "französischer" Politik gesprochen werden kann, beweist die Tatsache, dass der ranghöchste "französische" Prälat, Erzbischof Adalbero von Reims, die "deutsche", der Trierer Erzbischof Egbert, ein "Deutscher" also, die "französische" Seite unterstützte, ohne dass ihnen dafür von irgendeiner Seite Landesverrat vorgeworfen worden wäre oder ihnen "nationale" Empörung entgegengeschlagen hätte. Der plötzliche Tod OTTOS II. hatte die rechtlichen Bande, die er mit Karl von Nieder-Lothringen und den Reginar-Söhnen geknüpft hatte und die sorgsam beachtet worden waren, zerrissen. Es war daher kein Treubruch, dass die Genannten in der neuen Situation die Partei Lothars ergriffen, der wie sein ostfränkischer "Partner" Heinrich der Zänker - beide waren Neffen OTTOS I. und somit Vettern zweiten Grades OTTOS III. - die Vormundschaft beanspruchte. Lothar war natürlich an der Gewinnung Lothringens interessiert, Heinrich der Zänker dagegen an der Königswürde in O-Franken. Eine Allianz der beiden Fürsten bot sich an. Gegen eine Unterstützung seiner Aspirationen auf die Königsherrschaft in O-Franken wollte Heinrich Lothringen dem W-Frankenkönig überlassen (Herbst 984); der Vertrag sollte am 1. Februar 985 in Breisach, dem "Verräternest" früherer Tage, unterzeichnet werden, doch Heinrich blieb dem geplanten Treffen fern.
    Der einzige effektive Weg zur Gewinnung Lothringens war der militärische. Zu einer systematischen Eroberung Gesamt-Lothringens fehlten Lothar freilich die Mittel. Auch wäre das militärische Risiko sehr hoch gewesen, denn Beatrix vonOber-Lothringen, die Schwester Hugo Capets und seit Sommer 983 Witwe Herzog Friedrichs von Bar, stand treu auf der Seite Kaiserin Theophanus, der Regentin für ihren minderjährigen Sohn OTTO III. So blieb es bei der Politik der Nadelstiche. Die einzige wirklich umkämpfte Stadt war Verdun, die Lothar nach dem gescheiterten Treffen von Breisach im Februar 985 in einem Überraschungscoup erstmals einnahm, aber bald wieder an eine Koalition der lothringischen Großen verlor. Lothar sammelte eine große Armee - nach Richer 10.000 Mann -, der nicht nur die Wiedereinnahme Verduns gelang, sondern vor allem die Gefangennahme Graf Gottfrieds von Verdun, des Bruders Erzbischof Adalberos. Diese Gefangenschaft sollte die Regierungszeit Lothars und Ludwigs V. überdauern. Die militärischen Ereignisse im Kampf Lothars um Lothringen zeigen, dass Lothar an die Besetzung Gesamt-Lothringens wohl niemals dachte. In Nieder-Lothringen war sein Bruder Karl Herzog, was ihn von militärischen Abenteuern abhalten mußte, in Ober-Lothringen stand ihm Herzogin Beatrix entgegen.
    Trotz des Friedensschlusses zwischen Theophanu und Heinrich dem Zänker im Sommer 985 in Frankfurt, der wahrscheinlich durch ein Abkommen der Kaiserinnen Theophanu und Adelheid sowie der Herzogin Beatrix im Juli 985 in Metz ratifiziert wurde, scheint Lothar seine aussichtslosen Bemühungen um Lothringen nicht aufgegeben zu haben. Geplante Angriffe kamen freilich nicht mehr zustande. Am 2. März 986 starb Lothar in Laon, nur 44 Jahre alt, und wurde neben seinem Vater im Kloster St-Remi bei Reims beigesetzt.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Zunächst war es noch das 946 entstandene karolingisch-ottonische Bündnis, das nach dem jähen Ende Ludwigs IV. Hugo den Großen bewog zuzulassen, "daß erstmals seit dem Tode Ludwigs II. 879 eine direkte Sohnesfolge in der karolingischen westfränkischen Königsfamilie zustandekam" (B. Schneidmüller). Wenn der 13-jährige Lothar, der ältere der beiden Erben Ludwigs, unter Verzicht auf eventuelle Pläne für eine Beteiligung seines kleinen Bruders Karl am 12.11.954 in Reims von Erzbischof Artold im Besein nicht nur Bruns von Köln, sondern auch Hugos von Franzien gekrönt werden konnte, so ist diese dem ROBERTINER durch bedeutende Zugeständnisse der Königin-Mutter Gerberga sehr erleichtert worden. Nach dem Tode Hugos des Großen führte seine Witwe Hadwig, Schwester der Königin Gerberga, die Sache der ROBERTINER. Die beiden ottonischen Schwestern stützten sich stark auf ihren Bruder Brun, den Erzbischof von Köln und faktischen Herzog (archidux) in Lothringen, der in den folgenden Jahren zu maßgeblichem Einfluß in W-Franken kam. Dazu gehörte, dass er Gerberga mit König Lothar wie auch Hadwig in Köln empfing, zwischen ihren Vasallen vermittelte, 962 den Metzer Kanoniker Odelrich zum Nachfolger des verstorbenen Erzbischofs Artold von Reims bestimmte und notfalls in Absprache mit Gerberga auch militärisch zugunsten Lothars eingriff. Gemeinsam gingen alle drei Geschwister mit ihren Aufgeboten 957 gegen die Bestrebungen Reginars III., des Grafen im Hennegau, vor, dem Haus seines Oheims Giselbert eine neue Machtstellung im Grenzgebiet zu verschaffen, und trieben ihn in die Verbannung, seine Söhne zur Flucht nach W-Franken. Die liudolfingische Hegemonie, die 962 in Rom OTTO DEN GROSSEN zur Erneuerung des seit Jahrzehnten vakanten Kaisertums emportrug, fand ihren sichtbaren Ausdruck in dem glanzvollen Kölner Pfingsthoftag von 965, wozu sich bei dem heimkehrenden Kaiser außer Erzbischof Brun die Königinnen Mathilde, Witwe HEINRICHS I., und Gerberga, Witwe Ludwigs IV., sowie die Könige OTTO II. und Lothar (samt dessen jungen Bruder Karl) einfanden, während Hugos Witwe Hadwig damals wohl bereits tot war. Die anscheinend in diesem "Familienrat" verabredete Heirat des 24-jährigen westfränkischen Königs mit Emma, einer Tochter der Kaiserin Adelheid aus deren 1. Ehe mit König Lothar von Italien, fand bald darauf statt und führte übers Jahr zur Geburt eines Sohnes Ludwig V. Der karolingische Mannesstamm, der sich in ihm noch einmal fortpflanzte, schien zu einer Nebenlinie des ottonischen Kaiserhauses zu werden.
    Der Eindruck täuschte indes, denn der Tod Bruns noch im Jahr 965 (auf einer westfränkischen Vermittlungsmission in Reims), Gerbergas 968/69 und schließlich auch Kaiser OTTOS I. 973 lockerte die enge Verflechtung König Lothars mit der ottonischen Politik wieder, nahm ihm aber auch den sicheren Rückhalt, den er jahrelang daraus gezogen hatte. Ein eigenständigeres Vorgehen in W-Franken mochte ihm durchaus nicht verwegen erscheinen, da die robertinische Position in Neustrien und Franzien inzwischen fühlbar gelitten hatte. Während der Minderjährigkeit Hugos Capet, der erst 960 seine Bestätigung in der väterlichen Stellung eines dux Francorum erlangte, verselbständigten sich manche Grafen, die es den marchiones älteren Typus gleichtun wollten und eine unmittelbare Beziehung zum König suchten. So konnte Lothar bereits 962 den mächtigen Grafen Tedbald von Blois, der einst seinen Vater Ludwig IV. im Auftrag Hugos des Großen inhaftiert hatte, auf seine Seite ziehen und aus dem Hause VERMANDOIS außer Graf Albert auch dessen Bruder Heribert III. gewinnen, der 967 die Grafschaften Meaux und Troyes erbte und vom König mit dem Titel eines comes Francorum (in Analogie zum dux Francorum) geschmückt wurde. Günstig entwickelten sich auch Lothars Beziehungen zu Graf Arnulf I. von Flandern (+ 964), der nach dem Tod seines Sohnes Balduin (962) den Schutz des Königs suchte, um dem kleinen Enkel Arnulf II. das Erbe zu sichern. Dazu kam etwa 964 die Verheiratung von Lothars Schwester Mathilde mit dem welfischen König Konrad von Burgund. Auch die Gegenkoalition, die Hugo Capet langsam aufbaute, nahm in familiären Banden Gestalt an und umfaßte vor allem den jüngeren Bruder Odo-Heinrich, der 965 Otto als Herzog im westfränkischen Burgund nachfolgte, den normannischen Schwager Richard sowie den aquitanischen marchio Wilhelm IV. Eisenarm, dessen Schwester Adelheid Hugo um 970 ehelichte, ferner als weiteren Schwager Herzog Friedrich im südlichen Lothringen und schließlich Graf Gottfried von Anjou.
    Dass aus der vorsichtigen Distanzierung König Lothars vom ottonischen Imperium ein erster offener Konflikt mit längerfristigen fatalen Konsequenzen wurde, lag an Machtverschiebungen, die mit dem Tod OTTOS DES GROSSEN einsetzten. Ob sich Lothar damals unter dem Druck seiner wichtigsten Gefolgsleute, Heribert von Meaux-Troyes und Tedbald von Blois (+ 973/75) sowie dessen Sohn Odo I., und vermutlich gegen den Rat des seit 969 amtierenden Erzbischofs Adalbero von Reims, eines Neffen des lothringische Herzogs Friedrich, sogleich grundsätzlich entschlossen hat, dem neuen Kaiser, seinem Vetter OTTO II., das alte Lothar-Reich abzuringen, steht dahin; jedenfalls aber ließ er zu, dass die Söhne des 958 verbannten lothringischen Grafen Reginar III., Reginar IV. und Lambert, seit 973 von W-Franken aus mit Gewalt in ihre Heimat an Maas und Schelde einfielen, zwei dortige Grafen töteten und von OTTO II. persönlich 974 aus dem Hennegau vertrieben werden mußten. Sie gaben sich keinesfalls geschlagen, sondern verschafften sich für einen neuerlichen Vorstoß im Jahre 976 die Hilfe der Grafen Albert und Heribert aus dem Hause VERMANDOIS sowie des inzwischen 23-jährigen, immer noch funktionslosen Königsbruders Karl. Auch diese Attacke wurde, ohne Eingreifen des Kaisers, vor Mons blutig abgeschlagen, brachte aber OTTO II. 977 doch zu einer Revision seiner bisherigen Politik in Lothringen, denn er versprach sich dort nun mehr davon, den Reginar-Söhnen ihren Familienbesitz im Hennegau und in Brabant zurückzugeben. Überdies nahm er ihren Verbündeten Karl als Vasallen an und stattete ihn mit der Herzogsgewalt im nördlichen Lothringen rund um Brüssel aus. Was wie eine versöhnliche Abgeltung der alten westfränkischen Ambitionen auf das regnum Lotharii unter Wahrung ottonischer Vorherrschaft oder auch wie eine letzte Machtteilung unter zwei karolingischen Brüdern aussehen könnte, war in Wahrheit eine schwere Brüskierung König Lothars, der kurz zuvor den Bruder wegen Ehebruchsvorwürfen, die er gegen die Königin Emma erhob, seines Reiches verwiesen hatte.
    So kam es im Sommer 978 zu dem auch von Hugo Capet unterstützten Überraschungsangriff Lothars auf Aachen als "Sitz der Königsherrschaft seiner Väter" (wie ein Annalist betonte), wo der gerade anwesende Kaiser OTTO mit der hochschwangeren Gattin Theophanu sein Heil nur noch in hastiger Flucht nach Köln suchen konnte. Zum Zeichen des Triumphes ließ der westfränkische KAROLINGER den seit KARL DEM GROSSEN auf dem Dach der Pfalz angebrachten ehernen Adler gemäß dem Geschichtsschreiber Richer von Reims nach Osten drehen, nachdem früher die Germani durch die Westwendung ihre Überlegenheit den Galli zur Schau gestellt hätten, doch es gelang Lothar nicht, seines Bruders Karl habhaft zu werden, und auch einen Vorstoß auf Metz, wo soeben Herzog Friedrich gestorben war, schlug fehl, weil sich keine Unterstützung im Lande fand. Kaum anders waren freilich die Erfahrungen, die der Kaiser bei seinem Vergeltungsschlag zu machen hatte, als er noch im selben Herbst mit großem Gefolge nach W-Franken zog. Zwar vermochte er die alten KAROLINGER-Pfalzen Attigny und Compiegne einzunehmen und zu verwüsten, während Karl sich in Laon bereits zum (Gegen-)König proklamieren ließ, aber vor Paris, im Machtbereich der ROBERTINER, lief sich das Unternehmen mangels Resonanz fest und mußte auch in Anbetracht der Jahreszeit abgebrochen werden, wobei die deutsche Nachhut noch eine schlimme Schlappe an der Aisne einsteckte. Das Ergebnis machte in Frankreich großen Eindruck und ist bald schon rückblickend als definitives Ende aller feindlichen Einfälle aus dem Osten gepriesen worden. Daran ist zumindest richtig, dass grenzüberschreitende Interventionen anders als zu Zeiten der fränkischen Teilreiche nun nicht mehr ohne weiteres auf den Zufall unzufriedener Großvasallen des angegriffenen Herrschers zählen konnten. Im Mai 980 schloß Lothar mit seinem Vetter OTTO II. vor dessen Aufbruch nach Italien einen neuen Frieden und willigte schon durch den Treffpunkt im Grenzort Margut-sur-Chiers in einen abermaligen Verzicht auf Lothringen ein, ebenso wie der Kaiser keinen Gedanken mehr auf ein westfränkisches Königtum seines Herzogs Karl verwandte.
    Die Konfrontationen des Jahres 978 hatten zwischen König Lothar und den OTTONEN Gräben aufgerissen, ohne indes das Kaiserhaus bereits den robertinischen Verwandten näher zu bringen. Vielmehr nutzte Lothar die nach dem Abwehrerfolg verbreitete westfränkische Einigkeit, um 979 die Königswahl seines 13-jährigen Sohnes Ludwig V. durchzusetzen, der mit Billigung Hugos Capet am 8.6. in Reims von Erzbischof Adalbero gekrönt werden und damit erstmals seit 100 Jahren dynastische Kontinuität schon zu Lebzeiten des Vaters sichern konnte. Eine Annäherung des ROBERTINERS an den Kaiser wird erst sichtbar, nachdem Lothar ohne ihn den Frieden von Margut geschlossen hatte, denn Hugo reiste zum Osterfest 981 nach Rom und führte dort mit seinem Vetter "viele Gespräche über ihre Freundschaft" (Richer). Demgegenüber gedachte König Lothar mit altbekannten Mitteln seine Machtbasis in W-Franken auszuweiten, indem er 982 für seinen königlichen Sohn Ludwig V. eine Ehe mit Adelheid, der Schwester Gottfrieds von Anjou und Witwe eines Grafen von Gavaudan, stiftete in der Hoffnung, so das karolingische Unterkönigtum in Aquitanien zu neuem Leben zu erwecken. Doch diesmal versagte, was sich so oft bewährt hatte: Die Ehe des jugendlichen Königs mit der wesentlich älteren Frau scheiterte genauso wie sein Bemühen, Anerkennung im Lande zu finden, so dass der Vater ihn zwei Jahre später nach Laon heimholen mußte.
    Lothar lag inzwischen wieder mehr an Lothringen, wo sich nach dem Tod Kaiser OTTOS II. in Rom (7.12.983) neue Aussichten zu bieten schienen. Im Streit um die Regentschaft für den erst 3-jährigen gekrönten Königssohn OTTO III. erwartete Lothar zunächst den größten Gewinn davon, mit dem nach mehrmaliger Rebellion abgesetzten Bayernherzog Heinrich dem Zänker zu paktieren, hielt es aber dann für günstiger, dem Rat des auf OTTOS Erbrecht bedachten Erzbischofs Adalbero von Reims und dessen gelehrten Beraters Gerbert von Aurillac zu folgen und selber als naher Verwandter einen Anteil an der Stellvertretung des unmündigen Königs zu verlangen. Als er indes sah, dass sich im Mai 984 ohne Rücksicht auf seine Wünsche eine Einigung Heinrichs des Zänkers mit den aus Italien zurückkehrenden Kaiserinnen Adelheid und Theophanu anbahnte, ging er zum offenen Angriff über und besetzte im Verein mit seinen Anhängern Heribert IV. von Troyes, dem Sohn des gleichnamigen Grafen (+ 980/84), und Odo I. von Blois die Stadt Verdun. Damit machte sich Lothar allerdings Gottfried, den dortigen Grafen und Bruder Adalberos von Reims, ebenso zum erbitterten Feind wie den jungen Herzog Dietrich im südlichen Lothringen, hinter dem seine Mutter Beatrix und deren Bruder Hugo Capet standen; obendrein mußte er nun am Hofe der beiden Kaiserinnen vollends als gefährlicher Gegner gelten. Ein Bündnis der OTTONEN mit dem ROBERTINER, von Reims her und namentlich durch Gerbert gefördert, nahm deutlichere Konturen an, als Lothar im Vertrauen auf erneute Absprachen mit Heinrich dem Zänker das zwischenzeitlich verlorene Verdun im März 985 nach längerer Belagerung zurückeroberte und die Verteidiger mit Herzog Dietrich und Graf Gottfried an der Spitze als Gefangene wegführte. Die beharrliche Weigerung Gottfrieds, seine Freilassung dadurch zu erreichen, dass er seine Besitzungen von Lothar zu Lehen nähme, macht hinreichend deutlich, wie schwer es mittlerweile fiel, gegen gewachsene Loyalitäten die Reichsgrenzen zu verändern, auch wenn es kaum noch um Lothringen im ganzen, sondern allenfalls um Bistum und Grafschaft Verdun, vielleicht samt weiterem Grenzgebiet, zu tun war. Schon trafen sich Adelheid und Theophanu mit der Herzogin Beatrix, Hugos Schwester, im Sommer 985 zu einem colloquium dominarum in Metz, während Lothar einen Hochverratsprozeß gegen Erzbischof Adalbero einleitete, bei dem ihn auch sein Bruder, Herzog Karl, unterstützte. Die Gerichtsverhandlung wurde jedoch von Hugo Capet verhindert, und das Verfahren blieb in der Schwebe, bis der König am 2.3.986 in Laon einer plötzlichen Krankheit erlag. Wie sein Vater wurde der 44-jährige in Saint-Remi in Reims begraben.



    18.3.966 oo Emma von Italien, Tochter des Königs Lothar 948-2.11.988


    Kinder:

    - Ludwig V. 966/67-21.5.987
    - Otto Domherr um 970-13.11. vor 986

    Illegitim

    - Arnulf Erzbischof von Reims 967-5.3.1021
    - Richard - nach 987

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 119,139,141-144 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 40,59,61,92 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 146 Anm. 66 und 69,147,153,158,161 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 84,98,116,127,130-132 - Brühl Carlrichard: Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 406 - Eberhard Winfried: Westmitteleuropa Ostmitteleuropa. Vergleiche und Beziehungen. Festschrift für Ferdinand Seibt zum 65. Geburtstag. R. Oldenbourg Verlag München 1992, Seite 84-86 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 23-25,27,33,46,48 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 47,53,55,61-70,72,75,78,84 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 50,52,55,103,110,117,174,242,285,294,297-310,312,315,319,417 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 59,62 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, V,14. Seite 13,38-41,43,92,94,98,100,124,128,169,187-197,199,245,275,283,299 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 162,171,199,254-259,261,281-187, 295 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 300,308-311,322 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 209,211-218,220-222, 227 - Schneidmüller Bernd/Weinfurter Stefan: Otto III. Heinrich II. Eine Wende? Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 47 A. 90,293 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 135,141,148,150 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 51, 210 Anm. 805,214,220 Anm. 848,233,324 Anm. 1181 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 499,512,517,519,522-525 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 53,71,155 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 193,238,284,286 -



    Begraben:
    Abtei Saint-Remi

    Lothar heiratete von Italien, Emma am 18 Mrz 966. Emma (Tochter von von Italien, Lothar und von Hoch-Burgund, Adelheid) wurde geboren in 948/949; gestorben in 988. [Familienblatt] [Familientafel]


  29. 209.  von Frankreich, Karl Graphische Anzeige der Nachkommen (168.Ludwig10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in Jan 945; gestorben in 953.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Frankreich; Prinz von Frankreich

    Notizen:

    Karl Prinz von Frankreich
    Jan. 945- 953
    2. Sohn des Königs Ludwig IV. von Frankreich und der Gerberga von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Glocker Winfrid: Seite 284, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VI, 16 Karl
    * 945 I, + vor 953

    Flodoard berichtet am Beginn des Jahres 945, Seite 95f., von der Geburt eines Sohnes Karl durch die Königin Gerberga. Weil dieser Name "Karl" erneut an einen der beiden im Sommer 953 geborenen Zwillinge vergeben wurde, muß der 945 I geborene Karl zwischenzeitlich verstorben sein.
    Es sei hier auf einen Fehler Widukinds aufmerksam gemacht, der auf Grund der weiten Verbreitung seiner Sachsengeschichte immer wieder übernommen wird. Widukind II c. 39, Seite 99, führt als den dritten Sohn der Königin Gerberga mit Ludwig IV. einen Karlmann auf. Dieser Irrtum des Corveyers wurde von dem letzten Editor, Paul Hirsch, nicht bemerkt (Seite 99, Anm. 2: "Über Karlmann ist weiter nichts bekannt"). Auch die Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe Bd. 8, Seite 122, Anm. 68, korrigiert diesen Fehler nicht. Daher sei hier, wie dies Werner VII,71 bereits getan hat, nochmals eindringlich festgestellt: König Ludwig IV. und seine Gemahlin Gerberga hatten keinen Sohn namens Karlmann!

    Werner Karl Ferdinand: Seite 472, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 71

    Diesen Sohn Ludwigs IV. nennt Brandenburg ganz irrig "Karlmann", und folgt damit einem Mißverständnis Widukinds II, 39 (das allerdings auch der Herausgeber, Paul Hirsch, MG SSrG, 1935, 99, Anm. 2 und 4, nicht oder vielmehr noch weniger durchschaute). Ludwigs Sohn Karl wurde 945 I geboren (Flodoard 945, ed. Lauer 95f.); noch im gleichen Jahr (nach VII 13) wird der kleine Sohn den Normannen als Geisel für den ihnen in die Hand gefallenen König Ludwig IV. von Gerbergaausgeliefert: Flodoard 945, ed. Lauer 99 Nordmanni filius ipsius regis (also Lothar und Karl) dari sibi obdides quaerunt, nec aliter regem se dimissuros asserunt. Mittitur igitur ad reginam pro pueris; illa minorem (sc. Karolum) mittens maiorem (sc. Lotharium) futetur se non esse missarum. Datur igitur minor, et ut rex dimittatur, Wido Suessorum episcopus sese obsidam tradit. Widukind II, 39 ist nun Zeuge einer Überlieferung, derzufolge der ausgelieferte Sohn, namens Karl, von den Normannen nach Rouen gebracht wurde und dort gestorben ist. Jedenfalls war er 953 tot, denn zu diesem Zeitpunkt konnte einer der Zwillinge, die Gerberga damals gebar, erneut den Namen Karl erhalten: Der spätere Herzog von Nieder-Lothringen. Eben dieses zweimalige Auftreten des gleichen Namens für zwei verschiedene Brüder muß Widukind bewogen haben (oder die ihm zu Gebote stehende Überlieferung), den jüngeren der beiden "Karlmann" (Karlomannus) zu nennen, ganz abgesehen von der Unrichtigkeit, daß er in Karl den ältesten Sohn sieht, statt in Lothar. Hirsch hat dies nun im Unterschied zu Brandenburg, der die Lebensdaten des 945 geborenen Sohnes richtig gibt, nur nicht den Namen - dahingehend mißverstanden, als wäre der spätere Karl von Nieder-Lothringen (der zu dieser Zeit noch gar nicht lebte) den Normannen ausgeliefert worden und hätte im Widerspruch zur Behauptung Widukinds, diese Haft überlebt. Hirsch vermutetete eine Verwechslung mit "Karlmann", so, als sei dieser in Haft geratene Ludwigs-Sohn, und bemerkt im übrigen: "Über Karlmann ist weiter nichts bekant." Ich lege dies in Ausführlichkeit dar, um künftige Mißverständnisse zu vermeiden: Ludwig IV. hat nie einen Sohn namens Karlmann gehabt. Ein ersten Sohn, der den Namen Karl trug, wurde 945 I geboren, 945 2. Jahreshälfte den Normannen als Geisel ausgeliefert und starb vor 953, vielleicht, sogar wahrscheinlich, 945 oder bald danach in normannischer Haft. Ein zweiter Sohn namens Karl wurde 953 geboren - es ist der spätere Herzog von Nieder-Lothringen und westfränkische Thronprädent.
    Karl mußte während der Gefangenschaft des Vaters (946) den Normannen als Geisel gestellt werden und kam in deren Gewahrsam um.

    Literatur:
    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,16. Seite 38,198,284 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 211 -


  30. 210.  von Frankreich, Mathildevon Frankreich, Mathilde Graphische Anzeige der Nachkommen (168.Ludwig10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 943; gestorben nach 981.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Burgund,Frankreich; Königin von Burgund

    Notizen:

    Mathilde von Frankreich
    Königin von Burgund
    Ende 943-26.11. nach 981
    2. Tochter des Königs Ludwig IV. von Frankreich und der Gerberga von Sachsen,Tochter von König HEINRICH I.

    Glocker Winfrid: Seite 283, „Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik“

    V, 15 Mathilde
    * 943 Ende, + nach 981 am XI 26

    oo ca. 964 Konrad, König von Burgund (seit 937), + 993 X 19.

    Als Tochter König Ludwigs Transmarinus ist Mathilde z.B. durch das Chronicon s. Benigni Divionensis S. 188 (Schwester König Lothars), in der Chronik des Hugo v. Flauvigny a. 995, SS VIII 364) uns (wohl von Hugo v. Flauvigny abhängig) in der Chronik des Alberich v. Trois-Fontains a. 996, SS XXIII 773, hier ebenfalls als Schwester König Lothars, bezeugt. Die uns hier interessierende Filiation von Gerberga, der Schwester OTTOS DES GROSSEN, bezeugt uns der Brief des Abtes Siegfried von Gorze, betreffend die Heirat Kaiser HEINRICHS III. mit Agnes von Poitou.
    Durch den Annalisten Flodoard sind wir von der Existenz zweier Töchter König Ludwigs und der Gerberga unterrichtet: a. 943 am Ende, Seite 90, und mitten in a. 948, Seite 116, findet jeweils die Taufe einer Tochter statt. Wir kennen aus anderen Quellen jedoch lediglich den Namen derjenigen Tochter Mathilde, die ca. 964 König Konrad von Burgund heiratete. Da wir aus Altersgründen nicht entscheiden können, ob die 943 oder die 948 geborene Tochter mit der Königin Mathilde gleichzusetzen ist, schlägt Werner VII, 69-75 vor, die Gemahlin König Konrads mit der Ende 943 geborenen Tochter zu identifizieren, weil Mathilde der Name der Großmutter mütterlicherseits sei. Doch muß hier nochmals betont werden, dass genauso gut die Anfang 948 geborene Tochter des französischen Königspaares die spätere Königin Mathilde von Burgund gewesen sein könnte wie ihre ältere Schwester.
    Die Belege für den Gemahl Mathildes, König Konrad, sind von Diener, Könige Nr. 7, zusammengestellt.
    Mathilde ist in einer auf die Jahre 981-990 zu datierenden Urkunde ihres Gatten als verstorben erwähnt (D Burgund 53).
    Ihr Sterbetag ist im Merseburger Nekrolog (XI 25; vgl. bei Althoff, Adelsfamilien, Kommentar K 45) aufgenommen; ich gebe jedoch wie Diener, Könige Nr. 7 dem XI 26, den Mathildes Epitaph (gedruckt bei Chorier, Recherches S. 221) nennt, den Vorzug.

    Althoff Gerd: Seite 372, „Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung“
    K 45 Me: 25.11. Mathild regina burgundiorum + nach 981, Gemahlin König Konrads von Burgund (K 38)

    (Es.) Mathilde, die Tochter Ludwigs IV. von Frankreich und der Schwester OTTOS DES GROSSEN, Gerberga, heiratete um 964 Konrad I. von Burgund und wurde damit Schwägerin der Kaiserin Adelheid (K 49). Diese sorgte für die Aufnahme ihrer Verwandten ins ottonische Gedenken; S. dazu ausführlich oben S. 163f.
    Mathilde begegnet auch im Necrolog von Weißenburg; vgl. Althoff, Unerkannte Zeugnisse vom Totengedenken der Liudolfinger, S. 395f.
    Ihr Todesjahr ist nicht bekannt; vg. Lot, Les derniers Carolingiens, S. 37 und 177; Poupardin, Le royaume de Bourgogne, S. 384f.
    Erwähnt wird sie zuletzt im Jahre 981; vgl. Die Urkunden der burgundischen Rudolfinger, Historisch-diplomatische Einleitung, S. 15 mit Anm. 6, dort auch weitere Hinweise.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 472, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation
    70

    Zu den Vorbehalten, was die Geburtszeit (943 Ende oder 948 Anfang) der Mathilde und damit ihre Stellung in der Reihe der Geschwister eingeht, siehe oben Anm. VII, 69-75. Die Angabe von Brandenburg "ca. 943" bringt unseren Informationsstand nicht angemessen zum Ausdruck. Das von Brandenburg richtig angegebene Datum der Eheverbindung mit König Konrad von Burgund, c 964, wird von Köpke-Dümmler 376, Anm. 1 begründet: 963 III 23 schenkt Konrad für das Seelenheil seiner 1. Gattin, Adelania; 966 VIII 10 erscheint Mathilde in einer Urkunde des Gemahls schon mit ihrem Sohne Cuono (Konrad, vgl. untern VIII, 83).

    Meyer von Knonau, Gerold: Seite 149-159, "Die Heiraten der burgundischen Mathilde, Tochter König Konrads von Burgund, und der schwäbischen Mathilde, Enkelin derselben"

    In den Memoires et documents publies par la societe d'histoire et d'archeologie de Geneve, Tome XVI, livraison 2 (1867), ist p. 201ff. eine Abhandlung genealogischen Inhaltes von Ed. Secretan publiziert, betitelt Notice sur l'origine de gerold comte de Geneve. Der Verfasser dieser mit ebenso viel Scharfsinn und Beelsenheit kombinierten, als in anziehender Weise verfaßten Arbeit sucht in derselben folgende genealogische Verhältnisse zu beweisen.
    Des 993 verstorbenen Königs Konrad von Burgund Tochter Mathilde - mit dem Verfasser nennen wir sie, um sie von ihrer gleichnamigen Mutter, der westfränkischen Prinzessin, und ihrer ebenfalls gleichnamigen Schwestertochter, der Mathilde von Schwaben, zu unterscheiden, Mathilde II., die Nichte aber Mathilde III. - hat in 1. Ehe den 1011 verstorbenen Konrad, Herzog von Kärnten, oder Conrad von Worms, wie er hier genannt wird, den Vatersbruder des späteren Kaisers KONRAD II., den Vater des Mitthronbewerbers von 1024, in 2. Friedrich II., Herzog von Ober-Lothringen, gestorben 1033, zum Gemahle gehabt: durch sie also war das burgundische mit dem fränkischen Königshause verschwägert. Ihre Nichte Mathilde III. dagegen, die Tochter des 1003 verstorbenen Herzogs Hermann II. von Schwaben und der burgundischen Prinzessin Gerberga, war mit Hugo III., einem Grafen von Egisheim, vermählt. Eine Tochter aus der Ehe der Mathilde II. mit Herzog Konrad, also eine Schwester des jüngeren Konrads, eine Base Kaiser KONRADS II., ist Bertha, die mit Eberhard von Egisheim vermählt war. Dieser beiden Sohn ist Gerold.
    Über diejenigen Teile dieser Erörterung, in denen der Verfasser die Mathilde II. an die Stelle der Mathilde III. setzt [Daß nicht die burgundische, sondern die schwäbische Mathilde bis dahin als Gemahlin Konrads und Friedrichs betrachtet wurde, so zum Beispiel Voigtels Stammtafeln ed. Cohn Nr. 19,28, und Gisebrecht, Gesch. der deutschen Kaiserzeit 2. Band 3. Auflage p. 219,221.], soll an diesem Orte gehandelt werden.
    Es ist zu diesem Behufe notwendig, dem Verfasser auf dem Gang seiner Untersuchung über diesen Punkt zu folgen. In Cap. IV: Qui epoussa Conrad de Worms? (p. 223 ff.) führt er dieselbe, nachdem er in den vorhergehenden Abschnitten, nach Voraussendung einer kurzen Einleitung, erst dem Hause Burgund von Konrad an überhaupt, dann von Mathilde II. speziell, hernach von den Saliens de Franconie et de Souabe geredet, durch: insbesondere kann er sich mit dem Gedanken nicht befreunden, daß die Mathdilde II., eine burgundische Prinzessin, welche nach dem Brief des Raynaldus comes Portinensis an den dux Aquitanorum G. (Flod. ann., Mon. SS. III, p. 407) muß vermählt gewesen sein, un seigneur inconnu de la Transjurane habe zum Gemahl haben können, und ist der Ansicht, Gisela, die Tochter Herzog Hermanns und Schwester der Mathilde III., könne nicht mit einem Bruno, Grafen von Braunschweig in 1. Ehe verbunden gewesen sein: daß dieses letztere jedoch wirklich der Fall war, hat Excurs V, C. der Jahrbücher Heinrichs II. von Hirsch, Bd. I, p. 464 ff., gezeigt.
    In Cap. IV. nun geht der Verfasser der folgenden Substraten aus. - In erster Linie wird die Stelle der von Konstantin, Abt des Schottenklosters St. Symphorian zu Metz, um 1015 verfaßten Lebensgeschichte des 1005 verstorbenen Bischofs Adalbero II. von Metz aufgeführt, in der von der Beteiligung Adalberos an der 1003 gehaltenen Synode von Thionville, speziell von seiner Erklärung gegen die kanonisch unerlaubte Ehe Konrads, des Sohnes des Herzogs Otto von Kärnten, mit Mathilde von Schwaben die Rede ist (M. SS. IV, p. 663 ff.). Adalbero sprach in dieser Versammlung in Bezug auf Konrad und Mathilde: Domnus Otto dux, pater istius venerabilis Conradi ducis consedentis, natus ex filia est magni Otttonis, cujus soror Girbergia dedit filiam suam Conrado Burgundionum regi. Ex Conradi autem filia nata est domina Mathildis, hujus Conradi assidentis uxor.
    Es ist also Konrad der Urenkel OTTOS I., Mathilde die Urenkelin der Gerberga, und die Gereiztheit des Herzogs von Ober-Lothringen gegen den Bischof, der von einem secundus locus sprach, während, selbst wenn man nach kanonischer Rechnungsweise OTTO I. und Gerberga, nicht HEINRICH I. als Ausgangspunkt der Zählung gelten läßt, nur vom 3. Grade die Rede sein konnte, höchst natürlich. In ganz unzulässiger Weise, trotz der klaren Worte des Textes: ex Conradi filia nata est Mathildis, nimmt hier der Verfasser zugunsten seiner Hypothese an, hinsichtlich der Mathilde habe Adalbero die Wahrheit ausgesprochen: Gerbergas Enkelin, Mathilde II., sei Konrads Gemahlin gewesen [Vgl. hierzu Hirsch, Jahrbücher Heinrichs II. Band I, p. 246 n.2].
    Als zweites Zeugnis für Mathilde II. als Gemahlin Konrads von Worms - und dieses als das noch zumeist Brauchbare wäre wohl besser in den Vordergrund gerückt worden - betont der Verfasser die Stelle Thietmars, lib. V, cap. 7 (SS. III, p. 794), wo es heißt, Herzog Hermann II. von Schwaben habe 1002 den Bischof von Straßburg bekriegt, Straßburg belagert, erobert und verwüstet, und zwar cum Conrado suimet gero, wie der Dresdener Codex 1. schreibt. Lappenberg - nicht Pertz, wie p. 227 gesagt wird - setzte hierfür genero in den Text, dafür haltend, Konrad sei der Gemahl der schwäbischen Mathilde III. Bekanntlich ist dieser Codex unter der Aufsicht Thietmars selbst angelegt, von ihm mit eigener Hand korrigiert worden, so daß, was der nicht eimal direkt aus demselben abgeleiteten Brüsseler Codex 2, aus dem 15. Jahrhundert, oder der Annalista Saxo (M. SS. VI, p. 649) bringen, ganz hinter den Angaben jener ersten Handschrift zurücktritt. Wenn also Codex 2 und der Annalist hier germano haben, so ist darauf bei weitem nicht jenes Gewicht zu legen, das der Verfasser dieser Variante beimißt.
    Dann fährt derseklbe p. 228 folgendermaßen fort: La question serait certainement decidee en faveur de la version, qui fait de Conrad de beau-frere (germanus) de Hermann, par consequent le mari de Mathilde II., si Wipop, auteur de la vie l'empereur CONRAD II., ne venait a son tour retablir l'equilibre dans le sens oppose. Presque contemporain aussi, le precepteur de Henri III. etait en mesure d'etre bien informe, c'est donclui qui a fait autorite. Wipo sagt nämlich in der Vita Chuonradi c. 2 (SS. XI, p. 258) ausdrücklich von KONRADS II. jüngerem Vetter und Mitbewerber: Jumioris Chunonis mater Mathilda de filia Chuonradi regis Burgundiae nata fuit. Die Versuche des Verfassers, die Autorität dieser Angebe zu erschüttern, dieselbe als einen Irrtum des Wipo hinzustellen, sind denn auch gering. Die Bestimmthiet der Worte ist auch ihm allzu groß.
    Wir sehen, zwei Zeugnisse unterstützen die Hypothese nicht, und ein drittes spricht von vornherein streng dagegen: la question ne peut etre resolue quem recourant aux probabilites (p. 229). Und so tritt denn der Verfasser im Folgenden auf eine Prüfung der chronologischen Daten, der Altersverhältnisse der einzelnen Personen ein, welche allerdings beim ersten Blicke, in äußerst gewandter und bestechender Kombinationsweise, wie diese Beweise vorgebracht sind, für seine Vermutung zu sprechen scheinen. - In folgenden Stücken liegen seine hauptsächlichen Einwendungen gegen die Annahme, Mathilde III. sei Konrads von Worms und Friedrichs von Ober-Lothringen Gemahlin gewesen:
    1. der jüngere Konrad hätte in diesem Falle nicht schon 1019 gegen Herzog Adalbero von Kärnten kämpfen, 1024 nicht als Mitbewerber auftreten können: er wäre noch allzu jung zu beiden gewesen
    2. was die drei Töchter Hermanns II. von Schwaben und der Gerberga, Gisela, KONRADS II. nachherige Gemahlin, Beatrix, diejeneige des Eppensteiners Adalbero, Herzogs von Kärnten, und unsere Mathilde III. betreffe, so sei es höchst auffallend, daß Gisela durch Eintritt in ihre dritte, mit KONRAD II. geschlossene Ehe die Nichte dieser ihrer zuletzt genannten Schwester geworden wäre
    3. der Umstand, daß 996 ein Bruder Konrads von Worms, Bruno, unter dem Namen Gregor V. Papst wird, in Verbindung gesetzt mit der Erwägung, daß meist jüngere Söhne den geistlichen Stand ergriffen, lasse den Altersunterschied zwischen Konrad von Worms und Mathilde III. als sehr groß erscheinen
    4. da Gisela, die Gemahlin Heinrichs des Zänkers und Mutter Kaiser HEINRICHS II. eine Mutterschwester der Mathilde III. war, ihre Tochter Gisela aber erst 1006 mit Stephan von Ungarn sich vermählt habe, so stimme das abermals nicht zu einer Ehe Mathildens III. mit Konrad von Worms [Hier irrt der Verfasser bedeutend. Gisela ist von Geisa noch vor dessen 995 erfolgtem Tode zur Gemahlin seines Sohnes Waic (als Christ Stephan) ausersehen worden und hat wohl kurz nach Geisas Tod sich vermählt; siehe Büdinger, Oesterreich, Gesch. I, p. 397.]. Schließlich, von p. 235 an, wird zu zeigen versucht, inwiefern Mathilde II. besser in deise Verhältnisse hinein passen würde.
    Diesen Ausführungen gegenüber muß an dieser Stelle der Beweis geführt werden, daß sich mit der durch die Quellen bezeugten Ehe der schwäbischen Mathilde III. mit Konrad und Friedrich die anderen, besonders die chronologischen Verhältnisse vereinigen lassen.
    König Konrad von Burgund hat in zweiter Ehe - der Name der ersten Gemahlin, deren Tochter die baierische Herzogin Gisela war, ist nicht bekannt - eine westfränkische KAROLINGERIN, Mathilde, Tochter König Ludwigs IV. und der Gerberga, einer Schwester OTTOS DES GROSSEN, gehabt. Da Gisela, die Tochter 1. Ehe, ihren Sohn den späteren Kaiser HEINRICH II., schon 973 gebar, so muß Konrad sich um oder nach 950 zum ersten Male vermählt haben. Setzt man mit Hirsch den Abschluß der zweiten Ehe gegen Ende der 50-er Jahre des 10. Jh. und faßt man die Worte der Miracula s. Verenae, daß König Konrad von seiner rechtmäßigen Gemahlin anfangs keine Kinder hatte, dann aber zuerst einen Sohn erhielt, einerseits, andrerseits den Umstand in das Auge, daß Konrads Tochter zweiter Ehe, Bertha, als ihr Gemahl, Graf Odo, 995 starb, Kinder von demselben hatte, so wird man annehmen dürfen, daß Gerberga, welche nach der Stammtafel des Steynvelter Codex (SS. III, p. 215) das dritte Kind der Mathilde, jünger als Bertha war, etwa Mitte der 60-er Jahre geboren worden ist.
    Gerberga hat also schon in den 80-er Jahren ihrem Gemahl Hermann, der 997 Herzog von Schwaben wurde und erst 1003 starb, Kinder schenken können, und dieses anzunehmen ist man auch durchaus gezwungen, da ihre Tochter Gisela schon 1007 oder 1008 in 2. Ehe einen Sohn zur Welt bringt, nachdem ihr erster Gemahl, Bruno von Braunschweig, um 1006 gestorben. Unter den anderen Töchtern aus dieser Ehe hat nun Mathilde III. hier besondere Wichtigkeit.
    Secretan sagt p. 230: Placons la naissance de Mathilde III. en 983, on arrivera a peine, en supposant Conrad le jeune ne un an apes le mariage de sa mere, a pouvoir le considferer comne etant ne en 1003, a l'epoque meme ou l'empereur HENRI II. voulait attaquer le mariagne de ses parents a la diete de Thionville, und gibt so selbst die Möglichkeit davon zu, da Mathilde III. Konrads Gemahlin gewesen sei. Mathilde, Hermanns und Gerbergas Tochter, kann ganz gut zur Zeit der Synode von Thionville, im Januar 1003, Konrads Frau gewesen sein. Nehmen wir das von Secretan angeführte Jahre als das ihrer Geburt an [Daß die Töchter in Hermanns und Gerbergas Ehe die ältesten Kinder waren, der Sohn, der nachherige Herzog Hermann III. bedeutend später geboren wurde, bezeugen außer den Stellen welche aussagen, derselbe sei 1012 in noch sehr jugendlichem Alter gestorben (Stälin, Wirtemberg Gesch. I,, p. 473 n.3).], so wurde sie Witwe im 28. Lebensjahre und vermählte sich hierauf nochmals mit Herzog Friedrich von Lothringen, der noch einige Kinder von ihr empfing [Ein Sohn starb früh; dagegen überlebten zwei Töchter den 1033 gestorbenen Vater: Beatrix und Sophie, jene später die Mutter der großen Gräfin Mathilde. Friedrich von Lothringen scheint seine Frau Mathilde überlebt zu haben, denn nach seinem Tode kamen seine Töchter an den kaiserlichen Hof. Die Stelle des Chr. s. Michaelos in pago Virdunensi c. 32 (SS. IV, p. 84), welche hiervon erzählt, enthält übrigens auch einen entscheidenden Protest gegen die Vertauschung der Mathilde III. mit Mathilde II.; es ist da von den duae puellulae Sophia et Beatrix die Rede, welche nutrien´bnantur in aula regis (KONRADS II.); nam conjunx imperatoris (Gisela), amita earum, eas sibi adoptaverat in filias.]. Würden wir dagegen die burgundische Mathilde der schwäbischen substituieren, so wäre 1011 von Konrad eine Witwe im Alter von mindestens 40 Jahren zurückgelassen worden.
    Indessen ist auch das Altersverhältnis zwischen Mathilde III. und ihrem 1. Gemahl ins Auge zu fassen, und da ergibt sich allerdings eine nicht kleine Altersdifferenz, welche hervorzuheben der Verfasser auch nicht versäumt. (p. 233).
    Otto, der Sohn des gewesenen Herzogs Konrad von Lothringen, der 955 auf dem Lechfeld gefallen war, durch seine Mutter Liudgard ein Enkel OTTOS DES GROSSEN, ist der Vater des Konrad von Worms, welcher ihm 1004 als Herzog von Kärnten folgte, gewesen Ein anderer und wohl der älteste Sohn, Heinrich, der Vater des nachherigen Kaiser KONRADS II., scheint früh, vor dem Vater, gestorben zu sein. Ein dritter ist Brun, der durch OTTO III. 996 zum Papst gemacht wurde und bis 999 als Gregor V. regierte, der erste Deutsche auf dem päpstlichen Throne. Secretan nun macht mit vollem Recht darauf aufmerksam, daß meist die jüngeren Söhne zum geistlichen Stand bestimmt wurden, und daß, mag Brun bei seiner Erhebung auch noch so jung gewesen zu sein, er doch ein gewisses Alter haben mußte: Bruno ne pouvait gueres avoir moins de 30 ans, eine wohl zu hoch gegriffene Zahl. Und überdies kann Heinrich, als Bruno zum geistlichen Stand bestimmt wurde, noch gelebt haben, so daß man nicht gezwungen ist, Konrads Geburt vor derjenigen Brunos anzusetzen, wie der Verfasser tut, indem er um 964 Konrad geboren sein läßt: dergestalt allerdings wäre Konrad ungefähr 20 Jahre älter, als Mathilde III. gewesen, beinahe 40 Jahre, falls nicht eine frühere kinderlose oder nur mit kurzlebigen Kindern gesegnete Ehe angenommen wird, unvermählt geblieben. Wenn nun auch dieses anzunehmen, wie bemerkt, nicht nötig ist, ein Altersunterschied von mindestzens 10 Jahren war zwischen Konrad und Mathilde III. immerhin vorhanden.
    Konrad der Jüngere, der Sprößling dieser Ehe, mag also um 1003 zur Welt gekommen sein, vielleicht auch schon etwas früher; doch ist wohl hierbei nicht ganz außer Beachtung zu lassen, daß HEINRICH II. 1003 zu Thionville nur von der Existenz der ihm verhaßten Ehe, nicht schon von derjenigen eines Kindes aus derselben redete. Ein puer war 1012 nach Hermansn von Reichenau Ausdruck der filius Cuonradus, dem nach des Vaters Tode HEINRICH II. das von demselben inngehabte Herzogtum Kärnten nicht zuwies; als adolescens wird er durch denselben bezeichnet, als er 1019 gegen Adalbero mit seinem Veter, KONRAD DEN ÄLTEREN, die Waffen ergriff. Und als HEINRICH II. gestorben war, als es sich darum handelte, einen der beiden Konrade mit der Reichsführung zu betrauen, würde der jüngere nach dieser Berechnung nicht viel über 20 Jahre gezählt haben, währen dem älteren durch Giesebrecht ein Alter von etwa 40 Jahren zugeschrieben wird.
    Auch gegen diesen ziemlich bedeutenden Altersunterschied zwischen den beiden gleichnamigen Vettern wendet Secretan p. 232 nicht mit Unrecht ein, er vertrage sich schecht mit les relations en quelque sorte fraternelles, mit denen man die Beziehungen der Konrade zueinander zu verbinden gewohnt sei. Allein was diese innigen Bande angeht, so ist die Waffengenossenschaft von 1019 jedenfalls ebenso sehr durch "die gemeinschaftlichen Interessen" als durch die "Freundschaft" zu erklären, und hat andererseits Steindorff erst kürzlich gewiß mit Recht betont, daß die Reden bei Wipo bei Anlaß des Wahlaktes ohne Zweifel erfunden sind, in denen der ältere KONRAD seinem Vetter unter anderem omnium cognatorum meorum dilectissimus nennt. Gerade der bedeutende Altersunterschied de rbeiden läßt vielmehr eher klar werden, daß der jüngere Konrad, trotz der Partei, die für seine Erhebung war, sich von seinem älteren an Erfahrung ihm überlegenen Vetter einschüchtern und gewinnen ließ. Auch die Notiz der Annalen von Hildesheim, Konrad sei inmatura morte 1039, nur kurz nach KONRAD II. gestorben, paßt wohl zu einem Alter von etwa 36 Jahren.
    So ist denn auch nach den chronologischen Verhältnissen die schwäbische Mathilde an der bisher ihr angewiesenen Stelle in den genealogischen Tafeln ohne Frage zu behalten, und es ist die Angabe, Konrad der Jüngere sei ihr Sohn, nicht nur impossible dans toute la rigeur du mot, sondern auch nicht tres-peu problable (p. 238) [Folgende zwei Momente sprechen auch noch gegen Secretans Hypothese. Einmal ist in der schon mehrfach erwähnten Steynverlter Stammtafel die angegebene, weil in den Augen des Schreibers wichtigere Mathildis Mathilde III., nicht Mathilde II. - Als zweites ist anzuführen, daß Konrad der Jüngere, wäre seine Mutter Mathilde II. gewesen, ein Neffe König Rudolfs von Burgund gewesen wäre, also dem Erblasser von 1032 noch näher gestanden hätte als KONRAD II. nach dessen Vermählung mit Gisela (in Wirklichkeit, als Sohn der Mathilde III. ist er ein Großneffe Rudolfs): als Söhne von Schwestern Rudolfs wären 1032 Graf Odo von der Champagne und er die nächsten Erben gewesen. Allerdings nun hat Konrad der Jüngere, der sich bald nach KONRADS Erhebung mit demselben entzweit hatte, 1025 offen mit dessen Stiefsohn, Ernst II. von Schwaben, dem Großneffen König Rudolfs, dem es hauptsächlich um die Ansprüche auf Burgund zu tun war, gemeinschaftliche Sache gemacht, und als 1027 Ernst sich von neuem erhob, war Konrad "dem Kaiser weder treu, noch auch sehr schädlich", sondern "hielt sich einstweilen im Hintergrund", mußte aber dafür, nachdem Ernst sich unterworfen, gleichfalls hart büßen: während jedoch besonders 1027 Ernsts Absichten auf Burgund deutlich genug hervortraten, war Konrad 1025 wohl zumeist durch seine engen Beziehungen zu seinem Stiefvater, Friedrich, und durch denselben zu den lothringischen Dingen in die Reihen der Verschwörer gezogen worden, und hielt er sich 1027, noch mehr nach Rudolfs Absterben, als Odo, Gerold von Genf, der Erzbischof Burkhard III. von Lyon die Ansprüche KONRADS II. auf Burgund mit Waffengewalt bekämpften, von den burgundischen Angelegenheiten, so weit wir erkennen können, ferne. Das läßt sich begreifen, wenn er der Großneffe Rudolfs war; der Neffe desselben hätte wohl energischer seine Anrechte geltend gemacht.].
    Eine der Haupteinwendungen des Verfassers gegen die Mathilde III. als Gemahlin Konrads und Friedrichs lag darin, daß es nicht denkbar war, daß der Name des Gemahls einer Tochter des Königs Konrad von Burgund unbekannt geblieben sei, während die Schwestern derselben die glänzendsten Heiraten gemacht haben, eine Herzogin von Bayern, Mutter eines deutschen Kaisers, die zweite Herzogin von Schwaben, die dritte erst Gemahlin eines Rivalen Hugo Capets, dann vorübergehend Königin von Frankreich geworden sei. Daß Mathilde von Burgund vermählt war, zeigt der Brief des Grafen Raynaldus, wonach sie eine Tochter Bertha, diese einen Sohn, Geraldus Genevensis, hatte. Den Namen des Gemahls freilich wissen wir nicht, und das kann bei den zerrütteten inneren Verhältnissen des burgundischen Reiches uns nicht überraschen. Wie dieselben keine Blüte der Künste des Friedens, also auch keine historiographische Tätigkeit zum Gedeihen kommen ließen, so kann auch der Vater der Bertha schon frühe in einer der zahlreichen inneren fehden umgekommen sein. Dieses Schweigen der Quellen kann am wenigsten etwas zu besagen im Stande sein.
    Mit der Haltlosigkeit der Hypothese, die bis dahin besprochen wurde, fällt selbstverständlich auch dahin, was in Cap. VII von der Vermählung der schwäbischen Mathilde mit einem Grafen Hugo III. von Egisheim, Vetter des Eberhard III., Grafen von Nordgau, Gemahl der Bertha (von Worms, wie sie irrig benannt ist), aufgestellt ist. Dagegen ist jedenfalls der in dem Briefe genannte Urenkel des Burgundischen Königs Konrad, Geraldus Genevensis, der von Wipo im Leben KONRADS c. 32 zum Jahre 1034 erwähnte Geroldus princeps regionis illius und wohl auch der Gerolt Burgundio des Hermann von Reichenau zu 1045: jener unterwirft sich zu Genf, zugleich mit dem Erzbischof von Lyon, KONRAD II., dieser ergibt zu sich zu Solothurn HEINRICH III. Auch das Alter Gerolds stimmt zum Briefe: Graf Gerold von Genf ist gleich dem jüngeren Konrad ein Urenkel des burgundischen Konrad.
    Den Namen des Gemahls der Berthadagegen, des Schwiegersohnes der burgundischen Mathilde, liefert uns eben die schon oben berührte Stelle des Wibert. Die Nichte des letzten burgundischen Königs Rudolf (neptis Rodulfi regis Jurensis), Bertha - denn hier ist es wohl gestattet, den Brief Raynalds mit Wiberts Bericht zu verbinden - ist die Gemahlin des Gerhard, eines Sohnes des Grafen Hugo von Egisheim, und Gerhards und Berthas Sohn ist Graf Gerold von Genf. Daß dieser gegen KONRAD II. und HEINRICH III. als Großneffe König Rudolfs und als burgundischer Großer mehrmals zu den Waffen griff, ist natürlich.

    Eickhoff Ekkehard: Seite 55,117, "Theophanu und der König"

    Zur Feier des Osterfestes am 27. März 981 kamen auch Adelheids Bruder, König Konrad, und die Königin Mathilde von Burgund nach Rom.
    Für den Hochsommer 985 wurde in Metz ein Treffen geplant, auf dem Adelheid und Theophanu, Herzogin Beatrix, die Königin Emma (Adelheids Tochter, König Lothars Gemahlin), vielleicht auch Mathilde von Quedlinburg, die Äbtissin Gerberga von Gandersheim (Herzog Heinrich des Zänkers Schwester), die Königin Mathilde von Burgund (Kaiserin Adelheids Schwägerin und OTTOS III. Cousine) und Adelheid, die Gemahlin des Herzogs Hugo Capet von Franzien, gemeinsam mit Heinrich dem Zänker die schwelenden Streitfragen zwischen Mosel und Maas beilegen sollten.

    Weinfurter, Stefan: Seite 23, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten"

    Der westfränkische Königssohn Lothar erhielt OTTOS Stieftocher Emma zur Frau, und König Konrad von Burgund verband sich mit Mathilde, einer Nichte OTTOS.


    964 oo 2. Konrad der Friedfertige König von Burgund um 923-19.10.993

    Kinder:
    - Gerberga (Guepa) ca 965/66-7.7.1018/19
    um 980 1. oo Hermann Graf von Werl - 985/88
    988 2. oo Hermann II. Herzog von Schwaben um 950-4.5.1003
    - Bertha ca 967/68- nach 1010
    984 1. oo Odo I. Graf von Blois 950-12.3.996
    997 2. oo Robert II. König von Frankreich - 1004 20.7.972-20.7.1031
    - Rudolf III. ca 970-5./6.9.1032
    - Mathilde
    oo Graf (Großeltern Gerolds I. von Genf)


    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 158,164,372 K 45 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 144 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 61 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 26,67 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 42 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 47,61,64,70 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 20,55,115,117,164,302 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 64,67 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,15. Seite 169,283,287,300,321 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 65 - Hlawitschka, Eduard: Die verwandtschaftlichen Verbindungen zwischen dem hochburgundischen und dem niederburgundischen Königshaus. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte Burgunds in der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts, in: Schlögl, Waldemar und Peter Herde: Grundwissenschaften und Geschichte, Festschrift für Peter Acht; Kallmünz 1976 (Münchener historische Studien: Abteilung geschichtliche Hilfswissenschaften Band 15) Seite 28-57 - Hlawitschka, Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 47,49,77,96 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 262 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 311 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 214,224 - Schmid, Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 408,412 - Schmid Karl: Reich und Kirche vor dem Investiturstreit. Gerd Tellenabch zum 80. Geburtstag. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1985, Seite 55-56 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.): Otto III. – Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 12, 13A - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 148 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 23,220- Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 122 –

    Geburt:
    Ende 943

    Gestorben:
    26.11.

    Mathilde heiratete von Burgund, Konrad in 964. Konrad wurde geboren um 923; gestorben am 19 Okt 993; wurde beigesetzt in Vienne [38200],Isère,Rhône-Alpes,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 275. von Burgund, Gerberga  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 965/966; gestorben am 7 Jul 1018/1019.
    2. 276. von Burgund, Berta  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 964/965; gestorben nach 1010.
    3. 277. von Burgund, Rudolf III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 970; gestorben in Sep 1032; wurde beigesetzt in Lausanne [1000],Waadt,Schweiz.
    4. 278. von Burgund, Mathilde  Graphische Anzeige der Nachkommen

  31. 211.  von Frankreich, Ludwig Graphische Anzeige der Nachkommen (168.Ludwig10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in Dez 948; gestorben am 10 Nov 954 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Frankreich; Prinz von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig
    Prinz von Frankreich
    Dez. 948-10.11.954 Laon
    3. Sohn des Königs Ludwig IV. der Überseeische von Frankreich und der Gerberga von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 472, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 73

    Ludwigs Geburt gibt Brandenburg mit 948 an. Das Datum läßt sich auf 948 XII präzisieren, denn Flodoard, dessen Genauigkeit und Gleichzeitigkeit bekannt sind, berichtet die Geburt im letzten Satz eines (im Druck) mehrseitigen Jahresberichtes.

    Glocker Winfrid: Seite 284, "Die Verwandten der Ottonen und ihe Bedeutung in der Politik"

    V, 18 Ludwig
    * 948 XII, + 954 vor IX 10

    Von der Geburt eines Sohnes König Ludwigs IV., der den Namen des Vaters erhielt, berichtet Flodoard am Endes seines Jahresberichtes zu 948, Seite 121.
    Laut dem Reimser Annalisten starb der kleine Ludwig kurz vor dem Tod seines Vaters im Jahr 954 (Seite 138).

    Literatur:
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihe Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,18 Seite 284 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 211 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 472 -


  32. 212.  von Niederlothringen, Karlvon Niederlothringen, Karl Graphische Anzeige der Nachkommen (168.Ludwig10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 953 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; gestorben am 22 Jun 992; wurde beigesetzt in Maastricht,Limburg,Niederlande,Niederlande.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; Graf von Laon
    • Titel/Amt/Status: Frankreich; König von Frankreich
    • Titel/Amt/Status: 977-992, Niederlothringen; Herzog von Nieder-Lothringen

    Notizen:

    Karl
    Herzog von Nieder-Lothringen (977-992)
    König von Frankreich
    Graf von Laon
    Sommer 953 Laon - 22.6.992 Begraben: Servatiuskirche zu Maastricht

    Jüngerer Sohn des Königs Ludwig IV. von Frankreich und der Gerberga von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 993

    Karl, Herzog von Nieder-Lothringen 977-991
    * 953 Laon , + 991
    Jüngerer Sohn König Ludwigs IV. 'Ultramarinus' von W-Franken (Frankreich) und der Gerberga, der Schwester OTTOS I.

    Karl war Bruder von König Lothar (954-986) und Onkel des letzten regierenden westfränkischen KAROLINGERS, Ludwig V. (986-987).
    Er wurde im Jahre 954 gegen karolingische Gepflogenheiten vom Thron ausgeschlossen. Zweimal versuchte er, ohne Erfolg, die Hand auf das 'regnum Lotharii' zu legen: um 975, erneut 985. Aus der Francia entfernt, erhielt er von OTTO II. 977 das Herzogtum Nieder-Lothringen. Karl, der stets ein Opfer der wechselhaften Beziehungen zwischen dem westfränkischen/französischen und dem deutschen Königtum blieb, proklamierte sich 979, anläßlich des W-Frankenzuges OTTOS II., in Laon zum König, scheiterte aber, da er wegen seiner Mißheirat und seiner Abhängigkeit von den OTTONEN bei großen Teilen des westfränkischen Adels und beim Episkopat auf Ablehnung stieß. Ein letzter Versuch, das Königtum zu erringen, richtete sich 987 gegen Hugo Capet; Karl nahm 987 Laon, 989 Reims ein, geriet aber 991 in Laon in die Gefangenschaft Hugos, in der er starb.
    Drei Fragen in Karls Laufbahn sind strittig:
    1. Das Problem, ob er Herzog nur von Nieder-Lothringen oder aber des gesamten, ungeteilten Lothringen war. Bleibt Karls Rolle als Herzog unklar (von ihm ausgestellte Urkunden fehlen, und in den ottonischen Königsurkunden ist er nicht genannt), so kann doch angenommen werden, dass das vorher und nachher vakante Herzogtum für Karl und seinen Sohn Otto (991-1006/12) provisorisch wiederbelebt wurde, als ein Instrument ottonischer W-Politik.
    2. Die Frage des Begräbnisortes Karls und seines Sohnes Otto, als der traditionell St. Servatius in Maastricht gilt, ist Gegenstand einer (auch mit archäologischen Argumenten geführten) Kontroverse).
    3. Umstritten ist ferner die Frage, ob Karl für die Stadtentwicklung Brüssels eine Rolle gespielt hat (angeblicher Bau eines Castrums um 980, das ihm aber erst in späten Quellen, seit dem 14. Jh. zugeschrieben wird).

    Literatur:
    W. Kienast, Der Hzg.stitel in Frankreich und Dtl., 1968 - W. Mohr, Gesch. des Hzm.s Lothringen, I, 1974

    Werner Karl Ferdinand: Seite 472, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 74

    Die genaue Todeszeit Karls ist uns nicht bekannt. Daß er 991 III 30 in die Hände König Hugos geriet und in die Haft nach Orleans gebracht wurde, wo er starb, ist alles, was wir sicher wissen. Die von Brandenburg gebotenen Grenzdaten nach 992 und vor 995, was auf 993/94 hinausliefe, beruhen nicht auf positiven zeitgenössischen Angaben.
    Zur späteren Beisetzung Karls in St. Servatius in Maastricht, wo auch Karls Sohn Otto seine Grablege hatte, vgl. Uhlirz 135, Anmerkung 24.
    Karl hatte 976-978 die Rebellion der REGINARE gegen Kaiser OTTO II. unterstützt und am Vorstoß auf Aachen teilgenommen. 977 beschuldigte er seine Schwägerin, Königin Emma, des Ehebruchs mit dem soeben eingesetzten Bischof Adalbero von Laon und wurde deswegen aus Frankreich verbannt. Er begab sich zu Kaiser OTTO II., der ihn im Mai mit Nieder-Lothringen belehnte. OTTO erbaute ihm eine Residenz in Brüssel und überwies einige Eigengüter in der Gegend von Brabant, was jedoch nichts an der bescheidenen Stellung Karls, dessen herzogliche Gewalt nur auf den Teil Nieder-Lothringens zwischen Maas und Schelde begrenzt war, änderte. Er nahm 978 am Feldzug OTTOS II. nach Frankreich teil. Nach dem Tode seines Neffen, Ludwigs V. von Frankreich, gelang es ihm nicht, die französische Krone zu erringen; nach Anfangserfolgen unterlag er Hugo Capet. Im Frühjahr 988 eroberte Karl die Stadt Laon im Handstreich und später spielte ihm Arnulf, sein Stiefneffe, Reims zu. Am 30.3.991 wurde Karl in Laon mit seiner gesamten Familie vom Bischof durch Verrat gefangengenommen und Hugo Capet übergeben, der ihn in Orleans inhaftierte. Karl hat die Freiheit nie wiedergesehen. Eventuell wurde er sogar ermordet.
    Sein Leichnam wurde in der Servatiuskirche in Maastricht bestattet.

    Mohr Walter: Band I Seite 47-50,52-58, "Geschichte des Herzogtums Lothringen"

    Inzwischen verfolgten die geflüchteten Reginar IV. und Lambert ihre Sache weiter. Sie suchten ihren Kampf auf eine breitere Basis zu stellen, indem sie um Bundesgenossen warben. Anklang fanden sie beim Grafen Adalbert von Vermandois, dessen Sohn Otto sich ihnen zur Verfügung stellte. Des weiteren gewannen sie Karl, den Bruder des westfränkischen Königs Lothar. Für das Haus VERMANDOIS lag wohl in diesem Bündnis die Zielsetzung, auf diesem Wege Einfluß auf das Bistum Cambrai zu gewinnen. Bei Karl ist die Veranlassung dazu vielleicht darin zu suchen, dass er etwas zurückgesetzt behandelt worden war, er hatte keinerlei Ausstattung mit Landbesitz erhalten. Für Lambert und Reginar mag das Zusammengehen mit ihm von besonderer Bedeutung gewesen sei, da von dem KAROLINGER eine moralische Wirkung auf die Haltung der Lothringer ausgehen konnte, so dass man sie leichter zum Abfall von ihrem sächsischen König bewegen würde. Es ist dabei durchaus möglich, dass Karl auf sein Mitwirken die Herrschaft über Lothringen in Aussicht gestellt wurde.
    In der 2. Hälfte des April 976 wandten sich die Verbündeten gegen Mons. Vor der Stadt machte ihnen ein verlustreiches Gefecht die Weiterführung ihres Unternehmens unmöglich, die Stadt selbst blieb ihnen verschlossen. Lediglich Otto von Vermandois konnte die kleine Grafschaft Gouy besetzen, von der aus es ihm möglich war, auf Cambrai einen Druck auszuüben. Der Kaiser war vorläufig nicht imstande, einzugreifen, er war anderwärts gebunden. Erst Anfang November 976 ist er am Rhein erschienen. Unmittelbare Anordnungen hat er indes noch nicht sofort, sondern erst im April 977 getroffen. Vermutlich weist das darauf hin, dass die Lage kompliziert geworden war. Wir wissen, dass der westfränkische König sich in dieser Zeit in der Nähe der lothringischen Grenze aufhielt, was vielleicht auf konkrete Pläne eines Eingreifens in Lothringen selbst schließen läßt. Hierzu kam eine Verschärfung der Spannung zwischen ihm und seinem Bruder Karl. Dieser äußerte nämlich Beschuldigungen des Ehebruchs gegen Lothars Gemahlin mit dem Bischof von Laon. Motive für dieses Vorgehen lassen sich nicht erkennen. Lothar schritt jetzt zur Verbannung seines Bruders.
    Der Kaiser wird sich also der Möglichkeit eines Eingreifens des westfränkischen Königs in Lothringen gegenüber gesehen haben, das sich zugunsten von Lambert und Reginar ausgewirkt haben würde. An diesen Faktoren wird sich OTTOS Politik orientiert haben, denn nur so sind die Beschlüsse zu erklären, die er jetzt faßte. Lambert und Reginar erhielten ihre Besitzungen zurück. Lambert wählte seine Residenz in Löwen. Reginar übernahm den Hennegau, jedoch verblieb dort das feste Mons noch im Besitz des Grafen Gottfried, der wahrscheinlich außerdem die Grafschaft Verdun erhielt. Das wichtigste aber war es, dass Karl als Herzog im lothringischen Gebiet eingesetzt wurde. Ein unmittelbares Zeugnis über den Zustand besitzen wir lediglich in einem Brief des Bischofs Dietrich von Metz an Herzog Karl, der aus dem Jahre 984 stammt, durch den die Sachlage aber nicht klarer wird. Der Bischof hält dem Herzog vor, er verberge sich in einem kleinen Winkel Lothringens und rühme sich dabei in übermäßigem Stolz, ganz Lothringen voranzustehen. Das macht es also nicht ausgeschlossen, dass Karl Rechte erhielt, die sich auf ganz Lothringen erstrecken konnten.
    Eine Möglichkeit zur Klärung dieser Frage ergibt sich vielleicht daraus, dass Herzog Friedrich von Ober-Lothringen in dieser Zeit gestorben ist. Wir besitzen keine Angaben über sein Todesdatum. Sein letztes, sicher bezeugtes Auftreten liegt im Mai 977 bei der Anwesenheit des Kaisers in Diedenhofen. Man hat zwar angenommen, bei der gleichen Gelegenheit sei Karl zum Herzog von Nieder-Lothringen ernannt worden, doch ist das reine Spekulation, die durch nichts bewiesen werden kann. Der Zeitpunkt für Karls Ernennung wird uns durch den zu Beginn des 11. Jahrhunderts schreibenden Sigebert von Gembloux gegeben. Es bleibt danach die Möglichkeit, dass nach dem Tode Herzog Friedrichs Karl zum Herzog ernannt wurde, um in Lothringen die herzoglichen Aufgaben durchzuführen, weil Friedrichs Sohn Dietrich noch minderjährig war. Zwar hat dessen Mutter Beatrix die Vormundschaft übernommen, aber in ihrer politischen Tätigkeit läßt sie sich erst seit Juni 983 feststellen, als sie in einer in Verona ausgestellt Urkunde OTTOS II. mit dem Titel dux Beatrix erscheint. Da diese Urkunde außerhalb der Kanzlei verfaßt wurde, drückt sich darin wohl die Absicht Beatrix zur Aufrechterhaltung der Nachfolge ihres Hauses in Lothringen aus, vielleicht sogar mit einer Wendung gegen Karl von Nieder-Lothringen.
    Indes können wir mit Karl von Nieder-Lothringen immerhin die Geschichte eines eigenen Herzogtums Nieder-Lothringen beginnen lassen. Er nahm in Brüssel seine Residenz. Seine Begünstigung durch den Kaiser mußte dem westfränkischen König als eine Bedrohung erscheinen. Immerhin hat Karl zumindest später auch Absichten auf das westfränkische Königtum gezeugt, worin er durch OTTO II. unterstützt wurde. Von solchen Faktoren muß man wohl ausgehen, um den Zug zu erklären, den Lothar im Jahre 978 nach Lothringen unternahm.
    Lothars Gründe hierfür werden in den Quellen unterschiedlich angegeben. Dass er Nieder-Lothringen zum Ziel wählte, kann unter Umständen durch eine Aufforderung von Lambert und Reginar bedingt gewesen sein. Immerhin läßt die von ihm in Lothringen eingeschlagene Politik gerade vermuten, dass er sich auf eine beachtliche Unzufriedenheit der Lothringer über die ostfränkische Herrschaft zu stützen gedachte. Ob indes auf der anderen Seite der neue Herzog Karl Sympathien in Nieder-Lothringen gefunden hat, läßt sich nicht erkennen, aber möglicherweise hat hier ein Fehlschlagen der kaiserlichen Politik für Reginar und Lambert den Anlaß gegeben, die Verbindung zu König Lothar wieder aufzunehmen.
    Lothar zog wahrscheinlich in den Raum Lüttich-Maastricht, wo er die Maas erreichte. OTTO war inzwischen von Sachsen nach Aachen gekommen, worüber Lothar offensichtlich beim Überschreiten der Maas Nachricht zukam. Darauf erkannte man im westfränkischen Lager die günstige Gelegenheit eines Überfalls, da der Kaiser ohne Heer gekommen war, und änderte dementsprechend die Disposition. OTTO konnte sich beim Herannahen seiner Gegner gerade noch durch schleunige Flucht retten, das westfränkische Heer fand den Palast fand den Palast in Aachen leer. Das westfränkische Heer hat den Aachener Palast geplündert.
    Lothar wandte sich jetzt nach Ober-Lothringen. Von dem dortigen Herzog Friedrich ist uns für die anfänglichen Regierungsjahre OTTOS II. weiter nichts überliefert, er war inzwischen gestorben. Die Stellung seines unmündigen Sohnes und Nachfolgers ist für diese Zeit noch ungewiß, seine Mutter Beatrix hat eine politische Rolle erst später gespielt. Immerhin wird sie schon damals die Ansprüche ihres Hauses in Lothringen zu behaupten gesucht haben. Falls die Vermutung stimmt, dass Karl von Nieder-Lothringen sich als zuständig für ganz Lothringen betrachtete, ließe sich von dieser Seite her der Zug Lotharsvielleicht erklären. Denn Beatrix war ja die Schwester Hugo Capets, deshalb vielleicht erhoffte sie über ihren Bruder vom westfränkischen König eine entsprechende Hilfe. Lothar wandte sich bei seiner Aktion gegen Metz, dessen Bischof Dietrich zum Kaiser hielt.
    Auf dem Gegenzug des Jahres 978 wurde Karl nach der Einnahme der Stadt Laon durch die Überredung der kaiserlichen Partei zum Gegenkönig erhoben.
    Nach dem Tode OTTOS II. kam es zu einer Annäherung zwischen Karl und seinem Bruder Lothar, als dieser die Vormundschaft über OTTO III. anstrebte.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Da der kinderlose Ludwig V. nur von zwei illegitimen Brüdern namens Arnulf und Richard überlebt worden war, konnte der karolingische Geblütsanspruch allein von König Lothars Bruder Karl, dem lothringischen Herzog, verfochten wurden. Er war damals 34 Jahre alt und mit Adelheid, vermutlich einer Tochter Graf Heriberts III. von Troyes, verheiratet, mit der er mehrere Kinder, darunter einen Sohn Otto, hatte. Wenn daraus nicht die neue Königsfamilie geworden ist, so deshalb, weil Karl seine Machtbasis jenseits der Reichsgrenzen, im "Ausland" gewissermaßen, hatte und in W-Franken ohne ausschlaggebenden Anhang war. Für ihn trat nicht nur keine Königin-Witwe ein wie Gerberga 954 für Lothar, sondern seine Schwägerin Emma war seit Jahren zutiefst mit ihm verfeindet; anders als früher ergriff auch der Erzbischof von Reims nicht die Partei dieses KAROLINGERS, und am ottonischen Hof bestand schon um Lothringen willen kaum Neigung, seine Thronkandidatur zu begünstigen, was zugleich für Hugo Capet jede Zurückhaltung erübrigte. Sämtliche Faktoren, die in der Vergangenheit westfränkischen KAROLINGERN auch aus schwächerer Position heraus die Nachfolge im Königtum ermöglicht hatten, entfielen diesmal, ja waren in ihr Gegenteil verkehrt. So bedurfte es auf der Wahlversammlung im Juni 987 in Senlis gar nicht der von Richer referierten, sachlich fragwürdigen Einwände Adalberos von Reims gegen Karl, er habe sich in den Diensten eines externus rex begeben und unter seinem Stand geheiratet, um die Entscheidung zugunsten Hugos, des mächtigsten der bisherigen Lehnsfürsten, zu lenken, der dann am 3.7. in Noyon gekrönt wurde. Kennzeichnend für den politischen Rahmen war, dass Hugo sogleich den Hochverratsprozeß gegen Adalbero niedergeschlagen hatte und die Besetzung von Verdun aufgab, nachdem Graf Gottfried bereits vor der Krönung freigelassen worden war.
    Erst nachdem Hugo Capet Weihnachten 987 seinen Sohn Robert in Orleans zum Mitkönig gekrönt hatte, regte sich der überspielte Karl von Lothringen zum Kampf für seine Thronrechte, indem er im Frühjahr 988 im Handstreich die Königsstadt Laon einnahm, wobei ihm verräterische Hilfe seines Neffen Arnulf, eines Reimser Klerikers und vorehelichen Sohnes König Lothars, zustatten kam. Falls er gehofft hatte, damit einen allgemeinen Umschwung zu seinen Gunsten einzuleiten, sah er sich bald enttäuscht, denn sein aktiver Anhang blieb spärlich und umfaßte im französischen Hochadel offenbar nur den Grafen Heribert IV. von Troyes (seinen mutmaßlichen Schwager) und Odo I. von Blois, die schon seinem Bruder Lothar eifrig zur Seite gestanden hatten. Immerhin vermochte er Laon, wo ihm die verhaßte Schwägerin Emma und der dortige Bischof Adalbero (Azzelin), ein Neffe des Reimser Metropoliten, in die Hand gefallen waren, auch gegen zweimalige Belagerung zu behaupten, zu denen die Könige Hugo und Robert im Sommer und Herbst 988 anrückten. Es wäre wohl beim zähen Ringen um diese befestigte Stadt geblieben, wenn die KAPETINGER nicht Anfang 989 nach dem Tode Adalberos von Reims den schwer verständlichen Entschluß gefaßt hätten, ausgerechnet den erwähnten Kleriker Arnulf als Erzbischof einzusetzen. Entgegen allen geleisteten Eiden sorgte dieser nämlich nicht für die erwartete Spaltung in Karls Gefolgschaft, sondern übergab im Herbst 989 die Stadt an seinen Oheim. Obgleich auch danach keine förmliche Königswahl und Königskrönung zustande kam, war Karl durch den Gewinn von Reims samt den Vasallen und Besitzungen der dortigen Kirche in einer deutlich gebesserten Position, der Hugo militärisch nicht beizukommen verstand.
    Zu Fall brachte den KAROLINGER erst "das schwärzeste Verbrechen des Jahrhunderts" (W. Kienast): Bischof Adalbero von Laon, der sich Karls Vertrauen erschlichen hatte, öffnete in der Nacht vom 29./30.3.991 unversehens die Tore der Stadt und gab ihn damit in die Gewalt seiner Feinde. Als Aufrührer wurde er zusammen mit seiner Frau Adelheid, dem Sohn Ludwig und den Töchtern Gerberga und Adelheid in einen "festen Turm" König Hugos in Orleans verbracht, wo er zu einem unbekannten Zeitpunkt ums Leben kam. Gesichert scheint zu sein, dass die Familienangehörigen nach Karls Tod von weiterer Haft verschont blieben. Die beiden Töchter sind später als Ehefrauen lothringischer Grafen bezeugt, während der junge Ludwig 995 noch einmal erwähnt wird im Zusammenhang eines vagen Plans Adalberos von Laon, OTTO III. gegen die KAPETINGER ins Land zu rufen.

    Glocker Winfrid: Seite 187-201, Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    Karl, Herzog von Nieder-Lothringen
    Sommer 953- nach 991

    Der vorletzte Nachkomme KARLS DES GROSSEN in der rein männlichen Linie trug - Ironie des Schicksals - den Namen seines bedeutenden Ahnen, der der Begründer des mittelalterlichen Kaisertums gewesen war. Nomen est omen: unser Karl nahm so auch wirklich eine ganz besondere Mittlerrolle zwischen den beiden Nachfolgestaaten des einstigen KARLS-Reiches ein.
    In Karls Sohn Otto, der dem Vater im niederlothringischen Herzogtum nachfolgte, verloschen die KAROLINGER beinahe unbeachtet. Bezeichnenderweise kennen wir weder von Karl von Nieder-Lothringen noch von seinem Sohn das genaue Sterbejahr.

    1. Zur Herkunft Karls, des späteren niederlothringischen Herzogs

    Die beiden letzten Kinder des westfränkisch-französischen Königspaares, König Ludwig IV. und der Gerberga, waren Zwillinge; sie kamen 953 zur Welt. Die zwei Knaben erhielten die Namen ihrer Großväter von väterlicher und mütterlicher Seite, Karl nach König Karl dem Einfältigen und Heinrich nach König HEINRICH I., die Namen der beiden Herrscher, die immer wieder um den Besitz Lothringens in Konflikt geraten waren. Der schon lange währende Kampf um dieses karolingische Stammland war so dem späteren niederlothringischen Herzogs bereits in die Wiege gelegt.
    Und auch die erste Quellennachricht, in der uns Karl (abgesehen von der Meldung der Geburt des Zwillingspaares) entgegentritt, zeigt uns seine familiäre Bindung an die beiden herrschenden Familien des ost- und des westfränkischen Reiches. Die Königin Gerberga brachte nicht nur ihren ältesten Sohn, König Lothar, zum Familientag in Köln im Juni 965 mit, sondern auch ihren jüngsten Sohn Karl, der noch nicht erwachsen war. Auf diesem Hoftag präsentierte sich Kaiser OTTO DER GROSSE in seiner neuen Würde, und es wurde die Ehe zwischen König Lothar und Emma, der Stieftochter OTTOS DES GROSSEN (aus der ersten Ehe der Kaiserin Adelheid), vereinbart.

    2. Herzog von Nieder-Lothringen

    Die westfränkischen Könige hatten ihren Anspruch auf Lothringen nie aufgegeben. So versuchte König Ludwig IV. in einer militärischen Aktion 939 die Rückgewinnung des alten karolingischen Stammlandes und heiratete, als er sich zurückziehen mußte, die lothringische Herzogs-Witwe Gerberga, um auf diese Weise seine Ansprüche zu bekräftigen. Der erstgeborene Sohn des französischen Königspaares erhielt den programmatischen Namen Lothar. Doch während der folgenden Jahre drängte die Schwäche des westfränkischen Königtums und die verwandtschaftliche Beziehung der drei Geschwister Brun, Gerberga und Hadwig dieses alte Ziel westfränkischer Politik immer mehr in den Hintergrund, wenn es auch im Bestreben Bruns, westfränkischen Ansprüchen auf Lothringen vorzubauen, weiter thematisiert wurde.
    Erst als mit dem Tod Kaiser OTTOS DES GROSSEN auch der letzte Protagonist einer auf patriarchalischen Vorstellungen ruhenden Oberhoheit des ostfränkisch-deutschen über das westfränkisch-französische Reich verstorben war, konnte Lothringen wieder in das Blickfeld der Politik der westfränkischen KAROLINGER rücken.
    Es ist nicht ersichtlich, wie die Verhältnisse in Lothringen nach dem Tode Bruns, des lothringischen "archidux", organisiert wurden. Anscheinend bestand aber das Gesamtherzogtum Lothringen weiter fort. Nach dem Tode Kaiser OTTOS DES GROSSEN riefen lothringische Große die Söhne Graf Reginars III. vom Hennegau, Reginar IV. und Lambert, nach Lothringen zurück, aus dem sie im Jahr 958 durch Erzherzog Bruno vertrieben worden waren. Es ist gut möglich, dass die lothringischen Großen hiermit an die Tradition Herzog Giselberts, des Großonkels von Reginar IV. und Lambert, anzuknüpfen versuchten. Den REGINAR-Söhnen gelang es, die Familienbesitzungen zurückzuerobern, doch konnten sie sich nur kurze Zeit halten. In einem Winterfeldzug Anfang 974 vertrieb sie Kaiser OTTO II. aus dem Land. Reginar und Lambert entkamen in das westfränkische Reich, wo sie neue Bundesgenossen für ihre Unternehmen suchten; es gelang ihnen, Otto, den Sohn des Grafen Albert I. von Vermandois, und Karl, den Bruder König Lothars, zu gewinnen. Das Ziel der Vermandoiser Grafen war es, auf diesem Weg Einfluß im Bistum Cambrai zu gewinnen. Karl hingegen war von seinem Bruder, König Lothar, zurückgesetzt behandelt worden und hatte zudem keinerlei Ausstattung mit Besitz erhalten. Es mag sein, dass gerade auch Karl als Königssohn ein seiner Würde entsprechendes Betätigungsfeld vermißte, was ihn - ähnlich wie es zu Beginn der Regierungszeit OTTOS DES GROSSEN beim Königsbruder Thankmar zu beobachten ist - zu Taten trieb, die gemäß dem Adelsethos seinen hohen Rang bestätigen und noch erhöhen sollten. Für Reginar und Lambert dürfte die Teilnahme des Königsbruders Karl an ihren Aktionen die Hoffnung auf eine deutlich erhöhte Legitimität in den Augen der lothringischen Großen bedeutet haben - war doch Karl ein Sohn der früheren Herzogs-Gattin Gerberga! Ob überdies ein Wissen und heimliches Einverständnis König Lothars bei der Aktion der REGINAR-Söhne und/oder bei der Beteiligung seines Bruders bestanden hat, ist in der neueren Literatur strittig. So vertritt Wolfgang Mohr die These, wie sie seit dem Buch von Ferdinand Lot gesichert erschien, es habe sich bei Karls Aktion um ein eigenständiges Vorhaben gehandelt, da das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern schlecht gewesen sei. Walter Kienast und Bernd Schneidmüller hingegen verfechten die Ansicht, König Lothar müsse auf Grund seines Legitimitätsdenkens bezüglich Lothringens und vor allem wegen des reichen lothringischen Kirchengutes zumindest die Aufstände der lothringischen Adligen, wenn nicht sogar seinen Bruder Karl selbst, unterstützt haben. Die These von Mohr ist aber einsichtiger, da das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern als strapaziert bezeugt ist: hatte doch der eine die Königswürde geerbt, während der andere durch die "Unteilbarkeit des Reiches" leer ausgegangen war, wobei ähnlich wie beim Regierungsantritt König OTTOS I. im O-Reich nun auch im W-Reich durch die starke Position der Fürsten nicht die Möglichkeit bestand, den unversorgten Königssohn mit einer seiner Würde entsprechenden Stellung auszustatten. So erinnert auch die Reaktion Karls an Ekkehardus filius Liudolfi und dessen "mori maluere", das wir in einem früheren Kapitel schon kennengelernt haben.
    Im April 976 wandten sich die Verbündeten gegen Mons, das die REGINAR-Söhne als den Mittelpunkt des ihnen zu Unrecht vorenthaltenen Besitzes betrachteten. Ein verlustreiches Gefecht zwang sie jedoch zum Rückzug. Weder König Lothar noch Kaiser OTTO II. griffen ein - diesem waren ohnedies die Hände durch den beginnenden Zänker-Aufstand gebunden -, und so hatten die Auseinandersetzungen den Charakter eines Kampfes örtlicher Gewalten.
    Erst im November dieses Jahres 976, nach Abschluß der Aktion gegen Heinrich den Zänker, begab sich der Kaiser an den Rhein. Konkrete Maßnahmen wurden jedoch nicht ergriffen, was die Vermutung nahelegt, dass es zu Verhandlungen zwischen dem O- und dem W-Reich gekommen ist; diese Vermutung läßt sich zu einer gewissen Wahrscheinlichkeit verdichten, da auch für König Lothar die Anwesenheit im lothringischen Grenzraum bezeugt ist. Eine Regelung der Streitigkeiten wurde freilich erst im April des folgenden Jahres 977 getroffen: Reginar IV. und Lambert wurden wieder in den alten Familienbesitz eingesetzt - das zentral gelegene Mons verblieb freilich in den Händen des Grafen Gottfried, dem es nach dem Beginn der Aktionen der REGINAR-Söhne 974 übertragen worden war. Für die weitere Entwicklung folgenschwer war jedoch die Ernennung Karls, des Bruders des westfränkisch-französischen Königs, zum Herzog. Es muß hier eindringlich darauf aufmerksam gemacht werden, dass uns durch keine auch nur einigermaßen zeitgenössische Quelle überliefert wird, welchen genaueren Amtsbereich Karl nun eigentlich übertragen erhielt. Das einzige zeitlich nahe Dokument, ein Brief des Bischofs Dietrich von Metz an Karl in der Briefsammlung des Gerberts von Aurillac, in dem Dietrich Karl vorwirft, sich lediglich in einem Winkel Lothringens versteckt zu halten und sich doch des Besitzes von ganz Lothringen zu rühmen, ist wegen der Polemik dieses Schreibens für die Klärung unserer Fragestellung nicht zu verwenden. Die etwa 80 Jahre nach den Ereignissen verfaßten "Gesta episcoporum Cameracensium" schreiben, Karl sei das diesseitige Lothringen übertragen worden, während der rund weitere 60 Jahre später arbeitende Sigibert von Gemblaux berichtet, Karl habe im Jahr 977 das Herzogtum Lothringen (also offenbar ganz Lothringen) übertragen bekommen. Ein möglicher Lösungsvorschlag zur Kombination der beiden Quellen wäre, eine anfängliche Übertragung nur des niederlothringischen Bereiches anzunehmen, dem dann nach dem Tod Herzog Friedrichs von Ober-Lothringen auch noch dieser Zuständigkeitsbereich hinzugefügt worden wäre. Beatrix, die Witwe Herzog Friedrichs, ist erst 983 als politisch aktiv bezeugt: sie erscheint in einer außerhalb der Kanzlei ausgestellten Kaiserurkunde als "dux Beatrix".
    Kaiser OTTO II. versuchte die Unruhen in Lothringen dadurch beizulegen, dass er den REGINAREN ihren Familienbesitz zurückgab und Karl mit dem Herzogtum in Nieder-Lothringen belehnte. Der Kaiser nutzte also geschickt den Konflikt unter seinen Vettern, um so einer möglichen Einflußnahme vorzubeugen. Die Stellung Karls zwischen dem ost- und westfränkischen Reich entspricht auch seiner Stellung innerhalb der Herrscherfamilie der KAROLINGER und OTTONEN. Die Forschung rechnet wohl etwas zu voreilig Karl einfach der karolingischen Sippe zu, der er von der väterlichen Seite angehört hat, und vergißt dabei, dass er von der mütterlichen Seite der OTTONEN-Dynastie entstammt; diese Tatsache muß nach der Einflußnahme Bruns von Köln in familärer Gemeinschaft mit seinen Schwester Gerberga und Hadwig, ein Jahrzehnt vor den Ereignissen in Nieder-Lothringen, dem Bewußtsein der Akteure gegenwärtig gewesen sein. Wie die verschiedenen Arbeiten von Karl Schmid deutlich genug gezeigt haben, war neben dem väterlichen auch ein mütterliches Herkunftsbewußtsein lebendig. So ist neben der Spitze gegen König Lothar, die schon die "Gesta episcoporum Cameracensium" als Grund für dieses Handeln Kaiser OTTO II. nennen, die Zugehörigkeit Karl zum Kreis der mit dem Kaiser verwandten Adligen als ein Grund für dessen Amtsstellung in Lothringen zu sehen, und in unserer Sichtweise verliert dieser Lösungsversuch den Charakter des "Ungewöhnlichen".
    Karl wurde mit Grafschaftsrechten in der Gegend von Brüssel ausgestattet, die wahrscheinlich schon Herzog Giselbert, der erste Gemahl von Karls Mutter Gerberga, innegehabt hatte. Seinen Lehenspflichten gegenüber Kaiser OTTO II. scheint Herzog Karl nachgekommen zu sein. Er nahm an dem Frankreichfeldzug OTTOS II. im Jahre 978 teil und wurde während des Italienfeldzuges OTTOS II. mit der Aufgabe betraut, die Grenze des Reiches im westlichen Bereich zu sichern.
    Im Jahr 978 begann König Lothar eine Aktion gegen Lothringen, die sich wahrscheinlich gegen seinen Bruder Karl richtete. Das oft vermutete Motiv, Lothar habe OTTO II. gefangennehmen wollen, scheidet nämlich aus, da sich der Kaiser zu der Zeit, als König Lothar zusammen mit seinen Großen den Feldzug vorbereitete, noch in Sachsen aufhielt. Als Beweggrund des französischen Königs erscheint wahrscheinlicher, er habe befürchtet, die Machtstellung seines Bruders in Lothringen werde die Ausgangsbasis sein, von der Karl nach der Königskrone greifen wolle. Hierfür spricht, dass Karl beim Frankreichfeldzug OTTOS II. Anspruch auf das französische Königtum erhoben hat. So dürfte König Lothar die Position seines Bruders im benachbarten Lothringen als ständige Bedrohung seiner Herrschaft erschienen sein. Der Feldzug Lothars kann aber genauso gut auf eine Aufforderung der Grafen Reginar IV. und Lambert zurückzuführen sein. Des weiteren wurde in der Forschung auch noch als Motiv das Traditions- und Legitimitätsdenken des westfränkischen KAROLINGERS vermutet. Schließlich könnte Lothar das reiche Königsgut gereizt haben, das eine Erweiterung seiner schmalen Machtbasis ermöglicht hätte.
    Erst auf seinem Feldzug wird König Lothar davon erfahren haben, dass sich Kaiser OTTO II. und seine Gemahlin in der Kaiserpfalz zu Aachen aufhielten. Dem Kaiserpaar gelang aber noch die Flucht; Lotharfielen nur die Reichsinsignien in die Hände, er gab den Palast der Plünderung frei und ließ den Adler auf dem Dachfirst drehen. Die militärischen Mittel des westfränkischen Königs reichten aber weder dazu aus, sich in Lothringen zu halten, noch dazu, den Gegenstoß Kaiser OTTOS II. im Herbst 978 zu verhindern.
    OTTO II. stieß über die alten karolingischen Königspfalzen Attigny, Soissons und Compiegne nach Paris vor. Die Pfalzen wurden zerstört und damit die Machtgrundlage des westfränkischen Königtums empfindlich getroffen. Sehr wahrscheinlich wurde Karl von Nieder-Lothringen auf dem Feldzug zum Gegenkönig eingesetzt. Ganz sicher läßt sich das aber nicht sagen, da wir als Beleg nur einen Hinweis in der Briefsammlung des Gerberts von Aurillac besitzen, der chronologisch nur schwierig und zudem nicht mit der notwendigen Sicherheit einzuordnen ist. Mit dem Zug auf Paris wäre in diesem Fall beabsichtigt gewesen, die Unterstützung Hugo Capets für den Königskandidaten Kaiser OTTOS II., nämlich Karl von Nieder-Lothringen, zu gewinnen. Gegenüber der Familienpolitik, wie sie in den Regierungsjahren König Ludwigs und in den ersten Jahren König Lothars von den Gemahlinnen König Ludwigs IV. und Herzogs Hugo der Große, Gerberga und Hadwig, zusammen mit ihren Brüdern, Bruno von Köln und OTTO DER GROSSE, praktiziert wurde, beruhte das Vorgehen Kaiser OTTOS II. nun nicht so sehr auf der mehr indirekten Ebene familiärer Beziehungen und Bindungen, sondern auf einem Legitimitätsdenken: ein Nachkomme KARLS DES GROSSEN aus der angestammten karolingischen Dynastie sollte durch ein anderes Mitglied derselben Dynastie ersetzt werden, wobei dieser aber wegen seiner Einsetzung durch Kaiser OTTO II. und wohl auch auf Grund der nur schmalen Machtbasis sich stark an das O-Reich hätte anlehnen müssen.
    Der französische Adel stand jedoch dieses Mal geschlossen hinter König Lothar, und so mußte sich OTTO II. Ende November dazu entschließen, den Feldzug abzubrechen. Bei dem Rückzug über die Aisne wurde dem ottonischen Troß eine an und für sich unbedeutende Niederlage beigebracht, die von der französischen Geschichtsschreibung zu einem gewaltigen Sieg aufgeblasen wurde: das französische regnum war dem nach Hegemonie strebenden Kaisertum nicht nur nicht unterlegen, sondern konnte es sogar besiegen. Zusammen mit dem deutschen Heer zog sich auch Karl wieder nach Nieder-Lothringen zurück.
    Das folgende Jahr sah die einzige eigenständige Aktion Herzog Karls von Nieder-Lothringen, von der wir Kenntnis haben. Gegen Ende des Jahres 979 war Bischof Tetdo von Cambrai verstorben. König Lothar hatte das Bistum Arras, das mit dem Bistum Cambrai vereinigt war, besetzt, um sich Einfluß auf Cambrai zu verschaffen. Die ottonische Partei in Cambrai rief daraufhin Karl von Nieder-Lothringen zu Hilfe, der auch kam, aber in Cambrai sehr eigenmächtig hervortrat: die "Gesta episcoporum Cameracensium" berichten, Karl habe zuerst die Grafen aus der Stadt vertrieben, dann sofort seine Gemahlin kommen lassen und mit ihr im bischöflichen Bett geschlafen, die reichen Vorräte des Bischofshofes bei Orgien vertilgt und die kirchlichen Pfründen verpraßt. Kaiser OTTO II. setzte rasch einen neuen Bischof ein und stellte dadurch seine Autorität wieder her.
    Die ungeklärte Lage König Lothars in seinem Reich bewog diesen schließlich, mit Kaiser OTTO II. den Ausgleich zu suchen. Lothar soll bei seinem Treffen mit OTTO II. im Mai 980 in Margut-sur-Chiers auf seine Ansprüche auf Lothringen verzichtet haben. Während des Italienzuges OTTOS II. blieb Karl alllerdings in seinem Herzogtum: im Indiculus loricatorum wird Karl als "custos patrie domi dimissus" bezeichnet.

    3. Der Kampf um die Vormundschaft für Otto III.

    Nach dem Tod OTTOS II. griff der französische König Lothar in den deutschen Thronstreit um die Vormundschaft für den unmündigen König ein. Über die Aktionen, dieKönig Lothar unternahm, sind wir nur durch einzelne Briefe in der Sammlung des Gerbert von Aurillac unterrichtet. Diese Quelle, eine Sammlung von Briefkonzepten, die häufig der Datierung, den Angaben zu Absender und/oder Empfänger entbehren - Gerbert verfaßte für führende Persönlichkeiten seiner Zeit Briefe -, ist nur schwer zu interpretieren; dementsprechend unsicher ist auch die Rekonstruktion des Faktenablaufs, wenn ein Brief Gerberts unsere einzige Grundlage an Quellen bildet.
    Karl von Nieder-Lothringen agierte nun offenbar gemeinsam mit seinem Bruder Lothar. Er scheint diesen in seinem Anspruch unterstützt zu haben, als der rangälteste fränkische Herrscher die Vormundschaft über den kleinen OTTO III. auszuüben. Karl nahm an einer Versammlung kaiserlich gesinnter Großer Lothringens im Februar 984 in Lüttich teil, auf der ein Pakt zur Durchsetzung der Vormundschaft des französischen Königs beschlossen wurde. Dieser Pakt war allerdings von Anfang an brüchig durch den Gegensatz zwischen zwei Beteiligten, zwischen Karl von Nieder-Lothringen und Bischof Dietrich von Metz. Dietrich brachte Karls Verhalten und Vorgehen während des Frankreichfeldzuges Kaiser OTTOS II. im Herbst 978 wieder zur Sprache und leitete daraus die Schlußfolgerung ab, Karl versuche nur, jetzt auch noch die Herrschaft über den Rest Lothringens an sich zu reißen. Dietrich wollte offenbar die alten Gegensätze zwischen den karolingischen Brüdern, König Lothar und Herzog Karl, dazu benützen, um einen festen Zusammenschluß der kaiserlichen Partei unter den lothringischen Adligen zu verhindern.
    Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen nahm König Lothar zweimal die grenznahe Stadt Verdun als Pfand ein und setzte den Grafen Gottfried, den Bruder Erzbischofs Adalbero von Reims, gefangen. Doch dieser militärische Erfolg Lotharsblieb ohne Wirkung im O-Reich, und der französische König konnte keinen Einfluß mehr auf die dortige Entwicklung gewinnen. Es sei hier, um diesen Komplex abzuschließen, noch auf die Behauptung im Brief Nr. 58 der Sammlung Gerberts von Aurillac hingewiesen, wo behauptet wird, Karl von Nieder-Lothringen sei an einer Verschwörung gegen den kleinen OTTO III. beteiligt gewesen. Es läßt sich jedoch nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, ob diesen Worten überhaupt Gewicht beizulegen ist oder ob es sich um reine Polemik handelt.
    Soweit wir sehen, hat Karl damals diejenige Partei unterstützt, die - in alter Tradition der Großen des Rhein-Maas-Landes - Lothringen an das westfränkische Reich anzuschließen suchten. Diese Zielrichtung seiner Politik hat Karl auch nach dem Tod König Lothars, seines Bruders, wie es scheint, weiterverfolgt. Auf diese Weise gewann er, wie schon bei Lothar, nun auch bei dessen Sohn, König Ludwig V., an Gewicht und Geltung. Doch da starb Ludwig V. plötzlich und ohne Nachkommen bei einem Jagdunfall.

    4. Hugo Capet und Karl von Nieder-Lothringen

    Kurz vor seinem Tod hatte König Ludwig V. noch Erzbischof Adalbero von Reims vorladen lassen, weil dieser versucht hatte, die alte ottonische Familienpolitik in Gemeinschaft mit der Königs-Mutter Emma (der Witwe König Lothars und Stiefschwester Kaiser OTTOS II.) zu erneuern. Der Erzbischof von Reims fand sich auch zu dem angesetzten Hoftag in Compiegne ein, um sich zu verteidigen, traf aber den König nur noch als einen toten Mann an. Herzog Hugo (Capet), bei dem Adalbero im Vorfeld des Hoftages um Rückhalt nachgesucht hatte, und Erzbischof Adalbero von Reims fielen nun unter den bei Compiegne versammelten Großen die Hauptrollen zu: die Anklage gegen Adalbero wurde niedergeschlagen, der Erzbischof rief eine Wahlversammlung nach Senslis ein, einem Ort, der im Machtbereich Hugo Capets lag. Karl von Nieder-Lothringen meldete als nächster Verwandter des verstorbenen Königs bei Adalbero seine Ansprüche auf die Nachfolge im Königtum an; doch dieser verwies Karl an die Wahlversammlung.
    Auf der Wahlversammlung trat Erzbischof Adalbero nun für Hugo Capet ein: Karl hingegen, so Adalbero, fehlten nicht nur die erforderlichen Herrschergaben, sondern er sei auch der Vasall eines fremden Königs und darüber hinaus mit einer nicht ebenbürtigen Frau verheiratet; und schließlich gebe es ja kein Erbrecht. Entscheidender für die Entwicklung auf der Wahlversammlung als diese Rede Adalberos dürfte die Unterstützung gewesen sein, die Hugo Capet von seinem großen Vasallenkreis und ebenso von den Anhängern Adalberos von Reims erhalten hat: Hugo wurde zum neuen König gewählt und am 1. Juli 988 in Noyon gekrönt. Eine seiner ersten Regierungshandlungen war es, den Streit mit der vormundschaftlichen Regierung der Kaiserin Theophanu zu beenden und Verdun zu räumen. Es gibt allerdings keinen Quellenbeleg dafür, dass Hugo auch einen Verzicht auf Lothringen geleistet hätte. Doch bei der politischen Gesamtlage stand der Griff nach Lothringen für König Hugo überhaupt nicht zur Diskussion. Hugo mußte zuerst einmal danach trachten, seine Herrschaft zu stabilisieren: er ließ seinen Sohn zum Mitkönig wählen und verheiratete ihn, nachdem ein Heiratsplan mit einer byzantinischen Prinzessin gescheitert war, mit Rozela/Susanne, der Tochter des von den OTTONEN gestürzten Königs Berengar II. von Italien, die nach einer Ehe mit Graf Arnulf von Flandern nun verwitwet war.
    Karl aber, der seinen Anspruch auf der Wahlversammlung nicht hatte durchsetzen können, begab sich nach Nieder-Lothringen und führte dort bei seinen Getreuen Klage darüber, man habe ihm die Königskrone vorenthalten; zugleich bereitete er auch eine militärische Aktion vor. Zu den Bundesgenossen Karls zählte neben anderen sein Neffe Arnulf, ein illegitimer Sohn König Lothars, der im weiteren Verlauf noch eine wichtige Rolle spielen sollte.
    Karl konnte die Königsstadt Laon durch Verrat in seine Hände bringen und nahm dabei Emma, die Witwe König Lothars, und Bischof Adalbero von Laon gefangen; beide zählten zu Karls Gegnern. König Hugo Capet und sein Sohn Robert versuchten im Sommer und nochmals im Spätherbst Laon zurückzuerobern, erlitten aber beide Male schwere Niederlagen. Hugo hatte zudem während der Belagerung von Laon die Kaiserin Theophanu gebeten, sie möge doch vermitteln. Theophanu machte den Kompromißvorschlag, Karl solle die Königin Emma und Bischof Adalbero freilassen, während Hugo die Belagerung der Stadt aufgeben mußte; beide Seiten sollten sich zudem zur Absicherung Geiseln stellen. Karl sah sich jetzt bereits in Griffweite des Thrones und lehnte daher den Vorschlag ab, während Hugo zugestimmt hätte.
    Im Januar 989 starb Erzbischof Adalbero von Reims. Hugo Capet wurde nun von den Versprechungen Arnulfs, des illegitimen Sohnes König Lothars, eingenommen und glaubte wohl auch, einen politisch raffinierten Schachzug zu machen: Arnulf wurde zum neuen Erzbischof von Reims erhoben, nachdem er sich durch strenge Eide auf die Partei Hugo Capets verpflichtet hatte. Bei dieser Gelegenheit erklärte König Hugo, nur das Fehlen direkter Erben König Ludwigs V. habe ihn dazu bestimmt, die Königswürde anzunehmen, und motiviere mit der karolingischen Abstammung Arnulfs dessen Wahl zum neuen Erzbischof von Reims.
    Doch noch im gleichen Jahr 989 lieferte Arnulf seinem Onkel Karl die Stadt Reims aus, wobei die Gefangennahme Arnulfs durch Karl vorgetäuscht wurde. Arnulf und seine Begleiter wurden nach Laon gebracht, wo dieses Spielchen noch eine gewisse Zeit weiterging, Arnulf aber schließlich doch den Treueid gegenüber Karl leistete. Hugo versuchte vergeblich, die Stadt Reims mit Waffengewalt wiederzugewinnen. Erst eine neuerliche List sollte Hugo doch noch den Sieg im Streit mit Karl ermöglichen.
    Bischof Adalbero von Laon, der aus der Haft Karls entkommen war, sandte Unterhändler an Arnulf, gelobte ihm Treue und Gehorsam und bat um die Aussöhnung mit ihm, seinem Erzbischof, und auch mit Karl; mit diesem kam er sogar mehr und mehr in ein Vertrauensverhältnis, er versicherte Karl seine Treue mit den heiligsten Eiden, und dies bis zum Palmsonntag, den 29. März 991. In der darauffolgenden Nacht lieferte Adalbero die Festung Laon mit Karl und Erzbischof Arnulf an König Hugo Capet aus. Karl und seine Familie wurden in den Kerker Hugo Capets nach Orleans gebracht, wo Karl - es ist nicht bekannt, zu welchem Zeitpunkt - in der Haft gestorben ist. Nur Karls ältester Sohn, Otto, war in Lothringen geblieben und folgte seinem Vater in der niederlothringischen Herzogswürde nach. Er starb wohl 1006, ohne Kinder zu hinterlassen, als letzter Nachkomme KARLS DES GROSSEN in der rein männlichen Linie.
    Für die Kaiserin Theophanu war seit dem Tode Erzbischof Adalberos von Reims die Einflußmöglichkeit im W-Reich mehr und mehr geschwunden: der Thronstreit entwickelte sich zusehends zu einer innerfranzösischen Angelegenheit. Schon im Sommer 990 hatte Hugo Capet beim Papst um die Absetzung Arnulfs wegen Treubruch nachgesucht. Als Arnulf in die Hände König Hugos gefallen war, wurde ihm auf dem Konzil von St. Basle-de-Verzy (im Juni 991) der Prozeß gemacht; Gerbert von Aurillac, der spätere Papst Sylvester II., wurde sein Nachfolger im Reimser Erzbistum. Die kaiserliche Regierung hat vielleicht versucht, durch briefliche Bitten von Reichsbischöfen den Papst zu Gegenmaßnahmen zu veranlassen. Aber kurz vor dem entscheiden Konzil zu St. Basle war die Kaiserin Theophanu verstorben, und so konnte die Reimser Angelegenheit ohne außerfranzösische Einflußnahme entschieden werden.

    5. Zusammenfassende Würdigung Karls von Nieder-Lothringen

    Herzog Karl fand in der Forschung bisher hauptsächlich als einer der letzten KAROLINGER Beachtung. Wir konnten bei unseren Überlegungen darauf aufmerksam machen, dass bei einer solchen Betrachtungsweise nur die väterliche Abstammung berücksichtigt wird, während Karl von seiner Mutterseite her den OTTONEN zuzurechnen ist, wie es auch bei der Namensgebung für die beiden älteren Kinder des niederlothringischen Herzogs abzulesen ist: diese Kinder erhielten die doch typischen OTTONEN-NamenGerberga undOtto. Insoweit ist die Erhebung Karls zum Herzog von Nieder-Lothringen nicht so sehr die Einsetzung eines Angehörigen der westfränkisch-französischen Königsfamilie in ein ostfränkisch-deutsches Grenzherzogtum zu werten, sondern eher als Einsetzung eines nahen Verwandten Kaiser OTTOS II., der darüber hinaus von seiner Mutter Gerberga her auch Bindungen an das lothringische Herzogtum vorweisen konnte.


    976 oo Adelheid, Tochter Heriberts III. von Troyes um 955- nach 991

    Kinder:

    - Otto Herzog von Nieder-Lothringen 970/75- 1006/12
    - Gerberga 970/75-27.1.1018
    985/90 oo Lambert I. Graf von Löwen ca 950-12.9.1015
    - Ludwig vor 989-nach 995
    - Karl 989-nach 991
    - Adelheid oder Ermengard - 1012
    990 oo Albert I. Graf von Namur - 1011

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohen Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 119,141,155,168 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 42 Anm. 19, 62,92 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 15,103,166 Anm. 161 - Eberhard Winfried: Westmitteleuropa Ostmitteleuropa. Vergleiche und Beziehungen. Festschrift für Ferdinand Seibt zum 65. Geburtstag. R. Oldenbourg Verlag München 1992, Seite 85-87 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 24,27,30-33,35,37 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 47,59,61,64,67,70,72-75,78,80,85 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 252,104,298,310,312-321,364,378,401,416,435 - Engels Odilo/Schreiner Peter: Die Begegnung des Westens mit dem Osten. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1993, Seite 24,31,32 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 67 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,19 Seite 187-198,244,284,298,302 - Görich Knut: Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 150 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 199,254-259,283,295-301 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 325 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992,Seite 211, 214-216,218,220-223,225 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 95,148, 151 - Weinfurter Stefan: Heinrich II. Herrscher am Ende der Zeiten. Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1999, Seite 62 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 512,522,524,526 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 155 -

    Geburt:
    Sommer

    Begraben:
    Servatiuskirche


  33. 213.  von Frankreich, Heinrich Graphische Anzeige der Nachkommen (168.Ludwig10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 953 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; gestorben in 953.

    Notizen:

    Geburt:
    Sommer


  34. 214.  von Flandern, Arnulf I. Graphische Anzeige der Nachkommen (173.Balduin10, 137.Judith9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 885/890; gestorben am 27 Mrz 965.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Boulogne-sur-Mer [62200],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Ostervant (Grafschaft),Nord-Pas-de-Calais,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Amiens [80000],Somme,Picardie,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Thérouanne [62129],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich
    • Titel/Amt/Status: Artois (Provinz),Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Artois, Boulogne(-sur-Mer), Ostrevant, Amiens und Therouanne
    • Titel/Amt/Status: Laienabt der Klöster Saint-Omer, Saint-Amand zu Elnone und Saint-Vaast zu Arras
    • Titel/Amt/Status: 918-965, Flandern,Belgien; Graf von Flandern

    Notizen:

    Arnulf I. der Große
    885/90-27.3.965
    Graf von Flandern (918-965)
    Graf von Artois, Boulogne(-sur-Mer), Ostrevant, Amiens und Therouanne
    Laienabt der Klöster Saint-Omer, Saint-Amand zu Elnone und Saint-Vaast zu Arras

    Ältester Sohn des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern und der Aelfthryd von Wessex, Tochter von König Alfred dem Großen

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1017

    Arnulf I. der Große, Graf von Flandern
    * um 900, + 27. März 965

    Arnulf I. erbte 918 den nördlichen Teil der Grafschaft Flandern. Gegen den in Ostrevant vordringenden Heribert II. von Vermandois eroberte Arnulf 930 und 931 die Festungen Douai und Mortagne, während er sich nach dem Tod des Grafen Adalhelm (932) des Artois und der befestigten Abtei St-Vaast in Arras bemächtigte. Nach dem Tod seines Bruders Adalolf (933) gliederte er im Westen das Gebiet um Therouanne und Boulogne seiner Grafschaft ein. Durch die Eroberung von Montreuil an der Mündung der Canche (948) kam der größte Teil der Grafschaft Ponthieu in seine Hände, wodurch Flandern unmittelbar an die Normandie grenzte. Wenig später zog er auch die Herrschaft über Amiens an sich, so dass sich seine Macht von der Schelde bis über die Somme ausdehnte.
    Die Sicherung seiner Ostgrenze hatte Arnulf inzwischen durch eine systematische Ehepolitik erreicht, indem er alle seine Töchter mit lothringischen oder deutschen Fürsten verheiratete.
    Nach dem frühen Tod seines einzigen Sohnes Balduin III. (+ 1. Januar 962) erhoben sich die Söhne seines verstorbenen Bruders Adalolf gegen ihren Onkel. Arnulf blieb keine andere Lösung, die Grafschaft zu retten, als sie bis zur Volljährigkeit seines Enkels Arnulfs II. dem König von Frankreich, Lothar zu übergeben. Lothar verpflichtete sich, Arnulf II. als Nachfolger von Arnulf in Flandern anzuerkennen und erhielt dafür selbst die Gebiete, die Arnulf während seiner Herrschaft erobert hatte (Ostrevant, Artois, Ponthieu und Amiens). Als Laienabt der großen Abteien seiner Grafschaft führte Arnulf mit Hilfe Gerhards von Brogne, der sie regulierten Äbten unterstellte, eine Klosterreform durch.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 20. ARNULF I., Graf von Flandern 918
    * ca. 890, + 964 27. III.
    Gemahlinnen:
    a) ? ....
    b)
    Adela von Vermandois, Tochter Heriberts II. (siehe VII. 2.) + 958/60

    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 21. Arnulf I. (der Große)

    Daten siehe Vanderkindere I, 289.
    Die Geburtszeit ist nur ungefähr zu schätzen. Ob er vorher schon mit einer anderen Frau vermählt war, wie die späte Zeit der Heirat vermuten lassen könnte. wissen wir nicht [VIa 30]
    Ergänzung: (Werner): Gemahlin: 934 Adela von Vermandois, + 960, siehe VII 2.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460 "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 30
    Auch F.-L. Ganshof, La Flandre sous les premiers comtes, Bruxelles 1949, hält Arnulfs Ehe mit Adela 934 für seine zweite Ehe.
    Zu Adelas Todesjahr, das sich gegenüber "958-960" auf 960 präzisieren läßt, siehe VII, 3.

    Althoff Gerd: Seite 394, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 32
    Lü: 27.3. Ernaldus com + 964/65 Graf von Flandern

    Durch die 961 geschlossene Ehe zwischen Mathilde (G 52), der Tochter Hermann Billungs, und dem Grafen Balduin von Flandern waren die BILLUNGER mit dem flandrischen Grafenhaus verwandt. Dies ist der Grund für die Eintragung mehrerer Angehöriger dieses Grafenhauses im Lüneburger Necrolog. Neben Arnulf, dem Schwiegervater Mathildes, finden sich: ihr Enkel Balduin (G 55) mit seiner Gemahlin Geva (G 17), sowie die Frau ihres Sohnes Susanna regina (K 48).
    Die Identifizierung des Ernaldus com vom 27.3. mit dem Schwiegervater Mathildes ist dadurch leicht unsicher, dass ihr gleichnamiger Sohn am 30.3.987 starb. Der Unterschied in den Todesdaten gibt jedoch den Ausschlag für den älteren Arnulf (vgl. Köpke-Dümmler, Otto der Große, S. 395), dessen Todesjahr in den Quellen unterschiedlich belegt ist. Arnulf I., in dessen Regierungszeit die Verbindung der Familien zustande kam, erscheint als Gefolgsmann König OTTOS DES GROSSEN in den Auseinandersetzungen mit dem französischen Königtum.
    Vgl. dazu Köpke-Dümmler, Otto der Große, passim (Register S. 596) und Vanderkindere, La Formation territoriale, S. 54 ff.
    Zum Selbstverständnis der flandrischen Grafenfamilie von der besonders Witgers Genealogia Arnulfi comitis (MGH SS 9, S. 302 f.) Auskunft gibt, vgl. Patze, Adel und Stifterchronik, S. 15-21.
    Belege des Todesdatums bei Vanderkindere, S. 289.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    ARNULF I. "DER GROSSE"
    * um 888, + 964

    Arnulf I. der Große war der mächtigste französische Feudalbaron seiner Zeit; er hatte keine Untervasallen, die seine Macht schmälern konnten und verhinderte das Aufkommen solcher Kräfte. Er nannte sich oft "Markgraf", um seine starke Stellung zu unterstreichen. Er wurde Schirmvogt der geistlichen Herrschaften seines Raumes, die dadurch auch nicht zu Konkurrenten heranwachsen konnten. Er blieb formal französischer Vasall, lehnte sich an die kaiserlichen OTTONEN an und geriet besonders gegen Hugo von Franzien und gegen die Normannen, da deren Expansionspolitik begann. Er ermordete 942 den Herzog Wilhelm von der Normandie, den er wegen Grenzstreitigkeiten zu einer Zusammenkunft nach Picquigny an der Somme eingeladen hatte. Er hielt alle Hoheitsansprüche der Herzöge von Lothringen von Flandern fern, gewann mit seiner Frau den größten Teil von Artois dazu und förderte die kirchliche Reformbewegung.

    oo ADELE VON VERMANDOIS + 960
    Tochter des Grafen Heribert II.

    Ehlers Joachim: Seite 45, "Die Kapetinger"

    Seit der Zeit KARLS DES KAHLEN gab es im Norden ein Machtzentrum um Brügge, das Graf Balduin I. (+ 879) als Schwiegersohn des Königs aufgebaut hatte. Seine Nachfolger konnten durch regionale Erfolge bei der Normannenabwehr und geschicktes Ausnutzen der Kämpfe zwischen ROBERTINERN, KAROLINGERN, den Grafen von Vermandois und dem Erzbischof von Reims, ihr Gebiet nach Süden bis Therouanne und Boulogne, nach Norden bis zur Schelde vergrößern und schließlich mit Arnulf I. (918-965) vom König den marchio-Titel erhalten.


    1. oo N.N.
    -
    933 2. oo Adela von Vermandois, Tochter des Grafen Heribert II. 910/15- 960


    Kinder:

    - Hildegard 934 - 971/72
    oo Dietrich II. Graf von Holland - 1.4.988
    - Egbert - vor 10.7.953
    - Balduin III. 940-1.1.962
    - Elftrude
    oo Siegfried Herr von Guines - 965
    - Liutgard 935-18.10.962
    950 oo Wichmann Graf von Hamaland - 14.12.973

    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 58,83,394 G 32 - Alvermann, Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel 3-7- Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,118 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 45 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 51,54,64 - Ehlers Joachim: Geschichte Frankreichs im Mittelalter. W. Kohlhammer GmbH 1987 Seite 23,49 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 63 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 34 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 120,125,128-132,223 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 Seite 77,87,119,128,129,142,144,151,153,175,283,298,306,395,582,583 - Leo Heinrich: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten, Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 12-13 - Pognon Edmond: Hugo Capet König von Frankreich. Dr. Riedeler Verlag Stuttgart 1966 Seite 80,91,164 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 277,299,307,309 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 214,225 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 6-403 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Uhlirz, Karl: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III. Verlag Duncker & Humblot Berlin 1967 Band I Seite 450-452,454 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 460 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 496 - Zimmermann, Harald: Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1976 -

    Arnulf heiratete von Vermandois, Adela in 933. Adela (Tochter von von Vermandois, Heribert II. und von Neustrien, Adele) wurde geboren in 910/915; gestorben in 960. [Familienblatt] [Familientafel]


  35. 215.  von Boulogne, Adalolf Graphische Anzeige der Nachkommen (173.Balduin10, 137.Judith9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 890; gestorben am 13 Nov 933.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Saint-Omer [62765],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Abt von Saint-Bertin
    • Titel/Amt/Status: 918-933, Boulogne-sur-Mer [62200],Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Boulogne
    • Titel/Amt/Status: 918-933, Ternois,Pas-de-Calais,Nord-Pas-de-Calais,Frankreich; Graf von Ternois

    Notizen:

    Adalolf
    Graf von Boulogne und Ternois (918-933)
    Abt von St.Bertin
    890-13.11.933

    Jüngerer Sohn des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern und der Aelfthryd von Wessex, Tochter von König Alfred dem Großen

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 21. ADOLF (ETHELWOLF), Graf von Boulogne und Ternois
    * ..., + 933 13. XI.

    Anmerkungen: Seite 118
    VI. 21. ADOLF/ADALOLF
    Vanderkindere I, 286; Folcvin, S. S. 13, 627.
    Ergänzung: (Werner):
    * ca. 890, + 13. XI. 933, 918 Graf von Boulogne und Ternois, Abt von St. Bertin
    Gemahlin: Konk. NN [VI a 31]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 31.
    Adalolf übernahm seine beiden Grafschaften Boulogne (Boulonnais) und Terouanne (Ternois) 918 beim Tode seines Vaters. Nach Adalolfs Tod brachte sein älterer Bruder Arnulf diese Grafschaften ohne Berücksichtigung der Nachkommen Adalolfs an sich (Ganshof 21).
    Man beachte, daß der Name Adalolf dem angelsächischen Aethelwulf entspricht, und ihm durch seine Mutter, die englische Königs-Tochter Aelftrud, zukam.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    ADOLF
    Graf von Boulogne-sur-Mer 918, ebenso Graf von Therouenne

    oo N.N.

    Leo Heinrich Dr.: Seite 12,13, "Zwölf Bücher niederländischer Geschichten."

    Der jüngere, Adalulf, erhielt, natürlich der Markgrafschaft untergeordnet, jene Grafschaft, welche die Gebiete von Boulogne, St. Pol, Guines, Therouenne und des Klosters des heiligen Bertin umfaßte, oder den pagus Arkensis.
    Doch wurde der Teil Flanderns, welchen vorher Adalulf erhalten hatte, und welcher nach dessen Tode wohl von Arnulf nicht wieder verliehen worden war, mit Ausnahme der Grafschaft Guines, von dem Könige Lothar an einen französischen Grafen (comes Pontacensis) Wilhelm gegeben; auch machten bei dieser Gelegenheit die Mönche des heiligen Bertins ihr Recht auf Calais geltend; doch blieb diese Seestadt wegen ihrer militärischen Wichtigkeit in weltlichen Händen und wurde nebst der Grafschaft Guines einem anderen Lehnsmanne von Frankreich, Adolph, Sigfrids Sohne, erteilt. Die Grafen von Boulogne und Guines blieben dabei wegen dieser Besitzungen Vasallen von Flandern [3 Später erbte der ganze pagus Arkensis, mit Ausnahme der an Kirchen gekommenen Territorien und der Grafschaft St. Pol, wieder zusammen, indem die Familien Wilhelms von Boulogne und Adolphs von Guines durch eine Heirat verbunden wurde. (...)





    oo N.N.


    Kinder:

    - Arnulf Graf von Boulogne um 910-31.1.972
    - Balduin (Balzo) - Vormund für Arnulf II. um 915- 973
    - ? Erniculus Graf von Boulogne



    Literatur:
    Alvermann, Andrea: Geschichte der Grafschaften, Ländereien & der Stadt Saint Pol. Übersetzung aus dem Mittelfranzösischen Kapitel Kapitel 4 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1,118 - Leo Heinrich Dr.: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten. Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 12 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 460 -

    Name:
    Adolf


  36. 216.  von Flandern, Ealswid Graphische Anzeige der Nachkommen (173.Balduin10, 137.Judith9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Ealswid von Flandern

    Tochter des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern und der Aelfthryd von Wessex, Tochter von König Alfred

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 22. EALSWID

    Anmerkungen: Seite 119
    VI. 22-23 Ealswid und Irmtrud
    Vanderkindere I, 286. [VIa 32/33]


  37. 217.  von Flandern, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (173.Balduin10, 137.Judith9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  38. 218.  von Flandern, Albert Graphische Anzeige der Nachkommen (173.Balduin10, 137.Judith9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben in 977.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 950/977, Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Bischof von Paris
    • Titel/Amt/Status: 951-977, Drongen [9031],Flandern,Belgien; Propst in Trouchiennes

    Notizen:

    Albert von Flandern
    Bischof von Paris
    - 977
    Illegitimer Sohn des Grafen Balduin II. der Kahle von Flandern

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 1, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 24. unehelich ALBERT, Bischof von Paris, ca. 950, Propst in Trouchiennes 951-977

    Anmerkungen: Seite 119
    VI. 24. Albert
    Vanderkindere I, 286f. Seine Existenz ist nicht völlig gesichert. [VIb 34]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 460, Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)

    VI. Generation 34

    Den Adalbert/Albert (ein UNRUOCHINGER-Namen), der ins flandrische Grafenhaus aus dem Geschlecht, das in diesem Raum der flandrischen Macht vorausgegangen war, vgl. Grierson, einging, ebenso wie der Name Rudolf, der, wenngleich welfisch, über die UNRUOCHINGER an das Haus FLANDERN kam) läßt Brandenburg VI, 24 um 990 Bischof von Pariss ein. Nun gab es um diese Zeit, lau Ausweis der Pariser Bischofslisten (vgl. Duchesne, Fastes 2, 465 und 468) einen Bischof Albericus, der zeitlich auf den 941 VI 5 verstorbenen Walter folgte und dem etwa 954 VI 8 nachweisbaren Constantius voraufging (vgl. P. B. Gams, Series episcoporum ecclesiae catholice, 1873, 596). Der einheitlich überlieferte Name Albericus, der im flandrischen Hause nicht begegnet, erlaubt es nicht, diesen Bischof mit dem Probst Albert zu identifizieren.

    Thiele, Andreas: Tafel 25, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa"

    ALBERT (unehelich)
    + 977
    Albert wurde 950 Bischof von Paris und Probst von Tronchienne.

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 1 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 25 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 460 -


  39. 219.  von Verdun, Kunigunde Graphische Anzeige der Nachkommen (179.Ermentrud10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 890/895; gestorben nach 923.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Verdun [55100],Lothringen,Frankreich; Gräfin von Verdun

    Notizen:

    Kunigunde Gräfin von Verdun
    890/95-2.10. nach 923

    Eventuell Tochter Reginars I. Langhals von Hennegau und der Ermentrude, Tochter von König Ludwig II. der Stammler
    Nach E. Brandenburg als Tochter der Irmtrud Enkelin des westfränkischen König Ludwigs des Stammlers

    Althoff, Gerd: Seite 419, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 143
    Me: 2.10. Cunice com Großmutter der Kaiserin Kunigunde

    Die gleiche Person ist zum gleichen Tag auch ins jüngere Necrolog von St. Maximin in Trier eingetragen worden. Angesichts der Tatsache, daß mehrere Verwandte der Kaiserin Kunigunde im Merseburger Necrolog begegnen (vgl. G 145a, G 176, K 16, G 173) und angesichts der engen Beziehungen ihrer Familie zu St. Maximin in Trier, wo ihre Eltern begraben wurden (vgl. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, Seite 64f.), liegt es zwingend nahe, in der Cunice (Kunigunde)die Großmutter der Kaiserin zu sehen (zu ihr vgl. Renn, Seite 2ff.; anders Eckhardt, Genealogische Funde, Seite 54ff.).
    Bei der Neustiftung des Gedenkens in Merseburg hat die Kaiserin Kunigunde offensichtlich dafür gesorgt, daß ihre Vorfahren in das Gedenken aufgenommen wurden, siehe dazu ausführlich oben Seite 198f.

    Brandenburg Erich: Tafel 1 Seite 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VI. 26. KUNIGUNDE

    * ca. 890, + ...
    Gemahl:
    a) vor 910
    Wigerich, Graf im Trier- und Ardennergau 902, Pfalzgraf von Aachen 916 19.I. + vor 919
    b) (ca. 920)
    Richwin, Graf von Verdun + 923

    Anmerkungen: Seite 119
    VI. 26. Kunigunde
    Über die Frage, ob Kunigunde, die Mutter des Grafen Siegfried von Luxemburg, identisch sei mit Kunigund, Gemahlin des Pfalzgrafen Wigerich und des Grafen Richwin, besteht eine ausgedehnte Literatur, von deren Aufzählung ich hier Abstand nehme, indem ich allgemein auf Parisot, Origines Seite 278f., verweise. Ich führe hier nur die Quellenzeugnisse an, welche mir dieser Identität als ausreichend gesichert erscheinen lassen. Zunächst steht fest, daß Graf Siegfrieds Mutter Kunigunde eine Tochter von Ludwigs des Stammlers Tochter Irmtrud war, Tabula genealogica S. S. 2, 314 und 9, 303; ihr Vater ist nicht bekannt. Ferner ist sicher, daß Bischof Adalbero von Metz, ein Sohn jener Kunigunde, die mit Wigerich und Richwin verheiratet war, aus ihrer ersten Ehe, urkundlich von König Karl dem Einfältigen als nepos bezeichnet wird, Cartul. de St. Lambert 1, n. 11. Sind beide Kunigunden dieselbe Person, so war er tatsächlich König Karls Großneffe (Enkel seiner Schwester Irmtrud). Sind sie nicht identisch, so müßte, da von einer Verwandtschaft Wigerichs mit den KAROLINGERN gar keine Spur vorhanden ist, die zweite Kunigunde ebenfalls eine sehr nahe Verwandte König Karls gewesen sein, was sehr wenig wahrscheinlich ist, da wir die Familienverhältnisse der französischen KAROLINGER ziemlich genau kennen und hier für die Anknüpfung einer solchen Verwandtschaft kaum eine Möglichkeit zu bestehen scheint. Es erscheint mit hyperkritisch, die einfache Lösung, die durch die Annahme der Identität beider Kunigunden geboten wird, von der Hand zu weisen.
    Sind sie aber identisch, so muß des Grafen Siegfried Vater, über den keine Überlieferung vorhanden ist, entweder Pfalzgraf Wigerich oder Graf Richwin gewesen sein, falls man nicht zu der ganz unwillkürlichen Annahme greifen will, daß Kunigunde noch einen dritten unbekannten Gatten gehabt habe. Die Kinder Wigerichs und Kunigundens, von denen wir sechs kennen (siehe Teil II, Gen. VII 57-62) müssen also seine Geschwister oder Stiefgeschwister gewesen sein. Kinder aus Kunigundens zweiter Ehe sind nicht bekannt; denn die Vermutung Schenks zu Schweinsberg (Geneal. Beiträge zur Reichsgesch. S. 8 f.), daß der 959 verstorbene Herzog Gottfried von Lothringen dieser Ehe entsprossen sei, muß wegen unzureichender Begründung abgelehnt werden. Nun wird aber Graf Siegfried in den Briefen des Erzbischofs Gerbert (ed. Havet lettres n. 51, 52) als patruus des Grafen Gottfried von Verdun bezeichnet, der ein Sohn Gozelos, Sohnes des Pfalzgrafen Wigerich war (s. Teil II, Gen. VIII 72), was wieder nur zutrifft, wenn er Gozelos Bruder oder Stiefbruder war. Diese Argumente erscheinen mir als völlig durchschlagend; es müssen aber noch einige Umstände erwogen werden, die gegen diese Annahmen zu sprechen scheinen. Hier ist zunächst die Frage zu stellen, ob nicht die Altersverhältnisse der Kunigunde dagegen sprechen. (So namentlich Vanderkindere 2, 329 f.) Da ihre Mutter Irmtrud etwa um 870 geboren sein kann (siehe oben V 25), so kann Kunigunde um 890 (sogar etwas früher) zur Welt gekommen sein; sie hat Wigerich vor 910 geheiratet und ihm, der zwischen 916 und 919 starb, mindestens fünf Kinder geboren war also zur Zeit ihrer zweiten Vermählung um 920 etwa 30 Jahre alt. Hier liegt also nicht die geringste wirkliche Schwierigkeit vor. Ferner wird geltend gemacht, Graf Siegfried, der erst 963 zum ersten Mal vorkommt und 998 starb, könne nicht wohl der Sohn dieser Kunigunde sein, weil man seine Geburt um 940 ansetzen müsse. Es liegt aber gar kein Grund vor, warum Siegfried nicht älter gewesen sein könnte. Daß wir zufällig keine Nachricht von ihm vor 963 haben, kann in dieser nachrichtenarmen Zeit nicht auffallen; jedenfalls war er damals schon verheiratet; sein ältester Sohn Heinrich kommt schon 964 vor (Mittelrhein. U.B. I, n. 220); der Sohn, welcher am längsten lebt, Erzbischof Albero von Trier, ist zwar erst 1055 gestorben, kann aber sehr wohl um 975 geboren sein, wenn des Vaters Geburt um 920 fällt. Allerdings sprechen die chronologischen Erwägungen stark dafür, daß Graf Siegfried aus Kunigundens zweiter um 920 geschlossener Ehe stammte und etwa 922 oder 923 (in welchem Jahr Graf Richwin starb) geboren war; er würde dann selbst etwa 78 Jahre alt geworden sein. Ich sehe demnach auch in diesen Erwägungen keinen stichhaltigen Gegengrund. Für Richwins Vaterschaft scheint mir noch zu sprechen, daß 963 18. V. neben Siegfried in einer Urkunde der Gräfin Uta, des oben erwähnten Bruders oder Stiefbruders Gozelo Witwe, als Zeuge ein sonst unbekannter Graf Richwin erscheint, dessen Name die Vermutung nahelegt, daß er ein rechter Bruder Siegfrieds gewesen sei. Endlich ist noch ein Punkt zu erwähnen. In Gerberts Briefen (ed. Havel n. 51) erscheint ein gleichnamiger Sohn des Grafen Siegfried. Da nun, soviel wir wissen, unter seinen Söhnen keiner dieses Namens war, könnte daraus geschlossen werden, daß es sich hier um einen ganz anderen Grafen Siegfried handle, wodurch das oben angeführte Zeugnis für die Verwandtschaft Siegfrieds mit den Söhnen Wigerichs seine Beweiskraft verlieren würde. Bei der Seltenheit des Namens Siegfried ist das sehr wenig wahrscheinlich. Auch kann entweder Graf Siegfried einen gleichnamigen jung verstorbenen Sohn gehabt haben, über den keine anderen Nachrichten erhalten geblieben sind, oder es kann ein Fehler des Abschreibers in der Adresse des betreffenden Briefes vorliegen, nämlich Sigifrido filio anstatt Sigefridi comitis filio, in welchem Fall der Name des Sohnes gar nicht genannt wäre. Jedenfalls bietet die Sachlage weder einen Grund, den Grafen Siegfried (c. 922 bis 998) in zwei Personen, Vater und Sohn, zu zerspalten, wie es Parisot tut, noch kann die Beweiskraft der früher angeführten Argumente ernstlich erschüttern. Die Annahme wird auch stark unterstützt durch die Tatsache, daß unter den Nachkommen des ARDENNER-Hauses und Siegfrieds die gleichen Namen gebräuchlich sind und durch den Güterbesitz, s. Witte, Lothr. Jb. 5,2, 46 f. Ganz sicher ist nur die karolingische Abstammung ihres Sohnes Siegfried. Ich bringe daher die Kinder erster Ehe, obwohl ich sie für recht gesichert halte, im Teil II. [VI 36]

    Werner Karl Ferdinand: Band IV Seite 460, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. 36.
    Zu den Nachkommen Kunigunds eingehend H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, 963-1136, Bonn 1941, 2dd. Wir besitzen nicht nur eine Genealogie des 11. Jahrhunderts, die die Generationenfolge Ludwigs des Stammlers - Ermentrud (die Schwester Karls III.) - Kunigund - Sigfrid - Kunigund (die Kaiserin, Gattin HEINRICHS II.) verzeichnet, sondern auch den urkundlichen Beweis der karolingischen Abkunft im Diplom König Karls III. von 911/15 (ed. Lauer nr. 65), in dem eine Pekarie bestätigt wird für den comes Widricus und auf Lebzeiten seiner Gattin und eines ihrer Söhne ... uxoris eius, nomine Cunegundis, et unius filiorum ipsorum, videlicet nostri nepotis (!) Adelberonis (der spätere Bischof Adalbero von Metz hier ausdrücklich als Sohn von Karls Base Kunigund bezeugt). In der umstrittenen Frage, welche der zahlreichen Kinder Kunigunds aus ihrer ersten Ehe mit Wigerich/Widericus und welche aus der zweiten Ehe mit Richwin von Verdun stammen, kommt Renn zu dem Ergebnis, alle uns bekannten Kinder der ersten Ehe zuzusprechen. Brandenburg neigte dazu, den Sohn Siegfried (unten VII, 68) der zweiten Ehe zuzuschreiben. Dem stehen die Leitnamen eindeutig entgegen. Der Bruder des Kunigund-Gemahls Wigerich hieß Friedrich, wie wir aus der Vita Johanns von Gorze c. 55 und 74 wissen. Eben der Name Friedrich begegnet aber bei einem der Söhne Siegfrieds: Er hat ihn aus der Familie seines Vaters Wigerich. Das gleiche gilt für einen anderen Sohn Siegfrieds, Adalbero, denn gerade für den Bruder Siegfrieds, der auch Adalbero hieß, sahen wir eben, daß er als Sohn des Wigerich/Widericus und der Kunigund gesichert ist. Siegfried ist demnach den Söhnen Kunigunds aus der ersten Ehe zuzuschreiben. Brandenburg beging aber unabhängig von der Entscheidung in dieser Frage einen kaum verständlichen Fehler. Am Ende seiner Anmerkung VI, 26 bemerkt er: "Ganz sicher ist nur die karolingische Abstammung ihres Sohnes Siegfried. Ich bringe daher die Kinder aus erster Ehe, obwohl ich auch sie für recht gut gesichert halte, im Teil 2." Hier übersieht er, daß Trägerin der karolingischen Abkunft ja die Mutter Kunigund ist - die Abkunft all dieser Söhne und Töchter von ihr aber nie bezweifelt wurde und bezweifelt werden konnte; er übersieht, daß ja gerade für einen gesicherten Sohn der Kunigunde aus der ersten Ehe, Adalbero, die karolingische Verwandtschaft bezeugt ist! Es sind also sämtliche Nachkommen der besonders wichtigen, in Lothringen einflußreichen Kunigund-Kinder von der Tabelle der "wahrscheinlichen Nachkommen" (bei Brandenburg VII, 57-62; VIII, 71-78; IX, 81-90; X, 113-126,209-214; XII, 327-330; XIII, 571-573; XIV, 856-858) zu streichen und den KARLS-Nachkommen zuzurechnen. Zu Richwin ist dem von Brandenburg angegebenen Todesjahr noch hinzuzufügen, daß er 895 VII 14 im D 3 Zwentibolds (ed. Schieffer 21) als Graf von Verdun auftritt und im D 27 (ebd. 66) 899 I 23 zusammen mit Graf Widricus/Wigerich für die Kirche von Trier interveniert.

    Vielleicht hat sich Kunigunde nach dem Tode ihres zweiten Gatten in ein Kloster zurückgezogen, denn sie tritt nicht mehr öffentlich in Erscheinung.

    Renn, Heinz: Seite 2,10-11, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    Wie alle übereinstimmend berichten, heißt Sigfrids Mutter Kunigunde. Eine genealogische Tafel des 11. Jahrhunderts vermittelt uns diesen Namen in der Ahnenreihe der Kaiserin Kunigunde, der Tochter Sigfrids von Luxemburg. Diese Stammtafel der Gemahlin Kaiser HEINRICHS II. zeigt folgendes Bild:
    Ludwig der Stammler - Ermentrudis - Kunigundis - Sigfridus - Kunigundis, Kaiserin
    Sigfrid ist also durch seine Mutter Kunigunde und seine Großmutter Ermentrude der Urenkel des westfränkischen Königs Ludwigs des Stammlers. Wer der Gemahl Kunigundens gewesen ist, darüber schweigen die Quellen; keine teilt uns den Namen des Vaters unseres Grafen Sigfrid mit.
    Die Ahnen der Gemahlin Wigerichs mütterlicherseits haben wir festgestellt. Wer aber Kunigundens Vater ist, darüber wissen wir nichts Sicheres. Sigfrid Hirsch nimmt als solchen Reginar Langhals an, allerdings ohne Angabe von Belegen [40 Jahrbücher unter Heinrich II., I Seite 531; dieser Vermutung gibt auch Helene Stresow, Seite 48, Ausdruck, siehe Seite 15.]. Manches spricht in der Tat dafür. Schon bei oberflächlicher Überlegung fallen die gleichen Namensbezeichnungen auf. Einer der Söhne Wigerichs heißt Giselbert, während wir unter seinen Enkeln einen Reginar antreffen [41 Sohn Gozlins, siehe unten, Seite 32, 38.]. Gerade diese beiden Namen kehren im Geschlechte Reginar Langhals' ständig wieder.
    Territorialgeschichtlich wird unsere Vermutung durchaus gestützt. Die Nachkommen Kunigundens haben zum Teil große Liegenschaften an Maas und Schelde. Da Wigerich und Richwin dort vor ihrer Ehe nicht nachzuweisen sind, muß ihre Gemahlin diese Besitzungen mitgebracht haben. Gerade in diesen Gegenden hat Reginar bekanntlich das Hauptzentrum seiner Macht. Er konnte also seiner Tochter eine reiche Mitgift zur Verfügung stellen. Außerdem wird Ermentrude als Tochter und Schwester der westfränkischen Könige sicherlich nur einen der bedeutendsten Großen des Reiches geheiratet haben. Auch eine Reihe persönlicher Beziehungen Reginar Langhals' zum Königshaus im Westreich lassen diese Verbindung durchaus als glaubwürdig erscheinen. Die Ehe Reginars mit Ermentrude wäre um 890 oder noche inige Jahre vorher anzusetzen. Anschließend hätte Reginar dann Albrada geheiratet, die Mutter seiner Söhne Giselbert und Reginar.

    Barth Rüdiger E.: Seite 84,86 Anm. 16, "Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert"

    Rikwin war zweiter Gemahl der Gräfin Kunegonde [5 Vita Joannis Gorziensis, SS IV, Seite 367; siehe auch ebd., c. 40, Seite 348.], die in erster Ehe mit Graf Wigerich verehelicht war [6 Wigerich (Widricus) nachweisbar als comes in Pago Bedinse und als comes palatii.]. Graf Wigerich und Graf Rikwin waren bedeutende Persönlichkeiten des südlotharingischen Raums. Otto von Verdun war Stiefsohn der in zweiter Ehe mit Graf Rikwin verehelichten Gräfin Kunegonde und Stiefbruder Friedrichs I. von Ober-Lothringen. Rikwin, Laienabt des Klosters St.-Pierre-aux-Nonnains in Metz wurde 923 von Graf Boso ermordet. Ottos Stiefmutter war Enkelin des westfränkischen Königs Ludwigs II. des Stammlers. Daß Otto ein gemeinsamer leiblicher Nachkomme Graf Rikwins und dessen wenigstens zweiter Gemahlin Kunegonde gewesen ist, ist auszuschließen. Rikwin heiratete Gräfin Kunegonde, Witwe des zwischen 916 und 919 verstorbenen Grafen Wigerich, wahrscheinlich zwischen 916 und 919.
    Neben Graf Friedrich I., seit 959 sogenannter Herzog von Ober-Lothringen, war der einflußreiche Bischof Adalbero von Metz (929-962) ein weiterer Stiefbruder Ottos [16 SS IV, Seite 348, c. 40: Ipse Adalbero ... cum esset regii quidem paterna simul a materna stirpe ... sanguinis (Adalbero war übrigens Gegner der zweiten Heirat seiner Mutter Kunegonde mit Graf Rikwin); siehe auch Ahnentafel IV-V in K.d.G., Band 4 (siehe Anmerkung 1).].

    Hlawitschka Eduard: Seite 195, "Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte"

    Und darüber hinaus hatte Karl der Einfältige auch noch andere Verwandte in Lotharingien, die einer solchen Herrschaftsregelung von vornherein geneigt sein mochten: Der Graf Wigerich vom Bidgau hatte Kunigunde, eine Enkelin Ludwigs des Stammlers und somit Nichte Karls des Einfältigen, zur Frau [37 Ausführliche Nachweise bei H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus (1941) Seite 31ff. - Bezeichnend ist vor allem, daß Karl der Einfältige einen Sohn Wigerichs und Kunigundes, Adalbero (später Bischof von Metz), als seinen nepos hervorhebt; Recueil des actes de Charles III le Simple Seite 146ff. nr. 65.]

    Twellenkamp, Markus: Seite 478, "Das Haus der Luxemburger" in: Die Salier und das Reich

    Graf Siegfried, der die später namengebende Burg erwarb, stand in engen familiären Bindungen zu den beiden Königssippen jener Zeit, den KAROLINGERN und den OTTONEN. Von seiner Mutter Kunigunde [17 Renn, Luxemburger (wie Anmerkung 1), Seite 2-10. Eine genealogische Tafel des 11. Jahrhunderts überliefert folgenden Ahnenreihe: Ludwig der Stammler - Ermentrude - Kunigunde - Siegfried - Kunigunde (Gemahlin Kaiser HEINRICHS II.); vgl. Regum Francorum genealogiae, MGH SS 2, Seite 314. Nach der Chronik der Grafen von Flandern stammte Ermentrude aus der zweiten Ehe Ludwigs mit Adelheid; vgl. Genealogieae comitum Flandriae, MGH SS 9, Seite 303, Zeile 10f.] her war er ein Urenkel König Ludwigs des Stammlers.

    Hlawitschka Eduard: Seite 61-64, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert."

    So wissen wir, daß die Ehe Kunigundes mit Wigerich kurz vor 910, vielleicht 907, zustandegekommen ist und daß Wigerich zwischen 916 und 919 verstarb. Aus dieser Ehe Kunigundes sind 6 Kinder hervorgegangen [56 Vgl. oben Anmerkung 32. - E. Kimpen, Zur Genealogie der bayerischen Herzöge von 908-1070, in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 13 (1953) Seite 74ff., versucht, Siegfried von Luxemburg gänzlich aus der Zahl der Kinder Wigerichs und Kunigundes zu eliminieren. Seine Argumente und seine Herleitung Siegfrieds aus der Hamaländer Grafenfamilie vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Vgl. außerdem E. Kimpen, Zur Herkunft Siegfrieds von Luxemburg, in: Eifelkalender 1955 Seite 111-114. Die Thesen von Kimpen wurden bereits von M. Uhlirz, Die ersten Grafen von Luxemburg, in: DFA 12 (1956) Seite 36 ff. mit großer Skepsis behandelt.].

    910 1. oo Wigerich Pfalzgraf von Lothringen - 919
    920 2. oo Richwin Graf von Verdun - 923

    Kinder:
    - Adalbero I. Bischof von Metz (929-962) 910-26.4.962
    - Gozelo um 914-19.10.942
    - Friedrich I. Herzog von Ober-Lothringen 912-17.6.978
    - Giselbert Graf im Ardennengau 915-17.4.963
    - Liutgard 915-8.4.960
    1. oo Adalbert (MATFRIEDE) - 944
    2. oo Eberhard Graf von Egisheim - 972/73

    Siegfried Graf im Moselgau 915/17-26.10.997

    Literatur:
    Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Wilhelm Fink Verlag München 1984 Seite 419 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990 Seite 84,86 Anm. 16,185 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 1 Seite 3, 119-120 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 186,478 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969 Seite 54,61-64,68,70,74, 107,109-112,116,118-120,125,130,132,136,138,146,179 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968 Seite 195 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus, Bonn 1941 Seite 2-12 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf VI. 36. Seite 460 -

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 279. von Luxemburg, Siegfried I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915/917; gestorben am 26 Okt 997; wurde beigesetzt in Trier [54290],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Kunigunde heiratete von Lothringen, Wigerich um 910. Wigerich wurde geboren um 870; gestorben um 919; wurde beigesetzt in Hastière [5540],Namur,Wallonien,Belgien. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 280. von Lothringen, Adalbero I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 910; gestorben am 26 Apr 962.
    2. 281. von Oberlothringen, Friedrich I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 912; gestorben am 17 Jun 978.
    3. 282. von Lothringen, Gozelo  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 914; gestorben am 19 Okt 942.
    4. 283. von Lothringen-Verdun, Liutgard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915; gestorben am 8 Apr 960.
    5. 284. von Lothringen, Giselbert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 915; gestorben am 17 Apr 963.

    Kunigunde heiratete von Verdun, Richwin um 920. Richwin gestorben am 15 Nov 923. [Familienblatt] [Familientafel]


  40. 220.  von Frankreich, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 908/909.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Jülich [52428],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; Gräfin von Jülich

    Notizen:

    Ermentrud von Frankreich
    Gräfin von Jülich
    908/09-

    Älteste Tochter des Königs Karl der Einfältige von Frankreich aus seiner 1. Ehe mit der Frederuna von Hamaland, Tochter von Graf Dietrich

    925/30 oo Gottfried Graf im Jülichgau um 905-1.6. nach 949

    Kinder:

    - Gottfried Herzog von Nieder-Lothringen 925/35- Sommer 964
    - Gerberga ca 925/35- vor 24.5.996
    oo Meginoz 920- 998/99
    - Gebhard Ahnherr großer Franken 925/35-
    - Adalhard Ahnherr großer Franken
    - Gerhard II. Graf von Metz 925/35-

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 57,61-66,68,70,72-77,79,96,127,138,145,146 -

    Ermentrud heiratete von Jülich, Gottfried um 925/930. Gottfried (Sohn von von Metz, Gerhard I. und von Sachsen, Oda) wurde geboren in 905; gestorben nach 949. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 285. von Niederlothringen, Gottfried  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 925/935; gestorben in 964 in Rom [00100],Latium,Italien.
    2. 286. im Jülichgau, Gerberga  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 925/935; gestorben vor 24 Mai 996.
    3. 287. von Metz, Gebhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 935/935.
    4. 288. von Metz, Adalhard  Graphische Anzeige der Nachkommen
    5. 289. von Metz, Gerhard II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 925/935.

  41. 221.  von Frankreich, Frederuna Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  42. 222.  von Frankreich, Adelheid Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  43. 223.  von Frankreich, Gisela Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben in 919.

    Gisela heiratete von der Normandie, Rollo I. in 912. Rollo wurde geboren in 846; gestorben in 931/932; wurde beigesetzt in Rouen [76000],Seine-Maritime,Haute-Normandie,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]


  44. 224.  von Frankreich, Rotrud Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  45. 225.  von Frankreich, Hildegard Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  46. 226.  von Frankreich, Ludwig IV.von Frankreich, Ludwig IV. Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 920/921; gestorben am 10 Sep 954 in Sens [89100],Yonne,Burgund,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 936-954, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig IV. der Überseeische
    König von Frankreich (936-954)
    10.9.920/21-10.9.954 Sens Begraben: Reims St-Remi
    Einziger Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich aus seiner 2. Ehe mit der Aethgivu von Wessex, Tochter von König Eduard I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2176, Ludwig IV. (Transmarinus, d’Outre-Mer), westfränkischer König 936-954

    + 10. Oktober 954 Reims Begraben: Reims St-Remi
    Sohn König Karls III. des Einfältigen
    oo 939 Gerberga, Schwester OTTOS I.

    Die Kämpfe mit dem Haus VERMANDOIS um die Francia ließen 936 Hugo den Großen die Restitution des karolingischen Hauses und die Rückholung Ludwigs IV. aus seinem englischen Exil betreiben. Am 19. Juni 936 in Laon gekrönt, mußte Ludwig IV. dafür Hugos Sonderstellung anerkennen, konnte aber seit 937 selbständige Politik betreiben und 939 in den ostfränkischen Aufstand gegen OTTO I. eingreifen. Der Erwerb Lotharingiens scheiterte, und 940 sah sich Ludwig IV. bei Feldzug OTTOS I. nach W einer Koalition des westfränkischen Adels gegenüber (Huldigung Hugos und Heriberts II. an OTTO I. in Attigny). Ein 942 gefundener Ausgleich stand schon 945 wieder in Frage, als Ludwig IV. in Rouen gefangenommen und an Hugo ausgeliefert wurde, der für die Freilassung des Königs dessen Hauptort Laon erhielt. Nur durch massives Eingreifen OTTOS I. wurde das karolingische Königtum gerettet: Der Streit um das für Ludwig wichtige Erzbistum Rems konnte auf einer gemeinsamen mit OTTO I. in Ingelheim durchgeführten Synode (Juni 948) zugunsten des königlichen Kandidaten entschieden werden, 949 gelang doe Rückeroberung Laons. Der 950 vom lothringischen Herzog Konrad vermittelte Friede sicherte dem Reich vorübergehende Ruhe, dem karolingischen Königtum seine bescheidenen Ressourcen vor allem um Laon und Reims, erwies aber auch die machtvolle Entscheidungsgewalt OTTOS I. im Sinne einer 'Familienpolitik'. Obwohl es Hinweise für eine versuchte Reichsteilung unter Ludwigs Söhnen Lothar und Karl 953 in der Tradition fränkischer Sukzession gibt (Brühl), sicherte Lothars Sohnesfolge 954 das in O-Franken schon 936 beachtete Prinzip der Unteilbarkeit des Reichs auch für W-Franken/Frankreich.
    Quellen:
    Recueil des actes de L. IV roi de France, ed. P. Lauer, 1914
    Literatur:
    P. Lauer, Le regne de L. IV d'O.-M., 1900 - W. Kienast, Dtl. und Frankreich in der Ks.zeit (900-1270); I, 1974², 59ff.; III, 1975², 663ff. - HEG, I, 745ff. - B. Schneidmüller, Karol. Tradition und frühes frz. Kgtm., 1979, 1476ff. - K. F. Werner, Hist. de France, I, 1984, 463ff. [dt. 1989] - Ders. Dtl.-Frankreich. Die Geburt zweier Völker, 1990, 461ff. -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 461, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VI. Generation 47
    Die genaue Geburtszeit König Ludwigs, zwischen 920 IX 10 und 921 IX 10, schon bei Brandenburg, nur so nicht auf der Tafel. Der Antritt der Königs-Würde, bei Brandenburg 936, kann präzisiert werden auf 936 VI 19, vgl. die Ausgabe von Ludwigs Urkunden durch Ph. Lauer, Recueil des actes de Louis IV, Paris 1914, LXXXIV.
    Zu Ludwigs Gemahlin Gerberga, der Schwester König HEINRICHS I. (Richtig ist: Tochter König HEINRICHS I. und Schwester OTTOS I.), ist zu bemerken, daß sie 951 von ihrem Gatten die Abtei ND de Laon erhielt, die er seiner Mutter Ogiva anläßlich deren Ehe mit Graf Heribert weggenommen hatte, und daß sie 959 als Äbtissin von ND de Soissons begegnet, vgl. Voigt 41 und HF 9,665.
    Nach der Gefangennahme seines Vaters floh seine Mutter mit ihm nach England, weshalb er später "der Überseeische" genannt wurde. Die Rivalität zwischen dem ROBERTINER Hugo von Franzien und Heribert von Vermandois ermöglichte nach dem Tode König Rudolfs die Thronbesteigung Ludwigs IV., der am 19.6.936 in Laon gekrönt wurde. Seine Regierungszeit war erfüllt von ständigen Auseinandersetzungen mit dem mächtigen Herzog Hugo von Franzien. 945 geriet der KAROLINGER in die Gefangenschaft seines mächtigen Gegners, der ihn unter dem Druck OTTOS I. und des angelsächsischen Königs im folgenden Jahr wieder freigeben mußte, wobei der König seine letzte größere befestigte Stadt, Laon, Hugo überlassen mußte. Im Bunde mit OTTO I. konnte der König nach 946 seine Position etwas festigen; er brachte das Erzbistum Reims unter seine Kontrolle und gewann 949 Laon zurück. Nachdem Ludwig IV. in der Champagne und in der Normandie eine Niederlage erlitten hatte, mußte er die Vermittlung des Papstes Agapet II. 948 in Anspruch nehmen, um einen Teil seiner Länder zurückzubekommen. Als Ludwig infolge eines Sturzes vom Pferd starb, folgte sein Sohn Lothar ohne Schwierigkeiten, aber mit einem schwierigen Erbe.

    Brühl Carlrichard: Seite 47-59, "Ludwig IV. der Überseeische" in: Ehlers/Müller/Schneidmüller: "Die französischen Könige des Mittelalters"

    LUDWIG IV. ("DER ÜBERSEEISCHE") 936-954
    Ludwig IV.
    * ca. 921, + 10.9.954 Reims Begraben: Abtei St-Remi/Reims
    Eltern: Karl III. "der Einfältige" von W-Franken (+ 929) und Eadgyfu, Tochter des Angelsachsen-Königs Edward I. (+ 926) und Schwester des Angelsachsen-Königs Athelstaan (+ 940)

    923 flieht Eadgyfu nach der Gefangennahme Karls III. mit dem jungen Ludwig zu ihrem Vater nach England
    Anfang Juni 936 landet Ludwig IV. mit Zustimmung Athelstans bei Bologne-sur-Mer und empfängt die Huldigung der dort anwesenden Großen, an der Spitze Hugos "des Großen"
    19.6.936 Krönung und Salbung Ludwigs IV. in Laon von der Hand Erzbischof Artolds von Reims.
    Im Herbst 939 heiratet Ludwig IV. die ca. sieben Jahre ältere Gerberga, Schwester König OTTOS von O-Franken und Witwe des Herzogs Giselbert von Lothringen

    Kinder aus dieser Ehe:
    1. der Thronfolger Lothar (* 941)
    2. eine Tochter Gerberga (* 940 oder 942), die Graf Albert von Vermandois heiratete (vor 954)
    3. eine Tochter Mathilde (* 943), die künftige Königin von Burgund (verheiratet seit ca. 965/66 mit König Konrad von Burgund
    4. ein Sohn Karl (* 945), der bald nach seiner Geburt den Normannen als Geisel übergeben wurde und in normannischer Gefangenschaft verstarb
    5. ein Sohn Ludwig (* 948, + 954), der kurz vor dem Vater in Laon verstarb
    6. die Zwillingen Heinrich und Karl (* 953). Heinrich stirbt bald, Karl ist der künftige Herzog von Nieder-Lothringen und Rivale Hugos Capet
    Sommer 940 W-Frankenfeldzug OTTOS I. von O-Franken im Bunde mit Herzog Hugo Magnus. Artold von Reims war schon zuvor zur Abdankung gezwungen worden
    Sommer 941 schwere Niederlage Ludwigs in der Schlacht in den Ardennen gegen Hugo Magnus und Heribert II. von Vermandois
    November 942 Treffen Ludwigs IV. mit OTTO I. in Vise-sur-Meuse
    im Sommer 943 besiegt Ludwig IV. die zum Heidentum abgefallenen Normannen unter ihren Führern Turnold und Setrik, die in der Schlacht fallen
    im Sommer 944 bemächtigt sich Ludwig IV. der Normandie
    im Juli 945 wird Ludwig IV. in Rouen von normannischen Großen gefangen gesetzt und später an Hugo Magnus ausgeliefert
    im Frühjahr 946 muß Ludwig IV. Laon an Hugo übergeben und wird daraufhin freigelassen
    im Frühherbst 946 zieht OTTO DER GROSSE im Bunde mit Ludwig IV. vor Reims, das ohne Kampf eingenommen wird; Artold wieder Erzbischof von Reims, sein Gegenspieler Hugo flieht, dankt aber nicht ab
    946-948 erbitterter Streit um das Erzbistum Reims: Synoden von Verdun (Herbst 947) und Mouzon (Januar 948); Papst Agapet mit Reimser Streit befaßt
    im Juni 948 Synode in Ingelheim unter Vorsitz des päpstlichen egaten Marinus und beider Franken-Könige: Hugo wird exkommuniziert und Artold ist erneut rechtmäßiger Erzbischof
    im Sommer 949 bemächtigt sich Ludwig IV. überraschend der Stadt Laon mit Ausnahme des großen Turms, der von der Besatzung Hugos gehalten wird
    Herbst 949 Ludwig IV. in Burgund
    im Frühjahr 950 treffen sich Ludwig IV. und Hugo Magnus unter Vermittlung Herzog Konrads von Lothringen an der Marne; Hugo erneuert den Lehnseid und überlaßt Ludwig den Turm von Laon
    13.3.953 Gerichtstag in Soissons: endgültige Aussöhnung zwischen Ludwig und Hugo Magnus
    Am 10.9.954 stirbt Ludwig IV., nur 33 Jahre alt, in Reims an den Folgen eines Jagdunfalls; Beisetzung in der Abtei St-Remi/Reims.

    An einem unbekannten Tag in der 1. Junihälfte des Jahres 936 warf ein angelsäschsisches Schiff vor Boulogne Anker. Es hatte den neuen westfränkischen König an Bord, Ludwig, den Sohn des unglücklichen Karl III. von W-Franken, der seine letzten Lebensjahre in der Gefangenschaft seiner Feinde hatte verbringen müssen. Karls Gemahlin Eadgyfu war daher im Herbst 923 mit ihrem ca. 2-jährigen Sohn Ludwig an den Hof ihres Vaters, des Angelsachsen-Königs Edwards I. geflohen: ihre Schwester Eadhild hatte etwa zur gleichen Zeit den princeps Hugo Magnus, den gefährlichsten RivalenKarls III., geheiratet; ihre jüngere Schwester Eadgyd (Edith) wird 929 den künftigen O-Franken-König OTTO I. heiraten. Ludwig verbrachte somit seine ganze Kindheit und Jugend in England. Als König Rudolf von W-Franken am 14. oder 15. Januar 936 in Auxerre starb, konnten sich die Großen des Reiches nicht auf einen Nachfolger aus ihren Reihen einigen. So entschloß sich Hugo Magnus, der für seine Person die Königswürde offenbar nicht angestrebt hatte, die Krone dem in angelsäschsischem Exil lebenden jungen Ludwig anzubieten. König Aethelstan stimmte erst nach förmlichen Sicherheitsgarantien für seinen Neffen der Rückkehr ins W-Frankenreich zu, hielt seine Schwester Eadgyfu aber zunächst noch an seinem Hofe zurück. Die Rückkehr des jungen Herrschers ins W-Frankenreich trug ihm wohl seinen schon von den Zeitgenossen gebrauchten Beinamen Trans- oder Ultramarinus, der "Überseeische", ein ("Louis d'Outremer"). Ludwig wurde am Strand von Boulogne von Hugo Magnus und anderen westfränkischen Großen begrüßt, die dem neuen Herrn sogleich huldigten. Die Großen geleiteten Ludwig nach Laon, wo Erzbischof Artold von Reims am 19. Juni 936 Salbung und Krönung des jungen Herrschers vollzog.
    Ludwig wußte sehr wohl, wem er die Krone zu verdanken hatte. Schon in der ältesten von ihm überlieferten Königsurkunde bezeichnet er Hugo als "herausragenden Herzog der Franken" (dux Francorum egregius), und in einer am Weihnachtstag des Jahres 936 in Compiegne gegebenen Urkunde betont Ludwig sogar, dass Hugo Zweiter in allen Königreichen sei (in omnibus regnis nostris a nobis). Die Bedeutung des Titels dux Francorum ist in der Forschung seit über einem Jahrhundert umstritten; es ist hier nicht der Ort, die Frage im einzelnen zu erörtern. Sicher erscheint nur, dass der Rang Hugos über den seiner Mitfürsten herausgehoben werden sollte, auch wenn ich nicht an ein förmliches Vizekönigtum glaube, das man wohl unter dem Eindruck des Verhaltens Hugos in der Folgezeit hat annehmen wollen. Das Verhältnis Ludwigs zu seinem Protektor Hugo war zunächst reibungslos. Ludwig begleitete Hugo auf dessen Feldzug gegen Hugo "den Schwarzen" (das heißt den Schwarzbärtigen), den Bruder des verstorbenen W-Franken-Königs Rudolf, der dem übermächtigen dux Francorum den N Burgunds, insbesondere die wichtige Grafschaft Sens abtreten mußte, die einst Richard "le Justicier", der Vater Hugos des Schwarzen, für Burgund erworben hatte. Anschließend begleitete Ludwig Hugo sogar nach Paris. Der Friede, den Hugo Magnus mit Hugo dem Schwarzen schloß, nutzte allein dem dux Francorum und öffnete Ludwig die Augen über die ihm von Hugo zugedachte Rolle. Aber auch die übrigen Großen des W-Frankenreichs konnten sich kaum Ilusionen machen über die Machtstellung Hugos, die mit der eines fränkischen Hausmeiers des 8. Jahrhunderts vergleichbar schien. Sie waren daher geneigt, die Position des Königs zu stärken, um ein Gegengewicht gegen die erdrückende Übermacht Hugos zu schaffen. Ludwig feierte das Weihnachtsfest 936 bereits in der königlichen Pfalz Compiegne, zog von dort nach Laon, wo er seine Mutter traf, die aus England nach W-Franken gekommen war. In Laon ernannte er auch einen neuen Kanzler in Gestalt des Erzbischofs Artold von Reims, der damit zugleich zu Ludwigs wichtigstem Berater aufstieg. Die Reaktion Hugos ließ nicht lange auf sich warten: er schloß Frieden mit seinem Erzfeind, dem Grafen Heribert II. von Vermandois, während Ludwig den gerade von Hugo gedemütigten Hugo von Burgund zum Markgrafen (marchio) erhob und zum Bundesgenossen gewann. Die Fronten waren nun abgesteckt: die Feindschaft zwischen Hugo Magnus und Ludwig war fortan - von ganz kurzen Intervallen abgesehen - der einzige sichere Faktor im politischen Ränkespiel W-Frankens während der Regierungszeit Ludwigs IV. Es ist nicht meine Absicht, die Kämpfe und Intrigen der Folgejahre hier im einzelnen darzustellen; selbst der Fachmann würe rasch die Übersicht verlieren.
    Unerläßlich scheint mir dagegen eine knappe Darstellung der an den Kämpfen um die Vorherrschaft in W-Franken beteiligten inner- und außerfränkischen Mächte. Den Fürsten des S (Aquitanien, Spanische Mark, Auvergne, Gascogne) kam im inneren Kräftespiel keine hohe Bedeutung zu; weder griffen sie aktiv in das Geschehen nördlich der Loire ein, noch hatten sie Angriffe von dort zu befürchten. Die Fürsten des S galten allgemein als treue Anhänger der KAROLINGER, was formal fraglos richtig ist. Ich sehe in der Anhänglichkeit an die angestammte Dynastie jedoch weniger Treue zum Königshaus als bewußte Distanz zu den ROBERTINERN: mit diesen hatte man gemeinsame Grenzen, mit der Krondomäne des Königs nicht. Immerhin bestanden 941,944 und 953 lose Kontakte zum westfränkischen König.
    Die Beziehungen Ludwigs zu den Fürstentümern im N (Bretagne, Normandie und Flandern) waren freundlich. Von der Normandie wird noch mehrfach zu sprechen sein; die Bretagne erkannte - ein Novum seit den Tagen KARLS DES KAHLEN - die formelle Oberhoheit des westfränkischen Königs an. Der Graf und marchio von Flandern, ein natürlicher Feind der Herren von Vermandois, gehörte zu den zuverlässigsten Verbündeten Ludwigs. Zu den geschworenen Feinden Ludwigs zählte Heribert II. von Vermandois, ein direkter Nachkomme KARLS DES GROSSEN über dessen Sohn Pippin von Italien; er besaß unter anderem die Grafschaften Amiens, Meaux und Vermandois mit St-Quentin, Grafschaften im Raum Soissons mit der bedeutenden Abtei St-Medard, deren Laienabt er war. Das Verhältnis Ludwigs zu Hugo dem Schwarzen von Burgund war zwiespältig wie zu so vielen großen Herren der Zeit: Er war mehrere Jahre mit ihm verbündet (938-942), zerwarf sich mit ihm und blieb bis zu Hugos Tod (17. Dezember 952) auf Distanz zu dem Burgunder. Der mit weitem Abstand mächtigste Fürst im W-Frankenreich war aber fraglos Hugo "der Große", wobei "Magnus" allerdings zunächst nur "der Ältere" meinte im Gegensatz zu Hugos gleichnamigen Sohn (dem "Capet").Hugo war der unbestrittene Herr Neustriens und führte schon vor seiner förmlichen Erhebung zum dux den Titel eines marchio; Hugos Machtbereich (Flodoard von Reims: terra Hugonis) umfaßte rund 20 Grafschaften, von denen 10, darunter die Grafschaften Angers, Blois, Chartres, Orleans, Paris Sens und Tours, dem ROBERTINER direkt unterstanden; darüber hinaus war er auch noch Laienabt des neben St-Denis reichsten fränkischen Klosters St-Martin in Tours, weshalb er in Urkunden gelegentlich den Titel eines Abt-Grafen (abbas comes) führte. Wie ärmlich nahm sich daneben die Krondomäne des Königs aus! Er besaß noch einige der alten Pfalzen wie Attigny (seit 951), Compiegne, Corbeny, Douzy, Ponthion und andere, die Grafschaft Laon und insbesondere das feste Laon selbst, wo er sich jedoch erst 938 in den Besitz der Zitadelle setzen konnte, die Laon beherrschte und 928/31 von Heribert II. von Vermandois errichtet worden war. Die Grafschaft Reims hatte Ludwig schon 940 dem Erzbischof übertragen, der damit der erste der sechs Bischöfe (Reims, Chalons-sur-Marne, Beauvais, Nyoyn und Langres) ist, die im W-Frankenreich auch Inhaber der gräflichen Gewalt waren, wie dies in O-Franken im 10. Jahrhundert die Regel wurde. Nicht zufällig stiegen gerade diese Bischöfe im 13. Jahrhundert zu "Pairs de France" auf.
    Das Verhältnis Ludwigs zu den fränkischen Reichen in O-Franken und Burgund wurde früher in Forschung und Literatur unter der Rubrik "Auswärtige Beziehungen" abgehandelt, wovon noch ausführlich zu sprechen sein wird. "Auswärtige Beziehungen" eigener Art unterhielt Ludwig mit den Ungarn und den Sarazenen, die sich seit ca. 900 im Raum von La Garde-Freinet (im heutigen Department Var) verschanzt hatten und von dort aus die Umgebung heimsuchten; sie waren jedoch nur ein Problem für die Fürsten des S, Ludwig IV. sah sich niemals direkt mit ihnen konfrontiert. Sehr viel gefährlicher waren die Raubzüge der Ungarn, die das W-Frankenreich mehrfach heimsuchten, insbesondere in den Jahren 937 und 954; beide Male waren vor allem die Diözese Reims und Burgund betroffen. Während diese Züge jeweils über Lothringen geführt hatten, fiel ein ungarischer Raubtrupp des Jahre 951 aus Italien über die Alpen in den S ein und kehrte auf demselben Weg nach Italien zurück. In allen Fällen konnte Ludwig es nicht wagen, den Ungarn mit Heeresmacht entgegenzutreten: ein unglücklicher Ausgang des Kampfes hätte mit Sicherheit das Ende seiner Regierung bedeutet und Hugo den Weg zur Herrschaft geebnet; aus demselben Grund waren aber auch Hugo Magnus die Hände gebunden. Die Rivalität zwischen Ludwig und Hugo, die den Ungarn natürlich nicht verborgen geblieben war, verhinderte so - ganz im Gegensatz zu O-Franken - die Verteidigung des Landes gegen den gemeinsamen Feind.
    Das Verhältnis Ludwigs - und Hugos! - zu O-Franken, konkret: zu OTTO DEM GROSSEN, ist die zentrale Frage der westfränkischen Politik in den Jahren 939-950 und bedarf daher gesonderter Behandlung. Ich bemerkte bereits, dass die Beziehungen zwischen den genannten Fürsten in der älteren Literatur durchgängig als solche zwischen "Deutschland" und "Frankreich" dargestellt wurden, was einer ganz und gar unhistorischen Betrachtungsweise entspricht, deren Konsequenz hier an einigen instruktiven Beispielen zu erläutern sein werden. Der Regierungsstil des neuen ostfränkischen Königs OTTO I. nahm stäker karolingische, die Sonderstellung des Königtums hervorhebende Formen der Herrschaft auf als die eher die "kollegiale" Gemeinsamkeit des Fürstenstandes betonende Politik des Vaters. Dies hatte zu einer schweren Krise des Königtums in O-Franken geführt, in der mehrere Fürsten, an der Spitze die Herzöge Eberhard von Franken und Giselbert von Lothringen, gemeinsam mit dem jüngeren Bruder des Königs, Heinrich, die Absetzung OTTOS anstrebten, wobei sie auch die Tötung des Königs in Kauf zu nehmen gewillt waren. In dieser Situation hatte Giselbert Ludwig IV. die Huldigung für Lothringen angeboten, was Ludwig zunächst abgelehnt, im Frühsommer 939 angesichts der scheinbaren Übermacht der Koalition gegen OTTO aber schließlich doch angenommen hatte. Daraufhin verbündete sich OTTO mit Hugo Magnus, Heribert II. von Vermandois, Arnulf von Flandern und Wilhelm "Langschwert" von der Normandie, doch in O-Franken schien nach dem Rheinübergang Giselberts und Eberhards bei Andernach OTTOS Niederlage besiegelt. Ein gelungener Überfall zweier fränkischer, mit OTTO verbündeter Grafen am 2. Oktober 939 änderte ohne direktes Zutun OTTOS mit einem Schlag die politische Großwetterlage: Eberhard von Franken fiel im Kampf, Giselbert ertrank auf der Flucht in den Fluten des Rheins, die Opposition gegen OTTO brach zusammen. Ludwig war im Augenblick von Giselberts Tod vielleicht bereits auf dem Zug nach Lothringen gewesen, jedenfalls heiratete er dort sogleich die um etwa 7 Jahre ältere Witwe Giselberts Gerberga, eine Schwester König OTTOS. Noch im selben Jahr 939 wurde sie von Erzbischof Artold in Laon gesalbt und gekrönt. Damit war auch Ludwig - zunächst gegen den Willen OTTOS - zum Schwager des ostfränkischen Königs geworden, was Hugo Magnus bereits 937 durch die Heirat mit Hathui (Hedwig) erreicht hatte.
    Die neue indirekte Verwandtschaft mit Ludwig hinderte Hugo allerdings nicht, sich noch 939 gemeinsam mit Heribert II. von Vermandois zu OTTO nach Lothringen begeben, was Ludwig mit einer Annäherung an den Normannenfürsten Wilhelm beantwortete, der ihm huldigte und erneut mit den einst von Karl III. von W-Franken an Rollo vergebenen Territorien belehnt wurde. Doch diese Annäherung war nur vorübergehend: Schon im Frühsommer 940 belagerte Wilhelm im Bunde mit Hugo Magnus und Heribert II. die Stadt Reims, wohl aus Zorn darüber, dass Ludwig Erzbischof Artold gerade die Grafschaft Reims verliehen hatte. Artold konnte Reims nicht verteidigen und wurde in das Kloster St-Remi verbannt, während der schon 925 als Fünfjähriger zum Erzbischof von Reims bestellte Hugo, ein Sohn Heriberts II., nun erneut als Erzbischof eingesetzt und der zum Rücktritt gezwungene - von einem Verzichtseid spricht nur Richer - Artold mit den Abteien Avenay und St-Bale abgefunden wurde. Der Kampf um das Erzbistum Reims, der in den folgenden Jahren im Mittelpunkt der westfränkischen Politik steht, erweist sich so als der auf die Kirchenpolitik übertragene Kampf zwischen ROBERTINERN und KAROLINGERN um die Macht im W-Frankenreich.
    OTTO war inzwischen von Lothringen aus nach W-Franken vorgestoßen; in Attigny huldigten ihm Hugo Magnus und Heribert, doch von einem Angebot der westfränkischen Krone, wie dies einst 858 in Ponthion geschehen war, ist nicht mehr die Rede. Ludwig zog sich vor der Übermacht nach Burgund zurück, doch auch Hugo der Schwarze wurde zum Nachgeben gezwungen. Hochzufrieden mit dem Erfolg des Feldzuges kehrte OTTO im Spätsommer nach O-Franken zurück, doch Ludwig kämpfte mit dem Mut der Verzweiflung und unternahm einen Einfall nach Lothringen noch im Herbst 940, aber es kam nicht zur Schlacht. Ein Waffenstillstand beendete das lothringische Abenteuer Ludwigs.
    Hugo Magnus und Heribert II. beriefen zu Ostern 941 eine Synode nach Soissons, die erwartungsgemäß Artold für abgesetzt erklärte, der seinerseits mit der Exkommunikation der Teilnehmer der Synode reagierte: Hugo, Heriberts Sohn, wurde zum neuen Erzbischof gewählt und in Reims feierlich inthronisiert. Als Ludwig die Belagerung seiner Residenz Laon durch Hugo Magnus und Heribert mit einer eilig zusammengerafften Armee durchbrechen wollte, kam es in den Ardennen zur offenen Feldschlacht, die mit einer vernichtenden Niederlage für Ludwig endete, der nur knapp dem Schlachtentod entrann. Dennoch gelang es den Verbündeten nicht, Laon einzunehmen, wo die Königin Gerberga gerade in diesen Tagen einem Sohn Lothar das Leben schenkte, der dazu berufen war, die Nachfolge des Vaters anzutreten.
    Die Niederlage des Jahre 941 lastete freilich immer schwer auf dem König. Ihm wurde unerwartet Hilfe von seiten Papst Stephans VII. zuteil, der eigens einen Legaten nach Westfranken entsandte, um die Großen W-Frankens und Burgunds zur Anerkennung Ludwigs zu ermahnen. Die Intervention des Papstes blieb nicht ohne Wirkung, insbesondere auf die Bischöfe der Reimser Kirchenprovinz, obwohl der Papst dem neu eingesetzten Erzbischof Hugo das Pallium nicht verweigerte und damit ihr Verhalten auf der Synode von Soissons nachträglich billigte.
    Auf der Suche nach einem Verbündeten wandte sich Ludwig zunächst an den marchio der Normandie, Wilhelm Langschwert, der den König sogleich nach Rouen einlud. Als Ludwig mit neuen Truppen gegen Hugo und Heribert bis zur Oise vorstieß, wurde eine erneute Schlacht vermieden und ein zweimonatiger Waffenstillstand geschlossen. Diese Zeit nutzte Ludwig zu einem Treffen mit OTTO I. in Vise-sur-Meuse im Lüttichgau, das heißt auf lothringischem Gebiet. Auf der Seite OTTOS nahmen die Erzbischöfe Friedrich von Mainz und Brun von Köln, OTTOS Bruder, teil. Die Anwesenheit Hugos, Heriberts II. und Wilhelms Langschwert ist dagegen mehr als fraglich. Schon die Wahl des Treffpunkts in Lothringen implizierte Ludwigs Verzicht auf alle lothringischen Ansprüche, und wahrscheinlich hat er damals auch auf seine Interessen im Viennois verzichtet, wo Konrad von Burgund seit 942 anerkannt war.
    OTTOS Gegenleistung bestand in der formellen Versöhnung Ludwigs mit Hugo und Heribert, die sich erneut unterwarfen. Für Ludwig war das Treffen von Vise, das wohl nicht ohne das energische Eintreten Gerbergas bei OTTO zustandegekommen wäre, von entscheidender Bedeutung, denn fortan stand OTTO eher auf seiner Seite denn auf der Hugos. Nicht weniger als siebenmal haben sich OTTO und Ludwig zwischen 942 und 950 getroffen, zweimal haben sie bei dieser Gelegenheit das Osterfest in Aachen gefeiert, ein weiteres Mal besuchte Gerberga ihren Bruder in Aachen ohne die Begleitung Ludwigs. Ohne die Beziehungen zu Hugo Magnus je abzubrechen, mit dem er nach Bedarf gleichfalls zusammentraf, neigte OTTO fortan doch deutlich Ludwig zu, dessen Position gegenüber Hugo gestärkt war. Doch lag es nicht im Interesse OTTOS, einen der beiden Kontrahenten eine eindeutige Dominanz zu verschaffen.
    Nachdem so das Jahr 942 mit einem akzeptablen "modus vivendi" zwischen Ludwig und Hugo Magnus zu Ende ging, war der Grundstein für künftige schwere Auseinandersetzungen schon wieder gelegt: Noch im Dezember fiel Wilhelm Langschwert, der marchio der Normandie und Sohn Rollos, einem von Arnulf von Flandern vorbereiteten Mordanschlag zum Opfer. Ludwig zog sofort nach Rouen, um dort Richard, den noch minderjährigen Sohn Wilhelms, mit dem Territorium zu belehnen, über das einst sein Vater geherrscht hatte. Aber das war nicht alles: Kurze Zeit später starb Heribert II. von Vermandois, der künftigen Generationen als der Inbegriff des Verräters erschien, da er Karl III. von W-Franken, Ludwigs Vater, lange Jahre gefangengehalten hatte. Eine von Hugo Magnus vermittelte Aussöhnung zwischen den fünf Söhnen Heriberts - darunter Erzbischof Hugo von Reims - mit dem König blieb nicht von langer Dauer, doch galt das Interesse Ludwigs zunächst der Normandie, wo neu aus Skandinavien eingetroffene Krieger die heidnischen Kulte wiederbelebten und das gesamte Christianisierungswerk der letzten Jahrzehnte in Frage stellten. Der in offener Feldschlacht errungene Sieg Ludwigs über die beiden Anführer der heidnischen Partei, die in der Schlacht fielen, setzte der Gefahr ein Ende und stärkte den Einfluß Ludwigs, der den jungen Richard wahrscheinlich an seinem Hof behielt. Das gute Verhältnis zwischen Hugo Magnus und Ludwig hielt an; neben der - vorübergehenden - Aussöhnung mit den Söhnen Heriberts II. vermittelte Hugo auch diejenige mit Arnulf von Flandern, die in der Normandie naturgemäß auf wenig Gegenliebe stieß. Unter dem Eindruck dieser Beweise guten Willens seitens Hugos entschloß sich Ludwig, Hugo erneut den ducatus Franciae (Flodoard) und darüber hinaus auch Burgund zu verleihen, was den Bruch mit Hugo dem Schwarzen, seinem alten Verbündeten, bedeutete. Gleichzeitig verschlechterten sich die Beziehungen Ludwigs zu OTTO drastisch infolge einer unglücklich verlaufenen Gesandtschaft an dessen Hof.
    Innere Streitigkeiten in der Bretagne hatten es den Normannen - in Abwesenheit ihres noch unmündigen marchio Richard und des Königs - erlaubt, auf eigene Faust in der Bretagne einzugreifen, die Bretonen in drei blutigen Schlachten zu besiegen und alle Bretonen aus der Normandie zu vertreiben, an deren Stelle Neuankömmlinge aus Skandinavien traten, deren religiöse wie politsche Optionen zumindest unsicher erschienen. Ludwig sammelte ein Heer und begab sich nach N. Zu seiner eigenen Überraschung zog er ohne Schwertstreich in Rouen ein, während viele ihm feindlich gesonnene Normannen das Land ohne Kampf verließen. Ludwig hatte Hugo aufgefordert, das angebliche Bollwerk des Heidentums, Bayeux, zu belagern, was dieser auch tat. Nach seinem leichten Erfolg in Rouen befahl Ludwig jedoch, dass Hugo die Belagerung aufgeben solle, wohl weil er diesem den Gewinn von Bayeux nicht gönnte. Kurz darauf hielt Ludwig selbst seinen Einzug in der Stadt, auch hier ohne Kampf und Belagerung. Der König schien auf dem Höhepunkt seiner Macht!
    Das seit 942 gute Verhältnis zu Hugo Magnus, auf das jedoch schon im Vorjahr einige Schatten gefallen waren, wurde hierdurch auf das Schwerste belastet. Die im Frühjahr 945 begonnene Belagerung von Reims mit dem Ziel, den seit 943 am Hofe des KAROLINGERS weilenden ehemaligen Erzbischof Artold wieder in seine alte Würde einzusetzen, scheiterte letzlich an der drohenden Haltung Hugos.
    Ludwig kehrte in die Normandie zurück, wo er scheinbar allgemein anerkannt war, doch fiel er am 13. Juli 945 zwischen Rouen und Bayeux in einen Hinterhalt, sein Gefolge wurde niedergemetzelt. Ludwig konnte zwar zunächst nach Rouen entkommen, wurde dort jedoch gefangengesetzt und nach längeren Verhandlungen an Hugo Magnus ausgeliefert. Die Normannen hatten die Gestellung des ältesten Sohnes Ludwigs, des damals 4-jährigen Lothar, als Geisel gefordert, was Königin Gerberga strikt abgelehnt hatte. Sie mußten sich mit dem Letztgeborenen Karl begnügen, der wahrscheinlich in normannischer Gefangenschaft starb.
    Damit schien Ludwig dassselbe Schicksal beschieden wie seinem Vater; in wenigen Monaten war dem Höhepunkt der Macht der tiefste Sturz gefolgt. Hugo Magnus begab sich sogleich nach Lothringen, um die zu erwartenden Demarchen Gerbergas bei ihrem Bruder zu neutralisieren, doch OTTO entzog sich der gewünschten Unterredung und entsandte Herzog Konrad von Lothringen. Es konnte nicht in OTTOS Interesse liegen, Hugo als den unumstrittenen Herrscher W-Frankens, gewissermaßen als König ohne Krone, anzuerkennen. So zog Hugo unverrichteter Dinge in die Francia zurück. Es scheint unwahrscheinlich, dass er ernsthaft die Absetzung des Königs betrieben hat - er datiert seine Urkunden unverändert nach den Regierungsjahren Ludwigs -, doch der Preis für die Freilassung war hoch: die königliche Residenz Laon, die festeste Stadt W-Frankens, mußte Hugo übergeben werden.
    Der freigekommene Ludwig verbündete sich sogleich mit OTTO, der an der Spitze eines großen Heeres nach W-Franken zog, dem sich der KAROLINGER und Arnulf von Flandern anschlossen. Die Einnahme von Laon erwies sich als unmöglich, eine Belagerung als zeitraubend, so dass sich das Interesse OTTOS auf Reims konzentrierte. Erzbischof Hugo erkannte die Aussichtslosigkeit des Widerstands: Die Belagerer billigten ihm freien Abzug zu, und er zog sich nach Mouzon zurück, ohne formell als Erzbischof abgedankt zu haben. Nach dem Einzug der Könige in Reims wurde Artold feierlich in sein altes Amt eingesetzt.
    Das Heer zog noch bis in die Nähe von Paris, doch konnte von einer Belagerung keine Rede sein, zumal Hugo selbst sich nach Orleans zurückgezogen hatte und von dort den Gang der Dinge beobachtete. In der Tat sah OTTO sich bald zun Rückzug gezwungen: Der etwa dreimonatige Feldzug hatte als einziges greifbares Resultat die Wiedereinsetzung Artolds gebracht, und der Kampf um das Erzbistum Reims sollte in den Folgejahren im Vordergrund stehen.
    Während Ludwig das Osterfest 947 bei OTTO in Aachen verbrachte, belagerte Hugo Reims. Doch dieses Mal kapitulierte Artold nicht. Im Sommer 947 trafen OTTO und Ludwig erneut am Chiers zusammen, um über die Reimser Frage zu beraten. Die anwesenden Bischöfe bestanden auf einer Synode, die schließlich unter dem Vorsitz Erzbischof Roberts von Trier in Verdun zusammentrat; dort erschien Hugo, obwohl geladen, jedoch nicht. Die Synode erklärte sich einstimmig für Artold als rechtmäßigen Erzbischof, ließ Hugo jedoch eine Einspruchsfrist bis zum 13. Januar 948. Zu diesem Datum trat abermals eine Synode unter Vorsitz des Trierer Erzbischofs zusammen, dieses Mal jedoch in der Peterskirche direkt vor den Mauern von Mouzon, wohin Erzbischof Hugo sich geflüchtet hatte. Dieser begab sich zwar zu einem Gespräch mit Erzbischof Robert vor die Peterskirche, weigerte sich aber, vor der Synode zu erscheinen, die ihn prompt exkommunizierte und Artold erneut als rechtmäßigen Amtsinhaber bestätigte. Die schriftliche Mitteiling an Hugo sandte dieser sofort an Robert zurück mit dem Bemerken, dass er sich in keiner Weise an den Beschluß der Synode gebunden fühle. Artold wandte sich nunmehr direkt an Papst Agapet II. (946-955), um eine endgültige Entscheidung herbeizuführen. Der Papst entsandte in der Tat eigens einen Legaten, den Bischof Marinus von Bomarzo, Bibliothekar der römischen Kirche, zu OTTO. Das Konzil wurde zum 7. Juni 948 in die Pfalz Ingelheim bei Mainz einberufen, wo die heilige und Generalsynode (sancta er generalis synodus) unter dem Vorsitz des Kardinallegaten in der dortigen Remigius-Kirche zusammentrat. Die päpstliche Kanzlei hatte eigene Einladungsschreiben an bestimmte Bischöfe der Gallia und und der Germania versandt, darunter selbstverständlich auch an Erzbischof Hugo und dessen Onkel Hugo Magnus, die jedoch beide nicht erschienen, womit der Ausgang des Konzils weitgehend präjudiziert war.
    Es verstand sich fast von selbst, dass die Bischöfe aus dem Machtbereich Herzog Hugos an dem Konzil nicht teilnahmen; aber auch Arnulf von Flandern sorgte für die Abwesenheit der Bischöfe von Arras, Therouanne und Tournai. Mit Ausnahme des Erzbischofs Artold und des aus seinem Sitz vertriebenen Bischofs Rudolf von Laon unterstanden alle übrigen der insgesamt 32 teilnehmenden Bischöfe dem ostfränkischen König. Ludwig war persönlich in Ingelheim erschienen, um die Sache Artolds, die ja auch die seine war, vor dem Legaten und König OTTO zu vertreten, den somit eine Schiedsrichterrolle zufiel.
    Die Verhandlungen verliefen im Sinne Ludwigs und Artolds. Schon am 8. Juni fällt das Konzil sein Urteil: Hugo wurde exkommuniziert; die Bischöfe, die ihn ordiniert hatten (Wido von Soissons und Wido von Auxerre), der von Hugo geweihte Theobald von Amiens und alle übrigen, die von Hugo Weihen empfangen hatten, wurden mit der Exkommunikation bedroht, falls sie nicht bis zur nächsten in Trier angesagten Synode (8. September) Abbitte leisteten. Damit war die "Reimser Frage" endgültig im Sinne Artolds und Ludwigs entschieden; darüber hinaus stellte OTTO seinem Schwager ein lothringisches Heer unter Führung Herzog Konrads zur Verfügung. Dieses Heer belagerte zunächst Mouzon, doch glückte es Hugo von Vermandois - Bischof war er nun nicht mehr - zu entkommen. Das Heer belagerte schließlich erfolgreich Montaigu und zog vor das nahe Laon, dessen Einnahme jedoch nicht gelang.
    Kurz darauf begab sich Erzbischof Artold mit drei seiner Suffragane zu der auf den 8. September einberufenen Synode von Trier, die sich als direkte Fortsetzung des Ingelheimer Konzils verstand. Einschließlich des Kardinallegaten waren nur 6 Bischöfe anwesend. Nach einigen Zögern - die Macht Hugos Magnus war ungebrochen - entschloß sich die Synode am 10. September schließlich doch zum letzten Schritt: der Exkommunikation Hugos. Die Synode vermied dabei sorgsam eine politische Begründung wie etwa eine Unterstützung Hugos von Vermandois im Kampf um das Erzbistum Reims. Die Exkommunikation Hugos wurde allein mit den Missetaten begründet, die dieser gegen die Besitzungen der Reimser Kirche begangen hatte.
    Spätestens hier ist es an der Zeit, den chronologischen Gang der Darstellung für einige Überlegungen grundsätzlicher Natur zu unterbrechen. Es muß auffallen, dass die Entscheidung im Reimser Bistumsstreit im Reiche OTTOS und im wesentlichen von Bischöfen aus dessen Reich gefällt wurde; auch zögerte König Ludwig nicht, selbst in Ingelheim zu erscheinen, um dort seine Sache zu vertreten. Nach dem Sprachgebrauch der Historiker des 19. Jahrhunders hieße dies nichts anderes, als dass der Streit um das vornehmste "französische" Erzbistum in "Deutschland" und von "deutschen Bischöfen" entschieden wurde, wobei der "französische" König sich nicht scheute, nach "Deutschland" zu reisen, um dort die Sache des "französischen" Bistums Reims zu vertreten - und all dies ohne die leiseste Kritik einer zeitgenössischen Quelle; insbesondere die direkten Gegenspieler Ludwigs, Hugo Magnus und Hugo von Vermandois, um dessen Bistum es ja schließlich ging, kamen offenbar zu keinem Zeitpunkt auf den doch eigentlich naheliegenden Gedanken, die Autorität des Ingelheimer Konzils mit dem Argument zu bestreiten, dass über Angelegenheiten der "französischen" Kirche nicht in "Deutschland" und von "deutschen" Bischöfen entschieden werden dürfe. Hugo Magnus wäre zu einem solchen Einwand am wenigsten berufen gewesen, war er es doch, der 940 OTTO I. in Attigny gehuldigt hatte. Dieser Akt des "Hochverrats" hat die französische Historiographie des vergangenen Jahrhunderts stark beschäftigt und zu gewundenen Erklärungen geführt, obwohl der historische Sachverhalt doch eigentlich sehr einfach und eindeutig ist: Alle diese Vorgänge bezeugen lediglich die Tatsache, dass "Deutschland" und "Frankreich" im 10. Jahrhundert noch keine historische Realität sind, sondern das fränkische Großreich, wenn auch geteilt in ein ost- und westfränkisches Reich, noch immer das Denken der Zeit beherrscht. Von "Deutschland" und "Frankreich" wird man erst viel später sprechen können.
    Die Jahre 949-953 standen für Hugo Magnus unter dem Motto "Schadensbegrenzung". Die Exkommunikation verfehlte ihre Wirkung nicht, zumal sie im Beisein und unter dem Vorsitz des päpstlichen Legaten ausgesprochen worden war. Eine Exkommunikation durch den Papst selbst mußte daher unter allen Umstännden verhindert werden. Ein Wiederaufrollen der Reimser Frage stand nicht zur Diskussion. Die Entscheidung Roms war unwiderruflich, doch Hugos Machtposition hatte sich darum nicht entscheidend verschlechtert, auch wenn Laon Anfang 949 bis auf seinen großen Turm überraschend in die Hände Ludwigs fiel. Alle Versuche Hugos, Laon zurückgewinnen, blieben ergebnislos.
    Zu allem Überfluß bestätigte eine römische Synode unter Vorsitz von Papst Agapet II. die Entscheidungen von Ingelheim und Trier: Hugo Magnus und Hugo von Vermandois blieben somit förmlich exkommuniziert, was seinen Eindruck auf den westfränkischen Episkopat nicht verfehlte. Nachdem Gerberga schon das Osterfest 949 bei OTTO in Aachen verbracht hatte, suchte Ludwig OTTO nun seinerseits Anfang 950 in Lothringen auf, um Friedensverhandlungen mit Hugo vorzuschlagen. Unter Vermittlung Herzog Konrads von Lothringen kam es im Frühjahr 950 zu einem Grenztreffen Ludwigs mit Hugo an der Marne, an dem auch die Herzöge Konrad von Lothringen und Hugo der Schwarze von Burgund teilnahmen. Hugo erneuerte seinen Lehnseid und gab dem König den Turm von Laon zurück. Als jedoch Ludwig im Frühsommer 950 in Laon krank darniederlag, nutzte Hugo dies sofort zu seinen Gunsten, um sich Aminens' zu bemächtigen, was den gerade erst geschlossenen Frieden sogleich wieder brüchig machte. 951 verbrachte Hugo schließlich das Osterfest bei OTTO in Aachen; damit signalisierte OTTO, dass ihm die Position Ludwigs hinreichend gefestigt, die Hugos verbesserungswürdig erschien, um das Gleichgewicht der Kräfte im Westen zu sichern. Die Beziehungen zu Ludwig litten darunter nicht.
    Es war kein geringer Schock für Ludwig, als seine Mutter Eadgyfu, die in den Jahren ihres Aufenthalts in W-Franken stets im Schatten der Gerberga gestanden und keinen erkennbaren Einfluß auf die Politik ihres Sohnes gewonnen hatte, ausgerechnet den gleichnamigen Sohn des einstigen Kerkermeisters Karls III. von W-Franken heiratete, der erheblich jünger gewesen sein muß als sie. Eadgyfu floh aus Laon und brach mit ihrem Sohn, der ihr sofort das Wittum Attigny und die Abtei Notre-Dame in Laon entzog und letztere sogleich seiner Gemahlin Gerberga übertrug. Es war dann auch Gerberga, die nach einer persönlichen Zusammenkunft mit Hugo die erneute Aussöhnung zwischen diesem und ihrem Gemahl einleitete. Am 13. März 953 wurde der Friede in Soissons besiegelt, der zu Lebzeiten Ludwigs nicht mehr gebrochen wurde.
    Im Sommer oder Herbst des Jahres gebar Gerberga Zwillinge, die auf die Namen ihrer Großväter Heinrich und Karl getauft wurden. Während Heinrich kurz nach der Taufe starb, war Karl dazu berufen, den Endkampf der karolingischen Dynastie gegen die ROBERTINER zu führen. Noch im Jahre 953 hatte ihm der Vater Burgund mit dem Königstitel als Ausstattung zugedacht. Die Zeit ist darüber hinweggegangen. Während im Osten OTTO mit der Niederwerfung des Aufstandes Herzog Konrads von Lothringen beschäftigt war und in diesem Zusammenhang seinen Bruder Brun zunächst zum Erzbischof von Köln, bald darauf auch zum Herzog von Lothringen machte, ergossen sich von Konrad herbeigerufene Scharen der Ungarn im Frühjahr nach Lothringen und W-Franken. Ludwig scheint das Risiko einer Schlacht gescheut zu haben, jedenfalls ist von kriegerischen Aktivitäten gegen die Ungarn nichts bekannt. Im Sommer verlor Ludwig seinen gleichnamigen, erst fünf Jahre alten Sohn, der offenbar in Laon beigesetzt wurde. Auf dem Weg von Laon nach Reims verfolgte Ludwig einen Wolf; er stürzte vom Pferd und zog sich innere Verletzungen zu. Am 10. September 954 starb er in Reims, wo er im Remigiuskloster (St-Remi) bestattet wurde. Die Beisetzungsfeierlichkeit wird wohl sein alter Kampfgefährte Artold geleitet haben.
    Es ist schwer, ein Urteil über einen Herrscher zu fällen, der in der Blüte des Lebens, nur 33 Jahre alt, gestorben ist. Ludwigs persönlicher Mut und Tatkraft stehen außer Zweifel. Große politische Konzeptionen sind von einem Herrscher, der praktisch sein Leben lang nur um das politische Überleben kämpfte, kaum zu erwarten: Das Ringen mit Hugo Magnus hatte 18 Jahre hindurch seine ganze Kraft in Anspruch genommen. Unter dynastischen Aspekt war es fraglos eine große Tat Ludwigs, die westfränkische Linie des karolingischen Hauses politisch überhaupt wieder zu einem mitbestimmenden Faktor westfränkischer Politik gemacht zu haben, was 923 schon endgültig ad acta gelegt schien. Einen entscheidenden Sieg über die viel mächtigeren ROBERTINER konnte er nicht erringen, und so hat man ihm denn auch eher vorgeworfen, ihnen auf dem Weg zur Königsherrschaft nur im Wege gestanden und den inneren Machtkampf in Westfranken verlängert zu haben. Eine solche Sicht der Dinge verkennt allerdings, dass sich Hugo Magnus und später Hugo Capet gar nicht ernsthaft um den Erwerb der Königswürde bemühten. Es ist müßig darüber zu spekulieren, ob sich Ludwig bei längerer Herrschaft vielleicht doch gegen Hugo Magnus durchgesetzt haben würde. Wahrscheinlich ist das nicht; sicher ist nur, dass er bis zum letzten Atemzug um seine Königswürde gekämpft hätte.

    Schieffer Rudolf:, "Die Karolinger"

    Jedenfalls erschien der am Hofe von Wessex aufgewachsene, deshalb der "Überseeische" genannte, Sohn Karls des Einfältigen kaum aus eigenem Antrieb am Strand von Boulougne, wo ihn Hugo "und die übrigen Großen der Franken" huldigend in Empfang nahmen, sondern begann in der fremden Umwelt sein Königtum, zu dem er am 19.6.936 von Artold von Reims in Laon gekrönt wurde, eher wie eine Schachfigur in den Händen Mächtiger und hatte zeitlebens mit dieser mißlichen Rolle zu kämpfen. Zunächst und vor allem war es Hugo, der sich die königliche Autorität lieh, um mit dem Titel eines dux Francorum seinen angestammten Vorrang im nördlichen Kerngebiet des Reiches, in "Franzien", aber auch vor den anderen Großvasallen des gesamten W-Franken formalisieren zu lassen, und der zudem den Versuch machte, Ludwig ständig an seine Umgebung zu binden. Als sich der junge König 937 dieser "Vormundschaft" entwand, fiel es dem ROBERTINER offenbar nicht schwer, ihn zu isolieren, indem er sich rasch mit seinem bisherigen Gegner Heribert von Vermandois verständigte und noch vor Ludwig IV. Verbindung zu König OTTO I. aufnahm, dem Sohn und Nachfolger HEINRICHS I. jenseits der Maas, der sich im Vorjahr demonstrativ in Aachen hatte krönen lassen und dessen Schwester Hadwig Hugo der Große nun ehelichte.
    Vor diesem Hintergrund mußte es Ludwig als verlockender Wink des Schicksals erscheinen, dass sich Herzog Giselbert von Lothringen 939 im Aufstand gegen OTTO zusammen mit anderen Großen des regnum Lotharii ihm als König unterstellte. Um für den Fall des Erfolgs der verbreiteten Erhebung seine Ansprüche auf das noch vom Vater innegehabte karolingische Stammland zu sichern, nahm Ludwig alle Kräfte zusammen und rückte über Verdun bis in das Elsaß vor, doch fiel die Entscheidung weiter nördlich bei Andernach, wo Giselbert am 2.10.939 auf der Flucht im Rhein ertrank, nachdem der ihm verbündete Herzog Eberhard von Franken im Kampf gefallen war. Die Aussicht auf eine Rückgewinnung Lothringens hatte sich so schnell zerschlagen wie sie aufgetaucht war, aber da Ludwig Giselberts Witwe Gerberga, die Tochter König HEINRICHS I., beim Rückzug mit sich nahm und bald darauf heiratete, scheint er doch nicht jede Hoffnung aufgegeben zu haben und tat es im übrigen Hugo dem Großen gleich, der sich ja vorher schon mit OTTO I. verschwägert hatte. Vorerst freilich gab der Fehlschlag seinen inneren Gegnern neuen Auftrieb: Hugo von Franzien und Heribert von Vermandois nahmen 940 gemeinsam die Stadt Reims ein, wo sie Erzbischof Artold, Ludwigs Coronator, wieder zugunsten von Heriberts Sohn Hugo verdrängten, und gegen Jahresende trafen sie in der einstigen KAROLINGER-Pfalz Attigny OTTO I., der mit einem Heereszug nach W-Franken auf das vorjährige Verhalten Ludwigs IV. reagierte und nun die Huldigung von dessen wichtigsten Vasallen entgegennahm. Da es der liudolfingische König indes bei einer Demonstration seiner Überlegenheit beließ, konnte er zwei Jahre später nach erneutem Aufflammen der inneren Fehden von beiden Lagern in W-Franken als schlichtender Vermittler angerufen werden. In Vise an der Maas, also nicht an der Grenze, sondern auf lothringischem Boden, empfing er im November 942 seine beiden Schwäger, König Ludwig und Herzog Hugo, samt deren gewichtigsten Parteigängern zu einer allgemeinen Versöhnung, die für den bedrängten KAROLINGER eine Stabilisierung seines Königtums bei abermaligem Verzicht auf Lothringen bedeutete.
    Die ersten Jahre lehrten Ludwig IV., dass er nicht daran denken konnte, von seiner begrenzten Krondomäne um Reims und Laon sowie den Oise-Pfalzen aus der großen Lehnsfürsten insgesamt Herr zu werden; vielmehr mußte er bemüht sein, durch Bündnisse und Konzessionen zwischen ihnen zu lavieren, um sich in den wechselvollen Positionskämpfen zu behaupten, und dabei stets die Möglichkeit ottonischen Eingreifens in Betracht ziehen, das meist darauf abzielte, keinen Machthaber in W-Franken allzu dominant werden zu lassen. In diesem Sinne wandte sich Ludwig bereits 937 auf der Suche nach einem Gegengewicht zu Hugo von Franzien dem burgundischen marchio Hugo dem Schwarzen zu, dem Bruder des verstorbenen Königs Rudolf, bis dieser 940 durch einen Vorstoß OTTOS I. nach Burgund gezwungen wurde, von der Feindschaft gegen die ROBERTINER abzulassen. 942 verschaffte sich Ludwig neuen Rückhalt bei Wilhelm III. Werghaupt von Poitou (+ 963), den er als marchio von Aquitanien anerkannte, und überdies in Rouen bei Wilhelm I. Langschwert von der Normandie sowie den dort erschienenen Fürsten der Bretonen, bevor sich gegen Jahresende in Vise durch OTTO I. wieder ein Modus vivendi mit Hugo dem Großen und dessen Anhang einstellte. Das karolingische Königtum stand damals schon nicht mehr auf zwei Augen dank der Geburt eines Stammhalters Lothar, den Gerberga Ende 941 zur Welt gebracht hatte, und gewann sogar unerwarteten Spielraum, als Wilhelm von der Normandie Ende 942 durch Leute des Grafen von Flandern ermordet wurde und Anfang 943 auch Heribert II. von Vermandois starb. Während Heriberts erwachsene Söhne im Erbstreit unter sich blieben und als Machtfaktor vorerst ausfielen, rief die Situation bei den Normannen, wo der Nachfolger Richard I. noch unmündig und keineswegs überall anerkannt war, den königlichen Oberlehnsherrn auf den Plan. Ludwig IV. schlug sich von Rouen aus energisch gegen normannische Teilfürsten und wiedererstehendes Heidentum, geriet aber 945 in einen Hinterhalt seiner Gegner, die ihn festsetzten und an Hugo von Franzien auslieferten. Der dux Francorum überließ seinem Grafen Tedbald von Blois und Chartres die Bewachung und verlangte die Abtretung von Laon als Bedingung der Freilassung.
    Dem Los seines Vaters Karl entging Ludwig IV. nicht aus eigener Kraft oder durch den Mut seiner Getreuen, sondern dank auswärtiger Intervention gegen eine derartige Demütigung des gesalbten Königs. Zwar mußte Gerberga Laon preisgeben, aber sie rief König Edmund von Wessex, Ludwigs Oheim, ferner ihren eigenen Bruder König OTTO I. sowie den Papst zu Hilfe und erreichte, dass ihr Gatte im Sommer 946 wieder freikam und OTTO - genau umgekehrt wie 940 - zugunsten seines karolingischen Schwagers und gegen den robertinischen einen Feldzug nach W-Franken anführte. Sein Heer richtete im Verein mit demjenigen Ludwigs vor Laon, Senlis, Paris und Rouen wenig aus, errang jedoch einen wichtigen Erfolg durch die Erstürmung von Reims, wo daraufhin Artold wieder den erzbischöflichen Platz seines Rivalen Hugo von Vermandois einnehmen konnte. Ludwigs Lage blieb gleichwohl prekär und legte ihm weiter enges Zusammenwirken mit OTTO nahe, das dann am 7.6.948 in der gemeinsamen Synode von 32 Bischöfen beider Reiche unter dem Vorsitz eines päpstlichen Abgesandten in Ingelheim gipfelte. Die Versammlung im Beisein sowohl OTTOS wie Ludwigs (in formeller Gleichrangigkeit) war in ihrer Art einmalig im 10. Jahrhundert; sie gemahnte nicht bloß äußerlich an die vergangenen Zeiten des großfränkischen Reiches, sondern griff auch sachlich die karolingische Tradition auf, indem sie ihr ganzes moralisches Gewicht für die Königsgewalt in die Waagschale warf und demgemäß Hugo den Großen als "Angreifer und Räuber von Ludwigs Königtum" ebenso strikt verurteilte wie den "Schein-Bischof" Hugo, der in Reims Artold von seinem rechtmäßigen Sitz vertrieben habe. Dem synodalen Bannfluch folgte alsbald ein neuer, vom lothringischen Herzog Konrad dem Roten befehligter Feldzug nach W-Franken, der "sich nicht als Krieg, sondern als Exekution... gab" (H.Fuhrmann), aber kaum etwas bewirkte.
    Die Rückgewinnung von Laon, längst die wichtigste Bastion für die KAROLINGER, glückte Ludwig erst 949 durch nächtliche Überrumpelung, bei der freilich die Zitadelle der Stadt unbezwungen blieb. Zu den Folgen gehörte eine neue Verständigung mit dem Hause VERMANDOIS: Albert, der sich unter den Söhnen Heriberts II. als Erbe der eigentlichen Grafschaft durchgesetzt hatte, huldigte dem König und bekam bald darauf Gerbergas gleichnamige Tochter aus deren erster Ehe mit Giselbert von Lothringen zur Frau, während sein Bruder Heribert III., Laienabt von Saint-Medard in Soissons, 951 die Königin-Mutter Eadgifu heiratete. Endgültig fallengelassen wurde dabei der weitere Bruder Hugo, der in Ingelheim verurteilte Erzbischof, der jahrelang Reims den KAROLINGERN vorenthalten hatte. Auch der ROBERTINER Hugo, dessen Kirchenbann 949 sogar Papst Agapit II. (946-955) in Rom bestätigte, fand sich Ende 950 bei einem von Herzog Konrad dem Roten vermittelten Treffen an der Marne zum Ausgleich mit König Ludwig bereit und überließ ihm nun auch wieder die Laoner Zitadelle; nach neuen Verwicklungen wurde der Friede zwischen dem rex Francorum und dem dux Francorum am 20.3.953 in Soissons feierlich bekräftigt. Ludwig kam in die Lage, sich auch wieder dem S seines Reiches zu widmen, sah sich 951 und 954 durch Ungarneinfälle bis nach Aquitanien herausgefordert und hielt vor allem weiter ständig Fühlung mit Adelskreisen beiderseits der östlichen Grenze zu Lothringen. Anders als 939 hütete er sich, in den neuen Aufstand gegen OTTO I. einzugreifen, bei dem Herzog Konrad der Rote, sein bisheriger Beschützer, 953 auf die Seite der Gegner des Königs trat, und er erlebte, dass OTTO das regnum Lothariense - und damit die Wahrung seiner politischen Interessen nach W hin - nicht dem gegen Konrad aufgetretenen Neffen Giselberts, dem Grafen Reginar III. von Hennegau, sondern seinem eigenen Bruder Brun übertrug, der seit 953 als Erzbischof von Köln geistliche und weltliche Vollmachten miteinander zu verbinden hatte.
    In seiner Familie war Ludwig IV. seit der Geburt Lothars, seines Ältesten, von manchem Unglück betroffen worden. Sein zweiter Sohn namens Karl, der 945 nach und vor je einer Schwester zur Welt gekommen war, mußte während der Gefangenschaft des Vaters (946) den Normannen als Geisel gestellt werden und kam in deren Gewahrsanm zu Tode. Auch ein dritter Sohn Ludwig, den Gerberga 948 gebar, starb im Kindesalter noch vor dem Vater. Als die Königin 953 in Laon mit Zwillingen niederkam, erhielten sie die Namen ihrer königlichen Großväter, Karls des Einfältigen und HEINRICHS I., doch nur der Erstgenannte überlebte. Er scheint, wenn zwei vereinzelte Urkunden nicht täuschen, beim Vater sogar Erwägungen über eine künftige Reichsteilung ausgelöst zu haben, bei der ihm insbesondere Burgund zugefallen wäre, wo 952 mit dem marchio Hugo dem Schwarzen die bosonidische Linie ausgestorben war. Doch lange bevor derartige Pläne ausreifen konnten, traf das KAROLINGER-Haus wiederum die Ungunst des Schicksals: Ludwig IV., der nach schwierigem Beginn und argen Rückschlägen eben erst seine königliche Stellung einigermaßen gefestigt zu haben schien, verunglückte durch einen Sturz vom Pferd und starb an den Folgen im Alter von 33 Jahren am 10.9.954 in Reims, wo er in Saint-Remi begraben liegt.

    939 oo 2. Gerberga von Sachsen, Tochter des Königs HEINRICH I., 913-5.5.969

    Kinder:
    - Lothar III. Ende 941-2.3.986
    - ? Gerberga 940 oder 942-
    954 oo Albert I. Graf von Vermandois um 915-9.8.987
    - Karl 945- 953
    - Mathilde Ende 943-26.11. nach 981
    964 oo 2. Konrad König von Burgund um 923-19.10.993
    - Ludwig 948-10.11.954 Laon
    - Karl Herzog von Nieder-Lothringen Sommer 953- nach 991 Laon
    - Heinrich Sommer 953- 953 Laon

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 89-92 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 88 Anm. 31.100,101 Anm. 106,106 Anm. 11,123,126 Anm. 94,127 Anm. 94,153,161 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 53,57,60,63-65,84 - Boshof Egon: Die Salier. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 13,28 - Diwald Helmut: Heinrich der Erste. Die Gründung des Deutschen Reiches. Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1987, Seite 245 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 23,27,42,45 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 23,30,34,44,47-59,61,64 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 294,297,318 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, Seite 24,28,33,37,41,65,127,169,187,193, 271,283,287 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 68,105 - Hlawitschka Eduard: Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte. Anton Hiersemann Stuttgart 1968, Seite 189 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite110,120,123-132,138,162 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 294, 299-302,306-309,311,320,344,407 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 203-214,224 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 95,122,127-130,135 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 5-405 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 489,492-495, 497,512,515 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 101,141,155,157, 165,167 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989, Seite 71,104,112,114,123,126,193,238 -

    Geburt:
    10.9.

    Name:
    Transmarinus, d’Outre-Mer

    Begraben:
    St-Remi

    Ludwig heiratete von Sachsen, Gerberga in 939. Gerberga (Tochter von von Sachsen, Heinrich I. und von Ringelheim, Mathilde) wurde geboren in 913; gestorben am 5 Mai 969 in Nordhausen [99734],Nordhausen,Thüringen,Deutschland; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 290. von Frankreich, Lothar  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in Ende 941; gestorben am 2 Mrz 986 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.
    2. 291. von Frankreich, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in Jan 945; gestorben in 953.
    3. 292. von Frankreich, Mathilde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 943; gestorben nach 981.
    4. 293. von Frankreich, Ludwig  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in Dez 948; gestorben am 10 Nov 954 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.
    5. 294. von Niederlothringen, Karl  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 953 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; gestorben am 22 Jun 992; wurde beigesetzt in Maastricht,Limburg,Niederlande,Niederlande.
    6. 295. von Frankreich, Heinrich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 953 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; gestorben in 953.

  47. 227.  Roriko Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 920; gestorben am 20 Dez 976; wurde beigesetzt in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Beruf: 948-976, Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; Bischof von Laon

    Notizen:

    Illegitimer Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich

    Begraben:
    Abtei Saint-Vincent in Laon


  48. 228.  Arnulf Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Illegitimer Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich


  49. 229.  Drogo Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Illegitimer Sohn des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich


  50. 230.  Alpais Graphische Anzeige der Nachkommen (180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Illegitime Tochter des Königs Karl III. der Einfältige von Frankreich



Generation: 12

  1. 231.  von Frankreich, Hugo Capetvon Frankreich, Hugo Capet Graphische Anzeige der Nachkommen (188.Hugo11, 143.Beatrix10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 940 in Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; gestorben am 24 Okt 996 in Melun [77000],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Paris [75001],Paris,Île-de-France,Frankreich; Graf von Paris
    • Titel/Amt/Status: 956-996, Franzien,Frankreich; Herzog von Franzien
    • Titel/Amt/Status: 987-996, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Hugo Capet als König

    Hugues Ier Capet



    Hugo Capet
    König von Frankreich (987-996)
    Herzog von Franzien (956-996)
    Graf von Paris
    um 940 Paris - 24.10.996 Melun Begraben: St-Denis
    Ältester Sohn des Herzogs Hugo der Große von Franzien aus seiner 3. Ehe mit der Hadwig von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 157

    Hugo Capet (Hugues Capet), Herzog von Franzien, seit 987 König von Frankreich aus der Familie der ROBERTINER
    * 939/41, + 24. Oktober 996 Begraben: St-Denis
    Sohn Herzog Hugos des Großen und Hadwigs, Schwester Kaiser OTTOS I.

    oo Adelheid, Tochter Herzog Wilhelms (Werghaupt) von Aquitanien

    Den verschieden gedeuteten Beinamen ‚Capet‘ erhielt Hugo erst im 12. Jh. Der beim Tode seines Vaters (956) noch minderjährige Hugo trat 960 dessen Nachfolge im Herzogtum Franzien an; sein Bruder Otto wurde Herzog von Burgund. Als mächtigster Mann im W-Frankrenreich, der im Konflikt König Lothars mit den OTTONEN zunächst, nach einer Entfremdung 980/81, auf seiten des KAROLINGERS blieb, jedoch eine eigenständige Politik zwischen König, Kaiser und eigenem Herzogtum bertrieb und schon vor dem Tod Ludwigs V. eine gegen den König gerichtete Koalition mit dem Erzbischof Adalbero von Reims einging, war Hugo Capet nach dem Tod des kinderlosen Ludwig der aussichtsreichste Anwärter auf den Königsthron. Ende Mai 987 wurde er in Senlis mit Hilfe Adalberos und der robertinischen Vasallen zum König gewählt, am 3. Juli in Noyon durch Adalbero geweiht. Hugo Capet mußte sein Königtum dann allerdings jahrelang gegen die Thronansprüche des vom Reimser Erzbischof zurückgewiesenen Karl von Nieder-Lothringen, des Bruders Lothars, durchsetzen, der sich vor allem auf die Grafen von Troyes, Blois, Vermandois und den Erzbischof von Sens stützen konnte. 991 konnte er Karl in seinen Gewahrsam bringen, wo dieser im folgenden Jahr verstarb. Ein neues Bündnis zugunsten von Karls Sohn Otto 993 unter der Führung Odos von Blois blieb erfolglos. Als Folge dieser Kämpfe blieben die Auseinandersetzungen um das Erzbistum Reims, wo Karl 989 seinen Neffen Arnulf eingesetzt hatte. Ihm stellte die Synode von Verzy (St-Basle) Gerbert entgegen, der aber auf cluniazensischen und päpstlichen Widerstand stieß und 995 auf der Synode von Mouzon suspendiert wurde. - Hugo Capet, der bereits am 30. Dezember 987 seinen Sohn Robert zum Mitkönig erheben ließ und die Dynastie der KAPETINGER begründete, knüpfte doch bewußt an die karolingische Tradition an (Schneidmüller). Der Dynastiewechsel bedeutete daher keine tiefe Zäsur, fiel jedoch in eine Zeit großer struktureller Veränderungen und stabilisierte mit der Beendigung des langwierigen Machtkampfes zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN die Monrchie, während der königliche Machtbereich auf Fürstentum (vor allem um Orleans und Paris) und Krondomäne (vor allem im Oise-Aine-Gebiet) beschränkt blieb; Hugo Capet war von einem starken Herzog zu einem schwachen König geworden (Werner), der seine Stellung aber vor allem mit diplomatischen Mitteln zu sichern wußte (Hallam). Die Schwäche seiner Regierung (Lot) müssen zudem im Lichte der widrigen Zeitverhältnisse gesehen werden (Sassier).

    Literatur:
    RHF 10 [Urkk.; Neued. in Vorber.] – W. Kienast, Der Hzg.stitel in Dtl. und Frankreich, 1968 – HEG I, 1976, 752ff [K. F. Werner] – B. Schneidmüller, Karolingische Tradition und frühes französisches Königtum (Frankfurter Historische Abhandlung 22, 1979) -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 476, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. Generation 10-15

    Die Kinder Hugos des Großenfehlen bei Brandenburg, da er die Historizität von RobertsEhe mit Beatrix aus dem Hause der HERIBERTINER (siehe oben IV, 4) nicht erkannt hat. Aus ihr ging Hugo der Große und über ihn die kapetingische Königsdynastie hervor. Für die Daten Hugo Capets und seiner Geschwister verweise ich, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt wird, auf die beiden Werke von F. Lot, Les Derniers Carolingiens, Paria 1891, und Etudes sur le regne de Hugues Capet, Paris 1903 (vgl. dort im Register zu den einzelnen Namen).
    Zu Beatrix und ihrer politischen Tätigkeit in Ober-Lothringen, das sie nach dem Tode des Gemahls regierte, vgl. auch Uhlirz (Register). 987 zuletzt erwähnt, starb sie an einem 23. September. Das entnehme ich dem Nekrolog von S.-Denis, HF Obituaires I, 1, 327, wo zu den 9. Kal. des Oktober steht: Beatrix, soror Hugonitor (sic). Der Kopist hat hier die Abkürzung für regis Francorum offenbar nicht mehr verstanden. Hugos Schwester Emma heiratete 960, wie wir durch Flodoard wissen, Herzog Richard I. von Normandie und wird zuletzte in dessen Urkunde von 968 III 18 (ed. Marie Fauroux, Recueil des actes des ducs de Normandie, Caen 1961, nr. 3) erwähnt. Die Ehe blieb jedoch kinderlos; die späteren Herzöge stammen aus Richards zweiter Ehe mit der Dänin Gunnor.
    Zu Brandenburgs Heribert von Auxerre, einem unehelichen Sohn Hugos des Großen, der wie Beatrixeinen HERIBERTINER-Namen erhielt, vgl. Gams 502: Er wurde 971 I 8 Bischof und starb 996 VIII 23.

    Glocker Winfried: Seite 288, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    V. 26 Hugo Capet
    * c 940, + 996 X 24;

    960 dux Francorum, 987 VII 3 König von Frankreich,

    1. oo 970 Adelheid, Tochter Graf Wilhelms I. von Poitou, + c. 1004;

    2. oo NNw

    Hugo Capet ist als Sohn Hugos des Großen von Franzien bei Flodoard a. 960, S. 149, und bei Richer III c. 13, S. 20, bezeugt. Erstmals urkundlich genannt ist er in der Urkunde seines Vaters vom 946 VI 19 (Druck: RHF Bd. 9, S. 723); zum Datum dieser Urkunde vgl. Lauer, Louis IV S. 242.
    Das Geburtsjahr für Hugo Capet ist festgestellt von Kalckstein, Königthum S. 255, Anm. 2.
    Die Belege für Todestag und -jahr Hugo Capets hat Lot, Hugues S. 209-303, zusammengestellt.
    Zu seiner Erhebung zum französischen König vgl. Lemarignier, Gouvernement S. 38-43. Lot, Derniers S. 358-361, hat die Abstammung von Hugos Gemahlin Adelheidnachgewiesen; zu Adelheid vgl. außerdem Richard, Poitou Bd. 1, S. 103 f.
    Die Existenz einer Konkubine ergibt sich aus der Zuschreibung des illegitimen Sohnes Hugos, Erzbischof Gauzlin von Bourges.
    Allgemein informiert zu König Hugo Capet FW Kommentar K 38.

    Hugo Capet folgte dem Vater in dessen ganzer Machtfülle, verzichtete aber auf die Regentschaft zugunsten des normannischen Schwagers. Von Jugend an verfügte er über die moralischen und physischen Voraussetzungen zu einem großen Herrscher. Er war noch nicht 20 Jahre alt, als der Tod seines Vaters ihn an die Spitze einer der größten Grafschaften des französischen Feudaladels stellte. Der junge Graf konnte mit seiner ruhigen, überlegten und entschlossenen Art rasch die Auseinandersetzungen seiner Feinde und seine eigenen Bündnisse ausnutzen, um sich unter die potentiellen Thronanwärter zu plazieren. Der entscheidende Augenblick kam, als die Nachfolge Ludwigs V. des Faulen im Jahre 987 geregelt werden mußte. Sowohl die Persönlichkeit des Grafen von Paris als auch die vorbehaltlose Unterstützung des Bischofs Adalbero von Reims, das zu Hugos Machtbereich gehörte, ließen die Entscheidung des Feudaladels zu seinen Gunsten ausfallen. Um Intrigen bei seiner Nachfolge vorzubeugen, sicherte der König bereits im ersten Regierungsjahr die Zukunft der Dynastie. Gemäß einem karolingischenBrauch ließ Hugo seinen Sohn Robert Weihnachten 987 zum Mitkönig krönen. Die Macht der kapetingischen Könige war zunächst beschränkt auf ein begrenztes Gebiet um Paris und Orleans. In den anderen Gebieten übten die Lehnsfürsten eine nahezu unbeschränkte Herrschaft aus. Sein Beiname Capet (das Mäntelchen) erklärt sich aus dem geistlichen Kleid Cappa, das er oft als Laienabt von Tours trug.

    Mexandeau Louis: Seite 131-134, "Die Kapetinger"

    Die Bescheidenheit dieser Ziele, die beim Tode Philipps I. im Jahr 1108 bei weitem noch nicht erreicht waren, verdichtet das Dunkel, das Gestalt und Leben Hugo Capets und seiner ersten Nachkommen umgibt. Vom Begründer der Dynastie wissen wir so gut wie nichts. Ferdinans Lot, der seine Regierungszeit genau studiert hat, schreibt: "Wir wissen nicht, wie er aussah, seine moralische Persönlichkeit ist uns fast ebenso wenig bekannt. Wenn man niedergeschrieben hat, daß er fromm war, daß er den Prunk verabscheute, daß er die Mönche liebte, daß er mehr Diplomat als Kriegsmann war, dann hat man ungefähr alles gesagt, was man zu sagen berechtigt ist ..."
    Da Unkenntnis zur Verkennung führt, hat man manchmal aus Hugo Capet einen unbedeutenden Herrscher gemacht, dem ein Zusammentreffen glücklicher Umstände auf den Thron half und der sich dank der Kirche und des Herzogs der Normandie an der Macht hielt. Edmond Pognon, der sich ausschließlich auf den Ablauf der Ereignisse stützt, hat die Persönlichkeit Hugos rehabilitiert und seine Geschicklichkeit und Entschlußkraft herausgestellt.
    Daher macht es durchaus den Eindruck, als ob es zwei Hugo Capet gegeben hätte. Vor 987 erscheint er uns zögernd und auf alle Fälle der alten Dynastie gegenüber relativ loyal, entweder aus Mangel an Ehrgeiz oder weil ihn eine klarsichtige Einschätzung des Kräfteverhältnisses und der Lehren aus der Vergangenheit zur Klugheit veranlaßte. Im Jahre 987 ebnete ihm das Glück, dessen wesentliche Rolle wir herausgestellt haben, den Weg zum Königsthron. Diese Chance ergriff er mit einem Gespür für die günstige Gelegenheit, das ihn als einen Mann zeigt, der seit langem bereit war, diese Gelegenheit beim Schopf zu packen, wenn er sie nicht schon vorbereitet hatte. Mit der Macht kam ihm sehr schnell der Geschmack an ihr, und er wurde beseelt von dem Willen, sie nicht mahr aus den Händen seiner Familie zu geben. Drei Monate nach seiner Thronbesteigung machte die Krönung Roberts den Sohn von nun an ebenso unantastbar wie den Vater. Kaum gekrönt, verhielt sich Hugo genau wie ein KAROLINGER. Der König vergaß, daß er Herzog von Franzien gewesen war. Selbst wenn er ein Feudalherr blieb, so wußte er, daß er von nun an etwas anderes war, daher sein Wille, das Erbe, das man ihm anvertraut hatte, vollkommen zu sichern. Mittellos wie er war, trennte er Parzellen seiner Domäne ab, um sich Unterstützung zu verschaffen, erfuhr er die Festigung der großen erblichen Seigneuries (der Lehnsherrschaften). Zugleich aber hatte er die feste Absicht, der oberste Herrscher des gesamten Königreiches zu bleiben und griff in die Ernennungen der entferntesten Kirchen ein. Dieser fromme König und Freund des Klerus stellte sich wegen der Besetzung des Bischofsstuhls von Reims gegen den Papst. Er, der als Herzog von Franzien der Klient des Kaisers gewesen war, ging gegenüber seinem alten Beschützer auf Abstand und versuchte, eine Eheverbindung mit Byzanz zu schmieden, wie um die OTTONEN von der Flanke her anzugreifen.
    Seine letzen Jahre liegen im Dunkel, aber im großen und ganzen hat es Hugo Capet verdient, der Dynastie seinen Namen zu geben. "Seit dem Augenblick, in dem er von jedem Wettbewerb befreit war, ist der KAPETINGER in Wahrheit König geworden, scheint ein anderes Temperament bekommen und einen politischen Sinn und eine Festigkeit an den Tag gelegt zu haben, die man vorher nicht an ihm kannte. Hatte die Zeit und auch, wie es immer geschieht, der Übergang von Opposition zur Macht, den Herzog von Franzien weiser gemacht? Wenn man alles in Betracht zieht, dann war dieser große Lehnsherr, von dem wir weder sein Aussehen noch sein Privatleben kennen, so mittelmäßig nicht. Er hatte es verstanden, den Platz der KAROLINGER einzunehmen, zu bewahren, was er gewonnen hatte, sich frei und würdig gegenüber Papsttum und Kaiserreich zu behaupten und die Krone an seinen Sohn weiterzugeben (24. Oktober 996), ohne daß er auf ernsthaften Widerstand stieß. Hier hat das blinde Glück nicht alles gemacht." (A. Luchaire)
    Er war zweimal verheiratet. Zuerst mit Blanche, der Witwe Ludwigs V. [Nach meiner Meinung ist diese Behauptung völlig unsinnig. Ludwig V. war mit keiner Blanche verheiratet und war ungefähr im selben Alter wie HugosSohn Robert II. Nachweislich war aber Hugo Capet beim Tode Ludwigs V. mit Adelheid von Aquitanien verheiratet.] Eine politische Heirat, dazu bestimmt, die Kontinuität zwischen den beiden Dynastien zu festigen. Da ihm Blanche keinen Erben geschenkt hatte, verheiratete er sich zum zweiten Mal mit Adelheid von Poitiers-Aquitanien, mit der er sieben Kinder hatte, drei Töchter und vier Söhne, deren ältester Robert war.

    969 oo Adelheid von Poitou, Tochter des Herzogs Wilhelm III. 950/55- 1004

    7 Kinder:
    - Robert II. der Fromme König von Frankreich 20.7.972-20.7.1031
    - Hadwig 975/80- nach 1013
    998 oo Reginar IV. Graf von Hennegau 950/55- 1013
    - Adela 985/90- nach 1063
    1006 oo Rainald I. Graf von Nevers - 29.5.1040
    - Gisela Erbin von Abbeville
    986 oo Hugo I. Graf von Ponthieu - ca 1000

    Illegitim
    - Gozelin Erzbischof von Bourges (1013-1030) - 8.3.1030

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 142,144,168,173 - Althoff, Gerd: Otto III., Primus Verlag, Darmstadt 1997, Seite 60 Anm. 61,61,77,92,100 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990 Seite 40,116 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 84,116,119,132,135 - Brühl Carlrichard: Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 340 - Douglas David C: Wilhelm der Eroberer Herzog der Normandie. Diederichs Verlag München 1994 Seite 38,260 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 11,23,27-38,42,46,48,59,128,158,225 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 21,45,47,50,59,61-64,69,73,75-86,87,90,93,99,116,189 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 55,110,117,285,292,297,300,304-321,364,372,378,401,417-420,426,434 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 67,73 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,26 Seite 96,182,192,195-198,201,232,275,285,288,302,308 - Hartmann P.C.: Französische Könige und Kaiser der Neuzeit. Von Ludwig XII. bis Napoleon III. 1498-1870. Verlag C. H. Beck München 1994 Seite 144 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 17,162,200,210,257-259,262,287,295-305,323,371 - Kienast Walter: Der Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis 12. Jahrhundert). R. Oldenbourg Verlag München - Wien 1968 - Mexandeau Louis: Die Kapetinger. Editions Rencontre Lausanne 1969 Seite 75-84,86-130,131,134 - Pernoud Regine: Herrscherin in bewegter Zeit. Blanca von Kastilien, Königin von Frakreich. Diederichs Verlag München 1991 Seite 12,55,71,246 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 306,309,322-327,344, 408 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 209,211 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 11,19,22,53,59,61,64,67,75 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 95,135,148, 152,159 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 139,151, 183,251,254 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 60 Anm. 294, 228,233,254,259,393,409 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 476 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 40, 46,484,500,506,508,512, 516,518,523-526 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989 Seite 71,194,238,287 -




    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Seite 75-86, "Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498."

    Goetz Hans-Werner


    HUGO CAPET, König von Frankreich (987-996)
    * 939/41, + 24.10.996Bestattet in St-Denis

    Eltern:
    Herzog Hugo Magnus von Neustrien (923-956)
    Hadwig, Tochter König HEINRICHS I.

    Geschwister:
    Otto, Herzog von Burgund (960-965)
    Odo-Heinrich, Herzog von Burgund (965-1002
    Beatrix oo Herzog Friedrich von Ober-Lothringen
    Emma oo Graf Richard I. von Rouen

    oo 970 ADELHEID VON AQUITANIEN * 950/55, + 1004
    Tochter des Herzogs Wilhelm Werghaupt von Aquitanien

    Kinder:
    Robert (König 987/996-1031)

    Herzog von Neustrien 960-987
    Königswahl 29.5.987 in Senlis, Krönung 1.6. in Noyon, Weihe 3.7. in Noyon oder Reims
    Erhebung Roberts II. zum Mitkönig Ende Dezember 987
    987-991 Auseinandersetzungen (Thronstreit) mit Herzog Karl von Nieder-Lothringen
    991-997 Reimser Bistumsstreit
    991 Synode von St-Basle de Verzy
    992 (?) Synode von Chelles
    995 Synode von Mouzon

    "Hier endete das Reich KARLS DES GROSSEN", schrieb zu Beginn des 11. Jahrhunderts ein anonymer Chronist aus dem Bistum Sens, und zu Beginn des 12. Jahrhunderts urteilte Hugo von Fleury: "Als so die zweite 'Linie' der Frankenkönige [namlich die Dynastie der KAROLINGER] endete, wurde das Reich auf eine dritte 'Dynastie' (generatio) übertragen." Bis weit in unser Jahrhundert hinein betrachtete man aus dem Blickwinkel einer politischen Geschichtsschreibung das Jahr 987, mit dem die neue Herrscherdynastie der KAPETINGER einsetzte, die 32 französische Könige stellen sollte, als einen Wendepunkt. Schon im Mittelalter betonte man demgegenüber aber auch die (politische) Kontinuität in einem solchen Maße, daß man den Begründer der neuen Dynastie, Hugo Capet, gelegentlich sogar zu einen KAROLINGER und legitimen Erben machte. Beides ist historisch natürlich nicht haltbar. Falls Hugos Regierunsgzeit eine Wendezeit war, dann kaum aus dynastischen, sondern eher aus sozialgeschichtlichen Gründen. Wenn gerade heute wieder eine Reihe vornehmlich französischer Historiker für eine Wende der gesamten Sozialstruktur um die Jahrtausendwende eintritt, so beruht das bislang allerdings eher auf regionalen Studien und ist zur Zeit noch in der Diskussion.
    Hugo selbst erntete lange Zeit kein Lob. Ferdinand Lot sah in ihm einen mittelmäßig begabten, schwachen und unsicheren Menschen, der nichts tat, ohne um Rat zu fragen, und dessen Vorsicht zur Kleingeistigkeit verkümmerte. Und noch 1980 meinte Elizabeth Hallam: "Der erste KAPETINGER taucht als eine ganz unbedeutende Figur auf." Erst die umfangreiche Literatur zum 1000-jährigen Jubiläum der Krönung (1987) hat hier manches korrigiert und ein angemesseneres Bild des ersten KAPETINGERS entworfen. Als Hugo Capet bald nach dem frühen Tod des letzten regierenden KAROLINGERS, Ludwig V., wohl am 29. Mai 987 in Senlis zum König gewählt, am 1. Juni in Noyon gekrönt und am 3. Juli in Reims (oder in Noyon) von Erzbischof Adalbero von Reims geweiht wurde, hatte man tatsächlich, wenig überraschend, den mächtigsten weltlichen Fürsten des westfränkisch-französischen Reichs, den Herzog von Franzien, zum neuen Herrscher gemacht, der schon zuvor die Politik maßgeblich mitbestimmt hatte. Die Thronerhebung Hugo Capets ist daher zu Recht als "logische Konsequenz seiner seit langem erworbenen, politischen Vorrangstellung" gedeutet worden (Y. Sassier 314).
    Der Sinn einer Kurzbiographie im Rahmen eines Sammelbandes kann nicht darin bestehen, die Ereignisse der Regierungszeit, die in jedem Handbuch nachzulesen sind, nachzuerzählen. Andererseits macht es der Quellenlage des früheren Mittelalters unmöglich, eine anschauliche Persönlichkeitsschilderung zu entwerfen oder gar psychologisierend zu deuten. Im folgenden kann daher nur versucht werden, aus den Handlungen und wenigen Äußerungen Hugo Capets und nicht zuletzt aus dem Bild, das die zeitgenössischen Quellen von ihm entwerfen, nach den Absichten und Richtlinien seiner Politik sowie nach deren Rezeption zu fragen und beides in die strukturellen und ideologischen Rahmenbedingungen und Zeitumstände einzuordnen.
    Hugo entstammte der fränkischen Familie der ROBERTINER, deren Mitglieder, vielleicht ursprünglich in der Gegend um Worms beheimatet, im frühen 9. Jahrhundert Grafen von Angers (Robert der Tapfere) und dann Grafen von Paris (Odo) wurden und seither die führende Stellung in Neustrien (dem Gebiet nördlich der Loire), der Kernregion des französischen Königtums, bekleideten. Mit Odo (888-898) und Robert (922-923) hatten sie bereits früher zwei Könige des W-Frankenreichs gestellt. Hugos Vater, Herzog Hugo Magnus, bekleidete in seinem Fürstentum eine königsgleiche Stellung, die auch in seiner Heirat mit Hadwig, einer Schwester des ostfränkischen Königs OTTO I., zum Ausdruck kam. Die Nachfolge im Herzogtum hatte der zwischen 939 und 941 geborene Hugo - den Beinamen "Capet", dessen Bedeutung strittig ist, erhielt er erst im 12. Jahrhundert -, nicht schon beim Tod des Vaters (956), sondern erst vier Jahre später, vom König investiert, angetreten. Die Namensgleichheit mit dem Vater deutet an, daß er von vornherein zu dieser Stellung ausersehen war; sein Bruder Otto wurde Herzog von Burgund. Abgesehen von einer kurzen Entfremdung zwischen Hugound König Lothar in dessen Streit mit dem O-Reich (OTTO II.) war Hugo stets königstreu und einer der ersten gewesen, die Lothar den Treueid geschworen hatten (Richer von St-Remi 3,13). Nach dessen Tod im Februar 986 war die Nachfolge Ludwigs V. unstrittig; Hugo wurde gar zu dessen Ratgeber bestimmt, "da ein Jüngling durch die Klugheit und Tugend eines solchen Fürsten geformt werden mußte" (Richer 4,1). Als es über der Haltung zum O-Reich jedoch zu einer Entfremdung des jungen Königs mit seiner Mutter Emma und den führenden Bischöfen, voran Adalbero von Reims, kam, stand Hugo auf seiten dieser Fürsten.
    Nach Ludwigs unerwartet frühem und söhnelosen Tod infolge eines Jagdunfalls schien Hugos Nachfolge daher nur folgerichtig, und Hugo selbst betonte in einem Antwortschreiben an den Markgrafen von Barcelona, Borell, daß ihm "das Reich dank der zuvorkommenden Barmherzigkeit Gottes äußerst friedlich zugefallen" sei (Gerbert von Reims, ep. 112); doch ganz so einfach lagen die Dinge wohl nicht. Hugos gut neunjährige Regierungsgzeit war vor allem von zwei miteinander verwobenen Entwicklungen bestimmt: der Auseinandersetzung mit Herzog Karl von Nieder-Lothringen um die Thronfolge und dem Nachfolgestreit im Erzbistum Reims. Die KAROLINGER waren nämlich keineswegs ausgestorben, sondern Karl, Bruder König Lothars und damit Oheim Ludwigs V., der früher von der Nachfolge ausgeschlossen worden war, machte nun erbrechtliche Ansprüche geltend und fand dafür wohl auch einen nicht unbeträchtlichen Anhang. Hugos Herrschaft war folglich keineswegs gesichert, und einigen späteren Geschichtsschreibern (wie dem Chronisten von Sens im 11. und Sigebert von Gembloux oder Hugo von Fleury im 12. Jahrhundert) galt Hugo als ein von einer Adelsopposition erhobener Usurpator. Der aquitanische Chronist Ademar von Chabannes glaubte in der jüngsten Fassung seiner Chronik, daß die Franken Karl verlassen und Hugo gewählt hätten. Damit stellte sich die Legitimitätsfrage, und es ist auffällig, daß der wichtigste und ausführlichste Zeitzeuge, der Mönch Richer aus dem Kloster St-Remi bei Reims, dem Erzbischof Adalbero eine lange Rechtfertigung von Hugos Königtum und ein ausführliches Abwehren der Ansprüche Karls in den Mund legte. Formal schien allerdings alles korrekt: Hugo wurde von den Großen gewählt, wie es der Mönch Abbo von Fleury bald darauf im Rahmen seiner politischen Theorie als rechtmäßig fordern sollte, und Erzbischof Adalbero selbst betonte später in einem Brief an Karl, daß es sich hier um einen öffentlichen, nicht um einen "privaten" (familiären) Vorgang handelte (Gerbert von Reims, ep. 122). Ein Erbrecht, so betonte Adalbero, gebe es nicht. Hugos Wahl erfolgte ausgesprochen schnell, wahrscheinlich schon eine Woche nach Ludwigs Tod, wenngleich nicht ganz spontan. Die noch von Ludwig einberufene Versammlung in Compiegne, deren Vorsitz Hugo ohnehin übernahm und die den Erzbischof Adalbero vom Vorwurf des Paktierens mit dem deutschen König freisprach, vertagte sich nämlich noch einmal, weil nicht alle Großen anwesend waren. In Senlis suchte Adalbero, der maßgeblichen Einfluß auf die Wahl nahm, Karls Ansprüche dann mit Erfolg und mit Argumenten zu entkräften, die bezeichnenderweise nicht rechtlicher Natur waren, indem er nämlich auf mangelnde Klugheit, eine - angeblich - unstandesgemäße Heirat mit der Tochter eines Vasallen (Hugos) und vor allem auf die Tatsache hinwies, daß Karl als Herzog von Nieder-Lothringen Lehnsmann des deutschen Königs war. Das war ein gewichtiges Argument in einer Zeit, in der man sich der Eigenständigkeit und der Abgrenzung vom Imperium bewußt wurde, bedeutete aber auch eine Abkehr Adalberos von seiner früheren, ottonenfreundlichen Politik. Die Wahl Hugos empfahl Adalbero, weil dessen Tatkraft (actus), Adel (nobilitas) und Macht (copia) für ihn sprächen (Richer 4,11) und verschob damit die Kriterien. Sein Wahlvorschlag fand breite Zustimmung, so daß Hugo nach Richer (4, 12) einstimmig gewählt wurde. Er war letztlich jedoch von einem Adel erhoben, an dessen Spitze er selbst stand, und in einer Situation, in der ein Eingreifen des O-Reiches wegen der Minderjährigkeitsregierung OTTOS III. nicht zu befürchten war (Schneidmüller 170). Hugos Weihe aber folgte vermutlich den erhaltenen, einander recht ähnlichen Krönungsordines, die die sakrale Würde des Königtums betonten.
    Schwieriger gestaltet sich die Frage der Legitimität Hugos unter den zuletzt schon angedeuteten ideologischen Gesichtspunkten, war doch die KAROLINGER-Herrschaft an sich unbestritten gewesen. (Nach Richer 4, 28 soll Hugo sogar selbst geäußert haben, daß er sich einem legitimen KAROLINGER - nämlich einem unmittelbaren Nachkommen Ludwigs V. - jederzeit gebeugt hätte.) Die früheren ROBERTINER-Könige, auf die die neuere Forschung so gerne hinweist, sind kaum als triftiges Argument für Hugos Königtum anzusehen; Gerbert von Reims erblickt in ihnen im Rückblick lediglich interreges, königliche Statthalter (ep. 164), und es ist auffällig, daß sich die Zeitgenossen tatsächlich nirgends darauf beriefen, daß Hugo bereits einem Königsgeschlecht entstammte. Ihnen war allein seine Eignung wichtig, galt Ludwig V. einem Klosterchronisten aus Sens doch als der König, "der nichts gemacht hat" (womit der nichts Geschichtswürdiges meinte). In einem Brief an Bischof Adalbero von laon hatte Erzbischof Adalbero von Reims bereits 985 geschrieben, König Lothar sei eigentlich "nur dem Titel nach König von Frankreich, Hugo [als Herzog] hingegen zwar nicht vom Titel her, wohl aber gemäß Handlung und Tatkraft" (ep. 48); auch Kaiser OTTO II. wisse, so Richer (3, 83), daß Hugo mächtiger sei als der König.
    Gleichwohl suchte Hugo nach seiner Wahl sein Königtum auffällig eng an die karolingische Tradition anzuschließen. Form und Inhalt seiner Urkunden zeugen davon. Sein Titel variierte, doch nannte er sich, mit dem seit Karl dem Einfältigen üblichen Königstitel, meist Francorum rex, und auch der Monogrammtyp blieb erhalten. Immer wieder betonte Hugo in seinen Urkunden, daß er dem mos praedecessorum nostrorum, der Gewohnheit der Vorgänger, der fränkischen Könige und Kaiser, folge oder daß er bestätigen wolle, "was unsere Vorgänger, die fränkischen Könige, durch die Ausstellung einer Urkunde bekräftigt haben" (Urk. Nr. 4). Die überwiegende Mehrzahl seiner Diplome bestand aus solchen Bestätigungen früherer Verleihungen an Kirchen, "denn es war stets Sitte und Gewohnheit der Könige, unserer Vorgänger, die Kirchen Gottes zu erhöhen" (Urk. Nr. 11). Der konsequente Rückbezug auf die karolingischen Vorgänger und auf das karolingische Herrschaftsverständnis schuf eine Kontinuität des königlichen Selbstverständnisses und der Herrschaftspraxis über den Dynastiewechsel hinweg, ja Hugo entlieh seine Legitimität geradezu aus der karolingischen Tradition, während er gleichzeitig sehr bald die Errichtung einer eigenen Dynastie anstrebte, indem er seinen vielleicht 15-jährigen Sohn Robert noch in seinem ersten Königsjahr, Ende Dezember 987, in Orleans zum Mitkönig erhob. Mag das augenblicklich mit der bedrohlichen Situation an den Grenzen gerechtfertigt worden sein - erst dieses Argument soll nach Richer Adalberos Widerstand gegen zwei gleichzeitig regierende Könige gebrochen haben (4, 12f.) -, so wurde hier tatsächlich, und offenbar gezielt, die dynastische Erbfolge vorbereitet. Diese Königserhebung hatte ihrerseits nicht nur ottonisch-byzantinische, sondern auch karolingisch-westfränkische Vorbilder, denn Ähnliches hatte Lothar mit seinem Sohn Ludwig veranstaltet (Richer 3,91). Spätestens seit 992 nahm Robert, der consors regni, selbständig königliche Handlungen vor.
    Hugos Herrschaft war damit noch keineswegs gesichert, denn Karl von Nieder-Lothringen war nicht völlig erfolglos; er nahm Laon und Reims ein und band damit die sonstigen Aktivitäten Hugos, der Laon vergeblich belagerte. Die Bedeutung des jungen Königtums wird in den Quellen anscheinend erst im nachhinein stärker verharmlost, als es der augenblicklichen Situtaion entsprach. Hugos Herrschaft war auch nicht so unumstritten, wie Richer es hinstellte, denn der König mußte um seine Anhänger werben, wobei viele wahrscheinlich unentschlossen blieben. In einem Brief fordert er den Erzbischof von Sens im September oder Oktober 987 auf, ihm endlich den Treueid zu leisten (Gerbert, ep. 107). Karl wurde schließlich auch nicht im Kampf aufgrund einer etwaigen Übermacht des Königs überwunden, sondern - und das ist bezeichnend - 991 durch eine List Bischof Adalberos von Laon gefangengenommen und in Orleans eingekerkert, wo er bald darauf verstarb. Sein Sohn Otto wurde Herzog von Nieder-Lothringen, spielte im Westen aber keine politische Rolle mehr.
    Kennzeichnend für die unsicheren Zustände sind auch die Auseinandersetzungen um das Erzbistum Reims, das einen kirchlichen (und politischen) Vorrang in Frankreich ausübte. Wahrscheinlich in der Hoffnung auf Aussöhnung und weitere Annäherung an die KAROLINGER hatte Hugo als Nachfolger Adalberos hier nicht den designierten Domscholaster Gerbert von Aurillac, den wohl gtrößten abendländischen Gelehrten seiner Zeit, der später als Silvester II. Papst wurde, sondern Arnulf, einen unehelichen KAROLINGER eingesetzt, nachdem dieser ihm Treue geschworen hatte. (Gerbert ging daraufhin, doch nur für kurze Zeit, ins Lager Karls über.) Arnulf aber unterstützte bald, wenngleich nicht ganz offen, Karl. Erst nach dessen Sturz 991 hielt die Synode von St-Basle in Verzy (bei Reims), deren Akten erhalten sind, Gericht über Arnulf und setzte ihn zugunsten Gerberts ab, rief damit aber eine lange Krise hervor. Diese Entscheidung stieß nämlich auf den Widerstand sowohl des Reformmönchtums, dessen Wortführer Abbo von Fleury wurde, wie des Papstes, Johannes XV., der im Zusammenwirken mit dem deutschen Episkopat auf der Synode von Mouzon Anfang Juni 995 Gerbert bis zu einer endgültigen Entscheidung von seinem Amt suspendierte. Diese bleib jedoch aus, und eine Lösung zugunsten Arnulfs wurde erst unter Hugos Sohn und Nachfolger Robert erreicht, der dem Reformmönchtum nahestand. Hugo, der in einem Brief an den Papst zunächst noch beteuert hatte, nicht gegen dessen Entscheidungen angehen zu wollen (Gerbert, ep. 188), war es zeitlebens immerhin gelungen, seinen Kurs zu verteidigen.
    Die Krisen und Geschenisse der Regierungszeit lenken den Blick auf das Verhältnis Hugo Capets zu den Fürsten, auf deren Anhängerschaft er angewiesen war. Das 10. und frühe 11. Jahrhundert war ein Zeitalter des verfassungsgeschichtlichen Wandels in W-Franken/Frankreich. Hatten sich zunächst allenthalben Fürstentümer ausgebildet, deren Herren in ihrem Herrschaftsgebiet eine königsgleiche Stellung bekleideten, so entstanden infolge einer strikteren inneren Organisation und eines verstärkten Burgenbaus bald neue, starke Zwischengewalten in den Kastellanen, die von ihren Burgen aus die Herrschaft über die abhängige Landbevölkerung intensivierten und deren Verwaltungsbezirke immer mehr an die Stelle der alten Grafschaften traten. Man hat deshalb von einer "Atomisierung der Macht" gesprochen (Y. Sassier 290) und die Zeit um 1000 als ein "tragisches Schlüsselmoment in der Geschichte der Landgesellschaft" bezeichnet (Bommassie, in: Royaute 129). Im Kampf um die Herrschaft befehdeten sich aber auch die Herren untereinander. Im Süden Frankreichs suchten die auf kirchlichen Synoden im Einklang mit den weltlichen Fürsten verkündeten "Gottesfrieden" gerade in dieser Zeit Abhilfe zu schaffen und bedrohten Friedensbrecher mit dem Bann. Eine Ausweitung dieser Bewegung nach Norden fand erst unter Robert II. statt.
    Solchen Entwicklungen mußte Hugo Rechnung tragen. Auch als König hielt er sich (mit Ausnahme Compiegnes) mit Vorliebe in den vormals herzoglichen Pfalzen auf. Der französische König war, längst vor Hugo Capet, im wesentlichen auf die Krondomäne beschränkt, die den robertinischen Herrschaftsraum an Loire und Seine (mit den Stützpunkten Orleans, Paris, Senlis) und das karolingische Kerngebiet östlich davon (mit Compiegne, Laon, Reims) umfaßte, jedoch nicht als ein geschlossenes Territorium, sondern als ein Gebiet besonders intensiver Herrschaftsrechte aufzufassen ist: Hier verfügte der Herrscher über Grafschaften, Pfalzen, Grundherrschaften, zahlreiche Kirchen und Klöster, Vasallen, Abgaben, Zölle, Märkte und Gerichtsrechte, aber auch über die Bistümer (vor allem der Kirchenprovinzen Reims und Sens), während ihm außerhalb der Krondomäne nur wenige Kirchen unterstanden und die weltlichen Fürsten - in Ansätzen - nur lose vasallitisch an den Herrscher gebunden waren. Teilnehmer der vom König einberufenen Synoden sowie Empfänger, Intervenienten und Zeugen in Urkunden vermitteln einen konkreten Einblick in die Anhängerschaft und den Einflußbereich Hugo Capets und bestätigen dieses Bild. Auch darin ist eine Kontinuität zu den KAROLINGERN festzustellen. Die Kirchen der Krondomäne spielten eine wichtige Rolle im Reich Hugo Capets und im Königsdienst. Allein aus dem engeren Herrschaftsbereich Hugos sind aus seiner kurzen Regierunsgzeit immerhin acht Synoden bekannt, die üblicherweise vom König selbst einberufen wurden. Ansonsten scheint Hugo, den von Gerbert überlieferten Synodalakten zufolge, die Reden und Entscheidungen auf der Synode von St-Basle den kirchlichen Teilnehmern überlassen zu haben und trat erst bei der Vollstreckung des Urteils wieder in Erscheinung. Hingegen führte König Robert auf der Synode von Chelles den Vorsitz (Richer 4,89). Auch hier bekräftigte man die Unabhängigkeit des gallischen Episkopats vom Papst. Die Mehrzahl der Bischöfe stand hinter dem König, und es ist bezeichnend, daß der französische Episkopat, von Gerbert abgesehen, geschlossen die vom päpstlichen Legaten anberaumte Synode von Mouzon boykottierte, die über die Reimser Vorgänge entscheiden sollte. Nach Richer (4, 99) hatte Hugo den Bischöfen die Teilnahme verboten, begründete sein Fehlen seinerseits aber umgekehrt mit deren Abwesenheit.
    Kirchen bzw. vor allem Klöster waren auch die Empfänger der insgesamt wenig zahlreichen (17) erhaltenen, sämtlich im engrern Umkreis Hugos (Compiegne und Paris, Senlis und Saint-Denis) ausgestellten Königsurkunden. Deren Auswertung bleibt allerdings so lange fragwürdig, wie eine kritiasche Edition fehlt. Die den ROBERTINERN eng verbundenen Klöster St-Vincent in Laon und St-Martin in Tours gehörten zu den ersten Urkundenempfängern. Die Arengen machen eine solche Förderung explizit: "Wenn wir die Forderungen der an etlichen Orten für Gott Streitenden vernehmen und zustimmend entgegennehmen und, indem wir ihnen das Notwendige bereitstellen, der Gewohnheit unserer Vorgänger, der fränkischen Kaiser und Könige, folgen und jenen, von göttlicher Leidenschaft berührt, etwas übertragen oder das Angesammelte durch unsere Verfügungen bestätigen, so wird das ohne jeden Zweifel dem Gewinn der ewigen Seligkeit ebenso nützen wie dem festen Bestand der uns von Gotte übertragenen Regierung" (Urkunde Nr. 2). Wenngleich für Abfassung und Wortlaut die königlichen Notare verantwortlich zeichnen, spricht aus solchen Äußerungen durchaus das königliche Selbstverständnis. Hugo empfand sein Königtum - traditionell - als ein von Gott übertragenes Amt, die Kirchenförderung als eine königliche Pflicht: "Wenn wir für die Zuträglichkeiten der dem Gottesdienst geweihten Orte und ihre Notwendigkeiten der dort lebenden Gottesdiener Mittel unserer Erhabenheit aufwenden, so versehen wir unser königliches Amt, und wir zweifeln nicht, dadurch die ewige Seligkeit zu erlangen" (Urk. Nr. 5). Nach Richer (4, 37) berief sich Hugo auf das Glück (Fortuna) und den göttlichen Rückhalt. Aus seinen Arengen spricht eine Gottesfürchtigkeit, die doch stets in politischer Ausrichtung auf sein Reich bezogen blieb und damit erneut seine politisch-religiöse Auffassung vom Königtum widerspiegelt: "Denn wir wissen, daß wir zu nichts anderem auf den Gipfel des Königsamtes erhoben wurden, als dazu, um, ohne Entgelt von Gott geehrt, ohne Entgelt überall seine Ehre vermehren zu können und sie zu preisen uns zu bemühen" (Urk. Nr. 2). Das gewohntermaßen als Gegenleistung erbetene Gebetsgedächtnis richtete sich durchweg auf den König selbst, seine Gemahlin und seinen Sohn, einmal (Urk. Nr. 8) auch auf seine Vorfahren, aber auch auf den Zustand (Urk. Nr. 6) oder die Stabilität des von Gott verliehenen Reiches (Urk. Nr. 5). Die konkreten Aufgaben erblickten Hugo und sein Sohn Robert darin, "die Reichsrechte genau zu prüfen, alles Schädliche zu beseitigen, alles Nützliche zu verbreiten" (Urk. Nr. 10). Solche Ansprüche mögen einer faktischen "Ohnmacht des Reiches" (Y. Sassier 285) widersprechen, sie zeugen aber von den königlichen Absichten. Wenn Hugo fast nur ältere Recht bestätigte und kaum neue Verleihungen und Schenkungen vornahm, so mag man das zudem als Absicht werten, seine Rechte zusammenzuhalten. Er bestätigte nicht nur königliche Schenkungen, sondern auch solche von anderer Seite (typisch sind Globalbestätigungen des gesamten Besitzes) und verriet darin eine ebenso pragmatische Auffassung vom Königtum wie in der mehrfachen Betonung des Königsschutzes, der fortan jeden Schaden abwenden sollte.
    In der Praxis war Hugo auf die Zustimmung der Großen angewiesen, und es ist bezeichnend, daß sich seine Urkunden durchweg "an alle er heiligen Kirche Gottes und unsere Getreuen" richteten, die auch intervenierten und den Vorgang bezeugten. Wenn ein erhaltener Krönungseid sich, wie vermutet wird, auf Hugo Capet bezieht, kommt er einem Wahlversprechen gleich, das den Kirchen ebenso wie dem Volk Recht und Gerechtigkeit sowie königlichen Schutz zusagte. "Wir wollen die königliche Macht in nichts mißbrauchen und ordnen alle Staatsgeschäfte nach dem Rat und Spruch unserer Getreuen", schrieb Hugo wenige Monate nach seiner Wahl an Erzbischof Seguin von Sens (Gerbert, ep. 107), und in einer von Richer (3, 82) dem König zugeschriebenen Rede beteuerte dieser, auf den Rat der Getreuen hören zu wollen. Fideles, Getreue, war keine leere Worthülse, Hugo forderte vielmehr immer wieder Treue (fides) von seinen Untertanen: Siguin wurde ebenso zur Treue (und damit zum Treueid) aufgefordert wie der Markgraf Borrell. "Weil ich mich euch gegenüber als treu erwiesen haben, sollt auch ihr mir nicht treulos werden!, soll Hugo den Bürgern von Reims entgegengehalten haben (Richer 4,26), und Arnulf wurde zum Erzbischof erhoben, nachdem er versprochen hatte, Treue zu halten (4, 27). Man könnte folgern, daß Hugos gesamtes Regierunsgssystem auf der fidelitas, der - quasi vasallitischen - Treuebindung der Großen, beruhte.
    Im engeren Herrschaftsgebiet war Hugo anerkannt. Die Zeugenliste einer Urkunde für Corbie von 988 beweist, daß er nun auch über den vormals karolingischen Herrschaftsbereich verfügte. Durch die Auflösung des Herzogtums wurden die einstigen Vasallen aber zu königsunmittelbaren Fürsten mit selbständigerer Stellung; Graf Odo von Blois etwa betrieb eine eigenständige, letztlich sogar gegen den König gerichteten Politik. Hugo wurde in dessen Fehde mit dem Markgrafen Fulco Nerra hineingezogen und erzwang einen Waffenstillstand. Rodulf Glaber wollte im nachhinein sogar wissen, daß viele Große rebellierten. Letztlich sei, wie man gemeint hat, aus einem starken Herzog ein schwacher König geworden (K. F. Werner).
    Außerhalb der Krondomäne besaß Hugo keine konkreten Rechte mehr, wenngleich er als König anerkannt war. Nach Ober-Lothringen bestanden Verbindungen über Hugos Neffen, den Bischof Adalbero von Metz und den Herzog Dietrich I. Die Hochzeit Roberts II. mit der Witwe des Grafen von Flandern sollte Hugos Kontakte nach Norden erweitern, doch der junge König verstieß seine Frau. Durch Hugos Gemahlin Adelheid, eine Tochter des Herzogs Wilhelm (Werghaupt) von Aquitanien, die er "Gefährtin und Teilhaberin unserers Königtums" nannte (Gerbert, ep. 120), bestand zunächst eine entspanntes Verhältnis zu deren Bruder, Herzog Wilhelm (Eisenarm), der ansonsten aber völlig selbständig in Aquitanien herrschte und mit 32 erhaltenen Urkunden die königliche Urkundentätigkeit weit übertraf! Doch wie schon Lothar in Aquitanien anfangs nicht anerkannt wurde (Richer 3,3), mußte auch Hugo sein Königtum hier anscheinend erst durchsetzen, denn gleich zu Beginn seiner Regierunsgzeit wollte er ein Heer nach Aquitanien schicken (Gerbert, ep. 112). Die Haltung der Aquitanier gegenüber Hugo schien zu schwanken, wie die verschiedenen Fassungen der Chronik Ademars von Chabannes nahelegen. Wie wenig seine Amtsgewalt hier aber bewirkte, mag eine Anektode veranschaulichen, die ein späterer Abschreiber dieser Chronik einfügte und die, auch wenn sie in dieser Form erfunden ist, gleichwohl charakteristisch scheint: Wer hat dich wohl zum Grafen gemacht?" soll Hugo den Grafen Aldebert von Perigueux bei der Belagerung von Tours vorwurfsvoll gefragt haben, worauf jener antwortet: "Wer hat denn dich zum König gemacht?" (Ademar 34). War Hugos tatsächlicher Einflußbereich auch begrenzt, so beanspruchte er dennoch stets die Herrschaft über ganz W-Franken/Frankreich (die "Gallia", wie Richer sagt): Die Wahl machte ihn zum König über "Gallier", Bretonen, "Dänen" (= Normannen), Aquitanier, Goten, Spanier und Wasconen (Richer 4,12) und in einer Urkunde für das Martinskloster in Tours (Nr. 2) bestätigte Hugo den gesamten Klosterbeseitz "in Austrien, Neustrien, Burgund, Aquitanien und den übrigen Teilen unseres Reiches".
    Ein entscheidender Gesichtspunkt der Regierungszeit Hugos war das Verhältnis zum ostfränkisch-deutschen Reich und damit zum Kaiserhaus, dem der KAPETINGER über seine Mutter verwandtschaftlich verbunden war. Dennoch dachte man kaum mehr an die Existenz des Großfränkischen Reiches zurück, sondern unterhielt gleichsam zwischenstaatliche Beziehungen. Der westfränkische Anspruch auf Lothringen war hingegen keineswegs aufgegeben. Schon unter Lothar war es zu Auseinandersetzungen mit Kaiser OTTO II. gekommen. Stand Hugo als Herzog in diesem Streit auch auf seiten OTTOS, so rettete ihn nach Richer (3, 83) doch ein Bischof davor, in Rom als Schwertträger des Kaisers zu fungieren. Frankreich trat, auch in seinem Selbstbewußtsein, neben das Reich. Als König suchte Hugo zunächst noch den Beistand des ottonischen Königshofes gegen Karl zu gewinnen und bat die Regentin, die Kaiserin Theophanu, in Briefen um "Gemeinschaft und Freundschaft" societas et amicitia (Gerbert, ep. 120), Elemente, in denen er gleichsam die Grundlagen zwischenstaatlicher Beziehunegn erblickte. Nach Karls Ausschaltung aber wurde er deutlicher. Hugo und Robert lehnten es ab, sich dem Urteil von Bischöfen aus dem Osten (auf der Synode von Mouzon) zu unterwerfen. Gerbert von Reims nannte seine Herrscher in einem Brief gar serenissimi augusti domini nostri und erhob sie damit begrifflich zu kaiserlicher Würde (ep. 171); Hugo selbst sprach in seinen Urkunden ebenfalls von "unserem Imperium" (Urk. Nr.10) und betonte, daß er über verschieden Königreiche verfügte (Urk. Nr. 4). Allenthalben ist eine eifersüchtige Abgrenzung vom Reich zu bemerken (die sich auch darin zeigt, daß ein Lehsnmann der OTTONEN-Könige als westfränkischer Herrscher nicht mehr in Frage kam). Zumindest aus einer längerfristigen Perspektive war die Wahl von 987 daher, wie man gemeint hat, keine antikarolingische, sondern eine antiostfränkische Entscheidung (B. Schneidmüller 177). Im Wunsch nach Gleichstellung aber orientierte man sich am ostfränkischen Kaisertum. Am deutlichsten wird dies in einem Brief Hugos an die byzantinischen Kaiser Basilius und Konstantin, in dem er - wiederum - um Freundschaft (amicitia) und Gemeinschaft (societas) warb und eine oströmische Prinzessin für seinen Sohn erbat, da es in den Nachbarreichen keine standesgemäße Frau gebe (ep. 111)! Auch wenn dieser Brief, wie man annimmt, nie abgeschickt wurde, läßt er zumindest die ideologischeen Ansprüche erkennen, die das werdende Frankreich in dieser Zeit entwickelte. Gerade zu diesem Zweck mußte Hugo seine Herrschaft aber in die fränkische Tradition stellen.
    Aus solchen Entwicklungen, Anschauungen und Tendenzen abschließend Hugos Persönlichkeit und Leistung zu beurteilen, ist nicht leicht. Sonderlich gebildet war Hugo, der die lateinische Sprache nicht oder nicht genügend verstand, anscheinend nicht, denn bei seinem Treffen mit OTTO II. in Rom benötigte er einen Bischof als Übersetzer (Richer 3, 85). Der König war absorbiert von den Schwierigkeiten seiner Regierungszeit und machtlos gegenüber den um sich greifenden Strukturveränderungen, jedoch stets bemüht, seine Ansprüche zu betonen, den Rückhalt der Großen zu gewinnen, seine Herrschaft gegenüber allen Bedrohungen zu verteidigen und dem Reich Kontinuität und politisches Selbstbewußtsein zu verleihen. Diplomatische Mittel zog er kriegerischen Auseinandersetzungen vor. Seine Selbstäußerungen zeugen von einer zeitgemäßen Religiosität, doch stellte er darüber konkrete politische Ansprüche nicht hinter (reform-)kirchlichen Forderungen zurück. Sosehr er auch die karolingische Tradition weiterführte, hielt er doch nicht minder am Familienbewußtsein der ROBERTINER fest und ließ sich nicht wie die späten KAROLINGER, in St-Remi, sondern, wie sein Vater, in St-Denis beisetzen, der alten westfränkisch-karolingischen Grablege des 9. Jahrhunderts, in der schon KARL DER KAHLE, Ludwig III. und Karlmann, aber auch der ROBERTINER Odo bestattet lagen: Sein Familiensinn verband sich hier symbolisch mit einer Rückkehr zu den alten karolingischen Traditionen.
    Die Thronerhebung Hugos beendete die Rivalität wie auch das Gleichgewicht zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN als führenden Familien N-Frankreichs. Einen Bruch bedeutete Hugos Regierung nach einhelliger neuerer Ansicht nicht, sein Regierungsstil gilt gleichsam als "karolingische Verlängerung" (J.-F. Lemarignier 37). Der konstitutionelle und gesellschaftliche Strukturwandel seiner Epoche aber konzentrierte sich weder auf seine Regierunsgzeit, noch war er gar durch den König selbst bewirkt oder beeinflußt, doch war Hugo in mancherlei Hinsicht zumindest ein Herrscher in einer Phase des Umbruchs. Das prägte seine Zeit und sein Handeln, das von solchen Voraussetzungen her zu beurteilen ist.

    Denier aus Beauvais, unter Hugo Capet geprägt

    Denier aus Beauvais, unter Hugo Capet geprägt

    Hugo heiratete von Poitou, Adelheid in 969. Adelheid wurde geboren in 950/955; gestorben in 1004. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 296. von Frankreich, Robert II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 20 Jul 972 in Orléans [45000],Loiret,Centre-Val de Loire,Frankreich; gestorben am 20 Jul 1031 in Melun [77000],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich.
    2. 297. von Frankreich, Adelheid  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 973.
    3. 298. von Frankreich, Hadwig  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 975/980; gestorben nach 1013.
    4. 299. von Frankreich, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 300. von Fleury, Gozelin  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 8 Mrz 1030 in Châtillon-sur-Loire [45360],Département Loiret,Centre-Val de Loire,Frankreich.

  2. 232.  von Franzien, Beatrixvon Franzien, Beatrix Graphische Anzeige der Nachkommen (188.Hugo11, 143.Beatrix10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 938; gestorben nach 987.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Oberlothringen; Herzogin von Oberlothringen

    Notizen:

    Beatrix von Franzien
    Herzogin von Ober-Lothringen
    938-23.9. nach 987
    Älteste Tochter des Herzogs Hugo der Große von Franzien aus dem Hause der ROBERTINER aus seiner 3. Ehe mit der Hadwig von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.
    Nichte von Kaiser OTTO I., Cousine von König Lothar von Frankreich und Schwester König Hugo Capets

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 1745

    Beatrix von Franzien, Herzogin von Ober-Lothringen
    * um 939/40 + 19.1. (wohl kurz vor 1000)

    Sie war die Tochter Hugos des Großen, dux Francorum im Königreich W-Franken, und der Hedwig (Hathui) von Sachsen, Schwester Hugo Capets und Nichte OTTOS I., 951 mit Graf Friedrich (seit 959 als Friedrich I. Herzog von Ober-Lothringen) verlobt.

    Kinder:
    Heinrich
    Dietrich
    Adalbero

    Beatrix brachte ihrem Gatten unter anderem die lothringischen Güter der französischen Abtei St. Denis in die Ehe. Zu Lebzeiten Herzog Friedrichs kaum hervorgetreten, übernahm sie nach dessen Tod (978) die Vormundschaft für den minderjährigen Dietrich I. und führte als "dux" von Lothringen die Regentschaft. Nach dem Tod OTTOS II. ergriff sie entschieden die Partei der Kaiserinnen Adelheid und Theophanu und unterstützte die Kandidatur des minderjährigen OTTO III. 983-985 gegen Heinrich den Zänker, Herzog von Bayern, und Lothar, König von Frankreich. Als Gegenleistung erhielt sie für ihren Sohn Adalbero II. das Bistum Verdun, sorgte jedoch bei Kaiserin Adelheid für seine baldige Transferierung auf den Bischofssitz von Metz (September 984). Zwischen 985 und 987 entfaltete Beatrix eine bedeutende diplomatische Aktivität gegenüber Frankreich und dem Imperium und erhielt mehrere Briefe von Gerbert von Auriallac.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 476, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. Generation 10-15

    Die Kinder Hugos des Großen fehlen bei Brandenburg, da er die Historizität von Roberts Ehe mit Beatrix aus dem Hause der HERIBERTINER (siehe oben IV, 4) nicht erkannt hat. Aus ihr ging Hugo der Große und über ihn die kapetingische Königsdynastie hervor. Für die Daten Hugo Capets und seiner Geschwister verweise ich, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt wird, auf die beiden Werke von F. Lot, Les Derniers Carolingiens, Paria 1891, und Etudes sur le regne de Hugues Capet, Paris 1903 (vgl. dort im Register zu den einzelnen Namen).
    Zu Beatrix und ihrer politischen Tätigkeit in Ober-Lothringen, das sie nach dem Tode des Gemahls regierte, vgl. auch Uhlirz (Register). 987 zuletzt erwähnt, starb sie an einem 23. September. Das entnehme ich dem Nekrolog von S.-Denis, HF Obituaires I, 1, 327, wo zu den 9. Kal. des Oktober steht: Beatrix, soror Hugonitor (sic). Der Kopist hat hier die Abkürzung für regis Francorum offenbar nicht mehr verstanden.
    Hugos Schwester Emma heiratete 960, wie wir durch Flodoard wissen, Herzog Richard I. von Normandie und wird zuletzte in dessen Urkunde von 968 III 18 (ed. Marie Fauroux, Recueil des actes des ducs de Normandie, Caen 1961, nr. 3) erwähnt. Die Ehe blieb jedoch kinderlos; die späteren Herzöge stammen aus Richards zweiter Ehe mit der Dänin Gunnor.
    Zu Brandenburgs Heribert von Auxerre, einem unehelichen Sohn Hugos des Großen, der wie Beatrix einen HERIBERTINER-Namen erhielt, vgl. Gams 502: Er wurde 971 I 8 Bischof und starb 996 VIII 23.

    Glocker Winfried: Seite 288, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    V. 25 BEATRIX
    * c 938, + n 987 am IX 23
    Beatrix 978 bis n 987 Regentin ("dux") in Ober-Lothringen

    954 oo Friedrich I. Graf von Bar, seit 959 Herzog von Ober-Lothringen, + 978 V 18

    Die Belege für die Filiation der Beatrix sind bei Köpke-Dümmler S. 188, Anm. 2, zusammengestellt.
    Der oben gegebene Geburtszeitpunkt ergibt sich aus Beatrix' Verlobungsdatum (951) und dem Zeitansatz für die Eheschließung ihrer Eltern; vgl. dazu Kalckstein, Königthum S. 276.
    Zum Sterbetag vgl. Werner VIII, 10-15.
    Die Belege für Beatrixens Gemahl, Friedrich von Ober-Lothringen, sind bei Renn, Grafenhaus, S. 44-47, zusammengestellt.
    Die Einsetzung Friedrichs zum Herzog von Ober-Lothringen ist bei Flodoard a. 959, S. 147, bezeugt; vgl. auch Nonn, Pagus S. 194-198 (zur Frage der Teilung des Herzogtums Lothringen).
    Beatrix führte nach dem Tode ihres Gatten die Regentschaft für ihren unmündigen Sohn Dietrich.

    Barth Rüdiger E.: Seite 144,153, "Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert"

    Im D O II 308, S. 365 bezeichnet OTTO II. Beatrix als noster consanguineus et illustris dux Beatrix nostra consobrina.
    Graf Friedrichs I. Gemahlin Beatrix war die Tochter Hugos von Franzien und OTTOS I. und Bruns Nichte.

    Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Seite 188,284, "Kaiser Otto der Große"

    951
    Der lothringische Graf Friedrich, ein Bruder des Bischofs Adalbero von Metz, mit einer Tochter Hugos verlobt [2 Flodoardi ann. 951: Fredericus, Adalberonis episcopi frater, qui filiam Hugonis principis sibi desponderat, vgl. 954: Fredericus, frater Adalberonis episcopi, Hugonis principis filiam ducit uxorem. In einer Urkunde OTTOS vom 3. Juni 960 erscheint Adalbero una cum germano suo Friderico duce als Fürbitter (Bouquet IX, 385). Über seine Heirat siehe Chronic. S. Michaelis c. 7: Beatricem sororem Hugonis marchionis coniugio sibi sociavit; Constantini V. Adalberonis II c. 1 (SS. IV, 659); Albrici Chronica 958: tres isti sorortem habuerunt Beatricem, de qua Frideruicus dux Mosellanorum genuit ducem Theodericum et fratrem eius Alberonem episcopum (SS. XXIII, 767).], der seinen Sitz zu Bar am Ornain auf dem Boden der Touler Kirche aufgeschlagen, erbaute ohne Erlaubnis des Königs unweit davon, schon auf westfränkischem Gebiete, zu Fains eine Burg, von der aus er Brandschatzung in der Umgebung ausübte.
    956
    Als Erben hinterließ er außer zwei Töchtern, von denen die eine (Beatrix) sich mit dem lothringischen Grafen Friedrich, die andere (Emma) sich später (960) mit dem jungen Normannen-Herzog Richard vermählte, drei Söhne, Hugo, Otto und Heinrich.

    Eickhoff Ekkehard: Seite 84,110,117, "Theophanu und der König"

    Auch die Herzogin Beatrix von Ober-Lothringen, durch ihre Mutter Hadwig eine Cousine des Kaisers, und dessen jüngere Schwester Mathilde, Äbtissin des liudolfingischen Hausklosters Quedlinburg waren über die Alpen zum Hoftag von Verona gekommen.
    Beim Angriff König Lothars auf Lothringen stand auch Herzogin Beatrix, die Schwester des mächtigen Herzogs Hugo von Franzien, die für ihren unmündigen Sohn Dietrich die Herrschaft in Ober-Lothringen führte, auf der Seite Theophanus und OTTOS III.
    Im Frühjahr 985 zogen die Kaiserinnen mit OTTO über die Pfalzen in Allstedt und Grone bei Göttingen wieder nach Westen, zur Duisburger Pfalz. In den folgenden Monaten haben sich Theophanu und Adelheid, unterstützt von der Herzogin Beatrix von Ober-Lothringen, aktiv den Verhältnissen an der W-Grenze zugewandt. Es waren die miteinander verwandten Fürstinnen der beiden fränkischen Reiche, die damals die Initiative ergriffen, um an der Grenze Frieden zu stiften, womit die Anerkennung der Nachfolge OTTOS III. unlöslich verbunden war.

    Hlawitschka Eduard: Band I, Seite 183,185, "Zur Herkunft und zu den Seitenverwandten des Gegenkönigs Rudolf" in: Die Salier und das Reich

    Zunächst hat man die Angaben der 'Acta Murensia' zur Herkunft Kunos von Rheinfelden für bare Münze genommen und über die Halbgeschwisterschaft Kunos von Rheinfelden zu Herzog Dietrich I. von Ober-Lothringen folgende Zusammenhänge gesehen.

    (siehe Grafik)

    Wegen der späten Überlieferung der 'Acta' und wegen der nicht bezeugten Wiederverheiratung der Herzogin Beatrix bzw. auch wegen der großen Unwahrscheinlichkeit, daß Beatrix (geb. ca. 938/39, nach dem Tod ihres Mannes 978 unverheiratet bis 987, anschließend längere Zeit in der Haft des Sohnes) als 48-50-jährige Frau eine zweite Ehe eingegangen sein müßte und weitere Nachkommen zur Welt gebracht haben müßte, ist diese Sicht aber bald abgelehnt worden [32 Vgl. O. Grund, Die Wahl Rudolfs von Rheinfelden zum Gegenkönig, Leipzig 1870, Seite 2ff.; R. Parisot, Haute-Lorraine (wie Anm. 5), besonders Seite 488f.; Ders., La veritable origine (wie Anm. 5), Seite 415-424; H. Bloch, Über die Herkunft (wie Anm. 5), Seite 649-653. - Zu den Lebensdaten der Beatrix vgl. jetzt G. Poull, La maison ducale de Bar, Rupt-sur-Moselle 1977, Seite 12-21.].
    Als Mutter Kunos von Rheinfelden und damit als eine der beiden Großmütter des Gegenkönigs betrachtet Otto Freiher von Dungern auf der Basis der 'Acta Murensia', die Kuno von Rheinfelden als Halbbruder Herzog Dietrichs (Theoderichs) I. von Ober-Lothringen und Itas (von Habsburg) angeben, Dietrichs (Theoderichs) nachweisliche Mutter Beatrix, die sich nach dem Tode ihres Gemahls, Herzog Friedrichs I. von Ober-Lothringen, nochmals verheiratet haben werde. Aus jener zweiten Ehe der Herzogin Beatrix sei Kuno von Rheinfelden hervorgegangen. Diese Ansicht beruht indessen auf den Prämissen, daß einerseits die Wiederverheiratung der Herzogin Beatrix von Ober-Lothringen und ihre weitere Zeugungsfähigkeit tatsächlich gegeben waren und daß andererseits die Angaben der Welfenquelle über Kuno von Öhningen zutreffen. Aber beide Voraussetzungen liegen nicht vor.

    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Seite 64,73, "Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498."

    Im Mai brach Lothar gemeinsam mit seiner Mutter Gerberga, seinem Bruder Karl und Erzbischof Odelrich von Reims von Laon auf, um das Pfingstfest bei Brun in Köln zu begehen. In Köln trafen sie Kaiser OTTO I. und Kaiserin Adelheid mit ihrem Sohn OTTO II., die Kaiser-Mutter Mathilde, Herzog Heinrich II. von Baiern, den Neffen OTTOS I., die Herzöge Hermann Billung von Sachsen und Friedrich von Ober-Lothringen, wohl auch dessen Gemahlin Beatrix, die Schwester Hugo Capets, vielleicht sogar König Konrad von Burgund.
    Zu einer systematischen Eroberung Gesamt-Lothringens fehlten Lothar freilich die Mittel. Auch wäre das militärische Risiko sehr hoch gewesen, denn Beatrix von Ober-Lothringen, die Schwester Hugo Capets und seit Sommer 983 Witwe Herzog Friedrichs von Bar, stand treu auf der Seite der Kaiserin Theophanu, der Regentin für ihren minderjährigen Sohn OTTO III.
    Trotz des Friedensschlusses zwischen Theophanu und Heinrich dem Zänker im Sommer 985 in Frankfurt, der wahrscheinlich durch ein Abkommen der Kaiserinnen Theophanu und Adelheid sowie der Herzogin Beatrix im Juli 985 in Metz ratifiziert wurde, scheint Lothar seine aussichtslosen Bemühungen um Lothringen nicht aufgegeben zu haben.

    Holtzmann Robert: Seite 171,257,280,285,287,296, "Geschichte der sächsischen Kaiserzeit"

    In Ober-Lothringen (Mosellanien), dem südlichen Teil des Herzogtums, spielte damals die hervorragende Rolle Friedrich, ein Sohn des Pfalzgrafen Wigerich, durch seine Mutter mit den KAROLINGERN verwandt, vermählt seit 954 mit Beatrix, die eine Tochter Hugos des Großen und der Hadwig, eine Nichte OTTOS und Bruns, eine Base König Lothars von Frankreich war.
    Denn eben in den Tagen dieses französischen Unternehmens, am 17. Juni 978, starb der kraftvolle, für den Kaiser jederzeit zuverlässige Herzog Friedrich von Ober-Lothringen und ließ das Herzogtum in den Händen eines kaum 10-jährigen Knaben, Dietrich, für den seine Mutter Beatrix, eine Schwester des Herzogs Hugo Capet, die Regierung übernahm.
    Dann fand um den 20. Oktober der neue Reichstag auf der Bürstadter Ebene bei Worms statt. Außer den Franken waren hier besonders die Ober-Lothringer vertreten, an ihrer Spitze die Herzogin Beatrix, die ihre Verbindung mit Lothar gelöst hatte und sich durch engen Anschluß an die Kaiserinnen hervortat. Sie befestigte ihre Stellung in Ober-Lothringen immer mehr, erlangte für ihren Sohn Adalbero das durch den Tod Dietrichs erledigte Bistum Metz
    Freilich bald darauf kam es wieder zu einer Annäherung zwischen König und Herzog Hugo Capet, und es war offenbar die Sorge vor Frankreich und seinen Machenschaften, durch die der deutsche Hof schließlich bewogen wurde, mit Heinrich dem Zänker endgültig Frieden zu schließen und ihm Bayern zurückzugeben. Auch Beatrix von Ober-Lothringen, eine einflußreiche Persönlichkeit in allen das Verhältnis zu Frankreich berührenden Fragen, setzte sich für diese Lösung ein.
    Aus Furcht vor seinem Bruder wandte sich Ludwig V. zuletzt wieder der Gegenseite zu, vertagte den Prozeß gegen Adalbero und trat in Verbindung mit der Herzogin Beatrix von Ober-Lothringen, um durch sie zu einem Ausgleich mit dem Deutschen Reich zu kommen.

    Schnith Karl: Seite 43,56,75, "Frauen des Mittelalters in Lebensbildern"

    In Bruns Metropole Köln versammelten sich im Mai 965 alle noch lebenden Mitglieder der ottonischen Königsfamilie. Zur Begrüßung des neuen Kaiserpaares war so vor allem OTTOS I. nun schon hochbetagte Mutter Mathilde aus Sachsen angereist; anwesend waren auch - neben OTTOS Bruder Erzbischof Brun, dem Halbbruder Erzbischof Wilhelm von Mainz und dem jungen König OTTO II. - OTTOS I. 14-järiger Neffe Herzog Heinrich II. von Bayern und OTTOS Schwester Königin Gerberga von Frankreich mit ihren beiden Söhnen König Lothar und Prinz Karl. Dazu kamen fernere Verwandte, wie etwa Herzog Friedrich von Ober-Lothringen, der Beatrix, eine Tochter von OTTOS I. schon seit einigen Jahren verstorbener Schwester Hadwig, zur Frau hatte.
    Für die Ebene der Herzogsherrschaft konnte man sich unter anderem an das bayerische und das oberlothringische Exempel halten, in denen Herzogin Judith für den jungen Heinrich den Zänker und Herzogin Beatrix für ihren Sohn Dietrich agiert hatten.
    Siegfrieds Bruder Friedrich hatte 954 eine Nichte OTTOS DES GROSSEN namens Beatrix (eine Tochter von OTTOS Schwester Hadwig und Herzog Hugo dem Großen von Franzien) geheiratet und war 958 als Herzog von Ober-Lothringen eingesetzt worden.

    Renn, Heinz: Seite 44, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    Auch dem dritten Sohne Wigerichs, Friedrich, ist die glänzendsde Zukunft beschieden. Schon 951 muß er unter den Großen Lotharingiens einen bedeutenden Namen gehabt haben, denn damals verlobt er sich mit Beatrix [Flodoard zu 951 = SS. III, Seite 400], der Schwester Hugo Capets, deren Mutter Hedwig eine Tochter HEINRICHS VON SACHSEN ist. So ist Friedrich, als er sich 954 mit Beatrix vermählt, der angeheiratete Neffe OTTOS DES GROSSEN und des westfränkischen Königs Ludwigs IV., der ebenfalls eine Schwester OTTOS I., Gerberga, zur Gemahlin hat. Als Verwandter wird Friedrich auch in die Fehden der französischen KAROLINGER hineingezogen. Zur Sicherung seines Gebietes erbaut er an der französischen Grenze die Festung Bar. Gerade in dieser Gegend hat er Besitzungen von seiner Gemahlin her, die diese von der Abtei St. Denis gegen Liegenschaften um Paris eingetauscht hat.

    Hilsch Peter: Seite 86, "Zur Rolle von Herrscherinnen: Emma Regina" in: Westmitteleuropa – Ostmitteleuropa. Vergleiche und Beziehungen. Festschrift für Ferdinand Seibt zum 65. Geburtstag

    An den "Colloquium dominarum" von 985 in Metz nahm Emma gemeinsam mit der Kaiserin Theophanu, mit Adelheid (der Gemahlin Hugo Capets), der Herzogin Beatrix von Ober-Lothringen und Heinrich dem Zänker teil [Dazu Uhlirz, Mathilde: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III. Band 2. Berlin 1954, Seite 54.]. Die Zusammenkunft bezweckte einen Ausgleich der Spannungen und Auseinandersetzungen in und um Lothringen.

    Offergeld Thilo: Seite 647,662,666, "Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter."

    Ludwigs kurze Herrschaft stand nach dem freilich tendenziösen Bericht Richers ganz im Zeichen Hugo Capets, der in der Tat zumindest im Hintergrund die Fäden gezogen haben dürfte [1151 Richer, Historia IV. 1, Band 2, Seite 144. Demnach rieten die Fürsten dem König, sich ganz dem Willen des mächtigen Herzogs zu fügen. Ludwig habe zunächst geschwankt, doch die Beratung mit dem Herzog habe ihn ganz für diesen gewonnen. In Wahrheit scheint Ludwig zeitweise unter dem Einfluß seines Onkels Karl gestanden zu haben, doch konnte er mit dessen Politik lotharingischer Ansprüche nicht gegen die Gruppe um Hugo Capet, zu dem sich die Königin-Mutter Emma geflüchtet hatte, und dessen Schwester; Herzogin Beatrix von Ober-Lothringen durchdringen.].
    [42 Schon Böhmer, Willigis Seite 28f., wies auf die gerade im 10. Jahrhundert häufigen Fälle hin, in denen die Regentschaft für minderjährige Fürstensöhne trotz der Existenz von Schwertmagen von den jeweiligen Müttern übernommen wurde, so etwa von Judith von Bayern für Heinrich den Zänker (955) und Beatrix von Ober-Lothringen für ihren Sohn Dietrich (978); vgl. hierzu auch Glocker, Verwandten Seite 74; Mohr, Geschichte Seite 49f.]
    Unter den weltlichen Großen Lothringens dominierte dagegen eine um Adalberos Bruder Graf Gottfried von Verdun und die kapetingische, für ihren minderjährigen Sohn die Regierung führende Herzogin Beatrix von Ober-Lothringen gruppierte Partei, die sich sowohl gegen Heinrichs wie auch gegen Lothars Ambitionen sträubte und ihre Interessen in der Loyalität zum Kaiserhause am besten aufgehoben sah.

    954 oo Friedrich I. Herzog von Ober-Lothringen 912-17.6.978

    Kinder:
    - Heinrich 955 - 972/78
    - Dietrich I. Herzog von Ober-Lothringen 965-11.4.1026
    - Adalbero II. Bischof von Metz (984-1005) 958-14.12.1005
    - Gottfried
    - Tochter
    oo Berchthold I. Graf in Bayern und Pfalzgraf
    -
    Literatur:
    Adelheid Kaiserin und Heilige 931 bis 999 Info Verlag Karlsruhe 1999 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997 Seite 60,61 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 134 Anm. 26,142 Anm. 52,144 Anm. 61,146 Anm. 66, 153,196 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 128, 130 - Brühl Carlrichard: Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Seite 187 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I, Seite 183,185,199,479 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 64,73,75 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 84,110,117,301,306,309,407 - Giesebrecht Wilhelm von: Geschichte der deutschen Kaiserzeit. Band 1- Band 6, Mundus Verlag 2000 Seite 33 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,25 Seite 130,190,232,288,307 -
    Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969 Seite 84 - Hlawitschka, Eduard: Konradiner-Genealogie, unstatthafte Verwandtenehen und spätottonisch-frühsalische Thronbesetzungspraxis. Ein Rückblick auf 25 Jahre Forschungsdisput. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2003 Seite 188 - Hlawitschka Eduard: Stirps Regia. Forschungen zum Königtum und Führungsschichten im frühen Mittelalter. Ausgewählte Aufsätze. Festgabe zu seinem 60. Geburtstag. Verlag Peter Lang Frankfurt am Main - Bern - New York - Paris Seite 444,454 - Hlawitschka, Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987 Seite 76 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 171,257,280,285,287, 296 - KAISERIN THEOPHANU. Begegnung des Ostens und Westens um die Wende des ersten Jahrtausends. Gedenkschrift des Kölner Schnütgen-Museums zum 1000. Todesjahr der Kaiserin. Herausgegeben von Anton von Euw und Peter Schreiner Band I und II Köln 1991 - Köpke, Rudolf/ Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 Seite 188 Anm. 2,284,377 - Offergeld Thilo: Reges pueri. Das Königtum Minderjähriger im frühen Mittelalter. Hahnsche Buchhandlung Hannover 2001 Seite 647,662,666,683 - Pognon Edmond: Hugo Capet König von Frankreich. Dr. Riedeler Verlag Stuttgart 1966 Seite 105,109 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus Seite 44-47 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 213,217 - Schneidmüller Bernd/Weinfurter Stefan (Hrsg.): Ottonische Neuanfänge. Symposium zur Ausstellung "Otto der Große, Magdeburg und Europa" Verlag Philipp von Zabern Mainz 2001 Seite 262,276 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 43,56,75,79 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 135 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band II, Teilband 1 Europäische Kaiser-, Königs- und Fürstenhäuser I Westeuropa, R.G. Fischer Verlag 1993 Tafel 43a - Uhlirz, Karl: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III. Verlag Duncker & Humblot Berlin 1967 Band I Seite 27,35,38,44,53,78,81-83/Band II Seite 441 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 476 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 511,525 - Westmitteleuropa - Ostmitteleuropa. Vergleiche und Beziehungen. Festschrift für Ferdinand Seibt zum 65. Geburtstag, hg. von Winfried Eberhard, Hans Lemberg, Heinz-Dieter Heimann und Robert Luft, R. Oldenbourg Verlag München 1992, Seite 81,86,89 - Wies Ernst W.: Otto der Große. Kämpfer und Beter. Bechtle Verlag Esslingen 1989 Seite 286 - Wolf Armin: Zur Königswahl Heinrichs II. im Jahre 1002. Verwandtschaftliche Bedingungen des Königswahlrechts. in: Genealogisches Jahrbuch Band 42 Verlag Degener & Co. Neustadt a.d.Aisch 2002, Seite 23,77 -

    Gestorben:
    23.9.

    Beatrix heiratete von Oberlothringen, Friedrich I. um 954. Friedrich (Sohn von von Lothringen, Wigerich und von Verdun, Kunigunde) wurde geboren in 912; gestorben am 17 Jun 978. [Familienblatt] [Familientafel]


  3. 233.  von Franzien, Emma Graphische Anzeige der Nachkommen (188.Hugo11, 143.Beatrix10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 945; gestorben am 18 Mrz 968.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Normandie,Frankreich; Herzogin der Normandie

    Notizen:

    Emma von Franzien
    Herzogin der Normandie
    945-18.3.968
    Jüngere Tochter des Herzogs Hugo der Große von Franzien aus seiner 3. Ehe mit derHadwig von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Glocker Winfried: V, 27; Seite 289, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    V, 27 Emma
    945, + nach 968 III 18;
    oo Richard I., Herzog der Normandie (seit 943), * 933, + 996 XI 20 (dessen 1. Ehe)

    Den Beleg für die Filiation Emmas und ihre Vermählung mit Herzog Richard I. überliefern Flodoard a. 960, S. 148, Dudo von St. Quentin II c. 93, S. 250, und Guillaume de Jumiegies IV c. 10, S. 58.
    Emmas Geburtszeit ergibt sich aus dem Jahr der Vermählung.
    Letztmals ist sie als lebend bezeugt in der Urkunde ihres Gatten von 968 III 18 (Druck: Recueil des ducs de Normandie, Nr. 3).
    Wie Dudo II c. 125, S. 288, bezeugt, blieb diese Ehe allerdings kinderlos.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 476, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. Generation 10-15

    Die Kinder Hugos des Großen fehlen bei Brandenburg, da er die Historizität von Roberts Ehe mit Beatrix aus dem Hause der HERIBERTINER (siehe oben IV, 4) nicht erkannt hat. Aus ihr ging Hugo der Große und über ihn die kapetingische Königsdynastie hervor. Für die Daten Hugo Capets und seiner Geschwister verweise ich, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt wird, auf die beiden Werke von F. Lot, Les Derniers Carolingiens, Paria 1891, und Etudes sur le regne de Hugues Capet, Paris 1903 (vgl. dort im Register zu den einzelnen Namen).
    Zu Beatrix und ihrer politischen Tätigkeit in Ober-Lothringen, das sie nach dem Tode des Gemahls regierte, vgl. auch Uhlirz (Register). 987 zuletzt erwähnt, starb sie an einem 23. September. Das entnehme ich dem Nekrolog von S.-Denis, HF Obituaires I, 1, 327, wo zu den 9. Kal. des Oktober steht: Beatrix, soror Hugonitor (sic). Der Kopist hat hier die Abkürzung für regis Francorum offenbar nicht mehr verstanden.
    Hugos Schwester Emma heiratete 960, wie wir durch Flodoard wissen, Herzog Richard I. von Normandie und wird zuletzte in dessen Urkunde von 968 III 18 (ed. Marie Fauroux, Recueil des actes des ducs de Normandie, Caen 1961, nr. 3) erwähnt. Die Ehe blieb jedoch kinderlos; die späteren Herzöge stammen aus Richards zweiter Ehe mit der Dänin Gunnor.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 512, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Genauso klug berechnet war die Verlobung von Hugos Tochter Emma mit Richard von der Normandie. Hier, wo Ludwig IV. mit dem Versuch gescheitert war, als Lehnsherr dauerhaften Einfluß zu begründen, gewann Hugo einen Verbündeten und nützlichen Gefolgsmann.

    960 oo 1. Richard I. Herzog von der Normandie x um 933-20.11.996

    Literatur:
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,27 Seite 289 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 213 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 512 -

    Emma heiratete von der Normandie, Richard I. in 960. Richard wurde geboren um 935 in Fécamp [76400],Seine-Maritime,Haute-Normandie,Frankreich; gestorben am 20 Nov 996 in Fécamp [76400],Seine-Maritime,Haute-Normandie,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]


  4. 234.  von Burgund, Otto Graphische Anzeige der Nachkommen (188.Hugo11, 143.Beatrix10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 945; gestorben am 23 Feb 965.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 956-965, Burgund,Frankreich; Herzog von Burgund

    Notizen:

    Otto (Odo) Herzog von Burgund (956-965)
    ca 945-23.2.965
    2. Sohn des Herzogs Hugo der Große von Franzien aus seiner 3. Ehe mit der Hadwig von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 476, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. Generation 10-15

    Die Kinder Hugos des Großenfehlen bei Brandenburg, da er die Historizität von Roberts Ehe mit Beatrix aus dem Hause der HERIBERTINER (siehe oben IV, 4) nicht erkannt hat. Aus ihr ging Hugo der Große und über ihn die kapetingische Königsdynastie hervor. Für die Daten Hugo Capets und seiner Geschwister verweise ich, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt wird, auf die beiden Werke von F. Lot, Les Derniers Carolingiens, Paria 1891, und Etudes sur le regne de Hugues Capet, Paris 1903 (vgl. dort im Register zu den einzelnen Namen).
    Zu Beatrix und ihrer politischen Tätigkeit in Ober-Lothringen, das sie nach dem Tode des Gemahls regierte, vgl. auch Uhlirz (Register). 987 zuletzt erwähnt, starb sie an einem 23. September. Das entnehme ich dem Nekrolog von S.-Denis, HF Obituaires I, 1, 327, wo zu den 9. Kal. des Oktober steht: Beatrix, soror Hugonitor (sic). Der Kopist hat hier die Abkürzung für regis Francorum offenbar nicht mehr verstanden. Hugos Schwester Emma heiratete 960, wie wir durch Flodoard wissen, Herzog Richard I. von Normandie und wird zuletzte in dessen Urkunde von 968 III 18 (ed. Marie Fauroux, Recueil des actes des ducs de Normandie, Caen 1961, nr. 3) erwähnt. Die Ehe blieb jedoch kinderlos; die späteren Herzöge stammen aus Richards 2. Ehe mit der Dänin Gunnor.

    Glocker Winfrid: V, 28; Seite 289, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    V, 28 Odo
    * 945, + 965 II 23

    956 Nachfolge im Herzogtum Burgund, 960 belehnt und Herrschaft angetreten

    oo 955 um Ostern Liutgard, Tochter Herzog Giselberts von Burgund.

    Odo ist bei Flodoard a. 960, S. 149, als Sohn Hugos des Großen bezeugt; vgl. dazu Chaume, Bourgogne Bd. 1, S. 439 mit Anm. 6. Ebd. S. 451 mit Anm. 6 sind die Belege zum Sterbedatum zusammengestellt.
    Odos Stellung im Herzogtum (nicht den Herzog-Titel) bezeugt Flodoard a. 960, S. 149; vgl. hierzu Lot, Derniers S. 32, Chaume, Bourgogne Bd. 1, S. 451, und Kienast, Herzogstitel S. 95.
    Otto trat 956 die Nachfolge im Herzogtum Burgund an, wurde 960 belehnt und begann mit der selbständigen Regierung.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 512, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Den größten Erfolg seiner Heiratspolitik erzielte der Franken-Herzog in Burgund. Giselbert war im Jahr 952 Hugo dem Schwarzen als princeps von Burgund nachgefolgt und starb im Jahr 956 während eines Aufenthaltes in Paris. Er vermachte seinem Schwiegersohn Otto, dem Sohn Hugos des Großen, alle seine Grafschaften und Rechte. Otto wurde im Jahr 960 vom KAROLINGER-König als Herzog von Burgund anerkannt und starb 965.

    Ehlers Joachim: Seite 24,45, "Die Kapetinger"

    Ohne den Widerstand der aquitanischen Großen hätten damals alle Reichsteile robertinisch werden können, weil Hugo seinen jüngeren Sohn Otto, der den Namen des sächsischen Onkels trug, mit der Erbtochter des Großgrafen Giselbert von Burgund verheiraten konnte.
    Nach Ottos Tod 965 folgte ihm sein Bruder Odo, ein Kleriker, der als Herzog von Burgund den Namen Heinrich annahm. Nach dessen Tod kam es zu den bereits geschilderten Veränderungen in Burgund.

    Kienast, Walther: Seite 93,95, "Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland (9. bis 12. Jahrhundert)"

    Söhnelos, hatte Giselbert seine Tochter mit Otto, einem jüngeren Bruder Hugo Capets, verprochen oder vermählt. Mit Otto kommt das Land an die ROBERTINER; eine neue Epoche beginnt.
    Wir bemerkten, daß ein ROBERTINER als Schwiegersohn Giselberts die Bourgogne in Besitz nahm. Die politischen Zusammenhänge bleiben uns verborgen. Noch 954 hatte Lothar das Land an Herzog Hugo von Franzien übertragen und Giselbert ihm als sein Vasall gehuldigt. War die Heirat oder Verlobung, deren Jahresdatum unbekannt ist, erzwungen, als Bedingung des Friedensschlusses? Oder ging, was nach den Quellennachrichten vielleicht näher liegt, alles in Freundschaft vor sich?
    Otto (956-965) kam noch in sehr jugendlichem Alter zur Regierung. Sein Vater, Hugo von Franzien, dem Giselbert Herzogtum und Tochter anvertraut hatte, starb zwei Monate nach diesem. Burgund wurde von inneren Unruhen zerrissen, die König Lothar die Handhabe zu jahrelangem Eingreifen boten. Er befestigte die Machtstellung der Krone in Burgund durch Besitznahme von Dijon. Nur mit Mühe behauptete sich Otto in der Herrschaft. Er hat meines Wissens keine urkundlichen Spuren hinterlassen. Flodoard verweigert Otto durchweg jeden Titel, an einer Stelle mit deutlichem Gegensatz zu seinem BruderHugo Capet, Herzog von Franzien. Nach den Beobachtungen, die wir an Flodoard für den älteren Hugo gemacht haben, schließt dies aber die tatsächliche Führung des Herzogsnamens durch Otto nicht mit Sicherheit aus und zeigt nur, daß der Autor seine Person geringschätzte. Otto ist bereits 965 ins Grab gesunken [Chaume, Or. I, 451 n. 6. Es ist aber ein Irrtum, daß er den Eintrag aus dem Totenbuch der Kathedrale von Auxerre nach Lebeuf, Aux. (in dem von mir benutzten Neudruck IV, 11) mit DCCCCLXV wiedergibt. In Wahrheit steht im Nekrolog DCCCCLXIII, sowohl bei Lebeuf wie in dem kritischen Druck der Obit. Sens III, 229 C (oben n. 57), den Chaume nicht eingesehen hat. Trotzdem muß es bei 965 bleiben, da Flodoard dies Datum angibt.].

    955 oo Liutgard von Burgund, Tochter des Herzogs Giselbert

    Literatur:
    Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 24,45 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,28 Seite 289 - Kienast, Walther: Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland (9. bis 12. Jahrhundert), R. Oldenbourg Verlag München-Wien 1968 Seite 93,95 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991 Seite 309,311 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994 Seite 400 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 476 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 512,514 -


  5. 235.  von Burgund, Otto Heinrich Graphische Anzeige der Nachkommen (188.Hugo11, 143.Beatrix10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 948; gestorben am 15 Okt 1002 in Pouilly-sur-Saône [21250],Côte-d’Or,Burgund,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Nevers [58000],Nièvre,Burgund,Frankreich; Graf von Nevers
    • Titel/Amt/Status: 965-1002, Burgund,Frankreich; Herzog von Burgund

    Notizen:

    Otto Heinrich Herzog von Burgund (965-1002)
    Graf von Nevers
    ca 948-15.10.1002 Pouilly-sur-Saone
    Jüngerer Sohn des Herzogs Hugo der Große von Franzien aus seiner 3. Ehe mit der Hadwig von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 2067

    Heinrich (ursprünglicher Name: Odo), Herzog von Burgund aus dem Geschlecht der ROBERTINER
    + 15. Oktober 1002 Pouilly-sur-Saone
    Sohn Hugos des Großen, Bruder von Hugo Capet und Otto, Herzog von Burgund

    Odo war bereits Kleriker, als ein Bruder Otto starb. Die burgundischen Großen trugen Odo trotz zweifelhafter Erbansprüche die Herzogswürde an, doch fand er erst nach Fürsprache Erzbischof Bruns von Köln die Anerkennung König Lothars (965). Odo nahm den Namen Heinrich an; er behielt zum Teil das Auftreten eines Klerikers bei.
    Zweimal verheiratet
    (1. um 972 Gerberga von Chalon, Witwe König Adalberts von Italien;
    2. Garsendis von Gascogne, die er 996 verstieß), hatte er keine legitimen Nachkommen (dagegen sind zwei mutmaßliche Bastarde namentlich bekannt); er adoptierte den Sohn der Gerberga aus 1. Ehe, Otto Wilhelm.
    Heinrich war der letzte Herzog, dessen Gewalt sich über das gesamte Herzogtum zwischen Yonne und Saone erstreckte; sein Erbe fiel nach mehrjährigen Kriegen an seinen Neffen, König Robert II.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 476, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. Generation 10-15

    Die Kinder Hugos des Großen fehlen bei Brandenburg, da er die Historizität von Roberts Ehe mit Beatrix aus dem Hause der HERIBERTINER (siehe oben IV, 4) nicht erkannt hat. Aus ihr ging Hugo der Große und über ihn die kapetingische Königsdynastie hervor. Für die Daten Hugo Capets und seiner Geschwister verweise ich, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt wird, auf die beiden Werke von F. Lot, Les Derniers Carolingiens, Paria 1891, und Etudes sur le regne de Hugues Capet, Paris 1903 (vgl. dort im Register zu den einzelnen Namen).
    Zu Beatrix und ihrer politischen Tätigkeit in Ober-Lothringen, das sie nach dem Tode des Gemahls regierte, vgl. auch Uhlirz (Register). 987 zuletzt erwähnt, starb sie an einem 23. September. Das entnehme ich dem Nekrolog von S.-Denis, HF Obituaires I, 1, 327, wo zu den 9. Kal. des Oktober steht: Beatrix, soror Hugonitor (sic). Der Kopist hat hier die Abkürzung für regis Francorum offenbar nicht mehr verstanden.
    Hugos Schwester Emma heiratete 960, wie wir durch Flodoard wissen, Herzog Richard I. von Normandie und wird zuletzte in dessen Urkunde von 968 III 18 (ed. Marie Fauroux, Recueil des actes des ducs de Normandie, Caen 1961, nr. 3) erwähnt. Die Ehe blieb jedoch kinderlos; die späteren Herzöge stammen aus Richards zweiter Ehe mit der Dänin Gunnor.

    Glocker Winfrid: V, 29; Seite 289, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    V, 29 Otto, auch Otto-Heinrich
    c 948, + 1002 X 15;
    sollte Kleriker werden, 965 Herzog von Burgund

    1. oo NNw

    2. oo Gerberga, Witwe König Adalberts von Italien, Tochter Graf Lamberts von Chalon, + (nach 985) am XII 11.

    Otto-Heinrich ist als Sohn Hugos des Großen bei Flodoarda. 965, S. 156, bezeugt; die weiteren Belege sind von Lot, Derniers S. 50, Anm. 2. zusammengestellt.
    Ebd. S. 334 die Belege zu Otto-Heinrichs Sterbedatum.
    Zu seiner Heirat mit Gerberga vgl. Pfister, Etudes S. 254, zu Gerbergas Sterbetag und -jahr siehe Chaume, Bourgogne Bd. 1, S. 458.
    Die zweite Ehe Gerbergas ist auch erörtert bei Wagner, Grafen S. 8 f., und von Werner VII, 47.
    Otto Heinrich starb ohne legitime Nachkommen und soll daher Otto-Wilhelm, den Sohn seiner Gemahlin Gerberga aus deren erster Ehe adoptiert haben; vgl. dazu Wagner, Grafen S. 9, Anm. 7, und kritisch Kienast, Herzogstitel S. 98 f.

    Otto Heinrich folgte seinem Bruder Odo und blockte alle Versuche seines Bruders Hugo Capet ab, Burgund zu einem Teil des Herzogtums Franzien zu machen, was der berühmte Vater eingeleitet hatte. Er stand auch gegen das Königreich Burgund-Arelat wegen gleicher Interessen im Rhonetal und geriet mit seinem Stiefsohn in Streit, bis er ihm schließlich Freiburgund-Besancon abtrat und ihn adoptierte. Obwohl er auch mit den Erzbischöfen von Sens und den Bischöfen von Langres und den großen Vasallen wegen Rechts- und Besitzfragen in Streit lag, genoß er als angesehenster und mächtigster Vasall wegen seiner verwandtschaftlichen Nähe zur Krone hohes Ansehen. Otto Heinrich starb ohne legitime Nachkommen und soll daher Otto-Wilhelm, den Sohn seiner Gemahlin Gerberga aus deren erster Ehe adoptiert haben.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 512, "Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000"

    Nachfolger wurde sein Bruder Odo, der als Herzog (965-1002) den Namen Heinrich führte. Von 956 an waren die ROBERTINER praktisch Herrscher über Burgund, das Geschlecht der BOSONIDEN, eine wichtige Stütze der KAROLINGER, war untergegangen.

    Ehlers Joachim: Seite 43,45, "Die Kapetinger"

    Nach dem erbenlosen Tod seines Onkels Odo-Heinrich, des Herzogs von Burgund, im Jahre 1002 gelang es Robert mit Hilfe Clunys und des Bischofs von Auxerre, seine Erbansprüche gegen die des Grafen Odo-Wilhelm von Macon, eines Stiefsohns Odo-Heinrichs durchzusetzen.
    Nach Ottos Tod 965 folgte ihm sein Bruder Odo, ein Kleriker, der als Herzog von Burgund den Namen Heinrich annahm. Nach dessen Tod kam es zu den bereits geschilderten Veränderungen in Burgund.

    Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Seite 62,65,69, "Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498."

    Der plötzliche Tod Hugo Magnus war natürlich ein unerwarteter Glücksfall für Lothar und Gerberga. Sie sahen sich von einer erdrückenden Übermacht befreit, zumal Hugos Söhne Hugo, Otto und Odo-Heinrich noch minderjährig waren.
    Herzog Otto von Burgund war am 23. Februar 965 verstorben. Die burgundischen Großen wählten, ohne sich der Zustimmung Lothars zu versichern, Ottos Bruder Odo-Heinrich zum Herzog, obwohl dieser Kleriker war. Lothar fühlte sich nicht zu Unrecht in seinen burgundischen Interessen bedroht. Der Konflikt brach im Spätsommer 965 in aller Schärfe aus. Wie üblich mußte Brun intervenieren, um seine Neffen zu versöhnen.
    Der Vorstoß Lothars wurde nur mit der Rückendeckung und asusdrücklichen Zustimmung der ROBERTINER möglich. Und in der Tat war das Verhältnis Lothars zu Hugo Capet und Heinrich von Burgund spätestens seit 974 ausgesprochen freundlich. Die ROBERTINER hatten keinerlei Interessen in Lothringen, ein mit Annektionsplänen in Lothringen beschäftigter Lothar konnte ihre Kreise in Burgund und in der Francia nicht stören.

    Weinfurter, Stefan: Seite 221, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten."

    Otto-Wilhelms Stiefvater, der am 15. Oktober 1002 gestorbene capetingische Herzog Heinrich von Burgund (der Onkel König Roberts II.) hatte ihn selbst noch als Erben und Nachfolger im burgundischen Herzogsamt vorgesehen.

    Kienast, Walther: Seite 95,96,98, "Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland (9. bis 12. Jahrhundert)"

    Otto ist bereits 965 ins Grab gesunken. Die Großen des Landes wählten seinen Bruder Heinrich (auch Otto-Heinrich genannt) (965-1002) zum Nachfolger. Sie setzten sich damit über das Recht des Königs hinweg, vielleicht durch die Zunahme seines Einflusses in Burgund beunruhigt. Es kam zwischen Lothar und den robertinischen Brüdern zum Krieg, den Erzbischof Brun von Köln schlichten mußte. Heinrich, eine geistliche Natur, war als Regent unbedeutend. Den Beinamen des Großen, den er in der wissenschaftlichen Literatur führte, verdankt er einem Übersetzungsfehler. Magnus bedeutet der "Ältere", zum Unterschied von seinem Großneffen, dem späteren König Heinrich I., der vorübergehend Herzog von Burgund war. Um so auffälliger ist es, daß nun, fast mit einem Schlage, der Graf zum Herzog aufrückt. Wo Heinrich selbst Urkunden ausstellt oder fremde firmiert, da tritt er, mit einer einzigen Ausnahme immer als dux, dux Burgundiorum oder dux Burgundiae auf. Auch seine Gemahlin nennt sich - leider nur in Cartularüberlieferung - Herzogin. Es ist das früheste Beispiel in Frankreich und, falls auf das Original zurückgehend, wohl ein Zeichen dafür, daß Burgund ebenso wie Franzien, zum Unterschied von den übrigen Dukaten, von der Krone zum Herzogtum erhoben war
    [1) 970 Juni Ansedeus, Prou - Vidier, Rec. s. Benolt 145 nr. 59: S. Aynrici ducis Burgundionum.
    2) [986/87] April, Deleage, S. Symph. 36 nr. 14: Heyndricus ... ducamine polens. S. H.i ducis.
    3) 986 April Bischof Roclemis von Nevers, Lespinasse, S. Cyr 50 nr. 23: Hr. Burgundia dux
    4) 993 März 29 bis Mai 10 Bischof Walther von Autun, Deleage, S. Symph. 41 nr.16 : S. H.i ducis.
    5) 993, Mai 10, Deleage Ebd. 42 nr. 17: H. ... ducamine pollens. Signiert H. dux, Gersindi ducatrix.
    Das Signum der Gersindis, einer Tochter Herzog Sancho Sanchez' (oder Wilhelm Sanchez'?) von der Gascogne, ist für unsere Untersuchung in doppelter Hinsicht bedeutsam. Wir haben hier das früheste Zeugnis dafür, daß die Gemahlin eines französischen Herzogs nicht als comitissa, sondern als Herzogun signiert. Wir haben hier ferner ein frühes Zeugnis für die weibliche Form statt des auch für Herzoginnen verwendeten dux. Vgl. unten cap. 8 zu n. 201-204 c. Leider ist der Beleg gar nicht sicher, denn der Titel könnte vom Cartularschreiber eingesetzt sein. Das verlorene Cartular stammt aus dem 12. oder 13. Jahrhundert und ist in zwei Kopien des 17. und 18. Jahrhunderts erhalten. -
    6) [ca 993/94] Graf Hugo von Chalon und Mutter Adeleidis, Chevalier, Paray 98 nr. 193: S. H.i ducis und seiner Gattin Gersind.
    7) 999 Mai Notitia des Grafen Hugo von Chalon und Bischofs von Auxerre für Kloster Paray-le-Monial an Cluny, Ch. Cluny III, 565 nr. 2484 = Chevalier, Paray 114 nr. 213: S. Aynrici ducis, auch im Text mehrfach dux genannt.]. Im Texte von Urkunden anderer Aussteller heißt er ebenfalls gewöhnlich Herzog. Und vor allem: die neue Regelung geht offenbar von der Königskanzlei aus. Nicht erst Heinrichs Bruder und Neffe, die CAPETINGER Hugo und Robert II. der Fromme, sondern schon der KAROLINGER Lothar geben Heinrich den Titel eines Herzogs von Burgund.
    Wie wir bei der Behandlung des Herzogtums Franzien sahen, haben aller Wahrscheinlichkeit nach die beiden ersten CAPETINGER in Burgund nicht dem König, sondern ihrem Bruder Hugo Capet, dem dux Francorum, gehuldigt. Es verdient bemerkt zu werden, daß also ein Aftervasall vom König den dux-Titel erhält, dieser also nicht auf Kronvasallen beschränkt war.
    Heinrich starb 1002 ohne eheliche Nachkommen. Nach späteren Nachrichten soll er seinen Stiefsohn Otto Wilhelm, den er mit Gunstbeweisen überschüttete, adoptiert haben und dieser ihm als Erbe nachgefolgt sein.

    Einige Gedanken zum Thronwechsel 1002
    C Otto Heinrich Herzog von Burgund 948-15.10.1002

    Als Enkel HEINRICHS I. über seine Mutter Hadwig und Neffe OTTOS I. wäre Otto Heinrich wie viele andere Verwandte der OTTONEN bei einer Wahl nach Geblütsrecht durchaus zum Kandidatenkreis der Thronanwärter zu rechnen gewesen. Sein Anspruch war gegenüber Heinrich von Bayern sogar besser, da er nur Enkel HEINRICHS I. war und dem Thron somit näher gestanden hätte als dieser.
    Mir ist nichts bekannt bekannt, daß Otto Heinrich 1002 irgendwo als Kandidat für den Thron erwähnt wurde.
    Wahl nach Geblütsrecht: Negativ

    972 1. oo 2. Gerberga von Salins, Tochter des Grafen Leotald II. von Macon, x um 940 - 986/91

    992 2. oo Gersende von Gascogne, Tochter des Grafen Wilhelms

    998 3. oo 1. Mathilde von Chalon, Tochter des Grafen Lambert
    -
    Kinder:
    3. Ehe
    - Aremberge
    oo Damas I. Seigneur von Semur - vor 1048

    Illegitim
    - Odo Vizegraf von Beaunne - nach 1005

    Literatur:
    Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 43,45 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 62,65,69,75,100 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,29 Seite 289,309 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 210 - Kienast, Walther: Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland (9. bis 12. Jahrhundert), R. Oldenbourg Verlag München-Wien 1968 Seite 95,96,98 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992 Seite 213 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 221 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995 Seite 512 -


  6. 236.  von Auxerre, Heribert Graphische Anzeige der Nachkommen (188.Hugo11, 143.Beatrix10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben am 23 Aug 996.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 971-996, Auxerre [89000],Yonne,Burgund,Frankreich; Bischof von Auxerre


  7. 237.  von Köln, Heribert Graphische Anzeige der Nachkommen (189.Hugo11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 965; gestorben am 16 Mrz 1021; wurde beigesetzt in Köln-Deutz [50679],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Beruf: 999-1021, Köln [50667],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; Erzbischof von Köln (999-1021)

    Notizen:

    Rathausturm Köln Statue des Bischofs Heribert von Köln.
    Bildhauer:Friedrich Lindenthal.

    Rathausturm Köln - Heribert (detail)

    Genealogie-Mittelalter.de, Karl-Heinz Schreiber - Heribert

    Erzbischof von Köln (999-1021)
    um 965-16.3.1021
    Begraben: Kloster Deutz; heute Pfarrkirche St. Heribert/Köln-Deutz
    Sohn des Grafen Hugo im Einrichgau aus dem Hause der KONRADINER und der Thietswindis, Tochter von N.N.

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Seite 2155

    Heribert, Erzbischof von Köln 999-1021
    * um 970, + 16. März 1021
    Begraben: Kloster Deutz; heute Pfarrkirche St. Heribert/Köln-Deutz

    Über seinen Vater Hugo, wahrscheinlich Graf im mittelrheinischen Einrichgau, entstammte Heribert dem gebhardinisch-wetterauischen Zweig der KONRADINER, der durch Graf Udo mit den HERIBERTINERN von Vermandois verwandt war. Nach seiner Ausbildung an der Wormser Domschule und im Kloster Gorze wurde Heribert durch seinen Förderer, den Wormser Bischof und Kanzler Hildibald, zum Propst von dessen Kirche und zum Mitglied der königlichen Kapelle berufen. Früh mit OTTO III. befreundet, erhob dieser ihn 994 zum Kanzler für Italien und bot ihm das Bistum Würzburg an, das 995 Heriberts Bruder Heinrich übernahm. Auf dem ersten Italienzug in der engeren Umgebung des Kaisers, war er in der Folge einer seiner wichtigsten Helfer bei der Verwirklichung der "Restitutio rei publicae" und "Renovatio Imperii Romanorum", vor allem in Ravenna. Die Vereinigung der deutschen und italienischen Kanzlerwürde 998 in seiner Person zeigt OTTOS Wertschätzung des Vertrauten (Archi-Logotheta) und symbolisierte die Idee eines die Regina überwölbenden, unter christlich-karolingischen Vorzeichen erneuerten Imperium Romanum. Heriberts Versuch, 1002 seinem Verwandten Hermann von Schwaben die Nachfolge im Königtum zu sichern, führte zur Entfernung vom Hof unter HEINRICH II., der ihn nur fallweise zu Reichsgeschäften heranzog. Wohl erst nach Intervention der mit dem Kaiser verwandten EZZONEN ist Heribert zum Bischof gewählt worden. Stärken seines Pontifikats lagen in der Verwaltung und Organisation, besonders in der Armenfürsorge. Den Idealen monastischer Reform von Gorze-St. Maximin war Heribert verbunden; die von ihm 1002/03 gegründete Abtei Deutz vertraute er mit Folpert einen Exponenten der Bewegung an.

    Quellen und Literatur:
    H. Müller, H., Kanzler Ottos III. und Ebf. v. Köln, 1977 - Ders., H. v. Köln (um 970-1021), Rhein. Lebensbilder 8, 1980, 7-20 - Ser. episcoporum ... V/I, cur. St. Weinfurter-O. Engels, 1982, 22f. - Reg. Pontificum Romanorum, GP VII/I, auct. Th. Schieffer, 1986, 5111f., 243 - M. L. Arduini, Rupert v. Deutz (1076-1129) und der 'Status christianitatis` seiner Zeit ..., 1987, 204-244 [Vgl. StM 20,1979, 87-138].
    Heribert war Kaplan OTTOS III. und Kanzler für Italien. Im Herbst 998 erhielt er den Titel eines Logotheten (eigentlich Redestzer). Am 9.7.999 wurde er von Kaiser OTTO III. als Erzbischof von Köln eingesetzt. Nach dem Tode OTTOS III. hatte er die heilige Lanze bereits vorausgesandt, bevor es bei Polling zu der folgenschweren Begegnung des Leichenzuges mit Heinrich von Bayern kam. Er wurde von HEINRICH gefangengenommen und zur Herausgabe der Reichsinsignien gezwungen. Als vertrauter Ratgeber OTTOS III. unterstützte er 1002 wirkungsvoll die Kandidatur Hermanns II. von Schwaben und widersetzte sich der Wahl Heinrichs von Bayern zum deutschen König. Er huldigte später HEINRICH II., stand aber in einem gespannten Verhältnis zu ihm.
    Heribert war der Freund und bewährte Ratgeber Kaiser OTTOS III. Er weilte mit diesem in Italien und wurde im kaiserlichen Hoflager vor Benevent zum Erzbischof von Köln erhoben. Er wurde am 9. Juli in Benevent von Kaiser und Papst mit seiner neuen Würde bekleidet, konnte aber erst zu Wintersbeginn nach Deutschland zurückkehren, um die Leitung des Erzbistums zu übernehmen. Sein Amt als Kanzler des Kaisers für Deutschland und Italien behielt er trotz seiner neuen Stellung bei. Er weilte beim Tode Kaiser OTTOS III. in Italien und begleitete den Leichenzug nach Deutschland. Da er die von Heinrich von Bayern drohenden Gefahren vorausgesehen hatte, schickte er vor allem die wichtigste Insignie des Reiches, den Mauritiusspeer, die sacra lancea, in aller Heimlichkeit voraus. In Polding, einem Hof des Bischofs von Augsburg, zwang der Bayern-Herzog Heribert zur Herausgabe von Krone, Schwert und der Königsgewänder und setzte ihn in Haft, da er die heilige Lanze nicht erhalten konnte. Heribert wurde erst aus der Haft entlassen, als sein Bruder, Bischof Heinrich von Würzburg, für die Auslieferung der Lanze Bürgschaft geleistet hatte und empfing Ende März den Leichenzug in Köln.

    Trillmich Werner: "Kaiser Konrad II. und seine Zeit"

    In der Reichspolitik spielte der aus der Wormser Schule hervorgegangene Erzbischof Heribert (999-1021) eine führende Rolle. Den Mainzer weit überflügend, stieg er unter OTTO III. zum Kanzler und Archilogotheta für das gesamte Reich auf. Als Gegner der Königswahl HEINRICHS II. allerdings büßte er diese überragende Stellung 1002 wieder ein. Vergeblich hatte er versucht, dem Pfalzgrafen Ezzo die Reichsinsignien zuzuspielen, um den Pfalzgrafen auf diese Weise als Thronanwärter zu nominieren oder ihm zumindest für die bevorstehende Wahl eine ausschlaggebende Stellung zu verschaffen.

    Eickhoff Ekkehard: "Otto III."

    Als OTTO III. 11 oder 12 Jahre alt war, kam ein weiterer überragender Geistlicher in seine Umgebung: Heribert, ein junger Kleriker aus rheinfränkischem Adel, wurde damals von seinem Amt als Dompropst in Worms an den Hof berufen. Er war in der Wormser Domschule und im Kloster Gorze geschult worden. Jetzt sollte er dem Kanzler Hildibald, seinem Wormser Bischof, und Erzbischof Willigis in der Hofkapelle zur Hand gehen. Hier ist Heribert, der ja dem jungen König altersmäßig weit näher stand als dessen Lehrer, dem König bald zum engsten Vertrauten geworden.

    Görich Knut: Seite 134-139,178,180, "Otto III."

    Bei Erreichen der Selbständigkeit OTTOS III. kam es zur Entfernung der Kaiserin Adelheid, die die Gegnerschaft einiger iuvenes in OTTOS Umkreis auf sich gezogen hatte . Der etwa 25-jährige Heribert, Schüler Hildebolds von Worms, wurde seit September 994 unter die vornehmsten Berater aufgenommen. Nach dem Tod Hildebolds im August 998 wurde die Stellung Heriberts durch Zusammenlegung der deutschen und italienischen Kanzlei weiter gestärkt. Im September 996 ist erstmals der Kapellan Leo, der spätere Bischof von Vercelli, nachweisbar, der ebenso wie der seit Frühjahr 997 zur Hofkapelle zählende Gerbert von Aurillac ein enger Berater des Kaisers war; Gerbert, Leo und Heribert waren "die dominierende Trias innerhalb des neuen Freundes- und Beraterkreises, dessen Mitglieder der junge König selbst erwählt hatte."
    Erzbischof Heribert von Köln traf kurz nach dem 11. Januar 1002 beim Kaiser in Paterno ein. Die Anführer der eingetroffenen Heeresabteilungen standen denn auch alle in besonderer Nähe zum Kaiser. Fast alle waren vor ihrer Erhebung zum Bischof Mitglied der Hofkapelle gewesen. Heribert, den OTTO III. schon 992 doctor meus et capellanus mihi nannte, wurde zu Beginn der selbständigen Regierung OTTOS zum Kanzler für Italien erhoben; 998 übernahm er nach dem Tod des deutschen Kanzlers Hildebold von Worms auch dessen Amt in Personalunion und wurde im Sommer zusätzlich noch Erzbischof von Köln. Heribert war der zuverlässigste und gleichzeitig mächtigste Vertraute des Kaisers im deutschen Episkopat. Zum Nachfolger des Würzburger Bischofs Bernward wurde 995 Heriberts Bruder Heinrich erhoben, nachdem OTTO zunächst Heribert selbst für das Amt vorgesehen, dieser sich jedoch für Heinrich eingesetzt hatte. Im Laufe des 2. Italienzuges wurde der Kanzler Heribert noch im Lager von Benevent zum neuen Erzbischof von Köln geweiht.
    Heribert von Köln und die Bischöfe von Konstanz, Worms und Würzburg sowie Abt Erkanbald von Fulda unterstützten den Kaiser innerhalb weniger Jahre mehrfach im Süden. Dieser besonderen Belastung entsprach auch eine besondere Förderung durch den König: Heribert erhielt das Kastell Deutz und umfangreiche Güter zum Zweck der Klostergründung. Die mächtigsten Vasallen wie Heribert von Köln waren zweifellos zu bedeutend umfangreicherer Unterstützung fähig und hatten zum Italienzug 100 Panzerreiter zu stellen.

    Finckenstein Finck von: Seite 100, "Bischof und Reich"

    Für den mittleren und südlichen Teil des Reiches bemerkenswert sind hier auch die Beziehungen jener von H. Müller ohne genaue geneaologische Einordnung den fränkischen KONRADINERN zugerechnete clarissima Wormaciensium progenies, der Erzbischof Heribert von Köln und sein Bruder Bischof Heinrich von Würzburg angehörten. Neffen dieser beiden Bischöfe, vielleicht über deren Schwester, waren die beiden Brüder und Bischöfe von Eichstätt Heribert und Gezemann. Die Mutter Heriberts von Köln, Tietwindis, war Tochter eines namentlich unbekannten comes Alemanniae, dessen Frau Imma von einem comes Reginboldus abstammte, dessen Name in der Familie Bischof Ulrichs von Augsburg begegnet. Ohne etwa die schon chronologisch sehr unwahrscheinliche Identifizierung dieses Reginbold mit dem 955 auf dem Lechfeld gefallenen gleichnamigen Neffen des Augsburger Bischofs zu erwägen, könnte gleichwohl durchaus verwandtschaftliche Verbindungen zwischen diesen Familien bestanden haben. Sollte sich aber Müllers ansprechende These von der konradinischen Herkunft Heriberts von Köln weiter erhärten lassen, so bezeugte sie eindringlich die Machtstellung dieser Familie in der Zeit OTTOS III. und HEINRICHS II. im Reich durch die obengenannten Bischöfe in Lothringen, Franken und Bayern in ihrem hier betrachteten Zweig und den schwäbischen Dukat ihrer agnatischen Verwandten Konrad und Hermann.

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 172,188,203,205,226 - Althoff, Gerd: Otto III., Primus Verlag, Darmstadt 1997, Seite 36-205 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 137,155-159,165,173 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band II Seite 5/Band III Seite 83,87,102,145,373-375,377,379,521,531 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 161-519 - Görich Knut: Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995 Seite 134-139, 142-145,178,180,183,219,234,269 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 323,333,341,361,365,367,370,374,410,424,431,440-444,480 - Schulze Hans K. Schulze: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 268,276,292,298,301 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 164-168,214,250,262, 278,366,386,406,414,468 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 38,50,52,56,74,76,89,112,117,120,161,199,231,241,255, 264 -



    Neue Deutsche Biographie - Heribert

    heilig, Erzbischof von Köln (seit 999), † 21.3.1021, ⚰ Abtei Deutz.
    H. empfing seine Ausbildung am Dom zu Worms, trat dann in das Kloster Gorze ein, wurde aber noch vor der Profeßleistung zurückgerufen und zum Dompropst von Worms bestellt. Mit Kaiser Otto III., der ihn 994 zum Kanzler für Italien, 998 zum Kanzler für Deutschland ernannte, verband ihn ein enges Vertrauensverhältnis. Er lehnte 995/96 das ihm angebotene Bistum Würzburg ab, das darauf sein jüngerer Bruder Heinrich erhielt. 999 wurde er zum Erzbischof von Köln gewählt. Anfang 1002 brachte er die Leiche Ottos III. aus Italien nach Aachen, mußte aber die Reichsinsignien an Herzog Heinrich von Bayern, den späteren Kaiser Heinrich II., ausliefern. Er selbst scheint 1002 für die Wahl Herzog Hermanns von Schwaben zum König eingetreten zu sein. Sein Verhältnis zu Heinrich II. entbehrte nicht der Spannungen, doch begleitete er den König 1004 nach Italien, vermittelte zwischen ihm und seinem Bruder Heinrich von Würzburg, als dieser sich gegen die geplante Einrichtung des Bistums Bamberg sperrte, und söhnte 1017 die opponierenden Luxemburger mit dem Herrscher aus. Er gewährte dem Graf Balderich und seiner berüchtigten Gemahlin Adela Rückhalt in ihren Kämpfen am Niederrhein gegen den Graf Wichmann und konnte ihr Erbe für die Kirche sichern. Zusammen mit Otto III. hatte er, der lebenslang die asketischen Neigungen, die ihn in seiner Jugend ins Kloster geführt hatten, beibehielt, die Gründung eines Klosters beabsichtigt, das er nach dem Tod des Kaisers zu Deutz errichtete. Die von ihm geplante Ausgestaltung der Kirche S. Aposteln in Köln zu einem Stift mußte er seinem Nachfolger überlassen. Seine Lebensbeschreibung, die die Heiligsprechung vorbereiten sollte, schrieb um 1050 der Lütticher Mönch Lantbert. Die Kanonisation H.s soll nach der zweifelhaften Überlieferung auf einen Papst Gregor zurückgehen (Gregor VI. oder Gregor VII.).



    Begraben:
    Kloster Deutz; heute Pfarrkirche St. Heribert/Köln-Deutz


  8. 238.  von Würzburg, Heinrich I. Graphische Anzeige der Nachkommen (189.Hugo11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben am 14 Nov 1018.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Beruf: 995-1018, Würzburg [97070],Würzburg (Stadt),Bayern,Deutschland; Bischof von Würzburg

    Notizen:

    Heinrich I. Bischof von Würzburg (995-1018)
    -14.11.1018
    Sohn des Grafen Hugo im Einrichgau aus dem Hause der KONRADINER und der Tietswindis, Tochter von NN ; Bruder des Erzbischofs Heribert von Köln

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Seite 2087

    Heinrich I., Bischof von Würzburg
    + 14. November 1018
    Aus edelfreien rheinfränkischen Geschlecht, das neuerdings mit den KONRADINERN identifiziert wird.

    Bruder:
    Erzbischof Heribert von Köln

    Neffen:
    Heribert und Gezemann, Bischöfe von Eichstätt

    Wohl von König OTTO III. ernannt, begleitete er diesen auf seinem Zug nach Rom, wo er vielleicht am 24. Mai 996 zum Bischof geweiht wurde. Nach OTTOS III. Tod wirkte er für die Wahl HEINRICHS II. zum König. Das gute Verhältnis zwischen beiden wurde getrübt durch die Gründung des Bistums Bamberg 1007. Nach Beilegung des Konfliktes nahm Heinrich I. an HEINRICHS Romzug (1013/14) und Kaiserkrönung teil. Durch reiche Schenkungen erhielt der Bischof von ihm nicht nur Grund und Boden, sondern auch wichtige Hoheitsrechte, mit denen er die Fundamente für das Würzburger Territorium legte. In der Stadt Würzburg, deren Ummauerung ihm zugeschrieben wird, gründete er die Kollegiatstifte Haug (um 1000) und St. Stephan (um 1024; später Abtei). Die eigenkirchlichen Rechte über die Klöster innerhalb des Bistums, in denen er die Gorzer Reform förderte, festigte er mit Hilfe kaiserlicher Bestätigungen. Heinrich I. gilt als einer der bedeutendsten Würzburger Bischöfe.

    Literatur:
    NDB VIII, 404f. - P. Schöffel, Herbipolis Sacra, 1948 - A. Wendehorst, Das Bm. Würzburg I (GS NF I), 1962, 74-88 - H. Müller, Heribert, Kanzler Ottos III. ..., 197, 41-97 - W. Schich, Würzburg im MA, 1977
    Heinrich I. und sein Vorgänger Bernward (990-995) entwickelten in der wachsenden Rivalität zum fränkischen Hochadel auch eine eigene dynamische Politik, die den Besitz aller Männerklöster in der Diözese zum Ziel hatte, wodurch die Gegensätze zum fränkischen Hochadel weiter verschärft wurden. Obwohl ein treuer Anhänger der Politik OTTOS III. setzte er 1002 von vornherein auf Heinrich von Bayern, dem er sich schon vor der förmlichen Wahl anschloss. Auch an HEINRICHS Zug gegen Hermann II. von Schwaben durch Franken und Schwaben nahm er wahrscheinlich teil. Die Haltung des Würzburgers speiste sich vor allem aus dem Gegensatz zum KONRADINER-Herzog Hermann, den mächtigen Rivalen im Westteil seiner Diözese. Mit der "Rückgabe" der 6 noch nicht in Bischofshand befindlichen Männerklöster war bedeutender Machtzuwachs für den Bischof verbunden. Manches spricht dafür, dass die Erwerbung der Klöster schon im Sinne einer ansetzenden Territorialpolitik zu verstehen ist. Bischof Heinrich, der als erster schon im Jahr 1000 fränkische Grafschaften übertragen bekam, kann als Schöpfer des Würzburger Territoriums gelten; er hatte als erster Bischof eine fast herzogliche Gewalt in Franken etabliert. Obwohl er ein treuer Anhänger HEINRICHS II. war, stellte er sich 1007 der Gründung des Bistums Bamberg entgegen.

    Görich Knut: Seite 134-136

    "Otto III."
    Zum Nachfolger des Würzburger Bischofs Bernward wurde 995 Heriberts Bruder Heinrich erhoben, nachdem OTTO III. zunächst Heribert selbst für das Amt vorgesehen, dieser sich jedoch für Heinrich eingesetzt hatte. Heribert von Köln und die Bischöfe von Konstanz, Worms und Würzburg sowie Abt Erkanbald von Fulda unterstützten den Kaiser innerhalb weniger Jahre mehrfach im Süden. Dieser besonderen Belastung entsprach auch eine besondere Förderung: Heinrich von Würzburg erhielt umfangreiche Schenkungen, darunter die Grafschaften Waldsassen und Rangau. Auf dem Januar-Konzil 999 in Rom waren von den deutschen Bischöfen nur Lambert von Konstanz und der von OTTO III. hochgeschätzte Bischof Heinrich I. von Würzburg anwesend.
    Heinrich von Würzburg, vor seiner Erhebung zum Bischof Mitglied der Hofkapelle, gehörte zu den Bischöfen, die mit ihrem Aufgebot in Anmarsch waren und sich in der Nähe von Lucca befanden, als sie dort kurz nach dem 24. Januar 1002 die Nachricht vom Tod OTTOS III. erhielten.

    Finckenstein von Finck: Seite 154-156, "Bischof und Reich"

    Von wünschenswerter Durchschaubarkeit ist dann aber die Herkunft von Bischof Heinrich I. (995/96-1018), den die Vita Erzbischof Heriberts von Köln des italienischen Kanzlers OTTOS II. als dessen Bruder ausweist. Vater dieses Brüderpaares war Hugo in dicta urbe Germaniae (Worms) multo celebris nomine, wahrscheinlich also ein Franke. Die Mutter Tietswindis stammte alto Alemanniae... a sanguine. Ein Bruder der Bischöfe war Gezemannus, wahrscheinlich Graf im Werngau, ein weiterer der marchio Reginmarus und Neffen vielleicht die als cognati Heriberts genannten Bischöfe Heribert und Gezemann von Eichstätt.
    Über den Werdegang Bischof Heinrichs ist nichts bekannt, immerhin möglich, daß er wie sein Bruder Heribert im lothringischen Kloster Gorze und bei Bischof Hildebald von Worms seine Ausbildung erhielt. Wahrscheinlich ist auch seine Zugehörigkeit zur Hofkapelle, da schon eine Urkunde vom September 996, also zu Beginn seiner Amtszeit, von seinem frequens et devotum servitium für den König spricht.
    Der Vita Heriberts zufolge soll der König für das durch den Tod Bernwards vakant gewordene Bistum zunächst seinen italienischen Kanzler Heribert als Bischof ausersehen haben. Dieser habe jedoch abgelehnt und die Wahl auf seinen jüngeren Bruder Heinrich gelenkt.
    Bischof Heinrich I., den Wendehorst sicher zurecht zu den bedeutendsten mittelalterlichen Bischöfen Würzburgs rechnet, hat in der Reichspolitik OTTOS III. und HEINRICHS II. eine sehr wesentliche Rolle gespielt, ist also nicht durch Verwandtschaft, sondern durch Königsdienst ein Mann größter Königsnähe gewesen. Nach Ausweis der Quellen hat der Bischof mehrfach, sowohl in Deutschland als auch in Italien, mehrere Monate in der Umgebung OTTOS III. geweilt, weshalb er zusammen mit seinem Bruder Heribert zu den Anhängern der Reichs- und Rompolitik gerechnet wird.
    Auch zu HEINRICH II. ist der Bischof, im Gegensatz zu Heribert, sogleich in nahe Beziehung getreten, die wahrscheinlich schon aus dessen Zeit als Herzog von Bayern herrührte, da Heinrich für den Kaplan des Herzogs Tagino, den späteren Erzbischof von Magdeburg interveniert und umgekehrt der Bayern-Herzog dreimal zugunsten des Würzburger Bischofs interveniert hatte. Dieses Vertrauensverhältnis des Bischofs zu HEINRICH II. erfuhr dann eine Trübung durch die Gründung Bambergs 1007, die zunächst zwar Würzburger Interessen nur auf geistlichem Gebiet berührte, der Ausdehnung des Bistums nach Osten jedoch für immer ein Ende setzte und für Bischof Heinrich mit der persönlichen Enttäuschung in seiner von HEINRICH II. zunächst genährten Erwartung auf Erhebung zum Erzbischof und Metropoliten Bambergs verbunden war. Erst nach längeren Vermittlungsbemühungen Heriberts von Köln und des Halberstädter Bischofs Arnold gelang eine Versöhnung zwischen König und Bischof, die dann bis zum Tode des letzteren am 14. November 1018 Bestand hatte. Den inneren Ausbau und der wirtschaftlichen Stärkung des Bistums sind diese Beziehungen seines Bischofs sehr zugute gekommen. Das Bistum Würzburg erhielt in dieser Zeit reiche Schenkungen nicht nur an Landbesitz, sondern auch an Grafschaften und Wildbannverleihungen. Außer diesen Beziehungen zur Reichsspitze lassen sich aber auch persönliche und freundschaftliche Kontakte Heinrichs I. zu den Bischöfen Arnold von Halberstadt, Burchard von Worms und Meingaud von Eichstätt und den Erzbischöfen Willigis von Mainz, Tagino von Magdeburg und seinem Bruder Heribert von Köln nachweisen. Hiervon spricht ausdrücklich ein Vermittlungsbrief Arnolds von Halberstadt anlässlich der Auseinandersetzungen um die Gründung Bambergs. Bischof Heinrichs besonderes Verhältnis zu Megingaud von Eichstätt schildert anektodenhaft der Anonymus Haserensis.
    Diese Beziehung zu den bedeutendsten Mitgliedern des Reichsepiskopats in sämtlichen Stammesprovinzen außer Schwaben und zum König, die Herkunft, sowie die Teilnahme an der Reichspolitik im Reichsdienst charakterisieren Heinrich von Würzburg als sowohl typischen wie auch hervorragenden Reichsbischof dieser Zeit, dessen Interventionen auf seine einflussreiche Stellung am Hofe, wie auf jeweils persönlich enge Beziehungen zu den Empfängern schließen lassen. Sein Tod beraubte das Reich sicher einer jener columnae, deren Verlust sein Amtsbruder Thietmar in den letzten Sätzen seiner Chronik als Unglücksfall für HEINRICH II. 1018 beklagt: Namque cooperatores maxima parte, pro dolor cecidere...

    Literatur:
    Görich Knut: Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995 Seite 96,134,136-138,142-145,159,166, 170 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 323,336,353,361, 366,370,409-411,420 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.): Otto III. – Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 12,13A,119 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 292,298,321 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 166,232,274,276, 278,382,424 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 38,68, 85,161,165,190,235,255-258,261 -

    Neue Deutsche Biographie - Heinrich I.

    Bischof von Würzburg (seit 995 oder 996), † 14.11.1018 wohl in Würzburg.

    Wie sein Bruder Heribert gehörte H. zu den Anhängern und Verantwortlichen der Reichs- und Rompolitik Ottos III., wirkte aber nach dessen Tod für die Wahl Heinrichs II., von dem er zahlreiche Gnadenerweise erhielt. Im eigenen Interesse nahm er an dessen Kampf gegen den mit dem Polenherzog Boleslaw Chrobry verbündeten Markgrafen Heinrich von Schweinfurt teil, den gefährlichsten Nachbarn des Bistums. Eine schwere Trübung des Verhältnisses zwischen Bischof und König Heinrich brachte für einige Zeit die Gründung des Bistums Bamberg. Spätestens Anfang 1007 in des Königs Pläne eingeweiht, trat H. auf der Mainzer Pfingstsynode 1007 den Radenzgau und den nordöstlichen Teil des Volkfeldes mit Bamberg an den König ab und erhielt dafür 150 Hufen in Meiningen und Umgebung, dazu in einem Geheimvertrag die Zusicherung der erzbischöflichen Würde und der Unterstellung des neuen Bistums. Da die Ende Juni erfolgte päpstliche Bestätigung Bambergs der – vom König dem Papste wohl gar nicht unterbreiteten – Rangerhöhung Würzburgs überhaupt nicht gedachte, verweigerte H., um seine Hoffnungen betrogen, die Vollziehung des Tauschvertrages und ließ sich auf der Frankfurter Novembersynode durch seinen Kaplan vertreten. Trotz Einspruchs desselben gelang es dem König, die Zustimmung der 35 anwesenden Bischöfe zur Gründung Bambergs zu erhalten. H. zog sich grollend zurück und wich allen Bemühungen des Königs um Aussöhnung aus. Schließlich gelang Heribert die Beilegung des Konfliktes; am 7.5.1008 beurkundeten König und Bischof den zugunsten Würzburgs modifizierten Tauschvertrag. 1013/14 nahm H. am Romzuge Heinrichs II. und an dessen Kaiserkrönung teil. – Die Existenz des Bistums Bamberg enthob Würzburg der Kolonisation und Mission im Osten. So zum Rückzug gezwungen, widmete H. alle Kräfte dem inneren Ausbau des Restgebietes. Durch kaiserliche Schenkungen erhielt er nicht nur Grund und Boden, sondern in Grafschaften und Wildbännen auch wichtige Hoheitsrechte und legte so den Grund für das Würzburger Territorium. – In der Stadt Würzburg, deren erste Ummauerung auf ihn zurückzugehen scheint, gründete er die Kollegiatstifte Haug (um 1000) und Sankt Stephan (um 1012, später Benediktinerabtei). Die eigenkirchlichen Rechte über die Klöster des Bistums, in denen er die Gorzer Reform förderte, festigte er mit Hilfe kaiserlicher Bestätigungen. – Gleich hoch geschätzt von Otto III. wie von Heinrich II., befreundet mit vielen|Bischöfen seiner Zeit und verdient um Stadt, Bistum und Land, ist H. eine der bedeutendsten Persönlichkeiten unter den mittelalterlichen Bischöfen von Würzburg.


  9. 239.  von Mömpelgard, Liutold Graphische Anzeige der Nachkommen (192.Konrad11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben vor 1044.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Mömpelgard (Grafschaft),Frankreich; Graf von Mömpelgard

    Notizen:

    Liutold Graf von Mömpelgard

    Ältester Sohn des Herzogs Konrad von Schwaben aus dem Hause der KONRADINER und der Judith von Marchtal, Tochter von Graf Adalbert
    (Nach Jackman/Fried Liutold (+ ca. 1020), Sohn des Konrad II. von Öhningen Herzog von Schwaben und der OTTONIN Richlind, Tochter von Herzog Liudolf von Schwaben )

    Glocker Winfrid: Seite 334, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VII. 107 Liutold, "Graf von Mömpelgard"
    oo Willibirg von Wülflingen

    Die Nachkommen Judiths und ihres Gemahls, Herzog Konrads von Schwaben, (Kuno von Öhningen), sind durch einen Gedenkbucheintrag Konrads im Reichenauer Verbrüderungsbuch pag. 135 A 4-5/B 1-2 bezeugt; zum Nachweis, daß es sich bei den Öhningern um Nachkommen des Liudolf dux (+ 866) handelt, vgl. Hlawitschka, Untersuchungen Kap. II b, der den "Liutold comes"dieses Eintrags mit dem aus der Zwiefaltener Überlieferung bekannten Liutold von Mömpelgard gleichsetzt; zu den Belegstellen für Liutold als Sohn Kunos vgl. Kimpen, Königsgenealogie Seite 83 (der hier freilich Kuno von Öhningen mit Herzog Konrad dem Roten von Lothringen gleichsetzt!), und Hlawitschka, Untersuchungen Kap. II b.

    Schmid, Karl: Seite 134, "Probleme um den "Grafen Kuno von Öhningen"

    c) Liutold
    Die Namen Liutold und Kuno, die Söhne Kunos von Öhningen getragen haben sollen, weisen auf die Stifter des Klosters Zwiefalten, die Grafen Kuno und Liutold, hin. Auf diese Namensparallele ist man längs aufmerksam geworden. Aus Ortliebs Chronik von Zwiefalten geht hervor, daß wenigstens der Name Liutolds aus der mütterlichen Familie der Klosterstifter stammte, denn ihre Mutter Adelheid von Wülfingen war die Tochter des Grafen Liutold (Liutho) von Mömpelgard und der Willebirg von Wülfingen [Die Zwiefalter Chronik Ortliebs und Bertholds, hrsg. von E. König und K.O. Müller, = Schwäbische Chroniken der Stauferzeit 2 (1941) Seite 12. Ebd. Seite 290 wird Liutho (Liutold) mit Ludwig IV. von Mömpelgard gleichgesetzt.]. Und da die Lebenszeit dieses Mömpelgarder Liutold ins endende 10. und beginnende 11. Jahrhundert fällt, hat man in ihm einen Sohn Kunos von Öhningen gesehen. Paul Kläui jedoch stellte neuerdings fest, "daß es in dieser Zeit keinen Grafen Lütold von Mömpelgard gab, ja, daß eine Grafschaft Mömpelgard noch gar nicht bestand. Der Zwiefaltener Chronist hat also offensichtlich aus der Anschauung seiner Zeit heraus interpretiert. Ohne die Öhninger These in Erwägung zu ziehen, begründete Kläui die Auffassung, der Burgunder Alberich von Macon sei der Vater Liutolds von Mömpelgardgewesen.

    Hlawitschka Eduard: Seite 99-104, "Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“

    Von diesen drei Söhnen ist ja doch Hermann durch die Annales Einsiedlenses eindeutig als Herzog Konrads Sohn gesichert! Liutoldus laicus und Cuonradus laic. könnten durchaus zwei (ältere?) Brüder Hermanns gewesen sein. Dafür gibt es Anhaltspunkte.
    Wir wissen von einem Berengarius filius Liutoldi comitis de Alamannia, der 1027 in den Tagen von KONRADS II. Kaiserkrönung in Rom den Tod fand. KONRAD II. habe ihn, quoniam sibi dilectus et familiaris fuerat, direkt neben dem Grab Kaiser OTTOS II. beisetzen lassen. Diese engen Beziehungen einer familiaritas des jungen Berengar zum Kaiser sind sofort verständlich, wenn sein Vater, Graf Liutold, als Sohn Herzog Konrads von Schwaben betrachtet wird: er war dann der Vetter von Kaiser KONRADS II. Gemahlin Gisela!
    Auch die Einbeziehung des Grafen Liuto(ld) und seiner Frau Willebirg, beide als "von Mömpelgard bzw. von Wülfingen" (im Thurgau) überliefert, in unsere Untersuchung ist hier angebracht. Wurde doch beider Sohn Hunfried, der uns als kaiserlicher Kanzler und Erzbischof von Ravenna tradiert ist, auch als familiaris Kaiser HEINRICHS III. bezeichnet; und soll doch Liuto(ld)s und Willibirgs Enkel Liutold von Achalm, der zusammen mit seinem Bruder Kuno 1089 das Kloster Zwiefalten gründeten, den Herzog Welf IV. zum Nachfolger in der Vogtei über seine Stiftung Zwiefalten vorgeschlagen, ja ihm sogar weite Besitzungen geschenkt haben.

    Anmerkung Karl-Heinz Schreiber, Genealogie-Mittelalter.de
    Die Lebensdaten von Jackman/Fried für Liutold (+ ca. 1020) können nicht zutreffen, da dieser Liutold wie sein Bruder Konrad vor Hermann im Reichenauer Memorialeintrag genannt wird, also vermutlich älter als Hermann war. Wäre Liutold aus welchen Gründen auch immer nicht seinem Vater Konrad als Herzog von Schwaben gefolgt, so wäre er aber automisch der Vormund für seinen Neffen Hermann III. gewesen.

    oo Willibirg von Wülfingen, Tochter des Grafen Ulrich von Ebersberg

    Kinder:
    - Berengar -27.3.1027
    - Hunfrid Erzbischof von Ravenna (1046-1051) -23.8.1051
    - Otto - vor 1044
    - Adelheid - nach 1052 (+ 29.8.1165 Isenburg)
    oo Rudolf Graf von Achalm -24.11.(24.9. Isenburg)

    Literatur:
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite VII,107 Seite 334,350 -
    Heine Alexander (Hg.): Geschichte der Welfen. Phaidon Verlag GmbH Essen Seite 24,25,39 -
    Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um 'Kuno von Öhningen', Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 99-104,106,111,167-169,172 -
    Hlawitschka, Eduard: Wer waren Kuno und Richlind von Öhningen? Kritische Überlegungen zu einem neuen Identifizierungsvorschlag. In: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 128 1980 Seite 1-49 -
    Schmid, Karl: Probleme um den "Grafen Kuno von Öhningen" in Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983 Seite 127, 134,159 -

    Name:
    Lüto

    Familie/Ehepartner: von Wülflingen, Willibirg. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 301. von Mömpelgard, Berengar  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in Mrz 1027 in Rom [00100],Latium,Italien.
    2. 302. von Mömpelgard, Hunfried  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 23 Aug 1051.
    3. 303. von Mömpelgard, Otto  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben vor 1044.
    4. 304. von Wülflingen, Adelheid  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 990/995; gestorben am 29 Aug 1065; wurde beigesetzt in Strasbourg [67000],Bas-Rhin,Elsass,Frankreich.

  10. 240.  von Schwaben, Konrad Graphische Anzeige der Nachkommen (192.Konrad11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben am 24 Nov 994.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Schwaben,Deutschland; Graf

    Notizen:

    Konrad Graf Wohltäter des Klosters Einsiedeln
    + 24.11.994 ermordet
    2. Sohn des Herzogs Konrad von Schwaben aus dem Hause der KONRADINER und der Judith von Marchtal, Tochter von Graf Adalbert
    Nach Jackman/Fried Konrad III. Graf von Ortenau (+ um/nach 1004) als Sohn Konrads II. von Öhningen, Herzog von Schwaben und der OTTONIN Richlind, Tochter von Herzog Liudolf von Schwaben

    Glocker Winfrid: Seite 334, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VII. 108 Konrad, + 994 XI 24 , Graf, Wohltäter des Klosters Einsiedeln
    oo Liutgard

    Vgl. zur Identifikation des "Cuonradus laicus" aus dem Reichenauer Gedenkbucheintrag Kunos von Öhningen mit dem 994 ermordeten Graf Konrad Hlawitschka, Untersuchungen Kap. II b bei Anm. 94-99.
    Die Belege für diesen Graf Konrad hat Keller, Einsiedeln Seite 76 mit Anm. 188 gesammelt. Die Vermutungen bezüglich der Verwandtschaft von Liutgard, der Gemahlin Graf Konrads, mit Bischof Gebhard II. von Konstanz, wie sie Zotz, Breisgau S. 217 angestellt hat, sind mit unserer Identifikation jedoch nicht mehr zu vereinbaren.

    Fried, Johannes: Seite 106-107,"Prolepsis oder Tod? Methodische und andere Bemerkungen zur Konradiner-Genealogie im 10. und frühen 11. Jahrhundert"

    Im Ufgau und Ortenau erscheinen zwischen 961 und 1004 kontinuierlich Grafen des Namens Konrad, denen ein Gebhard vorausging, vgl. die Übersicht bei Hlawitschka,Thronwechsel (wie Anmerkung 28), Seite 209f Anmerkung 201.
    Da nach der hier vorgeschlagenen Genealogie sich die Folge Gebhard III. - Konrad I. - Konrad II. - Konrad III. ergibt, besteht keine Schwierigkeit, diese Grafen mit den fraglichen KONRADINERN in Verbindung zu bringen. Konrad III. als Sohn Konradds II. ist durch den "Kuno von Öhningen"-Eintrag im Reichenauer Verbrüderungsbuch und durch die Welfenquellen des 12. Jahrhunderts gesichert (Das Verbrüderungsbuch der Abtei Reichenau, hrsg. von J. Autenrieth, D. Geuenich und K. Schmid, MGH Libri mem. NS 1, 1979, Tafel 135, dazu Schmid, Probeme, wie Anmerkung 53).
    Im Jahr 994 starb ein Graf Konrad, der wiederholt für den urkundlich bezeugten Grafen des Ufgau gehalten wurde [Vgl. Keller (wie Anmerkung 103), Seite 76f., 162 mit Anmerkung 89], derselbe aber nicht sein kann, wenn die vorgeschlagene Interpretation der Hammersteiner Genealogie zutreffen sollte. Die Nachricht wird den gleichzeitigen Annalen von Einsiedeln verdankt; an ihr zweifeln besteht also kein Anlaß. War aber der 994 gestorbene Graf ein KONRADINER? Zweifel an seiner Identität mit Konrad vom Ufgau wurden schon früher geltend gemacht [Vgl. Zotz (wie Anmerkung 45), Seite 118; Hlawitschka, Untersuchungen (wie Anmerkung 48),. Seite 107 mit Anmerkung 99.], doch wird er weiterhin für einen Verwandten der KONRADINER gehalten [ [Jackman (wie Anmerkung 28), Seite 174 mit Anmerkung 18.]. Indes, er war mit einer Liutgart verheiratet, sein Bruder hieß Bernhard, ein weiterer Verwandter eorundem stirpis Amazo, was nicht an KONRADINER denken läßt; auch der Besitz, den er oder seine Gemahlin schenkte, verweist kaum auf das fränkische Adelsgeschlecht. So wurden eine andere Familie und andere Grafschaften ins Auge gefaßt, etwa die ETICHONEN und die Grafschaften im Umkreis des Bosensees. Ich lasse die Frage hier auf sich beruhen. Eine Notwendigkeit besteht jedenfalls nicht, den 994 erschlagenen Grafen Konrad mit den im Ufgau regierenden KONRADINERN in Verbindung zu bringen.
    Hlawitschka hat ferner gegen Jackmans Hauptthese OTTOS II. Aufgebotsschreiben geltend gemacht, dessen Datierung nach wie vor umstritten ist. Danach hatte Heribert, wohl der Vater Ottos von Hammerstein, mit seinen Panzerreitern zu erscheinen, dazu auch "der Sohn seines Bruders", der zwar mit Namen ungenannt bleibt, doch der älteste Sohn Konrads II. sein sollte, der 981/82 das kampffähige Alter erreicht haben dürfte, mithin, je nach Alter, Hermann, der künftige Herzog von Schwaben, Liutold oder Kuno, der spätere Graf in Ortenau und Ufgau. Nach Nennung eines weiteren Heerpflichtigen wurde auch Cono filius Cononis aufgeboten, der für Jackman mit dem im Jahre 983 eingesetzten Herzog Konrad von Schwaben identisch ist. Er wäre demnaach Heriberts Bruder und zweimal im Aufgebotsschreiben genannt: einmal als Vater eines Sohnes und ein zweites Mal als Konrads Sohn. Hlawitschka hält das für unmöglich. Die Identitätsfrage ist zwingend nicht zu entscheiden. Doch gesetzt, es handle sich tatsächlich um den KONRADINER, warum sollte er denn im Aufgebotsschreiben nicht zweimal genannt sein können? Die Einberufungsliste ist ja geographisch, nicht nach Adelsgeschlechtern geordnet. Gründe für die doppelte Nennung, die ja nur auuf eine mehrfache militärische Gestellungspflicht der KONRADINER für räumlich auseinanderliegende Lehen hinausliefe, ließen sich leicht finden. Heribert hatte wie sein Neffe als Führer rheinfränkischer Truppen zu erscheinen; der Konrad-Sohn stand an der Spitze vielleicht elsässisch-alemannischer oder ufgauisch-ortenauischer Verbände. War der künftige Herzog Konrad (= Konrad II.) der Sohn eines Konrad (= Konrad I.), war dieser ältere Konrad zugleich mit einem Mann identisch, der nach Thietmars freilich nicht unproblematischer Darstellung im gerichtlichen Zweikampf die rechte Hand eingebüßt haben soll und um 981 über 60 Jahre alt gewesen sein muß; er könnte auch krank gewesen sein, starb er doch im folgenden Jahr. Wie auch immer, es ist nicht auszuschließen, daß dieser Konrad nicht oder nur eingeschränkt kriegstauglich war, als das Aufgebotsschreiben erging. Möglicherweise vertrat ihn im Jahr 981 sein Sohn, Cono filius Cononis. Doch war derselbe auch selbst verpflichtet, weshalb er seinen Sohn zu schicken hatte. Schließlich hatte der Herzog Konrad nicht nur einen Sohn Hermann, sondern auch einen weiteren, der seinen eigenen Namen trug: Konrad; er wurde als Nachfolger seines Vaters Graf im Ufgau. Er könnte, gerade auch wenn mit Konrads I. 982 bereits erfolgtem Tod zu rechnen wäre, ebenfalls unter Cono filius Cononis zu verstehen sein. OTTOS II. Augebotsschreiben bietet also keinerlei Anlaß, die vorgeschlagene Rekonstruktion des KONRADINER-Stammbaums in Zweifel zu ziehen, auch wenn nicht jede Einzeheit zu klären ist.

    Hlawitschka Eduard: Seite 106-108, "Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands."

    Prüft man die Möglichkeit, ob auch ein Cuonradus laicus als Sohn Herzog Konrads von Schwaben ebenfalls in den Quellen bezeugt sein könnte, so stößt man in der bekannten Aufgebotsliste des Jahres 981, mit der Kaiser OTTO II. von Italien her Verstärkungen aus Deutschland für seine bevorstehende Auseinandersetzung mit den Sarazenen in S-Italien anforderte, auf einen Cono filius Cononis, der mit 40 Panzerreitern zu erscheinen hatte. Er bietet sich dür eine Identifizierung mit dem Cuonradus laicus des Reichenauer Gedenkeintrags und Sohn des Cuonradus comes (= Kuno von Öhningen/Konrad von Schwaben) geradezu an. Chronologische Schwierigkeiten bestehen wohl nicht. Indessen könnte es sich bei diesem Aufgebotenen auch um eine andere Person, nämlich eventuell um jenen Cuno handeln, den eine Notiz aus dem Hammersteiner Eheprozeß (1018-1027) vom Jahere 1023 als Sohn eines Cuno und Enkel eines Gebhard zu erkenenn gibt.
    Ob eventuell der Cuonradus laic. des Reichenauer Gedenkeintrages der mit einer gewissen Liutgard vermählte und 994 getötete Graf Konrad war, der sich als Wohltäter von Einsiedeln hervortat und (durch Reichenauer Verbrüderungseinträge erkennbare) Beziehungen zu Bischof Gebhard II. von Konstanz und seinen Angehörigen hatte? Diese Beziehungen Konrads (+ 994) und seiner Frau Liutgard hat schon Hagen Keller 1964 festgestellt [H. Keller, Kloster Einsiedeln Seite 107ff. Freilich soll dieser Graf Konrad nach einer Einsiedler Traditionsnotiz, die späten Komilationscharakter aufweist (vgl. H. Keller, a.a.O. Seite 163 Anmerkung 89 und Seite 157 Anmerkung 25), einen Bruder Bernhard gehabt haben. Jedoch ist es durchaus möglich, daß sich bei der Bearbeitung dieser Traditionsnotizen um 1330 hier ein Versehen - wie andere auch (vgl. H. Keller, a.a.O. Seite 68 Anmerkung 133) - einschlich. Sollte der Kompilator etwa frater für fratuelis oder filius fratris gesetzt haben? Daß derartige Fehler vorkamen, dazu 2 Beispiele: Im Essener Nekrolog findet man zum 12.IV. Ludolphus rex, während das Merseburger Nekrolog zum benachbarten 14.IV. Liudulfus infans aufweist. G. Althoff, Unerkannte Zeugnisse Seite 401 Anmerkung 9, zog hinsichtlich des unbekannten Ludulphus rex in der nur abschriftlich erhaltenen Essener Überlieferung schon den Schluß: "Man könnte etwa an ein ursprüngliches filius regis oder Ähnliches denken". Im Lüneburger Nekrolog wurde unter dem 3.III. obiit Hilligard regina vermerkt, und dasselbe geschah im Nekrolog von St. Maximin in Trier (G. Althoff, Adels- und Königsfamilien Seite 68), während das Aschaffenburger Nekrolog zum gleichen Tag Hildegardis abbatissa regis filia obiit enthält (MIÖG 35, 1914, Seite 274) und damit eindeutig die Identität dieser regina mit König Ludwigs des Jüngeren Tochter Hildegard, also einer regis filia, sichert. Diese und weitere Beispiele könnten also für ein Versehen in der Kennzeichnung Bernhards sprechhen, aber eine etwas anders geartete Beziehung Bernhards zu Graf Konrad (+ 994) durchaus offenlassen. Immerhin ist Bernhard nicht in dem offenbar von Konrads Gemahlin Liutgard veranlaßten und unten abgedruckten Gedenkeintrag mitgenannt, aber doch wieder durch andere Einträge (vgl. H. Keller, a.aO. Seite 77f.) in der Nähe eines Konrad zu finden! - Auf die engen Beziehungen des in Einsiedeln bezeugten und 994 ums Leben gekommenen Konrad zu Bischof Gebhard II. von Konstanz und zu "Kuno vovon Öhningen" hat schon Th. Zotz, Der Breisgau Seite 215ff., hingewiesen. Freilich meinte er, in diesem Konrad den Grafen "Kuno von Öhningen" vermuten zu dürfen.], wenngleich er meinte - was freilich bloße Vermutung und unhaltbar ist - daß dieser Konrad der Graf des Ufgaus und der Ortenau gewesen sei [H. Keller, Kloster Einsiedeln Seite 76: "Sieht man die Grafenlisten dieser Zeit durch, so kann es sich nur um den Grafen der Ortenau und des Ufgaus handeln". - Nun geben indessen die Grafenbezeugungen in der Ortenau und im Ufgau beim 24. November 994 keine Unterbrechung in der Nennung des Namens Konrad/Cuno zu erkennnen, wie es der Tod dieses Mannes nahelegt, was Keller (Seite 76 Anmerkung 188) damit erklären möchte, daß eben ein gleichnamiger Sohn auf den erschlagenen Vater dort nachfolgte. Merkwürdig ist dabei nur, daß in dem nur einen knappen Monat nach der Ermordung des Grafen Konrad (14.XI.994) ausgestellten Diplom OTTOS III. nr. 158 vom 22.XII.994 die Formel genauso in pago Mordenouua in comitatu Cuononis comitisheißt, ohne daß auf einen Grafenwechsel (etwa Cuononis comitis iunoris) angespielt wird, wie nur wenige Tage vor der Ermordung in D O III, 153 vom 11.XI.994: in comitatu Cononis comitis. Gegen d die Identifizierung mit einem Ortenau- und Ufgaugrafen spricht indessen besonders die Lage des Schenkgutes des am 24.XI.994 getöteten Grafen Konrad. Es lag in Aquaregia (= Ägeri, südlich des Zürichsees) und in Wangen (= Wangen, ebenfalls südlicch des Zürichsees), das seines Verwandten Bernhard befand sich in Wittenheim (= Wittenheim bei Mühlhausen im S-Elsaß), was keinen Bezug zur Ortenau erkennen läßt, indessen in die gleichen Gegenden verweist, in denen wir - mit Wülfingen, Embrach, Mömpelgard - auch den vorher besprochenen Liutold antrafen.]. Diese Beziehungen zur Verwandtengruppe um Bischof Gebhard II. von Konstanz sind vielmehr erklärbar, wenn man den 994 getöteten Konrad als Sohn des Schwaben-Herzogs ansieht und dazzu unsere oben Seite 69-74 vorgelegte Verwandtschaftsrekonstruktion anerkennt. Eine solche Akzeptierung mag umso leichter fallen, als ein weiterer Reichenauer Gedenkeintrag aus der Umgebung Liutgards, der Gemahlin des 994 getöteten Grafen Konrad, in welchem außer Liutkart und ihrem Gemahl Cuonrath auch Cunzili und Cuntzo (= Kurzformen für Kuno/Konrad) und Judintha (= Name von Herzog Konrads Gemahlin) genannt werden, gleiches Namensgut aufweist wie eine mehrere Jahrzehnte ältere Reichenauer Gedenkliste aus der Wendilgart-Udalrich-Familie.

    Schmid, Karl: Seite 134,173, "Probleme um den "Grafen Kuno von Öhningen"

    d) Kuno
    Ein mächtiger Mann namens Kuno, der Sohn eines Kuno, wird in der Aufgebotsliste von 981 oder 983 genannt. Freiherr Schenk zu Schweinsberg hat ihn mit dem etwa gleichzeitig bezeugten Ufgaugrafen identifiziert, ihn für einen Sohn Kunos von Öhningen und wie seinen Vater für einen "KONRADINER" gehalten. Seine Tochter soll nach Schenks Vermutung mit einem Grafen von Calw vermählt gewesen sein. Ernst Klebel sieht als Söhne dieses Kuno den Bischof Eberhard von Bamberg und dessen 1017 genannten Bruder Kuno an.
    Adlige namens Konrad (Kuno):
    - Der Ufgaugraf (oder die Ufgaugrafen?) Konrad (im Jahre 987, D O III 39), Kuno (im Jahre 965, D O II 162) folgte(n) auf den Ufgaugrafen Gebhard (im Jahre 940, D O I 23).
    - Kuno, der Sohn eines Kuno, wird in der Aufgebotsliste von 981 oder 983 erwähnt;
    siehe Anmerkung 33.
    - Graf Konrad, der mit Einsiedeln in Beziehung stand und 994 getötet wurde, war der Gemahl einer Liutgard und hatte einen Bruder namns Bernhard; vgl. Keller (wie Anmerkung 153) Seitze 76f. und Seite 162 mit Anmerkung 89.

    Eigene Anmerkung: (Karl-Heinz Schreiber,Genealogie-Mittelalter.de)

    Die Lebensdaten von Jackman/Fried für Konrad III. (+ um/nach 1004) können nicht zutreffen, da dieser Konrad wie sein Bruder Liutold vor Hermann im Reichenauer Memorialeintrag genannt wird, also vermutlich älter als Hermann war. Wäre Konrad aus welchen Gründen auch immer nicht seinem Vater Konrad als Herzog von Schwaben gefolgt, so wäre er aber automatisch der Vormund für seinen Neffen Hermann III. gewesen.

    oo Liutgard

    Literatur:
    Fried, Johannes: Prolepsis oder Tod? Methodische und andere Bemerkungen zur Konradiner-Genealogie im 10. und frühen 11. Jahrhundert Seite 106-107 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 VII,108 Seite 334 - Heine Alexander (Hg.): Geschichte der Welfen. Phaidon Verlag GmbH Essen Seite 24,25,39 - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um 'Kuno von Öhningen', Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 99-104,106-108,111,158,167, 169,172 - Schmid, Karl: Probleme um den "Grafen Kuno von Öhningen" in Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983 Seite 127,134,159,173 - Wolf Armin: Wer war Kuno von Öhningen? Überlegungen zum Herzogtum Konrads von Schwaben (+ 997) und zur Königswahl vom Jahre 1002. in Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Band 36, 1980 Seite 25-83 -

    Gestorben:
    ermordet

    Familie/Ehepartner: Liutgard. [Familienblatt] [Familientafel]


  11. 241.  von Schwaben, Hermann II. Graphische Anzeige der Nachkommen (192.Konrad11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 945/950; gestorben am 4 Mai 1003.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 997-1003, Schwaben,Deutschland; Herzog von Schwaben

    Notizen:

    Hermann II.
    Herzog von Schwaben (997-1003)
    945/50-4.5.1003
    3. Sohn des Herzogs Konrad von Schwaben aus dem Hause der KONRADINER und der Judith von Marchtal, Tochter von Graf Adalbert
    Großneffe des Herzogs Hermann I. von Schwaben
    Nach Jackman/Fried Sohn des Herzogs Konrad II. von Schwaben und der OTTONIN Richlint, Tochter von Herzog Liudolf von Schwaben
    Herzog Hermann II. war nach den Einsiedler Annalen (MG SS III Seite 144) ein Sohn seines Amtsvorgängers Konrad von Schwaben

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Seite 2161

    Hermann II., Herzog von Schwaben und Elsaß
    + 4. Mai 1003
    Aus der Familie der KONRADINER. Wohl Sohn Herzog Konrads (+ 997) und der Judith/Jutta (?), Großneffe von Hermann I.
    oo Gerberga, Tochter König Konrads von Burgund

    Hermann II. war nach OTTOS III. Tod zunächst aussichtsreichster Thronbewerber, da ihn die Mehrheit der bei OTTOS Beisetzung versammelten Fürsten unterstützte, wurde aber durch Herzog Heinrich von Bayern (HEINRICH II.), mit Unterstützung des Erzbischofs Willigis von Mainz, verdrängt (Juni 1002). Hermann II. erkannte den Erfolg seines überlegenen Konkurrenten zunächst nicht an, so daß es zu kriegerischen Auseinandersetzungen (unter anderem in Straßburg) kam. Angesichts eines drohenden Feldzuges HEINRICHS II. gegen Schwaben unterwarf er sich jedoch am 1. Oktober 1002 zu Bruchsal. Als er wenige Monate später starb, übernahm HEINRICH II. für Hermanns Sohn und Nachfolger Hermann III. (1003-1012).

    Literatur:
    ADB XII, 153-155 - NDB VIII 641f.

    Neue Deutsche Biographie: Band 8, Hermann II., Herzog von Schwaben

    + 4.5.1003
    Großneffe des Herzogs Hermann I. von Schwaben (+ 949, s. NDB VIII)

    Vater:
    nach herrschender Meinung Herzog Konrad von Schwaben (+ 997)
    Mutter:
    Judith/Jutta
    oo Gerberga, Tochter des Königs Konrad von Burgund

    1 Sohn und 3 Töchter
    Herzog Hermann III. von Schwaben (seit 1003, + 1012),
    Mathilde
    [1. oo Herzog Konrad I. von Kärnten, + 1011,
    2. oo Herzog Friedrich II. von Ober-Lothringen, + 1033, s. NDB V],
    Beatrix
    (oo Adalbero von Eppenstein, + 1039, Herzog von Kärnten s. NDB I),
    Kaiserin Gisela (+ 1043, s NDB VI.).

    Wie sein Vorgänger Konrad führte auch Hermann den Titel eines Herzogs im Elsaß. Er gehörte nicht zur engeren Umgebung Kaiser OTTOS III., nahm aber an dessen zweitem Italienzug teil (997/99). Nach OTTOS Tod war Hermann von der Mehrzahl der zur Beisetzung des Kaisers (April 1002) in Aachen versammelten Großen unterstützt, zunächst aussichtsreichster Bewerber um die Nachfolge. Nachdem der Bayern-Herzog Heinrich, Drohung und Widerstand Hermanns mit List überspielend, zu Mainz zum König gewählt und gekrönt worden war (Juni 1002), suchte er durch einen Feldzug nach Schwaben die Huldigung des Herzogs zu erzwingen, der sich ihm indessen am 1. Oktober zu Bruchsal aus freien Stücken unterwarf. Als Hermann wenige Monate später starb, übernahm König HEINRICH für den noch unmündigen Sohn und Nachfolger Hermann III., seinem Vetter, die Leitung des Herzogtums. Seitdem zeichnet sich ein Rückgang der Bedeutung Schwabens im Reich ab.

    Literatur: (auch zu Hermann I.)
    ADB XII; R. Köpke u. E. Dümmler, Kaiser Otto d. Große, 1876; Jbb. d. Dt. Gesch., Otto II. u. Otto III., Heinrich II.; K. Weller, Gesch. d. schwäbischen Stammes b. z. Untergang d. Staufer, 1944, S. 161 ff., E.E. Stengel, Udo u. Hermann, die Herzoge vom Elsaß, das Rätsel d. ältesten Wetzlarer Gesch., in: Hess. Jb. f. Landesgesch. 1, 1951, S. 42 ff.; G. Tellenbach, Vom karoling. Reichsadel z. dt. Reichsfürstenstand, 1956, S. 208; H. Werle, Titelhzgt. u. Herzogsherrschaft in: ZSRGG 73, 1956, S. 230 FF.; M. Hellmann, Der dt. Südwesten in d. Reichspol. d. Ottonen, in Zs. f. Württ. Landesgesch. 18, 1959, S. 193 ff.; H. Keller, Kloster Einsiedeln im ottonischen Schwaben, = Forsch. z. oberrhein. Landesgesch. 13, 1964; H. Büttner, Heinrichs I. Südwest- u. Westpol., 1964, S. 43 ff:; K. Schmid, Pobleme um d. "Gf. Kuno von Öhningen", in: Dorf u. Stift Öhningen, 1966, S. 87 ff.; W. Kienast, Der Herzogstitel in Frankreich u. Dtld (9.-12. Jh.), 1968.

    Hlawitschka Eduard: Seite 48 Anmerkung 145

    "Untersuchungen zu den Thronwechseln des 11. Jahrhunderts"
    Bei der genealogischen Problemsicherung zeigt sich zunächst, daß Hermann der Sohn seines Amtsvorgängers Herzog Konrad von Schwaben (983-997) war [Diese Filiation ist durch die Einsiedler Annales Heremi ad 997, MG SS III Seite 144 gesichert: Chuonradus dux obiit. Herimannus filius eius inducatum successit. Die Nachricht des späten Annalista Saxo ad 1002 (MG SS VI Seite 650), daß Hermann der Sohn des 982 in Apulien gefallenen dux Udo II. gewesen sei, ist nicht stichhaltig. Der Annalista Saxo hat, um seine Angabe machen zu können, lediglich zwei andere Nachrichten seiner eigenen Quellen, der Chronik Thietmars von Merseburg falsch kombiniert! Vgl. dazu E. Hlawitschka, Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen Seite 48 Anmerkung 4. Auch erscheint Hermann II. im MG D O III, 213 vom 12. Juni 996, also noch zu Lebzeiten Herzog Konrads, bereits als dux, was eigentlich nur dann verständlich ist, wenn er als Konrads Sohn auch als dessen bereits feststehender Nachfolger galt.].

    Brandenburg Erich: Tafel 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. Generation 13.
    Hermann II., " ..., Herzog von Schwaben 997
    + 1003 4. V.
    Gemahlin: ca. 988 Gerberge, Tochter König Konrads von Burgund (siehe VIII 60)

    Anmerkungen: Seite 125
    VII. 13. Hermann II.

    Seine Geburtszeit ist ganz ungewiß, siehe Brandenburg, Probleme um die Kaiserin Gisela 6f., wo auch Begründungen der übrigen Daten. Es ist ungewiß, ob er ein Sohn Hermanns I. oder seines Bruders Udo war [VIII 16]

    Korrekturen (Jackman):
    Jackman bringt gegenüber Brandenburg und Werner, der selbst wesentliche Korrekturen zu Brandenburg anmerkt, eine grundlegend andere Stammesfolge der KONRADINER, die nachfolgend kurz skizziert und zur Diskussion gestellt werden soll.
    Jackman leitete die KONRADINER von Graf Udo von Orleans (+ 834) und seiner Gemahlin Ingeltrud von Paris ab.
    Von ihren drei Kindern wurde Wilhelm 866 hingerichtet, Irmintrud, die Gattin des Königs KARLS II. und Graf Gebhard (im Lahngau, + nach 879) der Vater von Udo.
    Udo (+ nach 879) hat aus seiner Ehe mit der WELFIN Judith vier Söhne:
    Konrad den Älteren, den Vater des späteren Königs KONRAD I., Graf Eberhard, Bischof Rudolf und Gebhard, Herzog von Lothringen.
    Der Ehe Graf Eberhards mit Wiltrud, Tochter des Walaho, entstammen vier Kinder:
    Konrad "Kurzbold", Gebhard, Graf im Ufgau (+ ca. 948), Eberhard II., Graf im Maienfeld, und eine Tochter, die den Wormsgaugrafen Wernher (SALIER) heiratet.
    Udo I., Graf im Rheingau, und Hermann I., Herzog von Schwaben, sind die Kinder Gebhards, Herzog von Lothringen (+ 910), aus dessen Ehe mit der EZZONIN Ita.
    Für Udo I. ist die Verbindung zum Hause VERMANDOIS bekannt. Die bei Brandenburg und Werner nicht namentlich genannte Tochter Heriberts I., Graf von Vermandois, hieß wahrscheinlich Kunigunde.
    Jackman postuliert noch eine zweite Verbindung zum Haus VERMANDOIS: Für Gebhard, Graf im Ufgau (+ ca. 948), den Sohn Eberhards I., nimmt er eine weitere - bisher unbekannte Tochter Heriberts I. - Adela von Vermandois als Gattin an.
    Dieser Ehe entstammt Konrad I., Herzog im Elsaß, der Judith von Öhningen zur Frau hatte. Diesen sind die Kinder Judith (oo Heinrich Graf von Stade), Udo II., Herzog im Elsaß, Konrad II., Herzog von Schwaben, der als "Konrad von Öhningen" identifiziert wird, und Heribert, Graf im Kinziggau, zuzuordnen.
    Heriberts Sohn ist Otto von Hammerstein.
    Von Konrad II. "von Öhningen" stammen unter anderem die Kinder: Ita, Judith, Kunigunde, Hermann II., Herzog von Schwaben, und Konrad III., Graf in der Ortenau.
    Aus der Ehe Konrads III. mit Beatrix von Lothringen stammt auch Kuno von Rheinfelden, der Vater des späteren Königs RUDOLF, womit dieser als KONRADINER und KARLS-Nachkomme erwiesen ist.
    Für Udo I., Graf im Rheingau (+ 949) lassen sich als Kinder nur Gebhard (+ 938), Otto I., Graf im Grabfeld, und Bischof Udo nachweisen. Zu den späteren Nachkommen Ottos I. gehören Hermann von Kastl (+ 1056) und Gebhard von Sulzbach.

    Bemerkung (Rösch): Gerberge von Burgund, siehe VIII 61
    Ergänzung (Werner): Oda, + früh [VIII 17]
    Ergänzung (Wolf): J. Fried: "Prolepsis oder Tod", in Papstgeschichte und Landesgeschichte, Festschrift für Hermann Jakobs zum 65.Geburtstag, Böhlau Verlag, Köln 1995, bestätigt im wesentlichen die von Jackman aufgestellte Stammesfolge der KONRADINER. Der von Jackman vorgenommene agnatische Anschluß von Rheinfelden an die KONRADINER wird von J. Fried nicht übernommen.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 476, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. Generation 16-17

    Es ist unverständlich, wenn Brandenburg in seiner Anmerkung zu Brandenburg VIII, 13 bemerkt, es sei ungewiß, ob Hermann II. von Schwaben ein Sohn Hermanns I. (ganz abwegig. Dessen Tochter und Erbin hatte Liudolf, der Sohn OTTOS I., geheiratet) oder seines Bruders Udo war. Die Brüder Hermann I. und Udo liegen eine genaue Generation früher, und Udos Ehe mit einer Heribert-Tochter führt ja erst in die karolingische Abkunft seiner Söhne Gebhard, Konrad (Herzog von Schwaben),Udo und Heribert herbei. Wenn Brandenburg sagen wollte, es sei ungewiß, von welchem dieser Brüder Hermann II. abstamme (und diese Ungewißheit trifft zu), so hat er dies nicht in der Tafel zum Ausdruck gebracht, wo Hermann II. als Sohn Herzog Konrads von Schwaben (982-997) eingetragen ist. Hermann war zwar Nachfolger Konrads in Schwaben, aber nicht sein Sohn, sondern sein Neffe (Uhlirz 251). -
    Hermanns II. früh verstorbene Schwester Oda (vgl. Decker-Hauff, ZWLG 15, 1955, 267f. fehlt bei Brandenburg.

    Glocker Winfrid: Seite Seite 334, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VII. 109 Hermann II., 997 Herzog von Schwaben, 1002/03 Thronprätendent gegen HEINRICH II.
    + 1003 V 4
    oo c 988 Gerberga, Tochter König Konrads von Burgund, Witwe Graf Hermanns von Werl
    + 1019 (eventuell 1018) am VII 7.

    Die Angaben zu Herzog Hermann II. von Schwaben sind bei Werner VIII, 16 ermittelt, zu Gerberga vgl. oben VI, 22.
    Einige Gedanken zum Thronwechsel 1002
    Hermann II. Herzog von Schwaben
    945/50-4.5.1003

    Nach Prof. Armin Wolf und Johannes Fried war der Herzog Hermann von Schwaben ein Enkel Herzog Liudolfs von Schwaben und Urenkel OTTOS I., seine Mutter Richlint wäre gleichzeitig die Cousine Kaiser OTTOS II.
    Aus mir unverständlichen Gründen wird für Hermann von Schwaben unbedingt OTTONEN-Verwandtschaft nachzuweisen versucht. Aufgrund des Ansehen seines Vaters Konrad, seinen verwandtschaftlichen Beziehungen, seiner eigenen Machtpositionen und seiner nahen Beziehungen zum Hof OTTOS III. muß Hermann als einer der drei bedeutenden Thronkandidaten des Jahres 1002 gelten. Die Ehe mit der ottonen- und karolinger-blütigen Gerberga von Burgund, einer Nichte der Kaiserin Adelheid, ersetzt die zum Teil konstruierten Versuche der OTTONEN-Verwandtschaft Hermanns. Man sollte in diesem Zusammenhang nicht den Einfluß der Kaiserin Adelheid unterschätzen, die fast 50 Jahre lang Einfluß auf die Politik der Reichsregierung nahm. Den Gemahl ihrer Nichte wird sie sicher gefördert haben, denn sie zeigte oft einen beinahe schon übertriebenen Familiensinn.
    Hermann unterhielt verwandtschaftliche Beziehungen zu den Grafen von Stade und Walbeck, zu den Königen von Burgund, zu Markgraf Heinrich im Nordgau und über seine Gemahlin sogar zu Heinrich von Bayern. Erzbischof Heribert von Köln und Bischof Heinrich von Würzburg gehörten ebenfalls dem Hause der KONRADINER an. Viele Große des Reiches schienen den Herzog Hermann II. von Schwaben zu bevorzugen, wie die Quellen immer wieder erkennen lassen. Ihn hätten sie geschätzt, weil er die Eigenschaft der Milde besessen habe.
    Ob diese Eigenschaft der Milde unbedingt positiv zu sehen ist, möchte ich doch bezweifeln. Vermutlich war Hermann das, was man heute ein "Weichei" nennen würde. Vielleicht war sogar Gerberga die treibende Kraft war [Die Töchter Mathilde und Gisela waren außergewöhnlich tatkräftige, politisch engagierte und ehrgeizige Frauen, ihr Vater dagegen, wenn wir Thietmar glauben wollen, ein zurückhaltender und milder Mann. Könnten dann die Töchter den politischen Ehrgeiz von ihrer Mutter geerbt haben?]. Sein fast schon passiv zu nennendes Verhalten in den Thronkämpfen war erschreckend. Auch wenn ihn die beim Begräbnis OTTOS III. anwesenden Fürsten die Zusicherung zur Wahl gegeben hatten, so wartete er auf die Ansetzung eines Wahltages, den es dann nie gab. Er griff erst in die Kämpfe ein, als sich schon alles gegen ihn entscheiden hatte.

    Ich würde zusammenfassend sagen, daß Hermann ein Mann von weichem Charakter war, der sich auf die Zusage seiner Standesgenossen verließ und anscheinend erwartete, daß ihn diese zum Königsthron verhelfen würden. Vielleicht fühlte er sich aufgrund seines Ansehens und seiner Beliebtheit des Thrones zu sicher. Auch von Hermann von Schwaben sind mir große Erfolge bei der selbständigen Durchführung von Reichsaufgaben nicht bekannt.

    (...)

    Wenn wir Richlint als Tochter Liudolfs von Schwaben anerkennen wollten, dann wäre Mathilde von Schwaben mit Konrad I. von Kärnten in einer Nahehe 4 : 3 verheiratet gewesen.

    Thietmar von Merseburg: Seite 170,196,204,206,214,216,222,252, "Chronik"

    Die Mehrzahl der Großen, die dem Leichenbegräbnis beiwohnten, versicherten Herzog Hermann ihres Beistandes zum Erwerb und zur Sicherung der Königswürde; denn Heinrich, so behaupteten sie fälschlich, sei hierzu aus vielerlei Gründen ungeeignet.
    Der gottesfürchtige und demütige Herzog Herrmann von Schwaben und Elsaß [Herrmann II., KONRADINER, Kandidat Erzbischof Heriberts von Köln, vgl. IV, 54.] griff gegen Heinrich zu den Waffen, verleitet von vielen, denen seine Milde zusagte. Dagegen wartete der kluge, kriegserfahrene Herzog Dietrich von Lothringen ruhig ab, für wen sich der größere und bessere Teil des Volkes entscheiden würde.
    Heinrich kam zu Anfang des Monats Juni mit den Großen der Baiern und O-Franken nach Worms, um dort über den Rhein zu setzen und in Mainz die Königsweihe zu empfangen. Das suchte Herzog Hermann zu verhindern und verschloß ihnen jeden Zugang, wobei ihm der hochgehende Rhein zustatten kam. Herzog Heinrich aber beriet sich mit den Seinen hierüber, wandte sich dann scheinbar nach Baiern zurück, als glaubte er nicht mehr an den Übergang, und begab sich nach Lorsch, der Ruhestätte des hl. Nazarius. Dann zog er schnell auf Mainz und setzte unbehelligt über den Rhein, Hier wurde er am 6. Juni von allen ihm Ergebenen zum Könige gewählt und von Willigis nach Empfang der Königssalbung gekrönt.
    Der König nahm alle in seine Dienste, woher sie immer kamen, überschritt als neuer König nochmals den Hochwasser führenden Rhein und versuchte durch das ihm ergebene O-Franken in Schwaben einzufallen, um den aufsässigen Hermann durch Verwüstung seines Landes zur Aufgabe seiner Pläne zu bewegen. Doch der Herzog wollte sich keineswegs beugen, als er von der Plünderung seines Landes erfuhr; leider erhob er sich vielmehr gegen seinen Herrn und König und griff zusammen mit seinem Schwiegersohne Konrad mit Waffengewalt Argentia oder Straßburg an, den Vorort seines Herzogtums; denn Wizelin, der Bischof diese Stadt, hatte gewagt, ihm entgegenzutreten; man erstieg die Mauern und ließ den Besiegten nichts. Ein verruchter Haufe der Schwaben drang hemmungslos während des gierigen Plünderns ohne Wissen des Herzogs sogar in die Domkirche der hl. Gottesmutter, raubte den gesamten Schatz und steckte zur Krönung seiner Schandtat das Haus des Herrn in Brand. Wäre ihnen wirklich Heil zu eigen gewesen, sie hätten im Schreken über ihr Unglück beim ersten Einsteigen niemals weiterzugehen gewagt. Während nämlich die Ritter des Bischofs auf Veranlassung Reinwards nur unzuverlässig Widerstand leisteten, fiel ein großer Haufe beim Einbruch durch eigenen Lanzen und endete als Strafe Gottes sein Leben elendiglich. Herrmann war ganz untröstlich darüber, doch weil ihre große Zahl die Schuldigen schützte, zog er ab, ohne die Tat zu strafen.
    Von da wollte er wieder nach Franken ziehen und die bevorstehende kalte Winterzeit dort verbringen, um bei Frühlingsanbruch Herzog Herrmann, seinen letzten Gegner diesseits der Alpen, mit Heeresmacht zum Nachgeben zu veranlassen. Doch der war in tiefer Sorge vor der in Straßburg verwirkten Strafe Gottes und außerstande, sich länger gegen das um seinetwillen notleidende Volk durchzusetzen, und erbat durch vertrauenswürdige Vermittler für sich und seine Parteigänger des Königs Gande.
    Danach erschien, wie gesagt, Herzog Hermann, der Sohn des Oheims meiner Mutter [Sohn des Herzogs Konrad von Schwaben, vgl. Stammtafel. - Er mußte seine Rechte an der Frauenabtei St. Stephan abtreten.], in frommer Reue am 1. Oktober in Bruchsal demütig vor dem Könige. Er erlangte seine barmherzige Gnade; man einigte sich wegen des Lehens und seiner berechtigten Wünsche; nur der Straßburger Schaden blieb ausgenommen: Er mußte ihn auf Befehl und Entschluß des Königs aus seinem Allod vergüten und das Stift in der Stadt wiederherstellen; damit wurde er sein treuer Lehnsmann und Freund.
    In Frankfurt leistete auch Herzog Herrmann dem König in Ergebenheit Dienste und fand bei ihm die seinem Range gebührende freundliche Behandlung. Als der König von hier schied, wandte er sich in den Moselgau und zog dann nach Diedenhofen [15.1.1003]; hier fand ein allgemeiner Hoftag mit den Einheimischen statt. Während sich aber der König dort voller Wohlwollen bemühte, allen irgendwie Bedrängten Rechtsschutz zu gewähren, suchten Herrmann und Dietrich [Herzog Herrmann von Schwaben, Herzog Dietrich von Ober-Lothringen. Vorgehen des Königs gegen den KONRADINER (vgl. Anmerkung 83, Übergabe von St- Stephan-Straßburg an den Bischof fand hier statt.] das zu hintertreiben; waren sie doch nur dem Namen, nicht ihrem Verhalten nach Herzöge; doch umsonst; gar bald sollten sie sich dem Hort der Gerechtigkeit verdientermaßen unterliegen sehen. Der König ließ nämlich des Herzogs Burg Morsberg [Marimont bei Bensdorf (Lothringen.] niederreißen, weil es die Not des Volkes verlangte.
    Dann zog er schnell in die Heimat zurück und betrat schwäbischen Boden, um zu ordnen und zu bestätigen, denn seit kurzem war das Land der Obhut Herzog Herrmanns beraubt und unterstand seinem noch unmündigen, gleichnamigen Sohne [Hermann II., + 4. Mai 1003. - Herrmann III. 1003-1012]

    Hilsch, Peter: Seite 52-81, "Regenbach und die Schenkung der Kaiserin Gisela"

    Hermann II. war Mitregent des Vaters und könnte das Kloster Regenbach als Herrschaftsstützpunkt, Repräsentationsbau, Stätte religiöser Absicherung, vielleicht als Grablege und als vorgeschobenen Posten gegen die Würzbürger Bischofskirche angelegt haben. Er wurde 997 Nachfolger seines Vaters in Schwaben-Rätien-Elsaß. Er war kein junger Mann mehr und politisch von erheblichem Gewicht, wahrscheinlich ein Vertrauter des jungen Kaisers. Er zog zeitweise mit OTTO III. nach Italien und begleitete ihn auch auf seinem zweiten Romzug. Er bezeugte 998 eine Urkunde, mit der der Kaiser einem Grafen Berthold das Marktrecht in Villingen verlieh. Beim dritten und letzten Romzug war er offenbar nicht dabei. Hermann war verheiratet mit Gerberga von Burgund, der Tochter des burgundischen Königs Konrad. Diese war eine Urenkelin der Herzogin Regilinde und eine Enkelin der schwäbischen Herzogs-Tochter Bertha, die den burgundischen König Rudolf geheiratet hatte. Diese familiäre Beziehung zur ältesten schwäbischen Herzogsfamilie war sicher für Hermanns Stellung in Schwaben nicht unwichtig. Von größerer Bedeutung aber war, daß Gerbergas Mutter Mathilde eine Enkelin HEINRICHS I. und seiner Frau Mathilde war, die Tochter ihrer Tochter Gerberga, die mit dem französischen König Ludwig IV., einem KAROLINGER, verheiratet gewesen war. Hermann gehörte also über seine Frau Gerberga zur sächsischen Königsfamilie, und seine Ernennung zum Herzog von Schwaben bedeutete auch eine Anerkennung dieses herausragenden Ranges durch den Kaiser. Hermann erstrebte nach dessen Tod 1002 als Kandidat des Erzbischofs Heriberts von Köln die Nachfolge gegen Herzog Otto von Kärnten und Herzog Heinrich IV. von Bayern. Bei der Leichenfeier OTTOS III. am 5. April 1002 hatte der größte Teil der anwesenden Großen ihn anerkannt, ihm Schutz und Beistand versprochen, Heinrich dagegen für ungeeignet zum Herrschen erklärt. Es ist bis jetzt lebhaft umstritten, worauf Hermann seine Kandidatur letztlich gründete, wobei offen bleiben muß, ob vielleicht Gerberga die treibende Kraft war [Die Töchter Mathilde und Gisela waren außergewöhnlich tatkräftige, politisch engagierte und ehrgeizige Frauen, ihr Vater dagegen, wenn wir Thietmar glauben wollen, ein zurückhaltender und milder Mann. Könnten dann die Töchter den politischen Ehrgeiz von ihrer Mutter geerbt haben?]. Zwar wird Hermann von seinem Verwandten Thietmar von Merseburg als ein gottesfürchtiger und demütiger Mann geschildert, der gerade wegen seiner Milde von vielen zum Widerstand gegen den nach des Chronisten Meinung rechtmäßigen Kandidaten verführt worden sei, doch kann es ihm an "königlichen" Anspruch und Selbstbewußtsein kaum gefehlt haben. Da Otto von Kärnten, dessen Sohn Konrad mit Hermanns Tochter Mathilde vermählt war, verzichtete, stiegen Hermanns Chancen, weil Ottos Parteigänger in ihm den geeigneten Kandidaten sahen. Trotz weitreichender Familienverbindungen scheitere er letztlich am Durchsetzungswillen Heinrichs, obwohl er die Unterstützung vieler Fürsten und Bischöfe hatte, die ihn bei OTTOS Beisetzung im April 1002 in Aachen zum Nachfolger designiert hatten. Heinrich kam ihm zuvor und ließ sich im Juli vor allem durch geistliche Fürsten wählen und von Erzbischof Willigis von Mainz krönen. Hermann besaß zunächst einen beachtlichen Anhang und bei seinem ersten Kriegszug stand auch ein Teil der Franken auf seiner Seite. Mehrere militärische Aktionen und Plünderungszüge wurden von beiden Seiten durchgeführt, mehrmals zog auch Heinrichs Heer durch Franken, das von Thietmar nun als königstreu geschildert wurde, und durch Schwaben und verwüstete Hermanns Besitzungen. Im Herzogtum selber kam es zu Unruhen, weil der Bischof von Straßburg und Bischof Heinrich von Würzburg auf Heinrichs Seite standen und sich von einer Schwächung des Herzogs eine Verbesserung der eigenen Stellung versprachen. Nach hartnäckigem Widerstand unterlag Hermann und mußte sich am 1.10.1002 demütig in Bruchsal vor HEINRICH unterwerfen. Bis auf einen von ihm zu zahlenden Schadensersatz für Übergriffe seiner Leute in Straßburg blieb er besitzmäßig offenbar ungeschoren und wurde in Schwaben als Herzog bestätigt. Die durchaus glaubwürdigen Miracula S. Verenae berichteten, dass dem Schwaben-Herzog Hermann zunächst mehrere Töchter geboren worden waren und er erst nach einer Wallfahrt zur heiligen Verena in Zurzach einen männlichen Leibeserben, den späteren Hermann III., erhielt. Im Zusammenhang mit der Beerdigung ihres Sohnes Berthold haben Hermann und Gerberga in Marchtal ein weltliches Chorherrenstift eingerichtet und aus Hermanns mütterlichem Erbe bepfründet.

    Keller Hagen: Seite 135-137, "Schwäbische Herzöge als Thronbewerber: Hermann II. (1002), Rudolf von Rheinfelden (1077), Friedrich von Staufen (1125). Zur Entwicklung von Reichsidee und Fürstenverantwortung, Wahlverständnis und Wahlverfahren im 11. und 12. Jahrhundert"
    in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 131. Band


    Gegenüber der energischen, zupackend-überrumpelnden Art, in der Heinrich vorging, erscheint das Verhalten Herzog Hermanns von Schwaben als das eines Zauderers, der wirklich aktiv erst wurde, als es im Grunde schon zu spät war - als Heinrich vollendete Tatsachen geschaffen hatte. Doch war dies kaum eine Frage des Charakters. Wie sich gleich zeigen wird, konnte Hermann nicht so vorgehen wie Heinrich, wenn er nicht das Prinzip negieren wollte, durch das er wohl erst Chancen auf den Königsthron erhielt: dass die Großen in einer einheitlichen, gemeinsamen Wahlhandlung über den künftigen Lenker des Reiches zu entscheiden hatten. Wie sich den ausführlichen Berichten Thietmars von Merseburg, der auf Heinrichs Seite stand, entnehmen läßt, erstrebte die überwiegende Mehrheit der Großen, die die Leiche OTTOS III. nach Aachen geleiteten, eine gemeinsame Königswahl, über deren Termin und Ort man wohl erst beraten wollte. Sie weigerten sich trotz des starken Drucks, den Heinrich beim Durchzug durch Bayern auf sie ausübte, fast geschlossen, sich vor der allgemeinen Wahl in irgendeine Richtung festzulegen: Sie versprachen, sich der Entscheidung zu unterwerfen, die dann die maior vel melior pars populi, das heißt der größere und angesehenere Teil der Versammlung, treffen würde. Bei der Beisetzung OTTOS III., die am 5. April, am Ostersonntag, in Aachen stattfand, versprach der Großteil der Anwesenden, Hermann von Schwaben zur Königswahl zu verhelfen. Noch immer ging diese Gruppe davon aus, daß es zu einem gemeinsamen Wahlakt kommen würde, bei der der Kandidat der Mehrheit von allen angenommen werden sollte.
    Wie Thietmar angibt, war Hermann von Schwaben von vielen zur Kandidatur aufgefordert worden; er hatte sich also sicher nicht offen in diese Rolle gedrängt. Allem Anschein nach wurde diese Haltung von einem Teil der Großen geschätzt. Bei kirchlichen Wahlen galt nichts als verwerflicher, sich nach Ämtern zu drängen und selbst den Anspruch auf höhere Würden zu erheben. Die Demut und Gottesfurcht, die ihn - im Gegensatz zu Heinrichs handstreichartigem Vorgehen - die Wahlentscheidung abwarten ließ, wird hier in die Nähe von Furchtsamkeit und mangelnder Strenge gerückt. Umgekehrt sollen eben die, die Hermann als König wollten, Heinrich die Ideoneität zum Königsamt abgesprochen haben. Hatte er sich durch den energisch verfochtenen Anspruch auf das Königtum, durch sein gewaltsames Vorgehen, bei dem er zeitweilig sogar den Erzbischof von Köln als Geisel gefangensetzte, in den Augen derer disqualifiziert, die eine echte und reguläre Wahlentscheidung anstrebten?
    Die bei der Leichenfeier in Aachen ins Auge gefaßte Wahlversammlung kam nicht zustande. Wir wissen nicht, ob sie nie anberaumt wurde oder ob Heinrich am 7. Juni durch die handstreichartig inszenierte Wahl und Krönung in Mainz anderen Plänen zuvorgekommen ist. Doch wurde Hermann von Schwaben gerade in dieser Phase auch militärisch aktiv. Zunächst versuchte er, Heinrich den Rheinübergang zu verlegen und somit - falls er überhaupt damit rechnete und nicht andere Gründe hinter Heinrichs Erscheinen bei Worms vermutete - zu verhindern, dass Heinrich vollendete Tatsachen schaffen konnte. Nachdem Heinrich gekrönt worden war, begann Hermann den offenen Kampf: Dies war jetzt noch die einzige Möglichkeit, zu demonstrieren, daß er Wahl und Krönung Heinrichs nicht als rechtmäßig und verbindlich ansah, das heißt die letzte Möglichkeit, die eigene Kandidatur aufrecht zu erhalten und dem eigenen Anhang die Möglichkeit zu geben, sich zum Widerstand zusammenzuschließen. Vor allem versuchte Hermann mit Gewalt, in seinem Herrschaftsbereich eine geschlossene Stellungnahme - aus der der Bischof von Straßburg wie schon vorher der von Augsburg ausgeschert war - aufrecht zu erhalten. Im Herbst 1002 war die Aussichtslosigkeit seines Kampfes klar: er unterwarf sich, nachdem Heinrich auch Lothringen gewonnen hatte, in Bruchsal.

    Stälin Paul Friedrich: Seite 191, "Geschichte Württembergs"

    Auf Konrad folgte in der Herzogswürde Hermann II. (997-1003) nach einer Nachricht sein Sohn, nach einer anderen sein Neffe, Sohn seines Bruders Udo, der im Jahr 982 in Calabrien gefallen war. Vermählt war er mit Gerberga, Tochter König Konrads von Burgund, einer Stiefschwester von Gisela, der Mutter des späteren Kaisers HEINRICH II. und Witwe eines Grafen Hermann von Werla. Bei OTTOS zweiter Romfahrt erscheint er im März 999 zu Rom in seiner Umgebung, wie der Kaiser anderseits bei seinem letzten Zug nach Italien den 11. Juni 1000 die schwäbische Pfalz Hohentwiel berührte.
    Nachdem OTTO jenseits der Alpen im Jahr 1002 seinen Tod gefunden und mit ihm die männliche Nachkommenschaft OTTOS I. erloschen war, trat unter anderen Bewerbern um die Königskrone auch Herzog Hermann auf. Sonst als mächtiger, reicher und kluger, dabei aber demütiger und milder Mann geschildert, scheint er hier mehr fremder Eingebung gefolgt zu sein. Bei dem Leichenbegräbnis OTTOS in Aachen (den 5. April 1002) wußte er von den meisten anwesenden Großen des Reiches die Zusage ihrer Mitwirkung für seine Pläne zu erreichen und es mögen zu seinen Anhängern namentlich der Erzbischof Heribert von Köln, sodann Gottfried, wahrscheinlich Graf der Ardennen und spätere Herzog von Nieder-Lothringen, Erzbischof Gisiler von Magdeburg, der sächsische Graf Brun, sehr wahrscheinlich damals schon sein Schwiegersohn, gehört haben. Allein im Juni 1002 wurde zu Mainz vornehmlich auf Betreiben des Mainzer Erzbischofs Willigis der nächste Blutsverwandte des verstorbenen Kaisers (Eigener Einwurf: Nach meiner Meinung ist dies nicht richtig, da Otto von Worms und die Kinder des Pfalzgrafen Ezzo näher mit OTTO III. verwandt waren), der Bayern-Herzog von der jüngeren sächsischen Linie, durch fränkische, bayerische und oberlothringische Große zum König gewählt. Es war Herzog Hermann von Schwaben den Monat zuvor nicht gelungen, Heinrich den Rheinübergang zu verwehren, indem ihn der letztere durch einen verstellten Rückzug überlistet hatte, und auch mit einem Vorschlag, das Reich zu teilen, fand er keinen Anklang. Erbittert fiel er nunmehr im Bunde mit seinem Schwiegersohn Konrad, dem Sohne Herzog Ottos von Kärnten, über die erste Stadt seines Herzogtums Straßburg her, weil dieselbe zu ihrem königlich gesinnten Bischof hielt, und ließ sie ausplündern. Auch die Kathedralkirche wurde ausgeraubt und eingeäschert, eine Untat, welche keineswegs sicher mit Hermanns Wissen geschah, diesem jedoch von den mönchischen Schriftstellern seiner Zeit schwer angerechnet wird.
    König HEINRICH seinerseits war durch O-Franken und das nördliche Schwaben zum Bodensee gezogen, woselbst er sich am 24. Juni und den folgenden Tagen auf der Insel Reichenau aufhielt. Es kam ihm hier das Gerücht zu, Hermann wolle den Streit in offenem Kampfe entscheiden, allein schon am 29. des Monats erhielt er die Nachricht, der Herzog wolle und könne bei seinem Vorsatze nicht beharren. Sofort wandte er sich über Sontheim an der Brenz nach Franken, indem er unterwegs die Höfe Hermanns verwüstete. Dessen Leute führten noch einige glückliche Unternehmungen gegen HEINRICHS Anhänger, die Bischöfe von Straßburg, sowie seinen Schwager, dem Grafen Gerhard im Elsaß, aus und entrissen den beiden ersteren namentlich durch List die Feste Breisach. Allein da der Herzog den König in allen anderen Landschaften nach einander anerkannt sah, entschloß er sich, ehe der bereits für das kommende Frühjahr gegen ihn geplante Feldzug zur Ausführung kam, zur Nachgiebigkeit. Als HEINRICH sich gerade in Bruchsal aufhielt, eilte er zu ihm, bat ihn hier am 1. Oktober demütig um Verzeihung und erhielt dieselbe, wie berichtet wird, auch wirklich durch Vermittlung der Königin und der Fürsten. Von nun an blieb er dem König ergeben, fand sich einige Male am Hoflager ein und hatte sich auch der königlichen Gunst wiederholt zu erfreuen. Doch starb er bereits den 3. oder 4. Mai 1003.
    Herzog Hermann II. hinterließ außer seinem gleichnamigen Sohne und Nachfolger drei Töchter, welche vielfach in die Geschichte ihrer Tage verflochten sind. Wahrscheinlich die älteste von ihnen, die schöne, kluge und geschäftsgewandte, wissenschaftlich gebildete, aber auch stolze Gisela, heiratete noch jung in erster Ehe, welcher ein Sohn Liudolf entsproß, den sächsischen Grafen Bruno (von Braunschweig) einen nahen Verwandten des Kaiserhauses. Früh verwitwet reichte sie - ohne Zweifel um das Jahr 1007 - ihre Hand dem ritterlichen Ernst von der Ostmark, der durch sie das Herzogtum Schwaben gewann. Zuletzt - wohl spätestens gegen Ende des Jahres 1016 - wurde sie die Gemahlin des SALIERS, in der Folge Kaiser KONRAD II. Einigen freilich nicht ganz zuverlässigen Nachrichten zufolge hätte sie Konrad entführt, jedenfalls aber verstieß der Bund gegen die kirchlichen Eheverbote wegen zu naher Verwandtschaft [KONRAD sowohl als Gisela stammten von König HEINRICH I. ab, jener in 4., diese in 3. Generation (Richtig ist 5. und 4.)]. Die zweite Tochter Mathilde vermählte sich zuerst mit Konrad, einem Oheim Kaiser KONRADS, Sohn und Nachfolger Herzog Ottos von Kärnten, nach seinem Tode mit Herzog Friedrich II. von Ober-Lothringen. Die dritte Tochter, deren Namen wohl eher Beatrixals Brigitte gewesen, war ohne Zweifel die Gemahlin Adalberos aus dem Stamme der EPPENSTEINER Grafen im Mürzthal, Nachfolger von Konrad im Herzogtum Kärnten [Unrichtig ist die Annahme einer vierten Tochter Gerberga, welche an den Markgrafen Heinrich vom Nordgau verheiratet und Mutter des späteren schwäbischen Herzogs Otto III. gewesen sein soll, sowie nicht genügend zu begründen die zweier weiterer Töchter Hadwig, Gemahlin des Grafen Eppo von Nellenburg und Mutter Eberhards des Seligen von Nellenburg, und Richware, erste Gemahlin Berchtolds von Zähringen, Herzog von Kärnten.].

    Frommer Hansjörg:, "Spindel Kreuz und Krone"

    Gisela Gemahlin Konrads II.

    Die Bruchsaler Unterwerfung von 1002
    Am 1. Oktober 1002 mußte Herzog Hermann II. von Schwaben sich in Bruchsal vor dem neuen König HEINRICH II. demütigen und unterwerfen und wurde dafür erneut mit seinem Herzogtum belehnt. Damit fand ein unruhiges und bewegtes Jahr seinen Abschluß, das für diesen Herzog Hermann ganz andere Perspektiven gehabt hatte. Im Januar war OTTO III. in der Nähe von Rom gestorben, ohne direkten Erben, und auch ohne jemanden als Nachfolger "designiert" zu haben. Die deutschen Könige waren immer in einem Wahlakt erhoben worden, aber die letzten drei Wahlen waren nicht "frei" gewesen, weil der Sohn jeweils zu Lebzeiten des Vaters gewählt und gekrönt wurde. Jetzt konnten die Fürsten entweder auf die weitere Verwandtschaft des sächsischen Hauses zurückgehen oder den wählen, den sie für den geeignetsten hielten. Ein Enkel OTTOS DES GROSSEN über seine Tochter Liutgard war der etwa 950 geborene Herzog Otto von Kärnten, der sich aber zu alt fühlte. Ein Ur-Enkel HEINRICHS I. war der 30-jährige Herzog Heinrich von Bayern, der Sohn Heinrichs des Zänkers, der gern König geworden wäre. OTTO III. hatte verfügt, daß er in Aachen beigesetzt werden wollte. So brachte seine Begleitung unter der Führung des Erzbischofs Heribert von Köln den toten Kaiser über die Alpen. Heinrich schloß sich dem Leichenzug als "nächster Angehöriger" an, aber Heribert gab ihm deutlich zu verstehen, dass er nicht der sei, den die Mehrheit als König haben wolle. In Augsburg wurden die Eingeweide OTTOS III. beigesetzt. Bei der Gelegenheit gelang es HEINRICH, die Reichsinsignien, die mit dem toten Herrscher zusammen transportiert wurden, in seine Gewalt zu bringen. Trotzdem verständigte sich bei der Beisetzung OTTOS III. am 5. April in Aachen die Mehrheit der anwesenden Fürsten darauf, im Herbst den Herzog Hermann II. von Schwaben zum neuen König zu wählen.
    Hermann stammte aus einer fränkischen Adelsfamilie, die immer in großer Treue zu den OTTONEN gehalten hatte. Sein Vater Udo gehörte zu den Opfern der Sarazenen-Schlacht von Cotrone 982, und sein Onkel Konrad war von OTTO II. als zuverlässiger Gefolgsmann 983 zum Herzog von Schwaben erhoben worden. Ihm folgte Hermann 997 nach. Leider wissen wir nichts über seine Vorgeschichte. Er dürfte um die Jahrtausendwende etwa 40 Jahre alt gewesen sein. Er gehörte zur engsten Umgebung OTTOS III. und begleitete ihn auf dessen zweitem Romzug 998 bis 999. Einer seiner Gefolgsleute, der ZÄHRINGER Birchtilo oder Berthold, der sich bei der Mißhandlung eines Gegen-Papstes besonders hervorgetan hatte, erhielt 999 "auf Bitten des vortrefflichen Herzogs Hermann" von OTTO III. das Markt-, Münz- und Zollrecht in Villingen. Vor seinem letzten Romzug traf sich der Kaiser im Juni 1000 auf dem Hohentwiel mit dem Herzog. Einen offiziellen Vertreter für Deutschland bestimmte er nicht, aber da seine Tante Mathilde gestorben und Erzbischof Willigis von Mainz in Ungnade gefallen war, dürfte Hermann von Schwaben als Verantwortlicher zurückgeblieben sein. So war es verständlich, dass vor allem die Fürsten um OTTO III. ihn als neuen König sehen wollten. Hermanns Familie war zwar vornehm, aber zu den höchsten Kreisen gehörte er vor allem durch seine Frau Gerberga. Sie war eine Tochter des Königs Konrad von Burgund und damit eine Nichte der Kaiserin Adelheid. Ihre Mutter Mathilde war die Tochter der französischen Königin Gerberga, die wiederum eine Tochter HEINRICHS I. war. Gerberga von Schwaben war also von allerhöchster Abstammung, burgundisch, französisch-karolingisch und sächsisch. Ihr Vater Konrad hatte aus einer ersten Ehe eine Tochter Gisela, die 972 den bayerischen Herzog Heinrich den Zänker geheiratet hatte, also die Mutter von Herzog Hermanns Gegenkandidaten. Aus der zweiten nach 960 geschlossenen Ehe mit Mathilde gab es vier Kinder, Rudolf, Bertha, Gerberga und Mathilde. Damit dürfte unsere Gerberga vor 970 geboren sein. Dann könnte sie um 985 mit Hermann verheiratet worden sein, und er wäre bei der Eheschließung 25 Jahre alt gewesen. Genauere Daten gibt es leider nicht. Die Heirat von Hermann und Gerberga war aber sicher ein politischer Akt, damit wurden Hermann und sein Onkel Konrad, der Herzog von Schwaben, für ihre Treue zu OTTO III. und gegen Heinrich den Zänker belohnt. Die Ehe wurde wohl von der Kaiserin Adelheid vermittelt, und mit dieser Erhöhung Hermanns war dann auch schon die Zusage auf die Nachfolge im Herzogtum Schwaben verbunden. Während Hermann in Aachen an der Beisetzung OTTOS III. teilnahm, sammelte Heinrich Anhänger. Mitte April sprachen sich die Sachsen für ihn aus. Auch in Bayern und Mainfranken hatte er Anhänger, ebenso im Westen, weil seine Frau Kunigunde eine LUXEMBURGERIN war. Aber vor allem stützten ihn die meisten Bischöfe, angeführt von Willigis von Mainz. Hermann blockierte den Rheinübergang bei Worms, um Heinrich den Weg abzuschneiden, aber dieser nahm einen Umweg über Lorsch, erreichte Mainz und wurde am gleichen Tag gewählt und von Willigis gekrönt. Die Kroninsignien hatte er ja bereits. Bisher hatten die Bischöfe nicht mitgewählt, jetzt gaben sie den Ausschlag für Heinrich. Hermann wollte diese Entscheidung erst nicht akzeptieren, aber nachdem Heinrich sich über den Sommer geschickt verstärkt hatte, resignierte er schließlich, und es kam zur Unterwerfung von Bruchsal, einer abgesprochenen Inszenierung, in der auf die Erniedrigung die Wiederbelehnung folgte, aber für den Herzog von Schwaben, der sich schon als König gesehen hatte, doch eine sehr demütigende Erfahrung. Über diese Bruchsaler Unterwerfung gibt es keinen genauen Bericht. Wir wissen also nicht, ob sie im Freien oder im Saal, im größeren oder kleineren Rahmen stattfand. Aber sie war ein öffentlicher Akt mit Zuschauern und Zeugen, und es ist durchaus denkbar, daß auch die Familie Herzog Hermanns daran teilgenommen hat oder sogar teilnehmen mußte. Hermann und Gerberga hatten drei Töchter und einen spätgeborenen Sohn. Die älteste Tochter, Mathilde, war damals schon mit Konrad, dem Sohn Ottos von Kärnten verheiratet, die zweite Tochter Gisela 12 Jahre alt, die dritte Beatrix (manchmal auch Brigitta) etwas jünger, und der Sohn Hermann vielleicht erst drei Jahre.

    Weinfurter, Stefan: Seite 37,50-53,63,76,165, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten."

    Mit dem bayerischen Herzog konkurrierten alle anderen Herzöge. Es war wie ein Ausscheidungskampf unter ihnen, zwischen Herzog Heinrich IV. von Bayern (995-1002), Herzog Hermann II. von Schwaben (997-1003), Herzog Dietrich von Ober-Lothringen (978-1027/32), Herzog Bernhard I. von Sachsen (973-1011) und dem SALIER Otto von Worms (+ 1004), der Herzog der Franken genannt wurde und zeitweilig auch Herzog von Kärnten (985-989 und 1002-1004) war. Dazu kam der Markgraf Ekkehard von Meißen (985-1002) und schließlich ist noch der lothringische Pfalzgraf Erenfried (Ezzo) (996-1034) zu nennen. Er, der mit Mathilde, der Schwester Kaiser OTTOS III. verheiratet war, hatte im Raum um Aachen und Köln eine Macht- und Rangstellung ausgebildet, die der eines Herzogs entsprach. Vielleicht muß man auch noch den sächsischen Grafen Bruno hinzurechnen.
    Die Mehrheit der Fürsten im Reich, angeführt vom Kölner Erzbischof Heribert, erstrebten eine gemeinsame Königswahl durch die Großen des Reiches, wie es bei Thietmar heißt. Und viele von ihnen schienen den Herzog Hermann II. von Schwaben zu bevorzugen, wie die Quellen immer wieder erkennen lassen. Ihn hätten sie geschätzt, weil er die Eigenschaftder Milde besessen habe - ganz im Gegensatz zu HEINRICH II., so wird man ergänzen müssen.
    Aber noch gab Ekkehard nicht auf. Seine Hoffnung setzte er in ein Treffen mit Herzog Hermann II. von Schwaben, den vor allem die westlichen Fürsten unterstützten, und anderen Großen des Reiches in Duisburg.
    Geradezu verzweifelt hatte sein hartnäckigster Gegenspieler um die Königswürde, Herzog Hermann II. von Schwaben, versucht, ihm den Weg zum Krönungsort zu versperren. Ohne Erfolg, denn Heinrich wandte eine List an, tat so, als würde er umkehren, drehte dann erneut um und setzte bei Worms, wo sein Verbündeter Bischof Burchard saß, in Eile über den Rhein. Es war ein Überrumpelungsmanöver, und es führte zu Ziel.
    Wer konnte auch hoffen, gegen den Gesalbten des Herrn erfolgreich Widerstand zu leisten? Auch Herzog Hermann II. von Schwaben, der anfangs die Großen des Reiches, die KONRADINER, die SALIER und die EZZONEN, auf seiner Seite wußte, stand plötzlich allein. Er war der letzte, "der die Ratschläge der Verständigen nicht nutzen wollte" und dagegen den Rat (unbedachter) junger Männer befolgt habe, so daß es im Juni zu einigen Geplänkel mit ihm kam. Dabei wurde die Bischofsstadt Straßburg von den Schwaben verwüstet und geplündert, weil der dortige Bischof Werner sich gegen seinen eigenen Herzog gestellt hatte.
    Am 1. Oktober 1002 endlich unterwarf sich auch Herzog Hermann II. von Schwaben in Bruchsal dem neuen König. Dies geschah, wie üblich, mit dem ganzen, öffentlich inszenierten und vorher abgesprochenen Unterwerfungsritual, das darauf ausgerichtet war, die neue Rangordnung im Reich demonstrativ und öffentlich zur Schau zu stellen. "Mit nackten Füßen und mit Hilfe glaubhafter Vermittler erschien er vor dem König, bat um Vergebung für die bösen Taten, bat um Gnade, um durch königliche Gabe seine Güter weiterhin zu besitzen, und beugte, um dies zu erreichen, die Knie bis auf den Boden". Den Schaden, den er dem Bischof Werner von Straßburg (1001-1028) zugefügt hatte, mußte er teuer bezahlen. Das Frauenkloster St. Stephan in Straßburg, ein Mittelpunkt herzoglicher Präsenz in der Stadt, ging an den Bischof über. Daraufhin erlangte er die Gnade des Königs, behielt im übrigen seine Macht und Funktion und wurde, wie es heißt, HEINRICHS "Gefolgsmann und Freund": Auch er hatte sich der
    neuen Machtverteilung gebeugt.
    Der Herzog von Schwaben, Hermann II. (997-1003), der den neuen König den härtesten Widerstand entgegengesetzt hatte, gehörte dem mächtigen Haus der KONRADINER an. Sein hoher Rang wird daran ersichtlich, daß er mit einer Frau aus königlichem Hause vermählt war, mit Gerberga (+ 1019), der Tochter König Konrads von Burgund (937-993). Eine seiner Töchter war Mathilde, die Gemahlin des SALIERS Konrad, Herzogs von Kärnten (1004-1011). Eine andere hieß Gisela und wurde die Faru KONRADS II., des ersten salischen Kaisers (1024-1039): Ein Netz vornehmster und einflußreichster Verbindungen zeichnet sich ab. In Schwaben selbst führten freilich der frühe Tod Hermanns II. am 5. April 1003 und der Übergang der Herzogswürde auf dessen minderjährigen Sohn Hermann III. (1003-1012) zu einer deutlichen Krise der Herzogsgewalt.
    HEINRICH II. war jetzt unangefochten König, und zwar, wie es in der genannten Urkunde heißt, "im Reich ohne irgendeine Teilung". Gab es in Diedenhofen etwa nochmals Diskussionen darüber, ob nicht doch auch der Herzog von Schwaben eine quasikönigsgleiche Stellung erhalten solle? In den Annalen von Sankt Gallen ist überliefert, der "Herzog von Alemannien und Elsaß", also Hermann II., habe versucht, "das Reich vielleicht zu teilen und anteilig zu beanspruchen".
    Auf der Synode von Diedenhofen verwies HEINRICH II. auf die angebliche Nahehe des SALIERS Konrad von Worms, der mit Mathilde, einer Tochter Herzog Hermanns II. von Schwaben, verheiratet war. Konrad war ebenfalls in Diedenhofen anwesend, und das Vorgehen des Königs war ein harter Affront gegen ihn. Die meisten Bischöfe hielten sich noch zurück, ja sie waren geradezu konsterniert von den Attacken des Königs. Nur der Metzer Bischof Adalbero II., so hören wir, habe die Ansicht HEINRICHS II. verteidigt und nachzuweisen versucht, daß Konrad nicht nur in einer Nahehe 4. Grades, sondern sogar 2. Grades verheiratet sei.

    Weinfurter, Stefan (Hg.): Band I Seite 226-230, "Die Salier und das Reich"

    Doch deren Herzogsherrschaft in Schwaben beruhte wesentlich auf konradinischer Grundlage und bewegte sich in konradinischen Bahnen, und als in der zweiten Generation mit den kinderliosen Herzog Otto im Jahre 982 endete, wurde das Herzogtum gegen bayerisch-liudolfingische Ansprüche wiederum an einen KONRADINER gegeben: an Hermanns Neffen Konrad (Herzog 982/83-997). Um eine herausragende adelige Stellung in Schwaben behaupten zu können, wurde deshalb in der Folgezeit die Verwandtschaft mit Herzog Konrad bedeutsamer als liudolfingische Abkunft. Denn in den Händen Konrads und seines Sohnes Herzog Hermanns II. (996/97-1003) scheint ganz beträchtlicher Besitz zusammengekommen zu sein. Einerseits dürfte dank der Ehe Herzog Hermanns I. mit Reginlinde, der Witwe des HUNFRIDINGERS Burchard II., über deren Schwiegersohn Liudolf und dessen Sohn Otto die Verfügungsgewalt über erhebliche Teile des Familiengutes der alten "hunfridingischen" Herzogssippe - von dem "der dem karolingischen Fiskus entstammenden Besitz wohl nicht klar geschieden wurde" - an Herzog Konrad und Herzog Hermann II. gelangt sein; daß Konrad seine Herzoggsherrschaft in Schwaben durchzusetzen vermochte, bedeutet doch wohl, daß er sich der Machtbasis Herzogs Ottos zumindest teilweise versichern konnte. Konrad und Hermann II. verfügten andererseits über alaholfingischen und burgundisch-schwäbischen, das heißt wiederum hunfridingischen Besitz - Konrad von seiner alaholfingischen Gattin Judith, Hermann von seiner burgundischen Gattin Gerberga, die den Namen ihrer Großmutter, einer Schwester Kaiser OTTOS DES GROSSEN, trug, aber ebenfalls eine Großnichte Herzog Burchards II. war. Weil Hermann II. 1002 das Königtum HEINRICHS II. zu verhindern suchte und dabei scheiterte, konnte HEINRICH die konradinische Stellung im Oberrheinraum - im Elsaß und Breisgau - schwächen, wo er Gegenkräfte förderte, doch er tat dies keineswegs im übrigen Schwaben. Nach Hermanns II. und seines über das Knabenalter kaum hinausgelangten Sohnes (Hermann III., 1003-1012) Tod erbten die Töchter, von denen er "hinreichend viele" hatte: Mathilde, Gisela und Beatrix.
    Die ältere dieser konradinisch-salischen Verbindungen ist die vor 1002 geschlossene Ehe der Mathilde mit Konrad, dem Sohn des Otto "von Worms" und damit einem Enkel Konrads des Roten und der Liutgard, einer Tochter OTTOS DES GROSSEN. Durch diese Ehe war jene Koalition zwischen Otto "von Worms", seinem Sohn Konrad und dessen Schwiegervater Hermann II. zustandegekommen, die mittelrheinisch-fränkische und schwäbische Machtpositionen zusammenschloß und die nach der Ermordung Ekkehards von Meißen 1002 das Hauptproblem des Herrscherwechsels von OTTO III. zu HEINRICH II. Auch dem von HEINRICH in den Vordergrund gerückten geblütsrechtlichen Anspruch auf die Nachfolge OTTOS III. entsprechend war sie von Bedeutung - weshalb HEINRICH, ein Urenkel HEINRICHS I., zunächst Otto "von Worms", gleichfalls einen Urenkel HEINRICHS I., bewog, zu seinen Gunsten auf die Thronkandidatur zu verzichten [Nach meiner Meinung schließt sich der Autor bisher üblichen Denkweisen an. Entscheidend für die Nachfolge nach Geblütsrecht war nicht die Verwandtschaft zu König HEINRICH I., sondern zum letzten König, OTTO III. Neben Herzog Heinrich IV. von Bayern lebten 1002 allein noch sieben Urenkel König HEINRICHS I. Herzog Otto Heinrich von Burgund war sogar ein Enkel König HEINRICHS I. Nach Geblütsrecht waren aber vor allem die Enkel Kaiser OTTOS II. und gleichzeitigen Neffen des letzten Herrschers zu berücksichtigen, nämlich die EZZONEN Liudolf, Hermann und Otto, der spätere Herzog von Schwaben. Otto "von Worms" wurde von Heinrich von Bayern die Krone angeboten, weil er als Enkel OTTOS I. näher mit dem letzten Herrscher OTTO III. verwandt war. Die ebenfalls genannten Thronkandidaten Brun von Braunschweig und Ekkehard von Meißen hatten kaum geblütsrechtliche Ansprüche. Hermanns Anspruch bezog sich nach meiner Meinung auf das Ansehen seiner Familie und die karolingisch-liudolfingische Abkunft seiner Gemahlin Gerberga.]. Doch war es dann der KONRADINER Hermann, den die Mehrzahl der Großen bei der Leichenfeier für OTTO III. als den aus vielerlei Gründen geeigneteren benannt hatten, und sein mit ihm verbündeter "salischer" Schwiegersohn Konrad, die beide nach dem Verzicht Ottos den Waffengang glaubten wagen zu könen, und eine conditio sine qua non ihres Wagnisses muß es doch gewesen sein, daß ihnen, ihren Anhängern und ebenfalls den sich abwartend Verhaltenden die Macht Hermanns und Konrads in Rheinfranken und Schwaben als Ausgangsbasis eines konradinischen Königtums geeignet erschien. Die Macht beruhte auf einem großen Besitz, der nicht nur durch OTTONEN-Verwandtschaft, sondern auf vielfältigeren, oben angedeuteten Wegen in ihren Händen zusammen gekommen war, und mittels dessen Plünderung - anstatt in einer Feldschlacht der Heere oder in einem Zweikampf der Prätendenten - ihr Widerstand gebrochen wurde [S. Hirsch, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II., 3 Bände,, Berlin 1862-1875, hier Band 1, Seite 228f.].
    Als sich Hermann und Konrad am 1. Oktober 1002 im Königshof Bruchsal dem inzwischen weithin als König anerkannten Gegner unterwarfen, mußten nicht nur diese beiden, sondern mußte auch Otto "von Worms", dieser freilich gegen Entschädigung Einbußen hinnehmen. König HEINRICH verpflichtete Hermann zur Wiedergutmachung des dem Straßburger Bischofs angetanen Schaden aus seinem Allod und zur Schenkung der Frauenabtei St. Stephan an die Bischofskirche. Thietmar bezeichnet Straßburg als caput ducatus sui (sc. Hermanni), und eben diese Rolle Straßburgs als konradinischer Herzogs-"Hauptstadt" beendete König HEINRICH nun zugunsten des Straßburger Bischofs.


    988 oo 2. Gerberga von Burgund, Tochter des Königs Konrad, 965/66-7.7.1018/19
    (1. oo Hermann I. Graf von Werl - um 985/88)

    Kinder:

    - Mathilde ca 988-29.7.1031/32
    1003 1. oo Konrad I. Herzog von Kärnten, um 975-12.12.1011
    1014 2. oo Friedrich II. Herzog von Lothringen -13.5.1026/27
    nach 1026/27 3. oo Esiko Graf von Ballenstedt, - um 1059/60

    - Gisela 13.11.989-15.2.1043
    vor 1002 1. oo Bruno Graf von Braunschweig, ca 975/80- ca 1010 ermordet
    um 1010 2. oo Ernst I. Herzog von Schwaben, 970-31.5.1015
    1016 3. oo KONRAD II. 12.7.990-4.6.1039

    - Berthold Anfang 992- Anfang 993
    - Beatrix ca 990/1000-12.5. nach 1025
    1019 oo Adalbero I. Herzog von Kärnten um 980-28.11.1039

    - Hermann III. ca 994/vor 1.995-1.4.1012 oder 991/92 (Hlawitschka)

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 202-207 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 157-159,163 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 23-26,29,67 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Seite 7,125 - Büttner, Heinrich: Schwaben und Schweiz im frühen und hohen Mittelalter, Gesammelte Aufsätze von Heinrich Büttner 1972, Vorträge und Forschungen Band XV, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen - Büttner, Heinrich: Geschichte des Elsaß. Politische Geschichte des Landes von der Landnahmezeit bis zum Tode Ottos III. und Ausgewählte Beiträge zur Geschichte des Elsaß im Früh- und Hochmittelalter, Jan Thrbecke Verlag Sigmaringen 1991 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 154,189,222,226-230,232,240,248/Band II Seite 162,510-512/ Band III Seite 154,308,489,492,497 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 67 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 25,27,31 - Fried, Johannes: Prolepsis oder Tod? Methodische und andere Bemerkungen zur Konradiner-Genealogie im 10. und frühen 11. Jahrhundert - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 VII,109 Seite 109,214,223,227,229,292,300, 322,334,341 - Hilsch, Peter: Regenbach und die Schenkung der Kaiserin Gisela, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 42 1983 Seite 52-81- Hirsch, Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II. 1. und 2. Band, Verlag von Duncker & Humblot Berlin 1864 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 46-48,65,104,148 - Hlawitschka, Eduard: Die Thronkandidaturen von 1002 und 1024. Gründeten sie im Verwandtenanspruch oder in Vorstellungen von freier Wahl?, in Reich und Kirche vor dem Investiturstreit von Karl Schmid (Hrsg.) Seite 49-65, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1985 - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln des 11. Jahrhunderts, Seite 7-9,13-16,20,24,43,45-60,65,67,73-76,78,82,85,100,102-104,108, 110-112,116,119,124-128,130,136-138,140,148, 151-153,155,158,166,169-171,175-178 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 328,366-372, 375,381,403,418,446 - Keller, Hagen: Schwäbische Herzöge als Thronbewerber: Hermann II. (1002), Rudolf von Rheinfelden (1077), Friedrich von Staufen 1125). Zur Entwicklung von Reichsidee und Fürstenverantwortung, Wahlverständnis und Wahlverfahren im 11. und 12. Jahrhundert, in Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins Band 131 1983 - Kienast, Walther: Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland (9. bis 12. Jahrhundert), R. Oldenbourg Verlag München-Wien 1968 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 - Lechner Karl: Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-1246, Böhlau Verlag Wien-Köln-Weimar 1992, Seite 55,66,145 - Maurer Heinz: Der Herzog von Schwaben - Schmid Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 346,410,412 - Rappmann Roland/ Zettler Alfons: Die Reichenauer Mönchsgemeinschaft und ihr Totengedenken im frühen Mittelalter. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1998 Seite 425,428 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 90 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 76,91,95,98,101,105 - Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 114,298-300,302, 331,342 - Schwarzmaier Hansmartin: Von Speyer nach Rom. Wegstationen und Lebensspuren der Salier. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992, Seite 17,35,48,50,52,56 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 170,174, 196,204,206,214,216, 222, 234,252 - Uhlirz, Karl: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III. 1. und 2. Band. Verlag Duncker & Humblot Berlin 1967 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 37,50-53,63,69,76,80,165,177,194,202,220 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf - Wolf Armin: Wer war Kuno von Öhningen? Überlegungen zum Herzogtum Konrads von Schwaben (+ 997) und zur Königswahl vom Jahre 1002. in Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Band 36, 1980, Seite 25-83 - Zimmermann, Harald: Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1976 - Zotz Thomas: Der Breisgau und das alemannische Herzogtum -

    Hermann heiratete von Burgund, Gerberga in 988. Gerberga (Tochter von von Burgund, Konrad und von Frankreich, Mathilde) wurde geboren in 965/966; gestorben am 7 Jul 1018/1019. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 305. von Schwaben, Mathilde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 988; gestorben in 1031/1032; wurde beigesetzt in Worms [67547],Worms,Rheinland-Pfalz,Deutschland.
    2. 306. von Schwaben, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 13 Nov 989; gestorben am 15 Feb 1043 in Goslar [38640],Goslar,Niedersachsen,Deutschland; wurde beigesetzt in Speyer [67346],Speyer,Rheinland-Pfalz,Deutschland.
    3. 307. von Schwaben, Beatrix  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 990/1000; gestorben nach 1035.
    4. 308. von Schwaben, Berthold  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 992; gestorben in 993.
    5. 309. von Schwaben, Hermann III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 994; gestorben am 1 Apr 1012.

  12. 242.  von Öhningen, Ita Graphische Anzeige der Nachkommen (192.Konrad11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben nach 1000; wurde beigesetzt in Altomünster [85250],Dachau,Bayern,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Weingarten [88250],Ravensburg,Baden-Württemberg,Deutschland; Gräfin von Altdorf

    Notizen:

    Ita von Öhningen Gräfin von Altdorf
    + 16.10. nach 1000 Begraben: Altomünster

    Tochter des Herzogs Konrad von Schwaben aus dem Hause der KONRADINER und der Judith von Marchtal, Tochter von Graf Adalbert
    Nach Jackman/Fried Tochter des Herzogs Konrad II. von Öhningen, Herzog von Schwaben und der OTTONIN Richlind, Tochter von Herzog Liudolf von Schwaben

    Heine Alexander (Hg.): Seite 24,25,39, "Geschichte der Welfen", Genealogie der Welfen

    4. Rudolf nahm eine Gemahlin aus dem Hause ÖHNINGEN [Öhningen bei Radolfszell. Itas Gemahl war nicht der Bruder des heiligen Konrad, sondern dessen Neffe.] namens Ita, deren Vater der sehr edle Graf Kuno war, die Mutter aber eine Tochter des Kaiser OTTO DES GROSSEN. Dieser Kuno zeugte vier Söhne, Egebert, den Markgrafen von Stade, Leopald, Liutold und Kuno, und vier Töchter, deren eine sich unserem Rudolf, die andere mit einem von Rheinfelden, einem Ahnherrn der ZÄHRINGER, die dritte mit dem König der Rugier und die vierte mit dem Grafen von Andechs vermählte. Rudolf zeugte mit seiner Gemahlin Heinrich, welcher bei Lana auf der Jagd von einem Stein zerschmettert wurde, und Welf, den ersten dieses Namens.
    6. Mit derselben Ita erzeugte Rudolf auch Richarda, welche das Kloster Ebersberg gründete, da sie von einem der reichsten Grafen Baierns seine Söhne empfing.

    Geschichte der Welfen

    6. Rudolf, der Bruder des Vorigen, nahm eine Gemahlin namens Ita aus dem Hause ÖHNINGEN [Die Verwandtschaft der Ita ist der Genealogie der Welfen entnommen. Diese Angaben sind teilweise falsch, OTTO hatte keine Tochter Richlint, es gab keinen Grrafen Eggebert von Stade, ein Graf Kuno von Öhningen ist unbekannt, Diessen und Andechs werden gleichberechtigt genannt.], deren Vater der sehr edle Graf Kuno, die Mutter aber eine Tochter des Kaisers OTTOS DES GROSSEN namens Richlint war. Dieser Kuno zeugte vier Söhne, Eggebert, Kuno, Liutold und Leopalt. Der erste von ihnen, nämlich Eggebert, hatte die Mark gegen die Dänen an der Grenze Sachsens, Stade genannt, und zeugte Söhne und Töchter, welche sich in verschiedene Länder zerstreueut haben. Derselbe Kuno hatte auch vier Töchter, deren eine unseren Rudolf, eine andere einen von Rheinfelden, Ahnherrn der ZÄHRINGER, eine dritte den König der Rugier und eine vierte den Grafen von Dießen heiratete. Der genannte Rudolf erzeugte mit Ita zwei Söhne, Heinrich und Welf, und eine Tochter Richgarda [In Wirklichkeit hieß diese Tochter Richlindis.].

    Schneidmüller Bernd: Seite 115,116,127 ,"Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung."

    Rudolf gelang eine vorteilhafte Ehe mit Ita von Öhningen, deren genealogische Zuordnung seit langem die Phantasie der Mittelalterforschung strapaziert. Genealogia und Historia Welforum melden nämlich ihre Herkunft aus einer Ehe Kunos von Öhningen mit Richlind, einer Tochter Kaiser OTTOS DES GROSSEN.
    Zwar schrieb die spätere Überlieferung Heinrich "mit dem goldenen Pflug/Wagen" die Fixierung auf den Herrschaftsmittelpunkt Ravensburg und die Begründung des Klosters Altdorf zu. Doch zum Kristallisationspunkt des Hauses, zum "festen Wohnsitz", wurde das Ensemble von Burg und Kloster erst seit dem ausgehenden 10. Jahrhundert. Seit Rudolf, dem Gatten der Ita von Öhningen, fanden die WELFEN über Generationen ihr Graf in Altdorf/Weingarten
    In Altomünster wurde ein karolingerzeitliches Institut im frühen 11. Jahrhundert zu neuem Leben erweckt. Die Neugründung am ererbten Ort, über die Otloh von St. Emmeram in seiner Vita s. Altonis berichtet, nahmen Welf II., seine später in Altomünster bestattete Mutter Ita und seine Gemahlin Irmentrud/Imiza vor.

    Schmid, Karl: Seite 134, "Probleme um den "Grafen Kuno von Öhningen"

    e) Ita, die Gemahlin des WELFEN Rudolf

    Daß Rudolf der Gemahl einer Ita gewesen ist, wie die "Welfengenealogie" und die "Welfengeschichte" berichten, wird durch andere Quellenzeugnisse bestätigt [Necrol. Weingartense zum 16. Oktober, MG. Necrol. Germ. I Seite 229: Ita com. uxor Ruodolfi comitis ...; vgl. Notae Necrol. Einsiedlenses, ebd. Seite 363 und Quellenwerk zur Entstehung der Schweiz. Eidgenossenschaft II, 3 (1951) Seite 369; Wirtemb. Urkundenbuch IV (1883) Anhang Seite VI, siehe Anmerkung 105.]. Fraglich erscheint aber die zeitliche Einordnung dieses WELFEN. Da Welf II. im Jahre 1030 gestorben ist, dürfte die Lebenszeit seines Vaters, des Grafen Rudolf, ins endende 10. Jahrhundert zu setzen sein. Dann aber kann die Behauptung der welfischen Überlieferung, Rudolf sei der Bruder des Konstanzer Bischofs Konrad (934-975) gewesen, kaum zutreffen. Aus Zeitgründen ist die Forschung daher längst übereingekommen, in Rudolf, dem Bruder Bischof Konrads, und in Rudolf, dem Gemahl der Ita und Vater Welfs II., nicht ein- und dieselbe Person, sondern Vater und Sohn zu sehen. So groß erschien der Generationenunterschied, daß manche Forscher zwischen diese beiden welfischen Rudolfe des 10. Jahrhunderts sogar noch ein weiteres Zwischengleid einschieben wollten.

    Heinzelmann Josef, "Spanheimer-Späne Schachwappen und Konradinererbe"

    Unter der Voraussetzung, dass Konrad von Schwaben den Eintrag eröffnet, liegt der Zeitpunkt vor 983, da er noch Graf genannt wird. Wäre 'Konrad vom Elsass' gemeint, müssten wir noch etwas weiter zurückgehen. Dass die zwei von der Welfenchronik erfabelten Söhne fehlen, wundert nicht, wohl aber an welcher Stelle und wie Herzog Hermann erscheint. Im Vergleich zu Liutold und Konrad (beide als laici bezeichnet) müsste er, weil ohne Bezeichnung, noch ein Kind und eigentlich zum geistlichen Stand bestimmt sein. Wer aber waren die nach ihm aufgeführten Frauen? Voraussetzen darf man, dass sie dem familiären Rang nach eingetragen wurden, etwaige Verstorbene natürlich zuerst. Wenn Ita also eine Tochter des Cuonradus comes sein soll, war sie zum Zeitpunkt des Eintrags schon tot. Nur dann kann Iudita (so Hlawitschka) und/oder Richlint (so Wolf) seine Gattin sein. Am logischsten erscheint mir: Ita war die noch lebende Schwiegermutter, Iudita die Gemahlin Konrads und Mutter der Kinder, Richlint die Tochter, mit der Ruodolf verheiratet war, sie steht ja auch direkt vor ihm.
    Uff! Das hieße doch, Iudita/Jutta war eine Kaiserenkelin und tatsächlich Gattin Konrads, die Frau Rudolfs hieß Richlint. Eine charmante Wendung. Aber chronologisch geht das nicht. Die Tochter des 957 gestorbenen Herzogs Liudolf, der 947/48 Ida, die 986 Mai 17 verstorbene Tochter Herzog Hermanns I., geheiratet hatte, kann nicht schon 982 (spätester Termin für den Gedenkeintrag) zwar mehrere Enkel gehabt haben, aber noch nicht jene Kinder, die aus der Welfenchronik im Eintrag noch fehlen. Außerdem ist Ita als Gemahlin Rudolfs gut belegt.
    Wolf würde folgende Variation vorschlagen: Ita ist Konrads Schwiegermutter, Iudita seine Mutter, Richlint seine Frau. Nur fehlt dann die Gattin Rudolfs.
    Noch besser gefiele Wolf und Jackman wohl folgende Möglichkeit: Nach dem Grafen Konrad sein Schwiegervater Liutoldus, weil er als Herzog abgesetzt worden war, nur mit der Bezeichnung laicus. Dann sein Vater Cuonradus, dann sein Sohn Hermann, dann Schwiegermutter und Mutter und Gattin. Aber wieder fehlt dann die Gattin Rudolfs!
    Wenn aber Rudolf der eigentliche Mittelpunkt des Eintrags wäre -zu einem Zeitpunkt, wo er selber noch nicht Graf ist!! - könnte man Ita für seine Frau, Iudita für seine Schwiegermutter (also doch die Frau des Cuonradus comes) halten und Richlint für eine Schwester oder - unerklärlicherweise vor den Söhnen - für seine wohlbelegte Tochter, die die Historia Welforum fälschlich Richgarda nennt (Richarda in der Genealogia). Es ist gut möglich, dass wegen dieser Namensverwechslung vom 'Welfen-Historiker' das unverstandene Richlint zur Schwiegermutter Rudolfs, das heißt zur Frau Kunos von Öhningen gemacht wurde.
    Lassen wir diese Deutungsversuche, es gibt noch mehr; aber keine Interpretation deckt sich mit der Welfen-Überlieferung und den Interpretationen von Wolf und Jackman oder auch Hlawitschka. An einer Harmonisierung der Historia Welforum mit dem Reichenauer Eintrag kann man sich nur verheben. Ich habe nämlich den Eindruck, dass die Verfasser der Genealogia und der Historia Welforum diesen Eintrag gekannt und hier den 'Grafen' Konrad und den Namen Richlint und vielleicht auch die Söhne Liutold und Konrad her haben. Sie fanden, eventuell von den Reichenauer Mönchen darauf hingewiesen, 'ihre' WELFEN Rudolf, Ita usw. in dem Eintrag und reimten sich das übrige zusammen. Genau so kannten sie die Chronik Thietmars und den Continuator Reginonis (mit der Erzählung von dem Kuno, der Geschlechtsverkehr mit einer Kaiser-Verwandten gehabt haben wollte) sowie die Schluchsee-Schenkung, wo sie den Stader Markgrafen Eggebert usw. fanden. Nach eigener Aussage arbeiteten sie ja summa diligentia investigantes ac multum in diversis chronicis et historiis sive antiquis privilegiis quaerendo laborantes. Dass ihnen diplomatisches Rüstzeug und eine reichhaltige historisch-genealogische Sekundärliteratur und eine sichere chronologische Stütze fehlten, darauf muss man gefasst sein; man darf auch nicht erwarten, dass sie nur richtige Nachrichten fanden und sie nur richtig auswerteten. Alles mehr oder weniger zufällig Zusammengetragene verwurstelten sie in zwei Stufen mit Famililienerinnerungen zu einem halb erfundenen, halb wahren Verhau, aus dem man nichts, aber auch garnichts zur Grundlage einer wissenschaftlichen These machen darf. Wenn wir - vielleicht nicht einmal alle - Quellen entdecken, aus denen sie kritiklos rezipierten, dürfen wir diese nicht als bestätigende Parallel-Überlieferung ansehen, sondern müssen mit komparatistischem Blick untersuchen, wie sie missverstanden, umgedeutet, vermanscht und weitergesponnen wurden. Genealogia und Historia Welforum sind Literatur. Genausowenig wie sie darf man in künftigen Jahrhunderten Wolfs, seiner Parteigänger und seiner Kontrahenten Texte als Quelle nehmen, ausgenommen für bestimmte Mentalitäten der Geschichtswissenschaft Ende des 20. Jahrhunderts.
    Ich schlage mich nicht auf die Seite der Parodisten, wenn ich nochmals eine Denkmöglichkeit anfüge. Der letzte Name der Reichenauer Memorialnotiz, angeblich eine Dublette, könnte nämlich Konrads von Schwaben Schwager Heinrich von Stade bezeichnen, denn man muss wohl Vuelf Heinrich für die beiden Enkel Welf und Heinrich ansehen. Dann dürfte aber auch Iudita Heinrichs von Stade Gattin meinen und dann wäre Richlint mit größter Wahrscheinlichkeit eine weitere Schwester oder eine Tochter Konrads. Oder doch die Gattin Konrads? Der Eintrag: Graf Konrad, drei Brüder oder Söhne, zwei Schwestern, eine dritte Schwester oder Tochter oder seine Frau, Schwager 1 (kaum Schwiegersohn) mit zwei Söhnen, Schwager 2, ergäbe eine gewisse Kohärenz. Sicher haben die Mönche auf der Reichenau wie alle ihre Zeitgenossen sich wenig um Systematik in unserem Sinne geschert, aber Alter und Rang waren ihnen wichtig. Genauso sinnvoll wäre der Eintrag, wenn man ihn auf Jackmans Herzog Konrad vom ElElsaß bezieht: So oder so müssten wir in den Personen nur die lebenden Vertreter zweier Generationen sehen. Aber so oder so oder so oder so fehlen einige der doch als zum Zeitpunkt der Eintragung lebend zu vermutenden Familienmitglieder, darunter die wohl erst später im Naheland verstorbene Uda. Kurz, der Reichenauer Eintrag ist im Gegensatz zur Historia Welforum eine Primärquelle, leider eine fast unmöglich korrekt auszuwertende.


    Literatur:
    Heine Alexander (Hg.): Geschichte der Welfen. Phaidon Verlag GmbH Essen Seite 24,25,39 - Heinzelmann Josef: Spanheimer-Späne Schachwappen und Konradinererbe - Hlawitschka Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um 'Kuno von Öhningen', Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 48,58,67,99-102,104,111,123,151,155,158,167-169,171 - Schmid, Karl: Probleme um den "Grafen Kuno von Öhningen" in Gebetsgedenken uns adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983 Seite 128,134,148,159,163, 167 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 30,115,116,119,127 - Wolf Armin: Wer war Kuno von Öhningen? Überlegungen zum Herzogtum Konrads von Schwaben (+ 997) und zur Königswahl vom Jahre 1002. in Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Band 36, Seite 25-83 1980 -

    Gestorben:
    16.10.

    Familie/Ehepartner: von Altdorf, Rudolf II.. Rudolf gestorben um 0990; wurde beigesetzt in Weingarten [88250],Ravensburg,Baden-Württemberg,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 310. im Sualafeld, Kuno I,  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 1020.
    2. 311. von Altdorf, Welf II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 0960/0970; gestorben am 10 Mrz 1030; wurde beigesetzt in Weingarten [88250],Ravensburg,Baden-Württemberg,Deutschland.
    3. 312. von Altdorf, Eberhard I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 0975; gestorben am 13 Aug 1040; wurde beigesetzt in Bamberg [96047],Bamberg,Bayern,Deutschland.
    4. 313. von Altdorf, Heinrich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 0980; gestorben um 1000 in Lana [39011],Trentino-Südtirol,Italien.
    5. 314. von Altdorf, Richlinde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 0980; gestorben am 12 Jun 1045 in Persenbeug [3680],Niederösterreich,Österreich; wurde beigesetzt in Ebersberg [85560],Ebersberg,Bayern,Deutschland.

  13. 243.  von Schwaben, Uda Graphische Anzeige der Nachkommen (192.Konrad11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Name:
    Oda

    Gestorben:
    jung


  14. 244.  von Stade, Heinrich II. Graphische Anzeige der Nachkommen (193.Judith11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 946; gestorben am 2 Okt 1016; wurde beigesetzt in Harsefeld [21698],Stade,Niedersachsen,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 976-1016, Stade [21680],Stade,Niedersachsen,Deutschland; Graf von Stade

    Notizen:

    Heinrich II. der Gute
    Graf von Stade (976-1016)
    946-2.10.1016 Begraben: Harsefeld
    Ältester Sohn des Grafen Heinrich I. der Kahle von Stade aus seiner 1. Ehe mit der Judith von Rheinfranken, Tochter von Graf Udo von Wetterau

    Althoff Gerd: Seite 416, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 131 Lü:
    2.10. Heinricus com + 1016 Graf von Stade

    Heinrich, mit dem schon zeitgenössischen Beinamen 'der Gute', erscheint wie zahlreiche andere Mitglieder der Stader Grafenfamilie, die mit den BILLUNGERN verwandt und verbunden war, im Lüneburger Necrolog; vgl. dazu den Kommentar G 45.
    Me: 1.10. Heinricus com
    1.10. Heinricus com et servus Christi

    Heinrich von Stade, der Verwandte Thietmars von Merseburg (vgl. Holtzmann, Thietmar-Ausgabe, Einleitung S. XIII; Lippelt, Thietmar von Merseburg, S. 48) wurde zweimal ins Merseburger Necrolog eingetragen. Der zweite Eintrag gehört der Ergänzungsschicht an.
    Zu dem Problem der Doppeleinschreibung s. S. 154 f.
    Angesichts des Beinamens 'der Gute' und der Bezeichnung servus Christi ist hinzuweisen auf die Nachricht des Annalista Saxo (a. 1016, S. 670), dass das Grab Heinrichs und seiner Gemahlin häufig besucht worden sei, ubi mira quedam dicuntur visa.
    Allg. zu Heinrich, seinen Kontakten zum Königtum und zu seinem Todesdatum, vgl. Hucke, Die Grafen von Stade, S. 15 f.

    Brandenburg Erich: Tafel 3 Seite 6, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 18. HEINRICH II., Graf von Stade
    * ca. 945, + 1016 2. X.
    Gemahlin:
    vor 994
    ADELA

    Anmerkungen: Seite 126
    VIII. 18. Heinrich II.
    Thietmar 4,16 und 7,33. [VIII 21]

    Thiele Andreas: Tafel 216, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    HEINRICH II. "DER GUTE" + 1016

    Heinrich II. der Gute erwarb das Münzrecht und zog 993 mit den Brüdern Siegfried und Lothar-Udo nach Brandenburg und 994 gegen die normannischen Seeräuber. Gemeinsam mit den sächsischen Großen aus den benachbarten Gebieten nahmen sie am 23. Juni 994 den Kampf mit dem zahlenmäßig überlegenen Feind auf. Trotz ihrer Tapferkeit wurden sie überwunden, ihre Mannschaften vernichtet, sie selbst getötet oder gefangengenommen. Als einem von ihnen, dem Grafen Siegfried von Stade, die Flucht gelang, wurden die in der Gefangenschaft Zurückgebliebenen grausam verstümmelt und in diesem Zustand erst nach längerer Zeit, als man mit vieler Mühe das verlangte hohe Lösegeld mit Hilfe des Königs aufgebracht hatte, den Ihren zurückgegeben. Er stiftete um 1010 die Abtei Harsefeld, führte viele Fehden, besonders gegen den bischöflichen Neffen Dietrich von Münster, die Erzbischöfe von Bremen und auch gegen die EKKEHARDINER in Meißen. Er war oft Zeuge in Urkunden. Er ist vielleicht auch der 997 in Pöhlde auftretende Graf, der hier Geschäfte des 994 gefallenen Bruders Lothar-Udo führte, und Vormund seiner Neffen Udo und Heinrich von Katlenburg war. 1003 intervenierte er zusammen mit Bernhard I. Billung in einer Kaiserurkunde zu Allstedt.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 477, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    21-26
    Zu den Angehörigen des Hauses der "Grafen von Stade" ist zunächst auf ein Mißverständnis von Brandenburg aufmerksam zu machen (Hinweis meines Assistenten, Herrn Atsma): Brandenburg hat Thietmar IV, 25 so aufgefaßt, als sei die dort genannte Adela/Ethela Gattin Heinrichs II. von Stade. Diese Tochter des Grafen Gero war aber Gattin des Grafen Siegfried von Stade. Damit nicht genug, bringt Brandenburg die gleiche Adela, mit demselben Terminus ante der Eheschließung "vor 994" zu Siegfried noch einmal! Im übrigen habe ich die Daten im Anschluß an das Buch von Richard G. Hucke, Die Grafen von Stade 944-1144, Stade 1956, in folgenden Punkten berichtigt:
    Durch das berichtigte Todesdatum von Heinrichs II. Vater Heinrich (siehe oben Anmerkung VII, 14) ergibt sich c 975/76 als Zeitpunkt des Regierungsantritts Heinrichs II. Seine bei Brandenburg nicht erwähnte Frau hieß Mechthild, stammte aus Schwaben und starb an einem X 19 (Hucke 16).
    Das Ehedatum seiner Schwester Kunigund ist gegenüber "c 970" bei Brandenburg zu präzisieren auf 972 Ende (Hucke 24, der als Geburtsjahr dieser Mutter Thietmars von Merseburg c 959/60 annimmt, während Brandenburg an c 950 gedacht hatte). Kunigunds Gemahl, Graf Siegfried von Walbeck, starb 991 III 15, nicht 990 III 15, wie Brandenburg angibt (Hucke 25). -
    Siegfried folgte seinem 1016 verstorbenen Bruder, Heinrich II., durch die 1017 erfolgte kaiserliche Verleihung (Hucke 16) in der Grafschaft zwischen Niederelbe und Niederweser, die, wie wir schon oben Anmerkung VII, 14 erwähnten, nach dem späteren dauernden Sitz der Grafen "Grafschaft Stade" genannt wird.
    Nicht in dieser Grafschaft war, im Gegensatz zur Angabe Brandenburgs VIII, 19, Udo, der zweitälteste der Brüder, Graf. Von ihm stammen die späteren Grafen von Catlenburg ab (Hucke 16-20).
    Siegfried, den Brandenburg unnötig "Siegfried II." nennt, starb 1037, aber nicht am 1. Mai, wie Brandenburg angibt, sondern am 6. Januar (Hucke 21, Anmerkung 119, wo Lappenbergs Angabe MG SS 16, 379 berichtigt wird, der Brandenburg offenbar gefolgt war). Für seine Gattin Adela gibt Hucke 21, Anmerkung 120 den bei Brandenburg fehlenden Todestag V 1.
    Zu streichen ist endlich die von Brandenburg VIII, 24, wenn auch mit Fragezeichen, aufgeführte Hildegard, Gattin Herzog Bernhards von Sachsen. Sie ist die Tochter ihrer gleichnamigen Mutter, der zweiten Gemahlin Heinrichs I. "von Stade" (Hucke 15,26), hat also mit der karolingischen Abkunft, die dem Grafenhause ja durch Heinrichs erste Gattin Judith zugeführt wurde, nichts zu tun.

    Thietmar von Merseburg: Seite 134,138-142,404,414, Chronik"

    Im 3. Jahre nach dem Weihnachtsfest gerieten meine Oheime in die Gefangenschaft von Seeräubern, wie man im Folgenden findet.
    Ich erwähnte schon, daß meine drei Oheime Heinrich, Udo und Siegfried samt Adalger und vielen anderen am 23. Juni [994. Wikingereinfall. Grafen von Stade, Brüder von Thietmars Mutter Kunigunde, vgl. IV, 19. Vgl. Ann. Hild. 994; Adam von Bremen II, 31f.; Necr. Mers.: VIII. Kal. Iul.] zu Schiff gegen Seeräuber auszogen, die in ihrem Gebiet heerten; Udo fiel im Kampfe; Heinrich aber mit seinem Bruder Siegfried und Graf Adalger mußten sich unglücklicherweise besiegt gefangengeben und wurden von den verruchten Kerlen mitgenommen. Schnell verbreitete sich die Kunde von diesem Mißgeschick unter den Christgläubigen. Der in der Nähe weilende Herzog Bernhard entsandte sofort Unterhändler, die ihnen eine Loskaufsumme in Aussicht stellten und eine Möglichkeit zu Besprechungen über friedlichen Ausgleich erbitten sollten. Darauf eingehend verlangten sie Friedenszusicherungen und eine unerhörte Summe. Wieviel dazu zunächst der Königs aufbrachte, wie reichlich dann aber auch alle Christen unseres Landes in Erfüllung ihrer menschlichen Pflicht bereitwilligst beitrugen, verag ich nicht zu schildern. Meine Mutter gab, schmerzlichst erschüttert, für die Befreiung ihrer Brüder alles, was sie besaß oder irgendwie aufbringen konnte.
    Als die verfluchte Räuberbande nun den größten Teil des gesammelten Geldes - ein gewaltiges Gewicht! - erhalten hatte, nahm sie für Heinrich seinen einzigen Sohn Siegfried, ferner Gerwand und Wolfram, für Aadalger aber dessen Oheim Dietrich und Olaf, den Sohn seiner Tante, und entließen ihre Gefangenen, um die Aufbringung des Rests der ihnen zugesagten Summe zu beschleunigen; nur Siegfried hielten sie fest. Da er keinen Sohn hatte, bat er meine Mutter, ihm mit einem ihrer Söhne zu helfen.
    Doch gerade an diesem Tage entrann Siegfried mit Gottes Hilfe trotz seiner schweren Wunden folgendermaßen der strengen Bewachung seiner Feinde. Nur mit Mühe konnte der Graf entrinnen; am sicheren Ufer fand er, wie zuvor verabredet, bereitgehaltene Pferde, und schleunigst ging es nach seiner Burg Harsefeld [an der Lühe südlich Stade], wo sein Bruder Heinrich und seine Gemahlin Adela [Gemahlin Siegfrieds, nach Ann. Saxo Tochter des Grafen Gero vom Nordthüringengau (III,9).] sich aufhielten, ohne mit einer solchen Freude zu rechnen. Die feindlichen Verfolger aber drangen in die nahe dem Ufer liegende Burg Stade und suchten ihn voller Eifer an den verborgensten Orten. Als sie ihn nicht fanden, raubten sie den Frauen gewaltsam die Ohrringe und kehrten dann mißmutig um. In ihrer Wut warfen sie am nächsten Tage den Priester, meinen Vetter und alle übrigen Geiseln mit abgeschnittenen Nasen, Ohren und Händen in den Strom. Dann machten sie sich davon.
    Auch den darauf folgenden unersetzlichen Verlust darf ich nicht übergehen. Graf Heinrich, mein vor Christus und in dieser Welt sehr angesehner Oheim, entrichtete am 2. Oktober [1016. Graf von Stade. - Necr. Mers.: 1. Oktober] unserer Doppelnatur seinem Zoll; wegen seiner Rechtschaffenheit bis ins Alter und seines seligen Endes darf man ihn glücklich preisen.
    In dieser Woche kamen unsere Großen in Goslar auf Befehl des Caesars in Goslar zusammen; hier wurde damals meinem Oheim Siegfried die Grafschaft seines Bruders Heinrich verliehen [+ Oktober 1016 (VII, 46); Grafschaft Stade].

    975/76 oo Mechthild (aus Schwaben) - 19.10.

    Kinder:
    - Siegfried um 977-26.10.994

    Literatur:
    Adam von Bremen: Hamburgische Kirchengeschichte. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 282 - Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Wilhelm Fink Verlag München 1984 Seite 57,145,153, 416 G 131 - Annalen von Quedlinburg ad a. 1016 - Annalista Saxo: Reichschronik Seite 28,38,44,70 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 3 Seite 6 - Chronik des Albert von Stade - Eickhoff, Ekkehard: Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 440-442 - Hucke, Richard: Die Grafen von Stade 990-1144, Stade 1956 - Lippelt, Helmut: Thietmar von Merseburg, Böhlau Verlag Köln 1973 Seite 48 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 216 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 134,138-142,404,414 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 477 -


  15. 245.  von Stade, Lothar-Udo I. Graphische Anzeige der Nachkommen (193.Judith11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 950; gestorben am 23 Jun 994 in Stade [21680],Stade,Niedersachsen,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Stade [21680],Stade,Niedersachsen,Deutschland; Graf von Stade

    Notizen:

    Lothar-Udo I.
    Graf von Stade
    950-23.6.994 gefallen bei Stade
    2. Sohn des Grafen Heinrich I. der Kahle von Stade aus seiner 1.Ehe mit der Judith von Rheinfranken, Tochter von Graf Udo von der Wetterau

    Althoff Gerd: Seite 402, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 68 Lü: 23.6. Vdo com + 994 Graf von Stade

    Luder-Udo, der Sohn Heinrichs I. aus dem Stader Grafenhaus fiel 994 im Kampf gegen die Seeräuber. Zu den zahlreichen Einträgen der Mitglieder des mit den BILLUNGERN verwandten Stader Grafenhauses ins Lüneburger Necrolog vgl. Kommentar G 45.

    Me: 23.6. Udo

    Der Eintrag in Merseburg gehört der Ergänzungsschicht an. Obgleich Udo dort keinen Titel trägt, liegt auf Grund des Todestages die Annahme nahe, dass auch in Merseburg der Stader Graf gemeint ist, zumal sein Vater Heinrich (G 45) als consanguineus OTTOS I. bezeichnet wird.
    Zu Udo und seinem Todesdatum Hucke, Die Grafen von Stade, S. 16 f. und FW G 35.

    Lothar-Udo war Mitregent seiner Brüder Heinrich II. und Siegfried II. und zog mit anderen sächsischen Grafen auf Befehl der Kaiserin Theophanu Mieszko I. von Polen gegen Boleslav I. von Böhmen zu Hilfe. Er nahm 993 mit seinen Brüdern am Feldzug gegen Brandenburg teil, zog 994 gegen die verheerend einfallenden Normannen-(Askomanen) und fiel bei Stade gegen sie.

    oo N.N.
    Kinder:
    - Udo Graf von Katlenburg - nach 1040
    - Heinrich Graf von Katlenburg

    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 57,250,402 G 68 - Annalen von Hildesheim ad a. 994 - Annalen von Quedlinburg ad a. 994 - Chronik des Albert von Stade - Hucke, Richard: Die Grafen von Stade 990-1144, Stade 1956 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 220 -

    Gestorben:
    gefallen bei Stade


  16. 246.  von Stade, Siegfried II. Graphische Anzeige der Nachkommen (193.Judith11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 965; gestorben am 6 Jan 1037.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 1016-1037, Stade [21680],Stade,Niedersachsen,Deutschland; Graf von Stade

    Notizen:

    Siegfried II.
    Graf von Stade (1016-1037)
    965-6.1.1037
    3. Sohn des Grafen Heinrich I. der Kahle von Stade aus dem Hause der UDONEN aus seiner 1. Ehe mit der Judith von Rheinfranken, Tochter von Graf Udo von der Wetterau

    Brandenburg Erich: Tafel 3 Seite 6, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 23. SIEGFRIED II., Graf von Stade 1017
    * ca. 965, + 1037 1. V.
    Gemahlin:
    vor 994
    ADELE, Tochter des Grafen Gero von Alsleben

    Anmerkungen: Seite 126
    VIII. 23. Siegfried
    scheint den Altersverhältnissen nach das jüngste Kind gewesen zu sein, siehe Thietmar 4, 9 (990, wo er zum ersten Male vorkommt), 4, 16. [VIII 26]

    Thiele Andreas: Tafel 216, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    SIEGFRIED II. + 1037

    Graf im Schwaben- und Nordthüringgau, Vogt zu Alsleben und folgte 1016 seinem Bruder Heinrich II. dem Guten als Graf von Stade. Er war 980 in Rom und wurde ab 1002 oft vermittelnd und als Zeuge genannt. Er ging mit den BILLUNGERN in der Ablehnung der kirchenfreundlichen, kaiserlichen Politik konform, bekriegte den bischöflichen Neffen Dietrich von Münster, führte Raubzüge gegen Bistümer und Klöster durch und war daher auch zeitweise gebannt. Er floh 994 unbesonnen aus normannischer Gefangenschaft und verursachte damit die Verstümmelung seines Neffen Siegfried.

    oo ADELE (ETHELA) VON ALSLEBEN Tochter und Erbin des Grafen Gero im Nordthüringengau und Schwabengau

    Werner Karl Ferdinand: Seite 477, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    21-26
    Zu den Angehörigen des Hauses der "Grafen von Stade" ist zunächst auf ein Mißverständnis von Brandenburg aufmerksam zu machen (Hinweis meines Assistenten, Herrn Atsma): Brandenburg hat Thietmar IV, 25 so aufgefaßt, als sei die dort genannte Adela/Ethela Gattin Heinrichs II. von Stade. Diese Tochter des Grafen Gero war aber Gattin des Grafen Siegfried von Stade. Damit nicht genug, bringt Brandenburg die gleiche Adela, mit demselben Terminus ante der Eheschließung "vor 994" zu Siegfried noch einmal! Im übrigen habe ich die Daten im Anschluß an das Buch von Richard G. Hucke, Die Grafen von Stade 944-1144, Stade 1956, in folgenden Punkten berichtigt:
    Durch das berichtigte Todesdatum von Heinrichs II. Vater Heinrich (siehe oben Anmerkung VII, 14) ergibt sich c 975/76 als Zeitpunkt des Regierungsantritts Heinrichs II. Seine bei Brandenburg nicht erwähnte Frau hieß Mechthild, stammte aus Schwaben und starb an einem X 19 (Hucke 16).
    Das Ehedatum seiner Schwester Kunigund ist gegenüber "c 970" bei Brandenburg zu präzisieren auf 972 Ende (Hucke 24, der als Geburtsjahr dieser Mutter Thietmars von Merseburg c 959/60 annimmt, während Brandenburg an c 950 gedacht hatte). Kunigunds Gemahl, Graf Siegfried von Walbeck, starb 991 III 15, nicht 990 III 15, wie Brandenburg angibt (Hucke 25). -
    Siegfried folgte seinem 1016 verstorbenen Bruder, Heinrich II., durch die 1017 erfolgte kaiserliche Verleihung (Hucke 16) in der Grafschaft zwischen Niederelbe und Niederweser, die, wie wir schon oben Anmerkung VII, 14 erwähnten, nach dem späteren dauernden Sitz der Grafen "Grafschaft Stade" genannt wird.
    Nicht in dieser Grafschaft war, im Gegensatz zur Angabe Brandenburgs VIII, 19, Udo, der zweitälteste der Brüder, Graf. Von ihm stammen die späteren Grafen von Catlenburg ab (Hucke 16-20).
    Siegfried, den Brandenburg unnötig "Siegfried II." nennt, starb 1037, aber nicht am 1. Mai, wie Brandenburg angibt, sondern am 6. Januar (Hucke 21, Anmerkung 119, wo Lappenbergs Angabe MG SS 16, 379 berichtigt wird, der Brandenburg offenbar gefolgt war). Für seine Gattin Adela gibt Hucke 21, Anmerkung 120 den bei Brandenburg fehlenden Todestag V 1.
    Zu streichen ist endlich die von Brandenburg VIII, 24, wenn auch mit Fragezeichen, aufgeführte Hildegard, Gattin Herzog Bernhards von Sachsen. Sie ist die Tochter ihrer gleichnamigen Mutter, der zweiten Gemahlin Heinrichs I. "von Stade" (Hucke 15,26), hat also mit der karolingischen Abkunft, die dem Grafenhause ja durch Heinrichs erste Gattin Judith zugeführt wurde, nichts zu tun.

    Thietmar von Merseburg: Seite 134,138-142,404,414, "Chronik"

    Im dritten Jahre nach dem Weihnachtsfest gerieten meine Oheime in die Gefangenschaft von Seeräubern, wie man im Folgenden findet.
    Ich erwähnte schon, daß meine drei Oheime Heinrich, Udo und Siegfried samt Adalger und vielen anderen am 23. Juni [107 994. Wikingereinfall. Grafen von Stade, Brüder von Thietmars Mutter Kunigunde, vgl. IV, 19. Vgl. Ann. Hild. 994; Adam von Bremen II, 31f.; Necr. Mers.: VIII. Kal. Iul.] zu Schiff gegen Seeräuber auszogen, die in ihrem Gebiet heerten; Udo fiel im Kampfe; Heinrich aber mit seinem Bruder Siegfried und Graf Adalger mußten sich unglücklicherweise besiegt gefangengeben und wurden von den verruchten Kerlen mitgenommen. Schnell verbreitete sich die Kunde von diesem Mißgeschick unter den Christgläubigen. Der in der Nähe weilende Herzog Bernhard entsandte sofort Unterhändler, die ihnen eine Loskaufsumme in Aussicht stellten und eine Möglichkeit zu Besprechungen über friedlichen Ausgleich erbitten sollten. Darauf eingehend verlangten sie Friedenszusicherungen und eine unerhörte Summe. Wieviel dazu zunächst der Königs aufbrachte, wie reichlich dann aber auch alle Christen unseres Landes in Erfüllung ihrer menschlichen Pflicht bereitwilligst beitrugen, verag ich nicht zu schildern. Meine Mutter gab, schmerzlichst erschüttert, für die Befreiung ihrer Brüder alles, was sie besaß oder irgendwie aufbringen konnte.
    Als die verfluchte Räuberbande nun den größten Teil des gesammelten Geldes - ein gewaltiges Gewicht! - erhalten hatte, nahm sie für Heinrich seinen einzigen Sohn Siegfried, ferner Gerwand und Wolfram, für Aadalger aber dessen Oheim Dietrich und Olaf, den Sohn seiner Tante, und entließen ihre Gefangenen, um die Aufbringung des Rests der ihnen zugesagten Summe zu beschleunigen; nur Siegfried hielten sie fest. Da er keinen Sohn hatte, bat er meine Mutter, ihm mit einem ihrer Söhne zu helfen.
    Doch gerade an diesem Tage entrann Siegfried mit Gottes Hilfe trotz seiner schweren Wunden folgendermaßen der strengen Bewachung seiner Feinde. Nur mit Mühe konnte der Graf entrinnen; am sicheren Ufer fand er, wie zuvor verabredet, bereitgehaltene Pferde, und schleunigst ging es nach seiner Burg Harsefeld [an der Lühe südlich Stade], wo sein Bruder Heinrich und seine Gemahlin Adela [112 Gemahlin Siegfrieds, nach Ann. Saxo Tochter des Grafen Gero vom Nordthüringengau (III, 9).] sich aufhielten, ohne mit einer solchen Freude zu rechnen. Die feindlichen Verfolger aber drangen in die nahe dem Ufer liegende Burg Stade und suchten ihn voller Eifer an den verborgensten Orten. Als sie ihn nicht fanden, raubten sie den Frauen gewaltsam die Ohrringe und kehrten dann mißmutig um. In ihrer Wut warfen sie am nächsten Tage den Priester, meinen Vetter und alle übrigen Geiseln mit abgeschnittenen Nasen, Ohren und Händen in den Strom. Dann machten sie sich davon.
    Auch den darauf folgenden unersetztlichen Verlust darf ich nicht übergehen. Graf Heinrich, mein vor Christus und in dieser Welt sehr angesehner Oheim, entrichtete am 2. Oktober [1641016. Graf von Stade. - Necr. Mers.: 1. Oktober] unserer Doppelnatur seinem Zoll; wegen seiner Rechtschaffenheit bis ins Alter und seines seligen Endes darf man ihn glücklich preisen.
    In dieser Woche kamen unsere Großen in Goslar auf Befehl des Caesars in Goslar zusammen; hier wurde damals meinem Oheim Siegfried die Grafschaft seines Bruders Heinrich verliehen [199 + Oktober 1016 (VII, 46); Grafschaft Stade].

    Lampert von Hersfeld: Seite 36, "Annales/Annalen"

    Die Söhne des Grafen Heinrich [von Stade], Heinrich, Udo und Siegfried, kämpften mit Seeräubern; einer von diesen wurde getötet, zwei wurden gefangengenommen.

    oo Adela von Alsleben, Tochter des Grafen Gero, - 1.5.

    Kinder:
    - Lothar-Udo I. Markgraf der Nordmark nach 994-7.11.1057
    - Irmgard Äbtissin von Alsleben
    - Bertha Äbtissin von Alsleben - 8.12.

    Literatur:
    Adam von Bremen: Hamburgische Kirchengeschichte. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 266,268 - Annalen von Hildesheim ad a. 994 - Annalista Saxo: Reichschronik - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 3 Seite 6,126 - Chronik des Albert von Stade - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996 Seite 440,476 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 307 - Hucke, Richard: Die Grafen von Stade 990-1144, Stade 1956 - Lampert von Hersfeld: Annales/Annalen Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 2000 Seite 36 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 216 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 134,138-142,404,414 -


  17. 247.  von Stade, Gerburg Graphische Anzeige der Nachkommen (193.Judith11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben um 1000.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Arneburg [39596],Stendal,Sachsen-Anhalt,Deutschland; Gräfin von Arneburg

    Notizen:

    Gerburg von Stade
    Gräfin von Arneburg
    - um 1000
    Älteste Tochter des Grafen Heinrich I. der Kahle von Stade aus seiner 1. Ehe mit der Judith von Rheinfranken, Tochter von Graf Udo von der Wetterau

    Brandenburg Erich: Tafel 3 Seite 6, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 21. GERBERGE
    * ..., + ...

    Gemahl:
    ca 980
    Dietrich, Herr von Querfurt
    Anmerkungen: Seite 126
    VIII. 21. Gerberge

    E. G. Wolters in Stader Arch. N. F. 1,2.
    Daß Gerberge in zweiter Ehe mit dem Grafen Bruno von Braunschweig vermählt gewesen sei, ist eine Vermutung, die in den Quellen keine Begründung findet und völlig abzulehnen ist. [VIII 24]

    Thiele Andreas: Tafel 216, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    GERTRUD
    + um 1000
    oo N.N. (= eventuell Dietrich von Querfurt)

    Hucke Richard: "Die Grafen von Stade"

    Als älteste Tochter aus der Ehe Heinrichs des Kahlen mit Judith nennt das Dyptichon eine Gerburg. Ihr Sohn war Bischof Dietrich von Münster (1011-1022) den Thietmar den "Sohn seiner Mutterschwester" nennt. Thiedrichs Vater wird nicht genannt. Es ist möglich, dass Thiedrich von väterlicher Seite her im Westfälischen begütert gewesen ist und dass die Kämpfe des Bischofs von Münster mit Graf Hermann und dessen Sohn Heinrich, von denen uns Thietmar erzählt, Familien- und Erbangelegenheiten.
    Die Hypothesen Holsteins, der Gerberga mit Dietrich von Querfurt verheiraten möchte und Uslar-Gleichen, der Brun von Braunschweig zu ihrem Gemahl erklärt, haben einer Nachprüfung nicht standgehalten. Gerburgs Gemahl kann nicht mehr ermittelt werden.

    oo Brun Graf von Arneburg - 27.11.978

    Kinder:
    - Dietrich Bischof von Münster (1011-23.1.1022) - 23.1.1022

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 3 Seite 6,126 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 356 - Hucke, Richard: Die Grafen von Stade 990-1144, Stade 1956 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 406,466 Tafel 216


  18. 248.  von Stade, Hathui Graphische Anzeige der Nachkommen (193.Judith11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 958.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: ab 973, Heeslingen [27404],Rotenburg (Wümme),Niedersachsen,Deutschland; Äbtissin zu Heeslingen

    Notizen:

    Hathui von Stade
    Äbtissin zu Heeslingen ab 973
    958-
    2. Tochter des Grafen Heinrich I. der Kahle von Stade aus dem Hause der UDONEN aus seiner 1. Ehe mit der Judith von Rheinfranken, Tochter von Graf Udo von der Wetterau

    Brandenburg Erich: Tafel 3 Seite 6, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 22. HEDWIG, Äbtissin zu Heeslingen 973
    * 961, + ...
    Anmerkungen: Seite 126
    VIII. 22. Hedwig
    Äbtissin des Klosters Heeslingen 973, Thietmar 2, 42 [VIII 25]

    Thiele Andreas: Tafel 216, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    HADWIG
    * um 958, + (?)
    Sie wird 973 erwähnt anläßlich der Erhebung zur Äbtissin zu Heeslingen durch ihren Patenonkel Kaiser OTTO DEN GROSSEN gegen erzbischöflichen Willen.

    Hucke, Richard: "Die Grafen von Stade 990-1144"

    Die zweite Tochter Heinrichs des Kahlen, Hathui, ein Patenkind OTTOS DES GROSSEN, wurde 973 auf Betreiben ihres Vaters, den der Kaiser unterstützte, zur Äbtissin des Klosters Heeslingen gewählt. Der Widerstand des Erzbischofs Adaldag von Bremen gegen diese Wahl entsprang im wesentlichen politischen Motiven, und die Jugend der Hathui, wird nur ein Vorwand gewesen sein. Der Zorn des Kirchenfürsten wuchs noch, als der Kaiser schon fünf Tage nach der Einführung der Hathui starb und die junge Äbtissin, der die Vogtwahl jetzt zustand, vermutlich ihren Vater, Heinrich den Kahlen, zum Vogt erwählt haben wird. - Das Todesdatum der Äbtissin ist unbekannt. Hathui errichtete in Heeslingen eine Kirche aus Findlingen, in der ihre Mutter Judith später beigesetzt wurde. Thietmar erwähnt den Mangel an (geeigenten) Bausteinen. Da der junge Geistliche 994 in Harsefeld war und auch einmal auf seiner eigenen Besitzung in Heeslingen weilte, wird er den Bau selbst gesehen haben. Die Frage, ob die heute in Heeslingen stehende eindrucksvolle Feldsteinkirche der gleiche Bau ist, welcher von den Stader Grafen am Ende des 10. Jahrhunderts begonnen wurde, ist endgültig nur durch eine genauere baugeschichtliche Untersuchung zu klären. Das Kloster wurde 1141 nach Zeven verlegt.

    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 3 Seite 6,126 - Hucke, Richard: Die Grafen von Stade 990-1144, Stade 1956 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 216 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 80 -


  19. 249.  von Stade, Cunigunde Graphische Anzeige der Nachkommen (193.Judith11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 958; gestorben am 13 Jul 997 in Bebertal [39343],Börde,Sachsen-Anhalt,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Walbeck [39356],Börde,Sachsen-Anhalt,Deutschland; Gräfin von Walbeck

    Notizen:

    Cunigunde von Stade
    Gräfin von Walbeck
    um 958-13.7.997 Burg Germersleben
    Tochter des Grafen Heinrich I. der Kahle von Stade aus dem Hause der UDONEN aus seiner 1. Ehe mit der Judith von Rheinfranken, Tochter von Graf Udo von der Wetterau

    Brandenburg Erich: Tafel 3 Seite 6, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 20. KUNIGUNDE
    * ca. 950, + 997 13. VII.
    Gemahl:
    ca 970
    SIEGFRIED, Graf von Walbeck + 990 15. III.

    Anmerkungen: Seite 126
    VIII. 20. Kunigunde

    Thietmar 4, 11 Todeszeit 4, 26 [VIII 23]

    Thiele Andreas: Tafel 216, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    KUNIGUNDE + 997
    oo SIEGFRIED I. Graf von Walbeck + 991

    Werner Karl Ferdinand: Seite 477, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    21-26
    Zu den Angehörigen des Hauses der "Grafen von Stade" ist zunächst auf ein Mißverständnis von Brandenburg aufmerksam zu machen (Hinweis meines Assistenten, Herrn Atsma): Brandenburg hat Thietmar IV, 25 so aufgefaßt, als sei die dort genannte Adela/Ethela Gattin Heinrichs II. von Stade. Diese Tochter des Grafen Gero war aber Gattin des Grafen Siegfried von Stade. Damit nicht genug, bringt Brandenburg die gleiche Adela, mit demselben Terminus ante der Eheschließung "vor 994" zu Siegfried noch einmal! Im übrigen habe ich die Daten im Anschluß an das Buch von Richard G. Hucke, Die Grafen von Stade 944-1144, Stade 1956, in folgenden Punkten berichtigt:
    Durch das berichtigte Todesdatum von Heinrichs II. Vater Heinrich (siehe oben Anmerkung VII, 14) ergibt sich c 975/76 als Zeitpunkt des Regierungsantritts Heinrichs II. Seine bei Brandenburg nicht erwähnte Frau hieß Mechthild, stammte aus Schwaben und starb an einem X 19 (Hucke 16).
    Das Ehedatum seiner Schwester Kunigund ist gegenüber "c 970" bei Brandenburg zu präzisieren auf 972 Ende (Hucke 24, der als Geburtsjahr dieser Mutter Thietmars von Merseburg c 959/60 annimmt, während Brandenburg an c 950 gedacht hatte). Kunigunds Gemahl, Graf Siegfried von Walbeck, starb 991 III 15, nicht 990 III 15, wie Brandenburg angibt (Hucke 25). -
    Siegfried folgte seinem 1016 verstorbenen Bruder, Heinrich II., durch die 1017 erfolgte kaiserliche Verleihung (Hucke 16) in der Grafschaft zwischen Niederelbe und Niederweser, die, wie wir schon oben Anmerkung VII, 14 erwähnten, nach dem späteren dauernden Sitz der Grafen "Grafschaft Stade" genannt wird.
    Nicht in dieser Grafschaft war, im Gegensatz zur Angabe Brandenburgs VIII, 19, Udo, der zweitälteste der Brüder, Graf. Von ihm stammen die späteren Grafen von Catlenburg ab (Hucke 16-20).
    Siegfried, den Brandenburg unnötig "Siegfried II." nennt, starb 1037, aber nicht am 1. Mai, wie Brandenburg angibt, sondern am 6. Januar (Hucke 21, Anmerkung 119, wo Lappenbergs Angabe MG SS 16, 379 berichtigt wird, der Brandenburg offenbar gefolgt war). Für seine Gattin Adela gibt Hucke 21, Anmerkung 120 den bei Brandenburg fehlenden Todestag V 1.
    Zu streichen ist endlich die von Brandenburg VIII, 24, wenn auch mit Fragezeichen, aufgeführte Hildegard, Gattin Herzog Bernhards von Sachsen. Sie ist die Tochter ihrer gleichnamigen Mutter, der zweiten Gemahlin Heinrichs I. "von Stade" (Hucke 15,26), hat also mit der karolingischen Abkunft, die dem Grafenhause ja durch Heinrichs erste Gattin Judith zugeführt wurde, nichts zu tun.

    Hucke, Richard: "Die Grafen von Stade 990-1144"

    Der berühmteste Sohn aus Cunigundes Ehe mit dem Grafen Siegfried von Walbeck, der Geschichtsschreiber Thietmar, wurde als ihr dritte Sohn am 25. Juli 975 geboren. Cunigunde heiratete erst Ende des Jahres 972. Da sie nach dem sonst zuverlässigen Dyptichon als jüngere Schwester der Äbtissin Hathui erscheint, ist es ausgeschlossen, dass Thietmars Angabe über das Alter der Äbtissin, die nach ihm im Jahre 973 kaum 12 Jahre alt gewesen sein soll, stimmt. Wäre Hathui wirklich so jung gewesen, hätte ihre noch jüngere Schwester Cunigunde bereits im Alter von 11 Jahren ihren ersten Sohn geboren. Es ist daher anzunehmen, dass sowohl Cunigunde, als auch Hathui im Jahre 973 etwa 14-15 Jahre alt waren.
    Thietmars Mutter starb am 13. Juli 997. Der Großvater Siegfrieds, Luder, fiel zusammen mit seinem Stader Namensvetter 929 bei Lenzen. Luders Sohn Lothar beteiligte sich 941/42 am Aufstand gegen OTTO DES GROSSEN, erlangte aber wieder die Gunst des Kaisers. Er ist der Gründer des Stiftes Walbeck.
    Aus Cunigundes Ehe mit Siegfried gingen fünf Söhne hervor:
    Heinrich folgte seinem Vater in der Grafschaft, Friedrich wird vom sächsischen Annalisten als Burggraf von Magdeburg bezeichnet, obwohl Thietmar selbst seinen Bruder niemals als solchen erwähnt. Aber vielleicht hat Friedrich das Amt erst nach dem Tode des Bischofs erhalten. In diesem Zusammenhang sei eine wenig beachtete Sache vermerkt, die das Verhältnis der WALBECKER zum Magdeburger Kloster Berge erläutert. Auf Betreiben Siegfrieds, der dort von 1009-1022 Abt war, stifteten Thietmar, Heinrich und Friedrich drei Hufen und wurden in die Brüderschaft des Klosters aufgenommen. Als dritter Sohn Cunigundes folgt Thietmar, der 1009 von König HEINRICH II. zum Bischof des wiedererrichteten Bistums Merseburg ernannt wurde. Er starb 1018. Sein jüngerer Bruder Siegfried, Abt im Kloster Berge, wurde 1022 Nachfolger seines Vetters auf dem Bischofsstuhl von Münster (+ 1032). Der fünfte Sohn endlich, Bruno, war von 1034-21. August 1049 Bischof von Verden. Bruno bekämpfte mit seinem Onkel, Graf Siegfried von Stade, und dessen Sohn Luder-Udo, den Bremer Erzbischof Bezelin Aldebrand, einen der schärfsten Gegner des STADER Grafenhauses.
    Als sechtes Kind aus der Ehe Cunigundes mit Siegfried von Walbeck nennt der Sächsische Annalist einmal eine Oda. An einer anderen Stelle zählt er wie die Magdeburger Annalen, nur die fünf Söhne auf. Aus weiteren Erwägungen geht hervor, dass diese Oda und ihr Vater Siegfried wesentlich später gelebt haben müssen. Siegfried starb 991, demnach könnte Oda noch 992 geboren sein. Aber andererseits soll sie die Mutter Gebhards von Heinsberg sein, der frühestens 1108 [Albert 1144 p 326 gibt zwar an, dass Irmgard erst nach dem Tode ihres Sohnes Heinrich von Stade, das heißt nach 1128, wieder heiratet. Dagegen wendete Bollnow p 20 mit Recht ein, dass Irmgard, wenn wir Heinrichs Geburt 1102 ansetzen, bei der Geburt ihrer Tochter Ude/Oda, die dann erst um 1130 geboren wurde, bereits 45-50 Jahre alt gewesen sei. Gänzlich unmöglich wäre dann auch, dass Irmgards Sohn aus ihrer 2. Ehe (mit Gerhard) bereits als 7/8-jähriger 1137 auf LOTHARS Italienzug in Bari fiel. Wir setzen deshalb Irmgards zweite Ehe um 1108 an.] die Witwe des 1106 verstorbenen Markgrafen Luder-Udo III. von Stade, Irmgard heiratet, während ein anderer Sohn Odas, namens Goswin von Heinsberg, als Vater des berühmten Philipp von Heinsberg Erzbischof von Köln (1167-1191) bekannt ist [Oda wird als Großmutter des Kölners genannt in den Regesten der Erzbischöfe von Köln, 952 zu 1170 ed. Kipping; vgl. Lacomblet I 436]. Oda kann deshalb erst um 1100 gelebt haben und ihr Vater muß ein jüngerer Siegfried von Walbeck sein [Wie erwähnt, spricht der A S zu 1032 und 1049 von einer Judith als Frau Siegfrieds I. Vielleicht heißt die Frau des jüngeren Siegfried so.].
    Wahrscheinlich ist es der in einer Urkunde von 1087 auftretenden Graf Siegfried. Wie dieser verwandtschaftlich mit seinem Namensvetter zusammenhängt, konnte noch nicht sicher geklärt werden. Vermutlich war er ein Enkel des älteren Siegfried, das heißt, ein Sohn Heinrichs. Starke stellt einen großem Teil des Walbecker Eigengutes bei ihm fest.

    Nach dem Tode ihrer Schwiegermutter Mathilde setzte die Erbauseinandersetzung ein, da Lothar und Siegfrieds Söhne zu gleichen Teilen erbten. Lothar versuchte, Kunigunde um das Erbe zu bringen. Es bedurfte des kaiserlichen Eingreifens, um sie wieder in ihren rechtmäßigen Besitz zu setzen.

    Thietmar von Merseburg: Seite 132,140,154, "Chronik"

    Außer seiner Gattin Kunigunde [von Stade, Thietmars Mutter. Vgl. Stammtafel] beweinte ihn seine in vorbildlicher Rechtschaffenheit ehrwürdige Mutter Mathilde, die ihm bald nachfolgen sollte. Ja, sie erwartete nun, all ihres Trostes beraubt, in tiefer Trauer ihren letzten Tag und ging am 3. Dezember des gleichen Jahres gläubig ein zu Christus, im Jahre 996 der Fleischwerdung des Herrn. Mein Oheim Liuthar [später Markgraf der sächsischen Nordmark, Bruder Siegfrieds von Walbeck, vgk. III, 9.] aber, unser Miterbe zu gleichen teilen, erneuerte meiner Mutter den alten Schmerz und fügte ihr viel Leid zu; obwohl sie von ihrer Mutter seiner starken Hut anvertraut war, suchte er sie doch aller Besitzungen Siegfrieds zu berauben. Aber wozu sich dabei aufhalten? Des Kaisers Hilfe gab ihr alles zurück.
    Meine Mutter gab, schmerzlichst erschüttert, für die Befreiung ihrer Brüder alles, was sie besaß oder irgendwie aufbringen konnte. Da Siegfried keinen Sohn hatte, bat mer meine Mutter, ihm mit einem ihrer Söhne zu helfen. In der Absicht, diese dringende Bitte zu erfüllen, schickte sie sogleich einen Boten zu Abt Rikdag, um mit dessen Erlaubnis meinen Bruder Siegfried zu holen.
    Neun Tage nach diesem blutigen Überfall starb meine Mutter Kunigunde am 13. Juli in der Burg Germersleben [11 Zage später! - bei Markt-Alvensleben].

    972 oo Siegfried Graf von Walbeck - 15.3.991
    Kinder:
    - Heinrich Graf von Walbeck 973-25.11.
    - Friedrich Burgraf von Magdeburg 974- nach 1012
    - Thietmar Bischof von Merseburg (1009-1018) 25.7.975-1.12.1018
    - Siegfried Bischof von Münster (1022-1032) - 27.11.1032
    - Brun II. Bischof von Verden (1034-1049) - 20.8.1049

    Literatur:
    Annalen von Magdeburg ad a. 968 - Annalista Saxo: Reichschronik Seite 38 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 3 Seite 6 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996 Seite 440 - Hucke, Richard: Die Grafen von Stade 990-1144, Stade 1956 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 216 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 108,132,140,154,216,292,390,448 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 477 -

    Gestorben:
    Burg Germersleben

    Cunigunde heiratete von Walbeck, Siegfried in 972. Siegfried (Sohn von von Walbeck, Lothar II. und von Arneburg, Mathilde) wurde geboren in 945/950; gestorben am 15 Mrz 991 in Walbeck [39356],Börde,Sachsen-Anhalt,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 315. von Walbeck, Heinrich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 973; gestorben in 1002.
    2. 316. von Walbeck, Friedrich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 974; gestorben nach 1012.
    3. 317. von Merseburg, Thietmar  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 25 Jul 975 in Walbeck [39356],Börde,Sachsen-Anhalt,Deutschland; gestorben am 1 Dez 1018 in Merseburg [06217],Saalekreis,Sachsen-Anhalt,Deutschland; wurde beigesetzt in Merseburg [06217],Saalekreis,Sachsen-Anhalt,Deutschland.
    4. 318. von Walbeck, Siegfried  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 27 Nov 1032.
    5. 319. von Verden, Brun II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 980; gestorben am 20 Aug 1049.

  20. 250.  von der Wetterau, Irmintrud Graphische Anzeige der Nachkommen (194.Heribert11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Luxemburg; Gräfin von Luxemburg

    Notizen:

    Irmintrud von der Wetterau
    Gräfin von Luxemburg
    Tochter des Grafen Heribert von der Wetterau aus dem Hause der KONRADINER und der Irmintrud, Tochter von Graf Megingoz

    Brandenburg Erich: Tafel 3 Seite 6, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 16. N. (Tochter)
    Gemahl:
    vor 995
    Friedrich, Graf von Luxemburg (siehe VIII 45) + 1019
    Anmerkungen: Seite 125
    VIII. 16. Tochter.
    Vermählung zu erschließen aus dem Alter der Tochter (siehe IX 22). [VIII 20]

    Werner Karl Ferdinand: Seite 476, Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)

    VIII. Generation 18-20

    Zu den Söhnen Heriberts vgl. auch Renn 114f., u. ö.
    Zu Gebhard kann dem Todesjahr 1016 (Druckfehler "1916" auf der Tafel Brandenburg VIII, 14, in der Neuauflage 1964 berichtigt) der Todestag XI 8 aus dem Merseburger Nekrolog hinzugefügt werden, vgl. W. Trillmich in seiner Ausgabe der Chronik Thietmars, 1957, 407, Anmerkung 174 ("Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte").
    Zu Otto "von Hammerstein", berühmt durch den Streit um seine Ehe mit der ihm naheverwandten Ermengard/Irmgard (die bei Brandenburg IX, 87 zu Unrecht unter den wahrscheinlichen Nachkommen steht), ist gegenüber Brandenburg nachzutragen, daß Otto 1035 als Graf in der Wetterau nachweisbar ist, vgl. Gensicke, Landesgeschichte des Westerwaldes 1958, 49 (Hinweis meines Assistenten Hartmut Atsma)
    Zur Ehe einer Tochter Heriberts mit Friedrich von Lützelburg siehe Renn 44ff.
    Mit Fragezeichen bringt Brandenburg VIII, 17 eine Tochter Gerberga, deren Nachkommen aus der Ehe mit Heinrich, Markgraf von Schweinfurt, bei Brandenburg unter den wahrscheinlichen Nachkommen Karls des Großen erscheinen (Brandenburg IX, 74-76; X, 91-106, Seite 65, vgl. ferner Seite 72 bis 77). Zu dieser Nachkommenschaft Heinrichs von Schweinfurt, des Gegners Kaiser HEINRICHS II., und seiner namentlich beglaubigten Gattin Gerberga (Thietmar V, 34) gehören unter anderem die Herzöge von Sachsen, die Herzöge von Böhmen und Mähren, die Herzöge und Könige von Polen. Die Hypothese, der Brandenburg sich, wenn auch mit dem erwähnten Vorbehalt, angeschlossen hat, beruht auf der Identifizierung eines bei Thietmar V, 35 genannten Bruders der Gerberga, Gattin Heinrichs von Schweinfurt, mit Namen Otto, mit Otto "von Hammerstein". Das Namensgut der Nachkommenschaft, von Brandenburg zur Klärung der Frage nicht herangezogen, ist außerordentlich aufschlußreich. Auf der einen Seite scheint es die Hypothese zu bestätigen, auf der anderen Seite führt es zu anderen Annahmen. Neben eindeutig konradinischen Namen (Hermann, Ida, Otto und Konrad) und KAROLINGER-Frauennamen (Judith, Gisela), vor allem aber dem HERIBERTINER-Frauennamen Beatrix, Namengut also, das sämtlich genau der von Brandenburg vermuteten Abkunft entspräche - begegnet der eindeutig bestimmbare Name Alberada, der auf eine andere Verbindung der Namengruppe Otto-Gerberga mit HERIBERTINERN hinweist! Denn Gerberga, die Schwester OTTOS DES GROSSEN, heiratete in erster Ehe Giselbert von Lothringen, dessen Mutter Alberada hieß. Eine von Gerbergas Töchtern hieß wiederum Alberada, eine andere Gerberga, und diese letztere heiratete den HERIBERTINER Albert von Vermandois. Aus einer Verbindung dieses Hauses mit KONRADINERN müßte das Geschwisterpaar Otto-Gerberga, Schwager und Gattin also Heinrichs von Schweinfurt, hervorgegangen sein. An der Abkunft aus dem Kreise der fränkischen Hochadelsfamilien, die zur karolingischen Deszendenz in weiblicher (und im Falle des Hauses der HERIBERTINER in männlicher) Linie gehören, kann kein Zweifel bestehen. Da uns die Aszendenz von Otto und Gerberga im einzelnen unbekannt ist, führe ich sie am Ende der 8. Generation auf.
    Irmintrud war die Erbin von Gleiberg.

    Trillmich Werner: "Kaiser Konrad II. und seine Zeit"

    Friedrichs Gemahlin erbte von ihrer Mutter aus dem Hause BRABANT die Vogtei von St. Truiden. Ihr Sohn Friedrich errichtete zwischen Eupen und Lüttich 1064 die Burg Limburg.

    Renn, Heinz: Seite 106,114, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    Den Namen von Friedrichs Gemahlin kennen wir nicht. Depoin glaubt sie Gisela nennen zu dürfen. Doch das Vorkommen einer Gräfin Geila im Nekrolog von Echternach allein rechtfertigt diese Annahme nicht. Wichtiger als den Namen zu kennen, ist zu wissen, aus welchem Geschlecht die Ahnfrau der späteren Grafen von Luxemburg stammt. Ihre Vorfahren mütterlicherseits teilt uns die Klosterschwester Berta, die Schwester des Abtes Wolfhelm von Brauweiler, mit, in der von ihr um 1057 verfaßten Lebensbeschreibung der Äbtissin Adelheid von Vilich (das gegenüber von Bonn am rechten Rheinufer liegt). Die Schreiberin fußt auf Mitteilungen der Engilrada, Adelheids Kammerfrau, und auf den Nachrichten von Klosterschwestern, welche Adelheid, die ungefähr 40 Jahre vor der Abfassung der Vita aus dem Leben geschieden ist, wohl noch gekannt haben.
    Der Vater Ottos von Hammerstein, der Graf Heribert von der Wetterau, stammt nämlich aus rheinfränkischem Geschlecht und hat zahlreiche Besitzungen an der Lahn. Den Gleiberg konnte also seine Tochter, die Gemahlin des LUXEMBURGERS, als väterlichen Erbbesitz mitbringen. Wir haben sogar einen urkundlichen Beleg dafür, daß Friedrichs Gemahlin aus dem salischen Geschlecht herstammt; ihre Tochter Imiza wird ausdrücklich bezeichnet als "de gente Salica". Auch die Namen Imiza, Hermann und Gisela, die wir jetzt in der luxemburgischen Familie vorfinden, weisen auf das konradinische Geschlecht hin. Heribert stammt mütterlicherseits in direkter Linie von KARL DEM GROSSEN ab. So sind die Nachkommen Friedrichs vom Moselgau nicht nur väterlicherseits, sondern auch durch ihre Mutter aus Gleiberg Nachkommen des großen KAROLINGERS.
    Wir sehen also, daß die Gräfin von Luxemburg durch ihre Mutter Irmintrud und durch ihren Vater Heribert im dritten bzw. zweiten und dritten Grade mit Kaiser KONRAD und seiner Gemahlin Gisela blutsverwandt ist.
    Graf Friedrich muß seine Gattin bereits um 985-990 heimgeführt haben; denn ihre Tochter Otgiva hat einen Sohn, der bereits 1028 in Paris die Hochzeit feiert mit Adelheid, der Tochter Roberts II. von Frankreich und seiner dritten Gemahlin Konstanze.



    985/90 oo Friedrich Graf von Luxemburg 965 - 1019

    Kinder:

    - Heinrich II. Graf von Luxemburg ca 1005-14.10.1047
    - Friedrich II. Herzog von Nieder-Lothringen ca 1005-18.5.1065
    - Adalbero III. Bischof von Metz (1047-1072) ca 1010-13.11.1072
    - Giselbert Graf von Luxemburg ca 1005-14.8.1056/59
    - Otgiva ca. 995-21.2.1030
    ca 1015 oo Balduin IV. Graf von Flandern 980-30.5.1035
    - Dietrich Graf von Luxemburg 1036 und 1045 erwähnt, ca 1015-
    - Hermann I. Graf von Gleiberg ca 1015- nach 1075
    - Irmtrud (Imiza) ca 990-2.3. nach 1055
    1005 oo Welf II. Graf von Altdorf 960/70-10.3.1030
    - Oda Äbtissin von Luneville
    - Gisela - 21.5. nach 1058
    oo Rudolf von Gent Herr zu Alost - vor 1056


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 3, Seite 6,125 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus Seite 106,114 - Trillmich Werner: Kaiser Konrad II. und seine Zeit. Europa Union Verlag Bonn 1991 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 476 -

    Irmintrud heiratete von Luxemburg, Friedrich I. in 985/990. Friedrich (Sohn von von Luxemburg, Siegfried I. und Hadwig) wurde geboren in 965; gestorben in 1019. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 320. von Luxemburg, Oda  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 321. von Luxemburg, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 322. von Luxemburg, Otgiva  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 995; gestorben am 21 Feb 1030.
    4. 323. von Luxemburg, Giselbert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 997; gestorben in 1056/1059.
    5. 324. von Gleiberg, Hermann I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 997; gestorben um 1062.
    6. 325. von Luxemburg, Heinrich II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 1005; gestorben am 14 Okt 1047; wurde beigesetzt in Trier [54290],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland.
    7. 326. von Lothringen, Friedrich II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 1005; gestorben in 1065; wurde beigesetzt in Stablo [4970],Wallonien,Belgien.
    8. 327. von Luxemburg, Adalbero III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 1010; gestorben am 13 Nov 1072.
    9. 328. von Luxemburg, Dietrich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 1015; gestorben nach 1045.

  21. 251.  Gebhard Graphische Anzeige der Nachkommen (194.Heribert11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 965/970; gestorben am 8 Nov 1016.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Kinziggau,Hessen,Deutschland; Graf im Kinziggau

    Notizen:

    Gebhard Graf im Kinziggau
    ca 965/70-8.11.1016

    Ältester Sohn des Grafen Heribert im Kinziggau und der Irmentrud, Tochter von Graf Megingoz; Bruder des Grafen Otto von Hammerstein

    Brandenburg Erich: Tafel 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. Generation 14.
    Gebhard, Graf 997 + 1016
    Anmerkungen: Seite 125
    VIII. 14. Gebhard
    Abkunft und Todesjahr Thietmar 7, 34. [VIII 18]
    Ergänzung (Wolf): Gebhard, + 1016 XI. 8.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 476, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. Generation 18-20

    Zu den Söhnen Heriberts vgl. auch Renn 114f., u. ö.
    Zu Gebhard kann dem Todesjahr 1016 (Druckfehler "1916" auf der Tafel Brandenburg VIII, 14, in der Neuauflage 1964 berichtigt) der Todestag XI 8 aus dem Merseburger Nekrolog hinzugefügt werden, vgl. W. Trillmich in seiner Ausgabe der Chronik Thietmars, 1957, 407, Anmerkung 174 ("Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte").
    Zu Otto "von Hammerstein", berühmt durch den Streit um seine Ehe mit der ihm naheverwandten Ermengard/Irmgard (die bei Brandenburg IX, 87 zu Unrecht unter den wahrscheinlichen Nachkommen steht), ist gegenüber Brandenburg nachzutragen, daß Otto 1035 als Graf in der Wetterau nachweisbar ist, vgl. Gensicke, Landesgeschichte des Westerwaldes 1958, 49 (Hinweis meines Assistenten Hartmut Atsma)
    Zur Ehe einer Tochter Heriberts mit Friedrich von Lützelburg siehe Renn 44ff.
    Mit Fragezeichen bringt Brandenburg VIII, 17 eine Tochter Gerberga, deren Nachkommen aus der Ehe mit Heinrich, Markgraf von Schweinfurt, bei Brandenburg unter den wahrscheinlichen Nachkommen Karls des Großen erscheinen (Brandenburg IX, 74-76; X, 91-106, Seite 65, vgl. ferner Seite 72 bis 77). Zu dieser Nachkommenschaft Heinrichs von Schweinfurt, des Gegners Kaiser HEINRICHS II., und seiner namentlich beglaubigten Gattin Gerberga (Thietmar V, 34) gehören unter anderem die Herzöge von Sachsen, die Herzöge von Böhmen und Mähren, die Herzöge und Könige von Polen. Die Hypothese, der Brandenburg sich, wenn auch mit dem erwähnten Vorbehalt, angeschlossen hat, beruht auf der Identifizierung eines bei Thietmar V, 35 genannten Bruders der Gerberga, Gattin Heinrichs von Schweinfurt, mit Namen Otto, mit Otto "von Hammerstein".
    Das Namensgut der Nachkommenschaft, von Brandenburg zur Klärung der Frage nicht herangezogen, ist außerordentlich aufschlußreich. Auf der einen Seite scheint es die Hypothese zu bestätigen, auf der anderen Seite führt es zu anderen Annahmen. Neben eindeutig konradinischen Namen (Hermann, Ida, Otto und Konrad) und KAROLINGER-Frauennamen (Judith, Gisela), vor allem aber dem HERIBERTINER-Frauennamen Beatrix, Namengut also, das sämtlich genau der von Brandenburg vermuteten Abkunft entspräche - begegnet der eindeutig bestimmbare Name Alberada, der auf eine andere Verbindung der Namengruppe Otto-Gerberga mit HERIBERTINERN hinweist! Denn Gerberga, die Schwester OTTOS DES GROSSEN, heiratete in erster Ehe Giselbert von Lothringen, dessen Mutter Alberada hieß. Eine von Gerbergas Töchtern hieß wiederum Alberada, eine andere Gerberga, und diese letztere heiratete den HERIBERTINER Albert von Vermandois. Aus einer Verbindung dieses Hauses mit KONRADINERN müßte das Geschwisterpaar Otto-Gerberga, Schwager und Gattin also Heinrichs von Schweinfurt, hervorgegangen sein. An der Abkunft aus dem Kreise der fränkischen Hochadelsfamilien, die zur karolingischen Deszendenz in weiblicher (und im Falle des Hauses der HERIBERTINER in männlicher) Linie gehören, kann kein Zweifel bestehen. Da uns die Aszendenz von Otto und Gerberga im einzelnen unbekannt ist, führe ich sie am Ende der 8. Generation auf.

    Althoff Gerd: Seite 422, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 156 Me: 8.11. Geueherdus com + 1016 KONRADINER

    (Es.) Thietmar von Merseburg VII, 49 berichtet vom Tod des Grafen im Gefolge HEINRICHS II. und von seinem persönlichen Vertrauensverhältnis zum Kaiser. Gebhard stammt aus der konradinischen Familie und war der Bruder Ottos von Hammerstein; vgl. BG Nr. 1895a.

    Glocker Winfrid: Seite 333, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VII. Generation 101
    Gebhard, Graf
    * 970, + 1016 XI 8

    Vgl. Werner VIII, 18 und Hlawitschka, Anfänge Seite 46 Anmerkung 4.
    Bischof Thietmar von Merseburg berichtet vom Tod des Grafen im Gefolge HEINRICHS II. und von seinem persönlichen Vertrauensverhältnis zum Kaiser.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 46 Anm. 4,48,49, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert."

    Zum 1016 verstorbenen Gevehardus, Heriberti comitis filius, nepos meus vgl. lib. VII c. 49 (Seite 458); zu Conradus Suevorum ductor egreius ac eiusdem frater Heribertus comes lib. IV c. 60 (Seite 200), zu Heribert comitis folio Ottone vgl. lib. V c. 24 (Seite 249); in lib. V c. 35 (Seite 260) wird Gerberga als Schwester Ottos von Hammerstein und im Kapitel vorher (Seite 258) als Gemahlin des Markgrafen Heinrich von Schweinfurt genannt (R. Holtzmann hält indes in einer Fußnote seiner Edition die Identifizierung des hier genannten Otto mit Otto von Hammerstein für fraglich); zu Udo II. als matris meae avunculus vgl. lib. III c. 20 (Seite 124) und zu Herzog Hermann II. von Schwaben, den matris meae avunculis filius, lib. V c. 22 (Seite 247); Herzog Hermann II. war nach den Einsiedler Annalen (MG SS III Seite 144) ein Sohn seines Amtsvorgängers Konrad von Schwaben, der oben schon einmal als Bruder Heribertsangeführt worden ist.
    Das Filiationsverhältnis Gebhards zu Udo I. ist bezeugt von Widukind von Corvey, Sachsengeschichte lib. II c. 11, ed. Lohmann-Hirsch, MG SS rer. Germ. (1935) Seite 75: Interfectus est atem (938) ibi Gevehardus Udonis filius, fratris Herimanni ducis; indessen ist die Filiation von Udo I. zu Konrad, Udo II., Heribert und Judith nicht ausdrücklich überliefert. Bekannt ist immerhin, daß Udo I. - wie der Contin. Reginonis ad 949, ed. F. Kurze, MG SS rer. Germ. Seite 164 bezeugt - bei seinem Tode permissu regis, quicquid beneficii aut prefecturarum habuit, quasi heredidatem inter filios divisit, daß er also mehrere Söhne hatte. Wenn nun Konrad und Heribert in Udos I. rheinfränkischem Bereich nachfolgen, sieht, so darf man sie doch wohl als jene filii Udos ansprechen. Außerdem dürfte die Ausbreitung des Namens Udo bei den Grafen von Stade nach der Ehe Heinrichs I. von Stade und Judiths für Judiths Herleitung von Udo I. von der Wetterau und dem Rheingau sprechen. Eine letzte Sicherung erhält die Voranstellung Udos I. letztlich noch durch die erst auf den nächsten Seiten zu besprechende genealogische Notiz aus dem Zusammenhang des Hammersteinischen Eheprozesses.
    Gegen dieses System hat jüngst K. Schmid, Probleme um den "Grafen Kuno von Öhningen", in Dorf und Stift Öhningen, hg. von H. Berner (1966) Seite 87f., gewisse Bedenken angemeldet. Er weist darauf hin, daß Udos I. bezeugter Sohn Gebhard bereits 938 im Kampfe fiel, er also schon kurz vor 920 geboren sein dürfte, während Konrad, der als sein Bruder anzusetzen ist, doch erst 982 Herzog von Schwaben geworden ist und 997 starb. Nach den gleichen Beobachtungen hatte schon E. Kimpen, Zur Königsgenealogie der Karolinger- bis zur Stauferzeit, in: ZGO NF 64 (1955) Seite 65, vorgeschlagen, Udo II. als den Vater Heriberts und Herzog Konrads von Schwaben anzusehen. Eine solche Erwägung scheitert aber an Thietmars oben zitierten Angabe über Udo II. als matris meae avunculus - er müßte matris meae avus genannt worden sein, wenn man nicht auch Judith mit Udo II. eine Generation über Konrad und Heribert stellen will - bzw., wenn man Judith als Schwester Udos II. auffaßt, daran, daß Herzog Hermann II. von Schwaben bei Thietmar als matris meae avunculi filius - nicht nepos! - erscheint.
    Die angeführten chronologischen Erwägungen machen indessen die obige Zusammenfügung der Einzelteile nicht unmöglich; und deshalb haben sich jüngst sowohl K. F. Werner, Die Nachkommen Karls des Großen, in: Karl der Große IV (1967) Seite 463, als auch H. Jakobs, Der Adel in der Klosterreform von St. Blasien (1968) Seite 176ff., weiter zur herkömmlichen Anordnung bekannt. Man hat für die im Stemma genannten Personen etwa folgende Lebensdaten anzunehmen, wobei ich mich an die von K. F. Werner aus den weiteren Zusammenhängen gewonnenen Daten anlehne:
    Udo I. * ca. 895/900 (beim Tode des Vaters 910 nach Contin. Regin. ad 910 noch puer), + 949
    Gebhard * ca. 918/20, + 938
    Konrad von Schwaben * ca. 920/25, + 997
    Udo II. * ca. 925/30, + 982
    Heribert * ca. 930, + 992
    Judith * 925, + wohl vor 973
    Heinrich I. von Stade * 925/30, + wohl 975/76
    Hermann II.von Schwaben * 945/50, + 1003
    Gerberga * 970
    Heinrich von Schweinfurt * ca. 970, + 1017
    Gebhard * ca. 970, + 1016
    Otto von Hammerstein * ca. 975, + ca. 1036
    Siegfried von Walbeck * ca. 950/55, oo 972/73, + 991
    Kunigunde + 955, + 997
    Thietmar von Merseburg + 975, +1018
    Die Frage, ob Hermann II. von Schwaben ein Sohn Herzog Konrads von Schwaben (Beleg siehe oben) oder Udos II. war - dieses meint der erst in der Mitte des 12. Jahrhunderts tätige Annalista Saxo ad 1002 (MG SS VI Seite 650): Erat hic Herimannus filius Udonis ducis, qui aput Calabriam cum multis occubuit -, darf wohl im Sinne der zeitgenössischen und ortsnäheren Ann. Einsidlenses ad 997 beantwortet werden. Gestützt wird die Aussage der Einsiedler Annalen indessen noch durch einen Reichenauer Gedenkeintrag; zu diesem und seiner Interpretation vgl. H. Schwarmaier, Reichenauer Gedenkeinträge aus der Zeit König Konrads II., in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 22 (1963) Seite 18ff.
    Nachdem der Wetteraugraf und Bruder Ottos von Hammerstein, Gebhard, Anfang 1016 verstorben war, trat Otto von Hammerstein am 18. Mai 1016 bei einer Schenkung HEINRICHS II. als Graf der Wetterau auf. Am 8. Mai 1017 sehen wir aber Bruning in der gleichen Gegend als Graf.

    Thietmar von Merseburg: Seite 406, "Chronik"

    Währenddessen verließ der Kaiser Burgund; sobald er vom Verlauf der ganzen Angelegenheit erfuhr, trat er schleunigst zu Schiff die Reise dorthin an. Auf dieser Fahrt verstarb mein Vetter Gebhard, Graf Heriberts Sohn [Vgl. IV, 60, Bruder Ottos von Hammerstein - Necr. Mers.: 8. November], der bei des Königs Majestät damals viel galt und sich durch große Rechtschaffenheit auszeichnete; er ließ den Kaiser und alle seine Landsleute in großer Trauer zurück.

    Weinfurter, Stefan: Seite 199, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten."

    Ähnliches gilt für die mächtige rhein- und mainfränkische Adelsfamilie der KONRADINER. In weiblicher Linie gehörte ihr Erzbischof Heribert von Köln an, der große Gegner HEINRICHS II., mit dem er sich erst zu Ende seines Lebens 1021 aussöhnte. Eine Kernzone konradinischer Interessen bildete das Herzogtum von Schwaben: Auch über den Tod des jungen Herzogs Hermann III. (1012), des letzten männlichen Vertreters der schwäbischen Linie, hinaus blieb dort die Gegnerschaft zu HEINRICH II. bestehen. Die Führung im KONRADINER-Clan aber hatte, bis zu seinem Tod 992, vor allem bei Heribert gelegen, dem Grafen im hessischen Kinziggau, im Engersgau und in der Wetterau. Von seinen Söhnen starb der eine Gebhard, 1016. Über ihn berichtet Thietmar, er habe bei der "Majestät des Königs" großes Ansehen genossen. Der andere war Otto, der nach dem Tod seines Bruders alle Besitzungen und Grafschaften dieser Linie in seiner Hand vereinigte.



    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Wilhelm Fink Verlag München 1984 Seite 422 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Seite 7,125 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 VII,101Seite 333 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 46,48 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 406 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 199 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf


  22. 252.  von Hammerstein, Otto Graphische Anzeige der Nachkommen (194.Heribert11, 144.Kunigunde10, 109.Heribert9, 69.Pippin8, 50.Bernhard7, 29.Pippin6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 975; gestorben am 5 Jun 1036.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Lahngau,Deutschland; Graf im Nieder-Lahngau
    • Titel/Amt/Status: Krofdorf-Gleiberg [35435],Gießen,Hessen,Deutschland; Graf von Gleiberg
    • Titel/Amt/Status: Hammerstein [56598],Neuwied,Rheinland-Pfalz,Deutschland; Graf von Hammerstein

    Notizen:

    Otto von Hammerstein
    Graf im Nieder-Lahngau
    Graf von Gleiberg
    Graf von Hammerstein
    975-5.6.1036

    Sohn des Grafen Heribert von der Wetterau aus dem Hause der KONRADINER und der Irmintrud, Tochter von Megingoz; Vetter des Herzogs Hermann II. von Schwaben

    Brandenburg Erich: Tafel 3, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. Generation 15.
    Otto, genannt von Hammerstein, Graf
    * ca. 975, + wohl 1036 5. VI.
    Gemahlin: Irmgard, Tochter des Grafen Gottfried von Verdun (siehe IX 85), geschieden 1018
    + 1042

    Anmerkungen: Seite 125 VIII. 15. Otto von Hammerstein
    siehe Schenk zu Schweinsberg, Genealogische Studien zur Reichsgeschichte 1 f. + wohl 1036 5. VI. Breßlau, Konrad II. 2, 225. Keßler, Eheprozeß 5f.
    Irmgard, + Ende 1042,
    Breßlau 2, 226 und Forschungen zur Deutschen Geschichte 11, 401, geschieden 1018, siehe Hirsch, Heinrich II. 3, 73, aber trotz der kirchlichen Verbote nicht getrennt. [VIII 19]

    Berichtigung (Rösch): Irmgard von Verdun, siehe IX 87.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 476, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. Generation 18-20

    Zu den Söhnen Heriberts vgl. auch Renn 114f., u. ö.
    Zu Gebhard kann dem Todesjahr 1016 (Druckfehler "1916" auf der Tafel Brandenburg VIII, 14, in der Neuauflage 1964 berichtigt) der Todestag XI 8 aus dem Merseburger Nekrolog hinzugefügt werden, vgl. W. Trillmich in seiner Ausgabe der Chronik Thietmars, 1957, 407, Anmerkung 174 ("Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte").
    Zu Otto "von Hammerstein", berühmt durch den Streit um seine Ehe mit der ihm naheverwandten Ermengard/Irmgard (die bei Brandenburg IX, 87 zu Unrecht unter den wahrscheinlichen Nachkommen steht), ist gegenüber Brandenburg nachzutragen, daß Otto 1035 als Graf in der Wetterau nachweisbar ist, vgl. Gensicke, Landesgeschichte des Westerwaldes 1958, 49 (Hinweis meines Assistenten Hartmut Atsma)
    Zur Ehe einer Tochter Heriberts mit Friedrich von Lützelburg siehe Renn 44ff.
    Mit Fragezeichen bringt Brandenburg VIII, 17 eine Tochter Gerberga, deren Nachkommen aus der Ehe mit Heinrich, Markgraf von Schweinfurt, bei Brandenburg unter den wahrscheinlichen Nachkommen Karls des Großen erscheinen (Brandenburg IX, 74-76; X, 91-106, Seite 65, vgl. ferner Seite 72 bis 77). Zu dieser Nachkommenschaft Heinrichs von Schweinfurt, des Gegners Kaiser HEINRICHS II., und seiner namentlich beglaubigten Gattin Gerberga (Thietmar V, 34) gehören unter anderem die Herzöge von Sachsen, die Herzöge von Böhmen und Mähren, die Herzöge und Könige von Polen. Die Hypothese, der Brandenburg sich, wenn auch mit dem erwähnten Vorbehalt, angeschlossen hat, beruht auf der Identifizierung eines bei Thietmar V, 35 genannten Bruders der Gerberga, Gattin Heinrichs von Schweinfurt, mit Namen Otto, mit Otto "von Hammerstein". Das Namensgut der Nachkommenschaft, von Brandenburg zur Klärung der Frage nicht herangezogen, ist außerordentlich aufschlußreich. Auf der einen Seite scheint es die Hypothese zu bestätigen, auf der anderen Seite führt es zu anderen Annahmen. Neben eindeutig konradinischen Namen (Hermann, Ida, Otto und Konrad) und KAROLINGER-Frauennamen (Judith, Gisela), vor allem aber dem HERIBERTINER-Frauennamen Beatrix, Namengut also, das sämtlich genau der von Brandenburg vermuteten Abkunft entspräche - begegnet der eindeutig bestimmbare Name Alberada, der auf eine andere Verbindung der Namengruppe Otto-Gerberga mit HERIBERTINERN hinweist! Denn Gerberga, die Schwester OTTOS DES GROSSEN, heiratete in 1. Ehe Giselbert von Lothringen, dessen Mutter Alberada hieß. Eine von Gerbergas Töchtern hieß wiederum Alberada, eine andere Gerberga, und diese letztere heiratete den HERIBERTINER Albert voon Vermandois. Aus einer Verbindung dieses Hauses mit KONRADINERN müßte das Geschwisterpaar Otto-Gerberga, Schwager und Gattin also Heinrichs von Schweinfurt, hervorgegangen sein. An der Abkunft aus dem Kreise der fränkischen Hochadelsfamilien, die zur karolingischen Deszendenz in weiblicher (und im Falle des Hauses der HERIBERTINER in männlicher) Linie gehören, kann kein Zweifel bestehen. Da uns die Aszendenz von Otto und Gerberga im einzelnen unbekannt ist, führe ich sie am Ende der 8. Generation auf.

    Glocker Winfrid: Seite 333, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VII. 102 Otto ("von Hammerstein") 1035 Graf in der Wetterau
    * c 975, + wahrscheinlich 1036 VI 5
    oo Irmgard, Tochter Gottfrieds von Verdun
    + 1042
    Ehe 1018 wegen zu naher Verwandtschaft geschieden.
    Vgl. Werner VIII, 19 und Hlawitschka, Anfänge Seite 46 Anmerkung 4

    Verwandtschaft Irmingards - Otto

    Otto war zuerst treue Stütze der OTTONEN und zog 1002 mit dem Herzog Otto von Kärnten nach Italien. Er wurde nach der auf dem rechten Rheinufer unterhalb von Neuwied gelegenen Burg Hammerstein benannt. Er und seine Gemahlin sahen sich wiederholten Versuchen der Geistlichkeit und HEINRICHS II. ausgesetzt, ihre Ehe wegen zu naher Verwandtschaft zu trennen. Am 26.12.1020 wurde die Burg Hammerstein nach dreimonatiger Belagerung gegen freien Abzug der Besatzung übergeben und zerstört. Die Feindschaft HEINRICHS II. dürfte auch in der Thronkandidatur Hermanns II. von Schwaben (Ottos Cousin) und der Feindschaft zu Heinrich von Schweinfurt (Ottos Schwager) begründet liegen. Ihr Verwandter KONRAD II. beschützte später das Paar.

    Hermann Klaus-Jürgen: Seite 75-78 "Das Tuskulanerpapsttum"
    Ausgelöst wurde diese Machtprobe zwischen dem trotzigen Erzbischof Aribo von Mainz und dem nicht minder unbeugsamen Papst durch den Hammersteiner Eheskandal, der allerdings schon Jahre anlag, ohne zu einem befriedigenden Ende geführt worden zu sein, Graf Otto von Hammerstein und seine Frau Irmingard waren nahe verwandt, weshalb die Ehe nach kanonischem Recht ungültig war. Otto hatte sich dennoch in all den Jahren der Zuneigung König HEINRICHS erfreuen können, obwohl die negative Einstellung des Herrschers zur Verwandtenehe sittsam bekannt war. Allerdings scheint der Mainzer Metropolit Erkembald beim König darauf gedrängt zu haben, die Ehe ausfzulösen. "Continue vocaciones" an den Grafen und seine Frau zum Erscheinen vor dem eerzbischöflichen Gericht fruchteten nichts, da beide Ehegatten "coeco furibundus amore" es vorzogen, die Einladungen zu ignorieren. Daraufhin fand Erzbischof Erkembald von Mainz im Laufe des Jahres 1017/18 beim Kaiser Gehör, denn dieser entschied die leidige Angelegenheit auf einer 1018 in Nymwegen tagenden Synode zuungunsten der Hammersteiner "ob inobedienciam" wurden Otto und Irmingard wegen ungebührlichen blutschänderischen Zusammenlebens von der Synode exkommuniziert und ihre Helfer zur Rechenschaft vor ihren Erzbischof zitiert. Otto sah sich nun von königlicher wie von kirchlicher Seite gedrängt, entweder auf sein geliebtes Eheweib zu verzichten oder entsprechende Strafmaßnahmen hinzunehmen. Auf dem nach Pfingsten 1018 in Bürgel bei Offenbach am Main abgehaltenen Fürstentag erschien der comes bußfertig und verzichtet im Beisein des Kaisers und des Erzbischofs Erkembald auf seine Frau. Sei es, dass die treuliebende Ehefrau ihrem Mann bei seiner Rückkehr wegen solch schnöden Verhaltens Vorhaltungen machte, sei es, dass der Graf in seiner Liebe zu Irmingard von selbst seinen Entschluß bereute, Otto sah jedenfalls in einer gewaltsamen Beseitigung des ihn in seinem Eheglück störenden Erzbischofs eine reelle Chance, auch sein Eheproblem elegant zu lösen. Doch die Häscher des Rheingrafen verfehlten bei einem Überfall die Person des Erzbischofs um wenige Minuten; nur das Gefolge geriet in die Hände Ottos und wurde auf seiner Burg eingekerkert, wohl in der Absicht, mit einem Tauschhandel eine schweigende Duldung der Ehe zu erreichen. Durch den Deutschlandbesuch Benedikts VIII. im Jahre 1020 mit anderen Aufgaben beschäftigt, versuchte HEINRICH, den Ehestreit trotz des Gewaltaktes des Hammersteiners auf gütlichem Weg beizulegen. Als aber weder Freunde des Ehepaares noch ein persönlicher Vermittlungsversuch des Kaisers die Hammersteiner zum Nachgeben zwingen konnten, beschloß eine Reichsversammlung, das renitente Paar mit dem Anathem zu belegen. - Otto zog sich daraufhin auf seine Burg Hammerstein am Rhein zurück und zeigte an, dass er für seine Liebe gewillt war, Rebell gegen Kaiser und Kirche zu werden. HEINRICH, der solch trotziges Verharren nicht ungeahndet lassen konnte, beantwortete diese Tat des Hammersteiners mit Einschließung der Burg. Weihnachten 1020 sah Otto sich wegen Aushungerung zur Kapitulation gezwungen und erhielt vom Kaiser freien Abzug.
    Es scheint, als ob dem Kaiser wie dem Erzbischof die Einziehung des hammersteinischen Vermögens als ausreichende Strafe genügte, denn keine Quelle berichtet von einer neuerlichen Verdammung oder Trennung der beiden Eheleute, die in den nächsten Jahren wegen ihrer Liebe ein unstetes Wanderleben auf sich nehmen mußten. Mitte des Jahres 1023 aber war der Widerstand Ottos gebrochen. Auf einer von Erzbischof Aribo, dem Nachfolger Erkembalds, nach Mainz einberufenen Provinzialsynode willigte der Graf in die Auflösung seiner Ehe ein und erhielt dafür die eingezogenen Güter zurück. Seine Frau Irmingard hingegen nahm die Unterwerfung nicht an; sie beschloß, nach Rom zu gehen und dort die Entscheidung des Papstes anzurufen.
    Der Ehestreit mit dem Hammersteiner drohte nun zu einer Prestigefrage für Aribo zu werden, denn wenn Benedikt VIII. für die Rechtmäßigkeit der Ehe votierte, war der Erzbischof bloßgestellt, und die Entscheidungen der voraufgegangenen Synoden waren mit einem Schlag nichtig. So beschloß der Metropolit, der drohenden päpstlichen Entscheidung zuvorzukommen, indem er seinen Beschluß von einer Synode bekräftigen ließ, um so eine mögliche Intervention Benedikts VIII. im vorhinein zu vereiteln. Doch schien dies das unklügste zu sein, was der Erzbischof unternehmen konnte. Aus seiner persönlichen Bekanntschaft mit dem Papst mußte er wissen, dass der Tuskulaner nicht vergebens einen jahrelangen Kampf in S-Italien für die Belange der römischen Kirche geführt hatte, um sich jetzt von einem Metropoliten und seiner Provinzialsynode Entscheidungen diktieren zu lassen. Falls Benedikt zunächst noch unschlüssig gewesen sein sollte, welche Wahl zu treffen sei, so zwangen ihn die Seligenstädter Synodialbeschlüsse vom 12. August 1023 geradezu auf die Seite Irmingards, denn hier bestritt man dem Papsttum expressis verbis das Recht, Streitfälle in letzter Instanz entscheiden zu können.
    Der Papst reagierte auf diese Entschlüsse prompt und hart. Wohl auch vom Kölner Erzbischof Pilgrim, der zu dieser Zeit in Rom weilte, über die Pläne Aribos in einem für den Mainzer nicht günstigen Licht informiert, sandte Benedikt eine Legation nach Deutschland, die Näheres in Erfahrung bringen sollte. Das Ergebnis dieser Untersuchung scheint zuungunsten des Mainzers ausgefallen zu sein, denn eine weitere Delegation überbrachte dem Metropoliten das Urteil des Papstes, der dem Erzbischof das Pallium entzog. Diese Entscheidung traf schwer. Aribo selbst schrieb an die Kaiserin Kunigunde - mit ihrer Intervention bei HEINRICH suchte er sich wohl Rückendeckung zu verschaffen - die Legaten hätten ihn mit "Ängstlichkeit" erfüllt, sein Gewissen aber sei ruhig. Dennoch bemühte sich der aufgescheuchte Erzbischof eiligst, die Entscheidung des Papstes rückgängig zu machen. Auf einer im Frühjahr 1024 in Höchst tagenden Synode suchte er seine Suffraganbischöfe auf eine geschlossene Linie gegen das päpstliche Urteil einzuschwören, was ihm auch gelang, weil unter den Anwesenden viele waren, die ihre Weihe dem Metropoliten verdankten. Der Antwortbrief, den die Synode wohl im Sinne Aribos formulierte, erreichte Benedikt VIII. allerdings nicht mehr, da dieser bereits im April 1024 verstorben war. Möglicherweise erstrebte man eine Revision des Urteils durch seinen Nachfolger Johannes XIX. Das Antwortschreiben ist auch deshalb interessant, weil es aufzeigt, welche Folgen der Entzug des Palliums mit sich brachte.
    Johannes XIX. hat diesen Brief nie beantwortet, wie er auch, vorsichtiger als sein Amtsvorgänger, sich hütete, dort offen Stellung zu beziehen, wo Reichsinteressen im Spiel waren. Doch keine Entscheidung ist auch eine Entscheidung! Während der gganzen Amtszeit hat der Papst kein Privileg für Aribo ausgestellt. Dieser Balanceakt in der Schwebe veranlaßte den palliumslosen Metropoliten wohl auch dazu, auf der Frankfurter Nationalsynode des Jahres 1027 die Hammersteinische Eheaffäre erneut vorzubringen. Als KONRAD II. das Verfahren kurzerhand niederschlug , war Aribos "harter und stolzer Sinn" gebrochen. Um die Opposition in den eigenen Reihen zu brechen, mußte Aribo sich 1031 zu einem spektakulären Schritt, zum Bußgang nach Rom, aufraffen. Wenn die Verhandlungen um Rückgabe des Palliums mit Johannes XIX. positiv verlaufen sein sollten - was wenig wahrscheinlich ist - nützten sie Aribo nicht mehr, da er auf der Rückreise von Rom in Como vom Tod überrascht wurde.

    Hlawitschka Eduard: Seite 45, "Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen" 1969

    Bezeichnet werden Otto und Irmingard nach der am rechten Rheinufer, unterhalb von Neuwied gelegenen Burg Hammerstein, die dem Grafen Otto zusammen mit einer Grafschaft in der Wetterau von seinem Vater überkommen war. Was ihm all sein Ungemach, die Verdammung auf verschiedenen Synoden, den kirchlichen Bannspruch und die Belagerung, ja sogar die Zerstörung seiner Burg Hammerstein einbrachte, die er nach dreimonatiger Belagerung zu Jahresende 1020 gegen die Gewährung freien Abzuges aufgeben mußte, war seine Ehe mit der Gräfin Irmingard, einer entfernten Blutsverwandten, und die Weigerung der beiden Gatten, diese Ehe aufzulösen. Thietmar von Merseburg schreibt in seinem Chronicon, dass am 16. März 1018 eine große Synode in Nijmwegen stattfand.
    Es zeigt sich aber auch, dass Otto von Hammerstein der mächtigen Familie der sogenannten KONRADINER angehörte, denen HEINRICH II. seit der gegen ihn gerichteten Thronkandidatur Herzog Hermanns II. von Schwaben im Jahre 1002 mit höchstem Mißtraueen gegenüberstand. Und HEINRICHS hartnäckige Haltung gegenüber dem Hammersteiner Ehepaar dürfte wohl letzten Endes auf jener nur mit Mühe überwundenen Gegnerschaft , die nach dem frühen Tode Kaiser OTTOS III. aufgebrochen war, beruhen. Ans offene Tageslicht kamen diese Spannungen freilich erst 1016/17 .

    Trillmich Werner: Seite 140, "Kaiser Konrad II. und seine Zeit"

    Nach der Befriedung Lothringens untersuchte eine vom Kaiser geleitete Synode zu Nymwegen die Ehe des konradinischen Wetteraugrafen Otto von Hammerstein , der über Ländereien am Mittelrhein, in Hessen und Mainfranken verfügte. Vermählt war er mit Irmingard, einer Schwester Herzog Gottfrieds. Ihre Verbindung bestand zwar seit Jahren unangefochten, galt aber strengen Kanonisten wegen allzu enger Verwandtschaft als fragwürdig. HEINRICH II. ließ die seinen Gegnern nahestehenden Eheleute exkommunizieren, weil sie mehrfach gerichtliche Vorladungen mißachtet hatten. Der Episkopat erhielt Weisung, alle ihre Freunde und Vasallen zur Verantwortung zu ziehen, die diese Entscheidung mißachten sollten. Daraufhin erkannte der Graf im Juni auf einem Fürstentag zu Bürgel bei Offenbach am Main die Nichtigkeit seiner Ehe an, doch nahm das gemaßregelte Paar sein gemeinsames Leben bald wieder auf, ohne dass der Kaiser dagegen einschritt. Wenige Monate nach Ostern 1020 versuchte Otto von Hammerstein, Erkanbald von Mainz in seiner Gewalt zu bringen, doch der Erzbischof entkam. Da es dem Kaiser nicht gelang, durch Verhandlungen einen Ausgleich herbeizuführen, ließ er Otto, der auf die Hilfe des Kölner Erzbischofs vertraute, erneut bannen und nahm während des Herbstes persönlich an der Belagerung von Hammerstein teil. Nach drei Monaten ergaben sich die Gräflichen am 26.12.1020 gegen das Zugeständnis freien Abzugs. Die Burg wurde zerstört, Otto und Irmgard des Landes verwiesen. Ein großer Teil ihrer fränkischen Besitzungen scheint an das Bistum Bamberg gefallen zu sein. Nach Erkanbalds Tode nahm der neue Erzbischof Aribo (1021-1031) den Eheprozeß des Paares wieder auf, so dass Otto 1023 auf einer Provinzialsynode zu Mainz gegen Rückgabe konfiszierter Ländereien in die Scheidung einwilligte. Um jede Anfechtung dieses Ergebnisses unmöglich zu machen, bestimmte am 12.8.1023 eine weitere Synode zu Seligenstadt, Berufungen an die Instanz des Papstes seien erst nach erfolgter Buße und nur mit Einwilligung des Erzbischofs zulässig. Irmgard aber reiste trotzdem nach Rom. Dort erreichte sie, dass Benedikt VIII. ihren Fall durch eine Legation untersuchen ließ und Aribo wegen anmaßender Beeinträchtigung päpstlicher Rechte das Pallium entzog. Natürlich verlangte der empörte Erzbischof die sofortige Zurücknahme der kurialen Maßregelung und ein Strafverfahren gegen Irmingard wegen rechtswidrigen Verhaltens, doch des Papstes und bald darauf des Kaisers Tod machten weitere Verhandlungen unmöglich.

    Weinfurter, Stefan: Seite 102,118,190,199,202-204,"Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten"

    Aribo kämpfte damals mit allen Mitteln gegen die Ehe des Grafen Otto von Hammerstein, die seiner Meinung nach eine unzulässige Nahehe war. Irmingard, die Gemahlin Ottos, hatte sich ihrerseits nach Rom an Papst Benedikt VIII. gewandt und um eine Entscheidung zu ihren Gunsten angesucht, was Aribo wiederum als Verletzung seiner Amtskompetenz ansah.
    Aribos unerbittliches Vorgehen gegen die angebliche Nahehe des Grafen Otto von Hammerstein, auch dies in völligem Einvernehmen mit HEINRICH II., wird uns noch beschäftigen.
    Aber den beteiligten Fürsten war nicht wohl bei diesen Ereignissen. Sie versuchten, die Schäden in Grenzen zu halten und immer wieder zwischen den Parteien zu vermitteln. Unter ihnen befand sich der mächtige KONRADINER Otto von Hammerstein, Bruder Gerbergas, der Gemahlin Heinrichs von Schweinfurt. Auf seinen Rat hin übergab Bukko, der Bruder des Schweinfurters, dem König die Burg Creußen und erlangte dafür den freien Abzug Gerbergas, ihrer Kinder undd er ganzen Burgbesatzung. Das wird man als großen Erfolg der fürstlichen Vermittlung werten dürfen.
    Ähnliches gilt für die mächtige rhein- und mainfränkische Adelsfamilie der KONRADINER. In weiblicher Linie gehörte ihr Erzbischof Heribert von Köln an, der große Gegner HEINRICHS II. Eine Kernzone konradinischer Interessen bildete das Herzogtuum Schwaben. Auch über den Tod des jungen Herzogs Hermann III. (1012), des letzten männlichen Vertreters der schwäbischen Linie, hinaus blieb dort die Gegnerschaft zu HEINRICH II. bestehen. Die Führung im KONRADINER-Clan aber hatte, bis zu seinem Tod 992, vor allem bei Heribert gelegen, dem Grafen im hessischen Kinziggau, im Engersgau und in der Wetterau. Von seinen Söhnen starb der eine, Gebhard, 1016. Der andere war Otto, der nach dem Tod seines Bruders alle Besitzungen und Grafschaften dieser Linie in seiner Hand vereinte. Dazu kam noch die Ausstattung seiner Gemahlin in der Gegend von Herzogenaurach, Langenzenn und Fürth im östlichen Franken. Damit stieg Otto zu einem der mächtigsten Adelsherrn dieser zeit auf. Sein Hauptsitz befand sich auf der Burg Hammerstein, etwas südlich von Andernach am rechten Rheinufer gelegen. Sie war eine der gewaltigen neuen Höhenburgen, die sich der Adel damals zu errichten begann, ganz entsprechend den Burgen Heinrichs von Schweinfurt.
    Otto von Hammerstein, seit 1016 der letzte erwachsene KONRADINER in männlicher Linie, war verheiratet mit Irmingard. Sie war eine Tochter des Grafen Gottfried von Verdun und Schwester Herzog Gottfrieds von Nieder-Lothringen und verwandt mit der Kaiserin Kunigunde [Der Vater der Kaiserin Kunigunde, Siegfried von Luxemburg und Gozlin, der Großvater Irmingards, waren Brüder.]. Diese Ehe des Hammersteiners nun wurde über ein Jahrzehnt lang Gegenstand eines erbittert ausgetragenen Konflikts. 1016/17 begann HEINRICH II., die Rechtmäßigkeit der Ehe zwischen Otto und Irmingard anfechten zu lassen. Der Vorwurf lautete: verbotene Verwandtenehe. Nachdem das Paar mehrere Vorladungen auf Synoden ausgeschlagen hatte, führte die Synode in Nimwegen am 16. März 1018 in Anwesenheit HEINRICHS II. eine Entscheidung herbei: Otto und Irmingard, die schon lange in unrechtmäßiger Verbindung gelebt hatten, wurden wegen Nichtachtung wiederholter Ladungen exkommuniziert.
    Man darf diese sogenannte Hammersteiner Fehde nicht isolieren, auch wenn der weitere Verlauf dieses Konflikts sich sehr ungewöhnlich entwickelte. Die Verurteilung durch die Synode von Nimwegen am 16. März 1018 führte zunächst dazu, daß Otto im Mai 1018 auf einem Hoftag in Bürgel am Main nördlich von Offenbach vor HEINRICH II. und Erzbischof Erkanbald von Mainz erschien, um Dispens und Gande zu erbitten. Aber durch drei Eideszeugen wurde die Nahehe bestätigt und ihre Unrechtmäßigkeit bekräftigt. Otto unterwarf sich dem Urteil und stellte die Trennung in Aussicht. In Wirklichkeit kümmerte sich das Paar nicht darum und lebte weiter zusammen. Es kam zu erneuten Mahnungen und Drohungen durch den Mainzer Erzbischof. Da begann sich Otto von Hammerstein gegen den ständigen Störenfried zu wehren, fiel in Mainzer Gebiet ein und versuchte, den Erzbischof selbst auf einer Rheinfahrt zu überfallen und gefangenzunehmen. Damit freilich hatte er sich des offenen Friedensbruchs schuldig gemacht und das Eingreifen des Kaisers provoziert. Im September 1020 rückte diese mit seinem Heer an die Burg Hammerstein, in der sich Otto und Irmingard verschanzt hatten. Nach drei Monaten waren die beiden mit ihren Leuten ausgehungert. Am Weihnachtstag 1020 mußten sie die Burg öffnen. Diese wurde daraufhin geschleift und als Reichsgut eingezogen. Wohin sich das Ehepaar begab, wissen wir nicht.
    1023 nahm Aribo von Mainz das Verfahren gegen Otto und Irmingard wieder auf und zitierte sie nach Mainz auf eine Provinzialsynode. Beide erschienen dort, und Otto unterwarf sich erneut dem Spruch der Synode. Öffentlich entsagte er seiner Gattin.
    Der neue König jedoch, der SALIER KONRAD II. sah überhaupt keine Veranlassung gegen Nahehen vorzugehen. Damit hätte er seine eigenen Ehe mit Gisela gefährdet. Außerdem stand Otto von Hammerstein im Lager seiner Anhänger. Als Aribo 1027 auf einem Hoftag in Frankfurt das Verfahren noch einmal aufnehmen wollte, wurde er daher von KONRAD II. scharf und für immer zurückgewiesen. Irmingard und Otto konnten ihre Ehe endlich ungestört weiterführen.


    oo Ermengard (Irmingard) von Verdun, Tochter des Grafen Gottfried, um 975- 1042

    Kinder:

    - Udo - 1034

    Nach Jackman/Fried

    - Mathilde
    oo Liudolf


    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 224 - Boshof Egon: Die Salier und das Reich, Verlag W. Kohlhammer Suttgart 1987 Seite 38 - Bresslau Harry: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Konrad II., Verlag von Duncker & Humblot Berlin Band II Seite 225,226 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 98,239 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 28,50,62 - Fried, Johannes: Prolepsis oder Tod? Methodische und andere Bemerkungen zur Konradiner-Genealogie im 10. und frühen 11. Jahrhundert - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 VII,102 Seite 311,313,333 - Hirsch, Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II., Verlag von Duncker & Humblot Berlin 1864 Band III Seite 73 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 15,45-51,53,58,62-64,69,70,73,119,125,127,138,146,179 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 381,446-449 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.): Otto III.- Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 92,365,374,381 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 96-98,100,104 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 177 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 102,118,165,190,199,202-204 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 218,446,460 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 476 -

    Allgemeine Deutsche Biographie: Otto (Graf im Engersgau)

    Hammerstein: Otto Graf v. H., war der Sohn des Grafen Heribert von der Wetterau († um 997) und gehörte dem konradinischen Hause an; Brüder seines Vaters waren der Herzog Konrad von Alemannien und der 982 in der Schlacht gegen die Saracenen gefallene Udo. Der junge Otto begegnet uns zuerst im J. 1002, wo er von Heinrich II. unter dem Herzog von Kärnthen gegen Arduin nach Italien gesandt wurde, ein Zug, der Anfangs 1003 mit der Niederlage in der Ebene von Fabrica endete. Später vermählte er sich mit der Irmgard, der Tochter eines Fürsten Gottfried (vielleicht aus dem Hause der Ardennergrafen); es ist nicht unmöglich, daß er erst durch diese Ehe in den Besitz der Burg Hammerstein (gegenüber Andernach am rechten Rheinufer), nach der er genannt wird, gelangt ist. Irmgard war mütterlicherseits und zwar noch innerhalb der verbotenen Grade seine Verwandte; es ist bekannt, wie sehr Kaiser Heinrich II. dergleichen kirchlich unzulässige Verbindungen mißbilligte; H. verlor dadurch seine Gunst. Nachdem wiederholte Ladungen vor das geistliche oder kaiserliche Gericht unbeachtet geblieben waren, wurde auf dem Nymweger Tage von 1018 die Excommunication über das Paar ausgesprochen. In Folge dessen stellte sich noch in demselben Jahr, als Heinrich nach Pfingsten zu Bürgel bei Offenbach Hof hielt, H. daselbst und unterwarf sich dem Kaiser; in Gegenwart des Erzbischofs Erkanbald von Mainz und auf den Eid von drei Zeugen wurde die Ehe für nichtig erklärt. Indessen die Liebe Otto’s zu seiner Gemahlin war mächtiger als seine Scheu vor des Kaisers Ungnade und der Kirche Zorn; ungeachtet seiner Unterwerfung zu Bürgel vereinigte er sich bald wieder mit Irmgard. Erzbischof Erkanbald konnte diesen hartnäckigen Ungehorsam nicht ungestraft lassen; von neuem richtete er Ermahnungen und Drohungen an H., erzielte aber damit nur die Wirkung, daß der Graf von glühendem Haß gegen den Priester erfüllt wurde, der seinem Glück in den Weg trat. Er befehdete den Erzbischof und verwüstete das mainzische Gebiet: dann unternahm er sogar einen Handstreich gegen die Person des Erzbischof, dem er auf einer Rheinfahrt auflauerte. Das Fahrzeug, das Erkanbald trug, entkam zwar, aber seine Begleiter, die auf anderen Nachen folgten, geriethen in Gefangenschaft und wurden auf Burg H. schmählich mißhandelt. Der Kaiser durfte diesen schnöden Friedensbruch natürlich nicht ruhig ertragen. Auf den Rath der Großen forderte er H. durch Boten, durch seine Freunde, durch ein Schreiben zur Unterwerfung auf; als H. hartnäckig blieb, verfiel er wiederum in Kirchenbann und Reichsacht. Im September 1020 zog Heinrich selbst mit Heeresmacht gegen seine Burg. Drei Monate hielt sich die uneinnehmbare Veste; erst als die Lebensmittel zu Ende gingen, übergab H. am 26. December die Burg; ihm selbst und seiner Gemahlin scheint freier Abzug gestattet worden zu sein; aber Kirchenbann und Reichsacht wurden nicht gelöst; unstät und flüchtig schweifte das Paar umher. Indessen auch so konnte ihre Verbindung nicht geduldet werden; auf einem Concil zu Mainz (Juni 1028) vor Aribo, Erkanbald’s Nachfolger, wurden sie abermals zur Verantwortung gezogen. Wie einst zu Bürgel, so beugte sich auch diesmal [490] H. dem Zorn des Kaisers und den Ermahnungen der Bischöfe; er entsagte von Neuem seiner Gattin. Irmgard aber blieb trotzigeren Sinnes; sie pilgerte nach Rom, um bei dem Papst Berufung gegen das Urtheil der Mainzer Synode einzulegen: daß sie bei Benedict VIII. günstige Aufnahme fand, war die Veranlassung eines schweren Conflictes zwischen dem Papst und dem Erzbischof von Mainz. Günstiger gestaltete sich das Geschick des Paares erst unter Konrad II., der ja selbst mit seiner Ehe den Satzungen der Kirche trotzte. Vielleicht auf Grund einer päpstlichen Dispensation lebten sie unangefochten mit einander; den einzigen Versuch, den Aribo auf dem Frankfurter Concil von 1027 machte, das Verfahren gegen sie zu erneuern, verhinderte der Kaiser. H. begegnet mehrfach in der Umgebung Konrads, von dem er ein Lehen aus Hersfelder Kirchengut empfing und als Gaugraf der Wetterau; Irmgard stand sogar, wie es scheint, in näheren Beziehungen zum Kaiser. H. starb wahrscheinlich 1036; sein, wie es scheint, einziger Sohn Udo war ihm schon 1034 im Tode vorangegangen. Irmgard muß ihn überlebt haben und wird erst kurz vor dem Januar 1043 gestorben sein.
    Hirsch, Jahrb. des d. Reichs unter Heinrich II., Bd. III, her. v. Breßlau; Breßlau, Jahrb. des d. Reichs unter Konrad II.

    Familie/Ehepartner: von Verdun, Irmgard. Irmgard (Tochter von von Verdun, Gottfried I. und Billung, Mathilde) wurde geboren um 975; gestorben in 1042. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 329. von Hammerstein, Udo  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 1034.

  23. 253.  von Luxemburg, Heinrich I. Graphische Anzeige der Nachkommen (197.Siegfried11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 960; gestorben am 27 Feb 1026; wurde beigesetzt in Osterhofen [94486],Deggendorf,Bayern,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 998-1026, Luxemburg; Graf von Luxemburg
    • Titel/Amt/Status: 1004-1009, 1017-1026, Bayern,Deutschland; Herzog von Bayern

    Notizen:

    Heinrich I.
    Graf von Luxemburg (998-1026)
    als H. V. Herzog von Bayern (1004-1009)(1017-1026)
    960 - 27.2.1026 Begraben: vermutlich Osterhofen/Nieder-Bayern
    (* vor 964 Hoensch)

    Ältester Sohn des Grafen Siegfried von Luxemburg und der Hadwig

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Seite 2064

    Heinrich V. von Luxemburg, Herzog von Bayern 1004-1009,1017-1026
    * um 960, + 27. Februar 1026 Begraben: vermutlich Osterhofen/Nieder-Bayern

    Der erstmals 993 als Graf im Ardennergau bezeugte Heinrich begleitete OTTO III. auf dem Italienzug von 1001/02.1004 übertrug ihm HEINRICH II. in einer symbolträchtigen Belehnungszeremonie das Herzogtum Bayern, das er nach der Erhebung zum König zunächst noch selber verwaltet hatte. Bei diesen Vorgängen wirkte das überkommene Wahlrecht des bayerischen Adels nach.1004/05 beteiligte sich Heinrich am Feldzug gegen Boleslaw I. Chrobry, erhob sich aber 1008 gegen HEINRICH II. und wurde 1009 abgesetzt. Nachdem der Kaiser das Herzogtum Bayern erneut selber verwaltet hatte, gab er es Heinrich, vermutlich im Rahmen der Aktivierung der Ostpolitik, 1017/18 wieder zurück. Heinrich wirkte an der Königserhebung KONRADS II. mit. - Die Einsetzung des ersten LUXEMBURGERS auf dem bayerischen Herzogsstuhl zeigt die enge Verbindung zwischen Herzogtum und Königtum bei gleichzeitiger Entfremdung von Stamm und Herzogsamt am Anfang des 11. Jh.

    Bosl’s Bayerische Biographie: Seite 322

    HEINRICH V. VON LUXEMBURG, bayer. Herzog
    * um 960, + 27.2.1026 Begraben: Osterhofen/Niederbayern
    Vater: Siegfried, Graf im Moselgau (um 915-998)
    Mutter Hadwig (+ 992)

    Der erste LÜTZELBURGER auf dem bayerischen Herzogsstuhl.
    993 als Graf im Ardennergau nachgewiesen.
    1001/02 Italienzug mit Kaiser OTTO III.
    1004 Belehnung mit dem Herzogtum Bayern durch seinen Schwager Kaiser HEINRICH II.
    1008 Entsetzung vom Herzogtum.
    1017 erneute Belehnung mit Bayern.
    1018 feierliche Einführung in Regensburg.
    Beteiligung an der Königswahl KONRADS II.

    Literatur:
    NDB 8; R. Holtzmann, Gesch. d. sächs. Kaiserzeit, 1955.

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 44 HEINRICH, Graf im Ardennergau 993, Herzog von Bayern 1004-1009 und 1017-1026
    * wohl ca. 955, + 1026 27.II.

    Anmerkungen: Seite 127
    VIII. 44. Heinrich

    Siehe Hirsch, Heinrich II. 1, 534. Er erscheint schon 964 als damals wohl einziger Sohn Siegfrieds und der Hedwig, offenbar als Kind, Beyer 1 n. 220. Graf im Ardennergau 993, Beyer 1 n. 268, und Vogt von St. Maximin 996, ib. n. 273, a.a.O. Übrige Daten siehe Hirsch, a.a.O. [VIII 68]

    Ergänzung (Werner):
    Siegfried, * 960/65, + (n. 985), vielleicht VIII 15; erwähnt 983-985. [VIII 69]

    Ergänzung (Wolf):
    Zwischen VIII 44 und 45 ist (nach Heinz Renn, Das erste luxemburgische Grafenhaus, Bon 1941, Mathilde Uhlirz, Die ersten Grafen von Luxemburg, in: Deutsches Archiv 12, 1956, 36-51, Werner Nr. VIII 69 und Michel Parisse, Genealogie de la Maison d'Ardenne, in: La maison d'Ardenne, Xe-XIe siecles, Luxembourg 1981, Nr. 21) ein weiterer Sohn Siegfried (* ca. 965) einzuschieben, 983 und 985 als Sohn des Grafen Siegfried (nach Werner * ca. 915/17) genannt. Bisher wurde angenommen, daß dieser Sohn Siegfried zu unbekanntem Zeitpunkt nach 985 noch vor seinem Vater (+ 998 28 X) starb. Nach Armin Wolf, Die Herkunft der Grafen von Northeim aus dem Haus Luxemburg, in: Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 69, 1997, 427-440, war das Vater-Sohn-Paar Siegfried (von Luxemburg) jedoch mit dem gleichnamigen und gleichzeitigen Vater-Sohn-Paar Siegfried (von Northeim) identisch. Der jüngere Siegfried (* ca. 965) starb demnach nicht vor seinem Vater, sondern besaß als Graf die curtis Northeim 1002 und starb 1004 15 VIII. Er wurde der Stammvater der im Mannesstamm 1101/44 ausgestorbenen Grafen von Northeim, die im Frauenstamm in den WELFEN und WETTINERN sowie den Grafen von Holland, Peilstein, Hallermund, Blankenburg, Regenstein, Grandpre, Vohburg, Cuyk-Arnsberg und Oldenburg fortlebten. Alle diese Familien wären also hier nachzutragen. Die Identität der beiden Vater-Sohn-Paare Siegfried von Luxemburg und von Northeim ergibt sich nach Wolf daraus, daß beide gleichzeitig lebten, beide auf der Seite OTTOS III. gegen Heinrich den Zänker und den westfränkischen König Lothar standen, niemals aber nebeneinander genannt werden. Für die Stammesgleichheit der LUXEMBURGER und NORTHEIMER spricht außer der Vererbung des Vornamen Siegfrieds vor allem, daß das von der Kaiserin Kunigunde, einer Tochter Siegfrieds I. von Luxemburg, gegründete Kloster Kaufungen und ein großer Teil von dessen erster Ausstattung nur 60 km von Northeim entfernt liegt und von Northeimer Gütern umgeben ist. Als Witwe zog sich die Kaiserin Kunigunde aus dem Hause LUXEMBURG nicht in die Nähe von Luxemburg zurück, sondern in das Kloster Kaufungen.

    Thiele Andreas: Tafel 66, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    HEINRICH I. (V.)
    + 1026

    Heinrich I. zog 982/83 mit nach Italien und machte die Schlacht bei Cotrone gegen die Araber mit. Er folgte 998 seinem Vater als Graf von Luxemburg, war zeitweise kaiserlicher Gesandter in Venedig, führte 1002 Kaiser OTTOS III. Leiche nach Deutschland zurück und wurde 1004 durch seinen Schwager HEINRICH II. Herzog von Bayern. Er rebellierte 1008-1012 mit, wurde als Herzog von Bayern abgesetzt und war kaiserlicher Feldherr gegen Polen und Böhmen. Er setzte die Fehden im luxemburgischen Raum fort und wurde im Dezember 1017 auf Fürsprache der Erzbischöfe Heribert von Köln und Poppo von Trier wieder mit Bayern belehnt. Er wurde in Bayern nie heimisch und stand dort gegen die luitpoldingische Sippe.

    Trillmich Werner: Seite 98, "Kaiser Konrad II. und seine Zeit"

    Kron- und Herzogsgut war in Bayern fast ununterscheidbar zusammengeflossen. Als sich jedoch HEINRICH II. dazu entschloß, die Führung des Stammes einem Stellvertreter zu übertragen, vergabte er, um dessen schnelle dynastische Verwurzelung im Lande zu verhindern, einen großen Teil seiner Besitzungen an die Reichskirche. Die Herzogswürde verwandelte er im Einvernehmen mit den Großen in ein vom Herrscher abhängiges Reichsamt. Unangetastet blieb aber das bedeutsame Adelsrecht, an dessen Besetzung mitzuwirken. Da des Königs lediger, erbenloser Schwager Heinrich von Luxemburg (1004-1009) in S-Deutschland keinerlei wirtschaftlichen Rückhalt besaß, musste für ihn eine bescheidene Amtsausstattung bereitgestellt werden. Seine übrigen Rechte wurden nicht eindeutig festgelegt, so dass es zu Überschneidungen mit königlichen Befugnissen kommen musste. Das gilt unter anderem für Bergbau, Judenschutz, Wildbann und Forsten, sowie Lehnshoheit und Heimfallrecht an bestimmten Grafschaften. Dem Stammeshaupt stand die Einberufung von Landtagen zu. Zur Teilnahme an diesen Versammlungen in Regensburg waren alle Edelleute einschließlich der Markgrafen und Bischöfe verpflichtet. Den Heerbann des Stammes führte der Herzog nur, wenn das eigene Land bedroht war, denn das königliche Aufgebot erging seit dem Ende des 10. Jahrhunderts unmittelbar an einzelne Kronvasallen. Auf den Landtagen fällt man politische und rechtliche Entscheidungen, traf Maßnahmen zur Sicherung des Landfriedens oder gegen Übergriffe der Nachbarn. In allen wichtigen Fragen nahm der Adel aktiv an der Herrschaft teil. Trotzdem sah er im Herzog noch immer ein starkes Symbol der Stammeseinheit.

    Baumgärtner Ingrid: Seite 17, "Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende"

    Die LUXEMBURGER verfügten über anwachsenden Territorialbesitz und erfolgversprechende Königsnähe: Der junge Heinrich von Luxemburg, vermutlich ältester Bruder Kunigundes, war ein enger Vertrauter Kaiser OTTOS III., den er bei Geheimgesprächen mit dem Dogen von Venedig ebenso begleitete wie beim letzten Italienzug. Beide Faktoren dürften eine reiche, für einen regierenden Herzog angemessene Ausstattung der Braut mit Heiratsgut garantiert haben, auch wenn wir leider keine weiteren Einzelheiten kennen.
    Aber die luxemburgische Verwandtschaft war für den zum König aufgestiegenen HEINRICH längst nicht die Stütze, die er sich vermutlich erhofft hatte. Im Gegenteil, die Brüder seiner Gattin drängten eigennützig nach führenden Positionen im Reich: Im anfänglichen Entgegenkommen überließ HEINRICH II. seinem Schwager Heinrich von Luxemburg die bayerische Herzogswürde, die nach seinem Königtum zur Disposition stand. Heinrich unterstützte seinen nach dem Erzbistum Trier strebenden Bruder Adalbero.
    Die Reaktion des Königs war unmissverständlich: Im Frühjahr 1009 setzte er Heinrich als Herzog von Bayern mit dem Vorwurf der Rebellion gegen den König ab. Und dieser Konflikt, die sogenannte Moselfehde, in die weiterer lotharingischer Adel verwickelt war, sollte bis zur Wiedereinsetzung des bayerischen Herzogs 1017/18 andauern. Die Wiedereinsetzung Heinrichs als Herzog von Bayern wurde 1017 durch Kaiser HEINRICH II. in Bamberg versprochen und 1018 durch die Kaiserin in Regensburg feierlich vollzogen.

    Renn, Heinz: Seite 79,80,86,93,98-100,102, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    Graf Heinrich von Luxemburg, Sigfrids Erbe, zieht um die Jahrtausendwende mit dem dritten OTTO zum Süden.Wenige Vertraute schickt der Kaiser voraus, an deren Spitze Graf Heinrich von Luxemburg steht. Dieser begrüßt den Dogen im Namen des Kaisers. Die sich an diese Unterredung anschließenden Verhandlungen brauchen nicht zu Ende geführt werden; denn bereits am 24.1.1002 stirbt OTTO zu Paterno. Diejenigen, die bis zuletzt an der Seite des Kaisers ausgeharrt haben, schicken sich nun an, seine Leiche von Italien anch Aachen zu bringen. Es sind die Bischöfe Notker von Lüttich, Sigfrid von Augsburg, Lambert von Konstanz, Graf Otto, der Sohn des Herzogs von Nieder-Lothringen, Graf Heinrich von Luxemburg und Wichmann. Der Haß der Italiener ist so groß, daß sie sogar den Leichenzug ständig mit Kämpfen bedrohen.Aber mit dem Schwerte in der Hand brechen sich die Deutschen Bahn. Vor allem ist Heinrich von Luxemburg darum besorgt, den Verstorbenen heimwärts nach Aachen zu führen.
    Besonders als Kunigundes Werk wird es anzusehen sein, daß ihr ältester Bruder Heinrich, der treue Paladin OTTOS III., Herzog von Bayern wird. Am 21. März 1004 übergibt HEINRICH II. auf dem Königstag zu Regensburg seinem Schwager, dem Grafen von Luxemburg, unter Zustimmung aller anwesenden Großen, die mit dem Banner des Herzogtums geschmückte Fahnenlanze. Er will vor seinem Aufbruch nach Italien sein Erbland starken Händen anvertrauen, zumal sich gerade ein großpolnisches Reich mit Polen, Schlesien, Krakowien und Böhmen gebildet hatte. Somit ist der Graf von Luxemburg, dessen Geschlecht im westlichen Grenzkampf groß geworden ist, als Hüter des Südostens rangmäßig in die erste Reihe des deutschen Fürstentums erhoben worden.
    Nicht wenig hängt davon ab, ob die LUXEMBURGER auf die Hilfe Bayerns rechnen können. Adalberos Bruder Heinrich eilt in sein Herzogtum, um auch hier einen Aufstand gegen den König anzuzetteln. Die Großen veranlaßt er zu dem Schwur, innerhalb dreier Jahre keinen anderen als Herzog anzuerkennen. Doch dieses Gelöbnis wiegt nicht viel; denn der LUXEMBURGER ist nicht im Lande verwurzelt, sondern erst vor wenigen Jahren durch Ernennung des Königs zum Osten gekommen. So fällt es HEINRICH II. nicht schwer, die Grafen Bayern teils mit Güte, teils mit Strenge wiederum auf seine Seite zu ziehen. Dann trifft seine Strafe die LUXEMBURGER. Adalbero wird exkommuniziert und Heinrich seines Lehens Bayern verlustig erklärt. Seine Zuflucht sucht dieser bei seinem Bruder in Metz.
    Thietmar berichtet uns zum April 1015, die LUXEMBURGER wären barfuß vor ihm erschienen, um Friede und Vergebung zu suchen. Bereits auf dem Kaisertag zu Aachen am 21.4.1017 findet die Versöhnung des Kaisers mit seinen Schwägern statt. Heinrich von Luxemburg wird sogar noch in denselben Jahre zweimal in außenpolitischer Mission zu Boleslaw von Polen gesandt. Depoin vermutet, Heinrich sei als Schwiegersohn Boleslaws für diesen Vertrauensposten in Frage gekommen. Eine Quelle nennt nämlich seine Gemahlin Maria [49 S. Riezler, Johannes Turmair's, genannt Aventinus Annales Ducum Bolariae, V, 5, II., München 1884; Seite 37.]. Depoin weist darauf hin, daß man sich damals scheute, einem Mädchen den Namen der hl. Jungfrau beizulegen, während die Polen und Tschechen diese Sitte nicht kannten. Obige Ansicht bleibt natürlich nur eine Vermutung, die noch dadurch eine Einbuße erleidet, daß Heinrichs Gemahlin anderwärts Hizilia genannt wird [50 Oefelius, Rerum Boicarum scriptores, II, Seite 337: Henricus dux Bavariae fundator in Osterhoven cum Hizilia uxore sua in Osterhoven sepulti sunt.]. Mitte Dezember 1017 setzt der Kaiser seinen Schwager Heinrich in einem Fürstenkonvent zu Bamberg wiederum als Herzog von Bayern ein. Sicherlich hat dieser die ehrenvolle Rehabilitation der Kaiserin Kunigunde zu danken, die es sich nicht nehmen läßt, den Bruder in Regensburg selbst feierlich wieder einzuführen. Das Verhältnis zum Kaiser gestaltet sich fürderhin gut, wie wir auch aus einigen Kaiserdiplomen ersehen, in denen Herzog Heinrich als Intervenient auftritt.
    Als Reichsregentin lenkt Kunigunde jetzt noch fast zwei Monate in enger Zusammenarbeit mit ihren Brüdern Heinrich und Theoderich die Geschicke des Reiches. Die luxemburgische Sippe setzt sich während dieser Zeit kraftvoll für die Wahl Konrads des Älteren aus dem SALIER-Hause als König ein.
    Vor seiner Schwester Kunigunde ist bereits Herzog Heinrich von Bayern und Graf von Luxemburg am 27. oder 28. Februar 1026 gestorben [65 Die einzelnen Belege bei Wampach, U.Q.B., nr. 235.]. Er wird damals hoch in den 60-er Jahren gestanden haben, denn wir fanden ihn ja 964 bereits urkundlich belegt. Die Annalen von Hildesheim bestätigen, er sei "in bona senectute" verschieden. Heinrichs letzte Ruhestätte ist Osterhoven in der Diözese Passau. Nach den Monumenta Boica sind zwei Söhne des Herzogs gegen die Ungarn gefallen. Vielleicht waren sie, wenn die Nachricht stimmt, seine einzigen Kinder. Andere Nachkommen scheint er nicht hinterlassen zu haben. Sein Erbe, die Luxemburger Lande an Saar und Mosel, in Eifel und Ardenen und die Obervogteien über St Maximin und Echternach, erhält sein gleichnamiger Neffe, der Sohn Friedrichs vom Moselgau.


    oo Maria (von Polen), Tochter des Herzogs Boleslaws


    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 216,223,242 - Baumgärtner, Ingrid (Hg): Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, Furore Verlag Kassel 1997 Seite 17 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 35,57,97 - Bosl, Karl: Bosls Bayerische Biographie, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1983 Seite 322 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 5 Seite 10 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 259,480,483,513,518,526,530,546/ Band III Seite 491,503 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 13,94 - Giesebrecht Wilhelm von: Geschichte der deutschen Kaiserzeit. Band 1- Band 6, Mundus Verlag 2000 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 228, 230,234,239,241 - Görich Knut: Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995 Seite 135 - Hirsch, Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II. 1. bis 3. Band, Verlag von Duncker & Humblot Berlin 1864 - Hoensch, Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000 Seite 12 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 - Körntgen, Ludger: Ottonen und Salier. Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2002 Seite 68 - Lechner Karl: Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-1246, Böhlau Verlag Wien-Köln-Weimar 1992, Seite 72 - Lerche, Ludwig Alfred: Die politische Bedeutung der Eheverbindungen in den bayerischen Herzogshäusern von Arnulf bis Heinrich den Löwen (980-1180) Langensalza 1915 (Sammlung wissenschaftlicher Arbeiten; Heft 43) Seite 36-38 - Pleticha, Heinrich: Deutsche Geschichte in 12 Bänden. Verlagsgruppe Bertelsmann GmbH/Lexikothek Verlag GmbH, Gütersloh 1982 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus Seite 79,80,86,93, 98-100,102 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.): Otto III. - Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 85,90,93,106,125,127,161A,214A - Schulze Hans K: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 66 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 166,244,266,280,288,300,316,362,414,418,428,460 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 62,103,106,108,170,193,195,198 - Wolf Armin: Die Herkunft der Grafen von Northeim aus dem Hause Luxemburg und der Mord am Königskandidaten Ekkehard von Meißen 1002. Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte Band 69 1997 Seite 428-440 - Wolf Armin: Zur Kontroverse um die Herrschaft der Grafen von Northeim aus dem Hause Luxemburg. Rheinische Vierteljahresblätter Jahrgang 65 2001, Seite 400-406 - Wolfram Herwig: Kaiser Konrad II. Kaiser dreier Reiche. Verlag C.H. Beck München 2000 Seite 60,132,196,200,202,205,247,274,290 -


    Neue Deutsche Biographie - Heinrich V.

    Herzog von Bayern (1004–09 und 1017-26), † 27.2.1026, ⚰ Osterhofen (Niederbayern).

    Leben
    H., der erste Lützelburger auf dem bayerischen Herzogsstuhl, ist 993 als Graf im Ardennengau nachzuweisen. 1001/02 begleitete er Kaiser Otto III. auf dessen Italienzug, insbesondere auf seiner Reise von Ravenna nach Venedig. Beim Tode des Kaisers war er anwesend und geleitete dessen Leiche bis Augsburg. Von seinem 1002 zum deutschen König gewählten Schwager Heinrich II. erhielt er 1004 das Herzogtum Bayern; er beteiligte sich 1004/05 am Krieg Heinrichs II. gegen Boleslaw von Polen. Als jedoch die 1008 erfolgte Wahl seines Bruders Adalbero zum Erzbischof von Trier vom Kaiser nicht anerkannt wurde, nahm er mit seinen luxemburgischen Verwandten gegen den Kaiser Stellung. Dieser sprach H. darauf das Herzogtum Bayern ab und konnte auch die bayerischen Großen, die H. bei Beginn der Fehde noch gelobt hatten, drei Jahre lang keinen anderen Herzog zu wählen, auf seine Seite bringen. Nach wechselnden Kämpfen unterwarf H. sich 1015 dem Kaiser und erhielt 1017 sein Herzogtum zurück. Im Juni 1018 wurde er in Regensburg von seiner Schwester Kunigunde feierlich eingeführt (inthronizavit), und auch hinfort stand seine Regierungszeit in Bayern in engem Einvernehmen mit der Kaiserin. Er unterstützte sie nach dem Tod Heinrichs II. bei der Aufrechterhaltung der Ruhe im Reich und war an der Königswahl Konrads II. beteiligt.

    Literatur
    s. Heinrich VII. v. Bayern.

    Allgemeine Deutsche Biographie - Heinrich V. (Herzog von Bayern)

    Heinrich V., Herzog von Baiern, Sohn des Grafen Siegfried Kunuz von Lützelburg im Moselgau, stand schon mit Kaiser Otto III., den er auf einer Reise nach Venedig begleitete, in engerer Verbindung und verdankte wol dessen Gunst noch bei Lebzeiten seines Vaters die Verwaltung des großen Ardennengaues. Zwischen 993 und 996 erhielt er auch die Vogtei der überaus reichen Abtei St. Maximin in Trier, von deren Gütern ihm später, als Heinrich II. wegen der Zuchtlosigkeit der Mönche nicht weniger als 6656 Bauernhöfe einzog, [460] ein Theil zu Lehen übertragen ward. Später erscheint auch die Vogtei des Klosters Echternach in seiner Hand. Bestimmend für Heinrichs Lebensgang ward die Ehe seiner Schwester Kunigunde mit Kaiser Heinrich II. und die reiche Gunst, die ihm seitdem sein Schwager zuwandte. Am 21. März 1004, auf einem Landtage zu Regensburg, empfing er aus dessen Hand unter Zustimmung der baierischen Großen das Herzogthum Baiern. Noch im selben Jahre betheiligten sich wahrscheinlich unter seiner Führung die Baiern am lombardischen und böhmischen Feldzuge Heinrichs II. und das Jahr darauf stieß er bei Dobrilugk mit dem baierischen Streitkräften zum Könige, um an dem erneuten Feldzuge gegen Boleslav in der Niederlausitz theilzunehmen. Eine Entfremdung der Schwäger trat aber ein, als der König das Bisthum Bamberg überreich mit Gütern ausstattete, auf deren Anfall der Herzog gehofft, und als derselbe, in seiner auffallenden Begünstigung der lützelburgischen Sippe endlich innehaltend, Heinrichs Bruder Adalbero nicht als Erzbischof von Trier investiren wollte. Wol folgte nun H. dem Könige noch zur Belagerung Triers, doch siegte sein Familieninteresse über die Treue gegen den Lehnsherrn darin, daß er dem Könige den bedrängten Zustand der Besatzung geflissentlich verheimlichte und ihn vermochte, derselben freien Abzug zu gestatten. Dann verband er sich offen mit seinen aufrührerischen Brüdern und seinem Schwager, dem Grafen Gerhard, und blieb, um deren Sache zu fördern, in Lothringen. Den baierischen Großen hatte er bei seinem Abgange das Versprechen abgenommen, drei Jahre lang seine Abwesenheit nicht als Grund einer neuen Herzogswahl gelten zu lassen. Doch als der König nach Ostern 1009 in deren Mitte erschien, ließen sie sich bestimmen, das ihrem Herzoge verpfändete Wort preiszugeben. Vergebens eilte nun auch H. nach Baiern; der König war ihm an Streitkräften wie tiefer wurzelndem Ansehen überlegen und sprach zu Ende April oder Anfang Mai 1009 zu Regensburg seine Absetzung aus, um das Herzogthum wieder selbst zu Handen zu nehmen. Noch einige Jahre unterhielt H. mit seinem Bruder Dietrich, dem Bischofe von Metz, den Aufstand im Lothringischen; im Jahre 1011 glückte ihnen ein Ueberfall auf den Herzog Dietrich von Oberlothringen und dessen Gefangennahme. Dann aber mußten sie doch die Fruchtlosigkeit ferneren Widerstandes erkennen; zu Anfang des J. 1015 demüthigten sie sich vor dem Kaiser und erlangten seine Vergebung. Erzbischof Poppo von Trier verbürgte sich für des Kaisers Entschluß, H. wieder in Baiern einzusetzen, und um die Mitte Mai 1017 stellte der Kaiser zu Aachen unter Vermittlung des Erzbischofes Heribert von Köln H. zufrieden. Der Lützelburger begleitete den Kaiser nach Sachsen, ging in dessen Auftrage zwei Mal, jedoch erfolglos, zu Unterhandlungen mit Boleslav nach Böhmen, und ward im December des Jahres zu Bamberg wieder mit Baiern belehnt. Im Frühjahr oder Sommer 1018 geleitete ihn seine Schwester, die Kaiserin, nach Baiern und ließ ihm in Regensburg neuerdings huldigen. Daß er in Verbindung mit der Schwester und dem Bruder Dietrich auf die Wahl Konrads II. zum Könige hingewirkt hat, ist das letzte, was wir von seiner Thätigkeit wissen. Er starb in hohem Alter am 27. oder 28. Februar 1026 und ward nach einer jüngeren, doch nicht unglaubwürdigen Nachricht im Kloster Osterhofen begraben. Dieselbe späte Quelle, Veit Arnpeck, will auch wissen, daß zwei Söhne des Herzogs im Kampfe gegen die Ungarn gefallen. Als verheirathet aber ist der Herzog wenigstens aus gleichzeitigen Quellen nicht bekannt. Auch er erscheint unter dem Kosenamen Hezilo oder Hezilinus.
    Hirsch und Breßlau, Jahrbücher des Deutschen Reichs unter Heinrich II.; Steindorff, Heinrich III., I. 9; Riezler, Geschichte Baierns, I. 439; Breßlau, Konrad II., I. 193.



    Geburt:
    (* vor 964 Hoensch)

    Titel/Amt/Status:
    als Heinrich V.

    Begraben:
    vermutlich Osterhofen


  24. 254.  von Luxemburg, Siegfried II. Graphische Anzeige der Nachkommen (197.Siegfried11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 960/965; gestorben in 985/1004.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Northeim [37154],Northeim,Niedersachsen,Deutschland; Graf von Northeim

    Notizen:

    Siegfried II. von Luxemburg
    Graf von Northeim
    960/65-15.8.985/15.8.1004
    Jüngerer Sohn des Grafen Siegfried von Luxemburg und der Hadwig, Tochter von Herzog Giselbert

    Brandenburg Erich: Seite 94, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. 50 b. SIEGFRIED, Graf von Luxemburg
    * ca. 922, + 998 15. VIII.
    Gemahlin:
    vor 964 Hedwig
    weiterer Sohn:
    VIII. ... Siegfried
    * ca. 965, + 1004 15. VIII.
    983 und 985 als Sohn des Grafen Siegfried genannt; er ist identisch mit Siegfried Graf von Northeim, 1002

    Werner Karl Ferdinand: Band IV Seite 471, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. 68-78
    Die zahlreichen Kinder des Grafen Siegfried "von Luxemburg" konnten anch den Angaben von Renn erheblich präziser datiert und in ihrer Reihenfolge gegenüber Brandenburg VIII, 44-53 umgestellt werden. Gegenüber Brandenburg kam hinzu der jüngere Siegfried, dessen Existenz Brandenburg nicht anerkennen wollte. Vgl. jedoch die überzeugenden Ausführungen von Renn. Im einzelnen ist zu bemerken: das Geburtsjahr des Ältesten, Heinrich, ist von c 955 auf c 960 zu setzen, wie sich aus dem vermutlichen Ehedatum der Eltern ergibt (Renn 58). Nach dem erwähnten Siegfried dem Jüngeren (er ist es, der in den Briefen Gerberts Havet nr. 41 und 51 vorkommt) gehört Liutgard zu den ältesten Geschwistern.

    Renn, Heinz: Seite 77-79, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    Sicher hat auch Sigfrid, vielleicht zusammen mit seinen beiden Söhnen Heinrich und Sigfrid am Rachefeldzug von 978 teilgenommen, denn beide treten um diese Zeit in das waffenfähige Alter ein. Während wir Heinrich nach der Erwähnung in der Urkunde von 964 als den ältesten Sohn ansehen dürfen, muß Sigfrid 981 wenigstens 18 Jahre alt gewesen sein. Wir lesen nämlich in dem Verzeichnis eines Hilfsaufgebotes für den Kaiser, der in Italien gegen die eingedrungenen Araber zu kämpfen hat, "Filius Sicconis comitis (Sicco = Sigfrid). Es muß sich hier um den gleichnamigen Sohn des Grafen Sigfrid handeln, wie ein Brief Gerberts ergibt, in dem unter derselben Bezeichnung nur der jüngere Sigfrid gemeint sein kann. Vielleicht ist der zugleich erwähnte "Hezil comes" sein Bruder Heinrich. Beide führen im vergleich zu den anderen weltlichen Großen ein verhältnismäßig starkes Aufgebot, das wiederum die starke Macht des Hauses beweist.
    An der Seite des sterbenden Kaisers steht der junge Sigfrid, wie uns der erwähnte Gerbert-Brief sicher bezeugt. Er erhält hier vom Kaiser eine letzte außenpolitische Weisung. OTTO II. hatte mit Frankreichs mächtigstem Vasall Hugo Capet ein Bündnis geschlossen. Dieses will er über den Tod hinaus aufrechterhalten wissen und bittet, Sigfrid, für seine Erneuerung Sorge zu tragen und auch Robert, den Sohn Hugo Capets, darin aufzunehmen.
    Vielleicht hat man auch Rücksicht auf sein Alter genommen; denn Sigfrid zählt 985 bereit über 65 Jahre. Dennoch scheint sein gleichnamiger Sohn vor ihm gestorben zu sein. Wir hören seitdem jedenfalls nichts mehr von ihm.
    Wigerichs Sohn ist wahrscheinlich 998 aus dem Leben geschieden, während wir das Todesjahr des jüngeren Sigfrid nicht zu nennen vermögen.


    Literatur:
    Althoff, Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Wilhelm Fink Verlag München 1984 Seite 425 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Seite 94 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 266,304 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus, Bonn 1941 Seite 77-79 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf VII, 68 Seite 471 - Wolf Armin: Die Herkunft der Grafen von Northeim aus dem Hause Luxemburg und der Mord am Königskandidaten Ekkehard von Meißen 1002. Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte Band 69 1997 Seite 428-440 - Wolf Armin: Zur Kontroverse um die Herrschaft der Grafen von Northeim aus dem Hause Luxemburg. Rheinische Vierteljahresblätter Jahrgang 65 2001, Seite 400-406 -

    Gestorben:
    15.8.


  25. 255.  von Luxemburg, Adalbero Graphische Anzeige der Nachkommen (197.Siegfried11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben um 1037.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Trier [54290],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland; Gegenerzbischof von Trier
    • Titel/Amt/Status: Trier [54290],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland; Propst von St. Paulin

    Notizen:

    Adalbero von Luxemburg
    Gegenerzbischof von Trier
    Propst von St. Paulin
    - ca. 1037
    Jüngster Sohn des Grafen Siegfried von Luxemburg und der Hadwig von Lothringen, Tochter von Herzog Giselbert; Bruder der Königin Kunigunde

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 48. ADALBERO, Propst in Trier, zum Erzbischof gewählt 1008
    + nach 1036 12. XI.
    Anmerkungen: Seite 127
    VIII. 48. Adalbero
    Propst von St. Paulin, zum Erzbischof von Trier gewählt, aber vom Kaiser nicht bestätigt,
    + nach 1036 12. XI., Beyer 1 n. 308. (Die auf 1037 datierten Urkunden n. 308 II und III sind gefälscht.) [VIII 75]

    Thiele Andreas: Tafel 66, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    ADALBERT
    + 1036

    Erzbischof von Trier 1008, nicht vom kaiserlichen Schwager akzeptiert, revoltiert 1008 mit den Brüdern und muß 1012 verzichten; war vorher Kaplan, bleibt 1012 Domprobst und steht ständig gegen seinen Nachfolger Poppo I. Er wird zuletzt mehrfach Graf von Roussy genannt und vererbt seinen Besitz dem Erzstift. Er ist stets eine wichtige Hilfe der Familie.

    Adalbero ließ sich 1008 von seinen Anhängern gegen den Willen des Königs zu Erzbischof von Trier wählen. Aus Trier vertrieben und exkommuniziert, konnte er mit Hilfe seiner Brüder erneut in Trier einziehen. Der Aufstand der LUXEMBURGER endete am 1.12.1012 mit einem Friedensschluß. Erst 1015 unterwarf sich Adalbero und entsagte seinen Ansprüchen auf das Erzbistum. Er zog sich in die Propstei St. Paulin zurück, wo er noch mehr als zwei Jahrzehnte lang ein reumütiges und ruhiges Leben führte.

    Finckenstein, Albrecht Graf Finck von: Seite 113, "Bischof und Reich. Untersuchungen zum Integrationsprozeß des ottonisch-frühsalischen Reiches (919-1056)"

    Um die Nachfolge Erzbischof Liudolfs ist es zu erheblichen Auseinandersetzungen gekommen. Nach Thietmars den Ereignissen zeitlich nächsten Bericht wurde Adalbero (1008-1016) frater reginae et immaturus iuvenis, plus timore regis quam amore religionis communiter gewählt.
    Adalbero, Sohn des Grafen Siegfried von Luxemburg und Schwager des Königs, war Kapellan seines Vorgängers gewesen und war Propst des Stiftes St. Paulin in Trier. Es ist denkbar, daß er dieses Stift schon durch Erzbischof Egbert erhielt, zu dem er verwandtschaftliche Beziehungen durch seine Schwester Liutgard besaß, die einen Neffen Egberts, Arnulf von W-Friesland, heiratete. Diese Voraussetzungen, sowie wahrscheinlich die Zusicherung des Königs, ihn zum Erzbischof zu ernennen, die Hermann von Reichenau andeutet, haben offenbar zu seiner allgemeinen Wahl geführt. HEINRICH II. hat jedoch gegen die Bitten seiner Gemahlin und seines Gefolges seinen Schwager Adalbero die Begünstigung verweigert, eingedenk der eigenmächtigen Inbesitznahme des Bistums Metz durch Adalberos Bruder Dietrich (1006-1047). Adalbero indessen, gestützt auf seine Familie, seinen zahlreichen Anhang und erheblichen Besitz, hat den Erzstuhl nicht aufgegeben, vielmehr das Erzstift in Trier befestigt und gegen den König HEINRICH verteidigt, der seine Absetzung mit Waffengewalt erzwingen wollte. Durch ein Täuschungsmanöver gelang es Adalberos Bruder Herzog Heinrich von Bayern, den König von der Belagerung Triers abzulenken, wodurch es Adalbero möglich wurde, sich in Trier und dem nördlichen Teil der Erzdiözese zu behaupten, obwohl der König inzwischen Meingaud zum Erzbischof ernannt und Heinrich von Bayern als Herzog hatte absetzen lassen.
    Adalbero hat seine Ansprüche erst nach dem Amtsantritt von Meingauds Nachfolger Poppo aufgegeben, der auf dem Eroberungs- und Verhandlungswege sein Pontifikat über die gesamte Diözese durchzusetzen vermochte. Adalbero starb nach 1037 als Propst von St. Paulin.


    Literatur:
    Baumgärtner, Ingrid (Hg): Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, Furore Verlag Kassel 1997 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 5 Seite 10,127 - Finckenstein, Albrecht Graf Finck von: Bischof und Reich. Untersuchungen zum Integrationsprozeß des ottonisch-frühsalischen Reiches (919-1056), Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1989 Seite 113 - Hirsch, Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II. 1. bis 3. Band, Verlag von Duncker & Humblot Berlin 1864 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 85,88,110 - Hoensch, Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000 Seite 13 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus, Bonn 1941 Seite 91 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 66 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 280,316,362 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1999, Seite 122,146,149,194 - Wolf Armin: Die Herkunft der Grafen von Northeim aus dem Hause Luxemburg und der Mord am Königskandidaten Ekkehard von Meißen 1002. Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte Band 69 1997 Seite 428-440 -

    Allgemeine Deutsche Biographie - Adelbero von Luxemburg

    Adelbero von Luxemburg, Propst von St. Paulin zu Trier, Gegenbischof von Trier, geb. Ende des 10. Jahrh., † 1036 oder 37, Sohn des Grafen Siegfried von Luxemburg und Bruder der Kaiserin Kunigunde, Gemahlin Heinrichs II. sowie Herzog Heinrichs von Baiern. Von diesen mächtig unterstützt, wurde er nach dem Tode Erzbischofs Ludolf von Trier im Frühjahr 1008 dem Mainzer Dompropst Megingaud, den die Majorität des Domcapitels zum Erzbischof von Trier gewählt hatte, als Gegenbischof entgegengestellt. A. bemächtigte sich der Stadt Trier, des erzbischöflichen Palastes und der Moselbrücke, worin er sich stark befestigte. Megingaud, auf dessen Seite sowol der Papst wie Adelbero's Schwager, Kaiser Heinrich II., standen, nahm im Sommer 1008 die Stadt Trier ein, konnte aber den im Palaste, einer vom Kaiser Konstantin erbauten Basilika mit felsenfesten Ziegelmauern, eingeschlossenen Gegner nicht zur Uebergabe bewegen, bis nach einer zuletzt vom Kaiser persönlich geleiteten 16wöchentlichen Belagerung, durch die Verwendung des Herzogs Heinrich von Baiern, zwischen den beiden Gegnern ein Vergleich zu Stande kam, wonach A. gegen Verzicht auf die Bischofswürde freien Abzug und eine billige Entschädigung erhielt. Kaum hatte aber der Kaiser den Rücken gewandt, als A. von Neuem über Trier herfiel und Megingaud zur Flucht nach Coblenz nöthigte. Nach Megingauds Tod 1015 schien A. unbestrittener Herr des Erzstifts zu sein; aber das Domcapitel wählte im Einverständniß mit Papst und Kaiser den Sohn des Markgrafen Leopold von Oesterreich, Poppo, zum Erzbischof. Dieser, ein kräftiger Regent, nahm mit kaiserlicher Hülfe Trier wiederum ein, zerstörte Adelbero's Festen Heiligkreuz bei Trier und Sciva (Schiff, das spätere Montclair an der Saar), verwickelte sich aber hierdurch in eine blutige Fehde mit dem Neffen Adelbero's, dem Grafen Giselbert von Luxemburg, welcher 1028 die Abwesenheit Poppo's auf einer Wallfahrt nach Jerusalem zu einer grausamen Verheerung des Erzstifts benutzte. A. scheint einen Theil der Grafschaft Luxemburg besessen zu haben, der nach seinem kurz nachher eingetretenen Tode theils ans Erzstift Trier und die Abteien St. Matthias und Prüm, theils an die luxemburgischen und lothringischen Agnaten gelangte.


  26. 256.  von Luxemburg, Ermentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (197.Siegfried11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Äbtissin

    Notizen:

    Irmtrud von Luxemburg Äbtissin
    -5.5.
    Jüngere Tochter des Grafen Siegfried I. von Luxemburg und der Hadwig

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 52. IRMTRUD, Äbtissin
    * ..., + 5. V. ...
    Anmerkungen: Seite 127
    VIII. 52. Irmtrud siehe Hirsch 1, 536. [VIII 78]

    Thiele, Andreas: Tafel 66, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

    ERMENTRUD Äbtissin

    Renn, Heinz: Seite 105, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    Von einer weiteren Tochter Sigfrids wissen wir nur, daß sie Irmintrud hieß, ins Kloster gegangen und als Äbtissin gestorben ist. Sie steht im Ranshofer Kodex zum 2. Mai: "Ermindrut abbatissa, soror eius (sc. Theoderici episcopi Metensis) obiit"[82 SS IV, Seite 823.].


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 5 Seite 10,127 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus, Bonn 1941 Seite 105 -
    Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 66 -


    Name:
    Irmtrud

    Gestorben:
    5.5.


  27. 257.  von Luxemburg, Giselbert Graphische Anzeige der Nachkommen (197.Siegfried11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 970; gestorben am 18 Mai 1004 in Pavia [27100],Lombardei,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ardennengau; Graf im Ardennengau

    Notizen:

    Giselbert Graf im Ardennengau
    um 970-18.5.1004 gefallen Pavia
    Jüngerer Sohn des Grafen Siegfried I. von Luxemburg und der Hadwig von Lothringen, Tochter von Herzog Giselbert

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 46 GISELBERT, Graf in Waldelepinga 996
    + 1004
    Anmerkungen: Seite 127
    VIII. 46. Giselbert, Graf in Waldelevinga (Wallerfangen, Kreis Saarlouis) 996, Beyer 1 n. 273. Todeszeit siehe Hirsch; Heinrich II. 1, 308. [VIII 73]

    Althoff Gerd: Seite 366, "Königs- und Adelsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    K 16 Me: 18.5. Gisilbertus frater imp(ertricis) Chunigunde + 1004 Bruder der Kaiserin Kunigunde

    (Es.) Giselbert fiel im Jahre 1004 in Pavia anläßlich seiner Teilnahme am Italienfeldzug HEINRICHS II.; vgl. BG Nr. 1562; Renn, Das Luxemburger Grafenhaus, S. 87; siehe auch die Notae Necrologiae Coufungenses: Giselbertus, frater Chunigundis imperatricis, Papiae occius obiit.
    Zu den Eltern Kunigundes vgl: G 145a und G 176; zu weiteren potentiellen Verwandten vgl. G 143 und G 173.
    Die Kaiserin Kunigunde sorgte offensichtlich dafür, daß bei der Neustiftung des Gedenkens in Merseburg ihre Verwandten und Vorfahren berücksichtigt wurden; siehe dazu ausführlich oben S. 196f.

    Thiele Andreas: Tafel 66, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    GISELBERT + 1004
    Graf im Ardennegau, fällt in Pavia gegen König Arduin von Ivrea.

    Thietmar von Merseburg: Seite 250, "Chronik"

    Unsere vor der Stadt lagernden Truppen aber erklommen tapfer die Bollwerke, die ihren Gegnern den Widerstand erleichterten. Dabei fiel von den Lombarden getroffen der wackere, junge Giselbert, ein Bruder der Königin [28 + erst 18. Mai (Necr. Mers.], was den Schmerz seiner Kameraden heftig steigerte.

    Giselbert kam beim Aufstand der Pavesen am Krönungstag seines Schwagers HEINRICH II. zum Lombarden-König ums Leben.

    Renn, Heinz: Seite 87, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    In Pavia wird HEINRICH II. am 14. Mai unter Anteilnahme der Bevölkerung zum König gekrönt. Aber als man das Fest beim Weingelage allzu froh begeht, entwickelt sich plötzlich ein Aufstand. Die Stadt lodert in Flammen, der Palast des Königs wird erstürmt, die Bürger stehen mit Waffen in der Hand den deutschen Soldaten gegenüber. Nur ein Teil der Paveser kommt mit dem Leben davon, aber auch auf deutscher Seite sind manche Opfer zu beklagen. Besonders schmerzlich ist der Tod des LUXEMBURGERS Giselbert, der 996 Herr von Wallerfangen im Moselgau genannt wird. Er ist ein Bruder der Kunigunde und mag einen Teil der Moselaner angeführt haben. Thietmar berichtet uns kurz den schmerzlichen Vorfall:"... tum quidam egreius iuvenis Gisilbertus nomine, frater reginae, a Longhobardis vulneratus oppeciit .. Quem Vulferam miles in medium agmen prosiliens unumque es his per galeam usque in iugulum feriens, securus vindivacit" [21 Thietmar VI, c. 8 = SSRG, n. s. Seite 282f.]. Die tapfere Tat des Ritters Wolfram, der einem Langobarden mit einem Hieb durch den Helm den Schädel spaltet, rächt zwar die Verwundung des königlichen Schwagers, aber ihn selbst kann er nicht mehr helfen. Vier Tage darauf, am 18. Mai, ist Giselbert seinen Verletzungen erlegen [22 "15. kal. Junii Giselbertus, frater Chunigundis imperatricis Papiae occius obiit." Ranshof. Codex SS. IV, Seite 791. Siehe Wampach, U.Q.B., nr. 219.]. Der "treffliche Jüngling" ist wohl nicht verheiratet gewesen. Ganz unbegründet weist ihn Bertholet einen Sohn Konrad zu, der als Nachfolger seines Onkels Graf von Arel geworden sei.


    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 197,366 K 16 -
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 5 Seite 10,127 - Hirsch, Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II., Verlag von Duncker & Humblot Berlin 1864 Band I Seite 308 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus Seite 87 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 66 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 250 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 231 -

    Gestorben:
    gefallen


  28. 258.  von Luxemburg, Liutgard Graphische Anzeige der Nachkommen (197.Siegfried11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 960/965; gestorben am 13 Mai 1005.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Holland (Grafschaft); Gräfin von Holland

    Notizen:

    Liutgard von Luxemburg Gräfin von Holland
    960/65-13.5.1005
    Tochter des Grafen Siegfried von Luxemburg und der Hadwig

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 49. LIUTGARD
    * ..., + 14. V. nach 1005
    Gemahl:
    Arnulf Graf von Westfriesland (siehe VIII 68) + 993 18. IX.
    Anmerkungen: Seite 127
    VIII. 49. Liutgard lebt noch 1005, Thietm. 6,15. [VIII 70]

    Werner Karl Ferdinand: Band IV Seite 471, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. 68-78
    Nach dem erwähnten Siegfried dem Jüngeren (er ist es, der in den Briefen Gerberts Havet nr. 41 und 51 vorkommt) gehört Liutgard zu den ältesten Geschwistern.
    Vgl. zu ihr oben VIII, 52 (Ehe und Geburtsdatum) und Uhlirz 456 sowie Renn 103, der den Todestag berichtigt: V 13, nicht V 14 (Brandenburg) -

    Thiele Andreas: Tafel 66, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    LIUTGARD
    oo Arnulf II. Graf von Holland-Westfriesland + 993

    Thietmar von Merseburg: Seite 262,468, "Chronik."

    Buch VI Kapitel 14

    Darnach suchte der König die Friesen mit einer Flotte heim und zwang sie, ihre aufrührerischen Unternehmungen aufzugeben und den heftigen Unwillen der Schwester der Königin, der Liudgarda [68 Mai-Juni 1005 Zug über die Zuidersee gegen die Westfriesen, Hilfeleistung für Liudgard, die Witwe des 993 von den Friesen erschlagenen Grafen Arnulf von Holland.] zu besänftigen. Auch erließ er in seiner Pfalz und in allen Grafschaften des Reichs ein Aufgebot, bei Strafe der Acht sich zu einem Zuge nach Polen und zur Versammlung in Liezca einzufinden. Das Heer kam denn auch zur bestimmten Zeit, nämlich am 16. August, am bestimmten Orte zusammen. Der König aber, welcher zu Magadaburg Mariä Himmelfahrt feierte, setzte am selbigen Tage nach der Messe und dem Festmahle in Begleitung der Königin zu Schiff über die Elbe.

    Buch VIII Kapitel 13

    Doch wozu erzähle ich das alles, da ich in keinem dieser Vorfälle weder ein gutes Beispiel, noch eine Hülfe für mich sehe? Besser ist es, ich bleibe meinem Plane getreu, und während ich das erwäge, schwebt mir jenes Gesicht des heiligen Johannes vor Augen: "Ein Wehe ist dahin, siehe, es kommen noch zwei Wehe nach dem." [Offenb. Joh. 9, 12.] Denn gar sehr kläglich ist, was ich bisher so oft darstellen mußte. Doch hat sich zu den Zeiten unsers Regenten und unbesiegten Schützers Heinrich nie ein solches Unheil ereignet, wie vor kurzem durch unsere Missethat hervorgerufen ist. Im Monate Juli nämlich, und zwar am 29sten, an einem Dienstage, hat Mars gegen die Eingeweide des Reiches so
    gewüthet, daß darüber die Mutter Kirche beständig zu klagen haben wird. Denn Aethelbold, der Utrechter Bischof, griff an diesem Tage unterstützt von Herzoge Godefrith [von Lothringen] mit Hülfe
    seiner Bundesgenossen und Freunde Thietrich [87 Graf Dietrich III. von Holland 993-1039, Sohn des Grafen Arnulf und der Liudgard, einer Schwester der Kaiserin Kunigunde - Juli 1018.], den Vetter unserer Kaiserin an, nachdem ihm derselbe durch Erschlagung seiner Krieger gar vielfach bittern Kummer bereitet hatte. Auf einer Insel kam das berufene Herr zusammen. Dieses, schnell zum Kampfe gerüstet, erlitt den Tod, den es dem Feinde drohte, leider alsbald selbst. Denn es wurde von den von allen Seiten aus einem Hinterhalte hervorbrechenden Friesen und von den Mannen des genannten jungen Grafen unerwartet umzingelt, und kam - es ist schrecklich zu schildern! - durch das Schwert und in den Fluthen um, ohne daß die Gegner einigen Verlust erlitten. Der Bischof entkam nur mit genauer Noth in einem Boote, der Herzog aber ward vor dem Feinde gerettet, und wahrhafte Zeugen versichern, daß die Zahl der Erschlagenen drei Legionen überstieg. Das ganze Land dort entbehrt eines bewaffneten, schützenden Armes, es ist in Angst vor landenden Seeräubern, es trauert fortwährend.
    Graf Godefrid ist dort gefallen, ebenso der treffliche Ritter Johannes, den das Vaterland stets beweinen wird; und ihre Waffengefährten, edel und ruhmbedeckt und bisher mit siegreichen Rechten kämpfend, ruhen jetzt, von einem unglücklichen Loose betroffen. Ihre Körper büßen jetzt, was unsere sündenbefleckten Leiber verschuldet haben; doch ich hoffe, ihre Seele wird Freude haben, von der schweren Erbitterung gereinigt. Damit aber du, mein Leser, über ein solches Ereigniß nicht staunest, so vernimm auch den Ursprung desselben. Jener unglückselige Graf Thiedrich war der Vasall des genannten Bischofs. Dieser hatte in einem Walde, Namens Mirwidu, ein großes Gut, über welches sämmtliche Landesbewohner beim Kaiser zu Niumagun [Nimwegen] Klage führten, daß es nämlich vom Grafen Thiedrich ihnen unrechtmäßiger Weise entwandt sei. Daher befahl nach dem Rathe seiner Großen der Kaiser dem Bischof von Utrecht, die Gebäude daselbst anzuzünden und das leere Grundstück den Klägern zurückzugeben, und da der abscheuliche Jüngling seinen Lehnsherrn von solchem Gebote nicht abbringen konnte, beurlaubte er sich und erklärte, er werde das zu verhindern wissen. Und es dauerte nicht lange, so geschah, was ich so eben erzählte, und zwar mehr um unserer Missethat willen, als weil der Sieger es also verdient hätte. Dies unaussprechliche und ganz unersetzliche Leid hatte schon lange vorher ein Schwarm von Vögeln angedeutet, die sich von allen Seiten hier versammelten und sich einander mit ihren Klauen zerfleischten und diejenige Stelle vorher eingenommen hatten, wo jene nachher den Tod fanden. Die Verwünschung, die der heilige David über
    den Berg Gilboa [2 Sam. 1. 21] ausgesprochen hat, dieselbe spreche ich, obwohl ein Mann ohne einiges Verdienst, aus innerstem Herzensgrunde über diese Insel aus.

    Bischof Balderich von Lüttich starb zu Thiele am selbigen Tage.

    Liutgard führte für ihren unmündigen Sohn Dietrich III. die Vormundschaft. Ihr Schwager HEINRICH II. trat 1005 als ihr Rächer gegen die Friesen auf.

    Renn, Heinz: Seite 83,103, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    Eine Schwester der Königin, so nennt sie uns Thietmar ausdrücklich [7 VI, 19 = SSRG., n., s., Seite 296 f: "rex ... magnum Liudgardae, sororia reginae, zelum placare coegit."], ist die schon erwähnte Liutgard von West-Friesland. Bereits 980 hat ihr Gatte Arnulf sie unter Anwesenheit OTTOS II. heimgeführt, denn die Annales Egmundani berichten uns zu diesem Jahre: "Arnulfus comes Liudgardam coniugem suam legaliter coram rege OTTONE desponsavit, testamentumque dotale inde scribi fecit." Die junge Braut muß damals wenigstens 15 Jahre alt gewesen sein; sie ist also 965 oder früher geboren. Auf jeden Fall haben wir in ihr eines der ältesten Kinder Sigfrids zu erblicken. Ich wies schon darauf hin, daß die Ehe unter Vermittlung des berühmten Trierer Erzbischofs Egbert (975-993), eines Onkels des Grafen Arnulf, zustandegekommen sein wird. 988 folgt Arnulf seinem Vater Theoderich II. in den Grafschaften Westfriesland und Zeeland. Doch schon nach fünf Jahren fällt er im Kampf gegen die Friesen. Liutgard übernimmt jetzt für ihren minderjährigen Sohn Theoderich III., den der Merseburger Historiker "nepos" der Kaiserin nennt, die Regierung. Damit hat sie eine schwere Bürde auf ihre Schultern geladen; denn die Friesen machen ihr große Schwierigkeiten. Im Jahr 1005 leiht ihr deshalb ihr königlicher Schwager seine Hilfe und bestraft die Empörer.
    Kunigundens Neffe, Graf Theoderich von W-Friesland, erweitert noch unter HEINRICH II. seine Machtstellung gewaltig nach Südosten hin, besonders auf Kosten des Bistums Utrecht. Von seiner Mutter Liutgard hören wir nichts mehr. Die Nekrologien melden uns nur ihren Todestag zum 13. Mai: "Liucart comitissa soror Chunigundis imperatricis obiit." [72 Genealogicum Ranshofense: SS. VII; Seite 791, und Necrologia IV, Seite 425.]

    Weinfurter, Stefan: Seite 194, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten"

    Kunigundes Schwester Liutgard war seit 980 die Frau des Grafen Arnulf von W-Friesland.

    Leo Heinrich Dr.: Seite 643-645, "Zwölf Bücher niederländischer Geschichten."

    Arnulf folgte dem Vater, als dieser 988 starb, als Graf vom Gau Flardinga oder Marsum, im Kennemerlande und in Friesland; doch hatte die Familie auch im Teisterbant schon sehr ansehnliche Besitzungen. Seine Gemahlin Luitgard war eine Schwester der Kaiserin Kunigunde, und die Gunst des kaiserlichen Hauses mochte Arnulf auf die Succession in seines Schwiegervaters Burggrafschaft von Gentz verschaffen.
    Arnulf muß entweder von den Friesen im Texelgau über die Ausdehnung und den Umfang seiner Gewalt, oder mit denen im Westrachia über die Grenen in Streit geraten sein; es kam zwischen ihnen zum offenen Kampf, in welchem die Friesen siegten und der Graf seinen Tod fand 993 oder 1003 [3
    Die erstere Jahreszahl gibt das Chron. Edm.; Kluit aber beruft sich auf eine Urkunde, die Arnulf mit seiner Gemahlin, Luitgard, und seinem Sohne Dietrich im Jahre 998 als Burggraf von Gent ausgestellt habe, und verspricht einen ausführlichen Beweis, daß Arnulf erst 1003 gefallen sei. So viel ich weiß, ist der Beweis nicht erschienen.]. Er hinterließ zwei Söhne, Dietrich III. und Siegfried oder Sicco.



    980 oo Arnulf Graf von Holland 955 - 18.11.993

    Kinder:

    - Dietrich III. - 27.5.1039
    - Siegfried Landvogt von Westfriesland - 5.3.1030
    - ? Gertrud -21.7.1077
    oo Liudolf IV. Graf von Braunschweig ca 1003-23.4.1038


    Literatur:
    Baumgärtner, Ingrid (Hg): Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, Furore Verlag Kassel 1997 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 5 Seite 10,127 - Hirsch, Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II. 1. bis 3. Band, Verlag von Duncker & Humblot Berlin 1864 - Leo Heinrich Dr.: Zwölf Bücher niederländischer Geschichten. Eduard Anton Verlag Halle 1832 Seite 643 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus, Bonn 1941 Seite 83,103 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 66 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 262,468 - Uhlirz, Karl: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Otto II. und Otto III. 1. und 2. Band. Verlag Duncker & Humblot Berlin 1967 Seite 456 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 194 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 471 -

    Liutgard heiratete von Holland, Arnulf II. in 980. Arnulf wurde geboren um 955; gestorben am 18 Nov 993. [Familienblatt] [Familientafel]


  29. 259.  von Luxemburg, Eva Graphische Anzeige der Nachkommen (197.Siegfried11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 975; gestorben am 19 Apr 1040.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Gräfin von Metz

    Notizen:

    Eva von Luxemburg Gräfin von Metz, 975-19.4.1040
    Tochter des Grafen Siegfried I. von Luxemburg und der Hadwig von Lothringen, Tochter von Herzog Giselbert; Schwester der Kaiserin Kunigunde

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10 "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 51. EVA + nach 1020 3. II.
    Gemahl:
    Gerhard, Graf im Elsaß + nach 1020

    Anmerkungen: Seite 127 VIII. 51. Eva

    Siehe Hirsch, Heinrich II. 1, 535,537. Thietm. 7,45 nennt Siegfried, Sohn des Grafen Gerhard, nepos der Kaiserin Kunigunde. Dies könnte auch eine entferntere Verwandtschaft bezeichnen; indessen spricht der Name des Sohnes dafür, daß Gerhards Gemahlin Kunigundens Schwester war. [VIII 77]

    Werner Karl Ferdinand: Band IV Seite 471, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"
    VIII. 68-78

    Kunigundes Schwester Eva starb nicht nur nach 1020 II 3, wie Brandenburg angibt, sondern erst nach 1040 (Renn 114); ihr Gemahl, Graf Gerhard, starb 1024/33 (Renn 103f., gegenüber Brandenburg: "nach 1020"). -

    Thiele Andreas: Tafel 66, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    EVA oo Gerhard I. Graf im Elsaßgau (Onkel Kaiser KONRADS II.) + wohl 1033

    Glocker Winfrid: Seite 332,358, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik."

    VII. 92. Gerhard ("Mosellensis")
    + (1020/21)/1033 am XII 28, Graf von Metz bezeugt 1012-1020/21
    oo Eva, Tochter Graf Siegfrieds von Luxemburg + IV 19

    Die elsässischen Grafen Gerhard und Adalbert sind als Geschwister Adelheids, der Mutter Kaiser KONRADS II., bei Wipo in der Gesta Chounradi c. 2, S. 15 f., bezeugt; die Filiation dieser Geschwister hat Hlawitschka, Anfänge S. 135-147, aufgezeigt.
    Vgl. ebd. S. 86-90 zu den einzelnen Quellenbelegen für Graf Gerhard.

    S 19) Hadwig, "consobrina Heinrici regis"

    oo Eberhard (Eppo), Graf von Nellenburg, Graf im Zürichgau und Vogt von Einsiedeln + c 1030/34

    Die Schaffhauser Annalen a. 1009, SS V 388, berichten uns von der Heirat Graf Eppos von Nellenburg mit Hadwig, einer Verwandten HEINRICHS II. Zu dieser Hadwig weiß die Tradition des Nellenburger Hausklosters Allerheiligen sogar weitergehend, sie sei " des hohen kaiser Hainriches swester Tochter" gewesen (Buch der Stifter Seite 2) Dieses Problem hat die Genealogen mehrfach beschäftigt, ohne daß ihnen freilich - wie Hirsch Band 1, Seite 339 ff., nach dem Referat der einzelnen Erkärungsmodelle resümiert - eine überzeugende Lösung gelang. Nach Hirsch hat sich Gisi, Haduwig passim, mit der Frage beschäftigt: er sieht in Hadwigs Vater in Graf Gerhard von Elsaß und macht somit Hadwig zur Tochter der Eva, einer Tochter Graf Siegfrieds von Luxemburg; auf diese Weise wäre Hadwig, wenn auch keine "swester tochter", so doch die Tochter einer Schwägerin Kaiser HEINRICHS II. gewesen. Eckhardt, Eschwege Seite 89-93, macht hingegen die Eppo-Gemahlin Hadwig zu einer Tochter Herzog Burchards II. von Schwaben und dessen Gemahlin Hadwig, die ja eine Schwester Herzog Heinrichs des Zänkers gewesen ist. Gegen die These Eckhardts konnte Zotz, Breisgau Seite 143f., vorbringen, daß Ekkehard IV. von St. Gallen c. 90, Seite 184, berichtet, die Ehe zwischen Burchard II. und Hadwig wegen des Altersunterschiedes der Ehegatten gar nicht vollzogen worden. Dennoch, so Zotz weiter, bringe die Identifizierung Eckhardts wenn auch keinen gesicherten Nachweis, so doch einen gebündelten Hinweis auf die enge Verwandtschaft zwischen BURCHARDINGERN und NELLENBURGERN". Hils, Grafen Seite 18, wies in seiner Studie zu den NELLENBURGERN auf die Thesen Gisis hin, die "auch ... nur eine Hypothese, wenn auch eine sehr wahrscheinliche" seien.

    Wipos Leben Konrads II.: Seite 539, in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI
    2. Die Königswahl.

    Zwischen dem Mainzer und dem Wormser Gebiete ist ein Platz von weiter Ausdehnung, welcher wegen seiner ebenen Lage eine sehr große Menschenmenge faßt und in Folge der Inselverstecke für geheime Berathungen sicher und geeignet ist; doch über Name und Lage des Ortes genauer zu berichten überlasse ich den Topographen, ich aber kehre zu meiner Aufgabe zurück. Indem dort alle Großen und, wenn ich so sagen soll, das Mark und der Kern des Reichs sich versammelten, schlugen
    sie hier an beiden Seiten des Rheines ihr Lager auf. Da dieser Gallien von Deutschland trennt, kamen von deutscher Seite die Sachsen mit den ihnen anwohnenden Slaven, die Ostfranken, die Noriker und die Alamanen zusammen. Von Gallien her aber vereinigten sich die am Rheine wohnenden Franken, die Ripuarier und die Lothringer. Es handelt sich um das Höchste, man schwankt bei der Unsicherheit der Wahl, zwischen Hoffnung und Furcht schwebend fragten Verwandte sich einander nach den verschiedenen Wünschen, und Freunde lange Zeit sich gegenseitig aus. Galt ja doch die Berathung nicht einer Sache von gewöhnlicher Bedeutung, sondern einer solchen, die da, wenn sie nicht mit warmem Herzen in größtem Eifer geschmiedet wurde, den ganzen Reichskörper ins Verderben zog.
    Und um mich eines bekannten Wortes zu bedienen: Wohl bekommt es dem Munde, daß die Speise gut gekocht werde, welche roh genommen Gefahr bringt; und wie man sagt: Ein Heilmittel, welches für das Auge bestimmt ist, muß vorsichtig bereitet werden! Da solcher Maaßen lange gestritten wurde, wer König sein sollte, und da dem einen ein bald noch zu unreifes, bald ein zu hohes Alter, dem andern sein noch nicht genügend erprobter Charakter, manchem ein offenkundiger Uebermuth hindernd im Wege stand, so wurden unter den vielen wenige gewählt, und aus den wenigen nur zwei ausgesondert, bei denen nun die schließliche Entscheidung, nachdem sie von den bedeutendsten Männern mit der größten Sorgfalt lange berathen war, endlich in einheitlicher Wahl zur Ruhe gelangte.
    Es waren zwei Kunone, von denen der eine, weil älter an Jahren, der ältere Kuno genannt wurde, der andere aber der jüngere Kuno hieß, beide in Deutschfranken durch sehr vornehme Herkunft hervorragend, zwei Brüdern entstammend, von denen der eine Hezel, der andere Kuno hieß. Diese aber waren, wie wir hören, Söhne des Frankenherzogs Otto, mit noch zwei anderen, Bruno und Wilhelm, von denen Bruno auf den apostolischen Stuhl der Römischen Kirche zum Papste erhoben, mit Aenderung seines Namens Gregor hieß; Wilhelm aber, der Bischof von Straßburg wurde, diese Kirche zu wunderbarer Blüthe erhoben hat. Während die beiden vorgenannten Kuno's, wie gesagt, väterlicherseits von sehr edler Herkunft waren, waren sie von mütterlicher Seite nicht weniger ausgezeichnet. Die Mutter des jüngeren Kuno, Mathilde, stammte von der Tochter Konrads, des Königs von Burgund. Die Mutter des älteren Kuno, Adelheid, war einem sehr vornehmen Geschlechte der Lothringer [79 Adelheid, vermählt 1) mit Konrads II. Vater Heinrich, 2) mit einem fränkischen Adligen (Sohn: Bischof Gebhard III. von Regensburg, 1036-1060), starb 1037/46. Brüder: Gerhard von Elsaß (vermählt mit Eva von Luxemburg, Schwester der Kaiserin Kunigunde), Hugo III. von Egisheim und Adalbert; mit ihnen kämpfte Konrad am 27. August 1017 gegen den Kaiser (vgl. Thietmar VII, 45) bzw. gegen Herzog Gottfried von Nieder-Lothringen. Anlaß: Nachfolge in Kärnten.] entsprossen. Diese Adelheid war eine Schwester der Grafen Gerhard und Adalbert, die, in stetigem Kampfe mit Königen und Herzogen liegend, schließlich sich kaum bei der Wahl ihres Verwandten, des Königs Konrad beruhigten; und ihre Ahnen, so erzählt man, stammten von dem alten Geschlechte der trojanischen Könige ab, welche unter dem seligen Bekenner Remigius das Joch des Glaubens auf sich nahmen.

    Weinfurter, Stefan: Seite 69,194, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten."

    Als Parteigänger des Königs zeichnete sich der bereits erwähnte Graf Gerhard vom Elsaß aus, der mit Eva, einer Schwester der Königin, verheiratet war.
    Kunigundes Schwester Liutgard war seit 980 die Frau des Grafen Arnulf von Westfriesland. Eine andere Schwester, Eva, war noch vor dem Jahr 1000 Gerhard von Ober-Lothringen angetraut worden.

    Twellenkamp, Markus: Seite 481, "Das Haus der Luxemburger" in: Die Salier und das Reich

    [42 Gerhard von Metz war der Mann der Eva, einer Schwester Kunigundes; vgl. Hirsch, Jahrbücher Heinrichs II., Band 1 (wie Anmerkung 34), Seite 535.]

    1000 oo Gerhard Graf von Metz 965-28.12.1024/25
    Kinder:
    - Siegfried - 1017
    - Berscinda Äbtissin von Remiremont -14.5. vor 1052

    Literatur:
    Baumgärtner, Ingrid (Hg): Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, Furore Verlag Kassel 1997 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 5 Seite 10,127 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 332,358 - Hils, Kurt: Die Grafen von Nellenburg im 11. Jahrhundert, Bernhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1967 Seite 18,67 - Hirsch, Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II., Verlag von Duncker & Humblot Berlin 1864 Band I Seite 339,535,537 - Hlawitschka, Eduard: Studien zur Äbtissinnenreihe von Remiremont (7.-13. Jh.), Saarbrücken 1963, Seite 14,52,62,71 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 63,83,88-92,112,119,121,124,136,138,146,178 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 401 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus, Bonn 1941 Seite 83,101,103,104, 114 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 403 - Twellenkamp, Markus: Das Haus der Luxemburger, in Die Salier und das Reich, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992 Band 1 Seite 481 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1999, Seite 69,194 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Band IV Seite 471 - Wipos Leben Konrads II. in: Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters Band XI Seite 539 -

    Eva heiratete von Metz, Gerhard in 1000. Gerhard (Sohn von von Metz, Richard) wurde geboren in 965; gestorben in 1024/1025. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 330. von Metz, Siegfried  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 1017.
    2. 331. von Metz, Berscinda  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben vor 1052.

  30. 260.  von Luxemburg, Kunigundevon Luxemburg, Kunigunde Graphische Anzeige der Nachkommen (197.Siegfried11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 975; gestorben am 3 Mrz 1033 in Kaufungen [34260],Kassel,Hessen,Deutschland; wurde beigesetzt in Bamberg [96047],Bamberg,Bayern,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Deutschland; Deutsche Königin
    • Titel/Amt/Status: Bayern,Deutschland; Herzogin von Bayern
    • Titel/Amt/Status: seit 14 Feb 1014; Römische Kaiserin

    Notizen:

    Kunigunde schreitet über glühende Pflugscharen, um den Verdacht der ehelichen Untreue abzuwehren
    Darstellung im Bamberger Dom

    HeiligeKunigunde



    Neue Deutsche Biographie - Kunigunde

    heilig, Kaiserin, † 3.3.1033 Kaufungen (Hessen), ⚰ Bamberg, Dom.

    Leben
    K. heiratete etwa 998-1000, jedenfalls noch unter der Regierung Kaiser Ottos III., den späteren Kaiser Heinrich II. Sie wurde 1002 von EB Willigis von Mainz in Paderborn zur Königin, 1014 von Papst Benedikt VIII. in Rom zur Kaiserin gekrönt und übte auf die Regierungsgeschäfte einen nicht unerheblichen Einfluß aus; sie intervenierte in wichtigen Angelegenheiten, begünstigte den EB Aribo von Mainz und vertrat gelegentlich ihren Gemahl. Mit ihrem Bruder, Hzg. Heinrich V. von Bayern, arbeitete sie eng zusammen. Daß sie die Ausstattung des Bistums Bamberg förderte, soweit es an ihr lag, ist urkundlich bezeugt. Nach dem Tode des Kaisers sorgte sie gemeinsam mit ihren Brüdern Heinrich von Bayern und Dietrich von Metz für die Aufrechterhaltung der Ruhe im Reich. Als Witwe zog sie sich in das von ihr 1017 nach der Genesung von einer Krankheit an dem Pfalzort Kaufungen gegründete Nonnenkloster zurück, wo sie ihre letzten Lebensjahre zubrachte. Bald entstand die Sage von ihrer Josefsehe. Ihre Gestalt wurde immer stärker in die Heinrichslegende einbezogen. Die Kinderlosigkeit des Herrscherpaares ließ das Gerücht von einer Josephsehe aufkommen und das Legendenmotiv des Gottesurteils, wonach K. zum Beweis ihrer Jungfräulichkeit über zwölf glühende Pflugscharen schreiten mußte. Vor 1199 verfaßte ein Anonymus ihre Vita, am 29.3.1200 wurde sie heiliggesprochen.

    Literatur
    Vita (legendär): Acta Sanctorum Mart. I (1667) 272-278; MGH SS 4, 821-24; Jbb. d. Dt. Gesch., Heinrich II.; J. P. Toussaint, Gesch. d. hl. K. v. Luxemburg, 1901; H. Günter, Kaiser Heinrich II. u. Bamberg, in: HJb. 59, 1939; H. Renn, Das erste Luxemburg. Grafenhaus (936–1136), in: Rhein. Archiv 39, 1941; G. Ulrich, Die hl. K., 1954; R. Klauser, Der Heinrichs- u. K.-Kult im ma. Bistum Bamberg, 1957; R. Reinhardt, Kaiser Heinrich II d. Hl. u. s. Gemahlin Kaiserin K., in: Bavaria Sacra I, hrsg. v. G. Schwaiger, 1970, S. 233-48.

    Portraits
    P. E. Schramm, Die dt. Kaiser u. Könige in Bildern ihrer Zeit, 1928, S. 197, 199, Abb. Nr. 81, 89 a-c.



    Begraben:
    Dom

    Gestorben:
    Kloster Kaufungen

    Kunigunde heiratete von Bayern, Heinrich II. in 1000. Heinrich (Sohn von von Bayern, Heinrich II. und von Burgund, Gisela) wurde geboren am 6 Mai 973; gestorben am 13 Jul 1024 in Göttingen [37001],Göttingen,Niedersachsen,Deutschland; wurde beigesetzt in Bamberg [96047],Bamberg,Bayern,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]


  31. 261.  von Luxemburg, Dietrich II. Graphische Anzeige der Nachkommen (197.Siegfried11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben in 1046/1047; wurde beigesetzt in Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 1006-1047, Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Bischof von Metz

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie - Dietrich II.

    Bischof von Metz (seit 1005), † 30.4.1047, ⚰ Dom zu Metz.

    Leben
    Dietrich wurde 1005 zum Vormund und Bistumsverweser für seinen noch minderjährigen Neffen Adalbero, electus von Metz, eingesetzt. Mit Hilfe eines Volksaufstandes verjagte er Adalbero und ließ sich ohne|königlichen Konsens zum Bischof von Metz ausrufen. Diese Wirren standen in unmittelbarem Zusammenhang mit den lothringischen Parteikämpfen um die Vormachtstellung des regierenden Herzogshauses und der Luxemburger in diesem Raum. Als die Luxemburger versuchten, nach dem Metzer Vorbild durch die Kandidatur von D.s Bruder Adalbero unter Umgehung des Königs auch im Erzstift Trier Fuß zu fassen, kam es zu langwierigen Auseinandersetzungen mit Heinrich II., der das Bistum Metz vor allem durch Kontingente heidnischer Liutizen verwüstete. Auf die Banndrohung hin, die der deutsche Episkopat auf der Koblenzer Synode von 1012 aussprach, lenkte D. ein und näherte sich wieder dem Kaiser (1013/17). Die endgültige Aussöhnung erfolgte 1018 anläßlich der Wiedereinsetzung von D.s Bruder Heinrich als Herzog von Bayern. Bei der Königswahl von 1024 vertrat D. zusammen mit EB Aribo von Mainz die Kandidatur Konrads des Älteren, während seine lothringischen Gegner Konrad den Jüngeren unterstützten. Namentlich am Hof Konrads II. erlangte D. großen Einfluß.

    Während Dietrichs Regierung (1014) wurde der Grundstein zur romanisch-gotischen Kathedrale von Metz gelegt, die erst im 15. Jahrhundert vollendet wurde. D. selbst schenkte seiner Bischofskirche ein Armreliquiar ihres Patrons, des heiligen Erzmärtyrers Stephanus.

    Literatur
    ADB V (Literatur); eine eigene Vita Dietrich II.s fehlt; einzelne Nachrichten bei Alpert, De episcopis Mettensibus, in: MGH SS IV, S. 700; Sigebert v. Gembloux, Vita Deoderici (I.) episcopi Mettensis. ebd., S. 483; Thietmari Merseburgensis episcopi Chronicon, ed. R. Holtzmann, 1935, VI, cap. 25; Regg. Imp. III, ed. H. Appelt, 1951; S. Hirsch, Jbb. d. Dt. Reiches unter Heinr. II., 1862/75; H. Bresslau, dass. unter Konrad II., 1879/84; E. Steindorff, dass. unter Heinr. III., 1874/81; Hauck III, S. 999 u. ö.; R. Parisot, Les origines de la Haute-Lorraine et de sa maison ducale 953-1033, Paris 1909 (auch f. Vt Dietrich); J. B. Pelt, Etudes sur la cathédrale de Metz, Metz 1930; R. S. Bour, La plus ancienne cathédrale de Metz, in: Annuaire de la Société d'histoire et d'archéologie de la Lorraine 42, Metz 1933, S. 145-372; C. Wampach, Urkk.- u. Quellenbuch z. Gesch. d. altluxemburg. Territorien bis z. burgund. Zeit I, 1935; H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, in: Rhein. Archiv 39, 1941.

    Portraits
    Grabmal im Dom zu Metz (während Franz. Rev. zerstört).



    Begraben:
    Kathedrale


  32. 262.  von Luxemburg, Friedrich I. Graphische Anzeige der Nachkommen (197.Siegfried11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 965; gestorben in 1019.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Hessengau,Hessen,Deutschland; Graf im Hessengau
    • Titel/Amt/Status: Moselgau; Graf im Moselgau
    • Titel/Amt/Status: Luxemburg; Graf von Luxemburg

    Notizen:

    Friedrich
    Graf im Hessen- und Moselgau
    Graf von Luxemburg
    965 - 1019
    4. Sohn des Grafen Siegfried I. vom Moselgau und der Hadwig

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 45. FRIEDRICH, Graf im Moselgau (von Luxemburg)
    * wohl ca. 965, + 1019
    Gemahlin:
    vor 995
    N., Tochter des Grafen Heribert im Kinziggau (siehe VIII 16)
    Anmerkungen: Seite 127
    VIII. 45. Friedrich
    Siehe Hirsch, a.a.O. 1, 536. Todeszeit Ann. Quedlinb. S. S. 3,84.
    Gemahlin: Vita Adelh. Vil. S. S. 17,757. [VIII 71]
    Ergänzung (Wolf):
    Kinder siehe IX 22-31.

    Thiele Andreas: Tafel 66, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte", Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I

    FRIEDRICH I. + 1019

    Graf im Hessen- und Moselgau, Graf von Luxemburg, Vogt von Trier, Stablo und Metz, rebellierte 1008-1012 gegen den kaiserlichen Schwager und war 1011/12 inhaftiert. Nach der Aussöhnung war er wieder kaiserliche Hilfe und stritt viel mit den Bischöfen.

    oo Irmintrud von Gleiberg, Tochter und Erbin des Grafen Heribert (Haus der KONRADINER)

    Annalen von Quedlinburg:

    Das Jahr 1019.

    Nachdem der Kaiser Weihnachten in der Stadt Pathelburg gefeiert, brachte er die Fastenzeit in Gosleri zu. Von dort zog er in Begleitung der Kaiserin und seiner Base, der ehrwürdigen Aebtissin von Quedelingaburg Adelheid, nach Walbiki, wo er mit den Bischöfen und dem versammelten Gesinde Gottes von beiden Geschlechtern, welche eifrig im Lobe Gottes mit einander abwechselten, den Palmentag froh und festlich feierte. Dann kam er nach Mersburg um die Osterfreude zu feiern, wo die kundgewordene Nichtswürdigkeit Vieler mit der verdienten Strafe belegt wurde. In diesem selben Jahre starb Friderich, der Kaiserin Kunigunde Bruder. Der obengenannte Bolizlav unterwarf mit Hülfe der Sachsen Ruzien.

    Twellenkamp Markus: Band I Seite 483,489, "Das Haus der Luxemburger, in: Die Salier und das Reich

    So bleibt der von Kunigundes Familienangehörigen an der Wahl des älteren Konrad im Dunkeln, jedoch wird man vermuten können, daß sie sich für den am 4. September 1024 gewählten älteren Konrad entschieden haben, zumal sie weitläufig mit ihm verwandt waren [55 Die Gemahlin Friedrichs von Gleiberg, des Bruders von Kaiserin Kunigunde und Herzog Heinrich von Bayern, war eine Schwester Ottos von Hammerstein, dessen Vater Heribert mütterlicherseits in direkter Linie von KARL DEM GROSSEN abstammte. Heriberts Frau Irmintrud war die Enkelin von Gottfried, dem Urgroßvater KONRADS II., die Gemahlin Graf Friedrichs vom Moselgau damit im 2. bzw. 3. kanonischen Grad mit KONRAD II. und seiner Frau Gisela verwandt; vgl. Renn, Luxemburger (wie Anmerkung 1), Seite 114.115. Die Verwandtschaft mit dem salischen Königshaus ist auch durch Alberich von Trois-Fontaines bezeugt, der an einer Stelle Graf Giselbert von Salm, einen Neffen Kunigundes, als nepos KONRADS II. bezeichnet hat (Chronica Albrici monachi trium fontium, MGH SS 23, Seite 782, Z. 34ff.; vgl. Renn, Luxemburger, Seite 127).].
    Hermann von Gleiberg war ein Enkel Siegfrieds und ein Sohn des mit der Erbin von Gleiberg verheirateten Grafen Friedrich vom Moselgau.

    Renn, Heinz: Seite 82,100,106, "Das erste Luxemburger Grafenhaus"

    Kunigundens Bruder Friedrich, Graf im Moselgau, hat sich mit der Tochter eines mächtigen fränkischen Geschlechtes verheiratet, die als Mitgift große Besitzungen an der Lahn erhält.
    Kunigundens Bruder Friedrich hat nämlich eine Schwester Ottos von Hammerstein zur Gattin. Damit wären deren Kinder bei einer Nichtigkeitserklärung der Ehe die Miterben ihres Onkels [56 Schenk zu Schweinsberg hat zuerst darauf aufmerksam gemacht, in: Archiv f. Hess. Gesch., N.F., III, Seite 359. Doch bleibt seine Meinung dahingestellt.].
    Von den sechs Brüdern der Kaiserin Kunigunde hat nur, soweit wir wissen, Friedrich Nachkommen hinterlassen; so ist er der Stammvater der weiteren Grafen von Luxemburg. Nur spärliche Nachrichten sind uns von ihm überkommen. Hermann von Reichenau nennt ihn Bruder der Königin Kunigunde, des Bischofs Theoderich von Metz, Heinrichs von Bayern und des Klerikers Adalbero. In einer Urkunde von 1004 tritt er als Obervogt von Stablo auf. Damit ist jene mächtige Abtei, die sich einstens einer Machtausdehnung des Grafen Sigfrid so erbittert entgegenstellte, doch unter den Einfluß Luxemburgs gekommen. Da wir Heinrich I. von Luxemburg-Bayern als Obervogt von St. Maximin und Echternach kennen lernten, sind zur Zeit HEINRICHS II. drei mächtige Abteien in der Hand der Luxemburger Familie vereinigt.
    Friedrich ist nach allgemeiner Ansicht Graf im Moselgau gewesen; denn sein ältester Sohn Heinrich wird am 281.1026 noch zu Lebzeiten seines gleichnamigen Oheims, dessen Erbe er als Graf von Luxemburg antritt, Inhaber dieses Gaues genannt. Sehr alt ist Friedrich nicht geworden. Seine Heirat ist, wie wir noch sehen werden, nach 985 anzusetzen. So wird Friedrich in den 60-er Jahren des 10. Jahrhunderts geboren sein und hat demnach noch nicht ein Alter von 60 Jahren erreicht, als er 1019 aus dem Leben scheidet [4 Annalium Quedlinburgensium Continuatio zum Jahre 1019 = SS. III; Seite 84: Hoc ipso anno Fridericus, frater Cunigundae imperatricis, defunctus est. Siehe dazu bei Wampach, U.Q.B., nr. 225.].
    Den Namen von Friedrichs Gemahlin kennen wir nicht. Depoin glaubt sie Gisela nennen zu dürfen. Doch das Vorkommen einer Gräfin Geila im Nekrolog von Echternach allein rechtfertigt diese Annahme nicht.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 53,62, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert"

    Außerdem läßt sich, weil ja Graf Friedrich vom Moselgau, der Sohn des Grafen Siegfried von Luxemburg, als Vater des Herzogs Heinrich von Bayern, des Bischofs Adalbero III. von Metz usw. urkundlich feststeht, NN nur als eine Tochter (und nicht etwa als ein Sohn) Irmintruds (= Imizas) und Heriberts von der Wetterau verifizieren und ihr wiederum der Graf Friedrich vom Moselgau als Gemahl zuschreiben.
    Doch spricht auch anderes dagegen. Ein beredtes Zeugnis gegen eine solche Abkunft ist, daß Graf Friedrich vom Moselgau, ein Enkel Wigerichs und Kunigundes durch Siegfried von Luxemburg, bei seiner Heirat mit der Gerbirg/Megingoz-Enkelin NN eine Nahehe im 2 : 4 kanonischen (= 6. römischen) Verwandtschaftsgrade eingegangen wäre, was ihn bei seinem Schwager, Kaiser HEINRICH II., gegen den er sich seit 1005 aufzulehnen begann, noch stärker angreifbar gemacht hätte, als Otto und Irmgard von Hammerstein.





    985/90 oo Irmtrud von der Wetterau, Tochter des Grafen Heribert, Erbin von Gleiberg

    Kinder:

    - Heinrich II. Graf von Luxemburg ca 1005-14.10.1047
    - Friedrich II. Herzog von Nieder-Lothringen ca 1005-18.5.1065
    - Adalbero III. Bischof von Metz (1047-1072) ca 1010-13.11.1072
    - Giselbert Graf von Luxemburg ca 1005-14.8.1056/59
    - Otgiva ca. 995-21.2.1030
    ca 1015 oo Balduin IV. Graf von Flandern 980-30.5.1035
    - Dietrich Graf von Luxemburg 1036 und 1045 erwähnt, ca 1015-
    - Hermann I. Graf von Gleiberg ca 1015- nach 1075
    - Irmtrud (Imiza) ca 990-2.3. nach 1055
    1005 oo Welf II. Graf von Altdorf 960/70-10.3.1030
    - Oda Äbtissin von Luneville
    - Gisela - 21.5. nach 1058
    oo Rudolf von Gent Herr zu Alost - vor 1056



    Literatur:
    Annalen von Quedlinburg a 1019 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 5 Seite 10,127 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 481,489,530 - Hirsch, Siegfried: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich II., Verlag von Duncker & Humblot Berlin 1864 Band I Seite 536 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 53, 62,88,109,112,132 - Meyer von Knonau, Gerold: Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V. 1. - 7. Band, Verlag von Duncker & Humblot Leipzig 1890 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus, Bonn 1941 Seite 82,100,106 - Twellenkamp, Markus: Das Haus der Luxemburger, in Die Salier und das Reich, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992 Band 1 Seite 475-503 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 194 -

    Friedrich heiratete von der Wetterau, Irmintrud in 985/990. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 320. von Luxemburg, Oda  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 321. von Luxemburg, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 322. von Luxemburg, Otgiva  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 995; gestorben am 21 Feb 1030.
    4. 323. von Luxemburg, Giselbert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 997; gestorben in 1056/1059.
    5. 324. von Gleiberg, Hermann I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 997; gestorben um 1062.
    6. 325. von Luxemburg, Heinrich II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 1005; gestorben am 14 Okt 1047; wurde beigesetzt in Trier [54290],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland.
    7. 326. von Lothringen, Friedrich II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 1005; gestorben in 1065; wurde beigesetzt in Stablo [4970],Wallonien,Belgien.
    8. 327. von Luxemburg, Adalbero III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 1010; gestorben am 13 Nov 1072.
    9. 328. von Luxemburg, Dietrich  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 1015; gestorben nach 1045.

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 332. von Luxemburg, Irmtrud  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 1000; gestorben nach 1056; wurde beigesetzt in Altomünster [85250],Dachau,Bayern,Deutschland.

  33. 263.  von Lothringen, Reginar Graphische Anzeige der Nachkommen (200.Gozelo11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben am 18 Apr 963.

  34. 264.  von Arlon, Heinrich Graphische Anzeige der Nachkommen (200.Gozelo11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Arlon [6700],Wallonien,Belgien; Graf von Arlon

    Notizen:

    Titel/Amt/Status:
    950/963 bezeugt

    Gestorben:
    6.9.1000

    6. Oktober


  35. 265.  von Verdun, Gottfried I. Graphische Anzeige der Nachkommen (200.Gozelo11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 930/935; gestorben nach 997.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Bidgau,Deutschland; Graf im Bidgau
    • Titel/Amt/Status: Methingau; Graf im Methingau
    • Titel/Amt/Status: Verdun [55100],Lothringen,Frankreich; Graf von Verdun
    • Titel/Amt/Status: Ename [9700],Flandern,Belgien; Markgraf von Eenham

    Notizen:

    Neue Deutsche Biographie - Gottfried der Gefangene

    Graf von Verdun, * um 930/35, † 3.9. nach 997 (wohl 1005).

    G. wird im letzten Drittel des 10. Jahrhunderts zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten an der deutschen Westgrenze. 959 zunächst als Graf im Bidgau bezeugt und von 960-66 als Graf im Methingau nachweisbar, tritt er seit den frühen sechziger Jahren auch wiederholt in Verduner Urkunden als Graf hervor (Nachfolger eines Grafen Rudolf). Wieweit sein Bruder Heinrich dabei an der Verwaltung des Verduner Raumes mitbeteiligt war, bleibt unbekannt. Seit 969 erscheint G. auch in Genter Rechtsakten; er war also damals bereits im Besitz des Burgbannbezirkes um Eename (seit 965?), den er im Verlauf der nächsten Jahrzehnte zu einer echten Mark ausbaute und in das ottonische Grenzsicherungssystem im Nordwesten einreihte. Begünstigt wurde dieser Aufbau eines neuen Machtkernes gewiß durch G.s circa 963 erfolgte Verehelichung mit Mathilde, der Witwe Balduins III. von|Flandern. – Nachdem die beiden Grafen Werner und Reinold Ende 973 von den Söhnen des aufrührerischen und 958 verbannten sowie seiner Besitzungen und Ämter beraubten Reginar III. erschlagen worden waren, erhielten G. und der Graf Arnulf von Valenciennes die Verwaltung der Reginar-Grafschaften im Hennegau und in Brabant. So erstreckten sich G.s Herrschaftsgebiet und seine Besitzungen von der Grenze Flanderns über den Hennegau, das Maas- und Moseltal weit nach Oberlothringen hinein. Einen mit dem Ziel der Wiedererlangung des väterlichen Besitzes geführten Angriff der Reginarsöhne konnten G. und Arnulf 976 in Bergen (Mons) abwehren, wobei G. aber schwer verwundet wurde. Hochverdient machte er sich 2 Jahre später, als er das deutsche Heer beim Rückmarsch von einem Vergeltungszug Ottos II. gegen König Lothar von Frankreich wegen dessen Überfall auf die Pfalz Aachen aus einer gefährlichen Situation beim Übergang über die Aisne rettete. Nach Ottos II. Tode setzte sich G. mit vielen anderen lothringischen Großen offen für die Nachfolge Ottos III. und gegen die Ansprüche Heinrichs des Zänkers ein, wobei auch an eine Beschützerrolle Lothars von Frankreich über den jungen, ihm verwandten Otto III. gedacht wurde. Dem Versuch Lothars, Lothringen als Faustpfand in schnellem Zugriff zu gewinnen, widersetzte sich G. aber energisch. Nachdem Verdun im Sommer 984 nach kurzer Gegenwehr von Lothar besetzt worden war, sorgte er mit anderen lothringischen Großen für die Wiedergewinnung (Herbst 984). Im Januar-Februar 985 konnte jedoch ein starkes französisches Heer Verdun erneut belagern und bezwingen. G. und andere Edle wurden in Gefangenschaft geführt. Während die anderen Mitgefangenen schon bald freigelassen wurden, erlangte G., der sich standhaft weigerte, bestimmte Burgen und Herrschaftsrechte abzutreten, erst am 17.6.987 – unter veränderten Bedingungen im Westreich – seine Freiheit wieder. Infolge seiner Standhaftigkeit und Treue gegenüber dem Reich genoß er hinfort nicht nur große Achtung, wie etwa bei der Synode von Mouzon im Reimser Bischofsstreit (995) deutlich wurde; als G. der Gefangene ging er dadurch auch in die Geschichte ein.

    Literatur
    ADB IX; F. Lot, Les derniers Carolingiens, Paris 1891; R. Parisot, Les origines de la Haute-Lorraine, ebd. 1909; H. Franz-Reinhold, Die Marken Valenciennes, Eename u. Antwerpen im 10. u. 11. Jh., in: Rhein. Vjbl. 10, 1940, S. 234 ff.; H. Sproemberg, Die lothring. Pol. Ottos d. Gr., ebd. 11, 1941, S. 68-90; H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, in: Rhein. Archiv 39, 1941, S. 36 ff.; Jbb. d. Dt. Gesch., Otto III.



    Gestorben:
    3.9. (wohl 1005)

    Gottfried heiratete Billung, Mathilde um 963. Mathilde (Tochter von Billung, Hermann I.) wurde geboren in 935/945; gestorben am 25 Mai 1008. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 333. von Niederlothringen, Gottfried II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 965; gestorben in 1023; wurde beigesetzt in Verdun [55100],Lothringen,Frankreich.
    2. 334. von Lothringen, Gozelo I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 970; gestorben am 19 Apr 1044; wurde beigesetzt in Munsterbilzen [3740],Flandern,Belgien.
    3. 335. von Verdun, Friedrich  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 6 Jan 1022.
    4. 336. von Eenham, Hermann  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 28 Mai 1029; wurde beigesetzt in Verdun [55100],Lothringen,Frankreich.
    5. 337. von Verdun, Adalbero II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 964; gestorben am 19 Mrz 991.
    6. 338. von Verdun, Irmgard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 975; gestorben in 1042.

  36. 266.  von Reims, Adalbero Graphische Anzeige der Nachkommen (200.Gozelo11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 935/940; gestorben am 23 Jan 989; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 969-989, Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich; Erzbischof von Reims

    Notizen:

    Denier des Adalbero von Reims

    Denier de Reims (Caron 589)



    Adalbero Erzbischof von Reims (969-989)

    um 935/40-23.1.989 Begraben: Reims
    Sohn des Ardennergaugrafen Gozelo und der Uda (Oda) von Metz, Tochter von Graf Gerhard I.

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 92

    Adalbero, Erzbischof von Reims seit 969
    * gegen 920/30, + 23. Januar 989

    Entstammte einer mächtigen Familie (ARDENNER-Grafen) aus Lothringen, war der Neffe des Bischofs von Metz, Adalbero, und des Herzogs von Ober-Lothringen, Friedrich I. Adalbero wurde in der Abtei von Gorze erzogen, war Domherr der Kirche von Metz und Nachfolger Odalrichs als Erzbischof von Reims; als Seelsorger spielte er eine überragende Rolle. Er reformierte die Abteien von Mouzon (971) und Saint-Thierry (972), indem er die Kleriker, die sie innehatten, durch Benediktinermönche aus St-Remi ersetzte. Im Mai 972 hielt er eine Synode in Mont-Notre-Dame ab, um die Reform von Mouzon und die Vereinigung des kleinen Klosters von St-Timothee mit St-Remi, vom Papst bereits sanktioniert, genehmigen zu lassen. Schließlich rief er gegen 977/83 in Mont-Notre-Dame die Äbte der Provinz von Reims zusammen, um unter den Vorsitz Raouls von St-Remi die Vereinheitlichung der klösterlichen Bräuche zu besprechen. Zur selben Zeit reformierte Adalbero sein Domkapitel sowie die Stiftskirche St-Denis, indem er die Domherren zwang, in Gemeinschaft zu leben. Um das intellektuelle Niveau seines Klosters zu heben, vertraute er 972 Gerbert von Aurillac die Leitung der Stiftsschule an. Außerdem verschönerte er seinen Dom. Die politische Aktivität Adalberos verstärkte sich, als 984 König Lothar von W-Franken sich mit dem Herzog Heinrich von Bayern gegen OTTO III. verband und Verdun einnahm. Der König setzte den Grafen Gottfried von Verdun, den Bruder des Erzbischofs, gefangen (März 985). Wegen seiner allzu offenen Begünstigung der OTTONEN wurde Adalbero bald darauf des Verrats angeklagt und am 11. Mai 985 in Compiegne dem Gericht übergeben. Sein Prozeß wurde ein erstes Mal eingestellt dank der Intervention von Hugo Capet, nach dem Tod Lothars (2. März 986) von dessen Sohn, König Ludwig V., am 18. Mai 987 wiederaufgenommen, aber der unerwartete Tod dieses Fürsten beendete ihn plötzlich am 22. Mai. Unter dem Einfluß Hugo Capets sprach der Hof den Erzbischof frei. Adalbero wies die Ansprüche von Lothars Bruder, Karl, zurück, ließ in Senlis Hugo Capet zum König wählen und salbte ihn am 1. Juni 987 zu Noyon. Karl, der auf seine Rechte nicht verzichtet hatte, bemächtigte sich Laons, das Hugo 988 vergebens belagert hatte. Adalbero starb vor dem Ausgang des Kampfes. Sein Grab in der Kathedrale von Reims ist ein seltenes und schönes Beispiel für die Grabbkunst des 10. Jahrhunderts.

    Literatur:
    H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, Rhein. Archiv, 39, 1941, 28-51 - P. E. Schramm, Der König von Frankreich, 1960 - H. Zimmermann, Frankreich und Reims in der Politik der Ottonenzeit, MIÖG 20, 1962 - H. Fichtenau, Vier Reichsbf.e der Ottonenzeit, Fschr. F. Maass, 1973, 81-96.




    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 70,93 - Renn Heinz, Das erste Luxemburger Grafenhaus, Rhein. Archiv, 39, 1941, Seite 28-51 -



    Wikipedia Adalbero von Reims


    Adalbero von Reims († 23. Januar 989) aus der Familie der Wigeriche war von 969 bis zu seinem Tod Erzbischof von Reims.
    Er war ein Sohn des Grafen Gozelo im Bidgau und Methingau, und der Uda von Metz, folglich ein Bruder des Grafen Gottfried, gen. der Gefangene, von Verdun, väterlicherseits ein Neffe des Bischofs Adalbero I. von Metz, mütterlicherseits ein Neffe des Erzbischofs Wichfrid von Köln.
    Als loyaler Gefolgsmann Kaiser Ottos I. wurde er 969 Erzbischof von Reims und Erzkanzler. Er machte aus seiner Residenz ein intellektuelles und künstlerisches Zentrum, und schmückte seine Kathedrale mit Bronzen und Fenstern. Zu seinem Scholastiker machte er Gerbert von Aurillac.
    Im Konflikt zwischen den Karolingern Lothar († 986) und Ludwig V. († 987), dem Herzog Karl von Niederlothringen, dem deutschen Kaiser Otto II. und Hugo Capet, in den er tief verwickelt war, entkam er nur knapp einem Hochverratsprozess in Compiègne, zuerst 985, dann 987 ein weiteres Mal.
    Er salbte 979 Ludwig V., den letzten Karolinger, zum König von Frankreich ebenso wie am 3. Juli 987 seinen Verbündeten Hugo Capet, nach dessen Wahl, der er vorsaß, und schließlich dessen Sohn, den späteren Robert II.

    Literatur
    Friedrich Wilhelm Bautz: Adalbero, Erzbischof von Reims. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 1, Bautz, Hamm 1975. 2., unveränderte Auflage Hamm 1990, ISBN 3-88309-013-1, Sp. 23.


  37. 267.  von Nordgau, Hugo raucus III. Graphische Anzeige der Nachkommen (201.Liutgard11, 161.Kunigunde10, 134.Ermentrud9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 945; gestorben in 974/986.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Nordgau,Elsass,Frankreich; Graf im elsässigen Nordgau

    Notizen:

    Hugo III. raucus Graf im elsässigen Nordgau
    um 945 + nach 974/vor 986
    Einziger Sohn des Grafen Eberhard III. von Egisheim und der Liutgard, Tochter von Pfalzgraf Wigerich

    Glocker Winfrid: Seite 312, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik."
    VI. 65. NNw oo Hugo raucus 951-973/c. 985 Graf im elsässischen Nordgau

    Die elsässischen Grafen von Dagsburg-Egisheim erscheinen wiederholt als "propinqui" Kaiser KONRADS II. So wird Bischof Brun von Toul, der als Papst Leo IX. (1049-1054) fünf Jahre lang die Kirche regierte, öfter als Verwandter KONRADS II. bezeugt; vgl. die bei Hlawitschka, Anfänge Seite 103, Anm. 103, zusammengestellten Belege. Wie derselbe, ebenda Seite 145f., wahrscheinlich gemacht hat, wurde die Verwandtschaft der Grafen von Dagsburg-Egisheim über die unbekannte Gemahlin des Großvaters Leos IX., die Gemahlin des elsässischen Nordgau-Grafen Hugo raucus, vermittelt. Vgl. zu den väterlichen Vorfahren Leos IX. Vollmer, Etichonen Seite 181.

    Hugo raucus ist 951- ca. 985 als Graf im elsässischen Nordgau bezeugt.

    Vollmer Franz: Seite 181, "Die Etichonen. Ein Beitrag zur Frage der Kontinuität früher Adelsfamilien. in: Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des Großfränkischen und frühdeutschen Adels"

    Eberhards Sohn Hugo III "raucus" ist 951-973 als Graf des elsässischen Nordgaus nachweisbar [951 und 956 liegt Straßburg in Hugos Grafschaftsbezirk, 968 sind Hochfelden, Morschweiler, Schweighausen, Sermersheim und Selz in seinem comitatus.]. Hier vollendet er auch die von seinem Vater begonnene Stiftung des Familienklosters Altdorf. Vielleicht greift Hugos Tätigkeit auch nach Westen ins oberlothringische Gebiet über.
    Von Hugo raucus kennen wir mindestens drei Söhne, Eberhard, Gerhard und Hugo.

    oo NN.Tochter des Grafen Gerhard, Attavus Kaiser HEINRICHS III.

    Kinder:

    - Hugo IV. 970 † 1047
    - Eberhard IV. Graf im elsäßischen Nordgau
    - Matfrid
    - Gerhard

    Literatur:
    Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 186 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 312 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 104,107-109,111-118,120-124,126,128-130,136-138,146,148-151 - Legl Frank: Studien zur Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim. Veröffentlichungen der Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksforschung Band 31 Kommissionsverlag: SDV Saarbrücker Druckerei und Verlag GmbH, Saarbrücken 1998 - Vollmer Franz: Die Etichonen. Ein Beitrag zur Frage der Kontinuität früher Adelsfamilien. in: Studien und Vorarbeiten zur Geschichte des Großfränkischen und frühdeutschen Adels Eberhard Albert Verlag Freiburg im Breisgau 1957, Seite 181 -

    Familie/Ehepartner: N.. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 339. von Nordgau, Eberhard IV.  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 1016.
    2. 340. von Nordgau-Egisheim, Matfried  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 341. von Nordgau-Egisheim, Gerhard  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 342. von Dagsburg-Egisheim, Hugo IV.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 970; gestorben nach 1047.

  38. 268.  von Geldern, Gottfried Graphische Anzeige der Nachkommen (204.Gerberga11, 162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben in 977.

  39. 269.  von Geldern, Irmentrud Graphische Anzeige der Nachkommen (204.Gerberga11, 162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Irmentrud (Imiza) Gräfin im Kinziggau
    Tochter des Grafen Megingoz und der Gerberga

    Glocker Winfrid: Seite 313, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VI, 69 Irmintrud (Imiza)
    oo Heribert Graf im Kinziggau, Sohn Graf Udos von der Wetterau
    * c 925, + 992
    Die Angaben zu Irmintrud, der Gemahlin Heriberts vom Kinziggau, sind von Werner VII,13 ermittelt.
    Zur Kombination der genealogischen Notiz, die anläßlich des Hammersteinischen Ehescheidungsprozesses angefertigt wurde (MGH Const. I, Seite 639), und eine Imiza als Mutter Ottos von Hammerstein nennt, mit den Angaben der Vita Adelheids von Villach, in der als Schwester der Vilicher Äbtissin eine Irmentrud genannt ist; vgl. Hlawitschka, Anfänge Seite 49-54.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 49-54, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert"

    Graf Heribert wird dadurch als Gemahl einer Imiza nachgewiesen, die ihrerseits die Tochter einer Gerberga gewesen ist. Um wen es sich dabei handelt, hat Schenk zu Schweinsberg 1904 erkannt, als er die genealogischen Angaben der ca. 1056/57 verfaßten Vita Adelheids von Vilich in seine Überlegungen einbezog.
    Schenks zu Schweinsberg glücklicher Gedanke war nun, den Namen Imiza des zweiten Teiles der genealogischen Notiz von 1023 als Kurz- und Koseform von Irmintrud zu betrachten und die Namen Gerberga und Imiza (= Irmintrud) jener genealogischen Notiz mit den Namen Gerbirg und Irmintrud der Vita Adelheids von Vilich zu identifizieren. Dadurch, d. h. infolge einer solchen Identifizierung, darf man den in der Vita Adelheidis nicht genannten Mittler (NN) zu Herzog Heinrich von Bayern, Bischof Adalbero von Metz etc. noch einen Bruder, nämlich Otto von Hammerstein, anfügen und der Gerbirg/Megingoz-Tochter Irmintrud/Imiza auch den Grafen Heribert von der Wetterau als Gemahl zur Seite stellen. So ergänzen sich die genealogische Notiz und die Vita Adelheids hinsichtlich der Vorfahren Ottos von Hammerstein in glänzender Weise. Außerdem läßt sich, weil ja Graf Friedrich vom Moselgau, der Sohn des Grafen Siegfried von Luxemburg, als Vater des Herzogs Heinrich von Bayern, des Bischofs Adalbero III. von Metz usw. urkundlich feststeht, NN nur als eine Tochter Irmintruds (= Imizas) und Heriberts von der Wetterau verifizieren und ihr wiederum der Graf Friedrich vom Moselgau als Gemahl zuschreiben.

    oo Heribert Graf im Kinziggau 925 - 992

    Kinder:
    - Gerberga ca. 960/65- um 1036
    vor 1003 oo Heinrich I. Markgraf von Schweinfurt ca 975-18.9.1017
    - Gebhard Graf ca 965/70-8.11.1016
    - Otto Graf von Hammerstein 975-5.6.1036
    - Irmtrud Erbin von Gleiberg
    985/90 oo Friedrich I. Graf von Luxemburg-Salm ca 965- 1019

    Literatur:
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 VI,69 Seite 313,333 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 49-54,63,70,132,138,146 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus Seite 107 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 463 -

    Name:
    Irmintrud, Imiza

    Familie/Ehepartner: von der Wetterau, Heribert. Heribert (Sohn von von der Wetterau, Udo I. und von Vermandois, Kunigunde) wurde geboren um 925; gestorben in 992. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 343. von der Wetterau, Irmintrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 344. Gebhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 965/970; gestorben am 8 Nov 1016.
    3. 345. von Hammerstein, Otto  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 975; gestorben am 5 Jun 1036.

  40. 270.  von Vilich, Adelheid Graphische Anzeige der Nachkommen (204.Gerberga11, 162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 960 in Geldern [47608],Kleve,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; gestorben in 1015/1018 in Köln [50667],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Äbtissin von Vilich

    Notizen:

    Pilgerblatt (Auszug) mit Adelheid von Vilich vor den Wallfahrtsstätten in Pützchen und Vilich

    Bnadelhei



    Adelheid Äbtissin von Vilich

    960/70-3.2.10108/21 Begraben: in Vilich

    Jüngste Tochter des Grafen Megingoz in Geldern und Zutphen und der Gerberga, Tochter von Pfalzgraf Gottfried

    Lexikon des Mittelalters: Band 1 Spalte 147

    Adelheid von Vilich, Heilige (Fest 5. Febr.),
    + 3. Februar 1008/21Begraben: in Vilich

    Erzogen in St. Ursula zu Köln, 1. Äbtissin des von ihren Eltern Graf Megingoz und Gerberga um 983 gegründeten Kanonissenstifts Vilich, wo sie die Benediktineregel einführte. Als Nachfolgerin ihrer Schwester Bertrada berief Erzbischof Heribert von Köln (999-1021) sie zur Äbtissin von St. Maria im Kapitol zu Köln. In Vilich und Pützchen genießt sie örtliche Verehrung; Bertha, Schwester Wolfhelms von Brauweiler, schrieb 1056/57 ihre Vita (MGH SS 15, 755-763; AnalBoll 2, 1883, 211 f.).

    Literatur:
    LThK I, 142 - A. Grotheken, A. v. V., 1937, 1956

    Winfried Glocker: VI 70 Seite 313, "Die Verwandten der Ottonen"

    Adelheid
    * 960/70, + 1008/21 am II 3

    1. Äbtissin des Stiftes Vilich, seit (1000 IV 13/V 18) auch Äbtissin des Klosters St. Maria im Kapitol zu Köln

    Die einzelnen Angaben zu Adelheid von Vilich sind von Schlafke, Leben passim, und Wisplinghoff, Frühgeschichte passim, ermittelt. Der Sterbetag Adelheids ist in der Vita der Vilicher Aä t. c. 7, SS XV/2 701, genannt.
    Allgemein informiert der Artikel von Franz Josef Schmale im Lexikon des Mittelalters Band 1, Seite 147 Sp. Nr. 5.

    Jakob Schlafke: Seite 77-97, "Leben und Verehrung der heiligen Adelheid von Vilich"

    Adelheids genaues Geburtsdatum wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass sie die 1. Äbtissin des von ihren Eltern gestifteten, 983 vollendeten und am 18. Januar 987 von Kaiser OTTO III. in seiner Immunität bestätigten Klosters Vilich war. Das meist genannte Jahr 970 dürfte wohl der spätestmögliche Zeitpunkt ihrer Geburt sein, wahrscheinlich liegt er 5 oder 10 Jahre früher.
    Adelheid verlebte eine glückliche Kindheit, vermutlich auf der alten Burg bei Pont an der Niers. Am Beispiel der Mutter erlebte Adelheid, dass Besitz mehr Pflichten als Rechte gibt und dass Verfügungsgewalt die Sorge für alle in sich schließt.
    Zur Ausbildung wurde Adelheid den Schwestern von St. Ursula in Köln anvertraut. Die große Wende in das Leben der Familie kam aber durch den Tod des Sohnes Gottfried. Als junger Ritter folgte er mit seinen Mannen 976/77 Kaiser OTTO II. im Feldzug gegen die Böhmen. Im Kampf traf ihn ein Pfeil in den Kopf. Die Seinen brachten seinen Leichnam unter vielen Mühen und Nöten zum ehrenvollen Begräbnis in die Heimat zurück. Für die Eltern brach eine Welt zusammen. Auf ihren einzigen Sohn hatten sie die ganze Zukunft gebaut und nun war er tot.
    Ihre Mutter sammelte eine Gemeinschaft adliger Jungfrauen, die den Gottesdienst versehen sollten, erreichte die Freistellung Adelheids aus dem Kloster der Hl. Ursula in Köln und übertrug ihr die künftige Leitung. Am 18. Januar 987 nahm König OTTO III. das Kloster in seinen Schutz.
    Adelheid hatte die Ankunft der Kaiserin Theophanu in Köln aus der Nähe miterleben dürfen. In ihrer rheinischen Offenheit freute sie sich ganz besonders über alles Schöne, was durch diese Weitung des Horizontes auf sie zukam. Wahrscheinlich ist sie selbst durch die Verwandtschaft mit der Kaiserinmutter Adelheid in persönliche Verbindung mit Theophanu gekommen. Sind doch diese beiden Frauen in der Bulle Papst Gregors V. von 24. Mai 996 als Förderinnen des von Adelheid geleiteten Klosters ausdrücklich erwähnt.
    Am 3. Februar, wohl 1015, dem St. Blasiustage, wurde sie nach dem Abendessen in ihrem Kölner Kloster plötzlich von heftigen Halsschmerzen befallen. Sie nahm noch an der gesamten Complet teil. Als die Schmerzen noch quälender wurden, rief sie ihre beständige Begleiterin Schwester Ida. Doch diese beruhigte sich in der Hoffnung, die Krankheit sei nicht gefährlich, und suchte das warme Bett wieder auf. Adelheid aber durchwachte die ganze Nacht in Todesangst. Als sie es auf ihrem Lager nicht mehr aushalten konnte, ging sie in die Kapelle und betete die Gebete der Morgenstunden, wo es ihre schwache Kraft zuließ. Gleich in der Frühe nahm sie an der Hl. Messe teil und empfing andächtig Leib und Seele unseres Herrn als Wegzehrung. Dann schickt sie zu Erzbischof Heribert und bat ihn, eilends zu ihr und den Ihren zu kommen. Es muß ein ergreifender Abschied gewesen sein, hatte doch das gemeinsame Sorgen und Wirken, besonders in den schweren Notzeiten, diese beiden Menschen in gegenseitiger Hochachtung eng verbunden.

    Edith Ennen: Seite 78-79, "Frauen im Mittelalter"

    Das gilt zum Beispiel für Adelheid von Villich, Äbtissin des rechtsrheinisch bei Bonn gelegenen Stifts. Adelheid hatte mütterlicherseits karolingische Vorfahren.Ihre Eltern, Graf Meginoz und Gerberga, gründeten das Stift Vilich, und beriefen ihre Tochter Adelheid, Kanonisse in St. Ursula in Köln, als Vorsteherin dorthin. Adelheids Biographie verdanken wir der Nonne Bertha, sie schrieb kurz nach 156 - Adelheid starb nach 1009 -, sie konnte noch aus unmittelbarere Klostertradition schöpfen. Adelheid setzte als erstes durch, daß ihre Eltern das Stift dem kaiser auftrugen, der ihm besondere Freiheiten verlieh. Die Form des Stiftes war Adelheid nicht streng genug. Lange schon trug sie unter dem weißen Gewand der Stiftsdame das rauhe Wollkleid, bis sie nach dem Tod der Mutter ihre Schwester und die Priorinnen aus St. Maria im Kapitol in Köln holte ud sich ihrer Leitung unterwarf, um die klösterlichen Gewohnheiten zu lernen. Es tat ihr weh, daß nicht alle Mitschwestern mit diesem Weg einverstanden waren. Sie mußte dann um 1000 auch die Leitung von Maria im Kapitol übernehmen, eine große Belastung. Was Adelheid so liebenswert macht, sind die Äußerungen mütterlicher Fürsorge, die Bertha berichtet: wie Adelheid des Nachts nach der Matutin die jungen Klosterschülerinnen besucht und ihre kalten Füße warm reibt, selbst die kranken Schwestern pflegt, bei der großen Hungersnot nicht die übliche Einheitssuppe kochen läßt, sondern die Speisen den von Hunger Geschwächten anpaßt, wie sei für die kleinen Schülerinnen, die ihre lateinische Grammatik gut gelernt haben, eine süße Belohnung aus der Tasche zaubert.

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 51,58,66,68,70,139,146 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 78-79,114,236 - Schlafke, Jakob: Leben und Verehrung der heiligen Adelheid von Villich, in: Höroldt, Dietrich (Hg.): 1000 Jahre Stift Villich 978-1978, Beiträge zu Geschichte und Gegenwart von Stift und Ort Villich, Bonn 1978, Seite 77-97 - Groeteken, Albert: Die heilige Adelheid von Villingen und ihre Familie, Josefs-Druckerei Bigge-Ruhr 1956 -


    Wikipedia - Adelheid von Vilich

    Die heilige Adelheid von Vilich (lat. Adelheidis, * ca. 970; † 5. Februar 1015/1018 in Köln) war die erste Äbtissin des 978 von ihren Eltern, dem Grafen Megingoz und seiner Gattin Gerberga, gegründeten Benediktinnerinenabtei Vilich bei Bonn.

    Leben
    Als die Zeit des Schulbesuches gekommen war, übergaben der Legende nach die frommen Eltern das Mädchen den Stiftsdamen von St. Ursula in Köln. Hier lernte sie alle Künste und Fertigkeiten, die der hohe Stand der Frauenbildung jener Zeit erforderte. Durch die Hochzeit Kaiser Ottos II. mit der gebildeten griechischen Prinzessin Theophanu war ein Hofstaat gelehrter Männer und Frauen aus Byzanz ins Rheinland gekommen, die der Pflege der Wissenschaften in den Klosterschulen Auftrieb gaben.
    978 legte sich ein Schatten über die Grafenfamilie, als der einzige Sohn Gottfried im Böhmenfeldzug fiel. Die Eltern entschieden, dass dem Herrn, der den Sohn zu sich genommen habe, auch dessen Erbteil zustehe. Deshalb gründeten sie auf ihrem Besitz zwischen Siegmündung und Rhönbach (heute Fonsbach in Rhöndorf) um eine kleine Kirche die Abtei Vilich und stellten es unter den besonderen Schutz des Kaisers und des Papstes. 987 verlieh Otto III. dem Kloster gleiche Privilegien wie den Reichsklöstern Quedlinburg, Gandersheim und Essen. Äbtissin wurde Adelheid. Die klösterliche Gemeinschaft, die nach der Benediktusregel lebte, gründete hier eine Klosterschule. So oft wie möglich besuchte Adelheid der legendenhaften Überlieferung nach selbst den Unterricht und überzeugte sich vom Fortschritt der Schülerinnen. Welche Blüte diese Schule erreichte, belegt die 1057 von der Schülerin Berta in lateinischer Reimprosa verfasste „Vita Sanctae Adelheydis Virginis“.
    Nach dem Tod ihrer Schwester Bertrada wurde Adelheid um 1002 zudem Äbtissin von St. Maria im Kapitol in Köln und später Ratgeberin des Kölner Erzbischofs Heribert.
    Adelheid war eine Wohltäterin für die Armen und Notleidenden. Die Überlieferung berichtet, dass sie zur Zeit einer furchtbaren Dürre Gaben an die hungernde Bevölkerung von Vilich verteilte. Zudem flehte sie um Wasser und stach mit ihrem Stab in den Boden, worauf an dieser Stelle ein Wasserstrahl emporschoss. Der Ort, an dem dieses Wunder geschehen sein soll, ist heute als Adelheidisquelle in Pützchen gefasst. Der Name des heutigen Bonner Vorortes leitet sich dementsprechend vom rheinischen „Pütz“ für „Brunnen“ ab. Das Quellwasser gilt als Heilmittel gegen Augenkrankheiten.
    Wirkung[Bearbeiten]
    Bis heute gibt es eine Adelheidis-Wallfahrt nach Pützchen, auf die auch die Großkirmes „Pützchens Markt“ im September jeden Jahres zurückgeht. An Adelheids Gedenktag wird das traditionelle „Dohlenbrot“ als Erinnerung an ihre Armenspeisung gebacken.
    Wegen ihrer Bedeutung als Wohltäterin der Armen sind die Attribute der Adelheid Stab und Weinkrug, manchmal auch Stab und Brot. Sie ist Patronin gegen Augenleiden. Ihre Gebeine waren ursprünglich in der Stiftskirche von Vilich beigesetzt, gingen jedoch im Truchsessischen Krieg verloren. Der spätgotische Sarkophag im südlichen Seitenschiff der Kirche ist leer. Einzelne Reliquien sind jedoch noch vorhanden und werden alljährlich am Adelheidisfest, das jedes Jahr um den 5. Februar, ihrem Gedenktag, gefeiert wird, ausgestellt[1].
    Am 27. Januar 1966 wurde Adelheid von Papst Paul VI. heiliggesprochen, ihr Sterbetag, der 5. Februar, ist heute Gedenktag.[2] 2008 wurde sie von der Ritenkongregation neben Cassius und Florentius zur Bonner Stadtpatronin erhoben.

    In den Bonner Stadtteilen Vilich und Pützchen sind eine Grundschule und das katholische Mädchengymnasium Sankt-Adelheid-Gymnasium nach ihr benannt; ferner die katholische Pfarr- und Wallfahrtskirche „St. Adelheid am Pützchen“ und die benachbarte Adelheidiskapelle.
    In Köln trägt die Kirche St. Adelheid (Köln-Neubrück) ihren Namen, in Troisdorf die Pfarrkirche von Müllekoven, in Bonn-Beuel-Küdinghoven der Kindergarten.
    Am 5. Februar 2015 jährt sich der 1000. Todestag und am 27. Januar 2016 der 50. Jahrestag der Heiligsprechung der hl. Adelheid.[3] Zu den Jubiläen wurde eine Initiative aus den katholischen Gemeinden Sankt Peter in Vilich und Sankt Adelheid am Pützchen gestartet, die die Herausgabe einer Sonderbriefmarke zu Ehren der Stadtpatronin der Bundesstadt Bonn beantragen will. Das Vorhaben unterstützen u. a. Weihbischof Heiner Koch, Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Stadtdechant Monsignore Wilfried Schumacher[4].

    Literatur
    Friedrich Albert Groeteken: Die heilige Adelheid von Vilich und ihre Familie. Die rheinfränkische Volksheilige in ihrem Leben und in ihrer Verehrung nach den Quellen dargestellt (= Große deutsche Frauengestalten. Bd. 3, ZDB-ID 547307-x). Butzon & Bercker, Kevelaer 1937.
    Jakob Schlafke: Leben und Verehrung der Heiligen Adelheid von Vilich. In: Irmingard Achter: Die Stiftskirche St. Peter in Vilich (= Die Kunstdenkmäler des Rheinlandes. Beiheft 12, ZDB-ID 527523-4). Rheinland Verlag, Düsseldorf 1968, S. 260–344.
    Josef Niesen: Bonner Personenlexikon. 3. Auflage, Bouvier, Bonn 2011.



    Ökumenisches Heiligenlexikon - Adelheid von Vilich

    Name bedeutet: von edlem Wesen (althochdt.)

    Äbtissin von Vilich und in Köln
    * um 960 auf Burg Geldern in Nordrhein-Westfalen
    † 3. Februar um 1015 in in Nordrhein-Westfalen

    Adelheid war eine Tochter des Grafen Megingoz von Geldern und seiner Frau Gerberga aus dem Hause Lothringen. Erzogen wurde Adelheid im Stift St. Ursula in Köln. Als ihr einziger Bruder 978 im Böhmenkrieg fiel, gründeten die Eltern von seinem Erbteil 983 das Benediktinerinnenkloster in Vilich - heute Stadtteil von Bonn -, dessen erste Äbtissin Adelheid wurde. Nach dem Tod ihrer Schwester Bertrada wurde sie auf Drängen des Kaisers als deren Nachfolgerin auch Äbtissin des Klosters St. Maria im Kapitol in Köln und enge Vertraute von Erzbischof Heribert.

    Adelheid war eine Wohltäterin für die Armen und Notleidenden im Rheinland. Die Überlieferung berichtet, wie sie zur Zeit einer furchtbaren Dürre im Dorf Vilich ihre Gaben an die hungernden Menschen austeilte; weil die Leute sie anflehten, sie von dem Unglück zu befreien, schickte sie Stoßgebete zum Himmel und stieß mit ihrem Äbtissinnenstab in die Erde; da schoss ein Wasserstrahl aus dem Boden. Möglich ist, dass die kluge und gebildete Äbtissin ganz bewusst in Pützchen - lateinisch puteus, Wasserquelle - bei Vilich nach Wasser gesucht hat weil sie ahnte, dass sich Wasser von den Ennerthängen über der Tonschicht des Pützchener Bodens gesammelt haben könnte.

    Adelheid wurde in Vilich bestattet, die ehemalige Kirche des 1804 säkularisierten Stifts ist heute die Pfarrkirche Sankt-Peter. Im Truchsessischen Krieg um 1650 wurden ihre Gebeine geraubt und sind seitdem verschwunden, nur einzelne Reliquien wie z. B. ein Armknochen werden am Adelheidisfest, das jedes Jahr um ihren Gedenktag gefeiert wird, ausgestellt.

    Das Wasser der Quelle im Bonner Stadtteil Pützchen, das Adelheid-Pützchen, gilt als heilkräftig gegen Augenkrankheiten und ist noch heute Ziel von Wallfahrten; im Bonner Stadtteil Pützchen gibt es seit 1367 am zweiten Wochenende im September das Volksfest Pützchens Markt. Ende August / Anfang September wird Adelheid mit einer Wallfahrtswoche und einer Brunnenweihe geehrt. An ihrem Gedenktag wird traditionell Dohlenbrot gebacken als Erinnerung an Adelheids Armenspeisungen. Die historische Adelheidquelle liegt vor der Adelheid geweihten katholischen Pfarrkirche in Pützchen; diese wurde 1724 als Klosterkirche von den Karmelitern erbaut. Vor der Kirche befindet sich die kleine Adelheidiskapelle aus dem 18. Jahrhundert, die in die ursprüngliche Klostermauer einbezogen ist. Im Jahr 2008 haben die Stadtratsfraktionen von CDU, SPD und FDP auf Initiative von Pfarrer Michael Dörr aus der Sankt-Peter-Gemeinde in Vilich den Antrag gestellt, Adelheid zur dritten Stadtheiligen Bonn Bonn neben Cassius und Florentius zu ernennen, was vom Vatikan bestätigt wurde.

    Geburt:
    Burg Geldern

    Gestorben:
    05.02.


  41. 271.  von Geldern, Albrada Graphische Anzeige der Nachkommen (204.Gerberga11, 162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

  42. 272.  von Geldern, Bertrada Graphische Anzeige der Nachkommen (204.Gerberga11, 162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) gestorben in 1000.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Köln [50667],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; Äbtissin des Klosters St. Maria

    Notizen:

    Gestorben:
    Anfang 1000


  43. 273.  N. Graphische Anzeige der Nachkommen (207.Gerhard11, 162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Nordgau,Elsass,Frankreich; Gräfin im elsässischen Nordgau

    Notizen:

    NNW Gräfin im elsässischen Nordgau
    Namentlich unbekannte Tochter des Grafen Gerhard von Metz, Attavus von Kaiser HEINRICHS III.; Schwester des Grafen Richard von Metz

    Glocker Winfrid: Seite 312, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik."
    VI. 65) NNW

    oo Hugo raucus, 951-973/c 985 Graf im elsässischen Nordgau

    Die elsässischen Grafen von Dagsburg-Egisheim erscheinen wiederholt als "propinqui" Kaiser KONRADS II. So wird Bischof Bruno von Toul, der als Papst Leo IX. (1049-1053) fünf Jahre lang die Kirche regierte, öfter als Verwandter KONRADS II. bezeugt; vgl. die bei Hlawitschka, Anfänge Seite 103 Anm. 103, zusammengestellten Belege. Wie ders. ebd. Seite 145f., wahrscheinlich gemacht hat, wurde die Verwandtschaft der Grafen von Dagsburg-Egisheim über die unbekanne Gemahlin des Großvaters Leos IX., die Gemahlin des elsässischen Nordgau-Grafen Hugo raucus, vermittelt. Vgl. zu den väterlichen Vorfahren Leos IX. Vollmer, Etichonen Seite 181.

    Legl Frank: Seite 36-37, "Studien zur Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim."

    Die Gemahlin des Hugo raucus und die Verwandtschaft der Eberhardiner zu den Saliern

    Die wahre Identität der Gemahlin des Hugo raucus blieb den Genealogen lange Zeit unbekannt [190 Die wichtigsten Forschungsergebnisse zur Gemahlin des Hugo raucus werden ausführlich dargestellt und kritisch diskutiert bei HLAWITSCHKA, Anfänge, Seite 117-135.]. Erst die Forschungen von Eduard Hlawitschka konnten Licht in das Dunkel um ihre Person bringen. In seiner Untersuchung zu den Anfängen des Hauses HABSBURG-LOTHRINGEN gelang es ihm, sie genealogisch einer bestimmten Familie zuzuordnen und auch den Nachweis zu erbringen, daß in ihr das fehlende Bindeglied zwischen den EBERHARDINERN und den SALIERN zu sehen ist [191 Ebda, vor allem Seite 135-153. Die Möglichkeit, daß die Verwandtschaft zwischen beiden Familien durch einen Elternteil einer Schwester oder eines Bruders des Hugo raucus hergestellt worden sei, konnte Hlawitschka ausschließen (ebda., Seite 137).]. Eine bestehende Blutsverwandtschaft zwischen beiden Familien ist uns aus den Quellen, so vor allem aus der Vita Leos IX., gut bezeugt [192 Leonis IX vita ab ipsius in ecclesia Tullensi archidiacono Wiberto conscripta, ed. 1. M. WATERICH, Pontificum Romanorum qui fuerunt finde ab exeunte saeculo IX usque ad finem saeculi XIII vitae, Tom. 1, Pars 1-4, Lipsiae 1862, liber I, cap. 1, Seite 128f.: Et Pater eius [= Leos IX.] natione Teutonicus, imperatoris Conradi consobrinus. In der Vita wird immer wieder auf die Verwandtschaft zwischen Leo IX. und den SALIERN hingewiesen, es seien hier lediglich einige Stellen zitiert: ... a parentibus et consanguineis assignaretur g lorioso imperatori Conrado contribuli suo (ebda, cap. 6, Seite 133); ... delectus penes eius imperialem maiestatem consanguineus Bruno haberetur (ebda , cap. 8, Seite 1135); Meam sententiam super honore tuo, dulcissime mi nepos, iam diu deliberatam, superna video sententia impugnari, irruno expugnari (ebda , cap. 9, Seite 138); Adeptus ergo donum pontificalis culminis, in non minimo reliquit contribules aulicae potestatis moerore (ebda., cap. 10, Seite 139); Anselmi monachi Remensis Historia dedicationis ecclesiae S. Remigii, ebda., Seite 113: Qui [= HEINRICH III.] super hoc negotio episcoporum et optimatum imperii sui quaerens consilium, invenit intnter ceteros dominum Brunonem Tullensem ad idem officium subeundum esse idoneum, utpote qui aetatis maturitate, morumque et scientiae claritudine videbatur conspicuus sibique sanguinis affinitate proximus. - Wipo, Gesta Chuonradi II. imperatoris, in: Wiponis Opera, ed. H. BRESSLAU, MGH Script. rer. Germ., 3. Aufl., Hannover und Leipzig 1915, cap. 19, Seite 39. Aus der Leonis IX vita ist diese Information in die späteren Quellen eingeflossen, siehe dazu HLAWITSCHKA, Anfänge, Seite 103 mit Anm. 106.].
    Die einzelnen Beweisgänge brauchen hier nicht ausführlich wiederholt zu werden, sondern lediglich die wichtigsten Fakten und Folgerungen. Einen entscheidenden Hinweis zur näheren Bestimmung der Verwandtschaft gibt uns der bei der Erhebung Brunoos von Egisheim auf den Bischofsstuhl von Toul getätigte Ausspruch KONRADS II., daß den EGISHEIMER Grafen-Sohn nicht nur dessen unermüdlicher Eifer für das Bischofsamt empfehle, sondern auch eine durch großelterliche Verwandtschaft hervorgerufenne Zuneigung zwischen Blutsverwandten [193 Leonis IX vita, lib. 1, cap. 9, Seite 138: De nostri autem consilii et iuvaminis solatio, quantumlibet illud sit, ne filias ullo modo dubios, quia super omnes tui ordinis de tua re prosperanda semper ero sollicilus, quem nobis commendat et indefessus labor fidelis erga nos serviminis et consanguineus invicem affectus avitae propinquitatis.]. Daraus folgt, daß die Verwandtschaft auf der Generationsebene der Großeltern KONRADS II. und auch der von Leo IX. zustande gekommen sein muß [194 HLAWITSCHKA, Anfänge, Seite 136f. mit Anm. 207.]. Folglich muß die Verwandtschaft durch die Gemahlin des Hugo raucus begründet sein. Sie ist höchstwahrscheinlich eine Schwester des Grafen Richard von Metz. Richard, vermutlich der Sohn des Grafen Gerhard [195 Ebda., Seite 146.], war KONRADS II. Großvater [196 Ebda , Seite 146.]. Somit dürfte das lange nicht eindeutig bestimmbare Verwandtschaftsverhältnis von Hugo IV. von Egisheim und dessen Sohn Leo IX. zu den SALIERN als geklärt betrachtet werden (siehe auch Tafel 5).

    Siehe Grafik: Verwandtschaft der Eberhardiner mit den Saliern

    Literatur:
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 312 - Legl Frank: Studien zur Geschichte der Grafen von Dagsburg-Egisheim. Veröffentlichungen der Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksforschung Band 31 Kommissionsverlag: SDV Saarbrücker Druckerei und Verlag GmbH, Saarbrücken 1998 Seite 36-37 -

    Familie/Ehepartner: von Nordgau, Hugo raucus III.. Hugo (Sohn von von Egisheim, Eberhard III. und von Lothringen-Verdun, Liutgard) wurde geboren um 945; gestorben in 974/986. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 339. von Nordgau, Eberhard IV.  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben nach 1016.
    2. 340. von Nordgau-Egisheim, Matfried  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 341. von Nordgau-Egisheim, Gerhard  Graphische Anzeige der Nachkommen
    4. 342. von Dagsburg-Egisheim, Hugo IV.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 970; gestorben nach 1047.

  44. 274.  von Metz, Richard Graphische Anzeige der Nachkommen (207.Gerhard11, 162.Ermentrud10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 950; gestorben in 986.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Remiremont [88200],Vosges,Lothringen,Frankreich; Vogt von Remiremont
    • Titel/Amt/Status: 965-986, Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Graf von Metz

    Notizen:

    Richard
    Graf von Metz (965-986)
    Vogt von Remiremont
    um 950- 986
    Sohn des Grafen Gerhard II. von Metz; Enkel des Pfalzgrafen Gottfried


    Kinder:
    - Gerhard Graf von Metz 965-28.12.1024/25
    - Adalbert II. Graf vom Saargau 970/75-25.12.1033
    - Adelheid 970-19.5.1046
    1. oo Heinrich Graf von Speyer - um 990

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite118-120,123,125-131,138-141,143,146,147,150, 174-181 -

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 346. von Metz, Gerhard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 965; gestorben in 1024/1025.
    2. 347. von Metz, Adalbert II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 970/975; gestorben am 25 Dez 1033.
    3. 348. von Metz, Adelheid  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 0970; gestorben am 19 Mai 1046 in Öhringen [74613],Hohenlohekreis,Baden-Württemberg,Deutschland.

  45. 275.  von Burgund, Gerbergavon Burgund, Gerberga Graphische Anzeige der Nachkommen (210.Mathilde11, 168.Ludwig10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 965/966; gestorben am 7 Jul 1018/1019.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Werl [59457],Soest,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; Gräfin von Werl
    • Titel/Amt/Status: Schwaben,Deutschland; Herzogin von Schwaben

    Notizen:

    Gerberga von Burgund
    Gräfin von Werl
    Herzogin von Schwaben
    965/66-7.7.1018/19
    Älteste Tochter des Königs Konrad von Burgund aus dem Hause der RUDOLFINGER aus seiner 2. Ehe mit der Mathilde von Frankreich, Tochter von König Ludwig IV.
    Nichte der Kaiserin Adelheid und König Lothars von Frankreich und Großnichte Kaiser OTTOS I. DES GROSSEN

    Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte Band 1 Seite 80

    18. Gerberga

    Tochter Konrads und der Mathilde (Tab. ex cod. Steynvelt. SS III 215: Gepa; Chron. Epternac. breve SS 15, 1307: Cilpa; Monum. Epternac. SS 23, 25; Chron. Albrici monachi Trium Fontium SS 23, 773, 782: (Gepa) vermählt in erster Ehe mit Graf Hermann von Werle, + 995 VII 13. (Krüger in Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 46 p. 519FF. und Stammtafel III; Baumann, Forschungen zur schwäbischen Geschichte p. 289ff.), in zweiter Ehe mit Herzog Hermann II. von Schwaben (Hermannus de egregia Francorum natus prosapia, regis Cunradi filiam de Burgundia nomine Gebirgam, regis Lotharii sororis filiam, de regno et de stirpe Magni Karoli, legittimo siscepit coniugio: Walteri hist. monast. Marchtelanensis SS 24, 664; vgl. auch Miracula s. Verenae SS IV 460; Herm. Contract. SS V 118).
    Aus ihrer ersten Ehe stammen Gisela, in dritte Ehe Gemahlin Kaiser KONRADS II. und Mutter HEINRICHS III., sowie Mathilde, die mütterliche Großmutter der gleichnamigen berühmten Markgräfin Mathilde von Tuscien.

    Brandenburg Erich: Seite 10, Tafel 5, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. Generation 61.
    Gerberge
    *ca. 965/70, + wohl nach 1016
    Gemahl:
    a) Hermann Graf von Werl + nach 985
    b) ca. 988 Hermann II. Herzog von Schwaben (siehe VIII, 13) + 1003 4. V.

    Anmerkungen: Seite 128
    VIII. 61. Gerberge
    vgl. Brandenburg, Probleme um die Kaiserin Gisela Seite 8ff., Bollnow, Grafen von Werl 8f. und 28f., 44f.
    Die Geburtszeit läßt sich nur ungefähr bestimmen; es ist auch nicht ganz sicher, ob Bertha oder Gerberge die ältere Schwester war. Die Zeit der Vermählung mit Hermann von Schwaben ergibt sich ungefähr aus der Geburtszeit der Kinder und Enkel. Ob sie vorher mit einem Grafen von Werl vermählt war, muß zweifelhaft bleiben; mir scheint nach wie vor (trotz der Ausführungen Bollnows) diese Annahme wahrscheinlich, da sich die zweifellos vorhandene Verwandtschaft der Grafen von Werl mit dem salischen Kaiserhause nicht anders erklären läßt. Gerberge kommt zuletzt 1016 vor (Thietmar 9, 26), doch läßt sich aus der Stelle nicht mit Sicherheit schließen, ob sie damals noch lebte.
    Urkundlich erscheint sie zuletzt 1000 18. V., Diplomata 2, 2 n. 363. Ich bringe die Nachkommen aus der nicht völlig gesicherten ersten Ehe im Teil II [VIII 86].

    Ergänzungen (Wolf): zu 61 a: Kinder siehe IX 80
    zu 61 b: Kinder siehe IX 16-20

    Althoff Gerd: Seite 380, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    H 22 Me:
    7.7. Gerbirh ductrix Germahlin Herzog Hermanns II. von Schwaben

    (Es.) Gerberga ist zum 7. Juli auch im Necrolog des schwäbischen Herzogsklosters Marchtal (MGH Necrol. 1, S. 201) verzeichnet. Sie war die Tochter Konrads I. von Burgund (K 38) und Nichte der Kaiserin Adelheid (K 49).
    Zu den Einträgen von Verwandten dieser Kaiserin im Merseburger Necrolog siehe ausführlich oben Seite 163f.
    Zu den Problemen um Gerbergas Ehe mit einem Grafen von Werl vgl. Leidinger, Die Grafen von Werl, S. 83ff. mit weiteren Hinweisen.
    Allg. siehe NDB 8, Seite 641f.

    Glocker Winfrid: Seite 300, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VI. 22 Gerberga (Guepa)
    * c 965/66- 1019 (eventuell 1018) am VII 7
    c 980 1. oo Hermann Graf ("von Werl") + 985/c 988
    c 988 2. oo Hermann II. Herzog von Schwaben - 1003 V 4

    Gerberga, die zuerst mit Graf Hermann von Werl und dann mit Herzog Hermann II. von Schwaben vermählt war, ist als Tochter der Mathilde, Gemahlin Konrads von Burgund, in der genealogischen Tafel der OTTONEN aus dem Codex Steinfeldensis (gedruckt: SS III 215), in der Vita Adalberonis II. Mettensis ep. c. 17, SS IV 664, sowie in der späten Vita S. Willibrordi c. 22, SS XXIII 25, bei dem ebenfalls sehr späten Alberich von Trois-Fontains in dessen Chronica a. 996, SS XXIII 773, und in dem Brief Abt Siegfrieds von Gorze betreffs der Heirat Kaiser HEINRICHS III. mit Agnes von Poitou (Druck bei Giesebrecht, Kaiserzeit Bd. 2, S. 714-718) bezeugt.
    Alle Belege für die Filiation unserer Gerberga von König Konrad von Burgund hat Bollnow, Grafen S. 28, Anm. 1, zusammengestellt.
    Der angegebene Geburtstermin ergibt sich aus dem Heiratsdatum ihrer Eltern als dem frühest möglichen Zeitpunkt und aus dem ungefähren Datum ihrer eigenen Eheschließung, wie dies Hömberg, Geschichte S. 13, Anm. 13, ermittelt hat.
    Letztmals ist Gerberga bei Thietmar VIII c. 26, S. 522 lebend bezeugt. Ihren Sterbetag nennt das Marchtaler Nekrolog; das von Leidinger, Untersuchungen S. 83, mit ca 1020 nur ungefähr ermittelte Sterbejahr konnte von Hilsch, Regenbach S. 59, Anm. 18, wie angegeben präzisiert werden. Wir folgen Leidinger a.a.O. bei der Reihung der beiden Töchter der Mathilde: er setzt Gerberga als die ältere und Bertha als die jüngere an, da Mathilde den Namen ihrer Großmutter trage, und sie dann auch selbst der eigenen älteren Tochter den Namen von deren Großmutter mütterlicherseits gegeben habe.
    Müller, Heribert S. 234 f., bes. Anm. 156, und ebd. äußert Zweifel an der sonst allgemein anerkannten Identifikation der mit Namen Gerberga bekannten Gemahlin Graf Hermanns von Werl mit der Tochter König Konrads von Burgund des gleichen Namens. Er weist darauf hin, dass die Identifizierung nur aus dem Rückschluß zweier indirekter Bezeugungen des erst um die Mitte des 12. Jahrhunderts arbeitenden Annalista Saxo (a. 1026 und a. 1082, SS VI 676 und 720) basiert und gerade dem Annalista bei den Werler Nachrichten Fehler unterlaufen sind; so behauptet er, Gerberga sei in Werl geboren.
    Müller S. 238 kann es sich insbesondere nicht vorstellen, dass eine burgundische Königstochter einen kleinen westfälischen Grafen geheiratet haben soll. Doch ist Müller zu entgegnen, dass er die Nachricht der Annales Quedlenburgenses a. 1019, SS III 84, vernachlässigt hat, in der die WERLER zweifelsfrei als "consobrini imperatoris" (d. i. HEINRICHS II.) erwiesen sind, was wohl kaum anders erklärbar ist als über die Herkunft ihrer Mutter (bezeugt in D O III. 363) Gerberga aus dem burgundischen Königshaus, dem auch Gisela, die Mutter HEINRICHS II. (vgl. oben V, 23), entstammte.
    Gerberga erwirkte 997 von OTTO III. dem Stift Meschede einen Besitz in Stockhausen. Drei Jahre später erhielt sie für das von ihr gegründete Nonnenkloster in Oedingen eine Bestätigungsurkunde, die dem Kloster freie Wahl der Äbtissin und ihrem Sohn Hermann III. und seinen Nachkommen die Stellung des Klostervogtes zusicherte. Sie wurde 1016 nochmals erwähnt, als sie nach unklarer Quellenlage im Streit mit dem Erzbischof von Köln wohl wegen der dritten Heirat ihrer Tochter Gisela von diesem gefangengesetzt wurde.

    Frommer Hansjörg: Seite 26, "Die Salier"

    Gerberga war eine Urenkelin der Herzogin Reginlindis, eine Enkelin der schwäbischen Herzogstochter Bertha, die den burgundischen König Rudolf geheiratet hatte. Diese familiäre Beziehung zur ältesten schwäbischen Herzogsfamilie war sicher für Hermanns Stellung in Schwaben nicht unwichtig. Von größerer Bedeutung aber war, dass Gerbergas Mutter Mathilde eine Enkelin HEINRICHS I. und seiner Frau Mathilde war, die Tochter ihrer Tochter Gerberga, die mit dem französischen König Ludwig IV., einem KAROLINGER, vermählt gewesen war. Hermann gehörte also über seine Frau Gerberga zur sächsischen Königsfamilie, und seine Ernennung zum Herzog von Schwaben bedeutete auch eine Anerkennung dieses herausragenden Ranges durch den Kaiser.

    Schölkopf Ruth, "Die sächsischen Grafen 919-1024 "

    Die gesicherte Geschichte des Werler Grafenhauses begann 997, als OTTO III. dem Stift Meschede ob petitionem Gerbergae comitissae einen Besitz in Stockhausen in pago Locdorf ac in comitatu Herimanni comitis übertrug. Drei Jahre später erwirkte eine matrona Gerberga für das von ihr gegründete Nonnenkloster in Oedingen in pago Lacdorpgo in comitatu Herimanni eius filius von OTTO III. eine Bestätigungsurkunde, die dem Kloster freie Wahl der Äbtissin und ihrem Sohn Hermann und seinen Nachkommen die Stellung des Klostervogtes zusicherte.
    Ungefähr in die gleiche Zeit fällt die Auseinandersetzung Hermanns von Werl mit Erzbischof Heribert von Köln. Anlaß der Feindseligkeit war die durch den Erzbischof erfolgte Festnahme Gerbergas, der Mutter des Grafen. Die tieferen Gründe dieses Vorgehens treten nicht zutage.
    Fragen wir zunächst: wer war die urkundlich bezeugte Gerberga? Bollnow stellte als Ergebnis seiner Arbeit an Hand des sächsischen Annalisten fest, dass Gerberga, die Mutter Hermanns von Werl, allenfalls mit Gerberga von Burgund, der Tochter König Konrads von Burgund und der Mathilde, einer Enkelin HEINRICHS I., identisch sein könnte, was nach seiner überkritischen Methode keinesfalls für ihn zwingend ist. Von einer Vermutung zur Behauptung und deren Begründung ging Fr. von Klocke über. Er unterschied eine Gerberga "aus dem Sauerland" von Gerberga von Burgund. Die Stifterin des Klosters Oedingen sei identisch mit Gerberga aus dem Sauerland, einer Frau von großer Tatkraft und reichem väterlichen Erbgut, mit dem sie wesentlich zum Ausbau des Machtbereiches der Werler Grafen beigetragen habe. Wer ihr Gatte war, ist ungewiß. Fr. von Klocke schaltete sowohl den 978 erwähnten als auch den 985 bezeugten Grafen Hermann als Stammvater der Werler Grafen aus. Als gesichert ließ er nur gelten, dass der von Thietmar genannte und in der Stiftungsurkunde aufgeführte Hermann ihr Sohn war. Die Unterscheidung der beiden Gerbergen ging wesentlich von der Titulierung comitissa und der Tatsache ihrer Festnahme durch den Erzbischof von Köln aus. Gerberga von Burgund sei hingegen wesentlich jünger gewesen. Sie habe nach dem Tode ihres ersten Gatten, des Herzogs Hermann von Schwaben, in zweiter Ehe den seit 997 bezeugten Grafen Hermann, den Sohn der Gerberga aus dem Sauerland und den ersten wirklich in Werl erweisbaren Angehörigen dieses Grafenhauses, geheiratet. Gerberga habe aus erster Ehe schon die beiden Töchter Mathilde und Gisela, wie Hermann von einer unbekannten Gattin die Söhne Heinrich, Konrad und Adalbert gehabt. Aus beider um 1004 geschlossenen Ehe seien dann die Kinder Rudolf, Bernhard und Mathilde hervorgegangen. Hömberg dagegen trat nachdrücklich für eine Personengleichheit der beiden Gerbergen ein. Endgültige Sicherheit ist meines Erachtens aus Mangel an Zeugnissen nicht zu gewinnen. Gerberga war vermutlich in erster Ehe mit einem ungenannten Grafen von Werl verheiratet, den Bollnow vorsichtigerweise nicht namhaft macht. In zweiter Ehe heiratete sie Herzog Hermann von Schwaben, dem sie die Kinder Gisela - die spätere Kaiserin - Beatrix, Bertold und Hermann (Herzog von Schwaben, + 1012) gebar. Bollnow hielt eine dritte Ehe nach dem Tode Herzog Hermanns (+ 1003) erneut mit einem Grafen von Werl für nicht ausgeschlossen. Die Schwierigkeit beruht darin, dass der sächsische Annalist als Geschwister der Gisela von Schwaben erwähnt: soror eius Mathildis fratresque eius Rodulfus et Bernardus nati erant in Westfalia de loco, qui dicitur Werla. Zweifel an der Richtigkeit seiner Aussage ergeben sich dadurch, dass Rudolf in der Vita Meinwerci kein einziges Mal in den Zeugnislisten auftauchte. Andererseits wird man aus chronoligischen Erwägungen den Bernhard des Annalisten mit Bernhard, dem Sohn des Grafen Hermann von Werl, identifizieren müssen, so dass dem Annalisten in der Generationsfolge ein Gedächtnisfehler unterlaufen wäre. Bollnow löste das Problem auf die Weise, dass er Hermann von Werl einen Sohn Gerbergas aus erster Ehe und damit einen Halbbruder der Kaiserin Gisela sein ließ. Die übrigen Geschwister der Gisela, die der Annalist aufführte - also Mathilde, Rudolf und Bernhard - sollen Kinder des Grafen Hermann (von Werl) und damit GiselasBruderkinder sein. Die Lösung hat viel für sich, zumal wenn man die zweite Ehe Hermanns in Erwägung zieht, die Bollnow nicht erwähnte. Wir können nur mutmaßen, dass vielleicht Rudolf und Mathilde Kinder aus dieser zweiten Ehe waren, was allerdings der Aussage Thietmars widerspricht, der die Ehe wegen der nahen Verwandtschaft für kinderlos hielt: nullam in procreanda prole spem deinceps adipiscitur. Diese Aussage stand möglicherweise unter dem Eindruck der göttlichen Strafe für die Exkommunikation. Vielleicht wurden die Kinder auch erst nach Thietmars Tod (+ 1018) geboren. Die zweite Ehe würde erklären, warum Rudolf, der an zwei Stellen als comes natus de Westfalia, ex loco, qui dicitur Werla bezeugt ist, in der Vita Meinwerci nicht unter den vier Söhnen Hermanns aufgezählt wurde. Zum Zeitpunkt des Testates (1024) war er demnach noch unmündig und kam als Zeuge nicht in Betracht, da er frühestens 1007 geboren wurde. Hömberg fand eine andere Lösung, auf die in einem anderen Zusammenhang bereits hingewiesen wurde.
    Ebenso strittig ist die Beantwortung der Frage nach Gerbergas Gatten. Bollnow wich ihr aus. Er begnügte sich mit der allgemeinen Feststellung, dass er ein Graf von Werl war. Hömberg machte Graf Bernhard als Gatten der Gerberga namhaft.
    In Frage käme ein Graf Hermann, der zur gleichen Zeit auftrat. Nach Auslage einer Urkunde sprach er im Ort Böllinghausen (bei Erwitte) im Gau Engern Recht, der in den Besitz des Klosters Meschede überging. Dieses Gebiet liegt in der Nähe von Werl, dem Stammsitz der Familie. Es schließt sich organisch an die Grafschaft des Grafen Hermann im Locdorpgau an. Zeitliche Bedenken erheben sich ebenfalls nicht. Vor allem spricht eine Erwähnung bei Thietmar dafür, ihn als Mitglied des Werler Grafenhauses zu betrachten. Die Textstelle besagt, dass 984 der Streit zwischen Heinrich von Bayern und seinem Sohn - dem späteren König - Herimanni comitis consilio geschlichtet wurde. Was konnte einen westfälischen Grafen veranlassen, sich in Sachen des bayerischen Herzogshauses zu verwenden. Die Antwort lautet: hier sprachen verwandtschaftliche Verpflichtungen mit. Gerbergas Halbschwester und somit Hermanns vermutliche Schwägerin war Gisela, die Gattin des Bayern-Herzogs Heinrich des Zänkers, der sich 984 mit seinem Sohn auseinandersetzte. Von hier aus gesehen erhellt sich die schon erwähnte Bezeichnung der Annalen consobrini imperatoris für die Söhne Hermanns von Werl. Hömberg hielt den 978 erwähnten Grafen Hermann für Gerbergas Schwiegervater, und zwar auf Grund der Tatsache, dass ihr Sohn wiederum den Namen Hermann trug. Da nur eine einzige Erwähnung vorliegt, können aus seinen Amtsdaten auch nicht annähernd gesicherte Angaben über das Alter des genannten Grafen gemacht werden. Alle anderen Kombinationen - wie Gatte oder Schwager - haben darum genau so viel Wahrscheinlichkeit für sich. Vielleicht war er mit dem Grafen Hermann identisch, der nach dem Fuldaer Totenbuch am 13. Juli 995 starb, zu welchem Tage auch das Merseburger Totenbuch das Ableben eines Grafen Hermann verzeichnete.

    Weinfurter Stefan (Hg.): Band I Seite 226,232, "Die Salier und das Reich"

    Die Vermutung, in dieser Schlacht des Sohnes der Mathilde und der Gatte der Gisela gegen den Gatten der Beatrix seien Auseinandersetzungen um das Erbe dieser drei Schwestern, der Töchter Herzog Hermanns II. und der Gerberga, gewaltsam ausgetragen worden, ist sehr wahrscheinlich und zudem neuerdings mit dem Hinweis gestützt worden, daß der Zeitpunkt der Auseinandersetzungen durch den Tod der Gerberga bestimmt sein dürfte. Ihr Todestag (7.7.) ist aus Nekrologeinträgen bekannt, als Todesjahr wurde "nach 1016" bzw. "um 1020" angenommen. Eine Präzisierung des Todesjahres auf 1018 oder 1019 erscheint daher plausibel [Hilsch, Regenbach (wie Anmerkung 35) Seite 58f.]

    Ennen, Edith: Seite 67-68, "Frauen im Mittelalter"

    Gisela ist wohl um 990 geboren, war eine Tochter des Herzogs Hermann II. von Schwaben und der Gerberga, Tochter des Königs Konrad von Burgund, des Bruders der Kaiserin Adelheid. Geboren ist Gisela in Schwaben, vorausgesetzt, daß ihre Mutter Gerberga erst in zweiter Ehe den Grafen Hermann von Werl in Westfalen geheiratet hat.

    Erkens, Franz-Reiner: Seite 32, "Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers."

    Als KONRADINERIN stammte Gisela aus einer der vornehmsten Familien des Reiches, über ihre Mutter Gerberga aber, eine Tochter des burgundischen Königs Konrad (+ 993) und eine Enkelin des westfränkischen Herrschers Ludwig IV. (+ 954), eines KAROLINGERS, war, ging ihre Ahnenreihe direkt auf KARL DEN GROSSEN zurück, auf die alles überragende Herrschergestalt also, in deren Tradition sowohl die ostfränkisch-deutschen als auch die westfränkisch-französischen Könige standen. Daß der Kaplan Wipo diese verwandtschaftlichen Beziehungen ausdrücklich hervorhebt, während er die ottonische Abstammung KONRADS unerwähnt läßt, zeigt, wie sehr das Ansehen eines Adelsgeschlechtes wuchs, wenn in den Adern seiner Mitglieder karolingisches Blut floß.

    Hlawitschka, Eduard: Seite 47-57,136-140, "Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands"

    Hermann II. war, wie auf der Tafel weiterhin ersichtlich ist, mit Gerberga, einer Tochter des Königs Konrad von Burgund, verheiratet. Da Gerbergas Mutter, das König Konrads Gemahlin Mathilde, ihrerseits eine Tochter König Ludwigs IV. von Frankreich und Gerbergas, einer Tochter König HEINRICHS I., war, hatte Hermanns Gemahlin Anteil am OTTONEN-Blut.
    Die Geburtszeiten der Geschwister Giselas fügen sich auch bestens zu den erkennbaren Lebensdaten ihrer Mutter Gerberga, die ja vor der ca. 986 mit Hermann II. von Schwaben geschlossenen Ehe schon einmal mit dem Grafen Hermann von Werl verheiratet war und diesem drei Söhne geboren hatte. Und dabei scheint diese erste Ehe Gerbergas von ca. 978/80-985 gewährt zu haben (vgl. P. Leidinger, Untersuchungen zur Geschichte der Grafen von Werl Seite 49f. und Tafel II am Bandende), was den für unseren Zusammenhang wichtigen Schluß zuläßt, daß Gerberga spätestens um 965 geboren sein wird. Wenn man aber - mit der Speyerer Bleitafel - Gisela erst am 11.XI.999 geboren sein läßt und danach - wegen der Bemerkungen in den Miracula S. Verenae über die Geburt der Töchter Hermanns II. vor dem erhofften Knaben - die Geburt Hermanns III. erst frühestens ins Jahr 1000 (eventuell auch erst noch später) setzen kann, so führt das schon wieder nahe an die Fruchtbarkeitsgrenze Gerbergas heran. Wahrscheinlich hat Gerberga ihre drei Töchter 986/87-990, ihren Sohn Hermann III. eventuell 991 oder erst 994 - nach dem 992 geborenen und nach einem Jahr verstorbenen Berthold - zur Welt gebracht.

    Schnith Karl: Seite 95,99, "Frauen des Mittelalters in Lebensbildern"

    Giselas Mutter Gerberga war von noch höherer Abkunft. Sie war die Tochter König Konrads von Burgund und Mathildes, der Tochter des KAROLINGERS Ludwig d'Outremer, über den ihr Stammbaum bis zu KARL DEM GROSSEN zurückzuführen war; sie war außerdem eine Nichte der Kaiserin Adelheid. Die Ehe ihrer Eltern bestand seit mindestens 989/90.
    Ebensowenig klar ist die möglicherweise vermittelnde Rolle der Ehe von Giselas Mutter Gerberga mit einem Grafen Hermann von Werl in Sachsen. War es ihre erste Ehe - wie meist angenommen wird [Leidinger; Seite 31-52; Huschner, in Uitz/Pätzold/Beyreuther, Seite 110, Hlawitschka, Untersuchungen Seite 152/53; anders: Klocke, F. v., Die Grafen von Werl und die Kaiserin Gisela, in: Westfälische Zeitschrift 98/99 (1949), Seite 67-167; Wunder Seite 2.] -, so könnten davon Beziehungen zu sächsischen Fürsten herrühren; sollte es die zweite gewesen sein, so könnte Gerberga nach 1003 ihre Tochter nach Sachsen mitgenommen haben - woraus sich die Angabe von Werl als Geburtsort Giselas beim Annalista Saxo erklären ließe - und sie dann mit Brun verheiratet haben.

    Thietmar von Merseburg: Seite 468, "Chronik"

    Sein Nachfolger Dietrich, der Sohn meiner Mutterschwester, mußte von Graf Hermanns Sohn Heinrich [von Werl], wie berichtet, viel Schmach hinnehmen. In diesem Jahre nun lebte der zeitweise beigelegte Streit wieder auf. Erzbischof Heribert von Köln mußte lange viele Belästigungen durch den Grafen hinnehmen. Kein Wunder, hielt er doch dessen Mutter [Hermanns Mutter Gerberga, vgl. VII, 49] eine ganze Weile in Haft.

    Hilsch, Peter: Seite 58, "Regenbach und die Schenkung der Kaiserin Gisela"

    Der Ehemann der Beatrix, Adalbero, der von Kaiser HEINRICH II. gegen den Sohn seines Vorgängers zum Kärntner Herzog erhoben worden war, kämpfte gegen den in Kärnten "enterbten" jüngeren Konrad (Sohn der Mathilde und Konrads von Kärnten) und dem älteren Konrad (den späteren König und 1019 bereits Ehemann unserer Gisela) vermutlich um ihre schwäbisch-fränkischen Güter, wurde jedoch in einer regelrechten Schlacht bei Ulm geschlagen. Für den Zeitpunkt des Kampfes könnte der Tod der Mutter Gerberga entscheidend gewesen sein [Leidinger (wie Anmerkung 13) Seite 87 nimmt ihren Tod vage "um 1020" an. Der Todestag ist aus dem Marchtaler Nekrolog (MGH Necrologiae Band 1, Seite 201) bekannt: der 7. Juli. Im Licht unserer Überlegungen wäre an den 7. Juli 1019, eher noch 1018 zu denken.].

    Uitz, Erika/Pätzold, Barbara/Beyreuther, Gerald: Seite 110, "Herrscherinnen und Nonnen. Frauengestalten von der Ottonenzeit bis zu den Staufern"

    Giselas Mutter, Gerberga von Burgund, die um 965 geboren wurde, vor ihrer Heirat mit Hermann II. von Schwaben schon eine Ehe mit dem westfälischen Grafen Hermann I. von Werl geführt und die Söhne Hermann II, Rudolf und Bernhard zur Welt gebracht. Gerbergas Gemahl starb etwa 985/986. Die Verbindung mit dem der konradinischen Familie angehörenden Hermann von Schwaben währte wahrscheinlich von 987 oder 988 bis zu dessen Todestag am 4. Mai 1003. Gisela wurde demnach in Schwaben geboren, verbrachte hier ihre Kindheit und erhielt eine sorgfältige und gediegene Erziehung.

    um 980 1. oo Hermann I. Graf von Werl - um 985/88
    988 2. oo Hermann II. Herzog von Schwaben 945/50-4.5.1003

    Kinder:
    1. Ehe
    - Hermann II. ca 980-14.5. nach 1024
    - Rudolf-Ludolf ca 982/86-12.7. um 1044
    - Bernhard II. Graf von Hoevel ca 982/86- um 1059

    2. Ehe
    - Mathilde ca 988-29.7.1031/32
    1003 1. oo Konrad I. Herzog von Kärnten um 975-12.12.1011
    1014 2. oo Friedrich II. Herzog von Lothringen -13.5.1026/27
    nach 1026/27 3. oo Esiko Graf von Ballenstedt - um 1059/60
    - Gisela 13.11.989-15.2.1043
    vor 1002 1. oo Bruno Graf von Braunschweig ca 975/80- ca 1010 ermordet
    um 1010 2. oo Ernst I. Herzog von Schwaben 970-31.5.1015
    1016 3. oo KONRAD II. 12.7.990-4.6.1039
    - Berthold Anfang 992- Anfang 993
    - Beatrix ca 990/1000-12.5. nach 1025
    1019 oo Adalbero I. Herzog von Kärnten um 980-28.11.1039
    - Hermann III. ca 994/vor 1.995-1.4.1012
    oder 991/92 (Hlawitschka)

    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 380 H 22 - Bollnow, Hermann: Die Grafen von Werl. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte des 10. bis 12. Jahrhunderts. Dissertation Stettin 1930 Seite 8,28,44 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 26,28,67 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 226,232,248 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 67-68 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 32 - Fried, Johannes: Prolepsis oder Tod? Methodische und andere Bemerkungen zur Konradiner-Genealogie im 10. und frühen 11. Jahrhundert - Hilsch, Peter: Regenbach und die Schenkung der Kaiserin Gisela, in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 42 1983 Seite 52-81 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969 Seite 65 - Hlawitschka, Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987 Seite 47-57,68,73,103,119,136-140, 152,169 - Hlawitschka, Eduard: Wer waren Kuno und Richlind von Öhningen? Kritische Überlegungen zu einem neuen Identifizierungsvorschlag. In: Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins 128 1980 Seite 1-49 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 367 - Lechner Karl: Die Babenberger. Markgrafen und Herzoge von Österreich 976-1246, Böhlau Verlag Wien-Köln-Weimar 1992, Seite 66,321 A 35 - Maurer, Helmut: Der Herzog von Schwaben. Grundlagen, Wirkungen und Wesen seiner Herrschaft in ottonischer, salischer und staufischer Zeit, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1978 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 90 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 91,95,99,125,156 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 408,468 - Uitz, Erika/Pätzold, Barbara/Beyreuther, Gerald: Herrscherinnen und Nonnen. Frauengestalten von der Ottonenzeit bis zu den Staufern, Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1990 Seite 109,114,123 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 63,220 - Wolf Armin: Wer war Kuno von Öhningen? Überlegungen zum Herzogtum Konrads von Schwaben (+ 997) und zur Königswahl vom Jahre 1002. in Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters Band 36, Seite 25-83 1980 -

    Familie/Ehepartner: von Werl, Hermann. Hermann wurde geboren um 950; gestorben in 985/988. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 349. von Werl, Hermann II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 980; gestorben nach 1025.
    2. 350. von Werl, Rudolf  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 982/986; gestorben um 1044.
    3. 351. von Werl, Bernhard II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 982/986; gestorben nach 1030.

    Gerberga heiratete von Schwaben, Hermann II. in 988. Hermann (Sohn von von Schwaben, Konrad und von Marchtal, Judith) wurde geboren in 945/950; gestorben am 4 Mai 1003. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 305. von Schwaben, Mathilde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 988; gestorben in 1031/1032; wurde beigesetzt in Worms [67547],Worms,Rheinland-Pfalz,Deutschland.
    2. 306. von Schwaben, Gisela  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren am 13 Nov 989; gestorben am 15 Feb 1043 in Goslar [38640],Goslar,Niedersachsen,Deutschland; wurde beigesetzt in Speyer [67346],Speyer,Rheinland-Pfalz,Deutschland.
    3. 307. von Schwaben, Beatrix  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 990/1000; gestorben nach 1035.
    4. 308. von Schwaben, Berthold  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 992; gestorben in 993.
    5. 309. von Schwaben, Hermann III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 994; gestorben am 1 Apr 1012.

  46. 276.  von Burgund, Berta Graphische Anzeige der Nachkommen (210.Mathilde11, 168.Ludwig10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 964/965; gestorben nach 1010.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Blois [41000],Loir-et-Cher,Centre-Val de Loire,Frankreich; Gräfin von Blois
    • Titel/Amt/Status: Frankreich; Königin von Frankreich

    Notizen:

    Bertha von Burgund
    Königin von Frankreich
    Gräfin von Blois
    um 964/65- nach 1010
    2. Tochter des Königs Konrad von Burgund aus seiner 2. Ehe mit der Mathilde von Frankreich, Tochter von König Ludwig IV.

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 2022

    Bertha von Burgund, Königin von Frankreich
    * um 965, + nach 1010
    Tochter König Konrads von Burgund

    Wurde um 980 wohl durch Vermittlung ihres Onkels, König Lothars von W-Franken, dem an einem Bund mit den Häusern BLOIS und VERMANDOIS gegen Hugo Capet lag, mit Graf Odo I. von Blois-Tours-Chartres vermählt. Als dieser in äußerster Bedrängnis - durch den gemeinsamen Angriff Graf Fulko Nerras von Anjou und des inzwischen König gewordenen Hugo Capet - am 12. März 996 starb, gelang es seiner Witwe, Hugos Sohn und Mitkönig Robert II. als Beschützer zu gewinnen, der sie nach des Vaters Tod (24. Oktober 996) in 2. Ehe heiratete. Gegen diese Verbindung drohte Papst Gregor V. wegen zu naher Verwandtschaft der Gatten, auf der Synode von Pavia (Februar 997) die Exkommunikation an, die, nach vergeblichem Vermittlungsversuch Abbos von Fleury angesichts des Beharrens der Partner 998 ausgesprochen wurde. Um 1003/04 hat Robert, auch wohl wegen Kinderlosigkeit, die Verbindung gelöst und Konstanze von Provence in 3. Ehe geheiratet, dann aber, um 1010, erneut versucht, von Papst Johannes XVIII. die Ehe mit Bertha anerkennen zu lassen. Die Rivalität zwischen Bertha und Konstanze hat auch den französischen Hof in sich erbittert befehdende Parteien gespalten und in der Sage, derzufolge Bertha ein Monstrum mit Gänsefüßen gebar, Spuren hinterlassen. Bertha, die ihren Sohn Odo II. Ansprüche auf das Königreich Burgund hinterließ, hat längere Zeit die Grafschaften ihres Gemahls erfolgreich regiert und dabei den Titel regina mehrfach geführt.

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 60. BERTHA
    * ca. 964/65, + nach 1010
    Gemahl:
    a) ca. 983 Odo I. Graf von Blois (siehe VIII 10)
    b) Anfang 997 Robert II. König von Frankreich (siehe X 137)
    geschieden ca. 1000 wegen Verwandtschaft

    Anmerkungen: Seite 128
    VIII. 60. BERTHA

    Die Geburtszeit will Blümcke, Burgund unter Rudolf III. auf etwa 964 setzen, ähnlich Poupardin, Bourgogne 388. Sie kann auch etwas später fallen. Sie war 984 bereits mit Odo vermählt. Bouquet 11, 655.
    Zweite Vermählung nach dem Tode Hugo Capets (996 24. X.) vor der Synode von Pavia, die diese Heirat beanstandete (Mitte 997), siehe Pfister, Robert 53. Scheidung nach 999 26. X. (Bouquet X 577) vor 1001 IX. (ib. X, 569 Anmerkung), Pfister
    (...)

    Werner Karl Ferdinand: Seite 475, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VIII. Generation 6-9

    Zur zweiten Ehe Berthas, die sich nach Odos I. Tod mit Robert II. verband (die Ehe wurde auf päpstliches Betreiben, nach anfänglichem Widerstand König Roberts aufgelöst) vgl. Brandenburg X, 137 (Seite 67).
    Bemerken wir, daß Bertha aus ihrer Ehe mit Odo nie einen Sohn namens "Robert" hatte, wie Brandenburg IX, 9 angibt. Einziger, vermeintlicher Beleg ist eine Zeugenliste in der von Newman, Catalogue des actes de Robert II, 135f. als Fälschung des 12. Jahrhunderts eingestuften Urkunde von 989: S. Hugonis regis, S. Odonis comitis, S. Roberti filii eius, S. Tetbaldi filii eius, S. Odonis, alterius filii eius. Man hat längst bemerkt, daß das alterius nur zwei Söhne Odos I. voraussetzt, Tedbald II. und Odo II. In Robert sah man den an die falsche Stelle gesetztenRobert II., Sohn König Hugos. In Wahrheit ist für "filii eius" bei Robert vicecomitis zu lesen, und gemeint ist der Aussteller der Urkunde, der Vicomte Robert von Blois, der ohne diese von uns vorgeschlagene Richtigstellung in der Subskription seiner Urkunde gar nicht erschiene! Da Tedbald II. kurz vor seinem Tode 1004 zum Bischof von Chartres gewählt worden war und vergebliche Versuche unternahm, die päpstliche Genehmigung zu erlangen, wird seine Geburt und damit das Datum der Ehe Berthas mit Odo I. früher als ca. 983 (so Brandenburg) anzusetzen sein. In einer Urkunde, die wie die eben zitierte vom Vicomte Robert von Blois für die Abtei Notre Dame d'Evron (Dep. Mayenne) ausgestellt wurde (Cartulaire de S.-Pere de Chartres, ed. B. Guerrard, 1, 77-79), erscheinen nebeneinander, in der durchaus unverdächtigen Zeugenliste, nach Herzog Hugo (Capet), Graf Odo I. und seinem Bruder, dem Erzbischof Hugo von Bourges, S. Letgardis comitissae, S. Berte comitisse. Man hat diese Urkunde auf 985 datiert, ausgehend von dem ihr erwähnten Tod des Abtes Wibert von S.-Pere. Das Jahr von dessen Tod ist aber gar nicht genau bekannt; der Herzog datiert seine Abtszeit bis c 980, die letzte datierte Urkunde, die ihn nennt, ist von 967 III 8. Es ergibt sich, daß nicht nur Ledgard, die Gattin Tedbalds I., bis c 980 gelebt hat (siehe oben VII, 7), sondern daß um diese Zeit Odo I., seit 975 Graf von Blois, schon mit der burgundischen Königs-Tochter Bertha vermählt war.

    Glocker Winfried: VI, 23; Seite 300, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VI, 23 BERTHA
    * c 967/68, + nach 1010
    1. oo c 984 Odo I., Graf von Blois, + 996 III 12
    2. oo 997 Anfang König Robert II. von Frankreich (seit 996), * c 970, + 1031 VII 7 (Ehe 1004 IV wegen zu naher Verwandtschaft geschieden)

    Die Filiationsbelege für Bertha, Tochter der Mathilde und König Konrads, hat Diener, Könige Nr. 15, zusammengestellt.
    Zu Berthas Heirat mit Graf Odo I. von Blois, vgl. Landsberger, Odo S. 17, Anm. 55; das Jahr von Berthas Vermählung mit Odo hat Werner VIII, 6-9 näher bestimmt. Berthas zweite Ehe mit König Robert II. von Frankreich bezeugt Richer IV c. 108, S. 328.
    Zur Scheidung des Paares wegen zu naher Verwandtschaft - beide stammten im Verhältnis 3 : 3 von König HEINRICH I. ab - vgl. Pfister, Etudes S. 57 und 70, sowie jetzt Dhondt, Femmes S. 48 f.

    Diener, Ernst: Seite 80, "Könige von Burgund aus dem Hause der Welfen" in: Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte I. Band: Hoher Adel Zürich 1900-1908

    15. BERTA
    Tochter Konrads und Mathildes (Tab. geneal. ex cod. Steynvelt. SS III 215; Herm. Contract. SS V 121; Rod. Glaber SS VII 64; Hugonis Flaviniac. chron. SS VIII 364, 366; Modern. regum Francor. actus SS IX 387; Wiponis vita Chuonr. imp. SS 11, 269), vermählt 1. mit Odo I. von Champagne (vgl. Landsberger, Graf Odo I. von der Champagne. Diss. Göttingen, Berlin 1878, p. 17 ff.), Witwe 995, in 2. Ehe mit König Robert von Frankreich (Rotbertus rex patri succedens, suorum consilio Bertam duxit uxoerem: Richeri histor. SS III 657), geschieden 998 wegen zu naher Blutsverwandtschaft (Roberts väterliche Großmutter Hedwig und Berthas mütterliche Großmutter Gerberga waren Schwestern, Töchter des deutschen Königs HEINRICHS I.).

    Treffer Gerd: Seite 75-76, "Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert)"

    BERTHA VON BURGUND - die tatsächlich Geliebte
    Geboren: 964 - Heirat 996 Melun - + um 1024
    Zweite Gemahlin Roberts II. des Frommen (* 971; König 996-1031)

    Bertha ist seit Anfang des Jahres 996 Witwe. 983 hatte sie Odo I., den Grafen von Blois-Chartres, geheiratet und fünf Kinder von ihm geboren, darunter als ältesten einen Robert, der von König Robert II. über das Taufbecken gehalten wurde. Im Frühjahr 996 war deiser erste Mann gerade zur "rechten zeit" an einer "blitzartigen Krankheit" verstorben.
    Bertha und Robert kennen sich schon lange, sie sind ja verwandt, Cousin und Cousine dritten Grades, und Bertha ist von höchster Abkunft. Sie ist die zweite Tochter von Konrad I., dem Friedlichen, König von Burgund, und seiner Frau Mahaut (oder Mathilde) von Frankreich, der Tochter Ludwigs IV. von Übersee. Über ihre Mutter ist Bertha also eine Art Brücke zurück zu den KAROLINGERN. Berthaist über dreißig, als sie 996 Robert II. heiratet, der gerade den Thron bestiegen hat. Roberts Leidenschaft für Bertha ist aufrichtig, sie hält ihn gefangen. Der König findet bei seiner blonden Gemahlin Anschmiegsamkeit, Hingabe, Heiterkeit, alles Eigenschaften, die auch seinem Charakter eignen. Das Paar lebt ein privates Glück, aber auch einen unablässigen Kampf gegen Rom, das weniger verständnisvoll ist als die französischen Bischöfe. Und Papst Gregor V. [Persönlicher Einwurf: Als Urenkel Kaiser OTTOS I. war Gregor V. mit beiden Ehepartnern verwandt, denn Gerberga und Hadwig, Großmütter von Bertha und Robert II., waren Schwestern von Kaiser OTTO I.] ist kein Mann, der sich vom offensichtlichen Glück der königlichen Ehe erweichen ließe. Nach den Regeln der Kirche sind die Eheleute verwandt, und Robert ist der Pate von Berthas Sohn. So ist die Ehe nicht statthaft. Folglich muß sie zerbrochen werden. Die Verdammung durch Papst Gegor V. fällt um so heftiger aus, als dieser ein Vetter OTTOS III., des Kaisers, ist, der den KAPETINGER Aufstieg mißtrauisch beäugt. Ein Konzil tritt im Juni 997 rasch zu Pavia zusammen. Das Urteil dieser heiligen Versammlung lautet auf Exkommunikation des Königs, wenn er sich weigert, eine Bußreise nach Rom zu unternehmen. Trotz verschiedener Vermittlungsversuche vergiftet sich die Lage weiter. 998 bedroht ein allgemeines Konzil König und Königin mit Exkommunikation, wenn sie sich nicht trennen. Angesichts des Widerstandes des KAPETINGERS verfaßt Gregor V. schließlich eine besonders heftige Bulle: "Von diesem Tag an herrscht Kirchenbann über das ganze Königreich. Keine Messen, keine Sakramante. In das Feuer mit allem, was Hände und Lippen des Königs berührt haben."
    Trotz seiner großen Frömmigkeit wird Robert II. also wegen Bertha, seiner zweiten Frau, exkommuniziert, das Land mit Kirchenbann belegt, muß sich von ihr trennen, um wieder zu den Sakramenten zugelassen zu werden. Die schmerzhafte Entwicklung traumatisiert den König, denn er liebt diese Frau innig. Von seiner Erziehung geprägt und in seinem Herzen fromm, beugt sich der König aber lieber, statt einen Riß durch die Christenheit zu riskieren. Seine Haltung ist um so verdienstvoller als die Exkommunikation von den französischen Bischöfen harsch kritisiert wird, die - Vorläufer des Gallikanismus - von Rom das Zugeständnis erwarten, daß die normalen Gesetze der Kirche nicht zwangsläufig auf die Könige von Frankreich, Gesalbte des Herrn, zu übertragen sind ... Bertha wird aber nicht aus der königlichen Umgebung vertrieben. Sie trifft sich nach wie vor mit ihrem Ex-Gemahl. Und auch wenn sich dieser 1003 mit einer blutjungen Frau, Konstanze von Arles, vermählt, die ihm mehrere Söhne schenkt, gibt sie dennoch die Hoffnung nicht auf, eines Tages wieder ihre Macht und ihren Mann zurückzugewinnen.
    Als Roberts Favorit, der Graf von Beauvais getötet wird und Konstanze unter Mordverdacht steht, ziehen 1008 Robert und Bertha nach Rom. Ein Chronist schreibt, "die wegen Blutsverwandtschaft verstoßene Königin ... hoffte, unterstützt von gewissen Kreisen des Königshofes, daß ihr das Königreich auf Befehl des Papstes zurückgegeben werde". Sie hofft mithin auch, die Annullierung der Ehe Roberts mit Konstanze zu erreichen. Der Mönch auf dem Stuhl Petri aber setzt den Respekt vor der Kirche und ihren Dogmen über persönliche Betrachtungen. Bertha folgt Robert dennoch in seine Sommerresidenz Dreux und lebt noch 15 Jahre lang an der Seite Roberts. Sie stirbt um 1024, wohl im Schloß von Melun.
    Nach der Ehe mit Odo I. Graf von Blois heiratete Bertha ihren Vetter Robert II. den Frommen, König von Frankreich. Dieser verfiel ihr völlig, protegierte ihren Sohn Odo II. zum Nachteil der französischen Krone und beugte sich schließlich der Staatsraison. Eine angebliche Unfruchtbarkeit der Königin gestattete den kirchlichen Behörden, die Ehe zu annullieren. Bertha unterhielt weiterhin gute Beziehungen zum König und hatte sogar vor, sich mit Robert II. noch einmal zu verheiraten, als dieser sich von Konstanze von Arles trennte.

    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Seite 87-98, "Die französischen Könige des Mittelalters"

    Roberts zweite Frau Bertha, wie Rozala ebenfalls von königlichem Geblüt und gleichfalls Witwe, war mit dem Grafen Odo I. von Blois verheiratet gewesen. Eine romantische und psychologisierende Geschichtsschreibung hat diese zweite Ehe Roberts (vermutlich April 997) als einen Akt jugendlicher Befreiung gegenüber einem übermächtigen Vater gedeutet. Doch steht dem die Tatsache entgegen, dass sich spätestens 991 Robert von Rozala trennte, "weil sie zu alt war".
    Aber auch die zweite Ehefrau erfüllte die in sie gesetzten Erwartungen nicht, zumal der päpstliche Stuhl Anstoß an dem allzu nahen Verwandtschaftsgrad der beiden Ehepartner genommen hatte.
    Freilich hatte die Königin auch allen Grund, mit ihrem Mann 'unzufrieden' zu sein. Denn dieser war - zusammen mit seiner Ex-Frau Bertha - vermutlich um das Jahr 1010 nach Rom gereist. Vielleicht machte er sich Hoffnungen auf einen päpstlichen Dispens. Dieser hätte es ihm dann ermöglicht, nach einer Scheidung von Constanze wieder rechtmäßig mit Bertha zusammenzuleben. Da seine zweite Ehefrau aber, wie bereits angedeutet, sehr eng, das heißt im 3. kanonischen Grad mit ihm verwandt war, was nach kirchlicher Auffassung eine Ehe ausschloß, muß Roberts Plan als illusionär bezeichnet werden. Gleichzeitig war es aber auch gefährlich, hätte Robert II. doch die Thronfolge seines damals schon geborenen Sohnes Hugo in Frage gestellt. In dieser schwierigen Situation griff ein Heiliger ein: Sankt Savinianus, der 1. Erzbischof von Sens, schlug sich auf die Seite der Königin. Constanze hatte schon befürchtet, "aus dem königlichen Bett vertrieben zu werden". Doch der König kehrte mit leeren Händen aus Rom zurück. "Seit dieser Zeit begann er, seine Frau Constanze zu lieben", meinte wenigstens ein zeitgenössischer Chronist.
    Bereits die Zeitgenossen haben die prekäre Lage Roberts II. gesehen, dem Odo II. "vieles bald mit Gewalt, bald mit Gerissenheit abgenötigt hatte". Aber auch Odo II. hatte gefährliche Gegner. Besonders mit dem Grafen Fulco III. Nerra von Anjou (987-1040) hatte er zu rechnen. Da Constanze mit dem Hause ANJOU, Bertha hingegen, von der sich Robert II. immer noch nicht endgültig zu trennen vermochte, mit dem Hause BLOIS verwandt war, wurde selbst der königliche Hof zum Schauplatz der Auseinandersetzungen der beiden miteinander rivalisierenden Parteien. Weil Hugo von Beauvais, Pfalzgraf und Vertrauter des Königs, zu Bertha hielt, wurde er auf Anstiften Constanzes und ihres Cousins Fulco Nerra ermordet. Die Attentäter konnten es sich leisten, Hugo vor den Augen eines offensichtlich hilflosen Königs umzubringen.

    Ehlers Joachim: Seite 42,48-52, "Die Kapetinger"

    Der Episkopat mißtraute Robert II. seit dem Reimser Bistumsstreit, und der Papst rügte seine zweite Ehe (Rozala-Susanna hatte Robert schon 991/92 verstoßen), kurz nach dem Tod seines Vaters geschlossen mit Bertha, der Witwe der erst im Jahr zuvor verstorbenen Grafen Odo von Blois-Chartres und Tochter König Konrads I. von Burgund; wieder hatte Robert eine Gemahlin aus königlichenm Hause, wiederum allerdings aus zweiter Hnad. Der Papst erinnerte an zu nahe Verwandtschaft der Partner und das damit gegebene kanonische Ehehindernis, denn Berthas Mutter Mathilde war eine Tochter König Ludwigs IV. und Gerbergas, einer Schwester OTTOS I., ihre Schwester Hadwig als Mutter Hugo Capets wiederum die Großmutter Roberts II.; Robert und Bertha waren mithin Vetter und Cousine zweiten Grades. Die Regierung Roberts sollte durch diese und ähnliche Auseinandersetzungen lange belastet bleiben, denn erst im Herbst 1001 war der König zur Trennung bereit, weil der erhoffte Erbe bis dahin nicht geboren worden war. Obwohl Robert kurz darauf (wohl 1003) Constanze heiratete, Tochter des Grafen Wilhelm von der Provence und über ihre Mutter mit dem Haus ANJOU verwandt, suchte er immer aufs Neue nach Möglichkeiten, Bertha wiederzugewinnen und machte selbst nach der Geburt seiner Söhne Hugo (wohl 1007) und Heinrich (1009(10) noch einmal den unsinnigen Versuch, vom Papst die Zustimmung zu einer legalen Verbindung mit Bertha zu gewinnen, was die Trennung von Constanze vorausgesetzt hätte.
    Anders als seien Rivalen aus dem Hause ANJOU stellte sich Odo gegen Hugo Capet und nahm König Lothars Nichte Bertha zur Frau, eine TochterKönig Konrads von Burgund. Als Odo 996 während der Kämpfe gegen Fulko Nerra von Anjou starb, rief Bertha Robert zu Hilfe, der sie nach dem Tod seines Vaters 996 heiratete.

    Weinfurter, Stefan: Seite 220, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten"

    Mehr Erfolg war ihm dagegen im Westen beschieden, und zwar insbesondere im Hinblick auf das Königreich Burgund. Durch seine Mutter Gisela war HEINRICH II. ein Neffe des kinderlosen burgundischen Königs Rudolf III. (993-1032). Dessen Herrschaft galt als schwach und stets gefährdet. Manches deutet darauf hin, daß König Robert II. von Frankreich (996-1031) um die Jahrtausendwende das Erbe Burgunds für sich vorbereitete, als er 997 Bertha, eine weitere Schwester Rudolfs III., heiratete. Robert II. verstieß seine burgundische Gemahlin zwar 1001 wieder, aber auch seine neue Ehe mit Constanze, einer Tochter des Grafen Wilhelm von Provence zeigt, daß seine Interessen nach Süden gerichtet blieben.

    984 1. oo Odo I. Graf von Blois 950-12.3.996
    997 2. oo 2. Robert II. der Fromme König von Frankreich, - 1000 20.7.972-20.7.1031

    Kinder:
    1. Ehe
    - Theobald II. Graf von Blois (996-1004) ca 985-30.9.1004
    - Odo II. ca 990-15.11.1037
    - Dietrich - nach 996
    - Agnes
    oo Guido Vizegraf von Tours

    Literatur:
    Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997 Seite 123 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 67 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Seite 10 - Diener, Ernst: Könige von Burgund aus dem Hause der Welfen. in: Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte I. Band: Hoher Adel Zürich 1900-1908 Seite 80 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 42, 48-52 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 87,93,97 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 73 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 160 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 VI,23 Seite 300, 308,324 - Görich Knut: Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995 Seite 211 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 324,336 - Houben, Hubert: Roger II. von Sizilien. Herrscher zwischen Orient und Okzident, Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 24 - Pognon Edmond: Hugo Capet König von Frankreich. Dr. Riedeler Verlag Stuttgart 1966 Seite 133,264 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 90 - Schulze Hans K: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag Seite 342 - Treffer Gerd: Die französischen Königinnen. Von Bertrada bis Marie Antoinette (8.-18. Jahrhundert) Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1996 Seite 72,75 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1999, Seite 220,225 - Weinfurter Stefan: Herrschaft und Reich der Salier. Grundlinien einer Umbruchszeit. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992, Seite 47 - Wolfram Herwig: Kaiser Konrad II. Kaiser dreier Reiche. Verlag C.H. Beck München 2000 Seite 83 -

    Berta heiratete von Frankreich, Robert II. in 996. Robert (Sohn von von Frankreich, Hugo Capet und von Poitou, Adelheid) wurde geboren am 20 Jul 972 in Orléans [45000],Loiret,Centre-Val de Loire,Frankreich; gestorben am 20 Jul 1031 in Melun [77000],Seine-et-Marne,Île-de-France,Frankreich; wurde beigesetzt in Saint-Denis [93200],Seine-Saint-Denis,Île-de-France,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Berta heiratete von Blois, Odo I. in 983. Odo wurde geboren in 950; gestorben am 12 Mrz 996; wurde beigesetzt in Marmoutier [67440],Bas-Rhin,Elsass,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]


  47. 277.  von Burgund, Rudolf III. Graphische Anzeige der Nachkommen (210.Mathilde11, 168.Ludwig10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 970; gestorben in Sep 1032; wurde beigesetzt in Lausanne [1000],Waadt,Schweiz.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 993-1032, Burgund,Frankreich; König von Burgund

    Notizen:

    Rudolf III. der Faule
    König von Burgund (993-1032)
    ca 970-5./6.9.1032 Begraben: Lausanne

    Einziger Sohn des Königs Konrad der Friedfertige von Burgund aus seiner 2. Ehe mit der Mathilde von Frankreich, Tochter von König Ludwig IV.

    Lexikon des Mittelalters: Band VII Spalte 1077

    Rudolf III., König von Hoch-Burgund 993-1032
    * um 970, + 5./6. September 1032Begraben: Lausanne

    Eltern:
    König Konrad von Burgund
    Mathilde von Frankreich

    1. oo vor 994 Agiltrud (+ 17. Februar 1011)
    2. oo vor 28. Juli 1011 Irmingard (ihre 2. Ehe, + 27. August nach 1057)

    Illegitimer Sohn:
    - Bischof Hugo von Lausanne

    Nach formeller Wahl und Salbung in Lausanne versuchte Rudolf III. mit Konfiskationen, die indes zu Auflehnungen führten, vergeblich, das seit den 970-er Jahren erkennbare Erstarken der regionalen Feudalgewalten (Komplexe: Arles [marchio Wilhelm von der Provence], Grenoble-Vienne [WIGONEN, Albon], Belley-Maurienne-Savoyen-Aosta [Humbert Weißhand], Macon-Besancon [Ott-Wilhelm von Burgund] aufzuhalten. Effektiv handelte er bald nur noch im hoch-burgundischen Stammland um St-Maurice und Lausanne. Sein Königtum stabilisierte er über eine an der ottonischen Reichskirchenherrschaft orientierte stärkere Heranziehung der burgundischen Bistümer zum Königsdienst, Einsetzung von Verwandten als Bischöfe und Ausstattung der Bistümer mit Grafschaftsrechten. Dazu suchte er offen Anlehnung an Kaiser OTTO III. und dessen Großmutter, seiner Tante Adelheid, die 999 nach Burgund kam und Spannungen im Lande abbauen half; 1000 besuchte Rudolf III. den Kaiser in Bruchsal. Auch zu Kaiser HEINRICH II., der Rudolfs III. älteste (Halb)-Schwester Gisela zur Mutter hatte und beim früh konstatierbaren Ausbleiben legitimer Kinder einen vorrangigen Erbanspruch erheben, zudem auf ältere Akte lehnsrechtliche Unterordnung Burgunds unter das Reich (seit HEINRICH I.) verweisen konnte, gestalteten sich die Beziehungen gut (1006 Inbesitznahme Basels durch HEINRICH als Pfand für künftiges Erbe und Zusicherung oberlehnsherrliche Letztentscheidung an ihn; 1007 5 burgundische Bischöfe bei Synode in Frankfurt). Innerburgundischer Streit verquickte sich 1016 mit der Nachfolgefrage, wobei Rudolf III. gegen den renitenten Großgrafen Ott-Wilhelm nichts ausrichtete, in Straßburg darauf die Erbfolge HEINRICHS II. bestätigte und letzterer - vergeblich - selbst gegen Ott-Wilhelm vorzugehen versuchte. 1018 erneuerte Rudolf III. in Mainz eidlich die Abmachung mit HEINRICH, der nochmals - erfolglos - bis zur Rhone vorrückte. Nach HEINRICHS Tod 1024 mußte KONRAD II., dessen Gemahlin Gisela eine - im Erbrecht freilich Rudolfs III. Neffen Graf Odo II. von Blois nachstehende - Nichte Rudolfs III. war, seine Ansprüche auf die staats- und lehnsrechtliche Kontinuität in der Nachfolge HEINRICHS II. begründen. Rudolf III. wollte seine Absprachen zwar als erloschen betrachten, doch besetzte KONRAD 1025 Basel, was Rudolf III., der 1026 einen Ausgleich mit Ott-Wilhelm fand, zu Verhandlungen zwang. Zu Ostern 1027 nahm er dann an KONRADS II. Kaiserkrönung in Rom teil. Bei einem Königstreffen in Basel im Sommer 1027 wurde der Friede bekräftigt, und KONRAD trat formell in alle Vertragsrechte HEINRICHS II. von 1006/16/18 ein. Sterbend ordnete Rudolf III. durch Übersendung seiner Reichsinsignien an KONRAD auch den Übergang Burgunds an das Imperium an.

    Quellen und Literatur:
    H.-D. Kahl, Die Angliederung Burgunds an das ma. Imperium, Schweizer. Numismat. Rundschau 48, 1969, 13-105.

    Diener, Ernst: Seite 76, "Könige von Burgund aus dem Hause der Welfen" in: Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte I. Band: Hoher Adel Zürich 1900-1908

    14. Rudolf III., König von Burgund 993-1032

    Sohn Konrads und der Mathilde (Tab. geneal. ex cod. Steynvelt. SS III 215; Flodoardi ann. SS III 966; Hugonis Flavin. chron. SS VIII 364; Chronica Albrici monachi Trium Fontium SS 23, 773, 782; Annal. Lausann. SS IX 497; Chron. Suevic. univers. SS 13, 69; ignavus regulus: Herm. Contr. 1. c. 121; regulus: Ann. Sangall. maior ed. Henking in St. Galler Mitteil. 19 p. 300; mollis et effeminatus: Annalista Saxo SS VI 669).
    Verheiratet mit 1. Agaldrudis 994 I. 12. (Orig. Guelf. II. Probat. p. 154). - 1009 VI. 16. (Archivio storico italiano, IV a seria, X 316).
    2. Ermengardis 1011 IV. 24. sponsa (Matile, Monum. hist. de Neuchatel II 1037), 1011 VIII. 25. coniux (Gallia christ. XV INstr. col. 136).
    + VIII. 27. laut ihrer Grabschrift in Vienne: Chorier, Antiquitez de Vienne, Lyon 1659, p. 218 f.; am 25. VIII. nach dem Necrol. von Talloires, (ed. Bresslau, Neues Archiv f. ält. deutsche Geschke. 11, 102) nach 1057 VIII. 24. (Arch. stor. ital. IVa serie II 251). -
    Rudolf hinterließ bei seinem Tode 1032 IX. 6 (Annal. Augustani SS III 125; Ann. Ottenbur. SS V 26; Herm. Contract. SS V 121; Moedrn. regum Francor. actus SS IX 384; Ann. Mellic. SS IX 498; Auctarium Zwetlense SS IX 539; Wipo SS 11, 269; Ann. necrol. Fuld. SS 13, 211; Catalogi abbat. s. Eugendi Jurensis SS 13, 745; Ann. Laus. 24, 780; Ann. Sangall. maiores, in St. Galler Mitteil. 19, 312; IX. 6.: Grabschrift der Königin Ermengardis, Chorier. 1. c.; IX. 6.: Rodulphus rex pius filius Conradi regis, im Necrol. Laus. MDSR 20, 181; IX. 5.: Necrol. v. Talloires, Neues Archiv f. ält. d. Geschkde. 11, 103) keine rechtmäßigen Kinder (regi Rodulfo ... non erat proles ulla, quae foret regni hers, sagt Rodulfus Glaber SS VII 64; sine liberis: Chron. s. Benigni Divion. SS VII 236; absque liberis: Hugonis Flaviniac. chron. SS VIII 364, 401), nur einen illegitimen Sohn Hugo (s. 23), während Thietmari chron. SS III 845 von filii duo der 2. Gattin, welche privigni des Königs seien, spricht; ebenso Annalista Saxo SS VI 673: Rodolfus Burgundionum rex ... cum uxore sua et privignis. Gisi (s. 8) macht aus ihnen Stiefsöhne Ermengards, Söhne Herzog Rudolfs von Burgund und wahrscheinlich einer Angehörigen des Genfergaus, die angeblichen Stammväter der Häuser RHEINFELDEN und SAVOYEN, die durch eine spätere Heirat Rudolfs mit Ermengard deren Stiefsöhne geworden sein sollen.

    Siegel: RODVLFVS PIVS REX (Anz. f. Schw. u. Altkde 1858, p. 49ff. und Tafel V 5).

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. 62. Rudolf III., König von Burgund
    * ca. 970, + 1032 6. IX.
    Gemahl:
    a) vor 994 Agaltrudis + nach 1009 16. VI.
    b) 1011 vor 25. VIII. Irmgard + 27. VIII. nach 1057
    c) Konkubine

    Glocker Winfrid: VI, 24 Seite 301, „Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik“

    Rudolf III.
    * c 970, + 1032 IX 5/6

    993 König von Burgund

    1. oo vor 994 Agaltrud, + (1011 II 17)
    2. oo 1011 vor VII 28 Irmingard, + (nach 1057) am VIII 27 (deren 2. Ehe)
    3. oo NNw

    König Rudolf III. von Burgund bezeugt selbst seine Abstammung von König Konrad und dessen Gemahlin Mathilde in seinen zwei Diplomen vom 1011 VII 28 und 1015 (1013?) IV 12 (D. Burg. 100 und 107). Weiter ist Rudolfs Filiation bezeugt bei Hugo von Flauvigny, Chronicon I a. 995, SS VIII 364.
    Erstmals erwähnt ist Rudolf III., in einem Konsensakt von 980 (D Burg. 144).
    Die Belege für den Todestag des letzten Königs der Burgunder haben Poupardin, Bourgogne S. 144, und Bresslau, Jbb. Konrads II., Bd. 2, S. 9f., zusammengestellt.
    Rudolfs 1. Gemahlin Agaltrud unbekannter Herkunft ist in mehreren Diplomen ihres Gemahls, des Königs, als Petentin erwähnt, so erstmals in D Burg. 76 von 994 und letztmals in D Burg. 94 von 1010 I 18. Wie Schieffer, Vorbemerkung zu D Burg. 96, vermutet, starb Agaltrud am 1011 II 17, da ihr Gatte am folgenden Tag eine „pro remedio“-Schenkung für sie vornahm. Bereits kurz nach Agaltruds Tod muß König Rudolf eine neue Verbindung eingegangen sein, da er 1011 IV 24 seiner Verlobten Irmingard zwei Schenkungen (D Burg. 98 und 99) machte, die am 1011 VII 28 dann als Rudolfs Gattin (D Burg. 100) auftritt.
    Irmingard hatte aus ihrer 1. Ehe zwei Söhne, die uns bei Thietmar VII c. 27, S. 432, und VIII c. 7, S.500, begegnen, und die wir in Irmingards Schenkungscharta von 1019 (D Burg. 136) mit ihren Namen Hugo und Wilhelm kennenlernen. Doch ist Irmingards (erster?) Sohn Hugo wohl nicht mit Bischof Hugo von Lausanne zu identifizieren, wie dies Schieffer in MHG DD. Burg. S. 21 und in der Vorbemerkung zu D Burg. 136 annimmt; vgl. dazu unten VII, 46.
    Irmingard gehörte ihrer Herkunft oder 1. Ehe nach dem provencalischen Grafenhaus an und starb an einem VIII 27 nach 1057; vgl. Diener, Könige Nr. 14. Die Existenz einer Konkubine Rudolfs ergibt sich aus der Zuweisung des Sohnes VII, 46.

    Rudolf III. der Faule versuchte, entfremdetes Krongut zurückzugewinnen und provozierte damit eine völlige Anarchie im Arelat. Er stand den partikularistisch-seperatistischen Bestrebungen der großen Vasallen (Provence, Savoyen, Albon-Grenoble, Freiburgund) hilflos gegenüber und war selbst im Stammland Hoch-Burgund recht machtlos. Er lehnte sich deshalb an den kaiserlichen Neffen HEINRICH II. an, trat ihm Basel ab, huldigte ihm 1006 und wieder 1018 und erkannte ihn in einem Erbvertrag als seinen Erben und Nachfolger an. Dessen Nachfolger KONRAD II. erkannte Rudolf III. nicht als Erben an, verbündete sich mit den rebellierenden Lombarden und unterwarf sich 1027 und zog mit zur Kaiserkrönung. Er stützte sich besonders auf Savoyen gegen Freiburgund, das die Nachfolge anstrebte. 1033 gliederte KONRAD II., dem Rudolf vor seinem Tode sein Diadem und die Insignien übersandte, Burgund dem Reiche ein.

    Weinfurter, Stefan: Seite 220-222,241, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten"

    Mehr Erfolg war ihm dagegen im Westen beschieden, unn zwar insbesondere im Hinblick auf das Königreich Burgund. Durch seine Mutter Gisela war HEINRICH II. ein Neffe des kinderlosen burgundsichen Königs Rudolf III. (993-1032). Dessen Herrschaft galt als schwach und stets gefährdet. Manches deutet darauf hin, daß König Robert II. von Frankreich (996-1031) um die Jahrtausendwende das Erbe Burgunds für sich vorbereitete, als er 997 Bertha, eine weitere Schwester Rudolfs III., heiratete. Robert II. verstieß seine burgundische Gemahlin zwar 1001 wieder, aber auch seine neue Ehe mit Constanze, einer Tochter des Grafen Wilhelm von Provence zeigt, daß seine Interessen nach Süden gerichtet blieben. HEINRICH II. schien es jedenfalls geboten, möglichst bald seinerseits mit Rudolf III. Vereinbarungen zu treffen, die ihm den Zugriff auf das burgundische Erbe offenhielten.
    Erstmals ist ein Zusammentreffen der beiden Könige (vielleicht in Basel) für das Jahr 1006 zu erschließen. Damals konnte HEINRICH II. durchsetzen, daß Basel an ihn abgetreten wurde. Der Übergang Basels an HEINRICH II. wird als eine Art Pfand angesehen für die Zusicherung, daß er dereinst der Erbe im burgundsichen Königreich sein sollte. Aber für Rudolf III. kam es darauf an, sich die feste Unterstützung durch seinen Neffen zu sichern für den Fall, daß sein Königtum aus den Reihen der burgundischen selbst bedroht würde. Darauf verweist die Nachricht, daß Rudolf III. eine Art Autoritätsvorrang seines Neffen anerkannte, der nur in den Formen eines Lehensverhältnisses beschrieben werden konnte.. In dieser Rolle, als senior, übernahm HEINRICH II. die Schutzverpflichtung für das burgundsiche Königtum.
    Bei einem weiteren Treffen in Straßburg im Mai 1016 wurde dieses Lehns- und Schutzverhältnis bestätigt. Hier war auch König Rudolfs zweite Gemahlin Irmingard anwesend.
    Zu einem dritten Zusammentreffen zwischen den beiden Herrschern kam es im Februar 1018 in Mainz. Hier hatte HEINRICH II., wie der Merseburger Chronist vermerkt, einen "guten Erfolg". Der Burgunder-König habe ihm, erneut in Anwesenheit seiner Gemahlin Irmingard, seiner Stiefsöhne und aller Großer seines Reiches, die Krone und das szepter übergeben und Huldigung und Eide erneuert. Dieser Vorgang ist bemerkenswert, denn er macht deutlich, daß hier nicht nur ein persönliches Treue- und Zuordnungsverhältnis hergestellt wurde, sondern daß mit der Aushändigung von Krone und Szepter in Anwesenheit der burgundsichen Großen auch das burgundsiche Reich - gleichsam als transpersonale Größe - in die Hand HEINRICHS II. gelegt wurde. Rudolf III. erhielt diese Herrschaftszeichen natürlich zurück, aber er besaß sie nun nicht mehr aus eigenem Recht, sondern aus der Gande HEINRICHS II. Dieser war sein Herr und auch der neue Herr des burgundischen Reiches selbst, sozusagen eine burgundischer "Oberkönig".
    Doch mit dem Tod Arduins (14. Dezember 1015) war der Konflikt noch immer nicht beendet. Graf Hubert (der Rote) von Vercelli, die Söhne Arduins und Arduins Bruder Wibert sowie weitere Markgrafen und Grafen übernahmen nun die Führung. Die Empörer versuchten, König Rudolf III. von Burgund für eine neue Königswahl zu gewinnen, dann den Grafen Otto-Wilhelm von Burgund.

    Erkens, Franz-Reiner: Seite 68,78,82,85,94,157,160, "Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers"

    Durch Erbrecht und Vertrag schien die burgundische Nachfolgefrage also endgültig gelöst; HEINRICH II. konnte daher sogar in die inneren Verhältnisse Burgunds eingreifen und einen Feldzug in das Nachbarreich unternehmen. Trotzdem trat das Unerwartete ein: Der Neffe starb vor dem Oheim, Rudolf III. überlebte HEINRICH II. um acht Jahre - und damit drohte das feingespannte Netz der Nachfolgeregelung zu zerreißen, denn HEINRICHS Überleben bildete natürlich die unausgesprochene Voraussetzung für das Vertragswerk. Zumindest aus Sicht des burgundischen Adels, aber wohl auch nach Rudolfs Verständnis war dei Erbfrage nach dem Tod des kinderlsoen LIUDOLFINGERS wieder offen - und dies nicht zuletzt auch deshalb, weil KONRAD II. selbst keine verwandtschaftlichen Beziehungen zum burgundischen Königshaus besaß. Der SALIER freilich fühlte sich als Rechtsnachfolger des Vorgängers, trat daher voll und ganz in dessen vertraglich gesicherte Ansprüche auf Burgund ein und meldete diese unüberhörbar an, als er Basel ohne Zögern in Besitz nahm und hier einen Hoftag feierte sowie einen Bischof einsetzte.
    Nachdem er das Elsaß verwüstet und einige Egisheimer Burgen gebrochen, wandte sich Herzog Ernst seinen eigentlichen Ziel zu und fiel in das Königreich Burgund ein. Das burgundische Erbe scheint also wirklich ausschlaggebendes Moment für die Taten des jungen Schwaben-Herzogs gewesen zu sein, der sich in seiner Sorge um den eigenen Erbanspruch bestätigt gefühlt haben mag, als sich Ende 1026 eine Annäherung Rudolfs III. an den SALIER abzuzeichnen begann. König Rudolf hat seinen herzoglichen Großneffen daher auch eilig aus dem Lande vertrieben.
    Der König empfing in Ivrea auch Gesandte Rudolfs von Burgund. Diese überbrachten die Nachricht, daß ihr König an der Kaiserkrönung persönlich teilnehmen werde und legen damit Zeugnis ab von der Annäherung der beiden Herrscher.
    Besondern Glanz verlieh den Feierlichkeiten jedoch die Teilnahme zweier Könige: des Burgunders Rudolf, der sein Kommen ja schon frühzeitig angekündigt hatte und die Gelegenheit genutzt haben wird, über die Nachfolghe in seinem Reich zu verhandeln, und Knuts des Großen. Rudolf und Knut waren nicht nur bloße Zuschauer am Rande der Feierlichkeiten und zum Festmahl geladene Gäste von Kaiser ud Papst, sie waren vielmehr auch aktive Teilnehmer des Krönungszuges und gaben dem Kaiser das Geleit auf seinem Weg vom Petersdom zum Lateran. Inmitten der beiden Könige, wie Wipo stolz berichtet, sei KONRAD ehrenvoll ad cubiculum suum, zu seinem Gemache, geführt worden.
    In Basel traf sich KONRAD, wohl im August 1027, mit Rudolf III. von Burgund, der durch Vermittlung der Kaiserin, seiner Verwandten, einen Friedensbund mit dem SALIER schloß und diesem - wie einst HEINRICH II. - die Nachfolge in seinem Reich zusicherte.
    Die burgundische Thronfolge beschäftige KONRAD II. seit seinem ersten Regierungsjahr. Sie stand, zumindest teilweise, im Hintergund des Konfliktes mit dem Stiefsohn Ernst, und sie bewog den SALIER zu einer zeilstrebigen Politik gegenüber dem Nachbarreich und seinem Herrscher Rudolf III., der sich nach dem Tode HEINRICHS II. zunächst ja von allen gegenüber dem liudolfingischen Neffen eingegangenen Verpflichtungen entbunden fühlte. War KONRAD - anders als sein Vorgänger - auch kein Verwandter des burgundischen Königs und verfügte er daher über kein erbrechtliches Argument, das für HEINRICH II. im übrigen niemals als ausreichend für seine burgundische Nachfolge betrachtet worden ist, so konnte er doch als Rechtsnachfolger des LIUDOLFINGERS auf der Erfüllung der getroffenen Absprachen bestehen. Mit der im Sommer des Jahres 1027 in Basel vollzogenen lehnrechtlichen Auftragung Burgunds an den SALIER und der gleichzeitig zu dessen Gunsten getroffenen achfolgeregelung, die ausdrücklich auch den Thronfolger HEINRICH einbezog, erreichte KONRAD sein Ziel: Sein Rechtsanspruch war nun gesichert.
    Rudolf III. starb am 6. September 1032, fünf Jahre nach der Baseler Übereinkunft; er wurde in Lausanne beigesetzt. Rudolf hatte in Erfüllung der Abmachung von 1027 auf dem Sterbebett angeordnet, dem Kaiser die königlichen Insignien, besonders die Krone, zu überbringen, und damit einen Akt befohlen, der den Heimfall des Lehens symbolisierte, aber auch als Designation des Nachfolgers gedeutet werden konnte. Als KONRAD nach Burgund aufbrach, beafnd er sich daher im Besitz wichtiger Herrschaftszeichen, denn ein ansonsten kaum bekannter burgundischer Adliger namens Seliger hatte den letzten Willen Rudolfs erfüllt und die Kroninsiognien überbracht.



    994 1. oo Agaltrud -17.2.1011
    25.8.1011 2. oo 2. Irmingard -27.8. nach 1057

    Kinder:

    Illegitim
    - Hugo Bischof von Lausanne (1019-1037) - 31.8.1037
    - Eberhard Bischof von Sitten (1000-1035)


    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 222 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997 Seite 154 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 168,175-177 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 44,48,59,64-71,116 - Diener, Ernst: Könige von Burgund aus dem Hause der Welfen. in: Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte I. Band: Hoher Adel Zürich 1900-1908 Seite 73-82 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I, Seite 184,190,204-207, 211/Band III Seite 308 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 Seite 97,102 - Erkens, Franz-Reiner: Konrad II. Herrschaft und Reich des ersten Salierkaisers. Verlag Friedrich Puset Regensburg 1998, Seite 68,78,82,85,94,157,160,165,168 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 VI,24 Seite 228,301 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969 Seite 10,107 - Hlawitschka, Eduard: Die Königsherrschaft der burgundischen Rudolfinger. Zum Erscheinen eines neuen MGH-Diplomata-Bandes. In: Historisches Jahrbuch der Görresgesellschaft 100 1980 Seite 444-456 - Hlawitschka, Eduard: Die verwandtschaftlichen Verbindungen zwischen dem hochburgundischen und dem niederburgundischen Königshaus. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte Burgunds in der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts, in: Schlögl, Waldemar und Peter Herde: Grundwissenschaften und Geschichte, Festschrift für Peter Acht; Kallmünz 1976 (Münchener historische Studien: Abteilung geschichtliche Hilfswissenschaften Band 15) Seite 28-57 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 311,398,433-436 - Pohl Walter: Die Welt der Babenberger. Schleier, Kreuz und Schwert, hg. von Brigitta Vacha, Verlag Styria, Seite 83,93 - Schmid Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 412 - Schneidmüller Bernd: Die Welfen. Herrschaft und Erinnerung. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 90,92-105 - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 68,79,84,107,112-114 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 162,168,172,174,187,190 -
    Schulze Hans K.: Das Reich und die Deutschen. Hegemoniales Kaisertum. Ottonen und Salier. Siedler Verlag, Seite 334,336,339,341, 342 - Thietmar von Merseburg: Chronik. Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe, Seite 382,384,446 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 220-222,241 - Trillmich Werner: Kaiser Konrad II. und seine Zeit. Europa Union Verlag Bonn 1991 -

    Gestorben:
    5./6.9.


  48. 278.  von Burgund, Mathilde Graphische Anzeige der Nachkommen (210.Mathilde11, 168.Ludwig10, 135.Karl9, 103.Ludwig8, 63.Karl7, 30.Ludwig6, 21.Karl5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Mathilde von Burgund

    Tochter des Königs Konrad von Burgund aus dem Hause der RUDOLFINGER aus seiner 2. Ehe mit der Mathilde von Frankreich, Tochter von König Ludwig IV.
    Nichte der Kaiserin Adelheid und König Lothars von Frankreich und Großnichte Kaiser OTTOS I. DES GROSSEN

    Diener, Ernst: Seite 80, "Könige von Burgund aus dem Hause der Welfen" in: Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte I. Band: Hoher Adel Zürich 1900-1908

    17. Mathilde

    De Mathilde (Gattin König Konrads) processit Rodulfus rex et Mathildis soro eius .... de Mathilde filia Mathildae Berta .... de Berta Geroldus Genevensis (Flodoardi Annal. SS III 407).
    Gestützt auf das Zeugnis Wiberts, in der Vita Leonis, daß sein - Papst Leo IX. - Bruder mit einer neptis Rodulfi regis Jurensis verheiratet gewesen sei, nimmt man gewöhnlich Gerhard von Egisheim, des Papstes Bruder für den Vater des Grafen Gerold von Genf, so G. Meyer von Knonau in Forschungen zur deutschen Gesch. VIII 150, 159. Gisi jedoch macht darauf aufmerksam, daß Gerhard laut einer Urkunde im Bezirksarchiv Strassburg eine Richarda zur Gattin gehabt hätte, die er zu einer Tochter Berchtolds, des angeblichen Stammvaters der SAVOYER, zu einer Enkelin Herzog Rudolfs von Burgund macht (Anz. f. Schw. Gesch. V 138 ff.). Damit ist indessen jene erstere Annahme nicht widerlegt, da Graf Gerhard mehr als nur einmal verheiratet gewesen sein kann. Wer aber Mathildens Gatte, Bertas Vater, gewesen, ist nicht zu sichern.

    Glocker Winfrid: Seite 301,325, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VI, 25 MATHILDE
    oo NNm

    Eine Tochter König Konrads von Burgund und dessen Gemahlin Mathilde, die den Namen der Mutter erhielt, ist durch den bei Flodoard a. 966, Seite 158f., inserierten Brief Graf Renauds I. von Burgund an Herzog Gottfried bzw. Herzog Wilhelm von Aquitanien bezeugt. Der Name von Mathildes Gatten ist unbekannt. Meyer von Knonau, Heiraten, erklärt diese fehlende Überlieferung mit den zerrütteten Verhältnissen des Burgunder-Reiches in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts. Lauer gab Mathilde in seiner Flodoard-Ausgabe Seite 159, Anmerkung 1, gleich zwei Gemahle, Graf Balduin III. von Flandern (+ 962) (mit einem Fragezeichen) und Graf Gottfried den Gefangenen von Verdun. Doch geht diese Identifikation Lauers fehl, wenn er auch auf ältere Arbeiten zurückzugreifen scheint (vgl. Brandenburg VIII, 59), weil einerseits eine Tochter König Konrads von Burgund aus dessen zweiter Ehe mit Mathilde keinen Mann, der wie Balduin 962 verstarb, geheiratet haben kann, und weil wir andererseits aus Witgers Genealogia Arnulfi comitis, SS IX 304, die Gemahlin Balduins III. als eine Tochter Hermann Billungs kennen (die allerdings ebenfalls Mathilde hieß und in der zweiten Ehe auch tatsächlich mit Graf Gottfried den Gefangenen vermählt war).
    Der bei Brandenburg VIII, 58 und Werner VIII, 83 mit einem Fragezeichen aufgeführte Sohn König Konrads von Burgund aus dessen zweiter Ehe mit Mathilde ist sowohl unter den Nachkommen des Liudolf dux wie auch unter denen KARLS DES GROSSEN zu streichen. Konrad entstanmmte aus der ersten Ehe seines Vater, König Konrads, mit Adelania, wie Schieffer in der Vorbemerkung zu D Burg. 39 festgestellt hat.

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VIII. 59. MATHILDE

    Gemahl: N.
    Anmerkungen: Seite 128
    VIII. 59. Mathilde

    Flodoard S Seite 3, 407.
    Ihr Gemahl wird dort nicht genannt. Jedenfalls war es nicht Balduin III. von Flandern, wie früher zuweilen angenommen wurde. [VIII 84]


    oo N.N.
    -
    Kinder:

    - Bertha
    oo Gerhard
    (Eltern Gerolds I. von Genf)


    Literatur:
    Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 5 Seite 10,128 - Diener, Ernst: Könige von Burgund aus dem Hause der Welfen. in: Genealogisches Handbuch zur Schweizer Geschichte I. Band: Hoher Adel Zürich 1900-1908 Seite 80 -
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 301,325 - Meyer von Knonau, Gerold: Die Heiraten der burgundischen Mathilde, Tochter König Konrads von Burgund, und der schwäbischen Mathilde, Enkelin derselben, in: Forschung zur deutschen Geschichte Band 8, 1968, Seite 149-159 - Wolf Armin: Ein Kampf um Genf: Das Geblütrsrecht König Rudolfs von Rheinfelden, Herzog von Schwaben, in: Festschrift für Clausdieter Schott zum 65. Geburtstag, bern 2001, Seite 64-74 -

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 352. von Genf, Bertha  Graphische Anzeige der Nachkommen

  49. 279.  von Luxemburg, Siegfried I.von Luxemburg, Siegfried I. Graphische Anzeige der Nachkommen (219.Kunigunde11, 179.Ermentrud10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 915/917; gestorben am 26 Okt 997; wurde beigesetzt in Trier [54290],Trier,Rheinland-Pfalz,Deutschland.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Moselgau; Graf im Moselgau
    • Titel/Amt/Status: 963-997, Luxemburg; Graf von Luxemburg

    Notizen:

    Siegfried I.
    Graf von Luxemburg (963-997)
    Graf im Moselgau
    915/17-26.10.997 Begraben: Abtei St. Maximin in Trier
    (* 916/19 Hoensch) (+ 28.10. 997 Renn)

    Jüngster Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwig dem Stammler
    Nach Rene Klein Sohn des Herzogs Giselbert von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwig der Stammler

    Brandenburg Erich: Tafel 5 Seite 10, "Die Nachkommen Karls des Großen"

    VII. 50 b. SIEGFRIED, Graf von Luxemburg 963
    * ca. 922, + 998 15. VIII.

    Gemahlin:
    vor 964 (wohl ca. 950)
    Hedwig, angeblich Tochter des Grafen Eberhard im Nordgau + nach 993

    Anmerkungen: Seite 123
    VII. 50. Siegfried

    Vgl. VI 26.
    Er war wohl Graf im Moselgau, siehe Witte, Lothr. Jb. 5, 46; ertauschte 963 Luxemburg von der Abtei St. Maximin in Trier, Mrh. U. B. 1, n. 211, Vogt von Echternach 974 15. III., von St. Maximin 981, ib. n. 252, + ib. n. 236.
    Todestag: Köller, Saarbr. S. 14; Schrötter, Luxemburg 39.

    Gemahlin:
    Hedwig 964, Mittelrh. U. 1 n. 220; zuletzt 993, ib. n. 268, + an einem 13. XII., Fontes 4, 458.
    Daß sie eine Tochter des Nordgaugrafen Eberhard gewesen sei, vermutet Vanderkindere 2, 408, ohne Gründe anzugeben. Es ist sehr unwahrscheinlich, daß Judith eine Schwester Siegfrieds war, die Mittelrh. U. 1, n. 308 III als amita des Erzbischofs Adalbero von Trier erscheint. Sie soll nach 1037 gestorben sein und mit Graf Adalbert von Elsaß vermählt gewesen sein, was aber chronologisch ganz unmöglich ist. Die Urkunde n. 308 III und 309 sind gefälscht, siehe Witte, Lothr. Jb. 5,2, 47f.

    Korrektur (Werner):
    Sämtliche Geschwister Siegfrieds sind durch ihre Mutter Kunigunde als sichere Nachkommen anzusehen, während Brandenburg sie nur zum Teil unter die sicheren Nachkommen einreiht (siehe Tafel 33 VII 57-62).

    Ergänzung (Werner):
    a) Adalbero (siehe Tafel 33 VII 57a), * v. 910, + 962 IV. 26., 929 Bischof von Metz [VII a 63]
    b) Gozelo (siehe Tafel 33 VII 58a), *c. 910, + 942 X. 19., Graf (Bidgau), Gemahlin: Uda, + (n. 963) IV. [VIIa 64]
    c) Friedrich I. (siehe Tafel 33 VII 59), * c. 912, + 978 I.18., Graf von Bar, 959 Herzog von Ober-Lothringen, Gemahlin: 955 Beatrix, Tochter Hugos "des Großen", dux Francorum [s. VII 9], + (n. 978) IX.23. [s. XIII 10] [VIIa 66]
    d) Giselbert (siehe Tafel 33 VII 60), * c. 915, + 963 IV.17., 965 Graf (Ardennengau); Gemahlin: Hedwig, + n. 965. [VIIa 66]
    e) Liutgard (siehe Tafel 33 VII 62), * c. 915, + n. 960 IV.8.
    Gemahl:
    a) Adalbert, + v. 960 IV.8.
    b) v. 960 IV.8. Eberhard. [VII 67]
    f) Siegfried = VII 50. [VII 68]. (Er ist sicher identisch mit "Siegbert", VII 61).

    Werner Karl Ferdinand: Band IV Seite 471, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. 68.
    Den Grafen Siegfried "von Luxemburg" bringt Brandenburg VII, 50 als einziges Kind der Kunigund richtig unter den gesicherten Nachkommen KARLS DES GROSSEN, die übrigen Geschwister, wie bemerkt, nur im 2. Teil, zu den wahrscheinlichen Nachkommen. Brandenburg hielt Siegfried im Gegensatz zu den anderen Kindern der Kunigund für einen Sohn Richwins, also des zweiten Gemahls der Kunigund, übersah aber bei der Einordnung zur gesicherten und nur wahrscheinlichen Deszendenz, daß die Abkunft von KARL DEM GROSSEN ja nicht durch Richwin, sondern durch die gemeinsame Mutter, eben Kunigund, vermittelt wird. Davon abgesehen ist auch Siegfried, wie Renn 12 ff. darlegt, ein Kind aus Kunigunds erster Ehe mit Graf Widericus/Wigerich. Darauf deutet schon der Name von Siegfrieds Sohn Friedrich, identisch mit dem Namen eines Bruders von Wigerich (Renn 17). - Der von Brandenburg VII, 61 (Seite 66) unter den Kindern Kunigunds 1. Ehe aufgeführte "Siegbert, * ca. 915, + nach 943" ist, wie Renn erkennen läßt, zu streichen. Der einzige Beleg für diese Person in einer Urkundenkopie ist offenkundig eine Verschreibung für Siegfried, den hier zu behandelnden Grafen. Vgl. zu ihm und seiner Familie Renn 57ff., zu seiner Frau Hadwig ebd. 64f. - Im einzelnen sind folgende Berichtigungen und Ergänzungen zu den Angaben von Brandenburg zu machen: Siegfried ist c 950 als (Laien-)Abt von Echternach, dann als Vogt dieses Klosters nachweisbar; er ist Graf, wohl in mehreren Grafschaften, nachweisbar 982 im Moselgau. 963 IV 17 erwirbt er die Lützelburg (später "Luxemburg"), die dem Haus später den Namen geben wird. Es leuchtet ein, daß man Siegfried nicht "Graf von Luxemburg" nennen sollte, wie es bei Brandenburg geschieht. Siegfrieds Todestag ist nicht VIII 15 (so Brandenburg), sondern X 28 (Renn 65). Das Datum VIII 15 ist wahrscheinlich der Todestag von Siegfrieds gleichnamigen Sohn (siehe VIII, 69), der nach 985, aber vor dem Vater starb, und dessen Existenz Brandenburg zu Unrecht anzweifelte. Im D 261 OTTOS III. von 997 X 26 wird Siegfried (der Ältere) zuletzt in Tätigkeit, nämlich als Inhaber seiner Grafschaft, genannt. (Brandenburg gibt als Todesjahr 998). Renn 65 liefert zu dem von Brandenburg schon gegebenen Terminus post quem des Todes der Hadwig, 993, den Todestag XII 13: In den bairischen Nekrologien, die die Familie der Kaiserin Kunigund, der Tochter Hadwigs, verzeichnen, erscheint zu diesem Tag domina Hedwich comitissa. Der vermutliche Zeitpunkt der Eheschließung Siegfrieds mit Hadwig, bei Brandenburg "vor 964, wohl ca. 950", wird von Renn 58 mit C 955/60 angegeben.

    VIII. 68-78
    Die zahlreichen Kinder des Grafen Siegfried "von Luxemburg" konnten nach den Angaben von Renn erheblich präziser datiert und in ihrer Reihenfolge gegenüber Brandenburg VIII, 44-53 umgestellt werden. Gegenüber Brandenburg kam hinzu der jüngere Siegfried, dessen Existenz Brandenburg nicht anerkennen wollte. Vgl. jedoch die überzeugenden Ausführungen von Renn. Im einzelnen ist zu bemerken: das Geburtsjahr des Ältesten, Heinrich, ist von c 955 auf c 960 zu setzen, wie sich aus dem vermutlichen Ehedatum der Eltern ergibt (Renn 58). Nach dem erwähnten Siegfried dem Jüngeren (er ist es, der in den Briefen Gerberts Havet nr. 41 und 51 vorkommt) gehört Liutgard zu den ältesten Geschwistern. Vgl. zu ihr oben VIII, 52 (Ehe und Geburtsdatum) und Uhlirz 456 sowie Renn 103, der den Todestag berichtigt: V 13, nicht V 14 (Brandenburg) - Zu Friedrich und seinen Nachkommen siehe Renn 44ff. sowie die Tafel dort 45. - Die Tochter unbekannten Namens, Gattin des Grafen Thietmar (wohl von Volksfeld), starb an einem III 29, wie wir bei Renn 104 erfahren. Wir wissen von ihrer Tochter Uda. Kaiserin Kunigund hat diese ihre Nichte noch erwachsen gekannt, was auf eine Geburtszeit der Mutter von c 970 schließen läßt (Renn 105). - Zu Giselbert, den Brandenburg "Graf in Waldelevings" nennt, belehrt uns Renn 87, daß er, Graf einer uns unbekannten Grafschaft, Herr im saarländischen Walerfangen (Moselgau) war. Zum Todesjahr 1004 (schon bei Brandenburg) bietet er ebd. den genauen Tag, V 18. - Das genaue Todesdatum (Brandenburg "1046 IV oder V") gibt Renn 103 auch zu Bischof Dietrich von Metz: 1046 V 2. - Zur Kaiserin Kunigund ist zu bemerken, daß ihre Ehe mit HEINRICH II. nicht c 999, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit im Frühsommer des Jahres 1000 stattfand, vgl. Uhlirz 331. - Kunigundes Schwester Eva starb nicht nur nach 1020 II 3, wie Brandenburg angibt, sondern erst nach 1040 (Renn 114); ihr Gemahl, Graf Gerhard, starb 1024/33 (Renn 103f., gegenüber Brandenburg: "nach 1020"). - Der Todestag der Äbtissin Ermentrud in einem unbekannten Jahr, ist V 2 (Renn 105), und nicht V 5 (Brandenburg).

    Althoff Gerd: Seite 420, "Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung"

    G 145a
    Me: 27.10. Sifrid com + um 998 Vater der Kaiserin Kunigunde

    (Es.) Zum 28. Oktober überliefern die Notae Necrologiae Coufungenses: Sigefridus Kunuz com. pater Chunigundis imperatoricis obiit. Da auch die Mutter und die Gemahlin Siegfrids und ein Sohn des Ehepaares im Merseburger Necrolog begegnen (vgl. G 176 und K 16), ist die Identifizierung wohl gesichert, zumal der zum 26. Oktober ins Lüneburger Necrolog eingetragene Graf gleichen Namens als occius bezeichnet ist (G 145).
    Die Kaiserin Kunigunde hat offensichtlich dafür gesorgt, daß bei der Neustiftung des Gedenkens in Merseburg auch ihre Vorfahren berücksichtigt wurden; vgl. dazu ausführlich oben S. 198f.
    Allgemein zu Siegfrid siehe Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus, besonders Seite 57ff.; dort auch Seite 64 Hinweise auf den Zeitraum seines Todes; vgl. dazu auch seine Grabinschrift (MGH Poetae lat. 5, Seite 316) und Wampach, Urkunden- und Quellenbuch, Nr. 211.

    Thiele Andreas: Tafel 66, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte"
    Band I, Teilband 1 Deutsche Kaiser-, Königs-, Herzogs- und Grafenhäuser I


    SIEGFRIED
    + 998
    Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen, Graf in den Ardennen

    Graf im Moselgau, Stütze seines bischöflichen Bruders Adalbero von Metz, erwarb am 17.4.963 die Burg Luxemburg durch Tausch gegen Liegenschaften in Feulen mit dem Kloster St. Maximilian in Trier, die seitdem als Residenz für seinen großen Streubesitz diente. Er beerbte um 964 seinen Bruder Giselbert im Ardennengau und wurde um 950 Laienabt von Echternach, das er sehr förderte. Er war auch Vogt von St. Maximin in Trier und zu Metz und damit der mächtigste Mann im Moselgauraum. Er war eine treue Stütze der OTTONEN, unterstützte OTTO III. im Thronkrieg, stand mit der Sippe 985 gegen Frankreich wegen Verdun und war auch zeitweise gefangen. Durch die starke Verflechtung seines Besitzes mit dem der Erzbischöfe von Trier, der Bischöfe von Metz, Toul und Verdun und etlicher Klöster hatte er ständig Streit mit diesen. Er war sogar zeitweise deshalb gebannt, weil er den Bischof von Verdun gefangen hielt. Er förderte die Cluniazenser in Gorze, Echternach und St. Maximin, erwarb unter anderem Saarburg als Lehen der Erzbischöfe von Trier und schuf die Grundlagen des luxemburgischen Territorialstaates.

    oo HEDWIG

    Mohr Walter: Band I Seite 59-61, "Geschichte des Herzogtums Lothringen"

    Nach der Übergabe OTTOS III. an seine Mutter auf dem Tag zu Rara am 29. Juni 984 kam es in Lothringen zu einem neuen Aufschwung für die kaiserliche Partei. An ihre Spitze traten Herzog Dietrich von Ober-Lothringen und Graf Gottfried von Verdun. Von weiteren Parteigängern sind bekannt: Siegfried von Luxemburg und die Grafen Bardo und Gozelo, die ihrerseits Neffen des Grafen von Verdun waren. Zunächst widmeten sie sich der Wiedereroberung von Verdun, die wahrscheinlich Ende September 984 gelang. Etwa zur gleichen Zeit war es dem kaiserlichen Hofe durch den Tod Bischof Dietrichs von Metz möglich, die kaiserliche Partei in Lothringen weiter zu stärken. Das erledigte Bistum wurde Adalbero, dem Sohn der Herzogin Beatrix, übertragen, der zuvor schon zum Bischof von Verdun ausersehen worden war, aber durch den Tod OTTOS II. seine dortige Anerkennung noch nicht erhalten hatte. Auch nach Verdun kam als Bischof ein Anhänger der kaiserlichen Partei, ein weiterer Adalbero, Sohn des Grafen Gottfried von Verdun. Um diese Stadt entwickelte sich in einem prinzipiell gearteten Sinne die Auseinandersetzung mit dem westfränkischen König. Er hat zu Ende des Jahres 984 mit den Vorbereitungen zur Rückeroberung begonnen. Auf der Gegenseite hat man sich eifrig zur Verteidigung gerüstet. Der Angriff Lothars war erfolgreich. Bei der Übergabe gerieten die Verteidiger, darunter Herzog Dietrich von Ober-Lothringen, Graf Siegfried von Luxemburg und Graf Gottfried von Verdun in Gefangenschaft. Lothar hat seine Aktion nicht weitergeführt, er ist wieder ins westfränkische Reich zurückgekehrt.
    Von westfränkischer Seite scheint man gehofft zu haben, dass die immer noch gefangenen Grafen Gottfried von Verdun und Siegfried von Luxemburg nachgeben würden. Nach den Worten des Gerbert von Aurillac konnten nach dem Tode Lothars alle einst in Gefangenschaft geratenen Lothringer mit Ausnahme des Grafen Gottfried von Verdun entkommen.

    Baumgärtner Ingrid: Seite 15, "Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende"

    Umstritten sind die genealogischen Zusammenhänge der Frühzeit dieses Hauses, insbesondere um den Vater Kunigundes, sei es nun Siegfried I. oder Siegfried II. Seine Nachkommen bezeichneten sich später (erstmals 1083) nach der Lützelburg als die Grafen von Luxemburg und nutzten ihre mächtige territoriale Basis für eine vorherrschende Stellung in Ober-Lothringen. Kennzeichnend für den raschen Aufstieg von Graf Siegfried im Grenzgebiet zwischen untergehenden karolingischem Westreich und ottonischen Ostreich waren die engen Beziehungen zu den beiden angesehenen Königssippen, den KAROLINGERN und den OTTONEN. Die Rückführung erfolgte zielbewusst über Graf Siegfrieds kognatische Linie, über dessen Mutter Kunigunde und Großmutter Ermentrude (Irmintrud) auf König Ludwig den Stammler sowie die Kaiser KARL DEN KAHLEN, LUDWIG DEN FROMMEN und KARL DEN GROSSEN. Diese karolingische Abstammung verlieh Kunigunde eine außergewöhnliche Aura; sie begründete die Leistung ihrer Dynastie und legitimierte zur Herrschaft.



    955/60 oo Hadwig (von Lothringen, Tochter des Herzogs Giselbert), um 940/45-13.12.993

    11 Kinder:

    - Heinrich I. Graf von Luxemburg 960-27.2.1026
    - Siegfried II. 960/65-15.8.985
    - Adalbero Erzbischof von Trier (1008-1036) - 12.11.1036
    - Ermentrud Äbtissin
    - Giselbert Graf im Ardennengau -18.5.1004 gefallen Pavia
    - Liutgard 960/65-13.5.1005
    980 oo Arnulf II. Graf von Holland 955-18.11.993
    - Eva 975-19.4.1040
    1000 oo Gerhard Graf von Elsaß - 28.12.1033
    - Kunigunde 975-3.3.1033
    1001 oo HEINRICH II. König des Deutschen Reiches 6.5.973-13.7.1024
    - Dietrich II. Bischof von Metz (1005-1046) - 2.5.1046
    - Friedrich Graf von Luxemburg 965 - 1019


    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Wilhelm Fink Verlag München 1984 Seite 420 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 15,23,36,37,40,42,72,84,86,96,99,169,170,185 - Baumgärtner, Ingrid (Hg): Kunigunde - eine Kaiserin an der Jahrtausendwende, Furore Verlag Kassel 1997 Seite 15 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 Tafel 5 Seite 10,123 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 475-479,489,498/Band III Seite 503 - Erbe Michael: Belgien, Niederlande, Luxemburg. Geschichte des niederländischen Raumes. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1993 Seite 47- Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 225,230,267,282,304 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 53,58,62,70,85,89,91-93,110-112,119, 132,134,136,179 - Hoensch, Jörg K.: Die Luxemburger. Eine spätmittelalterliche Dynastie gesamteuropäischer Bedeutung 1308-1437. Verlag W. Kohlhammer 2000 Seite 11 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 287,295,376 - Klein Rene: Wer waren die Eltern des Grafen Siegfried? - Eine neue Hypothese zum Ursprung des ersten Luxemburger Grafenhauses. in: Luxemburgische Gesellschaft für Genealogie und Heraldik, Annuaire/Jharbuch 1998 - Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Band I Seite 59-61 - Renn, Heinz: Das erste Luxemburger Grafenhaus Seite 57-80 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.): Otto III. - Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 45A,64A - Schnith Karl: Frauen des Mittelalters in Lebensbildern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1997 Seite 73-75 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 66 - Twellenkamp, Markus: Das Haus der Luxemburger, in: Die Salier und das Reich, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1992 Band 1 Seite 475-503 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 41 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf VII, 68 Seite 471 - Wolf Armin: Die Herkunft der Grafen von Northeim aus dem Hause Luxemburg und der Mord am Königskandidaten Ekkehard von Meißen 1002. Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte Band 69 1997 - Wolf Armin: Zur Kontroverse um die Herrschaft der Grafen von Northeim aus dem Hause Luxemburg. Rheinische Vierteljahresblätter Jahrgang 65 2001, Seite 400-406 -


    Neue Deutsche Biographie - Siegfried I. (Sicco, Sigefridus Kunuz)

    Graf von Luxemburg, * um 919, † 28. 10. vermutlich 998, ⚰ Trier, Sankt Maximin.

    Leben
    Die Herkunft S.s aus dem sog. „Ardennerhaus“ ist in der Forschung umstritten. Nach der sog. „Bamberger Tafel“ (nach 1014) stammte er über Kunigunde, Enkelin Ludwigs des Stammlers, vom hl. Arnulf und den Karolingern ab. Diese – auf Metzer Quellen aufbauende – Genealogie sollte als Beleg für den „kaiserlichen“ Rang Kunigundes, der Tochter S.s und Ehefrau Ks. Heinrichs II. dienen.

    Das weit verzweigte „Ardennerhaus“ war im Raum Reims-Lüttich-Trier-Metz fest verankert und traditionell westfränkisch orientiert. Nach anfänglicher Rivalität mit den Ottonen schlossen sich seine Mitglieder unter der Führung Bf. Adalberos von Metz, des Bruders von S., den neuen Herren Lotharingiens an und wurden nach dem Tod der Konradiner Udo und Hermann (949) und dem Scheitern Hzg. Konrads des Roten (953/54) zu den treuesten Anhängern des otton. Herrscherhauses im zwischen Frankreich und Reich umkämpften lotharing. Raum.

    S., seine Brüder und seine sechs Söhne wurden mit Grafenrechten, Herzogs- und Bischofswürden, Laienabbatiaten und Vogteien ausgestattet. S. selbst war Graf im Moselgau zwischen Metz und Trier, wohl Graf im Bidgau in der Eifel, Laienabt der Reichsabtei Echternach und vermutlich Vogt von St. Maximin (Trier). Im Maas-Mosel-Saar-Raum verfügte er über Güter und Burgen, wovon die 963 oder 987 erstmals erwähnte Luxemburg dem von seinem Enkel Giselbert († vor 1059) abstammenden Geschlecht seinen Namen gab.

    Die Nähe zum König (Italienzüge 966–73, 983; Kampf um Verdun u. franz. Gefangenschaft 984–85) wie die Teilhabe an den otton. Klosterreformen (Echternach 973; Unterstützung d. Maximiner Reformgemeinschaft) zeichnen S. als otton. Großen aus; dies belegen auch die geistige und kulturelle Verwandtschaft mit den Ottonen (imperatorius frater, Zugehörigkeit zum Gerbert-Egbert-Kreis) und die Übernahme entsprechender kultureller Referenzen (Reliquien, Kirchentitulaturen).

    Im 19. Jh. erklärte das aufflackernde Luxemburger Nationalgefühl Graf S. „von Luxemburg“ zum Begründer der Nation, der Stadt und des Landes Luxemburg, das Jahr 963 zum mythischen Ursprung des heranwachsenden Nationalstaats.

    Quellen
    Qu Urkk.- u. Qu.buch z. Gesch. d. altluxemburg. Territorien, ed. C. Wampach, Bd. 1, 1935; Genealogia regum Francorum, ed. G. H. Pertz, MGH SS, 2, S. 314; Die Briefslg. Gerberts v. Reims, ed. F. Weigle, Weimar, 1966 (MGH, Die Briefe d. dt. Ks.zeit, Bd. 2); Die lat. Dichter d. dt. MA, ed. K. Strecker, 21970 (MGH, Poetarum latinorum medii aevi, Bd. 5, S. 316).

    Literatur
    H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus (963–1136), 1941; J. Vannérus, La première dynastie luxembourgeoise, in: Revue belge de Philologie et d'Histoire 25, 1946–47, S. 801–58; M. Uhlirz,|Domnus Sicco, imperatorius f(rate)r d(ucat) XX, in: DA 10, 1953–54, S. 166–69; dies., Die ersten Grafen v. L., ebd. 12, 1956, S. 36–51; Ph. Wey, Gf. S. v. Luxemburg u. d. Vertrag v. 964, in: 1000 Jahre Saarburg, in: Heimatbuch f. d. Kr. Saarburg, 1964, S. 5–16; La Maison d'Ardenne (Xe–XIe s.), Actes des Premières Journées Lotharingiennes 1980, 1981; M. Margue u. M. Pauly, Saint-Michel et le premier siècle de la ville de Luxembourg, in: Hémecht 39, 1987, S. 5–83; M. Margue, Aspects politiques de la „réforme“ monastique en Lotharingie, in: Revue bénédictine 98, 1988, S. 31–61; ders. u. J. Schroeder, Zur geistigen Ausstrahlung Triers unter Ebf. Egbert, in: Egbert, Ebf. v. Trier 977–993, hg. v. F. J. Ronig, Bd. 2, 1993, S. 111–21; M. Margue, „Bamberger Tafel“, in: Ks. Heinrich II. 1002–1024, hg. v. J. Kirmeier u. a., 2002, S. 216–18; A. Wolf, Die Herkunft d. Grafen v. Northeim aus d. Hause L. u. d. Mord am Kg.kandidaten Ekkehard v. Meißen 1002, in: Niedersächs. Jb. f. Landesgesch. 69, 1997, S. 427–40; R. Klein, Wer waren d. Eltern d. Grafen S.?, in: Annuaire de l'Association Luxembourgeoise de Généalogie et d'Héraldique, 1998, S. 9–27; E. Hlawitschka, War Gf. S. I. v. L. e. Sohn Hzg. Giselberts v. Lothringen?, in: Forsch.btrr. d. Geisteswiss. Kl., 23, hg. v. d. Sudetendt. Ak. d. Wiss. u. Künste, 2002, S. 53–67; LexMA VI, S. 28 f.; M. Margue, in: Nouvelle Biogr. Nat. III, 1994, S. 295–300.

    Geburt:
    (* 916/19 Hoensch)

    Name:
    auch Sicco, Sigefridus Kunuz

    Gestorben:
    (+ 28.10.997 Renn)

    Begraben:
    Abtei St. Maximin in Trier

    Siegfried heiratete Hadwig in 955/960. Hadwig gestorben am 13 Dez 993. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 353. von Luxemburg, Heinrich I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 960; gestorben am 27 Feb 1026; wurde beigesetzt in Osterhofen [94486],Deggendorf,Bayern,Deutschland.
    2. 354. von Luxemburg, Siegfried II.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 960/965; gestorben in 985/1004.
    3. 355. von Luxemburg, Adalbero  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben um 1037.
    4. 356. von Luxemburg, Ermentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    5. 357. von Luxemburg, Giselbert  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 970; gestorben am 18 Mai 1004 in Pavia [27100],Lombardei,Italien.
    6. 358. von Luxemburg, Liutgard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 960/965; gestorben am 13 Mai 1005.
    7. 359. von Luxemburg, Eva  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 975; gestorben am 19 Apr 1040.
    8. 360. von Luxemburg, Kunigunde  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 975; gestorben am 3 Mrz 1033 in Kaufungen [34260],Kassel,Hessen,Deutschland; wurde beigesetzt in Bamberg [96047],Bamberg,Bayern,Deutschland.
    9. 361. von Luxemburg, Dietrich II.  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 1046/1047; wurde beigesetzt in Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich.
    10. 362. von Luxemburg, Friedrich I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 965; gestorben in 1019.

  50. 280.  von Lothringen, Adalbero I. Graphische Anzeige der Nachkommen (219.Kunigunde11, 179.Ermentrud10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 910; gestorben am 26 Apr 962.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Lüttich [4000],Lüttich,Wallonien,Belgien; Abt von Lüttich
    • Titel/Amt/Status: 929-962, Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Bischof von Metz

    Notizen:

    Adalbero I.
    Bischof von Metz (929-962)
    Abt von Lüttich
    910-26.4.962
    Ältester Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwig dem Stammler

    Lexikon des Mittelalters: Band I Spalte 93

    Adalbero I., Bischof von Metz seit 929
    Abt des Metzer Eigenklosters St. Trond (Diözese Lüttich) seit 944
    + 26. April 962
    Sohn des lothringischen Pfalzgrafen Wigerich, Bruder Friedrichs, seit 959 Herzog von Ober-Lothringen, und Stiefbruder Siegfrieds, Graf von Luxemburg.

    Adalbero gab durch die Reform des Klosters Gorze und die Einsetzung des Abtes Einold der lothringischen Reformbewegung starke Impulse. Er reformierte die Metzer Klöster St. Felix, St. Glodesindis und St. Peter. Im lothringischen Aufstand von 939 verteidigte er Metz gegen OTTO I., näherte sich seit 940 OTTO und stand bei dem Aufstand Herzog Konrads des Roten (954) treu zum Kaiser. Im Westreich vermittelte er zwischen Herzog Hugo dem Großen von Franzien und König Ludwig IV.

    Literatur:
    DBF I, 384-388 - NDB I, 40f. [beide mit weiterführender Lit.] - H. Fichtenau, Vier Reichsbischöfe der Ottonenzeit, Fschr. F. Maass, 1973, 81-95.

    Finckenstein Finck von: Seite 81, "Bischof und Reich"

    So ist der König offensichtlich schon mit der Bestätigung Adalberos I., eines Sohnes des lothringischen Pfalzgrafen Wigerich, zum Nachfolger des geblendeten und verstümmelten Bennos in diese Richtung eingeschwenkt. Adalbero I., von OTTO I. als "compater" bezeichnet, besaß bereits eine persönlich, wenngleich nicht mehr näher bekannte Bindung an das Königshaus. Adalbero starb am 26. April 962. Alle auf Dietrich I. folgenden Bischöfe knüpften dann verwandtschaftlich wieder an Adalbero I. und damit an die Sippe Wigerichs an, waren aber ausnahmslos dadurch der Dynastie verwandt, dass Adalberos I. Bruder Gozlin ein Nichte HEINRICHS I. namens Uda geheiratet hatte und später HEINRICH II. durch seine Ehe mit Kunigunde, der Nichte Adalberos I. und Kusine Adalberos II., Schwager Dietrichs II. und Onkel Adalberos III. wurde.

    Adalbero I., gefördert von seinem Onkel Abt Friedrich, rebellierte 937-939 gegen König OTTO I. und wurde danach dessen wichtige Stütze in Lothringen. Er förderte Cluny und galt als einer der angesehensten Fürsten seiner Zeit.


    Literatur:
    Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 19,39,66,80, 86,91,96, 101,108,112,123,125,133,134,136,141,159,172,192 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I, Seite 478,480/Band III Seite 503 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 57,58,70,71,73,84,179 -

    Neue Deutsche Biographie - Adalbero I.

    Bischof von Metz (seit 929), † 962 Sankt Trond (Diözese Lüttich).

    Leben
    Mit der Reform des Klosters Gorze (Urkunde von 12.12.933) und der Einsetzung des Abtes Ainold gab Adalbero der lothringischen Reformbewegung einen mächtigen Impuls. 942 führte er Gorzer Mönche nach St. Arnulf (Kollegiatkirche seit dem 9. Jahrhundert), reformierte bis 960 die Abteien St. Felix, St. Glodesindis und St. Peter in Metz und war Abt von St. Trond, das altes Metzer Eigenkloster war. Adalbero verteidigte im lothringischen Aufstand Metz gegen Otto I. und vermittelte mit Herzog Konrad von Lothringen den Frieden zwischen Hugo dem Großen und Ludwig IV. Bei Konrads Aufstand gegen Otto I. (954) stand er auf kaiserlicher Seite. Anfangs in St. Trond begraben, wurde er im 16. Jahrhundert in St. Arnulf beigesetzt. – Adalbero erhielt den Ehrentitel Vater der Mönche. Die Gorzer Reform bildete die Grundlage für die Reform der Reichsklöster in ottonisch-salischer Zeit.

    Literatur
    ADB I (unter Adelbero); Vita Joh. Gorziensis in: MGH SS IV, S. 348, u. Urk. Karls d. Einfältigen (undatiert) für Lüttich (über d. wahrscheinlich königlich Abstammung Adalbero I.s); M. Meurisse, Histoire des Evesques de l'église de Metz, Metz 1634; A. Calmet, Histoire ecclésiastique et civile de Lorraine I, Nancy 1728, S. 359; K. Wichmann. A.s I. Schenkungsurk f. d. Arnulfkloster u. ihre Fälschung, in: Jb. d. Ges. f. Lothring. Gesch. 2, 1890, S. 306 bis 319; ders., A. I., Bischof v. Metz, ebenda, 3, 1891, S. 104-75; R. Parisot, Le royaume de Lorraine sous les Carolingiens, Paris 1898, S. 343 ff.; V. Chatelain, Le comté de Metz et la vouerie épiscopale du VIIIe au XIIIe siècle, in: Jb. d. Ges. f. Lothring. Gesch. 10, 1898, 13, 1901; F. Chaussier, in: Revue ecclésiastique de Metz, 2e année, Metz 1891/92, S. 23; Hauck III, S. 353 ff., 999; C. Wampach, Gesch. d. Grundherrschaft Echternach im FrühMA, = Publications de la Section historique de l'Institut de Luxembourg, Bd. 63, Luxemburg 1929, S. 209 ff.; Wattenbach-Holtzmann I, 1939; H. Renn, Das erste luxemburg. Grafenhaus, = Rhein. Archiv, H. 39, 1941; C. Hallinger, Studia Anselmiana 22-23, Gorze-Cluny, in: Stud. z. d. monast. Lebensformen u. Gegensätzen im HochMA, 1950/51; Dictionnaire d’Histoire et de Géographie Ecclésiastiques I, 1912. Sp. 431-33; LThK; A. Schütte, Hdb. d. dt. Hll., 1941, S. 22; Enc. Catt. I, 1949.


  51. 281.  von Oberlothringen, Friedrich I. Graphische Anzeige der Nachkommen (219.Kunigunde11, 179.Ermentrud10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 912; gestorben am 17 Jun 978.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Bar (Herzogtum),Frankreich; Graf von Bar
    • Titel/Amt/Status: Scarponnois (Gaugrafschaft),Meurthe-et-Moselle,Lothringen,Frankreich; Graf von Charpeigne
    • Titel/Amt/Status: Soulossois (Grafschaft),Meurthe-et-Moselle,Lothringen,Frankreich; Graf von Soulossois
    • Titel/Amt/Status: Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Stadtgraf von Metz
    • Titel/Amt/Status: 959-978, Oberlothringen; Herzog von Oberlothringen

    Notizen:

    Friedrich I. Herzog von Ober-Lothringen (959-978)
    Graf von Bar, Chaumontois, Charpeigne, Soulossois und Stadtgraf von Metz
    912-17.6.978
    Vermutlich 2. Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwigs II. dem Stammler

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 951
    Friedrich I., Herzog von Ober-Lothringen 959-978
    + 18. Mai 978
    Sohn der KAROLINGERIN Kunigunde
    Brüder Adalbero I. Bischof von Metz, Gauzlin, Bischof von Verdun, Siegfried, Graf von Luxemburg

    Friedrich I. heiratete (nach Verlöbnis 951) 954 Beatrix, die Tochter von Hugo, Graf der Francia und Schwester von Hugo Capet; durch diese Heirat erhielt er die lothringischen Güter der Königsabtei St-Denis, zu denen auch die Abtei St-Mihiel gehörte. An der Grenze von Francia und Imperium errichtete er die Burg Fains (dep. Meuse, arr. Bar-le-Duc), die er jedoch wieder schleifen lassen mußte; durch einen Besitztausch mit dem Bischof von Toul erwarb er anschließend Bar (Barrum Ducis, Bar-le-Duc), wo er eine Burg als wichtigen Ansatzpunkt seiner Territorialherrschaft errichtete. 959 erlangte er von Brun, dem Erzbischof von Köln und zugleich dux von Lotharingien, die Übertragung der herzoglichen Gewalt in Ober-Lothringen. Friedrich I. förderte die monastische Reform in Moyenmoutier und St-Die.
    Er hinterließ 2 Kinder:

    Dietrich I., Herzog
    Adalbero II., Bischof von Metz.

    Friedrich I. wurde 954 Miterbe seines Stiefbruders Otto, war eine treue OTTONEN-Stütze und wurde 959 durch Erzbischof Brun von Köln als Unterherzog und als zeitweiliger Stellvertreter eingesetzt, so dass dieser oberlothringische Graf eine ähnliche Stellung wie Hermann Billung in Sachsen innegehabt hatte. Er wurde hauptsächlich damit beauftragt, dieses Gebiet gegen die Aufständischen zu sichern. Im gleichen Jahr 959 führte Friedrich an Stelle von Brun ein Heer gegen die Aufständischen in Nieder-Lothringen. Friedrich besaß nicht nur im südlichen Teil Lothringens eine starke Machtposition, die hauptsächlich aus mehreren Grafschaften und Klosterbesitzungen bestand, sondern er war auch der Neffe Bruns und OTTOS I. Friedrichs Stellung blieb auch nach dem Tode Bruns beschränkt, da König OTTO I. jetzt eine Art Oberherrschaft ausübte. Er baute die Festung Bar gegen Frankreich auf, verfocht strikt die Reichsinteressen, stand ständig gegen Große und Bischöfe Lothringens, die die herzogliche Gewalt einzuengen versuchten, eine typische Konstellation der Herzöge für viele Jahrhunderte.

    Trillmich Werner: "Kaiser Konrad II. und seine Zeit"

    Bruno von Köln betraute im Jahre 959 Friedrich von Bar, den Gemahl seiner kapetingischen Nichte Beatrix, als Markherzog mit dem Kommando am Oberlauf der Maas. Sein Aufgabenbereich umfaßte das Erzbistum Trier. Bedeutende Grundherrschaften und Kirchenlehen besaß er in den Diözesen Toul und Metz, an der oberen Ornain, Maas und Mosel, um Pont-a-Mousson, Chateau Salins und Soulosse. In der Umgebung der weit gegen die Champagne vorgeschobenen Burg Bar, die über starke Befestigungen verfügte, erwarb er mit dem Heiratsgut seiner Frau Ländereien westlich der Grenze.

    Barth Rüdiger E.: Seite 133-148, "Der Herzog von Lotharingien im 10. Jahrhundert"

    Laut Flodoard ernannte den um 920 geborenen Ober-Lotharinger Grafen Friedrich 959 zu seinem - zumindest militärischen - Stellvertreter. Graf Friedrich war der Sohn des Pfalzgrafen Wigerich und der Gräfin Kunegonde und gehörte der großen ARDENNER-Sippe an. Er war Graf von Bar, Chaumontois, Charpeigne, Soulossois, im pagus Ordenenis in Ober-Lothringen, von seinem Bruder Adalbero I., Bischof von Metz, ernannter Stadtgraf in Metz, Stiefbruder Ottos von Verdun, verehelicht mit der Tochter Herzogs Hugo von Franzien, durch dessen Gemahlin Hadwig Verwandter OTTOS I. und Bruns. Zu seinen Pfründen zählten die Klöster S. Mihiel an der Maas, St. Die, Moyen Moutier an der Meurthe und andere. Friedrich war die einzig verbliebene, über eigenständige, binnenlotharische Machtkomplexe - teilweise allerdings nur indirekt - verfügende Führungspersönlichkeit in Lotharingien, nachdem Reginar III. 958 von Brun verbannt worden war. Die beträchtliche Anzahl geistlicher Würdenträger oder weltlicher, hochrangiger Mitglieder des südlotharingischen Adels, die in Privaturkunden auftreten oder Friedrich bei Rechtsfindungen assistieren, legen ein weiteres Zeugnis ab für die Führungsstellung, die Friedrich bekleidete.
    Friedrich, als Sprecher der in Oberlotharingien über reiche Machtquellen verfügenden ARDENNER Sippe, die für lange Zeit die späteren Führungsträger Oberlotharingiens stellen sollte, war geographisch-strategisch prädestiniert für Grenzsicherungsaufgaben im Süden Lotharingiens. Die Friedrich in den Diplomen der Reichskanzlei gewährten Titel scheinen eine solche begrenzte Aufgabenstellung zu bekräftigen. Zu Lebzeiten OTTOS I. erscheint Friedrich ein einziges Mal in einer Juni 960 datierten Königsurkunde als dux. Schon 939 tritt Friedrich in 2 Privaturkunden mit dem Kurztitel dux auf. In einem Privileg für die Mönche der Abtei Moyen-Moutier aus dem Jahre 942 nennt sich Friedrich dux Lotharingiae, also zu einer Zeit, als Otto von Verdun vom König eingesetzter Lotharingien-Beauftragter war. In 2 Privaturkunden der Jahre 950 und 957 trägt Friedrich den Kurztitel dux, wiederum Unterstreichung seines Führungsranges, wiederum vielleicht Andeutung einer Differenzierung vom Norden, wiederum keine Teilungsabsicht. In einer Urkunde ebenfalls für das Kloster, nun aus dem angeblichen Teilungsjahr 959, weist sich Friedrich den Titel Ego Fridericus gratia Dei et electione Francorum dux zu. Friedrichs I. Selbstverständnis einer Direktverbindung an Gott wie auch electione Francorum scheinen überdies zum Ausdruck zu bringen wollen, dass Brun den lotharingischen Raum machtpolitisch zu durchdringen nicht in der Lage war. In einer Urkunde für das Kloster Glodesinde vom 1. September 962 zeichnet Friedrich als dux. Wiederum kein Bezug auf eine Teilung. In einer vom 8. September 962 datierten Urkunde für die Abtei S. Mihiel erscheint der Ober-Lotharinger wieder gesamtlotharingisch als Ego Fridericus Dei miserante gratia dux Lothariensium et senior monarchorum Sancti Michaelis. In einer Urkunde des Jahres 966 für das Kloster Bouxier-aux-Dames läßt Friedrich sich erneut gesamtlothringisch Fridericus divina comitante gratia Lothariensium dux nennen. Unter den Zeugen erscheint er mit Friderici ducis, und zwar erstaunlicherweise vor Bischof Wigfrid, 3 Grafen und 12 anderen Zeugen. Dass Friedrich vor Bischof Wigfried figuriert, spricht für die Echtheit dieser Urkunde.
    Wir haben nun drei gesamtlothringisch formulierte Urkunden Friedrichs untersucht, die auf dukaler Ebene dem Herzog Friedrich die gratia Dei zuordnen. Ohne notwendigerweise vom deutschen Herrscher formell zum Herzog erhoben zu sein, liegt es durchaus im Bereich des politisch Möglichen, dass die Friedrich dank seiner grenzstrategischen Raumlage zufallende grenzsichernde Aufgabe ihn faktisch zum dux machten. Allerdings, die - gemäß Ruotger - königgleichen Aufgaben Bruns in dessen Eigenschaft als Bruder des Herrschers erlauben auch die Schlußfolgerung, dass Friedrich mittelbar vom König autorisierter dux war, ohne genauere Definition eines bestimmten herzoglichen Funktionsraums.
    Wir stellen resümierend fest, dass 962, 963 und 966 noch gesamtlotharingisch beurkundet wird, ohne irgendwelchen Teilungshinweis.
    Auch im Zusammenhang mit der Errichtung der Burg Barrum-Ducis (Bar-le-Duc), südwärts von Verdun, finden wir Friedrich gesamtlotharingisch als Dux Lotharingiae. Zur Entschädigung für diesen Burgenbau, über den sich der Bischof von Toul beklagt hatte, überträgt diesem dux Fredericus die Abteien S. Die und Moyen-Moutier. In Verbindung mit der Schenkung einiger bei Toul gelegenen Besitzungen an die Kirche von St. Mihiel im Jahr 971 erscheint Friedrich mit den Lotharingien umfassenden, ethnisch zuordnenden Titel duce Lothariensium Friderico.
    Auch die Standorte herrschaftlichen Eingreifens Friedrichs sprechen gegen eine Teilung der Gewalten oder gegen eine vom König initiierte raum- und herrschaftspolitische Aufteilung Lotharingiens. Zum Jahr 959 berichtet Flodoard von einem durch Brun angeordneten Eingreifen Friedrichs gegen Graf Immo, dessen Machtbereich in der Gegend von Maastricht lag. Zum Jahr 960 schildert derselbe Chronist, dass in Anwesenheit Friedrichs, Lothariensium duce, die zu der Reimser Kirchenprovinz gehörige Feste Mezieres dem Reimser Erzbischof zurückgegeben wird. Unabhängig davon, dass ein militärisches Eingreifen Friedrichs in N-Lotharingien wenig verständlich erscheint, weil seine Machtquellen im Süden und Immos Potential bei Maastricht, also im Norden, lagen, sprechen auch diese Mitteilungen Flodoards zu den Jahren 959 und 960 gegen eine inzwischen erfolgte Zweiteilung Lotharingiens, umso mehr als von Gottfried auch in diesem Teil der Annalen Flodoards keine Rede ist.
    Fassen wir kurz zusammen, was wir bisher für den Ober-Lotharinger Friedrich I. haben feststellen können:
    Das erste und einzige Diplom OTTOS I., das Friedrich mit dem Kruztitel dux ausweist, ist von Juni 960 datiert. Die Privaturkunden formuliren teils gesamtlotharingisch, teils ohne jeglichen geographisch-politischen Hinweis. Also ebenfalls kein Trennungsindiz. Mit einer - im übrigen unzuverlässigen - Ausnahme enthalten auch die erzählenden Quellen für unsere Berichtsepoche keinen Text, der auf eine Teilung Lotharingiens 959 oder um 959 deuten könnte. Das gleiche gilt für die außenmilitärischen und außenpolitischen Missionen, deren Berichte sowohl den Ober-Lothringer Friedrich wie auch Gottfried vollends übergehen.

    Mohr Walter: Band I Seite 35,41,49, "Geschichte des Herzogtums Lothringen"

    In Lothringen zeigten sich jetzt Ansätze zu einer neuen Entwicklung, indem einige Große in besonderem Sinne in den Vordergrund traten. Dazu gehörte Graf Friedrich, der Bruder des Bischofs Adalbero von Metz, der in Verbindung zu Herzog Hugo von Francien stand, er hatte sich mit dessen Tochter verlobt. Er baute auf westfränkischem Gebiet eigenmächtig eine Burg, von der aus er Raubzüge unternahm. Von der Haltung während des Liudolfingischen Aufstandes wissen wir nichts.
    Ob noch mehr hinter dem Aufstand des Grafen Immo zu suchen ist, lassen die Quellen nicht erkennen, jedoch ist es einigermaßen auffallend, dass nach der Niederwerfung der Bewegung Bruno den Grafen Friedrich, der seit seiner Heirat mit Beatrix, der Tochter Hugos von Francien, in den zeitgenössischen Berichten nicht mehr aufgetaucht war, vice sua den Lothringern voransetzte. Friedrich war zu diesem Zeitpunkt offensichtlich Graf von Bar und Metz.
    Es bleibt immerhin fraglich, wie letzten Endes das vice sua Brunos, mit dem der Chronist Flodoard die Stellung Friedrichs charakterisiert, zu verstehen ist. Man kann es so auslegen, dass Bruno ihn lediglich als seinen Stellvertreter ernannt hat. Im übrigen scheint es nicht bedeutungslos, dass man Friedrich nicht als Intervenienten in königlichen Urkunden findet.
    Eine Möglichkeit zur Klärung dieser Frage ergibt sich vielleicht daraus, dass Herzog Friedrich von Ober-Lothringen in dieser Zeit gestorben ist. Wir besitzen keine Angaben über sein Todesdatum. Sein letztes, sicher bezeugtes Auftreten liegt im Mai 977 bei der Anwesenheit des Kaisers in Diedenhofen. Man hat zwar angenommen, bei der gleichen Gelegenheit sei Karl zum Herzog von Nieder-Lothringen ernannt worden, doch ist das reine Spekulation, die durch nichts bewiesen werden kann. Der Zeitpunkt für Karls Ernennung wird uns durch den zu Beginn des 11. Jahrhunderts schreibenden Sigebert von Gembloux gegeben. Es bleibt danach die Möglichkeit, dass nach dem Tode Herzog Friedrichs Karl zum Herzog ernannt wurde, um in Lothringen die herzoglichen Aufgaben durchzuführen, weil Friedrichs Sohn Dietrich noch minderjährig war. Zwar hat dessen Mutter Beatrix die Vormundschaft übernommen, aber in ihrer politischen Tätigkeit läßt sie sich erst seit Juni 983 feststellen, als sie in einer in Verona ausgestellt Urkunde OTTOS II. mit dem Titel dux Beatrix erscheint. Da diese Urkunde außerhalb der Kanzlei verfaßt wurde, drückt sich darin wohl die Absicht Beatrix zur Aufrechterhaltung der Nachfolge ihres Hauses in Lothringen aus, vielleicht sogar mit einer Wendung gegen Karl von Nieder-Lothringen.

    954 oo Beatrix von Franzien, Tochter des Herzogs Hugo der Große, 938-23.9. nach 987

    Kinder:
    - Heinrich 955 - 972/78
    - Dietrich I. Herzog von Ober-Lothringen 965-11.4.1026
    - Adalbero II. Bischof von Metz (984-1005) 958-14.12.1005
    - Gottfried
    - Tochter
    oo Berchthold I. Graf in Bayern und Pfalzgraf

    Literatur:
    Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 27,79,80,84,86,89,112, 123,131,132,133,134,135,136,137,139,140,141,142,143-146,148,150,152-155,157,158,159-161,164,166,167,173,174-178,194-197 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 85,116,128 - Brandenburg Erich: Die Nachkommen Karls des Großen Verlag Degener & Co Neustadt an der Aisch 1998 - Die Salier und das Reich, hg. Stefan Weinfurter, Jan Thorbecke Verlag 1991, Band I Seite 185,199,479/Band III Seite 503 - Eickhoff, Ekkehard, Theophanu und der König, Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 304,306 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 20-22,58,63,70,84,107,110-112,139 - Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Geschichte des Herzogtums Groß-Lothringen (900-1048) Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Band I Seite 35,41,49 - Trillmich Werner: Kaiser Konrad II. und seine Zeit. Europa Union Verlag Bonn 1991 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 196,243 –

    Gestorben:
    (18. Mai 978 Hlawitschka)

    Friedrich heiratete von Franzien, Beatrix um 954. Beatrix (Tochter von von Franzien, Hugo und von Sachsen, Hadwig) wurde geboren in 938; gestorben nach 987. [Familienblatt] [Familientafel]


  52. 282.  von Lothringen, Gozelo Graphische Anzeige der Nachkommen (219.Kunigunde11, 179.Ermentrud10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 914; gestorben am 19 Okt 942.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ardennengau; Graf im Ardennengau

    Notizen:

    Gozelo Graf im Ardennengau
    um 914-19.10.942
    Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde

    Im Gegensatz zu seinen Brüdern ist Gozelo quellenmäßig kaum greifbar. Er war Heerführer seines bischöflichen Bruders Adalbero.





    930 oo Uda (Oda) von Metz, Tochter des MATFRIEDINGERS Gerhard I. - 10.4.963 Nichte König HEINRICHS I.

    Kinder:
    - Reginar -18.4.963
    - Heinrich -6.9.1000
    - Gottfried der Gefangene Graf von Verdun 935/40- nach 995
    - Adalbero Erzbischof von Reims (969-989) um 935/40-23.1.989



    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 54,58,61,64,69,70,73,75,93,95,110,128,138,146 -

    Gozelo heiratete von Metz, Uda um 930. Uda (Tochter von von Metz, Gerhard I. und von Sachsen, Oda) wurde geboren um 905; gestorben am 10 Apr 963. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 363. von Lothringen, Reginar  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben am 18 Apr 963.
    2. 364. von Arlon, Heinrich  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 365. von Verdun, Gottfried I.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 930/935; gestorben nach 997.
    4. 366. von Reims, Adalbero  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 935/940; gestorben am 23 Jan 989; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

  53. 283.  von Lothringen-Verdun, Liutgard Graphische Anzeige der Nachkommen (219.Kunigunde11, 179.Ermentrud10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 915; gestorben am 8 Apr 960.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Gräfin von Metz

    Notizen:

    Liutgard Gräfin von Metz
    915 † 8.4.960
    Tochter des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwig II. dem Stammler von Frankreich

    Thiele, Andreas: Tafel 109, "Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1"

    EBERHARD * um 912, † um 940 (im Exil)
    933/34 Titular-König von Italien: verjagt; 937 durch den Vater Herzog von Bayern gegen das Lehnsrecht und 938 von OTTO DEM GROSSEN verjagt.
    oo 935 LIUTGARD VON LOTHRINGEN-VERDUN
    Tochter Pfalzgraf Wigerichs (ihre 2. Ehe: oo Graf Adalbert I. im Metzgau, Lothringen II)

    Hlawitschka, Eduard: Seite 74,107,109,123-125,130, "Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert"

    X [13 Die Vita Johanns von Gorze (MG SS IV Seite 347) c. 36 nennt uns einen Schwager des Grafen Adalbert namens Lantbert, der sogar als Ratgeber des Bischofs Adalbero von Metz bezeichnet wird, mit dem Graf Adalbert selbst aber schlecht stand: Cognatus ipse (sc. Adalbert) iam dicti Lantberti - nam eius sororem habebat - idemque inter se quibusdam animositatibus dissidebant. Aus dieser Stelle geht freilich nicht hervor, ob Graf Adalbert eine Schwester Lantberts oder Lantbert eine Schwester Adalberts zur Gemahlin hatte. Doch werden wir noch weiter unten Seite 115) sehen, daß Graf Adalbert mit Liutgard, einer Tochter des Pfalzgrafen Wigerich und seiner Gemahlin Kunigunde, verheiratet gewesen ist, unter deren Brüdern sich kein Lantbert findet. Somit bleibt nur die von uns angezeigte Lösungsmöglichkeit, daß Lantbert eine Schwester des Grafen Adalbert zur Frau hatte.]
    Es muß sich hier um die väterliche Linie handeln, da der Vater von Brunos Mutter - Heilwig - ja Ludwig hieß, über dessen Vater wiederum freilich alle unsere Quellen schweigen, wie auch über dessen Gemahlin [115 Die vorgeschlagene Lösung krankt aber auch besonders daran, daß in einem solchen Falle Leos IX. Eltern Hugo und Heilwig in einer verbotenen Naheehe 6. Grades römischer Zählung (3:3 kanonischer Zählung) gelebt haben müßten. Unseren weiteren Forschungen schon vorausgreifend sei bemerkt, daß ja Hugo durch seinen Vater Hugo raucus und dessen Mutter Liutgard ein Uurenkel des Pfalzgrafen Wigerich und seiner Frau Kunigunde war und daß Heilwig ihrerseits, falls ihre Mutter (Ida) eine Tochter Herzog Friedrichs I. gewesen wäre, ebenfalls eine Urenklein Wigerichs und Kunigundes gewesen sein müßte, da doch Herzog Friedrich I. genugsam als Sohn Wigerichs und Kunigundes bezeugt ist. Deshalb ist auch dieser Vorschlag zurückzuweisen.] uns nicht das geringste überliefert ist.
    Über die Gemahlin des Hugo raucus, der in Erfüllung des väterlichen Willens die Abtei Altdorf gründete, wird nichts überliefert. Eberhards Gemahlin hingegen muß jene Frau Liutgardis gewesen sein, die am 8. April 960 der Trierer St. Maximins-Abtei ihr im Methingau gelegenes Eigengut Mamer, das ihr von ihren Eltern Wigerich und Kunigunde hereditario iure zugefallen war, für das Seelenheil ihrer genannten Eltern und ihrer Gemahle Albert und Eberhard sowie ihrer Söhne wie auch für die Tilgung der eigenen Sündenschulden überließ [122 C. Wampach, Urkunden- und Quellenbuch I Seite 218f. nr. 168. H. Beyer, Mittelrheinisches Urkundenbuch I Seite 266 nr. 206.]. In dem genannten Albert hat man schon wiederholt den 944 erschlagenen Grafen Adalbert von Metz erblickt [123 So zum Beispiel E. Krüger, Der Ursprung des Hauses Lothringen-Habsburg (1890) Seite13f.; G. Ch. Crollius, Westricher Abhandlungen (Zweibrücken 1771).]; und diese Meinung hat auch alle Wahrscheinlichkeit für sich. Daß der als zweiter Gemahl Liutgards genannte Eberhard in aller Bestimmtheit der Vater des Hugo raucus gewesen sein muß, obgleich L. Vanderkindere [124 L. Vanderkindere, La formation territoriale II Seite 351,360.] unter anderem ihn für den 938 aus der Geschichte verschwindenden Herzog Eberhard von Bayern erachten haben, läßt sich deutlich machen.
    Das System von Vanderkindere hat auf den ersten Blick einen Vorzug. Kann man mit ihm doch die in den Gesta episcoporum Virdunensium mitgeteilte bayerische Abkunft des Bischofs Wigfried von Verdun [174 MG SS IV Seite 46: Post cuius (sc. Berengarii) excessum extitit domnus Wicfredus episcopus de Bavariorum partibus, vir teutonicus.] gut erklären. Allerdings muß dabei die in der Liutgard-Urkunde gegebene Reihenfolge ihrer Gemahle umgestellt werden, will man den Eberhard jener Urkunde nicht mit dem Grafen des elsässischen Nordgaues, sondern mit dem 938 aus der Geschichte verschwindenden Herzog Eberhard von Bayern identifizieren [175 L. Vanderkindere argumentiert, daß Eberhard nicht der Graf des elsässischen Nordgaues gewesen sein könne, weil jener erst nach 967 verstorben sei, Liutgard in ihrer Urkunde von 960 aber bereits als verstorben betrauere. Daß zu einer solchen Argumentation der Urkundenpassus über die im Gedächtnis zu berücksichtigenden Personen überspitzt interpretiert werden muß und daß folglich die gesamte Argumentation hinfällig ist, hat schon H. Renn, Das erste Luxemburger Grafenhaus Seite 454ff., dargetan.]. Auch läßt sich das Auftauchen des Namens Wigfried in einer solchen Anordnung nur schwer erklären. Die vier hier übergangenen Brüder in der Generation vor Liuthard von Longwy müßten - will man sie als Geschwister oder als Gemahl und Schwäger der hier angenommenen und mit X bezeichneten Tochter Adalberts von Metz und Liutgards einsetzen - dann außerdem Stiefbrüder Wigfrieds von Verdun oder dessen Schwäger gewesen sein.
    Damit können Laroses Darlegungen keine weitere Bachtung verdienen [193 Larose widmet sich außer dem hier dargelegten Problemkern noch einer Reihe weiterer genealogischer Fragen, - so etwa der Herleitung Liutgards, der Gemahlin Adalberts von Metz und weiter Ehefrau Eberhards vom elsässischen Nordgau, über ihren ca. 916 verstorbenen Vater Pfalzgraf Wigerich von dem etwa 910 verstorbenen Chaumontois-Grafen Hugo I., wie auch die Identifizierung und genealogischen Einordnung Ludwigs, des mütterlichen Großvaters Papst Leos IX. Aber auch hierbei und bei der Rückführung der Chaumontois-Grafen auf die Nachkommen Pippins des Mittleren kann ihm nicht gefolgt werden, was hier freilich nicht zu begründen ist. Zur Bestimmung Ludwigs, des Großvaters Leos IX., vgl. oben Seite 105 Anm. 114.].

    1. oo Adalbert I. Graf von Metz † 944 erschlagen
    um 945
    2. oo Eberhard Graf von Egisheim † 18.2.967

    Kinder:
    1. Ehe
    - Matfried II.
    2. Ehe
    - Hugo III. raucus um 945 †

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 58,70,74,107,109,111,115-121,123-125,130,136,138, 140,146,151,179 - Thiele, Andreas: Erzählende genealogische Stammtafeln zur europäischen Geschichte Band I, Teilband 1, R. G. Fischer Verlag Frankfurt/Main 1993 Tafel 109 - Wegener, Wilhelm Dr. jur.: Genealogische Tafeln zur mitteleuropäischen Geschichte, Heinz Reise-Verlag Göttingen 1962-1969 Seite 73 -

    [!?] nach Wegener Gattin von Eberhard Herzog von Bayern [Liutpoldinger]

    Wegener Dr. Wilhelm: Seite 73, GENEALOGISCHE TAFELN ZUR MITTELEUROPÄISCHEN GESCHICHTE

    6. EBERHARD
    (*c 911/12 s. 5). F. u. eV.
    933/34 s. 2;
    935 22/7 der Vater überträgt ihm die Nachfolge in Bayern Reindel n 87
    938 Papst Leo VII. an Herzog Eberhard: Eberhardo duci Bawariorum Reindel n 92
    938 König OTTO I. zieht zweimal gegen die aufständischen LIUTPOLDINGER und schickt schließlich Herzog Eberhard in die Verbannung Reindel n 93, dort ist Eberhard bald gestorben.

    Gemahlin:
    Liutgard, Tochter Wigerichs und der Kunigunde von Verdun.

    Diese Verbindung ist wie folgt zu erschließen. Liutgard schenkte 960 St. Maximin in Trier Besitz als Seelgerät für ihre Eltern, ihre beiden Ehegatten Albert und Eberhard und ihre Kinder (H. Beyer, Mittelrhein. UB 1, 266 n 206). Albert ist der Graf Adalbert von Metz † 944 (L. Vanderkindere, La formation territoriale des principautes belges 1902, 2, 350).
    Eberhard kann nicht der erst 967 verstorbene Graf Eberhard IV. des elsässischen Nordgaus sein, weil er 960 schon tot war. Für die Beweisführung kommt ferner Bischof Wigfrid von Verdun (960-984) in Betracht. Dieser schließt 973 mit seinen Schwester-Söhnen (sobrini nepotes) Liuthard und Richwin von Longwy einen Tauschvertrag. Liuthard muss ein Abkömmling der Liutgard durch eine ihrer Töchter aus der Ehe mit Adalbert sein, während eine zweite Tochter aus dieser Ehe mit Eberhard vom Nordgau verheiratet gewesen sein muss. Denn einerseits erscheint Liuthard als Vetter (nepos) von Kaiser KONRAD II. (SS 23, 782), der selbst durch seine Mutter Adelheid von dem genannten Eberhard abstammte, andrerseits ging das Erbe der Grafen von Longwy an Adalbert, Enkel Eberhards, über. Beides ist nur durch die gemeinsame Abkunft der zwei Familien von Liutgard und Adalbert erklärlich. Bischof Wigfrid muss aber der Bruder der an Eberhard vom Nordgau und Liuthard von Longwy vermählten Töchter der Liutgarde gewesen sein. Doch kann er nur als ihr Halbbruder gelten, weil von Wigfrid berichtet wird, er sei ein Deutscher aus Bayern gewesen (S 4, 46). Er muss also aus der Ehe der Liutgard mit Eberhard gestammt haben, kann aber nur ein Bayer gewesen sein, wenn Eberhard selbst ein Bayer war. So kommt man auf den flüchtigen Bayern-Herzog Eberhard als (ersten) Gatten der Liutgard. Da der zweite Gatte schon 944 starb und aus der zweiten Ehe zwei Töchter bekannt sind, wird Eberhard c 940 gestorben sein. Seine Ehe mit Liutgard dürfte c 935 geschlossen worden sein.



    fmg MEDIEVAL LANDS - ALSACE. EBERHARD [IV]

    EBERHARD [IV] (-[18 Dec 972/973]). The Vita Sancti Deicoli names "primogenitus Heberardus, secundus Hugo, tercio Guntramnus" as the three sons of Hugo. Graf im Nordgau 959/67. "Otto…rex" granted property "Luterhaa" which he received from "filiis Hugonis Heberhardo et Hugone" to Kloster Alanesberg by charter dated 6 Apr 959. "Otto…imperator augustus" confirmed donations of property "de locis Ozenheim, Tetingen…in pago Moiinegouwe in comitatu Eberhardi comitis" by "nobis nepos et equivocus noster Otto dux Sweuorum" to "sancti Petri Ascaffaburg" by charter dated 29 Aug 975, although it is not known whether this refers to the same Graf Eberhard. m ---. The identity of Eberhard´s wife is not known with certainty. She has been identified as Liutgarde, widow of Adalbert Graf [von Metz], daughter of WIGERICH [III] Graf im Bidgau & his wife Cunegondis ---. The only basis for this hypothesis is the charter dated 8 Apr 960 under which "Liutgardis" donated property "in comitatu Nithegowe cui Godefridus comes preesse", which she inherited from "parentibus meis Wigerico et Cunegunda", to St Maximin at Trier "pro remedio…parentum meorum, seniorum quoque meorum Alberti et Everhardi vel filiorum meorum". Eberhard [IV] Graf im Nordgau appears to have been the only contemporary Count Eberhard who could be identified as Liutgarde´s second husband. The hypothesis is accepted by Poull and Europäische Stammtafeln. Rösch is more cautious, referring to Liutgarde's second husband as "Eberhard" without citing his origin. Wegener assumes that the wording of the 960 charter means that "Alberti et Everhardi" were Liutgard's successive husbands and that both were deceased at the date of the charter, although this is not necessarily the only interpretation of the text. He argues that Liutgarde's second husband could not therefore have been Eberhard [IV] Graf im Nordgau, who died in [972/73], and suggests that he was Eberhard Duke of Bavaria [Liutpoldinger]. However, as the last reference to Duke Eberhard is in 938, this would mean that he was Luitgarde's first husband, which appears unlikely if the order of the names of her two husbands in the charter was chronological. The Chronicle of Alberic de Trois-Fontaines provides some interesting corroboration for Liutgarde's marriage to Graf Eberhard [IV] by recording "comes Hugo de Daburg, pater sancti Leonis pape" as "consobrinus" of "imperator Conradus". If the origin of Liutgarde's two husbands were as shown here, Hugo [IX] Graf von Egisheim would have been second cousin once removed of Emperor Konrad, the emperor being the great-grandson of Liutgarde by her supposed first marriage, while Hugo would have been her grandson by her second marriage. Eberhard [IV] & his wife had one child:
    a) HUGO [VII] "Raucus" ([after 945]-before 986). The Notitiæ Altorfenses names "Eberhardus comes…filius eius Hugo, qui erat aliquantulum raucus", specifying that he founded the monastery of Altorff where his father was buried. Graf im Nordgau 951/973.

    Liutgard heiratete von Egisheim, Eberhard III. um 945. Eberhard (Sohn von Hugo I. und Hildegard) gestorben am 18 Feb 967. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 367. von Nordgau, Hugo raucus III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 945; gestorben in 974/986.

    Familie/Ehepartner: von Metz, Adalbert I.. Adalbert (Sohn von von Metz, Matfried I, und Lantsind) gestorben in 944. [Familienblatt] [Familientafel]


  54. 284.  von Lothringen, Giselbert Graphische Anzeige der Nachkommen (219.Kunigunde11, 179.Ermentrud10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 915; gestorben am 17 Apr 963.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Ardennengau; Graf im Ardennengau

    Notizen:

    Giselbert Graf im Ardennengau
    915-17.4.963
    4. Sohn des Pfalzgrafen Wigerich von Lothringen und der Kunigunde, Enkelin von König Ludwig II. dem Stammler

    Barth Rüdiger E.: Seite 194, "Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert"

    Giselberti comes

    Bruder Friedrichs I.
    Graf im nördlichen Teil des Metzgaus und Graf in Teil des pagus Calvomontensis; Laienabt Kloster Moyen-Moutier,
    + vor 965;
    Parisot, Origines, S. 147,200; Ders., De prima domo, Tab. Genealog.; MGH XXIII, S. 771, Z 6f., Alb. de Troisfontaines; VK II, S. 461.



    oo Hedwig - 965

    Familie/Ehepartner: Hedwig. Hedwig gestorben in 965. [Familienblatt] [Familientafel]


  55. 285.  von Niederlothringen, Gottfried Graphische Anzeige der Nachkommen (220.Ermentrud11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 925/935; gestorben in 964 in Rom [00100],Latium,Italien.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Hennegau,Belgien; Graf im Hennegau
    • Titel/Amt/Status: 959-964, Niederlothringen; Herzog von Niederlothringen

    Notizen:

    Gottfried
    Herzog von Nieder-Lothringen (959-964)
    Graf im Hennegau
    ca 925/35- Sommer 964 Rom (5.8.964 Hlawitschka)

    Ältester Sohn des Pfalzgrafen Gottfried von Lothringen und der Ermentrud von Frankreich, Tochter von König Karl III. dem Einfältigen; durch seine Großmutter väterlicherseits Oda von Sachsen war er mit den LIUDOLFINGERN verwandt

    Lexikon des Mittelalters: Band IV Spalte 1598

    Gottfried I., Herzog in Nieder-Lothringen
    + 964 in Italien
    Gottfried ist ohne näheren Amtsbereich als 'dux' belegt; Herkunft und mögliche Abhängigkeit von Brun, dem Erzbischof von Köln und Herzog von Lothringen, sind umstritten.

    Glocker Winfrid: Seite 291, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    V. 40. GOTTFRIED
    * 925/35, + 964 Sommer

    958 Graf im Hennegau, 962 auch im Gillgau, 959 Herzog von Nieder-Lothringen

    oo NNw

    Die Überlegungen, die es uns erlauben, den 964 in Italien von einer Seuche dahingerafften "Godefridus dux Lothriensis"(Continuator Regionis a. 964, S. 174) auf Grund der genealogischen Notiz, die anläßlich des Hammersteinschen Ehescheidungsprozesses angefertigt wurde (MG. Const. I, S. 639), und der genealogischen Angaben der Vita Adelheids von Villach (c. 3, SS XV/2 757) als einen Sohn des Pfalzgrafen Gottfried anzusehen, sind zuletzt zusammengefaßt bei Hlawitschka, Anfänge Seite 51 f.
    Vgl. ebd. S. 145 zum Geburtszeitpunkt sowie zu einer eventuellen außerehelichen Verbindung des Gottfried dux.
    Den Tod Gottfrieds berichtet uns der Continuator Regionis a. 964, S. 174, und die Annales Hildesheimenses a. 963, S. 22; vgl. zum Tod Gottfrieds auch Hlawitschka, Anfänge S. 55.
    Die Belege für die Grafenstellung Gottfrieds sind bei Nonn, Pagus S. 128 und 188, zusammengestellt; dieser äußert sich S. 194-198 zu der von der Forschung intensiv diskutierten Frage, ob Gottfried von Erzbischof Bruno im Jahre 959 als Herzog in Nieder-Lothringen eingesetzt wurde, zustimmend.

    Annalen von Hildesheim, Die Jahre 961-965.

    961. In diesem Jahre kamen Boten zu König Otto und riefen ihn nach Rom zur Hülfe für den Papst Johann, um die Härte des Königs Adalbert zu mäßigen, welche dieser bei seiner Herrschaft brauchte. [Otto, des Königs Sohn, wird in Aachen zum König gesalbt auf Befehl seines Vaters Otto.]

    [962. König Otto zog nach Rom.] Und jener Papst empfing ihn mit Dank und setzte ihn mit Ehren auf den kaiserlichen Fürstensitz und erhöhte ihn durch die kaiserliche Weihe, so daß er Kaiser und Augustus genannt werden und sein sollte.

    962. Abt Guntheri starb und ihm folgte Egillolf.

    963. In diesem Jahre wurde zu Rom in der Kirche des heiligen Petrus eine große Synode gehalten und Kaiser Otto hatte dabei den Vorsitz, in Gegenwart vieler Bischöfe, Aebte, Mönche und Geistlichen. Dort wurde Papst Benedict vom Stuhle der Apostel gestoßen, weil er sich unrechtmäßig die Erhabenheit des römischen Kaiserthums angemaßt; er wurde dem Erzbischof Adaldag übergeben und nach Sachsen geführt, und hat hier sein Leben beschlossen. Und in demselben Jahre befiel ein grausiges Sterben das Heer des Kaisers, bei welchem Heinrich, der Erzbischof der Stadt Trier, und Herzog Godefrid und nicht wenige Andere das Leben verloren.

    964. In diesem Jahre wurde der Langobardenkönig Berengar in Monte San Leone belagert und daselbst gefangen und zusammen mit seiner Gattin, der Königin Willa, gewaltsam nach Baiern auf die Burg Bavenberg gebracht, wo er die letzten Tage dieses Lebens beschloß.

    965. Kaiser Otto kam von Langobardien nach Franconofort und blieb dieses ganze Jahr im Lande der Sachsen und brachte inzwischen alle die Seinigen zu Frieden und Eintracht, und Brun, des Kaisers Bruder, Erzbischof der Stadt Agrippina, endete sein Leben in Frieden.

    Adalbert: "Fortsetzung des Regino"

    Das Jahr 964.

    Im J. d. g. M. 964 feierte der Kaiser Weihnachten zu Rom. Berengar, mit den Seinigen auf dem Berge St. Leo belagert, wird besiegt und die Burg selbst der Gewalt des Kaisers unterworfen, und Berengar mit Willa nach Baiern geschickt. Die Römer fielen nach gewohnter Weise wieder vom Kaiser ab und versuchten ihn zu tödten, nachdem sie sich mit mehreren Burgherren auswärts durch Verschwörung verbunden hatten; aber da ihre Nachstellungen entdeckt wurden, so kam er an demselben Tage, an dem sie ihn zu ermorden gedachten, dem ihm bereiteten Tode zuvor und griff sie am 3. Januar mit sehr wenigen von den Seinigen an und streckte eine nicht geringe Zahl von ihnen innerhalb der Stadtmauern nieder. Am folgenden Tage aber kamen die Römer wieder, gaben hundert Geiseln und versprachen unter einem Eid auf den Körper des heiligen Petrus Treue dem Kaiser und dem Papste. Da blieb der Kaiser noch eine ganze Woche bei ihnen, zog dann hinaus, um die Herzogthümer Spoleto und Camerino zu ordnen und ließ auf die Bitten des Papstes Leo den Römern ihre Geiseln frei. Diese aber undankbar gegen so große Wohlthaten, lassen, da Jener sich nicht weit von der Stadt entfernt, den Johannes, der auch Octavianus heißt, in die Stadt ein, und scheuen sich nicht die dem Kaiser und dem Papste versprochene Treue zunichte zu machen. Der Papst Leo aber entkam kaum mit wenigen, von allem Nothwendigen entblößt, begab sich zu dem Kaiser, der in dem Herzogthum Camerino sich aufhielt, und feierte dort das Osterfest. Johannes aber, der auch Octavianus heißt, verstümmelte grausam den Diakon Johannes und den Geheimschreiber Azo, und Otger den Bischof von Speier, der verhaftet und gepeitscht wurde, behielt er einige Zeit, wenn auch unter Unbequemlichkeiten, bei sich; dann aber ließ er ihn sogleich los, in der Hoffnung, vom Kaiser Verzeihung zu erlangen, eine Hoffnung, die ihn jedoch nach Gottes Rathschluß trügte, denn am 14. Mai schied er aus dem irdischen Leben. Da erwählen die Römer, des Kaisers Ankunft nicht wenig fürchtend, der Treue uneingedenk und der Wahl des Herrn Leo, einen gewissen Benedict, einen Diakon der römischen Kirche und setzen ihn nach seiner Ordination auf den apostolischen Stuhl. Auf diese Nachricht versammelte der Kaiser von allen Seiten die Menge seiner Getreuen, rückte gegen Rom und sperrte es in strenger Belagerung von allen Seiten ab, damit kein Ausgang frei bliebe; aber der obengenannte Benedict, fälschlich Papst genannt, reizte die Römer an, dem Kaiser länger zu widerstehen und bestieg, indem er selbst dem Kaiser und seinen Getreuen den Bannfluch androhte, die Mauern der Stadt und benahm sich mit größerem Hochmuth als einem Papst geziemt hätte.
    Zuletzt bereuten die Römer, durch Hunger und Belagerung in die Enge getrieben, daß sie gefehlt und gegen den Kaiser sich ungerecht ergangen hatten, und öffneten die Thore der Stadt am Tage vor dem Feste des Täufers am 23. Juni. Nachdem sie den Kaiser mit gebührender Ehrerbietung eingelassen, übergeben sie den kirchenschänderischen und meineidigen Benedict der kaiserlichen Gewalt und setzen den Herrn Leo wieder auf den päpstlichen Stuhl. Darauf entsetzte der Papst Leo, indem er eine Synode von vielen Bischöfen versammelt, denselben Benedict, den Usurpator des römischen Stuhles, nach dem Urtheile Aller der angemaßten Würde, riß ihm das bischöfliche Gewand, das er sich angemaßt hatte ab, ergriff den Hirtenstab aus seiner Hand und zerbrach ihn vor Aller Augen in Stücke und gestand ihm auf des Kaisers Bitte nur zu, die Diakonenwürde zu behalten. Der Kaiser aber feiert die Geburt des heiligen Johannes und das Fest der heiligen Apostel und kehrt von der römischen Stadt zurück. Da wird er von einem unglücklicheren Geschick als er erwartet hatte, heimgesucht, denn eine solche Pest und Sterblichkeit brach in seinem Heere aus, daß kaum die Gesunden vom Morgen bis zum Abend oder vom Abend bis zum Morgen zu leben hofften. An dieser Pest starb Heinric der Erzbischof von Trier und Gerric der Abt von Witzenburg und Godefrid der lotharingische Herzog und eine unzählige Menge Anderer, Edler sowohl als Nichtedler. Als endlich durch Gottes Erbarmen die Pest aufhörte, gelangte der Kaiser nach Ligurien und dort, in der Herbstzeit Frieden und Ruhe genießend, übt er sich im Jagen. In demselben Jahre wird Duodo, Kaplan des Palastes, von Adalbert gefangen, gepeitscht, nach Corsica gebracht, aber nicht lange Zeit nachher entlassen. Um dieselbe Zeit nahm Waldo, Bischof von Como, eine Insel im Comersee und zerstörte die Befestigungen auf derselben bis auf den Grund, was für den Grafen Udo der Leiden Anfang war, denn Hatto, den Befehlshaber derselben Insel nahm er in seinen Dienst und konnte ihn, nachdem die Insel zerstört war, nicht, wie er gewünscht hatte mit dem Kaiser versöhnen. Darüber unwillig schob er Alles auf den Bischof Waldo und beschloß, wenn er könnte, sich als Feind an ihm zu rächen. Erchanbert wird an die Stelle seines Bruders Gerric zum Abt des Klostes Witzenburg ernannt.

    Gottfried war ein Schüler und Freund des Erzbischofs Brun von Köln und folgte vermutlich seinem Vater als Stellvertreter des Herzogs in dessen kriegerischen Angelegenheiten. Ob Brun ihn schon 953 oder 959 als Herzog in Nieder-Lothringen einsetzte, ist nicht völlig zu klären. Auf dem Hoftag im Juni 958 in Köln wurden Reginar III. alle Besitzungen abgesprochen und dessen Stellung im Raum zwischen Maas und Schelde übertrug OTTO I. dem Grafen Gottfried. Dieser wurde damit beauftragt, im niederlothringischen Raum die Ordnung aufrechtzuerhalten und Bruns letzten Gegner namens Immo auszuschalten. Die Meinungen gehen auseinander, ob Gottfried den Herzogstitel nur als Heerführer erhielt oder ob er bereits 958 oder 959 als Herzog von Nieder-Lothringen eingesetzt wurde. Er war der Anführer eines Aufgebotes schwerer Reiterei, die Brun seinem Bruder OTTO I. als Verstärkung nach Italien sandte. Der Herzog starb im Juni 964 auf diesem Feldzug bei der Belagerung und Eroberung Roms an der Pest. Wie nahe er der Herrscherfamilie stand, bezeugt eine Stiftung des Königs für das Seelenheil des getreuen Gottfried.
    Er war in der Gegend von Mons begütert, hatte aber auch Beziehungen zur niederrheinischen Landschaft, wo seine Schwester Gerberga mit dem edlen Megingoz, dem Stifter des Klosters Villich, vermählt war.

    Pätzold Barbara: Seite 73, "Brun Erzbischof von Köln, Herzog von Lothringen (953-965) in: DEUTSCHE FÜRSTEN DES MITTELALTERS. Fünfundzwanzig Lebensbilder

    So setzte er 959 den mächtigen, in Ober-Lothringen begüterten Grafen Friedrich, der durch seine Heirat mit einer Tochter Hugos und Hathuis mit der ottonischen Familie verwandt war, als seinen Stellvertreter ein. Für das niederlothringische Gebiet erhielt diese Aufgabe 958 Gottfried übertragen, der als Herzog das lothringische Panzerreiteraufgebot auf OTTOS Italienzug 961 zu führen hatte.


    Literatur:
    Adalbert: Fortsetzung des Regino a. 964 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000 Seite 118 - Annalen von Hildesheim a. 963 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lothringen im 10. Jahrhundert, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 132,139,140,141-143,145,146-148,149-151,152,153,155,156,160,164-166,176,179,190 - Beumann, Helmut: Die Ottonen, Verlag W. Kohlhammer, 1991 Seite 167 - DEUTSCHE FÜRSTEN DES MITTELALTERS. Fünfundzwanzig Lebensbilder. Edition Leipzig 1995 Seite 73 -
    Giesebrecht Wilhelm von: Geschichte der deutschen Kaiserzeit. Mundus Verlag 2000 Band 1 Seite 436 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 Seite 291 - Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 51,55-57,70,72,94,126-128,132,134,138,144-146,148,173 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971 Seite 172 - Kienast Walter: Der Herzogstitel in Deutschland und Frankreich (9. bis 12. Jahrhundert). R. Oldenbourg Verlag München - Wien 1968 - Köpke, Rudolf/Dümmler Ernst: Kaiser Otto der Große, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1962 Seite 227,296,361,366,377,399,535 - Laudage, Johannes: Otto der Große. Eine Biographie. Verlag Friedrich Pustet Regensburg 2001 Seite 260 - Mohr Walter: Geschichte des Herzogtums Lothringen. Geschichte des Herzogtums Groß-Lothringen (900-1048) Verlag "Die Mitte" Saarbrücken 1974 Band I Seite 43-45 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990 Seite 138 - Thietmar von Merseburg: Chronik Wissenschaftliche Buchgemeinschaft Darmstadt 1992 Seite 72 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 196,228, 233,243 -

    Gestorben:
    Sommer 964 (5.8.964 Hlawitschka)


  56. 286.  im Jülichgau, Gerberga Graphische Anzeige der Nachkommen (220.Ermentrud11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren um 925/935; gestorben vor 24 Mai 996.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Zutphen [7200],Gelderland,Niederlande
    • Titel/Amt/Status: Geldern [47608],Kleve,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; Gräfin in Geldern und Zutphen

    Notizen:

    Gerberga im Jülichgau
    Gräfin in Geldern und Zutphen
    ca 925/35- vor 24.5.996

    Einzige Tochter des Grafen Gottfried im Jülichgau und der Ermentrud von Frankreich, Tochter von König Karl III. dem Einfältigen; Enkelin der Oda von Sachsen und Großnichte von König HEINRICH I.

    Winfried Glocker: V 44 Seite 291, "Die Verwandten der Ottonen"

    Gerberga
    * c 925/35, + 995, vor 996 V 24

    945/50 oo Meginoz Graf in Geldern und Zutphen * 920, + 998/99

    Auch Gerberga ist in der Vita Adelheids von Vilich c. 3, SS XV/2 757, als Gemahlin der Grafen Megingoz und Mutter der heiligen Adelheid von Villich genannt. Die sonstigen Angaben zu Gerberga und zu Megingoz sind dem Aufsatz von Strecker, Grabinschrift S. 442, und der Studie von Renn, Grafenhaus S. 108 f. und 111, zu entnehmen. Der Terminus ante quem für das Sterbedatum Gerbergas ist von Wisplinghoff, Frühgeschichte S. 81, aus JL. 3863 (Druck bei Lacomblet, UB. Niederrhein I, Nr. 126, und bei Zimmermann, Papsturkunden II, Nr. 326) ermittelt. Zur Stellung des Megingoz als Graf vgl. zuletzt Achter, Stiftskirche S. 16 ff., die feststellt, dass Megingoz nur in der späten Überlieferung der Adelheid-Vita als Graf bezeichnet werde, während in den 3 Königsurkunden, in denen er auftritt, der Grafentitel fehle. Nach dem Zeugnis der Vita Adelheids von Vilich c. 4, SS XV/2 759, überlebte Megingoz seine Gemahlin um 3 Jahre.

    Heinz Renn Seite 108,111, "Das erste Luxemburger Grafenhaus

    Der Vater der Irmintrud, Megingoz, steht 939 wie Adalbero von Metz, der Sohn Wigerichs, auf seiten des Herzogs Giselbert. Er wird daraufhin seiner Güter für verlustig erklärt, aber am 1.8.944 setzt OTTO I. ihn wiederum in sein Besitztum und seine Rechte ein. Da Megingoz um 939 bereits aktiv in den Kampf eingreift, kann er damals kaum jünger als 20 Jahre gewesen sein. Er hat also bei seinem Hinscheiden 998 auf der Burg zu Geldern ein Alter von ca. 80 Jahren erreicht. Seine Gemahlin Gerberga ist einige Jahre vorher gestorben. Eine Urkunde vom 24.5.996 erwähnt sie als tot. Der Kölner Kirchenkalender hat Gerberga und ihren Gemahl, die Stifter des Klosters Vilich, für den 19. Dezember als Heilige angeführt.
    Die Heirat Gerbergas und Megingoz' dürfen wir für die 40-er Jahre des 10. Jahrhunderts ansetzen.

    Jakob Schlafke: Seite 81-83, "Leben und Verehrung der heiligen Adelheid von Vilich"

    Die große Wende in das Leben der Familie kam aber durch den Tod des Sohnes Gottfried. Als junger Ritter folgte er mit seinen Mannen 976/77 Kaiser OTTO II. im Feldzug gegen die Böhmen. Im Kampf traf ihn ein Pfeil in den Kopf. Die Seinen brachten seinen Leichnam unter vielen Mühen und Nöten zum ehrenvollen Begräbnis in die Heimat zurück. Für die Eltern brach eine Welt zusammen. Auf ihren einzigen Sohn hatten sie die ganze Zukunft gebaut und nun war er tot. Doch sie verwanden den Schicksalsschlag und machten Ernst mit der Glaubenswahrheit, dass die Gestalt dieser Welt vergeht: Sie lebten nun ganz auf die Ewigkeit hin. Gott hatte den Sohn genommen, er sollte nun auch dessen Erbteil haben. So errichteten sie in Vilich eine neue Kirche und gründeten ein Kloster. Obwohl noch gesund, beschlossen sie, auf ihre eheliche Gemeinschaft zu verzichten. Megingoz blieb in Geldern und verwaltete seine Güter. Gerberga zog sich nach Vilich zurück und beschleunigte mit kluger Umsicht den Bau des Klosters, in Fasten und Beten allezeit dem Dienste Gottes ergeben. Sie verzichtete auf alles, weil sie ganz von der Liebe zu Gott durchglüht war. Sie sammelte eine Gemeinschaft adliger Jungfrauen, die den Gottesdienst versehen sollten, erreichte die Freistellung Adelheids aus dem Kloster der Hl. Ursula in Köln und übertrug ihr die künftige Leitung.


    945/50 oo Meginoz Graf in Geldern und Zutphen


    Kinder:
    - Gottfried - 977
    - Irmentrud
    oo Heribert Graf im Kinziggau 925 - 992
    - Adelheid Äbtissin von Vilich 960/70-3.2.10108/21
    - Albrada
    - Bertrada Äbtissin des Klosters St. Maria zu Köln - Anfang 1000

    Literatur:
    Hlawitschka, Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Studien zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9.,10. und 11. Jahrhundert, Saarbrücken 1969, Seite 49-54,57,62-64,70,72,126-128,132,134,138,146 -

    Gerberga heiratete von Geldern, Meginoz in 945/950. Meginoz wurde geboren um 920; gestorben in 998/999 in Geldern [47608],Kleve,Nordrhein-Westfalen,Deutschland. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 368. von Geldern, Gottfried  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 977.
    2. 369. von Geldern, Irmentrud  Graphische Anzeige der Nachkommen
    3. 370. von Vilich, Adelheid  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 960 in Geldern [47608],Kleve,Nordrhein-Westfalen,Deutschland; gestorben in 1015/1018 in Köln [50667],Köln,Nordrhein-Westfalen,Deutschland.
    4. 371. von Geldern, Albrada  Graphische Anzeige der Nachkommen
    5. 372. von Geldern, Bertrada  Graphische Anzeige der Nachkommen gestorben in 1000.

  57. 287.  von Metz, Gebhard Graphische Anzeige der Nachkommen (220.Ermentrud11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 935/935.

    Notizen:

    Ahnherr großer Franken


  58. 288.  von Metz, Adalhard Graphische Anzeige der Nachkommen (220.Ermentrud11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1)

    Notizen:

    Ahnherr großer Franken


  59. 289.  von Metz, Gerhard II. Graphische Anzeige der Nachkommen (220.Ermentrud11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 925/935.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Metz [57000],Moselle,Lothringen,Frankreich; Graf von Metz

    Familie/Ehepartner: unbekannt. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 373. N.  Graphische Anzeige der Nachkommen
    2. 374. von Metz, Richard  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 950; gestorben in 986.

  60. 290.  von Frankreich, Lotharvon Frankreich, Lothar Graphische Anzeige der Nachkommen (226.Ludwig11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in Ende 941; gestorben am 2 Mrz 986 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; wurde beigesetzt in Reims [51100],Marne,Champagne-Ardenne,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: 954-986, Frankreich; König von Frankreich

    Notizen:

    Büste von Lothar
    Lothaire (941-986,roi de France en 954).Statue du XIIème siècle.Musée St Rémi à Reims.

    Lothaire-Face



    Lothar

    König von Frankreich (954-986)
    Ende 941 - 2.3.986 Laon Begraben: Saint-Remi zu Reims
    Ältester Sohn des Königs Ludwig IV. von Frankreich und der Gerberga von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 2127

    Lothar, König von Frankreich 954-986

    * 941, + 2. März 986 Laon Begraben: Reims, St-Remi
    Sohn König Ludwigs IV. und der Gerberga

    oo 966 Emma, Tochter Kaiserin Adelheids (aus 1. Ehe mit König Lothar von Italien)

    Lothars Königswahl (Reims, 12. November 954), von der Mutter mit ihren Geschwistern Hadwig, OTTO I. und Brun betrieben, kam mit Zustimmung Hugos des Großen zustande, der dafür die Dukate Aquitanien und Burgund erhielt. Hugos Tod 956 eröffnete die bis 965 währende Phase vormundschaftlicher Regierung durch Angehörige der liudolfingischen Familie mit ihrem Höhepunkt auf dem Kölner Hoftag 965 (Verlobung Lothars mit Emma). Der Tod Bruns (965) und Gerbergas (969) ließen Lothars Selbständigkeit wachsen, deren Grundlage - trotz geringen Königsguts - ein 960 mit Hugo Capet gefundener Ausgleich und der Bund mit nordfranzösischen Adligen (Heribert III. von Vermandois und Arnulf I. von Flandern) wurde. Lothars auf karolingischer Tradition fußendes Selbstbewußtsein äußerte sich 967 in offener Kritik an der ottonischen Rompolitik. Nachdem Kaiser OTTO II. Lothars Bruder Karl zum niederlothringischen Herzog erhoben hatte, machte Lothar 978 Ansprüche auf das regnum Lotharii in einem Heerzug nach Aachen und Metz geltend, dem OTTO II. und seine Gattin nur mit Mühe entkamen. Die Stärke der karolingischen Monarchie erwies sich beim ottonischen Rachefeldzug 978 bis vor Paris: Mit Unterstützung des Adels, vor allem Hugo Capets, konnte Lothar OTTO II. zurückschlagen. Erst im Mai 980 wurde der Konflikt auf einem Herrschertreffen in Margut-sur-Chiers beigelegt. Seine lothringischen Ziele verfolgte Lothar nach OTTOS II. Tod 983 weiter und besetzte 984, im Bund mit der ostfränkischen Opposition, Verdun.
    Hatte Lothar seine Nachfolge bereits am 8. Juni 979 in der Erhebung seines Sohnes Ludwig V. zum Mitkönig in Compiegne gesichert, so scheiterte er 984 mit der Erhebung Ludwigs zum aquitanischen Unterkönig. Obwohl Lothar weder direkte königliche Herrschaft im S noch politische Ansprüche auf Lothringen durchzusetzen vermochte, kann sein Königtum als bedeutsame Phase für die Konsolidierung der Monarchie, vor allem als Markstein im endgültigen Zerfall des karolingischen Großreiches wie für die Ausbildung französischen Sonderbewußtseins in Auseinandersetzung mit dem ottonischen Kaisertum gelten.

    Quellen:
    Recueil des actes de Lothaire et de Louis V, rois de France, ed. L. Halphen-F. Lot, 1908 -

    Literatur:
    F. Lot, Les derniers Carolingiens, 1891 - HEG I, 748 ff. - B. Schneidmüller, Karol. Tradition und frühes frz. Kgtm., 1979, 156ff. - K. F. Werner, Les origines, 1984, 481 ff. [dt. 1989] - C. Brühl, Dtl. - Frankreich. Die Geburt zweier Völker, 1990 -

    Werner Karl Ferdinand: Seite 472, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 69

    Lothars Regierungsantritt bei Brandenburg irrig mit "956" angegeben, datiert 954 XI 12, vgl. Lot, Dern. Carol., 9.
    Die beiden unehelichen Söhne Arnulf und Richard (siehe VIII, 79 und 80) setzen eine oder zwei Konkubinen voraus. Die Verlobung Lothars mit Emma, der Stieftochter Kaiser OTTOS I., fand wohl auf dem glanzvollen Hoftag zu Köln 965 IV statt, vgl. Köpke-Dümmler 375, Lot, Dern. Carol. 49.
    Das Ehedatum wird von Flodoard erwähnt. Brandenburg gibt nicht auf der Tafel, sondern nur in der Anm. B. VII, 51, den uns überlieferten Todestag der Königin: XI 2 (Lot; Dern. Carol 231, Anm. 5). Die Zeitgrenzen endlich für Emmas Geburt ergeben sich aus der Ehezeit ihrer Eltern, die Brandenburg nicht richtig verzeichnet hatte (siehe oben VII, 27).
    Seit 952 Mitregent, folgte er seinem Vater unter einem ottonischen Familienrat bestehend aus Mutter, Tante und Onkel (Erzbischof Brun von Köln) ohne Schwierigkeiten auf dem Throne. Lothar konnte gegenüber seinem Kronadel nur noch eine formale Hoheit wahren; er besaß nur kraft seiner königlichen Salbung und des Geblütes noch eine gewisse Autorität, aber keine reelle königliche Gewalt mehr. Er stand besonders gegen die Normandie, Aquitanien, Flandern und die ROBERTINER. Hauptstütze seines Königtums waren die stammesgleichen Grafen von Vermandois, die ihm 973 seine kraftvolle Politik um Lothringen ermöglichten. Er konnte Aachen besetzen, mußte aber im Frieden von Magur-sur-Chiers auf Lothringen verzichten. Allerdings mußte er Hugo von Franzien das Herzogtum Aquitanien zugestehen, der sich jedoch trotz königlicher Unterstützung nicht durchsetzen konnte. Den deutschen Thronstreit 983 nutzte er aus, unterstützte Heinrich den Zänker von Bayern und besetzte 985 Verdun. Obwohl Lothar ein fähiger Herrscher war, blieb seine Position bis zu seinem Tode recht labil.

    Brühl Carlrichard: Seite 61-74, "Lothar 954-986 und Ludwig V. 986-987" in: Ehlers/Müller/Schneidmüller "Die französischen Könige des Mittelalters"

    LOTHAR 954-986 UND LUDWIG V. 986-987

    Lothar
    * im letzten Viertel des Jahres 941, + 2.3.986 Laon Begraben: St-Remi/Reims
    Eltern: Ludwig IV. von W-Franken (+ 954) und Gerberga, Schwester OTTOS I. (+ 968/69)

    Geschwister:

    Gerberga (* 940 oder 942)
    Mathilde (* 943)
    Karl (* 945, + 946)
    Ludwig (* 947, + 954)
    Zwillinge Heinrich und Karl (* 953), Heinrich stirbt nach der Taufe, Karl, Herzog von Nieder-Lothringen, stirbt bald nach 992 als Gefangener Hugo Capets.

    Heirat Anfang 966 mit Emma, Tochter Kaiserin Adelheids aus erster Ehe mit König Lothar von Italien

    Kinder:
    Ludwig V., König 986-987
    Otto ( + 13.11. vor 986), Kanoniker in Reims

    Außerehelich:
    Arnulf (+ 5.3.1021), 988-991 und 999-1021 Erzbischof von Reims
    Richard

    955 Nachfolger des Vaters Ludwig IV.
    960 Belehnung der Brüder Hugo Capet und Otto mit den Dukaten in Franzien und Burgund
    965 Teilnahme am ottonischen Hoftag in Köln
    978 Überfall auf Kaiser OTTO II. und Kaiserin Theophanu in Aachen
    984/85 Kämpfe in Lothringen
    984 Einnahme Verduns

    Der völlig unerwartete Tod des erst 33-jährigen Ludwig IV. stürzte das westfränkische Reich erneut in eine schwere Krise. Ludwigs ältester Sohn Lothar (geboren im letzten Viertel des Jahres 941) war noch minderjährig und nicht gekrönt, womit der politischen Erpressung Tür und Tor geöffnet war. Zu allem Überfluß konnte Ludwigs Gemahlin Gerberga zu diesem Zeitpunkt keine Hilfe von ihrem Bruder OTTO I. erwarten, der in den Jahren zuvor mehrfach zugunsten Ludwigs eingegriffen hatte. Aber OTTO war zu diesem Zeitpunkt mit der Niederschlagung des Aufstandes seines Sohnes Liudolf in Baiern befaßt, und Brun, der jüngste Bruder OTTOS, gerade erst im Vorjahr (953) zum Erzbischof von Köln und wenige Wochen vor Ludwigs Tod zum Herzog Lothringens - archidux nennt ihn sein Biograph Ruotger - erhoben worden.
    Herr der Situation war somit allein Hugo Magnus. Er unternahm erneut keinen Versuch, sich der Krone zu bemächtigen. Vielmehr empfing er Gerberga (in Paris? in Orleans?), um sie zu "trösten", vor allem aber, um ihr seine Bedingungen zu diktieren, die hart genug waren: Hatte er sich 936 mit dem Herzogtum (Burgund) begnügt, so forderte er jetzt gleich deren zwei: Burgund und Aquitanien. Gerberga blieb gar nichts anderes übrig, als auf Hugos Bedingungen einzugehen, womit Ludwigs IV. Plan, Burgund seinem noch in der Wiege liegenden Sohn Karl zu überlassen, auf der Strecke blieb.
    Die feierliche Krönung und Salbung Lothars fand am 12. November 954 in Reims durch Erzbischof Artold statt, der schon 936 Lothars Vater in Laon gekrönt hatte. Hugo Magnus war in Reims anwesend, Brun von Köln dagegen nicht. Nach der Krönung begleitete Hugo den jungen König nach Laon. Im Juni brachen die vereinten Heere Hugos und Lothars zu dem von Hugo schon lange geplanten Feldzug gegen Herzog Wilhelm Werghaupt ("Tete-d-'Etoupes") von Aquitanien auf. Die Geschichte schien sich zu wiederholen. So wie Ludwig einst mit Hugo gegen den Herzog von Burgund gezogen war, so zog nun Lothar mit Hugo gegen den Herzog von Aquitanien. Dieser hatte sich in die schwer zugängliche Auvergne zurückgezogen. Hugo und Lothar belagerten Poitiers vergeblich und mußten den Rückzug antreten, auf dem ihnen Wilhelm entgegentrat. Hugo beendete die Schlacht zwar siegreich, war aber nicht imstande den geschlagenen Gegner zu verfolgen. Der Aquitanienfeldzug erwies sich als ein völliger Fehlschlag. Dennoch durfte Hugo Magnus mit dem Gang der Dinge zufrieden sein, denn Herzog Giselbert von Burgund starb unerwartet am 8. April 956 und hinterließ Hugo das Herzogtum.
    Doch es blieb Hugo keine Zeit mehr, sich des gewaltigen Machtzuwachses zu erfreuen, der sich zweifellos auch auf dessen aquitanische Pläne ausgewirkt hätte. Der Herzog erkrankte schwer und starb am 16. oder 17. Juni 956; in St-Denis wurde er neben seinem Großvater Odo bestattet.
    Der plötzliche Tod Hugos Magnus war natürlich ein unerwarteter Glücksfall für Lothar und Gerberga. Sie sahen sich von einer drückenden Übermacht befreit, zumal Hugos Söhne Hugo, Otto und Odo-Heinrich noch minderjährig waren. Die politisch bisher nie hervorgetretene Witwe Hadwig rückte, ähnlich wie Gerberga für Lothar, in die Reihe der Regentin für ihren ältesten Sohn Hugo ein, der als Hugo "Capet" in die Geschichte eingehen sollte.
    Der wahre Regent des Reiches war freilich beider Brüder Brun, Erzbischof von Köln und Herzog von Lothringen, der als der "ehrliche Makler" zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN fast ein Jahrzehnt hindurch, auch nach Lothars Volljährigkeit (seit 956), eine dominierende Rolle in W-Franken spielte. Dies erklärt auch, warum die früher üblichen Königstreffen fast völlig zum Erliegen kamen. In Lothars Regierungszeit begegneten sich der west- und ostfränkische König zwischen 954 und 986 nur zweimal (965 und 980) - gegenüber nicht weniger als 7 oder 8 Treffen zwischen 942 und 950. OTTO I. wußte allerdings die Angelegenheiten W-Frankens bei Brun in guten Händen, während er selbst nach dem Erwerb der Kaiserwürde (962) fast ausschließlich mit den Geschicken Italiens befaßt war und den Boden O-Frankens nur noch selten betrat.
    Erste Auseinandersetzungen des jungen KAROLINGERS innerhalb seines Reiches mit führenden Adligen, darunter Hugo Capet, waren somit in weitere Bezüge eingebunden. Das Osterfest 959 verbrachten Lothar und Gerberga bei Brun in Köln; bei dieser Gelegenheit forderte und erhielt Brun von Lothar eine förmliche Verzichtserklärung auf Lothringen. Diese auf den ersten Blick befremdlich anmutende Maßnahme Bruns erklärt sich wohl aus der Tatsache, dass die beiden Söhne des lothringischen Grafen Reginar Langhals, Reginar und Lambert, an den westfränkischen Hof geflüchtet waren. Das erregte nur Bruns allzu berechtigtes Mißtrauen.
    Das gute Einvernehmen zwischen Brun und Lothar zeitigte noch im selben Jahr seine Früchte: Robert von Troyes hatte Bischof Ansegis aus Troyes vertrieben und sich überdies Dijons bemächtigt. Lothar und Gerberga riefen Brun zu Hilfe, der Troyes belagerte. Der König betrieb die Einnahme Dijons, doch beider Bemühungen waren zunächst vergeblich.
    Erst im Herbst 960 erneuerten sie ihre gemeinsamen Anstrengungen, dieses Mal mit besserem Erfolg. Brun konnte Ansegis wieder in sein Bistum einsetzen, und Lothar gewann Dijon zurück. Vor allem aber gelang Brun nun endlich die Aussöhnung Lothars mit den ROBERTINERN: Hugo und Otto suchten den König auf, gelobten Treue und wurden von diesem als Herzöge der Franken und der Burgunder eingesetzt.
    Am 30. September 961 war Erzbischof Artold von Reims gestorben. Er hatte sich in jahrelangem erbitterten Kampf gegen Hugo von Vermandois behauptet, der schließlich 948 in Ingelheim abgesetzt und exkommuniziert worden war. Die Brüder Hugos, Adalbert von Vermandois, ein Schwager Lothars, Heribert der Ältere von Vermandois und Robert von Troyes, forderten nun vom König die Rehabilitierung Hugos und dessen Einsetzung als Erzbischof von Reims. Ein mit Ressentiments gegen das karolingische Herrscherhaus aufgeladener Erzbischof von Reims hätte aber angesichts der schmalen Machtbasis des Königtums eine tödliche Gefahr für Lothar bedeutet. Gerberga eilte daher sogleich zu Brun, um ihn über die erneuten Ansprüche des Hauses VERMANDOIS zu informieren.
    Doch der weitere Ablauf des Streits spielte sich in wesentlich ruhigeren Formen ab als in den 40-er Jahren. Eine im Gau Meaux auf Befehl Lothars zusammengetretene Synode von 13 Bischöfen der Kirchenprovinzen von Reims und Sens kam zu keiner einhelligen Auffassung und appellierte daher an den Papst. Die Antwort Johannes' XII. ließ nicht lange auf sich warten. Eine römische Synode unter Vorsitz des Papstes und eine weitere Synode in Pavia im Frühjahr 962 erneuerten die Exkommunikation Hugos von Vermandois, die ein römischer Legat im Sommer des Jahres in der Reimser Kirchenprovinz bekannt machte. Auf Empfehlung Bruns wurde der gelehrte Kanoniker der Kathedrale von Metz, der Lothringer Odelrich zum Erzbischof gewählt und Ende September oder Anfang Oktober 962 geweiht. Hugo zog sich zu seinem Bruder Robert nach Meaux zurück, wo er bald darauf starb.
    Rückschläge Lothars in Auseinandersetzungen mit den Normannen wurden damals durch Erfolge in Flandern wettgemacht. Graf Arnulf I. von Flandern, schon zuverlässiger Verbündeter von Lothars Vater Ludwig IV., hatte 958 die Verwaltung der Grafschaft seinem Sohn Balduin übertragen, der jedoch am 1. Januar 962 verstarb. Arnulf sah sich gezwungen, Flandern wieder selbst zu regieren, und übergab Lothar alle seine Lande unter Vorbehalt des Nießbrauchs auf Lebenszeit.
    Als Arnulf am 27. März 965 starb, erklärte sich Lothar zu seinem Erben und besetzte Arras, Douai und St-Amand. Der flandrische Adel wählte jedoch den noch minderjährigen Arnulf II., einen Enkel Arnulfs I., zum Grafen. Durch Vermittlung Bischof Roricos von Laon wurde rasch ein Vergleich gefunden: Lothar erkannte Arnulf II. an, und die flandrischen Großen unterwarfen sich dem König, der seine Eroberungen behielt.
    Im Mai brach Lothar zusammen mit seiner Mutter Gerberga, seinem Bruder Karl und Erzbischof Odelrich von Reims von Laon auf, um das Pfingstfest bei Brun in Köln zu begehen. In Köln trafen sie Kaiser OTTO I. und Kaiserin Adelheid mit ihrem Sohn OTTO II., die Kaisermutter Mathilde, Herzog Heinrich II. von Baiern, den Neffen OTTOS I., die Herzöge Hermann Billung von Sachsen und Friedrich von Ober-Lothringen, wohl auch dessen Gemahlin Beatrix, die Schwester Hugo Capets, vielleicht sogar König Konrad von Burgund, dazu die Erzbischöfe von Köln und Trier, neun Bischöfe und viele andere mehr. Es war die größte Fürstenversammlung des 10. Jahrhunderts; sie zeigte OTTO als den "Familienpatriarchen im gesamtfränkischen Rahmen" auf dem Höhepunkt seiner Macht.
    Wir wissen nicht, welche politischen Entscheidungen man auf dem Kölner Hoftag traf. Sehr wahrscheinlich wurden hier jedoch zwei politische Eheverbindungen in die Wege geleitet, zwischen König Lothar und Emma sowie zwischen König Konrad von Burgund und Mathilde. Im folgenden Jahr nämlich erscheint Lothar als Gemahl Emmas, der Tochter Kaiserin Adelheids aus ihrer Ehe mit König Lothar von Italien. König Konrad von Burgund schließlich empfing im August 966 bereits einen Sohn von seiner zweiten Gemahlin Mathilde, der Schwester König Lothars.
    Kaum war Lothar nach Laon zurückgekehrt, standen auch schon neue Zwistigkeiten mit den ROBETINERN an. Herzog Otto von Burgund war am 23. Februar 965 verstorben. Die burgundischen Großen wählten, ohne sich der Zustimmung Lothars zu versichern, Ottos Bruder Odo-Heinrich zum Herzog, obwohl dieser Kleriker war. Lothar fühlte sich nicht zu Unrecht in seinen burgundischen Interessen bedroht. Der Konflikt brach im Spätsommer 965 in aller Schärfe aus. Wie üblich mußte Brun intervenieren, um seine Neffen zu versöhnen. Während der Verhandlungen in Compiegne erkrankte Brun schwer, wurde nach Reims gebracht und verstarb dort - wahrscheinlich in Gegenwart seiner Neffen und auf jeden Fall Erzbischof Odelrichs - am 11. Oktober 965. Sein Leichnam wurde in Köln beigesetzt.
    Der Tod Bruns bedeutet ohne Zweifel einen Einschnitt in der Herrschaft Lothars. Weit über die Zeit der formalen Minderjährigkeit Lothars und später Hugos hinaus hatte Brun als ein "Regent" gemeinsam mit seiner Schwester Gerberga faktisch die Geschicke W-Frankens mitbestimmt und war dabei stets um einen ehrlichen Ausgleich im Interesse beider Neffen bemüht gewesen. Diese Zeit war nun vorbei.
    Es ist schon immer gesehen worden, dass der Tod Bruns naturgemäß eine gewisse Entfremdung vom ostfränkischen Hof mit sich brachte, auch wenn Lothar nicht daran denken konnte, zu Lebzeiten OTTOS I. eine diesem nicht genehme Politik zu betreiben. Die Distanz zum Kaiserhof vergrößerte sich noch durch den Tod Gerbergas am 5. Mai 968 (oder 969), die in St-Remi/Reims an der Seite ihres zweiten Gemahls Ludwigs IV. beigesetzt wurde. Wenige Monate zuvor hatte sie der Abtei reichen Besitz im Raum Meersen, also in Lothringen, überlassen mit der Maßgabe, für ihr Seelenheil und das ihres ersten Gemahls, Herzog Giselberts von Lothringen, zu beten. Diese enge Bindung Gerbergas an Lothringen könnte für die spätere Lothringenpolitik Lothars durchaus ein Stimulans gewesen sein.
    Das Jahr 965 bedeutet aber nicht nur einen Einschnitt in der politischen Geschichte W-Frankens, sondern einen mindestens ebenso wichtigen in der historischen Überlieferung. Der solide, manchmal fast zu wortkarge Flodoard, der seit 919 ein zwar nicht unparteiischer, zumindest aber stets zurückhaltender, um sachlichen Stil bemühter Berichterstatter der politischen Ereignisse vorwiegend im Westen war, legte im Jahre 966 die Feder für immer aus der Hand. Fortan sind wir über die Ereignisse in O-Franken zuverlässiger unterrichtet als über die im Westen.
    Der "Nachfolger" Flodoards, der Mönch Richer aus dem Kloster St-Remi bei Reims, der erst im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts schrieb, ist so ziemlich in allem das genaue Gegenteil Flodoards: Eitel und geschwätzig, siegt bei ihm stets der Literat über den Historiker, der er im Grunde wohl gar nicht sein will. Der Begriff "historische Wahrheit" existiert für ihn so wenig wie "historische Fakten". Diese hatten sich vielmehr seinem frei erfundenen Geschichtsbild, genauer: seiner Gallia-Ideologie, unterzuordnen. Eine solche Quelle kann natürlich nur mit äußerster Vorsicht benutzt werden und bedürfte theoretisch stets der Bestätigung durch glaubwürdige Zeugnisse. Doch das Unglück will, dass Richer in diesen Jahrzehnten nur allzu oft unsere einzige Quelle ist. Darum wird selbst in der sogenannten kritischen Geschichtsforschung Richers Darstellung meist einfach nacherzählt. In der Tat liegt es häufig im Ermessen des Historikers, ob er Richer in einem bestimmten Punkt für glaubwürdig halten will oder nicht; verweigert er ihm die Glaubwürdigkeit, so treten an seine Stelle der von Richer überlieferten "Fakten" Hypothesen, was gewiß keine befriedigende Lösung ist, aber noch immer besser als die Phantasien Richers.
    Für die Jahre 966 bis 973 stellt sich diese Alternative allerdings kaum einmal, weil selbst Richer aus diesen Jahren so gut wie keine Nachrichten zu bieten hat. Hinzu kommt, dass von 970 bis 973 keine einzige Urkunde Lothars überliefert ist. Im Jahre 967 ist Lothar, stets begleitet von seiner Gemahlin Emma, die einen großen Einfluß auf ihn ausübte, sowohl in Flandern (Arras) als auch in Burgund (Dijon) nachweisbar.
    Der Tod des kriegerischen, als Kirchenfürst aber wenig beispielhaften Erzbischof Archembald von Sens Ende August 967 erlaubte Lothar, dem wichtigen Metropolitensitz einen würdigeren Nachfolger in Gestalt des Anastasius zu geben. Nicht viel später, am 6. November 968, starb auch Erzbischof Odelrich von Reims. Zum Nachfolger bestimmte Lothar abermals einen Kanoniker des Metzer Domkapitels, dieses Mal ohne Beeinflussung durch Brun oder Gerberga. Adalbero, ein Neffe Bischof Adalberos I. von Metz (929-964) und Graf Gottfrieds von Verdun, hatte seine Ausbildung im Reformkloster Gorze erhalten. Er sollte der mit Abstand bedeutendste westfränkische Kirchenfürst des 10. Jahrhunderts werden.
    Von Lothar hören wir in diesen Jahren praktisch nichts; wir wissen lediglich von einer Gesandtschaft des Archidiakons der Reimser Kirche Gerannus nach Rom im Jahre 972. Auf der Rückreise begleitete ihn mit Erlaubnis Kaiser OTTOS der Aquitanier Gerbert, dem eine brillante Karriere beschieden sein sollte.
    Der Tod OTTOS I. am 7. Mai 973 veränderte schlagartig die politische Großwetterlage. Die Nachfolge OTTOS II., der bereits Mitkaiser war, vollzog sich zwar reibungslos, doch alle jene Gewalten, die zu OTTO I. in Opposition gestanden hatten, witterten Morgenluft. Auch das Verhältnis Lothars zum ostfränkischen Hof war plötzlich ein anderes: Aus dem "jungen Neffen", der den Ratschlägen seiner Onkel OTTO und Brun lauschte, war quasi über Nacht ein "elder stateman" geworden, der mit knapp 32 Jahren seinen gerade 18-jährigen Vetter OTTO II. an Alter und Erfahrung bei weitem übertraf. Der Vorrang des "Patriarchen des Abendlandes" hatte für Lothar außer Frage gestanden; der kaiserliche Ehrenvorrang des jungen OTTO war für ihn schwer erträglich. Die erste Herausforderung des neuen ostfränkischen Herrschers kam denn auch aus dem Westen: Reginar IV. und Lambert, die beiden Söhne des von OTTO I. 958 nach Böhmen verbannten Reginar III. Langhals von Hennegau, verließen bei der Nachricht vom Tode OTTOS sogleich den westfränkischen Hof, sammelten ein Heer und fielen in ihre alten Stammlande ein. Die Grafen Warner und Rainald, denen Brun 965 die Verwaltung des Hennegau übertragen hatte, traten ihnen bei Peronne entgegen; beide fielen in der Schlacht.
    Die Reaktion OTTOS II. ließ lange auf sich warten. Gleich zu Jahresbeginn 974 belagerte er die Brüder in ihrer Burg Boussoit (bei Mons), die zerstört wurde. Reginar und Lambert wurden von OTTO II. nach Sachsen exiliert, doch konnten beide entkommen und erneut an den westfränkischen Hof fliehen. Den Hennegau vertraute OTTO den beiden Grafen Gottfried von Verdun, dem Bruder Adalberos von Reims, und Arnulf von Valenciennes an.
    Die Lage in Lothringen schien damit zunächst wieder stabilisiert, doch Reginar und Lambert waren nicht willens, den Kampf aufzugeben. War Lothar 973 zumindest nach außen nicht in Erscheinung getreten und formal streng neutral geblieben, so gilt dies nicht für den Feldzug von 976. An ihm nahmen sein Bruder Karl teil in der erkennbaren Absicht, sich ein Territorium in Lothringen zu erobern, sowie Otto von Vermandois, Sohn Adalberts von Vermandois und Lothars Schwester Gerberga. Karl war inzwischen 23 Jahre alt und nannte noch immer keinen Fußbreit Boden sein eigen, da sich Lothar nicht imstande sah, seinen Bruder aus der Krondomäne standesgemäß auszustatten. Der Feldzug gegen Gottfried und Arnulf begann im Frühjahr 976. Mons, wo sich die beiden Grafen verschanzt hatten, wurde belagert. Es kam zu einer auf beiden Seiten mit Erbitterung geführten Schlacht, in deren Verlauf Graf Gottfried eine schwere Fußverletzung erlitt, während Arnulf sich nach Valenciennes retten konnte. Gottfried wurde nach Mons zurückgebracht, das der Belagerung widerstand, doch wäre es falsch, darum von einem Sieg der ostfränkischen Seite zu sprechen.
    Nach dem hennegauischen Unternehmen, das kein voller Erfolg für die westfränkische Seite war, verschlechterte sich das Verhältnis Lothars zu seinem Bruder Karl drastisch. Grund dafür kann nur gewesen sein, dass Karl nach dem in seinen Augen gescheiterten Unternehmen gegen Mons um so energischer eine territoriale Ausstattung einforderte, die Lothar weder gewähren konnte noch wollte. Es ist sehr wohl denkbar, dass Königin Emma ihren Gemahl in dieser Richtung bestärkt, ja ihn vielleicht sogar dazu bestimmt hat. Richer macht daraus eine schmutzige Bettgeschichte: Karl habe Emma des Ehebruchs mit dem gerade erst geweihten Bischof Ascelin (Diminutiv von Adalbero?) beschuldigt und sei daraufhin von Lothar des Landes verwiesen worden: In der Tat war Bischof Rorico von Laon am 20. Dezember 976 gestorben, und Lothar hatte noch im Januar 977 seinen Kanzler Adalbero-Ascelin, abermals einen Lothringer und offenbar nicht verwandt mit dem Reimser Metropoliten, zum Nachfolger bestimmt; er wurde zu Ostern 977 in Laon inthronisiert. Lothar konnte nicht ahnen, dass er damit jenen Mann in den Sattel hob, der 14 Jahre später dem karolingischen Geschlecht den Todesstoß versetzen würde. Dass Gerüchte um Emma und Ascelin in Umlauf waren, die wahrscheinlich Karl in die Welt gesetzt hatte, beweist das Konzil vom Saint-Macre, das wohl in die frühen 80-er Jahre datiert werden muß. Es entlastete Ascelin - und damit auch Emma - von allen gegen sie erhobenen Vorwürfen und erhärtet so die Vermutung von Machenschaften Karls gegen die ihm verhaßte Königin.
    Während man im Westen einen Rachefeldzug OTTOS II. gegen die Reginar-Söhne erwartete, reagierte dieser mit einem diplomatischen Schachzug, den die einen als "coup de maitre", andere als schweren politischen Fehler ansahen. Der Kaiser belehnte Reginar IV. und Lambert mit der Grafschaft Hennegau mit Ausnahme von Mons, das Gottfried behalten durfte, der überdies auch noch mit Bouillon entschädigt wurde; vor allem aber erhob er Lothars Bruder Karl zum Herzog von Nieder-Lothringen, der auf diese Weise erstmals über ein größeres Territorium als Lehen gebot. Der westfränkische Hof mußte in dieser Maßnahme eine Brüskierung erblicken. Aber genau das war wohl beabsichtigt als "Dank" OTTOS für die mehr oder minder offene Unterstützung, die Lothar 976 dem Feldzug der Reginar-Söhne und Karl gewährt hatte.
    Er machte Lothar damit auch deutlich, dass der Kaiser mit einem Herzogtum belohnen konnte, während der König seinem Bruder nicht einmal eine Grafschaft zu bieten hatte. Dass all dies die Gefühle Lothars für seinen ostfränkischen Vetter nicht gerade erwärmte, versteht sich. OTTO II. mußte sich übrigens über die Treue Karls sowie Reginars IV. und Lamberts während seiner Regierungszeit nicht beklagen.
    Dass Lothar ernsthafte Ambitionen auf Lothringen hegte, mußte dem ostfränkischen Hof spätestens seit 976 klar gewesen sein. Brun hatte schon gewußt, warum er von Lothar 959 eine Verzichtserklärung eingefordert hatte! Lothar hoffte, sich in einem Handstreich der Person OTTOS bemächtigen zu können, der im Juni 978 mit seiner schwangeren Gemahlin Theophanu in Aachen weilte. Das Unternehmen scheiterte nur knapp. Es gelang dem kaiserlichen Paar, im letzten Augenblick nach Köln zu entkommen.
    Der Zorn OTTOS war ungeheuer: Es handelte sich schlicht um einen Überfall, nicht um einen wirklichen Feldzug, zu dem auch gar kein Anlaß bestand. Richer, nach dem die Ereignisse meist erzählt werden, hat hier wieder einmal für Verwirrung gesorgt. Entgegen der Regel, einen Feldzug nicht im Herbst zu beginnen, sagte OTTO den Beginn seines Rachefeldzuges auf den 1. Oktober an. Zu diesem Zweck hatte er ein für die Zeit ungewöhnlich großes Heer aufgeboten. An Widerstand war gar nicht zu denken. Das kaiserliche Heer zerstörte Compiegne und Attigny. Laon fiel durch List in seine Hand, der Raum Reims-Laon wurde niedergebrannt und verwüstet mit Ausnahme allerdings der Kirchen, die zu schonen OTTO II. befohlen hatte. Er zog bis vor Paris, das er jedoch nicht einnehmen konnte, da Hugo Capet den Seine-Übergang besetzt hielt. Auf dem Rückzug Anfang Dezember, mitten in einer Schlechtwetterperiode, hatte die Armee bei der Überquerung der Aisne Schwierigkeiten. Das Unternehmen gelang, doch der Troß fiel in die Hände des nachrückenden Heeres Lothars. OTTO setzte seinen Rückzug unbeirrt fort und war Mitte Dezember wieder in Lothringen.
    Dies ist in dürren Worten der Verlauf der militärischen Ereignisse dieses Jahres, wenn man sie allen phantastischen Beiwerks entkleidet, das Richer in reichem Maße bereithält. Natürlich erfordern diese Vorgänge eine politische Erklärung, die nicht einfach zu geben ist. Die Interventionspolitik Lothars besaß keinen konkreten Anlaß, sieht man von den Belehnungen OTTOS im Vorjahr ab. Der Vorstoß wurde nur mit der Rückendeckung und ausdrücklichen Zustimmung der ROBERTINER möglich. Und in der Tat war das Verhältnis Lothars zu Hugo Capet und Heinrich von Burgund spätestens seit 974 ausgesprochen freundlich. Die ROBERTINER hatten keinerlei Interessen in Lothringen, ein mit Annektionsplänen in Lothringen beschäftigter Lothar konnte ihre Kreise in Burgund und in der Francia nicht stören und war damit politisch neutralisiert. Überdies hatte diese Politik Lothars in den Augen der ROBERTINER den Vorzug, angesichts der realen Machtverhältnisse so gut wie keine Aussichten auf einen dauerhaften Erfolg zu bieten. Es gab in Lothringen keine "westfränkische Partei" mehr, wie dies noch zu Anfang des Jahrhunderts der Fall war, es gab nur die Absicht Lothars, Lothringen oder zumindest einen Teil seinem Reich einzuverleiben. All dies schloß nicht aus, dass der kleine Erfolg Lothars über die Nachhut OTTOS an der Aisne in W-Franken ganz unangemessen zu einem großen Sieg hochstilisiert wurde. Mit der politischen Realität hatte das wenig zu tun, es zeigt aber, wie sehr man sich im Westen nach einem Erfolgserlebnis gegenüber dem übermächtigen Osten sehnte.
    Der Feldzug von 978 hatte auch noch eine persönliche Seite in dem Verhältnis Lothars zu seinem Bruder Karl, dem Herzog von Niederlothringens, der an OTTOS Feldzug teilnahm und sich Laons bemächtigte. In der Forschung wurde mehrfach die Frage erörtert, ob OTTO Karl nicht zum Gegenkönig ausersehen und Bischof Dietrich von Metz diesen auch tatsächlich in Laon gekrönt - aber nicht gesalbt - habe. Die Quellenbasis für diese Aussage - eine halbe Zeile in dem von Gerbert redigierten, haßerfüllten Schreiben Bischof Dietrichs von Metz an Karl aus dem Jahre 984 -, ist denkbar schmal. Zunächst einmal wäre zu fragen, warum ein ostfränkischer Bischof gekrönt haben sollte, was doch Sache des Reimser Metropoliten gewesen wäre, der einen solchen Eingriff in seine Rechte gewiß nicht stillschweigend hingenommen hätte. Adalbero rührte zwar keinen Finger, um Lothar zu helfen, aber eine so entschiedene Kampfansage an Lothar hätte ihm OTTO gewiß nicht zumuten wollen und wäre für Adalbero auch nicht akzeptabel gewesen. Pläne für ein Gegenkönigtum Karls mögen bestanden haben, und es kann sogar sein, dass Karl sich in Laon im Schmucke einer Krone gezeigt hat, doch ein förmliches Gegenkönigtum ist 978 nicht ins Leben gerufen worden.
    Das Jahr 978 markiert auch insofern einen Einschnitt, als fortan keine militärischen Eingriffe des ostfränkischen Herrschers in W-Franken mehr zu verzeichnen sind. Es mag durch die besondere politische Konstellation des Jahres 978 vorgegeben gewesen sein, verdient aber doch Beachtung, dass OTTOS II. einziger "westfränkischer" Verbündeter, Herzog Karl, sein eigener Lehnsmann und geschworener Feind König Lothars war, während die robertinische Karte dieses Mal aus den angegebenen Gründen nicht stach. Dies galt auf der anderen Seite allerdings auch für Lothar, der in Lothringen nicht mehr auf eine "westfränkische Partei" zählen durfte. So unzweifelhaft daher das Jahr 978 einen Markstein im Auseinandertreten O- und W-Frankens bedeutet, so gewiß darf dieses Jahr doch nicht als der Beginn einer "deutschen" und "französischen" Geschichte mißverstanden werden.
    Eine direkte Folge des Jahres 978 war zunächst, dass Lothar für seine Nachfolge Sorge trug, indem er seinen fast schon volljährigen Sohn Ludwig mit Zustimmung Hugos Capet und anderer Großer zum König wählen ließ, was in dieser Form in W-Franken erstmals geschah. Erzbischof Adalbero krönte und salbte den jungen König am Pfingstfest 979 in Compiegne.
    Kaum war klar geworden, dass das Ende der aggressiven Lothringenpolitik Lothars eingeläutet war, da brach auch schon wieder das alte Mißtrauen zwischen beiden Häusern aus. Wohl durch Vermittlung Erzbischof Adalberos begann Lothar geheime Verhandlungen mit OTTO, der im Begriffe stand, nach Italien zu ziehen und daher an einem Ausgleich interessiert war. Lothar, Ludwig V. und OTTO II. trafen sich an der Grenze im Juni 980 in Margut-sur-Chiers. Lothar verzichtete erneut förmlich auf Lothringen, und man schloß ein Freundschaftsbündnis (amicitia). Bis zu OTTOS II. vorzeitigem Tod 983 war Lothringen kein Zankapfel mehr zwischen Ost und West, doch das Treffen von Margut, über das Hugo Capet nicht unterrichtet worden war, trug sogleich zu einer Verschlechterung der Beziehungen zwischen KAROLINGERN und ROBERTINERN bei. Hugo nahm sofort Kontakt zu OTTO auf, der sich bereits in Italien befand, und begab sich selbst zum Osterfest 981 nach Rom, wo OTTO ein Familientreffen in der Art des Pfingsttags 965 in Köln abhielt. Anwesend waren neben den beiden Kaiserinnen Theophanu und Adelheid OTTOS Schwester Mathilde, Äbtissin von Quedlinburg, König Konrad und Königin Mathilde von Burgund, Herzog Otto von Schwaben und Baiern, der Sohn Liudolfs (gestorben 982), sowie viele Kirchenfürsten O-Frankens und Italiens, vielleicht auch Adalbero von Reims und Gerbert; im Vergleich zu 965 nahm Hugo Capet den Platz Lothars ein und kehrte als Verbündeter OTTOS nach W-Franken zurück.
    Dort war inzwischen Emma um eine Heirat ihres Sohnes Ludwig bemüht gewesen. Nach Richer hätte Gottfried "Graumantel" von Anjou die Eheverbindung Ludwigs mit der Witwe des Grafen Raimund von Gothien, Adelheid, einer Schwester Gottfrieds, vorgeschlagen. Das klingt zunächst recht plausibel, doch wird meist vergessen zu betonen, dass Adelheid etwa das Alter von Ludwigs Mutter Emma hatte - eher älter als jünger! - und Ludwig selbst im Jahre 980 bestenfalls 14 Jahre alt war. Die Heirat - wenn sie denn je stattgefunden hat - war nicht glücklich, was niemand überraschen konnte. Nach Richer hätte Lothar 982 einen eigenen Aquitanienzug unternehmen müssen, um seinen Sohn zurückzuholen. Der Aquitanienfeldzug ist urkundlich belegt, den Grund der Reise nennt nur Richer. Auf jeden Fall blieb das aquitanische Abenteuer, dessen Historizität fragwürdig erscheint, nur Episode.
    Nach dem urkundlich gesicherten Aquitanienfeldzug Lothars vom Jahre 982 - Ludwig V. wird nicht ein einziges Mal erwähnt - wurde dessen Interesse wieder ganz von der "lothringischen Frage" beansprucht, nachdem OTTO II. am 7. Dezember 983 in Rom verstorben war. Die Nachricht vom Tode des Kaisers war in O-Franken noch nicht bekannt, als die Erzbischöfe von Köln und Ravenna den 3-jährigen OTTO III. am Weihnachtstag 983 in Aachen zum König krönten.
    Damit wurde der ostfränkische Thronstreit ausgelöst, der erst im Sommer 985 nach erbittertem Ringen sein Ende fand und hier nicht in voller Breite darzustellen ist. Wie wenig noch immer von "deutscher" oder "französischer" Politik gesprochen werden kann, beweist die Tatsache, dass der ranghöchste "französische" Prälat, Erzbischof Adalbero von Reims, die "deutsche", der Trierer Erzbischof Egbert, ein "Deutscher" also, die "französische" Seite unterstützte, ohne dass ihnen dafür von irgendeiner Seite Landesverrat vorgeworfen worden wäre oder ihnen "nationale" Empörung entgegengeschlagen hätte. Der plötzliche Tod OTTOS II. hatte die rechtlichen Bande, die er mit Karl von Nieder-Lothringen und den Reginar-Söhnen geknüpft hatte und die sorgsam beachtet worden waren, zerrissen. Es war daher kein Treubruch, dass die Genannten in der neuen Situation die Partei Lothars ergriffen, der wie sein ostfränkischer "Partner" Heinrich der Zänker - beide waren Neffen OTTOS I. und somit Vettern zweiten Grades OTTOS III. - die Vormundschaft beanspruchte. Lothar war natürlich an der Gewinnung Lothringens interessiert, Heinrich der Zänker dagegen an der Königswürde in O-Franken. Eine Allianz der beiden Fürsten bot sich an. Gegen eine Unterstützung seiner Aspirationen auf die Königsherrschaft in O-Franken wollte Heinrich Lothringen dem W-Frankenkönig überlassen (Herbst 984); der Vertrag sollte am 1. Februar 985 in Breisach, dem "Verräternest" früherer Tage, unterzeichnet werden, doch Heinrich blieb dem geplanten Treffen fern.
    Der einzige effektive Weg zur Gewinnung Lothringens war der militärische. Zu einer systematischen Eroberung Gesamt-Lothringens fehlten Lothar freilich die Mittel. Auch wäre das militärische Risiko sehr hoch gewesen, denn Beatrix vonOber-Lothringen, die Schwester Hugo Capets und seit Sommer 983 Witwe Herzog Friedrichs von Bar, stand treu auf der Seite Kaiserin Theophanus, der Regentin für ihren minderjährigen Sohn OTTO III. So blieb es bei der Politik der Nadelstiche. Die einzige wirklich umkämpfte Stadt war Verdun, die Lothar nach dem gescheiterten Treffen von Breisach im Februar 985 in einem Überraschungscoup erstmals einnahm, aber bald wieder an eine Koalition der lothringischen Großen verlor. Lothar sammelte eine große Armee - nach Richer 10.000 Mann -, der nicht nur die Wiedereinnahme Verduns gelang, sondern vor allem die Gefangennahme Graf Gottfrieds von Verdun, des Bruders Erzbischof Adalberos. Diese Gefangenschaft sollte die Regierungszeit Lothars und Ludwigs V. überdauern. Die militärischen Ereignisse im Kampf Lothars um Lothringen zeigen, dass Lothar an die Besetzung Gesamt-Lothringens wohl niemals dachte. In Nieder-Lothringen war sein Bruder Karl Herzog, was ihn von militärischen Abenteuern abhalten mußte, in Ober-Lothringen stand ihm Herzogin Beatrix entgegen.
    Trotz des Friedensschlusses zwischen Theophanu und Heinrich dem Zänker im Sommer 985 in Frankfurt, der wahrscheinlich durch ein Abkommen der Kaiserinnen Theophanu und Adelheid sowie der Herzogin Beatrix im Juli 985 in Metz ratifiziert wurde, scheint Lothar seine aussichtslosen Bemühungen um Lothringen nicht aufgegeben zu haben. Geplante Angriffe kamen freilich nicht mehr zustande. Am 2. März 986 starb Lothar in Laon, nur 44 Jahre alt, und wurde neben seinem Vater im Kloster St-Remi bei Reims beigesetzt.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Zunächst war es noch das 946 entstandene karolingisch-ottonische Bündnis, das nach dem jähen Ende Ludwigs IV. Hugo den Großen bewog zuzulassen, "daß erstmals seit dem Tode Ludwigs II. 879 eine direkte Sohnesfolge in der karolingischen westfränkischen Königsfamilie zustandekam" (B. Schneidmüller). Wenn der 13-jährige Lothar, der ältere der beiden Erben Ludwigs, unter Verzicht auf eventuelle Pläne für eine Beteiligung seines kleinen Bruders Karl am 12.11.954 in Reims von Erzbischof Artold im Besein nicht nur Bruns von Köln, sondern auch Hugos von Franzien gekrönt werden konnte, so ist diese dem ROBERTINER durch bedeutende Zugeständnisse der Königin-Mutter Gerberga sehr erleichtert worden. Nach dem Tode Hugos des Großen führte seine Witwe Hadwig, Schwester der Königin Gerberga, die Sache der ROBERTINER. Die beiden ottonischen Schwestern stützten sich stark auf ihren Bruder Brun, den Erzbischof von Köln und faktischen Herzog (archidux) in Lothringen, der in den folgenden Jahren zu maßgeblichem Einfluß in W-Franken kam. Dazu gehörte, dass er Gerberga mit König Lothar wie auch Hadwig in Köln empfing, zwischen ihren Vasallen vermittelte, 962 den Metzer Kanoniker Odelrich zum Nachfolger des verstorbenen Erzbischofs Artold von Reims bestimmte und notfalls in Absprache mit Gerberga auch militärisch zugunsten Lothars eingriff. Gemeinsam gingen alle drei Geschwister mit ihren Aufgeboten 957 gegen die Bestrebungen Reginars III., des Grafen im Hennegau, vor, dem Haus seines Oheims Giselbert eine neue Machtstellung im Grenzgebiet zu verschaffen, und trieben ihn in die Verbannung, seine Söhne zur Flucht nach W-Franken. Die liudolfingische Hegemonie, die 962 in Rom OTTO DEN GROSSEN zur Erneuerung des seit Jahrzehnten vakanten Kaisertums emportrug, fand ihren sichtbaren Ausdruck in dem glanzvollen Kölner Pfingsthoftag von 965, wozu sich bei dem heimkehrenden Kaiser außer Erzbischof Brun die Königinnen Mathilde, Witwe HEINRICHS I., und Gerberga, Witwe Ludwigs IV., sowie die Könige OTTO II. und Lothar (samt dessen jungen Bruder Karl) einfanden, während Hugos Witwe Hadwig damals wohl bereits tot war. Die anscheinend in diesem "Familienrat" verabredete Heirat des 24-jährigen westfränkischen Königs mit Emma, einer Tochter der Kaiserin Adelheid aus deren 1. Ehe mit König Lothar von Italien, fand bald darauf statt und führte übers Jahr zur Geburt eines Sohnes Ludwig V. Der karolingische Mannesstamm, der sich in ihm noch einmal fortpflanzte, schien zu einer Nebenlinie des ottonischen Kaiserhauses zu werden.
    Der Eindruck täuschte indes, denn der Tod Bruns noch im Jahr 965 (auf einer westfränkischen Vermittlungsmission in Reims), Gerbergas 968/69 und schließlich auch Kaiser OTTOS I. 973 lockerte die enge Verflechtung König Lothars mit der ottonischen Politik wieder, nahm ihm aber auch den sicheren Rückhalt, den er jahrelang daraus gezogen hatte. Ein eigenständigeres Vorgehen in W-Franken mochte ihm durchaus nicht verwegen erscheinen, da die robertinische Position in Neustrien und Franzien inzwischen fühlbar gelitten hatte. Während der Minderjährigkeit Hugos Capet, der erst 960 seine Bestätigung in der väterlichen Stellung eines dux Francorum erlangte, verselbständigten sich manche Grafen, die es den marchiones älteren Typus gleichtun wollten und eine unmittelbare Beziehung zum König suchten. So konnte Lothar bereits 962 den mächtigen Grafen Tedbald von Blois, der einst seinen Vater Ludwig IV. im Auftrag Hugos des Großen inhaftiert hatte, auf seine Seite ziehen und aus dem Hause VERMANDOIS außer Graf Albert auch dessen Bruder Heribert III. gewinnen, der 967 die Grafschaften Meaux und Troyes erbte und vom König mit dem Titel eines comes Francorum (in Analogie zum dux Francorum) geschmückt wurde. Günstig entwickelten sich auch Lothars Beziehungen zu Graf Arnulf I. von Flandern (+ 964), der nach dem Tod seines Sohnes Balduin (962) den Schutz des Königs suchte, um dem kleinen Enkel Arnulf II. das Erbe zu sichern. Dazu kam etwa 964 die Verheiratung von Lothars Schwester Mathilde mit dem welfischen König Konrad von Burgund. Auch die Gegenkoalition, die Hugo Capet langsam aufbaute, nahm in familiären Banden Gestalt an und umfaßte vor allem den jüngeren Bruder Odo-Heinrich, der 965 Otto als Herzog im westfränkischen Burgund nachfolgte, den normannischen Schwager Richard sowie den aquitanischen marchio Wilhelm IV. Eisenarm, dessen Schwester Adelheid Hugo um 970 ehelichte, ferner als weiteren Schwager Herzog Friedrich im südlichen Lothringen und schließlich Graf Gottfried von Anjou.
    Dass aus der vorsichtigen Distanzierung König Lothars vom ottonischen Imperium ein erster offener Konflikt mit längerfristigen fatalen Konsequenzen wurde, lag an Machtverschiebungen, die mit dem Tod OTTOS DES GROSSEN einsetzten. Ob sich Lothar damals unter dem Druck seiner wichtigsten Gefolgsleute, Heribert von Meaux-Troyes und Tedbald von Blois (+ 973/75) sowie dessen Sohn Odo I., und vermutlich gegen den Rat des seit 969 amtierenden Erzbischofs Adalbero von Reims, eines Neffen des lothringische Herzogs Friedrich, sogleich grundsätzlich entschlossen hat, dem neuen Kaiser, seinem Vetter OTTO II., das alte Lothar-Reich abzuringen, steht dahin; jedenfalls aber ließ er zu, dass die Söhne des 958 verbannten lothringischen Grafen Reginar III., Reginar IV. und Lambert, seit 973 von W-Franken aus mit Gewalt in ihre Heimat an Maas und Schelde einfielen, zwei dortige Grafen töteten und von OTTO II. persönlich 974 aus dem Hennegau vertrieben werden mußten. Sie gaben sich keinesfalls geschlagen, sondern verschafften sich für einen neuerlichen Vorstoß im Jahre 976 die Hilfe der Grafen Albert und Heribert aus dem Hause VERMANDOIS sowie des inzwischen 23-jährigen, immer noch funktionslosen Königsbruders Karl. Auch diese Attacke wurde, ohne Eingreifen des Kaisers, vor Mons blutig abgeschlagen, brachte aber OTTO II. 977 doch zu einer Revision seiner bisherigen Politik in Lothringen, denn er versprach sich dort nun mehr davon, den Reginar-Söhnen ihren Familienbesitz im Hennegau und in Brabant zurückzugeben. Überdies nahm er ihren Verbündeten Karl als Vasallen an und stattete ihn mit der Herzogsgewalt im nördlichen Lothringen rund um Brüssel aus. Was wie eine versöhnliche Abgeltung der alten westfränkischen Ambitionen auf das regnum Lotharii unter Wahrung ottonischer Vorherrschaft oder auch wie eine letzte Machtteilung unter zwei karolingischen Brüdern aussehen könnte, war in Wahrheit eine schwere Brüskierung König Lothars, der kurz zuvor den Bruder wegen Ehebruchsvorwürfen, die er gegen die Königin Emma erhob, seines Reiches verwiesen hatte.
    So kam es im Sommer 978 zu dem auch von Hugo Capet unterstützten Überraschungsangriff Lothars auf Aachen als "Sitz der Königsherrschaft seiner Väter" (wie ein Annalist betonte), wo der gerade anwesende Kaiser OTTO mit der hochschwangeren Gattin Theophanu sein Heil nur noch in hastiger Flucht nach Köln suchen konnte. Zum Zeichen des Triumphes ließ der westfränkische KAROLINGER den seit KARL DEM GROSSEN auf dem Dach der Pfalz angebrachten ehernen Adler gemäß dem Geschichtsschreiber Richer von Reims nach Osten drehen, nachdem früher die Germani durch die Westwendung ihre Überlegenheit den Galli zur Schau gestellt hätten, doch es gelang Lothar nicht, seines Bruders Karl habhaft zu werden, und auch einen Vorstoß auf Metz, wo soeben Herzog Friedrich gestorben war, schlug fehl, weil sich keine Unterstützung im Lande fand. Kaum anders waren freilich die Erfahrungen, die der Kaiser bei seinem Vergeltungsschlag zu machen hatte, als er noch im selben Herbst mit großem Gefolge nach W-Franken zog. Zwar vermochte er die alten KAROLINGER-Pfalzen Attigny und Compiegne einzunehmen und zu verwüsten, während Karl sich in Laon bereits zum (Gegen-)König proklamieren ließ, aber vor Paris, im Machtbereich der ROBERTINER, lief sich das Unternehmen mangels Resonanz fest und mußte auch in Anbetracht der Jahreszeit abgebrochen werden, wobei die deutsche Nachhut noch eine schlimme Schlappe an der Aisne einsteckte. Das Ergebnis machte in Frankreich großen Eindruck und ist bald schon rückblickend als definitives Ende aller feindlichen Einfälle aus dem Osten gepriesen worden. Daran ist zumindest richtig, dass grenzüberschreitende Interventionen anders als zu Zeiten der fränkischen Teilreiche nun nicht mehr ohne weiteres auf den Zufall unzufriedener Großvasallen des angegriffenen Herrschers zählen konnten. Im Mai 980 schloß Lothar mit seinem Vetter OTTO II. vor dessen Aufbruch nach Italien einen neuen Frieden und willigte schon durch den Treffpunkt im Grenzort Margut-sur-Chiers in einen abermaligen Verzicht auf Lothringen ein, ebenso wie der Kaiser keinen Gedanken mehr auf ein westfränkisches Königtum seines Herzogs Karl verwandte.
    Die Konfrontationen des Jahres 978 hatten zwischen König Lothar und den OTTONEN Gräben aufgerissen, ohne indes das Kaiserhaus bereits den robertinischen Verwandten näher zu bringen. Vielmehr nutzte Lothar die nach dem Abwehrerfolg verbreitete westfränkische Einigkeit, um 979 die Königswahl seines 13-jährigen Sohnes Ludwig V. durchzusetzen, der mit Billigung Hugos Capet am 8.6. in Reims von Erzbischof Adalbero gekrönt werden und damit erstmals seit 100 Jahren dynastische Kontinuität schon zu Lebzeiten des Vaters sichern konnte. Eine Annäherung des ROBERTINERS an den Kaiser wird erst sichtbar, nachdem Lothar ohne ihn den Frieden von Margut geschlossen hatte, denn Hugo reiste zum Osterfest 981 nach Rom und führte dort mit seinem Vetter "viele Gespräche über ihre Freundschaft" (Richer). Demgegenüber gedachte König Lothar mit altbekannten Mitteln seine Machtbasis in W-Franken auszuweiten, indem er 982 für seinen königlichen Sohn Ludwig V. eine Ehe mit Adelheid, der Schwester Gottfrieds von Anjou und Witwe eines Grafen von Gavaudan, stiftete in der Hoffnung, so das karolingische Unterkönigtum in Aquitanien zu neuem Leben zu erwecken. Doch diesmal versagte, was sich so oft bewährt hatte: Die Ehe des jugendlichen Königs mit der wesentlich älteren Frau scheiterte genauso wie sein Bemühen, Anerkennung im Lande zu finden, so dass der Vater ihn zwei Jahre später nach Laon heimholen mußte.
    Lothar lag inzwischen wieder mehr an Lothringen, wo sich nach dem Tod Kaiser OTTOS II. in Rom (7.12.983) neue Aussichten zu bieten schienen. Im Streit um die Regentschaft für den erst 3-jährigen gekrönten Königssohn OTTO III. erwartete Lothar zunächst den größten Gewinn davon, mit dem nach mehrmaliger Rebellion abgesetzten Bayernherzog Heinrich dem Zänker zu paktieren, hielt es aber dann für günstiger, dem Rat des auf OTTOS Erbrecht bedachten Erzbischofs Adalbero von Reims und dessen gelehrten Beraters Gerbert von Aurillac zu folgen und selber als naher Verwandter einen Anteil an der Stellvertretung des unmündigen Königs zu verlangen. Als er indes sah, dass sich im Mai 984 ohne Rücksicht auf seine Wünsche eine Einigung Heinrichs des Zänkers mit den aus Italien zurückkehrenden Kaiserinnen Adelheid und Theophanu anbahnte, ging er zum offenen Angriff über und besetzte im Verein mit seinen Anhängern Heribert IV. von Troyes, dem Sohn des gleichnamigen Grafen (+ 980/84), und Odo I. von Blois die Stadt Verdun. Damit machte sich Lothar allerdings Gottfried, den dortigen Grafen und Bruder Adalberos von Reims, ebenso zum erbitterten Feind wie den jungen Herzog Dietrich im südlichen Lothringen, hinter dem seine Mutter Beatrix und deren Bruder Hugo Capet standen; obendrein mußte er nun am Hofe der beiden Kaiserinnen vollends als gefährlicher Gegner gelten. Ein Bündnis der OTTONEN mit dem ROBERTINER, von Reims her und namentlich durch Gerbert gefördert, nahm deutlichere Konturen an, als Lothar im Vertrauen auf erneute Absprachen mit Heinrich dem Zänker das zwischenzeitlich verlorene Verdun im März 985 nach längerer Belagerung zurückeroberte und die Verteidiger mit Herzog Dietrich und Graf Gottfried an der Spitze als Gefangene wegführte. Die beharrliche Weigerung Gottfrieds, seine Freilassung dadurch zu erreichen, dass er seine Besitzungen von Lothar zu Lehen nähme, macht hinreichend deutlich, wie schwer es mittlerweile fiel, gegen gewachsene Loyalitäten die Reichsgrenzen zu verändern, auch wenn es kaum noch um Lothringen im ganzen, sondern allenfalls um Bistum und Grafschaft Verdun, vielleicht samt weiterem Grenzgebiet, zu tun war. Schon trafen sich Adelheid und Theophanu mit der Herzogin Beatrix, Hugos Schwester, im Sommer 985 zu einem colloquium dominarum in Metz, während Lothar einen Hochverratsprozeß gegen Erzbischof Adalbero einleitete, bei dem ihn auch sein Bruder, Herzog Karl, unterstützte. Die Gerichtsverhandlung wurde jedoch von Hugo Capet verhindert, und das Verfahren blieb in der Schwebe, bis der König am 2.3.986 in Laon einer plötzlichen Krankheit erlag. Wie sein Vater wurde der 44-jährige in Saint-Remi in Reims begraben.



    18.3.966 oo Emma von Italien, Tochter des Königs Lothar 948-2.11.988


    Kinder:

    - Ludwig V. 966/67-21.5.987
    - Otto Domherr um 970-13.11. vor 986

    Illegitim

    - Arnulf Erzbischof von Reims 967-5.3.1021
    - Richard - nach 987

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 119,139,141-144 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 40,59,61,92 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 146 Anm. 66 und 69,147,153,158,161 - Beumann, Helmut: Die Ottonen. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln, Seite 84,98,116,127,130-132 - Brühl Carlrichard: Die Geburt zweier Völker. Deutsche und Franzosen Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln - Deutsche Geschichte Band 1 Von den Anfängen bis zur Ausbildung des Feudalismus Mitte des 11. Jahrhunderts. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1982, Seite 406 - Eberhard Winfried: Westmitteleuropa Ostmitteleuropa. Vergleiche und Beziehungen. Festschrift für Ferdinand Seibt zum 65. Geburtstag. R. Oldenbourg Verlag München 1992, Seite 84-86 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 23-25,27,33,46,48 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/ Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 47,53,55,61-70,72,75,78,84 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 50,52,55,103,110,117,174,242,285,294,297-310,312,315,319,417 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 59,62 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989, V,14. Seite 13,38-41,43,92,94,98,100,124,128,169,187-197,199,245,275,283,299 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 162,171,199,254-259,261,281-187, 295 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 300,308-311,322 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 209,211-218,220-222, 227 - Schneidmüller Bernd/Weinfurter Stefan: Otto III. Heinrich II. Eine Wende? Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 47 A. 90,293 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 135,141,148,150 - Schwager, Helmut: Graf Heribert II. von Soissons. Verlag Michael Lassleben Kallmünz/Opf. 1994, Seite 51, 210 Anm. 805,214,220 Anm. 848,233,324 Anm. 1181 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 499,512,517,519,522-525 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 53,71,155 - Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 193,238,284,286 -



    Begraben:
    Abtei Saint-Remi

    Lothar heiratete von Italien, Emma am 18 Mrz 966. Emma (Tochter von von Italien, Lothar und von Hoch-Burgund, Adelheid) wurde geboren in 948/949; gestorben in 988. [Familienblatt] [Familientafel]


  61. 291.  von Frankreich, Karl Graphische Anzeige der Nachkommen (226.Ludwig11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in Jan 945; gestorben in 953.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Frankreich; Prinz von Frankreich

    Notizen:

    Karl Prinz von Frankreich
    Jan. 945- 953
    2. Sohn des Königs Ludwig IV. von Frankreich und der Gerberga von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Glocker Winfrid: Seite 284, "Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    VI, 16 Karl
    * 945 I, + vor 953

    Flodoard berichtet am Beginn des Jahres 945, Seite 95f., von der Geburt eines Sohnes Karl durch die Königin Gerberga. Weil dieser Name "Karl" erneut an einen der beiden im Sommer 953 geborenen Zwillinge vergeben wurde, muß der 945 I geborene Karl zwischenzeitlich verstorben sein.
    Es sei hier auf einen Fehler Widukinds aufmerksam gemacht, der auf Grund der weiten Verbreitung seiner Sachsengeschichte immer wieder übernommen wird. Widukind II c. 39, Seite 99, führt als den dritten Sohn der Königin Gerberga mit Ludwig IV. einen Karlmann auf. Dieser Irrtum des Corveyers wurde von dem letzten Editor, Paul Hirsch, nicht bemerkt (Seite 99, Anm. 2: "Über Karlmann ist weiter nichts bekannt"). Auch die Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe Bd. 8, Seite 122, Anm. 68, korrigiert diesen Fehler nicht. Daher sei hier, wie dies Werner VII,71 bereits getan hat, nochmals eindringlich festgestellt: König Ludwig IV. und seine Gemahlin Gerberga hatten keinen Sohn namens Karlmann!

    Werner Karl Ferdinand: Seite 472, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 71

    Diesen Sohn Ludwigs IV. nennt Brandenburg ganz irrig "Karlmann", und folgt damit einem Mißverständnis Widukinds II, 39 (das allerdings auch der Herausgeber, Paul Hirsch, MG SSrG, 1935, 99, Anm. 2 und 4, nicht oder vielmehr noch weniger durchschaute). Ludwigs Sohn Karl wurde 945 I geboren (Flodoard 945, ed. Lauer 95f.); noch im gleichen Jahr (nach VII 13) wird der kleine Sohn den Normannen als Geisel für den ihnen in die Hand gefallenen König Ludwig IV. von Gerbergaausgeliefert: Flodoard 945, ed. Lauer 99 Nordmanni filius ipsius regis (also Lothar und Karl) dari sibi obdides quaerunt, nec aliter regem se dimissuros asserunt. Mittitur igitur ad reginam pro pueris; illa minorem (sc. Karolum) mittens maiorem (sc. Lotharium) futetur se non esse missarum. Datur igitur minor, et ut rex dimittatur, Wido Suessorum episcopus sese obsidam tradit. Widukind II, 39 ist nun Zeuge einer Überlieferung, derzufolge der ausgelieferte Sohn, namens Karl, von den Normannen nach Rouen gebracht wurde und dort gestorben ist. Jedenfalls war er 953 tot, denn zu diesem Zeitpunkt konnte einer der Zwillinge, die Gerberga damals gebar, erneut den Namen Karl erhalten: Der spätere Herzog von Nieder-Lothringen. Eben dieses zweimalige Auftreten des gleichen Namens für zwei verschiedene Brüder muß Widukind bewogen haben (oder die ihm zu Gebote stehende Überlieferung), den jüngeren der beiden "Karlmann" (Karlomannus) zu nennen, ganz abgesehen von der Unrichtigkeit, daß er in Karl den ältesten Sohn sieht, statt in Lothar. Hirsch hat dies nun im Unterschied zu Brandenburg, der die Lebensdaten des 945 geborenen Sohnes richtig gibt, nur nicht den Namen - dahingehend mißverstanden, als wäre der spätere Karl von Nieder-Lothringen (der zu dieser Zeit noch gar nicht lebte) den Normannen ausgeliefert worden und hätte im Widerspruch zur Behauptung Widukinds, diese Haft überlebt. Hirsch vermutetete eine Verwechslung mit "Karlmann", so, als sei dieser in Haft geratene Ludwigs-Sohn, und bemerkt im übrigen: "Über Karlmann ist weiter nichts bekant." Ich lege dies in Ausführlichkeit dar, um künftige Mißverständnisse zu vermeiden: Ludwig IV. hat nie einen Sohn namens Karlmann gehabt. Ein ersten Sohn, der den Namen Karl trug, wurde 945 I geboren, 945 2. Jahreshälfte den Normannen als Geisel ausgeliefert und starb vor 953, vielleicht, sogar wahrscheinlich, 945 oder bald danach in normannischer Haft. Ein zweiter Sohn namens Karl wurde 953 geboren - es ist der spätere Herzog von Nieder-Lothringen und westfränkische Thronprädent.
    Karl mußte während der Gefangenschaft des Vaters (946) den Normannen als Geisel gestellt werden und kam in deren Gewahrsam um.

    Literatur:
    Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,16. Seite 38,198,284 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 211 -


  62. 292.  von Frankreich, Mathildevon Frankreich, Mathilde Graphische Anzeige der Nachkommen (226.Ludwig11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 943; gestorben nach 981.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Burgund,Frankreich; Königin von Burgund

    Notizen:

    Mathilde von Frankreich
    Königin von Burgund
    Ende 943-26.11. nach 981
    2. Tochter des Königs Ludwig IV. von Frankreich und der Gerberga von Sachsen,Tochter von König HEINRICH I.

    Glocker Winfrid: Seite 283, „Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik“

    V, 15 Mathilde
    * 943 Ende, + nach 981 am XI 26

    oo ca. 964 Konrad, König von Burgund (seit 937), + 993 X 19.

    Als Tochter König Ludwigs Transmarinus ist Mathilde z.B. durch das Chronicon s. Benigni Divionensis S. 188 (Schwester König Lothars), in der Chronik des Hugo v. Flauvigny a. 995, SS VIII 364) uns (wohl von Hugo v. Flauvigny abhängig) in der Chronik des Alberich v. Trois-Fontains a. 996, SS XXIII 773, hier ebenfalls als Schwester König Lothars, bezeugt. Die uns hier interessierende Filiation von Gerberga, der Schwester OTTOS DES GROSSEN, bezeugt uns der Brief des Abtes Siegfried von Gorze, betreffend die Heirat Kaiser HEINRICHS III. mit Agnes von Poitou.
    Durch den Annalisten Flodoard sind wir von der Existenz zweier Töchter König Ludwigs und der Gerberga unterrichtet: a. 943 am Ende, Seite 90, und mitten in a. 948, Seite 116, findet jeweils die Taufe einer Tochter statt. Wir kennen aus anderen Quellen jedoch lediglich den Namen derjenigen Tochter Mathilde, die ca. 964 König Konrad von Burgund heiratete. Da wir aus Altersgründen nicht entscheiden können, ob die 943 oder die 948 geborene Tochter mit der Königin Mathilde gleichzusetzen ist, schlägt Werner VII, 69-75 vor, die Gemahlin König Konrads mit der Ende 943 geborenen Tochter zu identifizieren, weil Mathilde der Name der Großmutter mütterlicherseits sei. Doch muß hier nochmals betont werden, dass genauso gut die Anfang 948 geborene Tochter des französischen Königspaares die spätere Königin Mathilde von Burgund gewesen sein könnte wie ihre ältere Schwester.
    Die Belege für den Gemahl Mathildes, König Konrad, sind von Diener, Könige Nr. 7, zusammengestellt.
    Mathilde ist in einer auf die Jahre 981-990 zu datierenden Urkunde ihres Gatten als verstorben erwähnt (D Burgund 53).
    Ihr Sterbetag ist im Merseburger Nekrolog (XI 25; vgl. bei Althoff, Adelsfamilien, Kommentar K 45) aufgenommen; ich gebe jedoch wie Diener, Könige Nr. 7 dem XI 26, den Mathildes Epitaph (gedruckt bei Chorier, Recherches S. 221) nennt, den Vorzug.

    Althoff Gerd: Seite 372, „Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung“
    K 45 Me: 25.11. Mathild regina burgundiorum + nach 981, Gemahlin König Konrads von Burgund (K 38)

    (Es.) Mathilde, die Tochter Ludwigs IV. von Frankreich und der Schwester OTTOS DES GROSSEN, Gerberga, heiratete um 964 Konrad I. von Burgund und wurde damit Schwägerin der Kaiserin Adelheid (K 49). Diese sorgte für die Aufnahme ihrer Verwandten ins ottonische Gedenken; S. dazu ausführlich oben S. 163f.
    Mathilde begegnet auch im Necrolog von Weißenburg; vgl. Althoff, Unerkannte Zeugnisse vom Totengedenken der Liudolfinger, S. 395f.
    Ihr Todesjahr ist nicht bekannt; vg. Lot, Les derniers Carolingiens, S. 37 und 177; Poupardin, Le royaume de Bourgogne, S. 384f.
    Erwähnt wird sie zuletzt im Jahre 981; vgl. Die Urkunden der burgundischen Rudolfinger, Historisch-diplomatische Einleitung, S. 15 mit Anm. 6, dort auch weitere Hinweise.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 472, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation
    70

    Zu den Vorbehalten, was die Geburtszeit (943 Ende oder 948 Anfang) der Mathilde und damit ihre Stellung in der Reihe der Geschwister eingeht, siehe oben Anm. VII, 69-75. Die Angabe von Brandenburg "ca. 943" bringt unseren Informationsstand nicht angemessen zum Ausdruck. Das von Brandenburg richtig angegebene Datum der Eheverbindung mit König Konrad von Burgund, c 964, wird von Köpke-Dümmler 376, Anm. 1 begründet: 963 III 23 schenkt Konrad für das Seelenheil seiner 1. Gattin, Adelania; 966 VIII 10 erscheint Mathilde in einer Urkunde des Gemahls schon mit ihrem Sohne Cuono (Konrad, vgl. untern VIII, 83).

    Meyer von Knonau, Gerold: Seite 149-159, "Die Heiraten der burgundischen Mathilde, Tochter König Konrads von Burgund, und der schwäbischen Mathilde, Enkelin derselben"

    In den Memoires et documents publies par la societe d'histoire et d'archeologie de Geneve, Tome XVI, livraison 2 (1867), ist p. 201ff. eine Abhandlung genealogischen Inhaltes von Ed. Secretan publiziert, betitelt Notice sur l'origine de gerold comte de Geneve. Der Verfasser dieser mit ebenso viel Scharfsinn und Beelsenheit kombinierten, als in anziehender Weise verfaßten Arbeit sucht in derselben folgende genealogische Verhältnisse zu beweisen.
    Des 993 verstorbenen Königs Konrad von Burgund Tochter Mathilde - mit dem Verfasser nennen wir sie, um sie von ihrer gleichnamigen Mutter, der westfränkischen Prinzessin, und ihrer ebenfalls gleichnamigen Schwestertochter, der Mathilde von Schwaben, zu unterscheiden, Mathilde II., die Nichte aber Mathilde III. - hat in 1. Ehe den 1011 verstorbenen Konrad, Herzog von Kärnten, oder Conrad von Worms, wie er hier genannt wird, den Vatersbruder des späteren Kaisers KONRAD II., den Vater des Mitthronbewerbers von 1024, in 2. Friedrich II., Herzog von Ober-Lothringen, gestorben 1033, zum Gemahle gehabt: durch sie also war das burgundische mit dem fränkischen Königshause verschwägert. Ihre Nichte Mathilde III. dagegen, die Tochter des 1003 verstorbenen Herzogs Hermann II. von Schwaben und der burgundischen Prinzessin Gerberga, war mit Hugo III., einem Grafen von Egisheim, vermählt. Eine Tochter aus der Ehe der Mathilde II. mit Herzog Konrad, also eine Schwester des jüngeren Konrads, eine Base Kaiser KONRADS II., ist Bertha, die mit Eberhard von Egisheim vermählt war. Dieser beiden Sohn ist Gerold.
    Über diejenigen Teile dieser Erörterung, in denen der Verfasser die Mathilde II. an die Stelle der Mathilde III. setzt [Daß nicht die burgundische, sondern die schwäbische Mathilde bis dahin als Gemahlin Konrads und Friedrichs betrachtet wurde, so zum Beispiel Voigtels Stammtafeln ed. Cohn Nr. 19,28, und Gisebrecht, Gesch. der deutschen Kaiserzeit 2. Band 3. Auflage p. 219,221.], soll an diesem Orte gehandelt werden.
    Es ist zu diesem Behufe notwendig, dem Verfasser auf dem Gang seiner Untersuchung über diesen Punkt zu folgen. In Cap. IV: Qui epoussa Conrad de Worms? (p. 223 ff.) führt er dieselbe, nachdem er in den vorhergehenden Abschnitten, nach Voraussendung einer kurzen Einleitung, erst dem Hause Burgund von Konrad an überhaupt, dann von Mathilde II. speziell, hernach von den Saliens de Franconie et de Souabe geredet, durch: insbesondere kann er sich mit dem Gedanken nicht befreunden, daß die Mathdilde II., eine burgundische Prinzessin, welche nach dem Brief des Raynaldus comes Portinensis an den dux Aquitanorum G. (Flod. ann., Mon. SS. III, p. 407) muß vermählt gewesen sein, un seigneur inconnu de la Transjurane habe zum Gemahl haben können, und ist der Ansicht, Gisela, die Tochter Herzog Hermanns und Schwester der Mathilde III., könne nicht mit einem Bruno, Grafen von Braunschweig in 1. Ehe verbunden gewesen sein: daß dieses letztere jedoch wirklich der Fall war, hat Excurs V, C. der Jahrbücher Heinrichs II. von Hirsch, Bd. I, p. 464 ff., gezeigt.
    In Cap. IV. nun geht der Verfasser der folgenden Substraten aus. - In erster Linie wird die Stelle der von Konstantin, Abt des Schottenklosters St. Symphorian zu Metz, um 1015 verfaßten Lebensgeschichte des 1005 verstorbenen Bischofs Adalbero II. von Metz aufgeführt, in der von der Beteiligung Adalberos an der 1003 gehaltenen Synode von Thionville, speziell von seiner Erklärung gegen die kanonisch unerlaubte Ehe Konrads, des Sohnes des Herzogs Otto von Kärnten, mit Mathilde von Schwaben die Rede ist (M. SS. IV, p. 663 ff.). Adalbero sprach in dieser Versammlung in Bezug auf Konrad und Mathilde: Domnus Otto dux, pater istius venerabilis Conradi ducis consedentis, natus ex filia est magni Otttonis, cujus soror Girbergia dedit filiam suam Conrado Burgundionum regi. Ex Conradi autem filia nata est domina Mathildis, hujus Conradi assidentis uxor.
    Es ist also Konrad der Urenkel OTTOS I., Mathilde die Urenkelin der Gerberga, und die Gereiztheit des Herzogs von Ober-Lothringen gegen den Bischof, der von einem secundus locus sprach, während, selbst wenn man nach kanonischer Rechnungsweise OTTO I. und Gerberga, nicht HEINRICH I. als Ausgangspunkt der Zählung gelten läßt, nur vom 3. Grade die Rede sein konnte, höchst natürlich. In ganz unzulässiger Weise, trotz der klaren Worte des Textes: ex Conradi filia nata est Mathildis, nimmt hier der Verfasser zugunsten seiner Hypothese an, hinsichtlich der Mathilde habe Adalbero die Wahrheit ausgesprochen: Gerbergas Enkelin, Mathilde II., sei Konrads Gemahlin gewesen [Vgl. hierzu Hirsch, Jahrbücher Heinrichs II. Band I, p. 246 n.2].
    Als zweites Zeugnis für Mathilde II. als Gemahlin Konrads von Worms - und dieses als das noch zumeist Brauchbare wäre wohl besser in den Vordergrund gerückt worden - betont der Verfasser die Stelle Thietmars, lib. V, cap. 7 (SS. III, p. 794), wo es heißt, Herzog Hermann II. von Schwaben habe 1002 den Bischof von Straßburg bekriegt, Straßburg belagert, erobert und verwüstet, und zwar cum Conrado suimet gero, wie der Dresdener Codex 1. schreibt. Lappenberg - nicht Pertz, wie p. 227 gesagt wird - setzte hierfür genero in den Text, dafür haltend, Konrad sei der Gemahl der schwäbischen Mathilde III. Bekanntlich ist dieser Codex unter der Aufsicht Thietmars selbst angelegt, von ihm mit eigener Hand korrigiert worden, so daß, was der nicht eimal direkt aus demselben abgeleiteten Brüsseler Codex 2, aus dem 15. Jahrhundert, oder der Annalista Saxo (M. SS. VI, p. 649) bringen, ganz hinter den Angaben jener ersten Handschrift zurücktritt. Wenn also Codex 2 und der Annalist hier germano haben, so ist darauf bei weitem nicht jenes Gewicht zu legen, das der Verfasser dieser Variante beimißt.
    Dann fährt derseklbe p. 228 folgendermaßen fort: La question serait certainement decidee en faveur de la version, qui fait de Conrad de beau-frere (germanus) de Hermann, par consequent le mari de Mathilde II., si Wipop, auteur de la vie l'empereur CONRAD II., ne venait a son tour retablir l'equilibre dans le sens oppose. Presque contemporain aussi, le precepteur de Henri III. etait en mesure d'etre bien informe, c'est donclui qui a fait autorite. Wipo sagt nämlich in der Vita Chuonradi c. 2 (SS. XI, p. 258) ausdrücklich von KONRADS II. jüngerem Vetter und Mitbewerber: Jumioris Chunonis mater Mathilda de filia Chuonradi regis Burgundiae nata fuit. Die Versuche des Verfassers, die Autorität dieser Angebe zu erschüttern, dieselbe als einen Irrtum des Wipo hinzustellen, sind denn auch gering. Die Bestimmthiet der Worte ist auch ihm allzu groß.
    Wir sehen, zwei Zeugnisse unterstützen die Hypothese nicht, und ein drittes spricht von vornherein streng dagegen: la question ne peut etre resolue quem recourant aux probabilites (p. 229). Und so tritt denn der Verfasser im Folgenden auf eine Prüfung der chronologischen Daten, der Altersverhältnisse der einzelnen Personen ein, welche allerdings beim ersten Blicke, in äußerst gewandter und bestechender Kombinationsweise, wie diese Beweise vorgebracht sind, für seine Vermutung zu sprechen scheinen. - In folgenden Stücken liegen seine hauptsächlichen Einwendungen gegen die Annahme, Mathilde III. sei Konrads von Worms und Friedrichs von Ober-Lothringen Gemahlin gewesen:
    1. der jüngere Konrad hätte in diesem Falle nicht schon 1019 gegen Herzog Adalbero von Kärnten kämpfen, 1024 nicht als Mitbewerber auftreten können: er wäre noch allzu jung zu beiden gewesen
    2. was die drei Töchter Hermanns II. von Schwaben und der Gerberga, Gisela, KONRADS II. nachherige Gemahlin, Beatrix, diejeneige des Eppensteiners Adalbero, Herzogs von Kärnten, und unsere Mathilde III. betreffe, so sei es höchst auffallend, daß Gisela durch Eintritt in ihre dritte, mit KONRAD II. geschlossene Ehe die Nichte dieser ihrer zuletzt genannten Schwester geworden wäre
    3. der Umstand, daß 996 ein Bruder Konrads von Worms, Bruno, unter dem Namen Gregor V. Papst wird, in Verbindung gesetzt mit der Erwägung, daß meist jüngere Söhne den geistlichen Stand ergriffen, lasse den Altersunterschied zwischen Konrad von Worms und Mathilde III. als sehr groß erscheinen
    4. da Gisela, die Gemahlin Heinrichs des Zänkers und Mutter Kaiser HEINRICHS II. eine Mutterschwester der Mathilde III. war, ihre Tochter Gisela aber erst 1006 mit Stephan von Ungarn sich vermählt habe, so stimme das abermals nicht zu einer Ehe Mathildens III. mit Konrad von Worms [Hier irrt der Verfasser bedeutend. Gisela ist von Geisa noch vor dessen 995 erfolgtem Tode zur Gemahlin seines Sohnes Waic (als Christ Stephan) ausersehen worden und hat wohl kurz nach Geisas Tod sich vermählt; siehe Büdinger, Oesterreich, Gesch. I, p. 397.]. Schließlich, von p. 235 an, wird zu zeigen versucht, inwiefern Mathilde II. besser in deise Verhältnisse hinein passen würde.
    Diesen Ausführungen gegenüber muß an dieser Stelle der Beweis geführt werden, daß sich mit der durch die Quellen bezeugten Ehe der schwäbischen Mathilde III. mit Konrad und Friedrich die anderen, besonders die chronologischen Verhältnisse vereinigen lassen.
    König Konrad von Burgund hat in zweiter Ehe - der Name der ersten Gemahlin, deren Tochter die baierische Herzogin Gisela war, ist nicht bekannt - eine westfränkische KAROLINGERIN, Mathilde, Tochter König Ludwigs IV. und der Gerberga, einer Schwester OTTOS DES GROSSEN, gehabt. Da Gisela, die Tochter 1. Ehe, ihren Sohn den späteren Kaiser HEINRICH II., schon 973 gebar, so muß Konrad sich um oder nach 950 zum ersten Male vermählt haben. Setzt man mit Hirsch den Abschluß der zweiten Ehe gegen Ende der 50-er Jahre des 10. Jh. und faßt man die Worte der Miracula s. Verenae, daß König Konrad von seiner rechtmäßigen Gemahlin anfangs keine Kinder hatte, dann aber zuerst einen Sohn erhielt, einerseits, andrerseits den Umstand in das Auge, daß Konrads Tochter zweiter Ehe, Bertha, als ihr Gemahl, Graf Odo, 995 starb, Kinder von demselben hatte, so wird man annehmen dürfen, daß Gerberga, welche nach der Stammtafel des Steynvelter Codex (SS. III, p. 215) das dritte Kind der Mathilde, jünger als Bertha war, etwa Mitte der 60-er Jahre geboren worden ist.
    Gerberga hat also schon in den 80-er Jahren ihrem Gemahl Hermann, der 997 Herzog von Schwaben wurde und erst 1003 starb, Kinder schenken können, und dieses anzunehmen ist man auch durchaus gezwungen, da ihre Tochter Gisela schon 1007 oder 1008 in 2. Ehe einen Sohn zur Welt bringt, nachdem ihr erster Gemahl, Bruno von Braunschweig, um 1006 gestorben. Unter den anderen Töchtern aus dieser Ehe hat nun Mathilde III. hier besondere Wichtigkeit.
    Secretan sagt p. 230: Placons la naissance de Mathilde III. en 983, on arrivera a peine, en supposant Conrad le jeune ne un an apes le mariage de sa mere, a pouvoir le considferer comne etant ne en 1003, a l'epoque meme ou l'empereur HENRI II. voulait attaquer le mariagne de ses parents a la diete de Thionville, und gibt so selbst die Möglichkeit davon zu, da Mathilde III. Konrads Gemahlin gewesen sei. Mathilde, Hermanns und Gerbergas Tochter, kann ganz gut zur Zeit der Synode von Thionville, im Januar 1003, Konrads Frau gewesen sein. Nehmen wir das von Secretan angeführte Jahre als das ihrer Geburt an [Daß die Töchter in Hermanns und Gerbergas Ehe die ältesten Kinder waren, der Sohn, der nachherige Herzog Hermann III. bedeutend später geboren wurde, bezeugen außer den Stellen welche aussagen, derselbe sei 1012 in noch sehr jugendlichem Alter gestorben (Stälin, Wirtemberg Gesch. I,, p. 473 n.3).], so wurde sie Witwe im 28. Lebensjahre und vermählte sich hierauf nochmals mit Herzog Friedrich von Lothringen, der noch einige Kinder von ihr empfing [Ein Sohn starb früh; dagegen überlebten zwei Töchter den 1033 gestorbenen Vater: Beatrix und Sophie, jene später die Mutter der großen Gräfin Mathilde. Friedrich von Lothringen scheint seine Frau Mathilde überlebt zu haben, denn nach seinem Tode kamen seine Töchter an den kaiserlichen Hof. Die Stelle des Chr. s. Michaelos in pago Virdunensi c. 32 (SS. IV, p. 84), welche hiervon erzählt, enthält übrigens auch einen entscheidenden Protest gegen die Vertauschung der Mathilde III. mit Mathilde II.; es ist da von den duae puellulae Sophia et Beatrix die Rede, welche nutrien´bnantur in aula regis (KONRADS II.); nam conjunx imperatoris (Gisela), amita earum, eas sibi adoptaverat in filias.]. Würden wir dagegen die burgundische Mathilde der schwäbischen substituieren, so wäre 1011 von Konrad eine Witwe im Alter von mindestens 40 Jahren zurückgelassen worden.
    Indessen ist auch das Altersverhältnis zwischen Mathilde III. und ihrem 1. Gemahl ins Auge zu fassen, und da ergibt sich allerdings eine nicht kleine Altersdifferenz, welche hervorzuheben der Verfasser auch nicht versäumt. (p. 233).
    Otto, der Sohn des gewesenen Herzogs Konrad von Lothringen, der 955 auf dem Lechfeld gefallen war, durch seine Mutter Liudgard ein Enkel OTTOS DES GROSSEN, ist der Vater des Konrad von Worms, welcher ihm 1004 als Herzog von Kärnten folgte, gewesen Ein anderer und wohl der älteste Sohn, Heinrich, der Vater des nachherigen Kaiser KONRADS II., scheint früh, vor dem Vater, gestorben zu sein. Ein dritter ist Brun, der durch OTTO III. 996 zum Papst gemacht wurde und bis 999 als Gregor V. regierte, der erste Deutsche auf dem päpstlichen Throne. Secretan nun macht mit vollem Recht darauf aufmerksam, daß meist die jüngeren Söhne zum geistlichen Stand bestimmt wurden, und daß, mag Brun bei seiner Erhebung auch noch so jung gewesen zu sein, er doch ein gewisses Alter haben mußte: Bruno ne pouvait gueres avoir moins de 30 ans, eine wohl zu hoch gegriffene Zahl. Und überdies kann Heinrich, als Bruno zum geistlichen Stand bestimmt wurde, noch gelebt haben, so daß man nicht gezwungen ist, Konrads Geburt vor derjenigen Brunos anzusetzen, wie der Verfasser tut, indem er um 964 Konrad geboren sein läßt: dergestalt allerdings wäre Konrad ungefähr 20 Jahre älter, als Mathilde III. gewesen, beinahe 40 Jahre, falls nicht eine frühere kinderlose oder nur mit kurzlebigen Kindern gesegnete Ehe angenommen wird, unvermählt geblieben. Wenn nun auch dieses anzunehmen, wie bemerkt, nicht nötig ist, ein Altersunterschied von mindestzens 10 Jahren war zwischen Konrad und Mathilde III. immerhin vorhanden.
    Konrad der Jüngere, der Sprößling dieser Ehe, mag also um 1003 zur Welt gekommen sein, vielleicht auch schon etwas früher; doch ist wohl hierbei nicht ganz außer Beachtung zu lassen, daß HEINRICH II. 1003 zu Thionville nur von der Existenz der ihm verhaßten Ehe, nicht schon von derjenigen eines Kindes aus derselben redete. Ein puer war 1012 nach Hermansn von Reichenau Ausdruck der filius Cuonradus, dem nach des Vaters Tode HEINRICH II. das von demselben inngehabte Herzogtum Kärnten nicht zuwies; als adolescens wird er durch denselben bezeichnet, als er 1019 gegen Adalbero mit seinem Veter, KONRAD DEN ÄLTEREN, die Waffen ergriff. Und als HEINRICH II. gestorben war, als es sich darum handelte, einen der beiden Konrade mit der Reichsführung zu betrauen, würde der jüngere nach dieser Berechnung nicht viel über 20 Jahre gezählt haben, währen dem älteren durch Giesebrecht ein Alter von etwa 40 Jahren zugeschrieben wird.
    Auch gegen diesen ziemlich bedeutenden Altersunterschied zwischen den beiden gleichnamigen Vettern wendet Secretan p. 232 nicht mit Unrecht ein, er vertrage sich schecht mit les relations en quelque sorte fraternelles, mit denen man die Beziehungen der Konrade zueinander zu verbinden gewohnt sei. Allein was diese innigen Bande angeht, so ist die Waffengenossenschaft von 1019 jedenfalls ebenso sehr durch "die gemeinschaftlichen Interessen" als durch die "Freundschaft" zu erklären, und hat andererseits Steindorff erst kürzlich gewiß mit Recht betont, daß die Reden bei Wipo bei Anlaß des Wahlaktes ohne Zweifel erfunden sind, in denen der ältere KONRAD seinem Vetter unter anderem omnium cognatorum meorum dilectissimus nennt. Gerade der bedeutende Altersunterschied de rbeiden läßt vielmehr eher klar werden, daß der jüngere Konrad, trotz der Partei, die für seine Erhebung war, sich von seinem älteren an Erfahrung ihm überlegenen Vetter einschüchtern und gewinnen ließ. Auch die Notiz der Annalen von Hildesheim, Konrad sei inmatura morte 1039, nur kurz nach KONRAD II. gestorben, paßt wohl zu einem Alter von etwa 36 Jahren.
    So ist denn auch nach den chronologischen Verhältnissen die schwäbische Mathilde an der bisher ihr angewiesenen Stelle in den genealogischen Tafeln ohne Frage zu behalten, und es ist die Angabe, Konrad der Jüngere sei ihr Sohn, nicht nur impossible dans toute la rigeur du mot, sondern auch nicht tres-peu problable (p. 238) [Folgende zwei Momente sprechen auch noch gegen Secretans Hypothese. Einmal ist in der schon mehrfach erwähnten Steynverlter Stammtafel die angegebene, weil in den Augen des Schreibers wichtigere Mathildis Mathilde III., nicht Mathilde II. - Als zweites ist anzuführen, daß Konrad der Jüngere, wäre seine Mutter Mathilde II. gewesen, ein Neffe König Rudolfs von Burgund gewesen wäre, also dem Erblasser von 1032 noch näher gestanden hätte als KONRAD II. nach dessen Vermählung mit Gisela (in Wirklichkeit, als Sohn der Mathilde III. ist er ein Großneffe Rudolfs): als Söhne von Schwestern Rudolfs wären 1032 Graf Odo von der Champagne und er die nächsten Erben gewesen. Allerdings nun hat Konrad der Jüngere, der sich bald nach KONRADS Erhebung mit demselben entzweit hatte, 1025 offen mit dessen Stiefsohn, Ernst II. von Schwaben, dem Großneffen König Rudolfs, dem es hauptsächlich um die Ansprüche auf Burgund zu tun war, gemeinschaftliche Sache gemacht, und als 1027 Ernst sich von neuem erhob, war Konrad "dem Kaiser weder treu, noch auch sehr schädlich", sondern "hielt sich einstweilen im Hintergrund", mußte aber dafür, nachdem Ernst sich unterworfen, gleichfalls hart büßen: während jedoch besonders 1027 Ernsts Absichten auf Burgund deutlich genug hervortraten, war Konrad 1025 wohl zumeist durch seine engen Beziehungen zu seinem Stiefvater, Friedrich, und durch denselben zu den lothringischen Dingen in die Reihen der Verschwörer gezogen worden, und hielt er sich 1027, noch mehr nach Rudolfs Absterben, als Odo, Gerold von Genf, der Erzbischof Burkhard III. von Lyon die Ansprüche KONRADS II. auf Burgund mit Waffengewalt bekämpften, von den burgundischen Angelegenheiten, so weit wir erkennen können, ferne. Das läßt sich begreifen, wenn er der Großneffe Rudolfs war; der Neffe desselben hätte wohl energischer seine Anrechte geltend gemacht.].
    Eine der Haupteinwendungen des Verfassers gegen die Mathilde III. als Gemahlin Konrads und Friedrichs lag darin, daß es nicht denkbar war, daß der Name des Gemahls einer Tochter des Königs Konrad von Burgund unbekannt geblieben sei, während die Schwestern derselben die glänzendsten Heiraten gemacht haben, eine Herzogin von Bayern, Mutter eines deutschen Kaisers, die zweite Herzogin von Schwaben, die dritte erst Gemahlin eines Rivalen Hugo Capets, dann vorübergehend Königin von Frankreich geworden sei. Daß Mathilde von Burgund vermählt war, zeigt der Brief des Grafen Raynaldus, wonach sie eine Tochter Bertha, diese einen Sohn, Geraldus Genevensis, hatte. Den Namen des Gemahls freilich wissen wir nicht, und das kann bei den zerrütteten inneren Verhältnissen des burgundischen Reiches uns nicht überraschen. Wie dieselben keine Blüte der Künste des Friedens, also auch keine historiographische Tätigkeit zum Gedeihen kommen ließen, so kann auch der Vater der Bertha schon frühe in einer der zahlreichen inneren fehden umgekommen sein. Dieses Schweigen der Quellen kann am wenigsten etwas zu besagen im Stande sein.
    Mit der Haltlosigkeit der Hypothese, die bis dahin besprochen wurde, fällt selbstverständlich auch dahin, was in Cap. VII von der Vermählung der schwäbischen Mathilde mit einem Grafen Hugo III. von Egisheim, Vetter des Eberhard III., Grafen von Nordgau, Gemahl der Bertha (von Worms, wie sie irrig benannt ist), aufgestellt ist. Dagegen ist jedenfalls der in dem Briefe genannte Urenkel des Burgundischen Königs Konrad, Geraldus Genevensis, der von Wipo im Leben KONRADS c. 32 zum Jahre 1034 erwähnte Geroldus princeps regionis illius und wohl auch der Gerolt Burgundio des Hermann von Reichenau zu 1045: jener unterwirft sich zu Genf, zugleich mit dem Erzbischof von Lyon, KONRAD II., dieser ergibt zu sich zu Solothurn HEINRICH III. Auch das Alter Gerolds stimmt zum Briefe: Graf Gerold von Genf ist gleich dem jüngeren Konrad ein Urenkel des burgundischen Konrad.
    Den Namen des Gemahls der Berthadagegen, des Schwiegersohnes der burgundischen Mathilde, liefert uns eben die schon oben berührte Stelle des Wibert. Die Nichte des letzten burgundischen Königs Rudolf (neptis Rodulfi regis Jurensis), Bertha - denn hier ist es wohl gestattet, den Brief Raynalds mit Wiberts Bericht zu verbinden - ist die Gemahlin des Gerhard, eines Sohnes des Grafen Hugo von Egisheim, und Gerhards und Berthas Sohn ist Graf Gerold von Genf. Daß dieser gegen KONRAD II. und HEINRICH III. als Großneffe König Rudolfs und als burgundischer Großer mehrmals zu den Waffen griff, ist natürlich.

    Eickhoff Ekkehard: Seite 55,117, "Theophanu und der König"

    Zur Feier des Osterfestes am 27. März 981 kamen auch Adelheids Bruder, König Konrad, und die Königin Mathilde von Burgund nach Rom.
    Für den Hochsommer 985 wurde in Metz ein Treffen geplant, auf dem Adelheid und Theophanu, Herzogin Beatrix, die Königin Emma (Adelheids Tochter, König Lothars Gemahlin), vielleicht auch Mathilde von Quedlinburg, die Äbtissin Gerberga von Gandersheim (Herzog Heinrich des Zänkers Schwester), die Königin Mathilde von Burgund (Kaiserin Adelheids Schwägerin und OTTOS III. Cousine) und Adelheid, die Gemahlin des Herzogs Hugo Capet von Franzien, gemeinsam mit Heinrich dem Zänker die schwelenden Streitfragen zwischen Mosel und Maas beilegen sollten.

    Weinfurter, Stefan: Seite 23, "Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten"

    Der westfränkische Königssohn Lothar erhielt OTTOS Stieftocher Emma zur Frau, und König Konrad von Burgund verband sich mit Mathilde, einer Nichte OTTOS.


    964 oo 2. Konrad der Friedfertige König von Burgund um 923-19.10.993

    Kinder:
    - Gerberga (Guepa) ca 965/66-7.7.1018/19
    um 980 1. oo Hermann Graf von Werl - 985/88
    988 2. oo Hermann II. Herzog von Schwaben um 950-4.5.1003
    - Bertha ca 967/68- nach 1010
    984 1. oo Odo I. Graf von Blois 950-12.3.996
    997 2. oo Robert II. König von Frankreich - 1004 20.7.972-20.7.1031
    - Rudolf III. ca 970-5./6.9.1032
    - Mathilde
    oo Graf (Großeltern Gerolds I. von Genf)


    Literatur:
    Althoff Gerd: Adels- und Königsfamilien im Spiegel ihrer Memorialüberlieferung. Studien zum Totengedenken der Billunger und Ottonen. Wilhelm Fink Verlag München 1984, Seite 158,164,372 K 45 - Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 144 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 61 - Boshof, Egon: Die Salier. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln 1987, Seite 26,67 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 42 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 47,61,64,70 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 20,55,115,117,164,302 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 64,67 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,15. Seite 169,283,287,300,321 - Hlawitschka Eduard: Die Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen. Genealogische Untersuchungen zur Geschichte Lothringens und des Reiches im 9., 10. und 11. Jahrhundert. Kommissionsverlag: Minerva-Verlag Thinnes Nolte OHG Saarbrücken 1969, Seite 65 - Hlawitschka, Eduard: Die verwandtschaftlichen Verbindungen zwischen dem hochburgundischen und dem niederburgundischen Königshaus. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte Burgunds in der 1. Hälfte des 10. Jahrhunderts, in: Schlögl, Waldemar und Peter Herde: Grundwissenschaften und Geschichte, Festschrift für Peter Acht; Kallmünz 1976 (Münchener historische Studien: Abteilung geschichtliche Hilfswissenschaften Band 15) Seite 28-57 - Hlawitschka, Eduard: Untersuchungen zu den Thronwechseln der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts und zur Adelsgeschichte Süddeutschlands. Zugleich klärende Forschungen um „Kuno von Öhningen“, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1987, Seite 47,49,77,96 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 262 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 311 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 214,224 - Schmid, Karl: Gebetsgedenken und adliges Selbstverständnis im Mittelalter. Ausgewählte Beiträge, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1983, Seite 408,412 - Schmid Karl: Reich und Kirche vor dem Investiturstreit. Gerd Tellenabch zum 80. Geburtstag. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1985, Seite 55-56 - Schneidmüller, Bernd/Weinfurter Stefan/Hg.): Otto III. – Heinrich II. Eine Wende?, Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1997, Seite 12, 13A - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 148 - Weinfurter, Stefan: Heinrich II. (1002-1024) Herrscher am Ende der Zeiten, Verlag Friedrich Puset Regensburg 1999, Seite 23,220- Wies, Ernst W.: Otto der Große, Bechtle Esslingen 1989, Seite 122 –

    Geburt:
    Ende 943

    Gestorben:
    26.11.

    Mathilde heiratete von Burgund, Konrad in 964. Konrad wurde geboren um 923; gestorben am 19 Okt 993; wurde beigesetzt in Vienne [38200],Isère,Rhône-Alpes,Frankreich. [Familienblatt] [Familientafel]

    Kinder:
    1. 375. von Burgund, Gerberga  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 965/966; gestorben am 7 Jul 1018/1019.
    2. 376. von Burgund, Berta  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren in 964/965; gestorben nach 1010.
    3. 377. von Burgund, Rudolf III.  Graphische Anzeige der Nachkommen wurde geboren um 970; gestorben in Sep 1032; wurde beigesetzt in Lausanne [1000],Waadt,Schweiz.
    4. 378. von Burgund, Mathilde  Graphische Anzeige der Nachkommen

  63. 293.  von Frankreich, Ludwig Graphische Anzeige der Nachkommen (226.Ludwig11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in Dez 948; gestorben am 10 Nov 954 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Frankreich; Prinz von Frankreich

    Notizen:

    Ludwig
    Prinz von Frankreich
    Dez. 948-10.11.954 Laon
    3. Sohn des Königs Ludwig IV. der Überseeische von Frankreich und der Gerberga von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Werner Karl Ferdinand: Seite 472, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 73

    Ludwigs Geburt gibt Brandenburg mit 948 an. Das Datum läßt sich auf 948 XII präzisieren, denn Flodoard, dessen Genauigkeit und Gleichzeitigkeit bekannt sind, berichtet die Geburt im letzten Satz eines (im Druck) mehrseitigen Jahresberichtes.

    Glocker Winfrid: Seite 284, "Die Verwandten der Ottonen und ihe Bedeutung in der Politik"

    V, 18 Ludwig
    * 948 XII, + 954 vor IX 10

    Von der Geburt eines Sohnes König Ludwigs IV., der den Namen des Vaters erhielt, berichtet Flodoard am Endes seines Jahresberichtes zu 948, Seite 121.
    Laut dem Reimser Annalisten starb der kleine Ludwig kurz vor dem Tod seines Vaters im Jahr 954 (Seite 138).

    Literatur:
    Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihe Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,18 Seite 284 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992, Seite 211 - Werner Karl Ferdinand: Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation) Band IV in: Braunfels Wolfgang: Karl der Große Lebenswerk und Nachleben. Verlag L. Schwann Düsseldorf Seite 472 -


  64. 294.  von Niederlothringen, Karlvon Niederlothringen, Karl Graphische Anzeige der Nachkommen (226.Ludwig11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 953 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; gestorben am 22 Jun 992; wurde beigesetzt in Maastricht,Limburg,Niederlande,Niederlande.

    Anderer Ereignisse und Attribute:

    • Titel/Amt/Status: Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; Graf von Laon
    • Titel/Amt/Status: Frankreich; König von Frankreich
    • Titel/Amt/Status: 977-992, Niederlothringen; Herzog von Nieder-Lothringen

    Notizen:

    Karl
    Herzog von Nieder-Lothringen (977-992)
    König von Frankreich
    Graf von Laon
    Sommer 953 Laon - 22.6.992 Begraben: Servatiuskirche zu Maastricht

    Jüngerer Sohn des Königs Ludwig IV. von Frankreich und der Gerberga von Sachsen, Tochter von König HEINRICH I.

    Lexikon des Mittelalters: Band V Spalte 993

    Karl, Herzog von Nieder-Lothringen 977-991
    * 953 Laon , + 991
    Jüngerer Sohn König Ludwigs IV. 'Ultramarinus' von W-Franken (Frankreich) und der Gerberga, der Schwester OTTOS I.

    Karl war Bruder von König Lothar (954-986) und Onkel des letzten regierenden westfränkischen KAROLINGERS, Ludwig V. (986-987).
    Er wurde im Jahre 954 gegen karolingische Gepflogenheiten vom Thron ausgeschlossen. Zweimal versuchte er, ohne Erfolg, die Hand auf das 'regnum Lotharii' zu legen: um 975, erneut 985. Aus der Francia entfernt, erhielt er von OTTO II. 977 das Herzogtum Nieder-Lothringen. Karl, der stets ein Opfer der wechselhaften Beziehungen zwischen dem westfränkischen/französischen und dem deutschen Königtum blieb, proklamierte sich 979, anläßlich des W-Frankenzuges OTTOS II., in Laon zum König, scheiterte aber, da er wegen seiner Mißheirat und seiner Abhängigkeit von den OTTONEN bei großen Teilen des westfränkischen Adels und beim Episkopat auf Ablehnung stieß. Ein letzter Versuch, das Königtum zu erringen, richtete sich 987 gegen Hugo Capet; Karl nahm 987 Laon, 989 Reims ein, geriet aber 991 in Laon in die Gefangenschaft Hugos, in der er starb.
    Drei Fragen in Karls Laufbahn sind strittig:
    1. Das Problem, ob er Herzog nur von Nieder-Lothringen oder aber des gesamten, ungeteilten Lothringen war. Bleibt Karls Rolle als Herzog unklar (von ihm ausgestellte Urkunden fehlen, und in den ottonischen Königsurkunden ist er nicht genannt), so kann doch angenommen werden, dass das vorher und nachher vakante Herzogtum für Karl und seinen Sohn Otto (991-1006/12) provisorisch wiederbelebt wurde, als ein Instrument ottonischer W-Politik.
    2. Die Frage des Begräbnisortes Karls und seines Sohnes Otto, als der traditionell St. Servatius in Maastricht gilt, ist Gegenstand einer (auch mit archäologischen Argumenten geführten) Kontroverse).
    3. Umstritten ist ferner die Frage, ob Karl für die Stadtentwicklung Brüssels eine Rolle gespielt hat (angeblicher Bau eines Castrums um 980, das ihm aber erst in späten Quellen, seit dem 14. Jh. zugeschrieben wird).

    Literatur:
    W. Kienast, Der Hzg.stitel in Frankreich und Dtl., 1968 - W. Mohr, Gesch. des Hzm.s Lothringen, I, 1974

    Werner Karl Ferdinand: Seite 472, "Die Nachkommen Karls des Großen bis um das Jahr 1000 (1.-8. Generation)"

    VII. Generation 74

    Die genaue Todeszeit Karls ist uns nicht bekannt. Daß er 991 III 30 in die Hände König Hugos geriet und in die Haft nach Orleans gebracht wurde, wo er starb, ist alles, was wir sicher wissen. Die von Brandenburg gebotenen Grenzdaten nach 992 und vor 995, was auf 993/94 hinausliefe, beruhen nicht auf positiven zeitgenössischen Angaben.
    Zur späteren Beisetzung Karls in St. Servatius in Maastricht, wo auch Karls Sohn Otto seine Grablege hatte, vgl. Uhlirz 135, Anmerkung 24.
    Karl hatte 976-978 die Rebellion der REGINARE gegen Kaiser OTTO II. unterstützt und am Vorstoß auf Aachen teilgenommen. 977 beschuldigte er seine Schwägerin, Königin Emma, des Ehebruchs mit dem soeben eingesetzten Bischof Adalbero von Laon und wurde deswegen aus Frankreich verbannt. Er begab sich zu Kaiser OTTO II., der ihn im Mai mit Nieder-Lothringen belehnte. OTTO erbaute ihm eine Residenz in Brüssel und überwies einige Eigengüter in der Gegend von Brabant, was jedoch nichts an der bescheidenen Stellung Karls, dessen herzogliche Gewalt nur auf den Teil Nieder-Lothringens zwischen Maas und Schelde begrenzt war, änderte. Er nahm 978 am Feldzug OTTOS II. nach Frankreich teil. Nach dem Tode seines Neffen, Ludwigs V. von Frankreich, gelang es ihm nicht, die französische Krone zu erringen; nach Anfangserfolgen unterlag er Hugo Capet. Im Frühjahr 988 eroberte Karl die Stadt Laon im Handstreich und später spielte ihm Arnulf, sein Stiefneffe, Reims zu. Am 30.3.991 wurde Karl in Laon mit seiner gesamten Familie vom Bischof durch Verrat gefangengenommen und Hugo Capet übergeben, der ihn in Orleans inhaftierte. Karl hat die Freiheit nie wiedergesehen. Eventuell wurde er sogar ermordet.
    Sein Leichnam wurde in der Servatiuskirche in Maastricht bestattet.

    Mohr Walter: Band I Seite 47-50,52-58, "Geschichte des Herzogtums Lothringen"

    Inzwischen verfolgten die geflüchteten Reginar IV. und Lambert ihre Sache weiter. Sie suchten ihren Kampf auf eine breitere Basis zu stellen, indem sie um Bundesgenossen warben. Anklang fanden sie beim Grafen Adalbert von Vermandois, dessen Sohn Otto sich ihnen zur Verfügung stellte. Des weiteren gewannen sie Karl, den Bruder des westfränkischen Königs Lothar. Für das Haus VERMANDOIS lag wohl in diesem Bündnis die Zielsetzung, auf diesem Wege Einfluß auf das Bistum Cambrai zu gewinnen. Bei Karl ist die Veranlassung dazu vielleicht darin zu suchen, dass er etwas zurückgesetzt behandelt worden war, er hatte keinerlei Ausstattung mit Landbesitz erhalten. Für Lambert und Reginar mag das Zusammengehen mit ihm von besonderer Bedeutung gewesen sei, da von dem KAROLINGER eine moralische Wirkung auf die Haltung der Lothringer ausgehen konnte, so dass man sie leichter zum Abfall von ihrem sächsischen König bewegen würde. Es ist dabei durchaus möglich, dass Karl auf sein Mitwirken die Herrschaft über Lothringen in Aussicht gestellt wurde.
    In der 2. Hälfte des April 976 wandten sich die Verbündeten gegen Mons. Vor der Stadt machte ihnen ein verlustreiches Gefecht die Weiterführung ihres Unternehmens unmöglich, die Stadt selbst blieb ihnen verschlossen. Lediglich Otto von Vermandois konnte die kleine Grafschaft Gouy besetzen, von der aus es ihm möglich war, auf Cambrai einen Druck auszuüben. Der Kaiser war vorläufig nicht imstande, einzugreifen, er war anderwärts gebunden. Erst Anfang November 976 ist er am Rhein erschienen. Unmittelbare Anordnungen hat er indes noch nicht sofort, sondern erst im April 977 getroffen. Vermutlich weist das darauf hin, dass die Lage kompliziert geworden war. Wir wissen, dass der westfränkische König sich in dieser Zeit in der Nähe der lothringischen Grenze aufhielt, was vielleicht auf konkrete Pläne eines Eingreifens in Lothringen selbst schließen läßt. Hierzu kam eine Verschärfung der Spannung zwischen ihm und seinem Bruder Karl. Dieser äußerte nämlich Beschuldigungen des Ehebruchs gegen Lothars Gemahlin mit dem Bischof von Laon. Motive für dieses Vorgehen lassen sich nicht erkennen. Lothar schritt jetzt zur Verbannung seines Bruders.
    Der Kaiser wird sich also der Möglichkeit eines Eingreifens des westfränkischen Königs in Lothringen gegenüber gesehen haben, das sich zugunsten von Lambert und Reginar ausgewirkt haben würde. An diesen Faktoren wird sich OTTOS Politik orientiert haben, denn nur so sind die Beschlüsse zu erklären, die er jetzt faßte. Lambert und Reginar erhielten ihre Besitzungen zurück. Lambert wählte seine Residenz in Löwen. Reginar übernahm den Hennegau, jedoch verblieb dort das feste Mons noch im Besitz des Grafen Gottfried, der wahrscheinlich außerdem die Grafschaft Verdun erhielt. Das wichtigste aber war es, dass Karl als Herzog im lothringischen Gebiet eingesetzt wurde. Ein unmittelbares Zeugnis über den Zustand besitzen wir lediglich in einem Brief des Bischofs Dietrich von Metz an Herzog Karl, der aus dem Jahre 984 stammt, durch den die Sachlage aber nicht klarer wird. Der Bischof hält dem Herzog vor, er verberge sich in einem kleinen Winkel Lothringens und rühme sich dabei in übermäßigem Stolz, ganz Lothringen voranzustehen. Das macht es also nicht ausgeschlossen, dass Karl Rechte erhielt, die sich auf ganz Lothringen erstrecken konnten.
    Eine Möglichkeit zur Klärung dieser Frage ergibt sich vielleicht daraus, dass Herzog Friedrich von Ober-Lothringen in dieser Zeit gestorben ist. Wir besitzen keine Angaben über sein Todesdatum. Sein letztes, sicher bezeugtes Auftreten liegt im Mai 977 bei der Anwesenheit des Kaisers in Diedenhofen. Man hat zwar angenommen, bei der gleichen Gelegenheit sei Karl zum Herzog von Nieder-Lothringen ernannt worden, doch ist das reine Spekulation, die durch nichts bewiesen werden kann. Der Zeitpunkt für Karls Ernennung wird uns durch den zu Beginn des 11. Jahrhunderts schreibenden Sigebert von Gembloux gegeben. Es bleibt danach die Möglichkeit, dass nach dem Tode Herzog Friedrichs Karl zum Herzog ernannt wurde, um in Lothringen die herzoglichen Aufgaben durchzuführen, weil Friedrichs Sohn Dietrich noch minderjährig war. Zwar hat dessen Mutter Beatrix die Vormundschaft übernommen, aber in ihrer politischen Tätigkeit läßt sie sich erst seit Juni 983 feststellen, als sie in einer in Verona ausgestellt Urkunde OTTOS II. mit dem Titel dux Beatrix erscheint. Da diese Urkunde außerhalb der Kanzlei verfaßt wurde, drückt sich darin wohl die Absicht Beatrix zur Aufrechterhaltung der Nachfolge ihres Hauses in Lothringen aus, vielleicht sogar mit einer Wendung gegen Karl von Nieder-Lothringen.
    Indes können wir mit Karl von Nieder-Lothringen immerhin die Geschichte eines eigenen Herzogtums Nieder-Lothringen beginnen lassen. Er nahm in Brüssel seine Residenz. Seine Begünstigung durch den Kaiser mußte dem westfränkischen König als eine Bedrohung erscheinen. Immerhin hat Karl zumindest später auch Absichten auf das westfränkische Königtum gezeugt, worin er durch OTTO II. unterstützt wurde. Von solchen Faktoren muß man wohl ausgehen, um den Zug zu erklären, den Lothar im Jahre 978 nach Lothringen unternahm.
    Lothars Gründe hierfür werden in den Quellen unterschiedlich angegeben. Dass er Nieder-Lothringen zum Ziel wählte, kann unter Umständen durch eine Aufforderung von Lambert und Reginar bedingt gewesen sein. Immerhin läßt die von ihm in Lothringen eingeschlagene Politik gerade vermuten, dass er sich auf eine beachtliche Unzufriedenheit der Lothringer über die ostfränkische Herrschaft zu stützen gedachte. Ob indes auf der anderen Seite der neue Herzog Karl Sympathien in Nieder-Lothringen gefunden hat, läßt sich nicht erkennen, aber möglicherweise hat hier ein Fehlschlagen der kaiserlichen Politik für Reginar und Lambert den Anlaß gegeben, die Verbindung zu König Lothar wieder aufzunehmen.
    Lothar zog wahrscheinlich in den Raum Lüttich-Maastricht, wo er die Maas erreichte. OTTO war inzwischen von Sachsen nach Aachen gekommen, worüber Lothar offensichtlich beim Überschreiten der Maas Nachricht zukam. Darauf erkannte man im westfränkischen Lager die günstige Gelegenheit eines Überfalls, da der Kaiser ohne Heer gekommen war, und änderte dementsprechend die Disposition. OTTO konnte sich beim Herannahen seiner Gegner gerade noch durch schleunige Flucht retten, das westfränkische Heer fand den Palast fand den Palast in Aachen leer. Das westfränkische Heer hat den Aachener Palast geplündert.
    Lothar wandte sich jetzt nach Ober-Lothringen. Von dem dortigen Herzog Friedrich ist uns für die anfänglichen Regierungsjahre OTTOS II. weiter nichts überliefert, er war inzwischen gestorben. Die Stellung seines unmündigen Sohnes und Nachfolgers ist für diese Zeit noch ungewiß, seine Mutter Beatrix hat eine politische Rolle erst später gespielt. Immerhin wird sie schon damals die Ansprüche ihres Hauses in Lothringen zu behaupten gesucht haben. Falls die Vermutung stimmt, dass Karl von Nieder-Lothringen sich als zuständig für ganz Lothringen betrachtete, ließe sich von dieser Seite her der Zug Lotharsvielleicht erklären. Denn Beatrix war ja die Schwester Hugo Capets, deshalb vielleicht erhoffte sie über ihren Bruder vom westfränkischen König eine entsprechende Hilfe. Lothar wandte sich bei seiner Aktion gegen Metz, dessen Bischof Dietrich zum Kaiser hielt.
    Auf dem Gegenzug des Jahres 978 wurde Karl nach der Einnahme der Stadt Laon durch die Überredung der kaiserlichen Partei zum Gegenkönig erhoben.
    Nach dem Tode OTTOS II. kam es zu einer Annäherung zwischen Karl und seinem Bruder Lothar, als dieser die Vormundschaft über OTTO III. anstrebte.

    Schieffer Rudolf: "Die Karolinger"

    Da der kinderlose Ludwig V. nur von zwei illegitimen Brüdern namens Arnulf und Richard überlebt worden war, konnte der karolingische Geblütsanspruch allein von König Lothars Bruder Karl, dem lothringischen Herzog, verfochten wurden. Er war damals 34 Jahre alt und mit Adelheid, vermutlich einer Tochter Graf Heriberts III. von Troyes, verheiratet, mit der er mehrere Kinder, darunter einen Sohn Otto, hatte. Wenn daraus nicht die neue Königsfamilie geworden ist, so deshalb, weil Karl seine Machtbasis jenseits der Reichsgrenzen, im "Ausland" gewissermaßen, hatte und in W-Franken ohne ausschlaggebenden Anhang war. Für ihn trat nicht nur keine Königin-Witwe ein wie Gerberga 954 für Lothar, sondern seine Schwägerin Emma war seit Jahren zutiefst mit ihm verfeindet; anders als früher ergriff auch der Erzbischof von Reims nicht die Partei dieses KAROLINGERS, und am ottonischen Hof bestand schon um Lothringen willen kaum Neigung, seine Thronkandidatur zu begünstigen, was zugleich für Hugo Capet jede Zurückhaltung erübrigte. Sämtliche Faktoren, die in der Vergangenheit westfränkischen KAROLINGERN auch aus schwächerer Position heraus die Nachfolge im Königtum ermöglicht hatten, entfielen diesmal, ja waren in ihr Gegenteil verkehrt. So bedurfte es auf der Wahlversammlung im Juni 987 in Senlis gar nicht der von Richer referierten, sachlich fragwürdigen Einwände Adalberos von Reims gegen Karl, er habe sich in den Diensten eines externus rex begeben und unter seinem Stand geheiratet, um die Entscheidung zugunsten Hugos, des mächtigsten der bisherigen Lehnsfürsten, zu lenken, der dann am 3.7. in Noyon gekrönt wurde. Kennzeichnend für den politischen Rahmen war, dass Hugo sogleich den Hochverratsprozeß gegen Adalbero niedergeschlagen hatte und die Besetzung von Verdun aufgab, nachdem Graf Gottfried bereits vor der Krönung freigelassen worden war.
    Erst nachdem Hugo Capet Weihnachten 987 seinen Sohn Robert in Orleans zum Mitkönig gekrönt hatte, regte sich der überspielte Karl von Lothringen zum Kampf für seine Thronrechte, indem er im Frühjahr 988 im Handstreich die Königsstadt Laon einnahm, wobei ihm verräterische Hilfe seines Neffen Arnulf, eines Reimser Klerikers und vorehelichen Sohnes König Lothars, zustatten kam. Falls er gehofft hatte, damit einen allgemeinen Umschwung zu seinen Gunsten einzuleiten, sah er sich bald enttäuscht, denn sein aktiver Anhang blieb spärlich und umfaßte im französischen Hochadel offenbar nur den Grafen Heribert IV. von Troyes (seinen mutmaßlichen Schwager) und Odo I. von Blois, die schon seinem Bruder Lothar eifrig zur Seite gestanden hatten. Immerhin vermochte er Laon, wo ihm die verhaßte Schwägerin Emma und der dortige Bischof Adalbero (Azzelin), ein Neffe des Reimser Metropoliten, in die Hand gefallen waren, auch gegen zweimalige Belagerung zu behaupten, zu denen die Könige Hugo und Robert im Sommer und Herbst 988 anrückten. Es wäre wohl beim zähen Ringen um diese befestigte Stadt geblieben, wenn die KAPETINGER nicht Anfang 989 nach dem Tode Adalberos von Reims den schwer verständlichen Entschluß gefaßt hätten, ausgerechnet den erwähnten Kleriker Arnulf als Erzbischof einzusetzen. Entgegen allen geleisteten Eiden sorgte dieser nämlich nicht für die erwartete Spaltung in Karls Gefolgschaft, sondern übergab im Herbst 989 die Stadt an seinen Oheim. Obgleich auch danach keine förmliche Königswahl und Königskrönung zustande kam, war Karl durch den Gewinn von Reims samt den Vasallen und Besitzungen der dortigen Kirche in einer deutlich gebesserten Position, der Hugo militärisch nicht beizukommen verstand.
    Zu Fall brachte den KAROLINGER erst "das schwärzeste Verbrechen des Jahrhunderts" (W. Kienast): Bischof Adalbero von Laon, der sich Karls Vertrauen erschlichen hatte, öffnete in der Nacht vom 29./30.3.991 unversehens die Tore der Stadt und gab ihn damit in die Gewalt seiner Feinde. Als Aufrührer wurde er zusammen mit seiner Frau Adelheid, dem Sohn Ludwig und den Töchtern Gerberga und Adelheid in einen "festen Turm" König Hugos in Orleans verbracht, wo er zu einem unbekannten Zeitpunkt ums Leben kam. Gesichert scheint zu sein, dass die Familienangehörigen nach Karls Tod von weiterer Haft verschont blieben. Die beiden Töchter sind später als Ehefrauen lothringischer Grafen bezeugt, während der junge Ludwig 995 noch einmal erwähnt wird im Zusammenhang eines vagen Plans Adalberos von Laon, OTTO III. gegen die KAPETINGER ins Land zu rufen.

    Glocker Winfrid: Seite 187-201, Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik"

    Karl, Herzog von Nieder-Lothringen
    Sommer 953- nach 991

    Der vorletzte Nachkomme KARLS DES GROSSEN in der rein männlichen Linie trug - Ironie des Schicksals - den Namen seines bedeutenden Ahnen, der der Begründer des mittelalterlichen Kaisertums gewesen war. Nomen est omen: unser Karl nahm so auch wirklich eine ganz besondere Mittlerrolle zwischen den beiden Nachfolgestaaten des einstigen KARLS-Reiches ein.
    In Karls Sohn Otto, der dem Vater im niederlothringischen Herzogtum nachfolgte, verloschen die KAROLINGER beinahe unbeachtet. Bezeichnenderweise kennen wir weder von Karl von Nieder-Lothringen noch von seinem Sohn das genaue Sterbejahr.

    1. Zur Herkunft Karls, des späteren niederlothringischen Herzogs

    Die beiden letzten Kinder des westfränkisch-französischen Königspaares, König Ludwig IV. und der Gerberga, waren Zwillinge; sie kamen 953 zur Welt. Die zwei Knaben erhielten die Namen ihrer Großväter von väterlicher und mütterlicher Seite, Karl nach König Karl dem Einfältigen und Heinrich nach König HEINRICH I., die Namen der beiden Herrscher, die immer wieder um den Besitz Lothringens in Konflikt geraten waren. Der schon lange währende Kampf um dieses karolingische Stammland war so dem späteren niederlothringischen Herzogs bereits in die Wiege gelegt.
    Und auch die erste Quellennachricht, in der uns Karl (abgesehen von der Meldung der Geburt des Zwillingspaares) entgegentritt, zeigt uns seine familiäre Bindung an die beiden herrschenden Familien des ost- und des westfränkischen Reiches. Die Königin Gerberga brachte nicht nur ihren ältesten Sohn, König Lothar, zum Familientag in Köln im Juni 965 mit, sondern auch ihren jüngsten Sohn Karl, der noch nicht erwachsen war. Auf diesem Hoftag präsentierte sich Kaiser OTTO DER GROSSE in seiner neuen Würde, und es wurde die Ehe zwischen König Lothar und Emma, der Stieftochter OTTOS DES GROSSEN (aus der ersten Ehe der Kaiserin Adelheid), vereinbart.

    2. Herzog von Nieder-Lothringen

    Die westfränkischen Könige hatten ihren Anspruch auf Lothringen nie aufgegeben. So versuchte König Ludwig IV. in einer militärischen Aktion 939 die Rückgewinnung des alten karolingischen Stammlandes und heiratete, als er sich zurückziehen mußte, die lothringische Herzogs-Witwe Gerberga, um auf diese Weise seine Ansprüche zu bekräftigen. Der erstgeborene Sohn des französischen Königspaares erhielt den programmatischen Namen Lothar. Doch während der folgenden Jahre drängte die Schwäche des westfränkischen Königtums und die verwandtschaftliche Beziehung der drei Geschwister Brun, Gerberga und Hadwig dieses alte Ziel westfränkischer Politik immer mehr in den Hintergrund, wenn es auch im Bestreben Bruns, westfränkischen Ansprüchen auf Lothringen vorzubauen, weiter thematisiert wurde.
    Erst als mit dem Tod Kaiser OTTOS DES GROSSEN auch der letzte Protagonist einer auf patriarchalischen Vorstellungen ruhenden Oberhoheit des ostfränkisch-deutschen über das westfränkisch-französische Reich verstorben war, konnte Lothringen wieder in das Blickfeld der Politik der westfränkischen KAROLINGER rücken.
    Es ist nicht ersichtlich, wie die Verhältnisse in Lothringen nach dem Tode Bruns, des lothringischen "archidux", organisiert wurden. Anscheinend bestand aber das Gesamtherzogtum Lothringen weiter fort. Nach dem Tode Kaiser OTTOS DES GROSSEN riefen lothringische Große die Söhne Graf Reginars III. vom Hennegau, Reginar IV. und Lambert, nach Lothringen zurück, aus dem sie im Jahr 958 durch Erzherzog Bruno vertrieben worden waren. Es ist gut möglich, dass die lothringischen Großen hiermit an die Tradition Herzog Giselberts, des Großonkels von Reginar IV. und Lambert, anzuknüpfen versuchten. Den REGINAR-Söhnen gelang es, die Familienbesitzungen zurückzuerobern, doch konnten sie sich nur kurze Zeit halten. In einem Winterfeldzug Anfang 974 vertrieb sie Kaiser OTTO II. aus dem Land. Reginar und Lambert entkamen in das westfränkische Reich, wo sie neue Bundesgenossen für ihre Unternehmen suchten; es gelang ihnen, Otto, den Sohn des Grafen Albert I. von Vermandois, und Karl, den Bruder König Lothars, zu gewinnen. Das Ziel der Vermandoiser Grafen war es, auf diesem Weg Einfluß im Bistum Cambrai zu gewinnen. Karl hingegen war von seinem Bruder, König Lothar, zurückgesetzt behandelt worden und hatte zudem keinerlei Ausstattung mit Besitz erhalten. Es mag sein, dass gerade auch Karl als Königssohn ein seiner Würde entsprechendes Betätigungsfeld vermißte, was ihn - ähnlich wie es zu Beginn der Regierungszeit OTTOS DES GROSSEN beim Königsbruder Thankmar zu beobachten ist - zu Taten trieb, die gemäß dem Adelsethos seinen hohen Rang bestätigen und noch erhöhen sollten. Für Reginar und Lambert dürfte die Teilnahme des Königsbruders Karl an ihren Aktionen die Hoffnung auf eine deutlich erhöhte Legitimität in den Augen der lothringischen Großen bedeutet haben - war doch Karl ein Sohn der früheren Herzogs-Gattin Gerberga! Ob überdies ein Wissen und heimliches Einverständnis König Lothars bei der Aktion der REGINAR-Söhne und/oder bei der Beteiligung seines Bruders bestanden hat, ist in der neueren Literatur strittig. So vertritt Wolfgang Mohr die These, wie sie seit dem Buch von Ferdinand Lot gesichert erschien, es habe sich bei Karls Aktion um ein eigenständiges Vorhaben gehandelt, da das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern schlecht gewesen sei. Walter Kienast und Bernd Schneidmüller hingegen verfechten die Ansicht, König Lothar müsse auf Grund seines Legitimitätsdenkens bezüglich Lothringens und vor allem wegen des reichen lothringischen Kirchengutes zumindest die Aufstände der lothringischen Adligen, wenn nicht sogar seinen Bruder Karl selbst, unterstützt haben. Die These von Mohr ist aber einsichtiger, da das Verhältnis zwischen den beiden Brüdern als strapaziert bezeugt ist: hatte doch der eine die Königswürde geerbt, während der andere durch die "Unteilbarkeit des Reiches" leer ausgegangen war, wobei ähnlich wie beim Regierungsantritt König OTTOS I. im O-Reich nun auch im W-Reich durch die starke Position der Fürsten nicht die Möglichkeit bestand, den unversorgten Königssohn mit einer seiner Würde entsprechenden Stellung auszustatten. So erinnert auch die Reaktion Karls an Ekkehardus filius Liudolfi und dessen "mori maluere", das wir in einem früheren Kapitel schon kennengelernt haben.
    Im April 976 wandten sich die Verbündeten gegen Mons, das die REGINAR-Söhne als den Mittelpunkt des ihnen zu Unrecht vorenthaltenen Besitzes betrachteten. Ein verlustreiches Gefecht zwang sie jedoch zum Rückzug. Weder König Lothar noch Kaiser OTTO II. griffen ein - diesem waren ohnedies die Hände durch den beginnenden Zänker-Aufstand gebunden -, und so hatten die Auseinandersetzungen den Charakter eines Kampfes örtlicher Gewalten.
    Erst im November dieses Jahres 976, nach Abschluß der Aktion gegen Heinrich den Zänker, begab sich der Kaiser an den Rhein. Konkrete Maßnahmen wurden jedoch nicht ergriffen, was die Vermutung nahelegt, dass es zu Verhandlungen zwischen dem O- und dem W-Reich gekommen ist; diese Vermutung läßt sich zu einer gewissen Wahrscheinlichkeit verdichten, da auch für König Lothar die Anwesenheit im lothringischen Grenzraum bezeugt ist. Eine Regelung der Streitigkeiten wurde freilich erst im April des folgenden Jahres 977 getroffen: Reginar IV. und Lambert wurden wieder in den alten Familienbesitz eingesetzt - das zentral gelegene Mons verblieb freilich in den Händen des Grafen Gottfried, dem es nach dem Beginn der Aktionen der REGINAR-Söhne 974 übertragen worden war. Für die weitere Entwicklung folgenschwer war jedoch die Ernennung Karls, des Bruders des westfränkisch-französischen Königs, zum Herzog. Es muß hier eindringlich darauf aufmerksam gemacht werden, dass uns durch keine auch nur einigermaßen zeitgenössische Quelle überliefert wird, welchen genaueren Amtsbereich Karl nun eigentlich übertragen erhielt. Das einzige zeitlich nahe Dokument, ein Brief des Bischofs Dietrich von Metz an Karl in der Briefsammlung des Gerberts von Aurillac, in dem Dietrich Karl vorwirft, sich lediglich in einem Winkel Lothringens versteckt zu halten und sich doch des Besitzes von ganz Lothringen zu rühmen, ist wegen der Polemik dieses Schreibens für die Klärung unserer Fragestellung nicht zu verwenden. Die etwa 80 Jahre nach den Ereignissen verfaßten "Gesta episcoporum Cameracensium" schreiben, Karl sei das diesseitige Lothringen übertragen worden, während der rund weitere 60 Jahre später arbeitende Sigibert von Gemblaux berichtet, Karl habe im Jahr 977 das Herzogtum Lothringen (also offenbar ganz Lothringen) übertragen bekommen. Ein möglicher Lösungsvorschlag zur Kombination der beiden Quellen wäre, eine anfängliche Übertragung nur des niederlothringischen Bereiches anzunehmen, dem dann nach dem Tod Herzog Friedrichs von Ober-Lothringen auch noch dieser Zuständigkeitsbereich hinzugefügt worden wäre. Beatrix, die Witwe Herzog Friedrichs, ist erst 983 als politisch aktiv bezeugt: sie erscheint in einer außerhalb der Kanzlei ausgestellten Kaiserurkunde als "dux Beatrix".
    Kaiser OTTO II. versuchte die Unruhen in Lothringen dadurch beizulegen, dass er den REGINAREN ihren Familienbesitz zurückgab und Karl mit dem Herzogtum in Nieder-Lothringen belehnte. Der Kaiser nutzte also geschickt den Konflikt unter seinen Vettern, um so einer möglichen Einflußnahme vorzubeugen. Die Stellung Karls zwischen dem ost- und westfränkischen Reich entspricht auch seiner Stellung innerhalb der Herrscherfamilie der KAROLINGER und OTTONEN. Die Forschung rechnet wohl etwas zu voreilig Karl einfach der karolingischen Sippe zu, der er von der väterlichen Seite angehört hat, und vergißt dabei, dass er von der mütterlichen Seite der OTTONEN-Dynastie entstammt; diese Tatsache muß nach der Einflußnahme Bruns von Köln in familärer Gemeinschaft mit seinen Schwester Gerberga und Hadwig, ein Jahrzehnt vor den Ereignissen in Nieder-Lothringen, dem Bewußtsein der Akteure gegenwärtig gewesen sein. Wie die verschiedenen Arbeiten von Karl Schmid deutlich genug gezeigt haben, war neben dem väterlichen auch ein mütterliches Herkunftsbewußtsein lebendig. So ist neben der Spitze gegen König Lothar, die schon die "Gesta episcoporum Cameracensium" als Grund für dieses Handeln Kaiser OTTO II. nennen, die Zugehörigkeit Karl zum Kreis der mit dem Kaiser verwandten Adligen als ein Grund für dessen Amtsstellung in Lothringen zu sehen, und in unserer Sichtweise verliert dieser Lösungsversuch den Charakter des "Ungewöhnlichen".
    Karl wurde mit Grafschaftsrechten in der Gegend von Brüssel ausgestattet, die wahrscheinlich schon Herzog Giselbert, der erste Gemahl von Karls Mutter Gerberga, innegehabt hatte. Seinen Lehenspflichten gegenüber Kaiser OTTO II. scheint Herzog Karl nachgekommen zu sein. Er nahm an dem Frankreichfeldzug OTTOS II. im Jahre 978 teil und wurde während des Italienfeldzuges OTTOS II. mit der Aufgabe betraut, die Grenze des Reiches im westlichen Bereich zu sichern.
    Im Jahr 978 begann König Lothar eine Aktion gegen Lothringen, die sich wahrscheinlich gegen seinen Bruder Karl richtete. Das oft vermutete Motiv, Lothar habe OTTO II. gefangennehmen wollen, scheidet nämlich aus, da sich der Kaiser zu der Zeit, als König Lothar zusammen mit seinen Großen den Feldzug vorbereitete, noch in Sachsen aufhielt. Als Beweggrund des französischen Königs erscheint wahrscheinlicher, er habe befürchtet, die Machtstellung seines Bruders in Lothringen werde die Ausgangsbasis sein, von der Karl nach der Königskrone greifen wolle. Hierfür spricht, dass Karl beim Frankreichfeldzug OTTOS II. Anspruch auf das französische Königtum erhoben hat. So dürfte König Lothar die Position seines Bruders im benachbarten Lothringen als ständige Bedrohung seiner Herrschaft erschienen sein. Der Feldzug Lothars kann aber genauso gut auf eine Aufforderung der Grafen Reginar IV. und Lambert zurückzuführen sein. Des weiteren wurde in der Forschung auch noch als Motiv das Traditions- und Legitimitätsdenken des westfränkischen KAROLINGERS vermutet. Schließlich könnte Lothar das reiche Königsgut gereizt haben, das eine Erweiterung seiner schmalen Machtbasis ermöglicht hätte.
    Erst auf seinem Feldzug wird König Lothar davon erfahren haben, dass sich Kaiser OTTO II. und seine Gemahlin in der Kaiserpfalz zu Aachen aufhielten. Dem Kaiserpaar gelang aber noch die Flucht; Lotharfielen nur die Reichsinsignien in die Hände, er gab den Palast der Plünderung frei und ließ den Adler auf dem Dachfirst drehen. Die militärischen Mittel des westfränkischen Königs reichten aber weder dazu aus, sich in Lothringen zu halten, noch dazu, den Gegenstoß Kaiser OTTOS II. im Herbst 978 zu verhindern.
    OTTO II. stieß über die alten karolingischen Königspfalzen Attigny, Soissons und Compiegne nach Paris vor. Die Pfalzen wurden zerstört und damit die Machtgrundlage des westfränkischen Königtums empfindlich getroffen. Sehr wahrscheinlich wurde Karl von Nieder-Lothringen auf dem Feldzug zum Gegenkönig eingesetzt. Ganz sicher läßt sich das aber nicht sagen, da wir als Beleg nur einen Hinweis in der Briefsammlung des Gerberts von Aurillac besitzen, der chronologisch nur schwierig und zudem nicht mit der notwendigen Sicherheit einzuordnen ist. Mit dem Zug auf Paris wäre in diesem Fall beabsichtigt gewesen, die Unterstützung Hugo Capets für den Königskandidaten Kaiser OTTOS II., nämlich Karl von Nieder-Lothringen, zu gewinnen. Gegenüber der Familienpolitik, wie sie in den Regierungsjahren König Ludwigs und in den ersten Jahren König Lothars von den Gemahlinnen König Ludwigs IV. und Herzogs Hugo der Große, Gerberga und Hadwig, zusammen mit ihren Brüdern, Bruno von Köln und OTTO DER GROSSE, praktiziert wurde, beruhte das Vorgehen Kaiser OTTOS II. nun nicht so sehr auf der mehr indirekten Ebene familiärer Beziehungen und Bindungen, sondern auf einem Legitimitätsdenken: ein Nachkomme KARLS DES GROSSEN aus der angestammten karolingischen Dynastie sollte durch ein anderes Mitglied derselben Dynastie ersetzt werden, wobei dieser aber wegen seiner Einsetzung durch Kaiser OTTO II. und wohl auch auf Grund der nur schmalen Machtbasis sich stark an das O-Reich hätte anlehnen müssen.
    Der französische Adel stand jedoch dieses Mal geschlossen hinter König Lothar, und so mußte sich OTTO II. Ende November dazu entschließen, den Feldzug abzubrechen. Bei dem Rückzug über die Aisne wurde dem ottonischen Troß eine an und für sich unbedeutende Niederlage beigebracht, die von der französischen Geschichtsschreibung zu einem gewaltigen Sieg aufgeblasen wurde: das französische regnum war dem nach Hegemonie strebenden Kaisertum nicht nur nicht unterlegen, sondern konnte es sogar besiegen. Zusammen mit dem deutschen Heer zog sich auch Karl wieder nach Nieder-Lothringen zurück.
    Das folgende Jahr sah die einzige eigenständige Aktion Herzog Karls von Nieder-Lothringen, von der wir Kenntnis haben. Gegen Ende des Jahres 979 war Bischof Tetdo von Cambrai verstorben. König Lothar hatte das Bistum Arras, das mit dem Bistum Cambrai vereinigt war, besetzt, um sich Einfluß auf Cambrai zu verschaffen. Die ottonische Partei in Cambrai rief daraufhin Karl von Nieder-Lothringen zu Hilfe, der auch kam, aber in Cambrai sehr eigenmächtig hervortrat: die "Gesta episcoporum Cameracensium" berichten, Karl habe zuerst die Grafen aus der Stadt vertrieben, dann sofort seine Gemahlin kommen lassen und mit ihr im bischöflichen Bett geschlafen, die reichen Vorräte des Bischofshofes bei Orgien vertilgt und die kirchlichen Pfründen verpraßt. Kaiser OTTO II. setzte rasch einen neuen Bischof ein und stellte dadurch seine Autorität wieder her.
    Die ungeklärte Lage König Lothars in seinem Reich bewog diesen schließlich, mit Kaiser OTTO II. den Ausgleich zu suchen. Lothar soll bei seinem Treffen mit OTTO II. im Mai 980 in Margut-sur-Chiers auf seine Ansprüche auf Lothringen verzichtet haben. Während des Italienzuges OTTOS II. blieb Karl alllerdings in seinem Herzogtum: im Indiculus loricatorum wird Karl als "custos patrie domi dimissus" bezeichnet.

    3. Der Kampf um die Vormundschaft für Otto III.

    Nach dem Tod OTTOS II. griff der französische König Lothar in den deutschen Thronstreit um die Vormundschaft für den unmündigen König ein. Über die Aktionen, dieKönig Lothar unternahm, sind wir nur durch einzelne Briefe in der Sammlung des Gerbert von Aurillac unterrichtet. Diese Quelle, eine Sammlung von Briefkonzepten, die häufig der Datierung, den Angaben zu Absender und/oder Empfänger entbehren - Gerbert verfaßte für führende Persönlichkeiten seiner Zeit Briefe -, ist nur schwer zu interpretieren; dementsprechend unsicher ist auch die Rekonstruktion des Faktenablaufs, wenn ein Brief Gerberts unsere einzige Grundlage an Quellen bildet.
    Karl von Nieder-Lothringen agierte nun offenbar gemeinsam mit seinem Bruder Lothar. Er scheint diesen in seinem Anspruch unterstützt zu haben, als der rangälteste fränkische Herrscher die Vormundschaft über den kleinen OTTO III. auszuüben. Karl nahm an einer Versammlung kaiserlich gesinnter Großer Lothringens im Februar 984 in Lüttich teil, auf der ein Pakt zur Durchsetzung der Vormundschaft des französischen Königs beschlossen wurde. Dieser Pakt war allerdings von Anfang an brüchig durch den Gegensatz zwischen zwei Beteiligten, zwischen Karl von Nieder-Lothringen und Bischof Dietrich von Metz. Dietrich brachte Karls Verhalten und Vorgehen während des Frankreichfeldzuges Kaiser OTTOS II. im Herbst 978 wieder zur Sprache und leitete daraus die Schlußfolgerung ab, Karl versuche nur, jetzt auch noch die Herrschaft über den Rest Lothringens an sich zu reißen. Dietrich wollte offenbar die alten Gegensätze zwischen den karolingischen Brüdern, König Lothar und Herzog Karl, dazu benützen, um einen festen Zusammenschluß der kaiserlichen Partei unter den lothringischen Adligen zu verhindern.
    Im weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen nahm König Lothar zweimal die grenznahe Stadt Verdun als Pfand ein und setzte den Grafen Gottfried, den Bruder Erzbischofs Adalbero von Reims, gefangen. Doch dieser militärische Erfolg Lotharsblieb ohne Wirkung im O-Reich, und der französische König konnte keinen Einfluß mehr auf die dortige Entwicklung gewinnen. Es sei hier, um diesen Komplex abzuschließen, noch auf die Behauptung im Brief Nr. 58 der Sammlung Gerberts von Aurillac hingewiesen, wo behauptet wird, Karl von Nieder-Lothringen sei an einer Verschwörung gegen den kleinen OTTO III. beteiligt gewesen. Es läßt sich jedoch nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen, ob diesen Worten überhaupt Gewicht beizulegen ist oder ob es sich um reine Polemik handelt.
    Soweit wir sehen, hat Karl damals diejenige Partei unterstützt, die - in alter Tradition der Großen des Rhein-Maas-Landes - Lothringen an das westfränkische Reich anzuschließen suchten. Diese Zielrichtung seiner Politik hat Karl auch nach dem Tod König Lothars, seines Bruders, wie es scheint, weiterverfolgt. Auf diese Weise gewann er, wie schon bei Lothar, nun auch bei dessen Sohn, König Ludwig V., an Gewicht und Geltung. Doch da starb Ludwig V. plötzlich und ohne Nachkommen bei einem Jagdunfall.

    4. Hugo Capet und Karl von Nieder-Lothringen

    Kurz vor seinem Tod hatte König Ludwig V. noch Erzbischof Adalbero von Reims vorladen lassen, weil dieser versucht hatte, die alte ottonische Familienpolitik in Gemeinschaft mit der Königs-Mutter Emma (der Witwe König Lothars und Stiefschwester Kaiser OTTOS II.) zu erneuern. Der Erzbischof von Reims fand sich auch zu dem angesetzten Hoftag in Compiegne ein, um sich zu verteidigen, traf aber den König nur noch als einen toten Mann an. Herzog Hugo (Capet), bei dem Adalbero im Vorfeld des Hoftages um Rückhalt nachgesucht hatte, und Erzbischof Adalbero von Reims fielen nun unter den bei Compiegne versammelten Großen die Hauptrollen zu: die Anklage gegen Adalbero wurde niedergeschlagen, der Erzbischof rief eine Wahlversammlung nach Senslis ein, einem Ort, der im Machtbereich Hugo Capets lag. Karl von Nieder-Lothringen meldete als nächster Verwandter des verstorbenen Königs bei Adalbero seine Ansprüche auf die Nachfolge im Königtum an; doch dieser verwies Karl an die Wahlversammlung.
    Auf der Wahlversammlung trat Erzbischof Adalbero nun für Hugo Capet ein: Karl hingegen, so Adalbero, fehlten nicht nur die erforderlichen Herrschergaben, sondern er sei auch der Vasall eines fremden Königs und darüber hinaus mit einer nicht ebenbürtigen Frau verheiratet; und schließlich gebe es ja kein Erbrecht. Entscheidender für die Entwicklung auf der Wahlversammlung als diese Rede Adalberos dürfte die Unterstützung gewesen sein, die Hugo Capet von seinem großen Vasallenkreis und ebenso von den Anhängern Adalberos von Reims erhalten hat: Hugo wurde zum neuen König gewählt und am 1. Juli 988 in Noyon gekrönt. Eine seiner ersten Regierungshandlungen war es, den Streit mit der vormundschaftlichen Regierung der Kaiserin Theophanu zu beenden und Verdun zu räumen. Es gibt allerdings keinen Quellenbeleg dafür, dass Hugo auch einen Verzicht auf Lothringen geleistet hätte. Doch bei der politischen Gesamtlage stand der Griff nach Lothringen für König Hugo überhaupt nicht zur Diskussion. Hugo mußte zuerst einmal danach trachten, seine Herrschaft zu stabilisieren: er ließ seinen Sohn zum Mitkönig wählen und verheiratete ihn, nachdem ein Heiratsplan mit einer byzantinischen Prinzessin gescheitert war, mit Rozela/Susanne, der Tochter des von den OTTONEN gestürzten Königs Berengar II. von Italien, die nach einer Ehe mit Graf Arnulf von Flandern nun verwitwet war.
    Karl aber, der seinen Anspruch auf der Wahlversammlung nicht hatte durchsetzen können, begab sich nach Nieder-Lothringen und führte dort bei seinen Getreuen Klage darüber, man habe ihm die Königskrone vorenthalten; zugleich bereitete er auch eine militärische Aktion vor. Zu den Bundesgenossen Karls zählte neben anderen sein Neffe Arnulf, ein illegitimer Sohn König Lothars, der im weiteren Verlauf noch eine wichtige Rolle spielen sollte.
    Karl konnte die Königsstadt Laon durch Verrat in seine Hände bringen und nahm dabei Emma, die Witwe König Lothars, und Bischof Adalbero von Laon gefangen; beide zählten zu Karls Gegnern. König Hugo Capet und sein Sohn Robert versuchten im Sommer und nochmals im Spätherbst Laon zurückzuerobern, erlitten aber beide Male schwere Niederlagen. Hugo hatte zudem während der Belagerung von Laon die Kaiserin Theophanu gebeten, sie möge doch vermitteln. Theophanu machte den Kompromißvorschlag, Karl solle die Königin Emma und Bischof Adalbero freilassen, während Hugo die Belagerung der Stadt aufgeben mußte; beide Seiten sollten sich zudem zur Absicherung Geiseln stellen. Karl sah sich jetzt bereits in Griffweite des Thrones und lehnte daher den Vorschlag ab, während Hugo zugestimmt hätte.
    Im Januar 989 starb Erzbischof Adalbero von Reims. Hugo Capet wurde nun von den Versprechungen Arnulfs, des illegitimen Sohnes König Lothars, eingenommen und glaubte wohl auch, einen politisch raffinierten Schachzug zu machen: Arnulf wurde zum neuen Erzbischof von Reims erhoben, nachdem er sich durch strenge Eide auf die Partei Hugo Capets verpflichtet hatte. Bei dieser Gelegenheit erklärte König Hugo, nur das Fehlen direkter Erben König Ludwigs V. habe ihn dazu bestimmt, die Königswürde anzunehmen, und motiviere mit der karolingischen Abstammung Arnulfs dessen Wahl zum neuen Erzbischof von Reims.
    Doch noch im gleichen Jahr 989 lieferte Arnulf seinem Onkel Karl die Stadt Reims aus, wobei die Gefangennahme Arnulfs durch Karl vorgetäuscht wurde. Arnulf und seine Begleiter wurden nach Laon gebracht, wo dieses Spielchen noch eine gewisse Zeit weiterging, Arnulf aber schließlich doch den Treueid gegenüber Karl leistete. Hugo versuchte vergeblich, die Stadt Reims mit Waffengewalt wiederzugewinnen. Erst eine neuerliche List sollte Hugo doch noch den Sieg im Streit mit Karl ermöglichen.
    Bischof Adalbero von Laon, der aus der Haft Karls entkommen war, sandte Unterhändler an Arnulf, gelobte ihm Treue und Gehorsam und bat um die Aussöhnung mit ihm, seinem Erzbischof, und auch mit Karl; mit diesem kam er sogar mehr und mehr in ein Vertrauensverhältnis, er versicherte Karl seine Treue mit den heiligsten Eiden, und dies bis zum Palmsonntag, den 29. März 991. In der darauffolgenden Nacht lieferte Adalbero die Festung Laon mit Karl und Erzbischof Arnulf an König Hugo Capet aus. Karl und seine Familie wurden in den Kerker Hugo Capets nach Orleans gebracht, wo Karl - es ist nicht bekannt, zu welchem Zeitpunkt - in der Haft gestorben ist. Nur Karls ältester Sohn, Otto, war in Lothringen geblieben und folgte seinem Vater in der niederlothringischen Herzogswürde nach. Er starb wohl 1006, ohne Kinder zu hinterlassen, als letzter Nachkomme KARLS DES GROSSEN in der rein männlichen Linie.
    Für die Kaiserin Theophanu war seit dem Tode Erzbischof Adalberos von Reims die Einflußmöglichkeit im W-Reich mehr und mehr geschwunden: der Thronstreit entwickelte sich zusehends zu einer innerfranzösischen Angelegenheit. Schon im Sommer 990 hatte Hugo Capet beim Papst um die Absetzung Arnulfs wegen Treubruch nachgesucht. Als Arnulf in die Hände König Hugos gefallen war, wurde ihm auf dem Konzil von St. Basle-de-Verzy (im Juni 991) der Prozeß gemacht; Gerbert von Aurillac, der spätere Papst Sylvester II., wurde sein Nachfolger im Reimser Erzbistum. Die kaiserliche Regierung hat vielleicht versucht, durch briefliche Bitten von Reichsbischöfen den Papst zu Gegenmaßnahmen zu veranlassen. Aber kurz vor dem entscheiden Konzil zu St. Basle war die Kaiserin Theophanu verstorben, und so konnte die Reimser Angelegenheit ohne außerfranzösische Einflußnahme entschieden werden.

    5. Zusammenfassende Würdigung Karls von Nieder-Lothringen

    Herzog Karl fand in der Forschung bisher hauptsächlich als einer der letzten KAROLINGER Beachtung. Wir konnten bei unseren Überlegungen darauf aufmerksam machen, dass bei einer solchen Betrachtungsweise nur die väterliche Abstammung berücksichtigt wird, während Karl von seiner Mutterseite her den OTTONEN zuzurechnen ist, wie es auch bei der Namensgebung für die beiden älteren Kinder des niederlothringischen Herzogs abzulesen ist: diese Kinder erhielten die doch typischen OTTONEN-NamenGerberga undOtto. Insoweit ist die Erhebung Karls zum Herzog von Nieder-Lothringen nicht so sehr die Einsetzung eines Angehörigen der westfränkisch-französischen Königsfamilie in ein ostfränkisch-deutsches Grenzherzogtum zu werten, sondern eher als Einsetzung eines nahen Verwandten Kaiser OTTOS II., der darüber hinaus von seiner Mutter Gerberga her auch Bindungen an das lothringische Herzogtum vorweisen konnte.


    976 oo Adelheid, Tochter Heriberts III. von Troyes um 955- nach 991

    Kinder:

    - Otto Herzog von Nieder-Lothringen 970/75- 1006/12
    - Gerberga 970/75-27.1.1018
    985/90 oo Lambert I. Graf von Löwen ca 950-12.9.1015
    - Ludwig vor 989-nach 995
    - Karl 989-nach 991
    - Adelheid oder Ermengard - 1012
    990 oo Albert I. Graf von Namur - 1011

    Literatur:
    Althoff Gerd: Die Ottonen. Königsherrschaft ohen Staat. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 119,141,155,168 - Althoff Gerd: Otto III. Primus Verlag Darmstadt 1997, Seite 42 Anm. 19, 62,92 - Barth Rüdiger E.: Der Herzog in Lotharingien im 10. Jahrhundert. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1990, Seite 15,103,166 Anm. 161 - Eberhard Winfried: Westmitteleuropa Ostmitteleuropa. Vergleiche und Beziehungen. Festschrift für Ferdinand Seibt zum 65. Geburtstag. R. Oldenbourg Verlag München 1992, Seite 85-87 - Ehlers Joachim: Die Kapetinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 2000, Seite 24,27,30-33,35,37 - Ehlers Joachim/Müller Heribert/Schneidmüller Bernd: Die französischen Könige des Mittelalters. Von Odo bis Karl VIII. 888-1498. Verlag C. H. Beck München 1996, Seite 47,59,61,64,67,70,72-75,78,80,85 - Eickhoff Ekkehard: Theophanu und der König. Otto III. und seine Welt. Klett-Cotta Stuttgart 1996, Seite 252,104,298,310,312-321,364,378,401,416,435 - Engels Odilo/Schreiner Peter: Die Begegnung des Westens mit dem Osten. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1993, Seite 24,31,32 - Ennen, Edith: Frauen im Mittelalter. Verlag C.H. Beck München 1994, Seite 67 - Glocker Winfrid: Die Verwandten der Ottonen und ihre Bedeutung in der Politik. Böhlau Verlag Köln Wien 1989 V,19 Seite 187-198,244,284,298,302 - Görich Knut: Otto III. Romanus Saxonicus et Italicus. Jan Thorbecke Verlag Sigmaringen 1995, Seite 150 - Holtzmann Robert: Geschichte der sächsischen Kaiserzeit. Deutscher Taschenbuch Verlag München 1971, Seite 199,254-259,283,295-301 - Riche Pierre: Die Karolinger. Eine Familie formt Europa. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1991, Seite 325 - Schieffer Rudolf: Die Karolinger. W. Kohlhammer GmbH Stuttgart Berlin Köln 1992,Seite 211, 214-216,218,220-223,225 - Schnith Karl Rudolf: Mittelalterliche Herrscher in Lebensbildern. Von den Karolingern zu den Staufern. Verlag Styria Graz Wien Köln 1990, Seite 95,148, 151 - Weinfurter Stefan: Heinrich II. Herrscher am Ende der Zeiten. Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1999, Seite 62 - Werner Karl Ferdinand: Die Ursprünge Frankreichs bis zum Jahr 1000. Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 1995, Seite 512,522,524,526 - Widukind von Corvey: Die Sachsengeschichte. Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stutggart 1981, Seite 155 -

    Geburt:
    Sommer

    Begraben:
    Servatiuskirche


  65. 295.  von Frankreich, Heinrich Graphische Anzeige der Nachkommen (226.Ludwig11, 180.Karl10, 138.Ludwig9, 108.Irmintrud8, 66.Odo7, 44.Erbio6, 23.Gisela5, 19.Bertrada4, 12.Heribert3, 6.Bertrada2, 1.Irmina1) wurde geboren in 953 in Laon [02020],Aisne,Picardie,Frankreich; gestorben in 953.

    Notizen:

    Geburt:
    Sommer